5
ELECTROANALYTICAL CHEMISTRY AND INTERFACIAL ELECTROCHEMISTRY 293 Elsevier Sequoia S.A., Lausanne - Printed in The Netherlands BEMERKUNGEN ZUR METHODIK DER ORGANISCHEN POLAROGRAPHIE L. HOLLECK, M. HEYROVSKXZ UND S. VAVt~I~KA Chemisches Institut der Hochschule, Bamberg (Bundesrepublik Deutschland) (Eingegangen am 31. Oktober, 1967) Im Laufe der Untersuchungen der polarographischen Reduktion von p- Dinitrobenzol haben wir gefunden, dass diese Substanz weitaus grSssere Ansprtiche an die experimentelle Methodik stellt als die gel~iufigen Depolarisatoren. Da es sich dabei um Effekte handelt, die in der Polarographie von grunds~tzlicher Bedeutung sind, wollen wir auf sie aufmerksam machen. T/~A 1 la ""' i, ....... .S" -0.4 _~l -Jr -02 "-~2 -~6 -2~ V(GKE) Abb. i. Einfluss der Zusammensetzung der Pufferl6sung auf die polarographische Strom-Span- nungskurve von IO-~ M p-Dinitrobenzol in w~ssrig-methanolischen LSsungen, 3O~o CH3OH; Tropfzeit, 6 = 2.6 sec. (konstant gehalten) pH = 8.25: (ia), Na~B407 + K~HPO4; (ib), NaH.~PO4 + Na~HPO4. pH = 9: (2a), NH~+ NH4C1; (2b), HsBO~ + NaOit + HC1. Es ist bekannt, dass reproduzierbare polarographische Kurven organischer Substanzen nur dann erhalten werden kSnnen, wenn man gut gepufferte GrundlSsun- gen mit konstantem pH-Wert benutzt. Unsere Versuche haben jedoch gezeigt, class diese Bedingung zwar nStig, aber nicht ausreichend ist. Die Gestalt der Kurven von p-Dinitrobenzol h~ingt nicht nur vom pH, sondern auch yon der Zusammensetzung der Pufferl6sung ab, was besonders im schwach alkalischen pH-Bereich bemerkbar ist (s. Abb. I). Wir schreiben diese Tatsache der verschiedenen Wirksamkeit der als Proton- donatoren fungierenden sauren Bestandteilen der LSsungen zul, 2. Vergleicht man die H6hen der polarographischen Stufen bei verschiedenen j . Electroanal. Chem., 17 (1968) 293-297

Bemerkungen Zur Methodik Der Organischen Polarographie

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Bemerkungen Zur Methodik Der Organischen Polarographie

ELECTROANALYTICAL CHEMISTRY AND INTERFACIAL ELECTROCHEMISTRY 293 Elsevier Sequoia S.A., Lausanne - Printed in The Netherlands

B E M E R K U N G E N Z U R M E T H O D I K D E R O R G A N I S C H E N P O L A R O G R A P H I E

L. HOLLECK, M. HEYROVSKXZ UND S. VAVt~I~KA Chemisches Institut der Hochschule, Bamberg (Bundesrepublik Deutschland)

(Eingegangen am 31. Oktober, 1967)

I m Laufe der Unte rsuchungen der polarographischen Reduk t ion von p - Dini t robenzol haben wir gefunden, dass diese Subs tanz wei taus grSssere Anspr t iche an die exper imente l le Methodik s tel l t als die gel~iufigen Depolar isa toren. D a es sich dabei um Effekte handel t , die in der Pola rographie von g runds~tz l i cher Bedeu tung sind, wollen wir auf sie au fmerksam machen.

T/~A

1

la ""' i, ....... .S"

-0.4 _~l -Jr -02 "-~2 -~6 -2~ V(GKE)

Abb. i. Einfluss der Zusammensetzung der Pufferl6sung auf die polarographische Strom-Span- nungskurve von IO-~ M p-Dinitrobenzol in w~ssrig-methanolischen LSsungen, 3O~o CH3OH; Tropfzeit, 6 = 2.6 sec. (konstant gehalten) pH = 8.25: (ia), Na~B407 + K~HPO4; (ib), NaH.~PO4 + Na~HPO4. pH = 9: (2a), NH~+ NH4C1; (2b), HsBO~ + NaOit + HC1.

Es ist bekannt , dass reproduz ie rbare polarographische Kurven organischer Subs tanzen nur dann erhal ten werden kSnnen, wenn man gut gepuffer te GrundlSsun- gen mi t kons t an t em p H - W e r t benutz t . Unsere Versuche haben jedoch gezeigt, class diese Bedingung zwar nStig, aber n icht ausre ichend ist. Die Ges ta l t der Kurven von p-Din i t robenzo l h~ingt n icht nur vom pH, sondern auch yon der Zusammense tzung der Puffer l6sung ab, was besonders im schwach alkal ischen pH-Bere ich bemerkba r ist (s. Abb. I) .

Wir schreiben diese Ta t sache der verschiedenen Wi rksamke i t der als Pro ton- dona to ren fungierenden sauren Bes tand te i l en der LSsungen zul , 2.

Vergleicht man die H6hen der polarographischen Stufen bei verschiedenen

j . Electroanal. Chem., 17 (1968) 293-297

Page 2: Bemerkungen Zur Methodik Der Organischen Polarographie

294 L. HOLLECK, M. HEYROVSKY, S. VAVl~I~KA

Potentialen und in L6sungen von verschiedenen pH-Werten, so hat man auch den Einfluss des Potentials auf die Tropfzeit in Betracht zu ziehen. Mit einer Auswirkung ist besonders im Falle von mehrelektronigen Reduktionen zu rechnen. Bei der 12- elektronigen Reduktion von p-Dinitrobenzol kann diese Korrektion der Stufenh6he den Wert erreichen, welcher der Aufnahme eines Elektrons entspr~iche. Nicht- berficksichtigung dieses Effektes ftihrt u.U. zu falschen Schlfissen fiber den Chemismus bzw. Mechanismus der Elektrodenprozesse, weswegen es in solchen F~illen empfehlens- wert ist, die Methode der mechanisch geregelten Tropfzeit anzuwenden. Es hat sich gerade im Falle des p-Dinitrobenzols gezeigt, dass es wichtig ist, mit konstant gehaltener Tropfzeit zu arbeiten, vor allem, wenn oberfl~ichenaktive Stoffe zugegen sind. Bei Anwesenheit bzw. Zusatz solcher Substanzen wird mit der Grenzfl~ichen- spannung auch die Tropfzeit gegenfiber der zusatzfreien L6sung ge~indert, was sich vor allem bei kinetischen und irreversiblen Prozessen im Kurvenverlauf (gewisse Ver~inderung der Kurvenlage und -steilheit) auswirkt. Diesen Einfluss k6nnte man irrtfimlicherweise dem Eingriff der adsorbierbaren Substanzen in den Prozessablauf zuschreiben. In Abb. 2 sind Kurven von p-Dinitrobenzol wiedergegeben, die den Einfluss einer konstant gehaltenen Tropfzeit deutlich machen. Hierzu ist allerdings zu bemerken, dass in diesem Falle die Gr6sse des Effektes dutch die Natur des die polarographische Strom-Spannungskurve bestimmenden komplizierten Reaktions- ablaufs~ gegeben ist.

I

~" I0 0~ 06 0.6 tO 12 16 1.6 16 V(GKE)

Abb. 2. Einfluss der konstant gehaltenen Tropfzeit auf die polarographischen Strom-Spannungs- kurven in Gegenwart oberfl~ichenaktiver Substanz. 5-1o-5 M p-Dinitrobenzol im Boratpuffer pH 9, 30% CH3OH. Ungeregelte Tropfzeit: (I), ohne Gelatine; (2), mi t o.oo5% Gelatine. Kons tan t gehaltene Tropfzeit, tl = 2. 3 sec: (3), ohne Gelatine; (4), mit 0.005% Gelatine.

Wie bekannt, muss man in der Polarographie mit dem sogenannten Verar- mungseffekt und gleichzeitig mit der tJbertragung der Reaktionsprodukte von einem Tropfen auf den anderen rechnen. Diese Effekte machen sich besonders bemerkbar bei komplizierteren mehrelektronigen Vorg/ingen, wie z.B. bei der Reduktion von

J. Electroanal. Chem., 17 (1968) 293-297

Page 3: Bemerkungen Zur Methodik Der Organischen Polarographie

METHODIK DER ORGANISCHEN POLAROGRAPHIE 295

p-Dinitrobenzol . Wie Abb. 3 zeigt, erscheint auf der polarographischen Kurve an dem sog. "ers ten Tropfen" ein Maximum, das an dem "zweiten" und den folgenden Tropfen durch t3bertragung der Reakt ionsprodukte unterdr t ickt wird. Dem Einfluss dieser t3bertragung schreiben wir auch den fiberraschenden Effekt schon geringer Anderungen der Quecksilberbeh~lterh6he auf das Auft re ten des Maximums (Abb. 4) zu. Daffir spricht die Tatsache, dass sich das Verschwinden des Maximums dutch

t.25 -1.30 -132 -726 -1.36 -I.36 -1.40 -1.42 -1.44 -7,46 ~1.45 -7.50 °7.52 -1.54 -I.60V[Gt(E)

Abb. 3. Effekt der Obertragung yon Reaktionsprodukten in den polarographischen Kurven. lO -3 M p-Dinitrobenzol im Boratpuffer pH 9, 30% CH3OH. Polarographische Strom-Zeitkurven mittels einer gew6hnlichen Kapillare bei verschiedenen Potentialen am ersten, zweiten und dritten Tropfen, mit dem Polarographen Polariter PO4 (Firma Radiometer), D~mpfung I, aufgenommen.

10

r(pA;

t.2 -1.5 -2.0 V(GKE)

Abb. 4. Einfluss der Quecksilberbeh~lterh6he auf das Auftreten des katalytischen Maximums. lO -3 M p-Dinitrobenzol im ]3oratpuffer pH 8.9, 30% CHsOH; Tropfzeit konstant gehalten, tl = 1.9 sec. Beh~lterh6he: (I), 526; (2), 527 mm. Quecksilberausflussgeschwindigkeit unter i mg/sec, gew6hnliche vertikale Kapillare.

J. Electroanal. Chem., 17 (Ig68} 293-297

Page 4: Bemerkungen Zur Methodik Der Organischen Polarographie

296 L. HOLLECK, M. HEYROVSKY, S. VAVI~ICKA

Erniedrigung des Quecksilberbeh~ilters bei Verwendung einer den l~bertragungseffekt weitgehendst beseitigenden Smolerschen Kapillare nicht erreichen 1/isst. lJber die katalytische Natur dieses Maximums wurde an anderer Stelle berichtet 1. Eine weitest- gehende Beseitigung solcher TJbertragungseffekte ist durch die Bentitzung der abgewinkelten Smolerschen Kapillare 3 erreichbar.

Die Aufkl~irung des gesamten Reduktionsablaufs--des Chemismus, wie des Elektrodenmechanismus---erfordert gerade bei vielelektronigen Prozessen mit ihren komplexen Geschehen infolge mannigfacher Einfltisse auf die prim/iren und sekun- d~iren Elektrodenreaktionen, sowie die Wechselwirkung von Elektrolysen-Zwischen- und -Endprodukten mit dem Depolarisator bzw. den L6sungskomponenten--vielfach das Heranziehen weiterer, nicht-polarographischer Methoden. Gerade dann, wenn bei Benutzung der abgewinkelten Kapillare, gegeniiber einer normalen vertikalen, ein gr6sserer Effekt im Kurvenverlauf auftritt, erscheint es angebracht, auch der Frage der ctlemischen Reaktionen von kathodischen Reduktionsprodukten das Augenmerk zuzuwenden. So tritt z.B. bei mikroskopischer Beobachtung der Elektro- denumgebung im Laufe der Reduktion von p-Dinitrobenzol eine braunrote F/irbung auf 4, die seinerzeit schon im Laufe von pr/iparativen--potentiostatisch durchge- fiihrten--Elektrolysen auftrat und die bei vollst~ndiger Durchreduktion wieder verschwindet 5. Die gleiche rote F/irbung konnten wit beobachten, wenn die Reduktion

4C

~ 10' 25' f20'

/ ).2 -as -1.o -1.5 -2.o v(o~E)

Abb. 5. Polarographische Verfolgung des zeitlichen Verlaufs der Reduktion yon p-Dinitrobenzo mit H2 an platiniertem Platinblech. lO -3 M p-Dinitrobenzol im Boratpuffer, pH 9. Kurven nach angegebenen Zeitintervallen der Reduktion aufgenommen.

von p-Dinitrobenzol in schwach alkalischer L6sung mit Wasserstoff in Gegenwart eines platinierten Platinbleches durchgeftihrt wird. Dieses chemische Reduktions- verfahren, das nur einen minimalen Eingriff in das untersuchte System darsteUt, l~isst--wo anwendbar--auf einfache Art auch den Reduktionsprozess polarographisch verfolgen (Abb. 5) und kann als zus~itzliche Methode zur Aufkl~irung von Reduktions- Chemismen, insbesondere die Verfolgung von Sekund~irreaktionen mit herangezogen werden.

Fiir Forschungsmittel danken wir der Alexander-von-Humboldt-Stiffung sowie dem Bundesministerium ftir Wirtschaft bestens.

J. Electroanal. Chem., 17 (1968) 293-297

Page 5: Bemerkungen Zur Methodik Der Organischen Polarographie

METHODIK DER ORGANISCHEN POLAROGRAPHIE 297

ZUSAMMENFASSUNG

Am Beispiel der polarographischen Strom-Spannungskurven yon p-Dinitro- benzol wird auf die Bedeutung gewisser beeinflussender Faktoren sowie bestimmter methodischer Massnahmen fiir die polarographische Untersuchung organischer Verbindungen hingewiesen, so der Zusammensetzung der Pufferl6sungen (bei gleichem pH), der ktinstlich geregelten Tropfzeit und der Verwendung der geneigten Kapillare nach SMOLER. Vor allem bei komplizierteren Elektrodenprozessen kann sich die t3bertragung von Elektrolysenprodukten von einem auf den anderen Tropfen im Kurvenverlauf stark auswirken, wie etwa in der Unterdrfickung katalytischer Wasserstoffmaxima im Laufe der p-Dinitrobenzol-Reduktion. Als in speziellen F~llen zur Kl~rung yon Reduktions-Chemismen anwendbare Zusatzmethode l~sst sich die Reduktion durch Wasserstoff in Gegenwart eines platinierten Platinbleches, unter gleichzeitiger polarographischer Verfolgung des Reduktionsablaufs, anwenden. .

SUMMARY

Polarographic current-voltage curves for p-dinitrobenzene are given to illustrate the effect and significance of some experimental variables, e.g., buffer composition (of the same pH), mechanically-regulated drop-time, and the use of SMOLER'S bent capillary--in the study of organic compounds. The transfer of the electrolysis products from one drop to the other can--in case of complex electrode reactions--greatly affect the shape of the polarographic curve as, for example, in the suppression of the catalytic hydrogen maxima recorded in the course of reduction of p-dinitrobenzene.

Reduction by gaseous hydrogen in the presence of a platinized platinum plate and the simultaneous polarographic monitoring of the progress of reduction can--in special cases--be applied to clarify the reduction mechanism.

LITERATUR

I L. HOLLECK, S. VAVRI~K& UND M. HEYROVSK~, Z. Naturforseh., 22b (1967) 1226. 2 L. HOLLECK, in Vorberei tung. 3 f . SMOLER, J. Electroanal. Chem., 6 (1963) 465 • 4 L. HOLLECK, Z. Anal. Chem., 224 (1967) 236. 5 L. HOLLECK UI'CD H. SCHMIDT, Z. Elektroehem., 59 (1955) lO39.

j . Eleetroanal. Chem., 17 (1968) 293-297