380
Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband Renatastraße 73 · 80639 München · Telefon 0 89 / 12 72-0 Telefax 0 89 / 1 68 86 46 [email protected] Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Nr. 1/2005 Die Beiträge und Mitteilungen beruhen auf gewissenhafter Auswertung des vorliegenden Materials. Eine Gewähr wird nicht übernommen.

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

  • Upload
    others

  • View
    2

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Bayerischer Kommunaler Prüfungsverband Renatastraße 73 · 80639 München · Telefon 0 89 / 12 72-0 Telefax 0 89 / 1 68 86 46 [email protected]

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Nr. 1/2005

Die Beiträge und Mitteilungen beruhen auf gewissenhafter Auswertung des vorliegenden Materials. Eine Gewähr wird nicht übernommen.

Page 2: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Inhaltsübersicht

Heft 1/2005 Seite 1

Inhalt Seite Fach Schnellübersicht 3 - 20 1 Körperschaftsteuer 21 - 50 2 Buchführung, Bilanz und Gewinnermittlung 51 - 130 3 Umsatzsteuer 131 - 264 4 Einheitsbewertung 265 - 266 5 Gewerbesteuer 267 - 272 6 Lohnsteuer 273 - 312 8 Grunderwerbsteuer 313 - 314 9 Sonstige Steuern, Abgaben, Zulagen

Grundsteuer 315 - 318 10.6 Kapitalertragsteuer 319 - 320 10.11 Stromsteuer 321 - 328 10.13

Abgabenordnung 329 - 366 11 Handels- und Gesellschaftsrecht 367 - 380 12

Page 3: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

Schnellübersicht

Fach 2 Körperschaftsteuer

BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung zum Bereich des öf-fentlichen oder privaten Rechts richtet sich nach den gesamten Um-ständen des Streitfalles, insbesondere der Entstehungsform und dem Stiftungszweck. § 3 Abs. 1 KStG soll nur eine doppelte Besteuerung der einer Personenvereinigung oder Vermögensmasse selbst zuzu-rechnenden Einkünfte verhindern, nicht aber eine Freistellung auf dieser Ebene bewirken, wenn Zuwendungen bei Destinatären der Besteuerung unterliegen.

BKPV 2/2005 Dient eine Beistandsleistungen bei der empfangenden Körperschaft der Ausführung einer hoheitlicher Aufgaben, liegt beim beistandsleistenden Rechtsträger eine hoheitliche Tätigkeit vor, die keinen Betrieb gewerblicher Art begründet. Beistandsleistungen für die Wahrnehmung wirtschaftlicher Aufgaben beim Leistungsempfän-ger begründen jedoch einen Betrieb gewerblicher Art.

BKPV 3/2005 Für die Einstufung der Tätigkeit eines Vermessungs- und Katasteramts als Hoheitsbetrieb ist ohne Belang, daß dessen öffentlich-rechtliche Aufgaben auch von öffentlich bestellten Vermes-sungsingenieuren als beliehenen Unternehmern erfüllt werden dür-fen.

BKPV 4/2005 Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 26.2.2003 entschieden, daß die Wirtschaftsförderung nur dann gem. § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG steuerbefreit ist, wenn eine ausschließliche und unmittelbare Förderung von Unternehmen vorliegt.

BKPV 5/2005 Das FG Düsseldorf entschied mit nicht rechtskräftigem Urteil vom 10.7.2003, daß ein bislang dauerdefizitärer Betrieb ge-werblicher Art (BgA) durch die Einlage einer gewinnträchtigen Betei-ligung nur dann zum Gewerbebetrieb wird, wenn absehbar ist, daß die Beteiligungserträge die aufgelaufenen Verluste auf Dauer über-steigen und ein Totalgewinn erzielt werden kann. Der BFH wirft im Revisionsverfahren (I R 8/04) die Frage auf, ob die Hinnahme eines Verlustes (hier: aus dem Bäderbetrieb) zu einer verdeckten Gewinn-ausschüttung führt und hat den Bundesfinanzminister zum Verfah-rensbeitritt aufgefordert.

BKPV 6/2005 Das BMF gibt mit Schreiben vom 26.8.2003 Hinweise zu den Vorraussetzungen für eine körperschaftsteuerliche und ge-werbesteuerlichen Organschaft unter Berücksichtigung der Änderun-gen durch das Steuersenkungsgesetz (StSenkG) und das Unterneh-menssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG).

BKPV 7/2005 Körperschaftsteuerliche Behandlung der Auflösung und Abwicklung von Körperschaften und Personenvereinigungen nach den Änderungen durch Gesetz zur Fortentwicklung des Unter-nehmenssteuerrechts.

Heft 1/2005 Seite 3

Page 4: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Fach 3 Buchführung, Bilanz und Gewinnermittlung

BKPV 8/2005 Die Überlassung eines Gesellschaftsgrundstücks an einen Gesellschafter-Geschäftsführer zu einem unter dem Verkehrs-wert liegenden Kaufpreis rechtfertigt die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung nur dann, wenn die Untergrenze der Bandbreite unterschritten wird.

BKPV 9/2005 Nur in den Fällen in denen die Organgesellschaft alle Eingliederungsvoraussetzungen seit Beginn des Wirtschaftsjahres tatsächlich erfüllt hat, und lediglich die für die Organgesellschaft er-forderliche Rechtsform (Kapitalgesellschaft) noch nicht vorliegt, gilt die Rückwirkungsfiktion gem. § 20 UmwStG auch für die Organschaft (Urteil des BFH vom 17.9.2003).

BKPV 10/2005 Der Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer ist auch dann nicht auf einen negativen Betrag festzusetzen, wenn die festgesetzte Körperschaftsteuer infolge der gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1999 hergestellten Ausschüttungsbelastung negativ ist.

BKPV 11/2005 Letztmalige Anwendung des Anrechnungsverfahrens und erstmalige Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens; Über-gangsregelung (§§ 34 bis 38 KStG n.F.)

BKPV 12/2005 Nach dem Urteil des BFH vom 2.10.2003 kann ge-willkürtes Betriebsvermögen auch bei Einnahmenüberschußrechnung gebildet werden.

BKPV 13/2005 Die OFD Koblenz gibt Hinweise zur Berechnung des Gewinnzuschlag bei der Ansparrücklage nach § 7g Abs. 5 EStG und Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 7 EStG.

BKPV 14/2005 Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen einer Betriebsaufspaltung.

BKPV 15/2005 Ein Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG auf Aufdeckung der stillen Reserven einbringungsgeborener Anteile kann grundsätzlich nicht widerrufen werden. - Die Rücknahme eines derartigen Antrags ist nur in den Fällen möglich, in denen der Antrag für einen (noch) zukünftigen Zeitpunkt gestellt worden ist.

BKPV 16/2005 Der BFH hat mit Urteil vom 23.5.2000 entschieden, daß auch Büro- und Verwaltungsgebäude eine wesentliche Betriebs-grundlage darstellen können, wenn das Büro- und Verwaltungsge-bäude für die Geschäftstätigkeit nicht von untergeordneter Bedeu-tung ist. Miet- und Pachtverträge zwischen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) und ihrem Betrieb gewerblicher Art (BgA) sind nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn es sich bei den überlassenen Wirtschaftsgütern nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA handelt. Auf Antrag gilt eine Übergangs-regelung. Die OFD Frankfurt und Koblenz geben Hinweise, in wel-chen Fällen die Rechtsprechung erst ab 1.1.2003 anzuwenden ist.

BKPV 17/2005 Die OFD München nimmt Stellung zu Zweifelsfragen zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung anschaffungsnaher Aufwendungen.

BKPV 18/2005 Die OFD Frankfurt gibt Hinweise über die Vorraus-setzungen einer Teilwertabschreibung auf Grund und Boden.

Seite 4 Heft 1/2005

Page 5: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

BKPV 19/2005 Der Wertberichtigung von Forderungen steht nicht entgegen, daß sie nach dem Tage der Bilanzerstellung (teilweise) erfüllt worden sind und der Gläubiger den Schuldner weiterhin belie-fert hat.

BKPV 20/2005 Die Herausgabe eines Updates für Standard-Soft-ware berechtigt nicht zu einer Absetzung für außergewöhnliche tech-nische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA).

BKPV 21/2005 Nochmals: Ertragsteuerliche Behandlung von Bauko-stenzuschüssen bei Energie- und Wasserversorgungsunternehmen.

BKPV 22/2005 Gemäß dem nicht rechtskräftigen Urteil des Hessi-schen FG vom 19.3.2004 ist für einen bei einem Eigenbetrieb eines Landkreises tätigen Beamten keine Pensionsrückstellung möglich, wenn der Kreis Mitglied bei einer Versorgungskasse ist.

BKPV 23/2005 Pensionsrückstellung: Das Nachholverbot nach § 6 a Abs. 4 Satz 1 EStG gilt auch bei auf einem Rechtsirrtum beruhenden fehlerhaften Ansatz einer Pensionsrückstellung.

BKPV 24/2005 BMF-Schreiben zur Bewertung von Pensionsrück-stellungen und Zuwendungen an Unterstützungskassen.

BKPV 25/2005 Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 30.1.2002, wo-nach für die Verpflichtung zur Leistung von Beihilfen an (künftige) Pensionäre eine Rückstellung zu bilden ist, sind nunmehr doch über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden (Änderung der Verwaltungspraxis, vgl. bereits OFD Koblenz 23.12.2002). Fälle, in denen in der Handels- bzw. Steuerbilanz eine Rückstellungsbildung erfolgte, sind nach den Urteilsgrundsätzen abzuschließen. Fälle, in denen in der Handels- bzw. Steuerbilanz bisher keine Rückstellung erfolgt ist, sind bis zu einer anstehenden Erörterung auf Bundes-ebene offen zu halten.

BKPV 26/2005 BMF-Schreiben: Rückstellung für Anpassungsver-pflichtung nach TA Luft

BKPV 27/2005 Der BFH hat in seinem Urteil vom 19.11.2003 ent-scheiden, daß eine wegen einer Schadstoffbelastung erfolgte Teil-wertberichtigung eines Grundstücks nicht einer Bewertung einer be-stehenden Sanierungsverpflichtung mit dem Erfüllungsbetrag entge-gensteht. Bei dem wertberichtigten Grundstück einerseits und der zu passivierenden Verbindlichkeit andererseits handelt es sich um un-terschiedliche Wirtschaftsgüter, deren Ansatz und Bewertung nach dem Grundsatz der Einzelbewertung unabhängig voneinander zu er-folgen hat.

BKPV 28/2005 Nochmals: Verdeckte Gewinnausschüttung durch un-entgeltliche Überlassung von Hebedaten. Der BFH entschied im Re-visionsverfahren wie folgt: Ein ordentlicher Geschäftsführer muß prüfen, welchen Preis er für die Überlassung erzielen kann. Dabei wird er versuchen eine Deckung seiner Vollkosten zu erreichen. Al-lerdings ist auch zu beachten, daß sich eine Vollkostenberechnung nicht immer durchsetzen läßt und daher ggf. eine Bandbreitenbe-trachtung vorzunehmen ist. Der BFH verwies daher den Streitfall an das FG Düsseldorf zurück. Dieses entschied im zweiten Rechtszug, daß keine vGA vorliegt, wenn die Hebedaten gegen eine Vergütung in Höhe der hälftigen Personalkosten der Zählerablesung zzgl. Ge-meinkostenzuschlag von 10 % und Gewinnzuschlag von 3 % über-lassen werden.

Heft 1/2005 Seite 5

Page 6: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

BKPV 29/2005 Beteiligt sich eine Zweckverbandssparkasse an einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft und verpflichtet sich zur anteiligen Kostenübernahme, so sind diese Kostenzuschüsse als Betriebsaus-gaben - im Rahmen einer Teilwertabschreibung - abzugsfähig, wenn diese Beteiligung vorrangig aus eigenbetrieblichem Interesse erfolgt ist.

BKPV 30/2005 Die von einem Versorgungsbetrieb gezahlte Konzes-sionsabgabe stellt gem. nicht rechtskräftigem Urteil des FG Baden-Württemberg auch in sogenannten Beteiligungsfällen (die Kommune ist an dem Versorgungsbetrieb unmittelbar oder mittelbar beteiligt) nicht bereits deshalb eine verdeckte Gewinnausschüttungen dar, weil der Versorgungsbetrieb den in Abschn. 32 KStR 1990 geforderten Mindestgewinn nicht erreicht hat (Az. BFH: I R 18/04).

BKPV 31/2005 Nochmals: Zinsen für ein Darlehen, das eine Träger-körperschaft einem Betrieb gewerblicher Art gewährt, führen insoweit zu einer vGA, als die Darlehensmittel eine unzureichende Eigenka-pitalausstattung des Betriebs ausgleichen. Die dabei als Maßstab zugrundezulegende angemessene Eigenkapitalquote bestimmt sich im jeweiligen Einzelfall nach der Kapitalstruktur gleichartiger Unter-nehmen der Privatwirtschaft im maßgeblichen Zeitraum. Der BFH bestätigt mit Urteil vom 9.7.2003 die Auffassung des FG München.

BKPV 32/2005 Das BMF gibt mit Schreiben vom 15.7.2004 Hinweise zu Anwendungsfragen der Neuregelung des § 8 a KStG.

BKPV 33/2005 In seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 5.8.2003 entschied das FG Köln, daß bei einer Gesellschafter-Fremdfinanzie-rung dann keine vGA gem. § 8 a KStG vorliegt, wenn das Nähever-hältnis erst nach Darlehenshingabe begründet wird (Az. BFH: I R 12/04).

BKPV 34/2005 Die OFD Düsseldorf äußert sich mit Verfügung vom 19.8.2004 zur Ermittlung des steuerliches Einlagenkonto bei Betrie-ben gewerblicher Art, insbesondere zur Berücksichtigung von Einla-gen vor dem 1.1.2001.

BKPV 35/2005 Die OFD Magdeburg gibt Auskunft über die Behand-lung des Stammkapitals beim steuerlichen Einlagenkonto.

Fach 4 Umsatzsteuer BKPV 36/2005 Die Zuordnung eines gemischt genutzten Gegen-stands (z.B. PKW) kann unabhängig von der ertragsteuerlichen Be-handlung erfolgen. Der Unternehmer kann den Gegenstand insge-samt seinem Unternehmen zuordnen; er kann ihn insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen; schließlich kann er ihn entsprechend dem - geschätzten - unternehmerischen Nutzungsan-teil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmeri-schen Bereich zuordnen.

BKPV 37/2005 Nach dem nicht rechtskräftigen Urteil des FG Brandenburg vom 6.2.2004 unterliegt die Weiterleitung von Förder-mitteln durch eine Gemeinde an eine Erschließungsgesellschaft der Umsatzsteuer. Im Gegenzug bleibt der Gesellschaft der Vorsteuer-abzug erhalten bzgl. der unentgeltlich weiter übertragenen öffent-lichen Flächen und Erschließungsanlagen, sofern die Weiterveräuße-rung der erschlossenen Grundstück umsatzsteuerpflichtig erfolgt (Az. BFH: V R 18/04).

Seite 6 Heft 1/2005

Page 7: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

Der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen eines Erschließungsun-ternehmers ist auch insoweit zulässig, als die Vorsteuern für die Er-schließung öffentlicher Flächen entstanden ist, die nach Erschließung auf die Gemeinde zurückübertragen werden.

BKPV 38/2005 Nochmals: Das FG des Landes Brandenburg hat in seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 26.8.2002 entscheiden, daß die Weiterleitung von Zuschüssen an eine kommunale Entwicklungs-gesellschaft eine umsatzsteuerpflichtige Gegenleistung im Rahmen eines Leistungsaustausches und keinen nicht steuerbaren Zuschuß darstellt.

BKPV 39/2005 Die OFD Cottbus nimmt Stellung zum Vertrauens-schutz, soweit der Erschließungsträger die Erschleißungsanlagen vor dem 18.8.2000 unentgeltlich auf die Gemeinde übertragen hat. In diesem Fall ist die Übertragung nicht steuerbar.

BKPV 40/2005 Der BFH hat mit Urteil vom 28.2.2002 entschieden, daß ein mit der Durchführung einer hoheitlichen Pflichtaufgabe be-trauter Unternehmer umsatzsteuerrechtlich als Leistender an den Bürger anzusehen ist, wenn er bei der Ausführung der Leistung ihm gegenüber - unabhängig von der öffentlich-rechtlichen Berechtigung - im eigenen Namen aufgetreten ist.

BKPV 41/2005 Eine Vorgründungsgesellschaft, die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt ge-gen Entgelt an diese veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte, ist zum Abzug der Vorsteuer be-rechtigt (BFH-Urteil vom 15.7.2004).

BKPV 42/2005 Eine Holdinggesellschaft, die unmittelbar oder mittel-bar in die Verwaltung ihrer Gesellschaften eingreift, ist nur dann Un-ternehmer, wenn die Eingriffe in Form von entgeltlichen Dienstlei-stungen erfolgen. Eine Organschaft liegt daher nur noch vor, wenn die Führungsholding die geschäftsleitende Tätigkeit gegen Entgelt er-bringt.

BKPV 43/2005 Der BFH hat in seinem Urteil vom 28.11.2002 ent-schieden, daß eine GbR auch dann steuerbare Leistungen ausführen kann, wenn sie nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Ist die GbR mangels entgeltlicher Leistungen nicht Unternehmerin, kommt u.U. ein anteiliger Vorsteuerabzug der Gesellschafter in Betracht. Dies gilt auch bei einer Bruchteilsgemeinschaft(„Mähdrescher-Urteil“ vom 01.10.1998).

BKPV 44/2005 Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von kommuna-len Bürgerhäusern und Gemeinschaftshäusern

BKPV 45/2005 Die für die umsatzsteuerrechtliche Organschaft erfor-derliche wirtschaftliche Eingliederung kann bereits dann vorliegen, wenn zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft auf-grund gegenseitiger Förderung und Ergänzung mehr als nur uner-hebliche wirtschaftliche Beziehungen bestehen; insbesondere braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein (BFH-Urteil vom 3.4.2003).

BKPV 46/2005 Die Erschließung ist gemäß nicht rechtskräftigem Urteils des FG Brandenburg als originäre Aufgabe der Gemeinden hoheitlicher Natur und mutiert nicht zur umsatzsteuerbaren Tätigkeit im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art, wenn sie in Verken-nung der sachlichen Zuständigkeit von dem Landkreis wahrgenom-men wird.

Heft 1/2005 Seite 7

Page 8: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

BKPV 47/2005 Nochmals: Die Geschäftsführungstätigkeit für eine Personengesellschaft kann im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgen (s.a. BKPV 39/2003).

BKPV 48/2005 Das BMF nimmt Stellung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei sonstigen Leistungen eine nicht steuerbare Personalbeistellung möglich ist.

BKPV 49/2005 Das Bundesfinanzministerium hat zur zutreffenden Bestimmung des Orts der Lieferung oder sonstigen Leistung beim Energiehandel mit Gas und Strom Stellung genommen.

BKPV 50/2005 Die Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes zu eigenen Wohnzwecken ist nicht gem. § 4 Nr. 12 steu-erbefreit, sondern umsatzsteuerpflichtig und berechtigt daher zum Vorsteuerabzug (BFH-Folgeentscheidung - Seeling-Urteil).

BKPV 51/2005 Im Hinblick auf die Urteile des EuGH vom 8.5.2003 und des BFH vom 24.7.2003 (vgl. BKPV 62/2005) nimmt das BMF Stellung zur Frage, in welchen Fällen die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks für eigenen Wohnzwecke als unentgeltliche Wertabgabe umsatzsteuerpflichtig ist und zum Vor-steuerabzug berechtigt.

BKPV 52/2005 Die unentgeltliche Wertabgabe gem. § 3 Abs. 9 a UStG bemißt sich gem. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG ab 1.7.2004 nicht mehr nach den bei Ausführung des Umsatzes entstandenen Kosten, sondern den dabei entstandenen Ausgaben. Hierbei sind die An-schaffungs-/Herstellungskosten eines Gegenstandes gem. BMF-Schreiben vom 13.4.2004 auf den Berichtigungszeitraum gem. § 15 a UStG von 5 bzw. 10 Jahren zu verteilen und nicht mehr wie bisher auf die Abschreibungsdauer gem. § 7 EStG (Änderung der Rechts-lage). Beim FG München ist bereits eine Klage hiergegen wegen eines möglichen Verstoßes gegen die 6. EG-Richtlinie anhängig. Das FG hat deshalb ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH ge-richtet.

BKPV 53/2005 Umsatzsteuer bei Grundstücksveräußerung BKPV 54/2005 Die Steuerbefreiung nach Art. 67 Abs. 3 NATO-ZAbk kann auch für die Lieferung von Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme sowie für sonstige Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunika-tionen in Betracht kommen, die für den Gebrauch oder Verbrauch in den Wohnungen bzw. durch die Mitglieder der Truppe oder des zivi-len Gefolges oder deren Angehörige bestimmt sind.

BKPV 55/2005 Erlöse aus dem Betrieb eines Wohnheims für Aus-siedler und Asylanten unterfallen nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, wenn es dem Leistungsverhältnis zwischen dem Heimbetreiber und der Gemeinde als Leistungsempfänger an einer Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzungen eines Grund-stücks fehlt, die wesentliches Element einer nach der genannten Vorschrift steuerbefreiten Vermietung oder Verpachtung von Grund-stücken wäre. Hiervon ist auszugehen, wenn die Gemeinde bereits aus eigenem Recht, nämlich als (Haupt-)Pächter des Grundstücks zu dessen Nutzung berechtigt ist, während der Heimbetreiber lediglich als Unterpächter der Gemeinde dieser die Heimplätze zur Verfügung stellt.

BKPV 56/2005 Umsätze der Krankenhäuser sind, auch soweit sie die ärztliche Heilbehandlung einschließen, grundsätzlich nur dann steu-erfrei, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 i.V.m. § 67 AO 1977 erfüllen; die Befreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 findet auf sie grundsätzlich keine Anwendung.

Seite 8 Heft 1/2005

Page 9: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

BKPV 57/2005 Der Betreiber eines Altenheims, der weder in § 53 Nr. 2 AO 1977 bezeichnete Personen aufnimmt noch Personen i.S. des § 68 BSHG aufnehmen darf, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991/1993 nicht beanspruchen.

BKPV 58/2005 Stellt ein Krankenhaus Ärzten, die in den Räumen der Klinik eine Praxis für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie betrei-ben, gegen Entgelt Personal für die Bedienung eines Computertomo-graphen und Kernspintomographen zur Verfügung, so kann es sich dabei gem. dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz um einen mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundenen und damit steuerfreien Umsätze handeln (Revision eingelegt).

BKPV 59/2005 Ein Unternehmer kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. b und c UStG nur für die unmittelbar selbst bewirkten Umsätze beanspruchen.

BKPV 60/2005 Überläßt ein Theater einem anderen Theater Perso-nal und/oder führt für dieses Werkstattarbeiten durch, so sind diese Leistungen nach dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz umsatzsteuer-frei, wenn sie für eine Theateraufführung unerläßlich sind (Revision eingelegt, Az. BFH: V R 57/03).

BKPV 61/2005 Gem. dem Urteil des EuGH vom 3.4.2003 können auch Leistungen von Einzelkünstlern (Solisten) unter den Vorausset-zungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei sein. Entsprechen-des gilt für die Darbietung von Einzelkünstlern im Rahmen von Thea-tervorführungen und Konzerten nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG.

BKPV 62/2005 Die Veranstaltung einzelner Vorträge oder einer Vor-tragsreihe durch freie Mitarbeiter im Rahmen einer berufsbildenden Einrichtung erfüllt nicht die Voraussetzungen einer steuerfreien Un-terrichtsleistung. - Die Einbindung von Vorträgen in ein Lehrpro-gramm ist jedoch für die Befreiung der Unterrichtsleistungen des Trägers der Bildungseinrichtung unschädlich.

BKPV 63/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung äußert sich zu der Frage, ob und in welchem Umfang Betreiber von Seniorenheimen auf die Steuerfreiheit ihrer Vermietungsumsätze verzichten können.

BKPV 64/2005 Das FG Köln entschied in seinem vorl. nicht rechts-kräftigen Urteil vom 23.6.2004, daß Kostendeckungszuschüsse des Gesellschafters an eine von einer KdöR gegründete GmbH dann um-satzsteuerpflichtiges Entgelt darstellen, wenn sich die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz aus einem Beauftragungsvertrag ergibt. Die Gewinnlosigkeit einer kommunalen Eigengesellschaft kann zu einer vGA führen.

BKPV 65/2005 Mit der Frage des Verzichtes auf die Umsatzsteuer-befreiung für die Vermietung von Grundstücken bei der Vermietung für teils unternehmerische Zwecke, teils Wohnzwecke und teils nicht-unternehmerische Zwecke beschäftigt sich die OFD Frankfurt in ihrer Verfügung vom 28.10.2003.

BKPV 66/2005 Gibt ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer Mahl-zeiten in einer von einem Dritten (Caterer) betriebenen Kantine ver-billigt ab, so gehört zur Bemessungsgrundlage regelmäßig auch das vom Unternehmer an den Dritten für diese Umsätze gezahlte Entgelt, selbst wenn die Kantine im eigene Namen des Unternehmers be-trieben wird.

BKPV 67/2005 Eine von einem Wasserversorgungsverband bei sei-nen Mitgliedern zur Deckung des Fehlbetrags der Vorjahre erhobene Umlage stellt Entgelt von dritter Seite für die Wasserlieferungen des Verbands an die versorgungsberechtigten Grundstückseigentümer

Heft 1/2005 Seite 9

Page 10: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

der ihm angehörenden Gemeinden dar, wenn sich die Umlage nach dem Wasserverbrauch der in der jeweiligen Gemeinde ansässigen Nutzer bemißt.

BKPV 68/2005 Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unterneh-mer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, ge-hören - unabhängig von der Bezeichnung als "Zuschuß" - dann ge-mäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn

- der Zuschuß dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstlei-stungsempfänger zugute kommt,

- der Zuschuß gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegen-stands oder die Erbringung einer bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und

- mit der Verpflichtung der den Zuschuß gewährenden Stelle zur Zu-schußzahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuer-baren Umsatz bewirkt hat.

BKPV 69/2005 Das Sächsische Finanzgericht entschied mit Urteil vom 24.9.2003, daß die von einem Wasserversorger gegenüber den jeweiligen Endabnehmern erbrachten Leistungen, nämlich die Liefe-rung von Wasser und die Errichtung von Liefererleitungen einschließ-lich der Hausanschlußleitung, insgesamt eine einheitliche Leistung "Lieferung von Wasser" darstellen, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Die Errichtung der Leitungen ist Nebenleistung zur Was-serlieferung, da sie für die Kunden das Mittel darstellt, um die Haupt-leistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu kön-nen (gegen BMF-Schreiben vom 12.8.2000). Revision eingelegt. BFH forderte BMF zum Verfahrensbeitritt auf.

BKPV 70/2005 Mit Urteil vom 23.10.2003 entschied der EuGH, daß für die Leistungen von Solisten an Konzertveranstalter - wie für ent-sprechende Leistungen von Ensembles - der ermäßigte Umsatz-steuersatz gewährt werden muß.

BKPV 71/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung regelt die um-satzsteuerliche Behandlung des Sponsoring.

BKPV 72/2005 Die Tatbestände, bei denen Steuerschuldner der Lei-stungsempfänger ist (§ 13 b UStG), wurden erweitert. Darunter fallen zukünftig u.a. auch alle Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuer-gesetz fallen. Das BMF hat zwischenzeitlich mehrere Schreiben zur Anwendung des § 13 b UStG heraus gegeben.

BKPV 73/2005 Eine wegen unberechtigtem Steuerausweises festge-setzte Umsatzsteuer ist (zwingend) zu erlassen, wenn der Leistungs-empfänger seinen Vorsteuerabzugs berichtigt hat.

BKPV 74/2005 Im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie 2001/115/EG durch das StÄndG 2003 und die neue Rechtsprechung des EuGH und des BFH zu Rechnungen mit unrichtigem bzw. unbe-rechtigtem Steuerausweis hat das Bundesfinanzministerium ein um-fangsreiches Schreiben zu Art und Umfang einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung und den verschärften Voraussetzungen des Vor-steuerabzugs veröffentlicht.

BKPV 75/2005 Im Hinblick an die verschärften Anforderungen an den Vorsteuerabzug aufgrund des Steueränderungsgesetzes 2003 hat das Bundesfinanzministerium Übergangsregelungen für im 1. Halbjahr 2004 ausgestellte Rechnungen erlassen.

Seite 10 Heft 1/2005

Page 11: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

BKPV 76/2005 Weist ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatz-steuer gesondert erst zu einem Zeitpunkt aus, in dem die ursprüng-lich entstandene Steuer für seine Leistung wegen Ablaufs der Fest-setzungsfrist nicht mehr erhoben werden kann (Eintritt der Ver-jährung), so schuldet er die ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG.

BKPV 77/2005 Hat ein Unternehmer Rechnungen mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellt und Dritten übergeben, ob-wohl er die darin bezeichneten Leistungen nicht ausgeführt hat, und haben die Rechnungsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuerbeträge abgezogen, so schuldet der Aussteller die ausge-wiesene Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG, auch wenn er seine angebli-chen Leistungen umsatzversteuert hat. Da aber in diesem Fall keine Gefährdung des Steueraufkommens besteht, wenn der Vorsteuerab-zug bei den Rechnungsempfängern berichtigt wurde, verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, daß die unberechtigt in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer unabhängig von einem guten Glauben des Rechnungsausstellers berichtigt werden kann.

BKPV 78/2005 Hat der Steuerpflichtige eine Leistung, die er außer-halb seines Unternehmens erbracht hat, als steuerpflichtigen Umsatz behandelt, indem er sie dem Leistungsempfänger mit gesondertem Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat, und hat er die Steuer erklärungsgemäß an das FA abgeführt, so verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, daß die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt wird, wenn der Vor-steuerabzug beim Leistungsempfänger rückgängig gemacht worden ist.

BKPV 79/2005 Mit Urteil vom 29.4.2004 entschied der EuGH, daß das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden nach dieser Bestimmung erforderlichen Voraus-setzungen erfüllt sind. D.h., daß die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und daß der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mit-gliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann.

BKPV 80/2005 Mit Urteil vom 1.4.2004 entschied der EuGH, daß eine Rechnung keine Voraussetzung zur Ausübung des Vorsteuer-abzugsrechts darstellt, wenn der Leistungsempfänger Steuerschuld-ner ist.

BKPV 81/2005 Das Bundesfinanzministerium hat ein ausführliches Schreiben zum Vorsteuerabzug und zur Umsatzbesteuerung bei un-ternehmerisch genutzten Fahrzeugen ab 1.1.2004 herausgegeben.

BKPV 82/2005 Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 28.10.2004 entschieden, daß sich eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die nach deutschem Umsatzsteuerrecht keinen Betrieb ge-werblicher Art begründet, unmittelbar auf den Anwendungsvorrang der 6. EG-Richtlinie berufen kann. Sie ist Unternehmerin, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausübt (Art. 4 Abs. 1 und 2 der 6. EG-Richtlinie). Eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit reicht nicht aus. Es wurde klarge-stellt, daß die Spezialregelungen in § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie die Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand nicht begründen sondern als Einschränkung zum allgemeinen Unter-nehmerbegriff zu verstehen sind.

Der Bundesfinanzhof konnte in seinem Urteil nicht entscheiden, ob die Erlaubnis zur Mitbenutzung eines Anschlußgleises im konkreten

Heft 1/2005 Seite 11

Page 12: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Einzelfall als wirtschaftliche Tätigkeit einzuordnen ist, weshalb das Verfahren an das Finanzgericht zurückverwiesen wurde. Ferner hat das Finanzgericht im 2. Rechtszug zu prüfen, ob eine unentgeltliche Wertabgabe (früher: Eigenverbrauch) für unternehmensfremde Zwek-ke vorliegt, soweit die Überlassung zu einem Entgelt unterhalb der Selbstkosten erfolgte. Der Bundesfinanzhof verweist auf ein beim Europäischen Gerichtshof anhängiges Verfahren (Rs. C-412/03,Hotel Scandic Gasabäck).

BKPV 83/2005 Mit Wirkung ab 1.4.1999 wurde der Vorsteuerabzug aus dem - ertragsteuerlich - nicht abzugsfähigen Teil der Bewirtungs-kosten (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) ausgeschlossen Das FG München hat mit Urteil vom 13.11.2003 (14 K 3488/02) die auf die Bewirtungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge in vollem Umfang zum Abzug zugelassen. Nach Auffassung des Finanzgerichts sei die Beschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug insoweit mit dem Ge-meinschaftsrecht unvereinbar. Der Unternehmer könne sich auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht berufen.

Die von der Finanzverwaltung eingelegte Revision wies der BFH mit Urteil vom 10.2.2005 (V R 76/03) als unbegründet zurück.

BKPV 84/2005 Im Hinblick auf die jüngere höchstrichterliche Recht-sprechung und die Änderung des § 15 a UStG durch das StÄndG 2001 hat das Bundesfinanzministerium ein neues Schreiben zum Vorsteuerabzug und zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs heraus-gegeben.

BKPV 85/2005 Kein Vorsteuerabzug bei einer Kommune als Vermie-terin von (leeren) Ladenlokalen. Der private Unternehmer bedarf des Schutzes vor der öffentlichen Hand, da sich diese - anders als der private Unternehmer - aus öffentlichen Abgaben finanzieren kann, nicht aber die öffentliche Hand des Schutzes vor dem privaten Wett-bewerb.

BKPV 86/2005 Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge durch den Un-ternehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze ist als sach-gerechte Schätzung i.S. von § 15 Abs. 4 UStG auch in Hinblick auf die gegenteilige Auffassung des BMF im Schreiben vom 19.11.2002 anzuerkennen.

BKPV 87/2005 Nach dem BFH-Urteil vom 4.7.2002 kann eine Um-satzsteuer-Voranmeldung per Telefax wirksam übermittelt werden. Lt. MF-Schreiben vom 20.1.2003 gilt dies auch für Lohnsteuer- und Kapitalertragsteuer-Anmeldungen, nicht jedoch für Jahreserklärun-gen, für die das Gesetz eine eigenhändige Unterschrift des Steuer-pflichtigen vorschreibt.

BKPV 88/2005 Der grundlegende Umbau eines Altbaus steht dann der Errichtung eines (neuen) Gebäudes i.S. der Übergangsregelung in § 27 Abs. 2 UStG 1993 gleich, wenn die neu eingefügten Gebäu-deteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes geben, oder wenn der Altbau durch den Umbau eine wesentliche Funktions- und Zweckveränderung erfährt.

Für vermietete Altbauten, die vor dem 11.11.1993 errichtet worden sind, ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung von Vermietungsumsät-zen nach § 9 Abs. 2 UStG 1993 ohne zeitliche Beschränkung auch dann möglich, wenn der Vermieter den Altbau nach dem 11.11.1993 erworben und Herstellungsaufwendungen getätigt hat, die zu sonsti-gen nachträglichen Herstellungskosten geführt haben.

Seite 12 Heft 1/2005

Page 13: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

Fach 5 Einheitsbewertung

BKPV 89/2005 Bei der Bedarfsbewertung von Versorgungsgrund-stücken ist regelmäßig der vom Gutachterausschuß festgelegte lage-typische Bodenrichtwert anzusetzen.

Fach 6 Gewerbesteuer

BKPV 90/2005 Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer ge-werbesteuerlichen Organschaft entsprechen ab dem Veranlagungs-zeitraum 2002 den Voraussetzungen für die körperschaftsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG in der ab 2002 gültigen Fas-sung). Eine bisher bestehende nur-gewerbesteuerliche Organschaft endet daher mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 2001.

BKPV 91/2005 Das FG Düsseldorf entschied mit Urteil vom 10.7.2003, daß ein bislang dauerdefizitärer Betrieb gewerblicher Art (BgA) durch die Einlage einer gewinnträchtigen Beteiligung nur dann zum Gewerbebetrieb wird, wenn absehbar ist, daß die Beteiligungs-erträge die aufgelaufenen Verluste auf Dauer übersteigen und ein Totalgewinn erzielt werden kann (vgl. BKPV 5/2005).

BKPV 92/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 17.9.2003, daß eine durch übertragende Umwandlung aus einer Personengesell-schaft entstandene Kapitalgesellschaft dann rückwirkend vom Beginn des Wirtschaftsjahres an gewerbesteuerliche Organgesellschaft sein kann, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag gemäß § 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG 1995 auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurück-verlegt wird und die Eingliederungsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Nr. 1 und 2 KStG 1999 tatsächlich bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres erfüllt waren. Die Finanzverwaltung wendet das Urteil jedoch nur an, wenn der Sach-verhalt demjenigen im Urteilsfalle entspricht. Im Übrigen hält die Fi-nanzverwaltung daran, dass bei einer Abspaltung, Ausgliederung oder Einbringung eines Teilbetriebs des Organträgers unter Ab-schluss eines Gewinnabführungsvertrages mit der neu gegründeten Tochtergesellschaft die rückwirkende Begründung eines Organ-schaftsverhältnisses nicht möglich ist (vgl. BKPV 9/2005).

BKPV 93/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 7.8.2002, daß wirt-schaftliche Eingliederung als Organgesellschaft voraussetzt, daß der Organträger eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die im Rah-men des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Die organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft scheitert nicht daran, daß die maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen nicht vom Organträger, sondern von dessen ausländischen Mutter getroffen werden.

BKPV 94/2005 Die OFD Düsseldorf nimmt Stellung zur Hinzurech-nung von als Herstellungskosten aktivierten Fremdkapitalzinsen als Dauerschuldzinsen.

BKPV 95/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung regelt Fragen der Auslegung bzw. erstmaligen Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuer-rechts betr. die Hinzurechnung der nach § 3 Nr. 40 EStG oder § 8 b Abs. 1 KStG bei der Gewinnermittlung außer Ansatz bleibenden Ge-winnanteile im Bereich der Sparkassen und Landesbanken.

Heft 1/2005 Seite 13

Page 14: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

BKPV 96/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 29.1.2003: Eine dem Steuerpflichtigen von einem Gläubiger unter dem Vorbehalt der Besserung erlassene Verbindlichkeit entsteht nach Bedingungseintritt neu. Die neue Verbindlichkeit stellt nur dann eine Dauerschuld dar-stellt, wenn sie ihrerseits die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 Nr. 1 GewStG 1991 erfüllt.

Fach 8 Lohnsteuer

BKPV 97/2005 Das Bundesfinanzministerium hat ein Einführungs-schreiben Lohnsteuer zum Steueränderungsgesetz 2003 und Haus-haltsbegleitgesetz 2004 herausgegeben.

BKPV 98/2005 Das Bundesfinanzministerium hat die bisherigen Re-gelungen zur einkommensteuerlichen Behandlung der Aufwendun-gen für ein häusliches Arbeitszimmer durch ein neues Schreiben er-setzt.

BKPV 99/2005 Das FG Münster entschied mit Urteil vom 15.5.2003, daß der geldwerte Vorteil aus der verbilligten Überlassung einer Dienstwohnung eines bei einer Stadt angestellten Schulhausmeisters unter § 8 Abs. 3 EStG fällt. Für die Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG ist unerheblich, daß die Stadt - nur - eine ihrer Schulhausmeister-wohnungen fremdvermietet hat. Der BFH stimmte dem FG zu für den Fall, daß der Arbeitgeber zumindest in gleichem Umfang an Dritte vermietet. Ob evtl. Nutzungsbeeinträchtigungen ggf. (weitere) Ab-schläge rechtfertigen ist nach Auffassung des BFH Tatfrage.

BKPV 100/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung stellt die Än-derungen bei den Abzugsmöglichkeiten wegen doppelter Haushalts-führung auf Grund des Steueränderungsgesetzes 2003 dar.

BKPV 101/2005 Das Finanzministerium Hessen gibt mit Erlaß vom 24.2.2004 Hinweise zur lohnsteuerlichen Behandlung eines Empfan-ges des Arbeitgebers anläßlich Geburtstag eines Arbeitnehmers.

BKPV 102/2005 Die OFD Frankfurt hat ihre Verfügung vom 25.4.2002 zur einkommensteuerlichen Behandlung verbilligter Ener-gielieferungen an Arbeitnehmer von Versorgungsunternehmen in ak-tualisierter Form neu herausgegeben.

BKPV 103/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung äußert sich zur lohnsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen für Auto- und Mobiltelefone.

BKPV 104/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 20.3.2003: Ver-mietet der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber einen Raum, der als dessen Büro zu qualifizieren ist und in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, so handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG. Die Abzugs-beschränkung dieser Vorschrift greift deshalb nicht ein.

BKPV 105/2005 Die OFD Hannover beschäftigt sich in ihrer Verfü-gung vom 25.2.2003 mit dem Vorwegabzug bei einer einem beherr-schenden GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Alters-versorgung.

BKPV 106/2005 Steuerliche Behandlung der an ehrenamtliche Wahlhelfer gezahlten Erfrischungsgelder

Seite 14 Heft 1/2005

Page 15: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

BKPV 107/2005 Das FG des Landes Brandenburg entschied in sei-nem rechtskräftigen Urteil vom 22.10.2003, daß ein Stromableser Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit erzielt, wenn Unternehmerrisiko und -initiative in hinreichendem Umfang zu bejahen sind.

BKPV 108/2005 In seinem nicht rechtskräftigen Urteil vom 30.3.2000 entschied das FG des Landes Brandenburg, daß an Orchestermit-glieder neben dem steuerpflichtigen Instrumentengeld erstattete Instandsetzungskosten für arbeitnehmereigene Musikinstrumente nach dem Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern steuer-pflichtigen Arbeitslohn i.S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 EStG und nicht nicht steuerbaren Auslagenersatz gem. § 3 Nr. 50, 2. Alternative EStG darstellen.

BKPV 109/2005 Die nationale Regelung, nach der bei Gebietsfrem-den in der Regel die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der Betriebsaus-gaben, besteuert werden, während bei Gebietsansässigen die Netto-einkünfte, nach Abzug der Betriebsausgaben, besteuert werden, ver-stößt gegen EU-Recht.

Fach 9 Grunderwerbsteuer BKPV 110/2005 Das FG Münster entschied mit rechtskräftigem Urteil vom 14.8.2003, daß grundsätzlich keine Einbeziehung der Erschlie-ßungskosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage erfolgt, wenn Gegendstand des Erwerbs das noch nicht erschlossene Grundstücks ist.

Fach 10.6 Grundsteuer

BKPV 111/2005 Mit Urteil vom 26.2.2003 entschied der BFH, daß die Grundsteuerbefreiung für Grundbesitz, der für die Zwecke eines Krankenhauses benutzt wird, gemäß § 4 Nr. 6 Satz 2 GrStG auch dann nicht zu gewähren ist, wenn der Grundstückseigentümer und der Klinikbetreiber - bei fehlender Identität - durch Identität ihrer Ge-sellschafter oder der hinter ihnen stehenden Personen miteinander verbunden sind.

BKPV 112/2005 Der Bayerische VGH entschied mit rechtskräftigen Urteil, daß bei der Prüfung des Erlasses von Grundsteuer nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG für denkmalgeschützten Grundbesitz Schuldzinsen nicht als Aufwand und Abschreibungen nur in üblicher Höhe ohne Berücksichtigung von Sonderabschreibungen zu berück-sichtigen sind.

Fach 10.11 Kapitalertragsteuer

BKPV 113/2005 Die OFD Chemnitz beschäftigt sich in ihrer Verfü-gung vom 4.2.2004 mit der Erstattung von Kapitalertragsteuer zur Vermeidung von sachlicher Härten im Zusammenhang der Änderun-gen durch das Steueränderungsgesetz 2003.

Heft 1/2005 Seite 15

Page 16: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Fach 10.13 Stromsteuer

BKPV 114/2005 In seinem Urteil vom 20.4.2004 entschied der BFH, daß bereits die Einspeisung des in einer begünstigten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage erzeugten Stroms in das öffentliche Stromnetz zu einem Ausschluß der Steuerbefreiung führt.

Von einer Entnahme des Stroms in räumlichem Zusammenhang zu der von § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG begünstigten Anlage kann jeden-falls dann ausgegangen werden, wenn mit dem in der Anlage er-zeugten Strom ausschließlich innerhalb einer kleinen Gemeinde ge-legene kommunale Abnahmestellen versorgt werden.

Fach 11 Abgabenordnung

BKPV 115/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung regelt die Voraussetzungen für die Anerkennung von Zuwendungsbestätigun-gen bei Sachspenden.

BKPV 116/2005 Im Anschluß an das BMF-Schreiben vom 15.2.2002 äußert sich eine Auffassung der Finanzverwaltung mit Beispielen dazu, wann eine Körperschaft in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke i.S. von § 55 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt.

BKPV 117/2005 Die OFD Koblenz nimmt Stellung zur Frage der ge-meinnützlichkeitsrechtlichen Beurteilung der Überlassung von einem Zweckbetrieb gewidmeten Räumlichkeiten einschl. Inventar an eine von der gemeinnützigen Körperschaft beherrschte Dienstleistungs-GmbH.

BKPV 118/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung regelt die ge-meinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Gartenschauen.

BKPV 119/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 18.12.2002, daß die Steuervergünstigungen wegen Verfolgung gemeinnütziger, mild-tätiger oder kirchlicher Zwecke nicht schon dadurch ausgeschlossen werden, daß die Satzung der Körperschaft das Unterhalten eines Nichtzweckbetriebes ausdrücklich erlaubt.

BKPV 120/2005 Gemäß BMF-Schreiben vom 21.1.2003 ist die Re-gelung in Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 zu § 57 AO im AEAO i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.9.2002, wonach ein Handeln als Hilfsperson keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründet, für die Befreiung von der Körperschaftsteuer erst ab VZ 2004 anzuwenden.

BKPV 121/2005 Das BMF beschäftigt sich mit Schreiben vom 15.9.2003 mit der gemeinnützigkeitsrechtlichen Behandlung von Frei-willigenagenturen.

BKPV 122/2005 Die OFD Frankfurt gibt mit Verfügung vom 6.8.2003 Hinweise, unter welchen Voraussetzungen steuerbegünstigte Körper-schaften ohne Verstoß gegen die Verpflichtung zur zeitnahen Mit-telverwendung Rücklagen bilden und Mittel ihrem Vermögen zufüh-ren können.

BKPV 123/2005 Die Mittelbeschaffung für eine andere gemeinnützig tätige Körperschaft des privaten Rechts ist gem. § 58 Nr. 1 AO steuerlich unschädlich, wenn die andere Körperschaft selbst steuer-begünstigt ist. Handelt es sich bei der anderen Körperschaft jedoch um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, reicht es aus, daß

Seite 16 Heft 1/2005

Page 17: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

diese gemeinnützig tätig ist. Einer formellen Anerkennung der Ge-meinnützigkeit bedarf es nicht. Auf die Verabschiedung einer ent-sprechenden Satzung kann verzichtet werden (Gesetzesänderung).

BKPV 124/2005 In seinem Urteil vom 19.11.2003 entschied der BFH, daß mehrere Motorsportveranstaltungen eines nicht von der Körper-schaftsteuer befreiten Vereins als ein einheitlicher Betrieb zu beur-teilen sind, wenn sie gleichartig sind und der Verein für sie keine voneinander getrennten Organisationen unterhält.

BKPV 125/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung enthält Grundsätze zur Verwendung von Mitteln steuerbegünstigter Körper-schaften.

BKPV 126/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung regelt die er-tragsteuerliche Behandlung des Sponsoring bei steuerbegünstigten Empfängern.

BKPV 127/2005 Die bei gemeinnützigen Sportvereinen fakultativ ab 1. Januar 2000 mögliche pauschalierte Gewinnermittlung für Wer-bung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, die bei sportlichen Veranstaltungen durchgeführt wird, ist gemäß Verfügung der OFD Hannover vom 16.5.2002 nur zulässig, wenn die sportliche Veranstaltung als Zweckbetrieb einzuordnen ist.

BKPV 128/2005 Das Schleswig-Holsteinische FG entschied mit vor-läufig nicht rechtskräftigem Urteil vom 27.2.2002, daß auch bei einem Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 AO die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO im Rahmen einer restriktiven Auslegung zu beachten ist.

BKPV 129/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung enthält Grundsätze zur Vornahme einer tatsächlichen Verständigung in Fäl-len erschwerter Sachverhaltsermittlung.

BKPV 130/2005 Mit Urteil vom 23.9.2003 entschied der BFH, daß sich auch die Dreitagesfrist nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bei Ablauf am Wochenende oder Feiertag bis zum nachfolgenden Werktag ver-längert.

BKPV 131/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 23.4.2003, daß nur wenn der Steuerpflichtige eindeutig zu erkennen gegeben hat, er werde von einem weitergehenden Begehren absehen (Teilanfech-tung), der Steuerbescheid im ausdrücklich nicht angefochtenen Teil bestandskräftig wird.

BKPV 132/2005 In seinem Urteil vom 20.8.2003 entschied der BFH, daß der Ablauf der Festsetzungsfrist auch dann nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 wegen des Beginns einer Außenprüfung gehemmt wird, wenn das FA während der Prüfung einen geänderten Steuer-bescheid aufgrund eines Teilbetriebsprüfungsberichts erläßt, die Prü-fung sodann aber fortführt oder wieder aufnimmt, bevor die reguläre Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 abgelaufen ist. Die fortgeführte oder wieder aufgenommene Prüfung bedarf keiner erneuten Prüfungsanordnung.

BKPV 133/2005 Ergänzend zum BMF-Schreiben vom 15.10.2003 äußert sich eine Anweisung der Finanzverwaltung zur Bestandskraft und zu Änderungsmöglichkeiten von steuerlichen Verwaltungsakten.

Heft 1/2005 Seite 17

Page 18: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

BKPV 134/2005 Der BFH entschied mit Urteil vom 10.4.2003: Wer-den nachträglich sowohl steuererhöhende Tatsachen (Umsätze) als auch steuermindernde Tatsachen (Vorsteuerbeträge) bekannt und führen die steuererhöhenden Tatsachen zur Änderung eines Steu-erbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977, so können die steuer-mindernden Tatsachen sowohl gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 als auch gemäß § 177 AO 1977 zu berücksichtigen sein.

BKPV 135/2005 In seinem Urteil vom 28.1.2004 entschied der BFH, daß die Änderung des dem Organträger zuzurechnenden Einkom-mens der Organgesellschaft und eines dieser gegenüber ergangenen Körperschaftsteuerbescheids bezogen auf die dem Organträger ge-genüber festgesetzte Körperschaftsteuer weder die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 noch die des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 erfüllt.

BKPV 136/2005 Mit Urteil vom 19.8.2003 entschied der BFH, daß die Rückgängigmachung eines unter einer auflösenden Bedingung ste-henden Kaufvertrags (hier: über den Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft - wesentliche Beteiligung i.S. von § 17 EStG -) durch den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleiches (nach Übertragung des Anteils und vollständiger Bezahlung des Kaufprei-ses) ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung darstellt.

BKPV 137/2005 Gemäß Urteil des BFH vom 12.6.2002 steht dem Er-laß eines Verlustfeststellungsbescheides nach § 10 d EStG solange keine Feststellungsverjährung entgegen, als diese Feststellung für künftige Einkommensteuerfestsetzungen oder Verlustfeststellungen nach § 10 d EStG von Bedeutung ist.

BKPV 138/2005 Das Bundesfinanzministerium hat die Erteilung von Auskünften mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben (verbindli-che Auskünfte) neu geregelt.

BKPV 139/2005 In einer Mitteilung vom 19.12.2003 beschäftigt sich das BMF mit der Verkürzung der Zahlungs-Schonfrist von 5 auf 3 Tage.

BKPV 140/2005 In der Verfügung vom 13.5.2003 beschäftigt sich die OFD Magdeburg mit der Erstattung einbehaltener und abgeführter Zinsabschläge zur Vermeidung sachlicher Härten bei steuerbefreiten inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermö-gensmassen (vgl. Rdn. 36, 37 des BMF-Schreibens vom 5.11.2002).

BKPV 141/2005 Eine Anweisung der Finanzverwaltung erläutert die Voraussetzungen einer Untätigkeitsklage nach § 48 FGO.

Fach 12 Handels- und Gesellschaftsrecht

BKPV 142/2005 Der BGH entschied mit Urteil vom 1.12.2003, daß sich bei einer (steuerrechtlichen) Organschaft mit Ergebnisabfüh-rungsvertrag (§ 291 Abs. 1 AktG) Umfang und Grenzen eines etwai-gen Steuererstattungsanspruchs des Organträgers gegenüber der Organgesellschaft nach den für den Ergebnisabführungsvertrag gel-tenden Grundsätzen bestimmen. Mit der Abführung des Jahresüberschusses einer Organgesellschaft an den Organträger sind im Verhältnis zu ihm auch Steuerzahlungen ausgeglichen, welche er später für die Organgesellschaft nachent-richten muß.

Seite 18 Heft 1/2005

Page 19: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1

BKPV 143/2005 Mit Urteil vom 13.2.2003 entschied der BAG daß ein Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers nicht nach § 613 a BGB auf einen Betriebserwerber über geht. § 613 a BGB erfaßt nur Arbeitsverhältnisse.

BKPV 144/2005 Das BayObLG beschloß am 31.10.2002, daß eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht grundbuchfähig ist; sie kann nicht unter ihrem Namen als Eigentümerin eines Grundstücks oder als Berechtigte eines beschränkten dinglichen Rechts in das Grundbuch eingetragen werden.

Heft 1/2005 Seite 19

Page 20: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 1 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 20 Heft 1/2005

Page 21: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 21

Körperschaftsteuer Körperschaftssteuerpflicht einer nichtrechtsfähigen Stiftung des privaten Rechts mit öffentlich-rechtlicher Trägerkörper-schaft

BKPV 1/2005

BFH-Urteil vom 29.01.2003 - I R 106/00 (DStRE 11/2003, S. 664) Leitsätze: „1. Die Zugehörigkeit einer Stiftung zum Bereich des öffentlichen oder privaten Rechts richtet sich

nach den gesamten Umständen des Streitfalles, insbesondere der Entstehungsform und dem Stiftungszweck.

2. § 3 Abs. 1 KStG hindert nur eine doppelte Besteuerung der einer Personenvereinigung oder Ver-

mögensmasse selbst zuzurechnenden Einkünfte.“ Sachverhalt: „I. Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist die nichtrechtsfähige Stiftung B. Ihre Errichtung be-

ruht auf einem von B im Jahre 1858 erstellten Testament. Darin vermachte B der Stadt A ein Landgut D zum Zwecke einer zu verwaltenden besonderen Stiftung. Die Erträge der Stiftung soll-ten (nach Abzug der Verwaltungskosten) für Stipendien für die Erziehung und Ausbildung von je-weils drei Kindern aus der Nachkommenschaft der fünf Söhne des Erblassers B verwendet wer-den. Sollten diese Nachkommen aussterben, sollten die Erträge der Stiftung den Bürgerkindern der Stadt A zu Gute kommen. Die Stadt A nahm die Stiftung an, die Königliche Regierung erteilte im Jahre 1873 die dazu erforderliche Genehmigung. Das Stiftungsvermögen wurde fortan von der Stadt A getrennt von ihrem übrigen Vermögen entsprechend den Anordnungen des Stifters ver-waltet. Im Jahr 1967 beschloß der Rat der Stadt A für die Stiftung B eine Satzung, wonach nur noch be-dürftige Nachkommen des Stifters bis zur Höhe des Sozialhilfesatzes gefördert werden sollten. Die überschießenden Mittel sollten zur Unterstützung von Kindern der Stadt A verwandt werden. Auf Grund dieser geänderten Satzung erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Stiftung als gemeinnütziges Zweckvermögen an. Im Jahre 1979 beantragte ein Nachkomme des Stifters bei der Stadt A, ihm ein Stipendium aus den Stiftungserträgen zu gewähren. Dies lehnte die Stadt A unter Hinweis auf die fehlende Bedürf-tigkeit des Antragstellers ab. In dem sich anschließenden Verwaltungsrechtsstreit entschied das zuständige Oberverwaltungsgericht - OVG - (Urteil des OVG Münster vom 23.3.1984 15 A 1620/81, Die öffentliche Verwaltung - DÖV - 1985, 983) im Jahr 1984, daß die Klägerin im Jahre 1873 als öffentlich-rechtliche unselbständige kommunale Stiftung entstanden und die Satzungsän-derung im Jahre 1967 nichtig sei. Letztere enthalte eine unzulässige Änderung des Stiftungszwek-kes. Als Folge dieser Entscheidung verneinte das FA nunmehr die Gemeinnützigkeit der Klägerin. In den Streitjahren 1991 bis 1994 erzielte die Klägerin Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Sie verneinte jedoch ihre Körperschaftsteuerpflicht unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Das FA war anderer Auffassung und erließ Körperschaftsteuerbescheide gegen die Klägerin. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in EFG 2001, S. 39 abgedruckt. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Bescheide. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Page 22: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 22 Heft 1/2005

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichts-

ordnung - FGO - ). Im Ergebnis zu Recht hat das FG die Einkünfte der Klägerin der Körper-schaftsteuer unterworfen.

1. Abweichend von der Vorentscheidung ist als Klägerin und Revisionsklägerin im vorliegenden

Verfahren die Stiftung B und nicht die Stadt A zu behandeln. Nach § 1 Abs. 1 KStG sind auch Vermögensmassen körperschaftsteuerpflichtig, wegen § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG gilt dies unab-hängig davon, ob sie rechtsfähig oder nichtrechtsfähig sind. In den angefochtenen Körper-schaftsteuerbescheiden 1991 bis 1994 hat das FA die Stiftung dementsprechend als körper-schaftsteuerpflichtige Vermögensmasse behandelt. Die mit der Klage angefochtenen Be-scheide sind an die Stadt A - Stiftung B - adressiert, in den Einspruchsentscheidungen wurde die Stiftung B als Einspruchsführerin bezeichnet. Daraus folgt das Recht der Stiftung B, per-sönlich zu klagen und Rechtsmittel einzulegen. Dementsprechend hat die Stiftung auch Klage erhoben. Aus der Klagebegründung und dem Klageziel ergibt sich, daß sie sich gegen die Annahme ihrer persönlichen Steuerpflicht richtet (vgl. dazu das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.11.1994 XI R 10/94, BFH/NV 1995, 859). Auch die Revision wird ausdrücklich von der Stiftung geführt (vgl. Schriftsatz vom 20.6.2001). Der Stadt A kommt demgegenüber die Stellung eines Trägers (Fiduziars) zu, der das Stif-tungsvermögen im Rahmen eines besonderen Treuhandverhältnisses hält, ohne wirtschaftli-cher Eigentümer zu sein, und für die Stiftung handelt (vgl. z.B. Streck, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1975, 135, 141; Graffe in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 1 KStG Tz. 48; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, § 1 Rn. 37). Ungeachtet der Handhabung durch die Vorinstanz kann die Beteiligtenbezeichnung entspre-chend dem Antrag der Klägerin auch im Revisionsverfahren noch berichtigt werden (vgl. Grä-ber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 122 Anm. 1, m.w.N.). Entscheidend ist dabei nicht die (unzutreffende) äußere Bezeichnung eines Beteiligten, sondern die Person, die er-kennbar durch die Beteiligtenbezeichnung betroffen sein soll (vgl. BFH-Urteil vom 14.11.1986 III R 12/81, BFHE 148, 212, BStBl II 1987, 178). Dies ist die Stiftung.

2. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG 1977 sind nichtrechtsfähige Stiftungen des privaten Rechts un-beschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn sich ihre Geschäftsleitung oder ihr Sitz im Inland befindet. Danach war die Klägerin in den Streitjahren 1991 bis 1994 unbeschränkt körper-schaftsteuerpflichtig.

a) Die Klägerin ist eine nichtrechtsfähige Stiftung. Eine solche wird errichtet, wenn einer na-

türlichen oder juristischen Person Vermögensteile von dritter Seite zugewendet werden mit der Auflage, die Erträgnisse für einen bestimmten Zweck zu verwenden (BFH-Urteil vom 24.3.1993 I R 27/92, BFHE 171, 198, BStBl II 1993, 637). Im Streitfall bildet das von B zugewendete Stiftungsvermögen eine (Sonder-)Vermögensmasse, die mit einer be-stimmten Zweckbestimmung wirtschaftlich verselbständigt ist (Urteil des Reichsfinanz-hofs - RFH - vom 7.4.1936 I A 227/35, RFHE 39, 202, RStBl 1936, 442).

b) Die Klägerin ist auch als nichtrechtsfähige Stiftung des privaten Rechts einzuordnen.

Dies folgt aus der im Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 6.11.1962 2 BvR 151/60 (BVerfGE 15, 46) geforderten Berücksichtigung der „Gesamtheit aller Um-stände“ des Streitfalles.

aa) Insbesondere für die körperschaftsteuerliche Behandlung ist eine Stiftung als solche

des privaten Rechts anzusehen, wenn sich ihre Organisationsform ebenso auf das Privatrecht gründet wie bei den in § 1 Abs. 1 Nrn. 1 bis 4 KStG bezeichneten Kör-perschaften (BFH-Urteil in BFHE 171, 198, BStBl II 1993, 637). Das ist bei der Klä-gerin der Fall. Sie wurde auf Grund zivilrechtlicher Rechtsgestaltung (letztwillige Verfügung des B in Form eines Vermächtnisses mit Auflage) mit der Zuwendung des Landgutes D zu einer bestimmten Zweckbestimmung als (nichtrechtsfähige) Stiftung errichtet und von der Stadt A angenommen. Daß diese Annahme einer Ge-

Page 23: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 23

nehmigung der damaligen Königlichen Regierung bedurfte, steht dem zivilrechtli-chen Charakter des Gründungsaktes nicht entgegen. Rechtsgeschäfte bedürfen zu ihrer Wirksamkeit verschiedentlich behördlicher Genehmigungen, ohne dadurch ih-ren zivilrechtlichen Charakter zu verlieren.

bb) Der Charakter der Klägerin als Stiftung des privaten Rechts ergibt sich auch aus

dem Stiftungszweck laut zugrunde liegender Stiftungsordnung. Danach sind primär die Nachkommen des Stifters B begünstigt. Lediglich bei Aussterben dieser Nach-kommen sollen die Erträge der Stiftung Bürgerkindern der Stadt A zugute kommen. Auf Grund dieses Stiftungszwecks und unter Berücksichtigung der (unstreitigen) Tatsache, daß zum Zeitpunkt der Annahme der Stiftung 16 Enkel des B vorhanden waren, ist entsprechend der wertenden Feststellung des FG davon auszugehen, daß die Stiftung „in ausschließlich privatem Familieninteresse“ gegründet wurde und der „subsidiäre Verwendungszweck für die Bürgerkinder der Stadt A praktisch be-deutungslos“ war. Die Stiftung bildet somit keinen „organischen Bestandteil der staatlichen Ordnung“. Ihre Aufgaben fallen nicht in den „Funktionsbereich - die Sphäre - der öffentlichen Verwaltung“ (vgl. dazu BVerfG-Beschluß in BVerfGE 15, 46), wie dies etwa im Bereich der Wohlfahrtspflege der Fall sein kann (vgl. dazu die im BVerfG-Beschluß in BVerfGE 15, 46 beispielhaft bezeichneten, als solche des öffentlichen Rechts zu charakterisierenden Stiftungen). Eine zwischenzeitliche Änderung des Stiftungszwecks auf Grund der im Jahr 1967 vom Rat der Stadt A für die Klägerin beschlossenen Satzung ist jedenfalls für die Streitjahre 1991 bis 1994 unbeachtlich, nachdem diese Satzung durch das Urteil des OVG Münster in DÖV 1985, 983 im Jahre 1984 für nichtig erklärt worden ist und das Urteil rechtskräftig wurde.

cc) Der Zuordnung der Klägerin zum privaten Recht steht schließlich nicht entgegen, daß Trägerin des Stiftungsvermögens die Stadt A und damit eine öffentlich-rechtli-che Körperschaft ist. Die rechtliche Charakterisierung der Stiftung richtet sich nicht nach der Zugehörigkeit des Trägers zum Bereich der öffentlich-rechtlichen oder pri-vatrechtlichen Körperschaften, sondern (neben dem Stiftungszweck) nach den Rechtsformen ihrer eigenen Entstehung (BFH-Urteil in BFHE 171, 198, BStBl II 1993, 637). Im Übrigen bildet die Klägerin auch innerhalb des Vermögens der Stadt A ein verselbständigtes Sondervermögen (vgl. Streck, StuW 1995, 135, 141; ders., Körperschaftsteuergesetz, § 1 Anm. 17), das von der Stiftungsverwaltung der Stadt A im Rahmen eines besonderen Treuhandverhältnisses im Sinne des Stiftungs-zwecks lediglich verwaltet wird.

dd) Die Beurteilung der Rechtsqualität der Klägerin als Stiftung des privaten Rechts ob-

liegt dem erkennenden Senat unabhängig von der vom OVG Münster in DÖV 1985, 983 vertretenen Auffassung, wonach die Klägerin als nichtrechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts anzusehen sei. Zwar kann eine vorangegangene Beurteilung der Rechtsqualität einer Stiftung als privat oder öffentlich-rechtlich durch andere Be-hörden oder Gerichte im finanzgerichtlichen Verfahren von Bedeutung sein. Eine dahin gehende Bindung besteht indessen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 1.3.1951 I 52/50 U, BFHE 55, 311, BStBl III 1951, 120; vgl. auch BFH-Urteil vom 8.2.1995 I R 73/94, BFHE 177, 86, BStBl II 1995, 552).

3. Der Steuerpflicht der Klägerin steht nicht § 3 Abs. 1 KStG entgegen. Danach sind (u.a.) nicht-

rechtsfähige Stiftungen körperschaftsteuerpflichtig, wenn ihr Einkommen weder nach „diesem Gesetz“ - KStG - noch nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) unmittelbar bei einem an-deren Steuerpflichtigen zu versteuern ist.

a) Zweck des § 3 Abs. 1 KStG ist, das in bestimmten Personenvereinigungen und Vermö-

gensmassen erzielte Einkommen jeweils einmal entweder bei dem Rechtsgebilde selbst oder bei den dahinter stehenden Personen der Besteuerung zu unterwerfen. Denn „bei nichtrechtsfähigen Vereinen, bürgerlich-rechtlichen Gesellschaften und anderen nicht rechtsfähigen Gebilden ist es oftmals schwierig festzustellen, wem das Einkommen zuzu-rechnen ist. In diesen Fällen soll das Einkommen unmittelbar bei den einzelnen Gesell-schaftern, die ihrerseits sowohl Körperschaften wie Einzelpersonen sein können, erfaßt werden“ (amtliche Begründung zu § 3 KStG vom 16.10.1934, RStBl 1935, 81, 82). § 3

Page 24: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 24 Heft 1/2005

Abs. 1 KStG begründet somit einen „Auffangtatbestand“ für die genannten Personenver-einigungen und Vermögensmassen (BFH-Beschluß vom 25.6.1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; BFH-Urteil vom 1.7.1992 I R 6/92, BFHE 169, 138, BStBl II 1993, 222, zumindest ergänzt die Vorschrift insoweit § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG (vgl. BFH-Urteil vom 23.6.1992 IX R 182/87, BFHE 168, 285, BStBl II 1992, 972), um sachwidrige Lücken im System der Steuersubjekte zu vermeiden (Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 3 Rz. 1 a.E.; Rengers in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteu-ergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 3 KStG Anm. 20).

b) Der Klägerin ist allerdings insoweit zuzustimmen, als durch § 3 Abs. 1 KStG, wonach

Körperschaftsteuerpflicht nur besteht, wenn das Einkommen der nichtrechtsfähigen Per-sonenvereinigung oder Vermögensmasse nicht bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist, eine doppelte Besteuerung ausgeschlossen werden soll (vgl. BFH-Be-schluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751; Graffe in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 3 Anm. 4, 10; Wilke in Mössner/Seeger, Körperschaftsteuergesetz, § 3 Anm. 8; Hesse in Schöberle/Hofmeister, Handbuch des Körperschaftsteuerrechts, § 3 KStG Anm. 3; vgl. dazu auch die amtliche Begründung zu § 3 KStG vom 16.10.1934, a.a.O.).

c) Mit ihrer tatbestandlichen Voraussetzung, daß das „Einkommen“ der Personenvereini-

gung oder Vermögensmasse nicht „unmittelbar“ bei einem anderen Steuerpflichtigen zu versteuern ist, soll die Vorschrift aber lediglich eine doppelte Besteuerung dieses Ein-kommens (im Streitfall das der Klägerin als Stiftung) selbst vermeiden. Nicht hingegen führt die Vorschrift zu einer Einschränkung des allgemeinen Besteuerungstatbestandes in dem Sinne, daß eine Besteuerung des Einkommens der Stiftung (gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG) im Hinblick auf eine Besteuerung der Zuwendungen aus den Erträgen der Stiftung bei den Destinatären (gemäß § 22 Nr. 1 EStG) vermieden werden soll. Letztere fließen aus dem Einkommen der Stiftung und stellen somit Ausschüttungen vergleichba-rer Zahlungen dar, die eine vorherige Zurechnung zum Einkommen gerade vorausset-zen. Eine Besteuerung bei den Destinatären würde daher allenfalls deren eigenes Ein-kommen, nicht aber dasjenige der Klägerin betreffen.“

Beistandsleistungen im öffentlich-rechtlichen Bereich: BKPV 2/2005 Verfügung der OFD Rostock vom 21.11.2002 - S 2706 - 04/01 - St 242 (UR 2003 S. 303) Zur Frage, in welchen Fällen Beistandsleistungen gegenüber anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts, einen Betrieb gewerblicher Art begründen, nimmt die OFD Rostock wie folgt Stellung: „1. Beistandsleistung als hoheitliche Tätigkeit Die Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Wege der Beistandsleistung ist bei der Beistand leistenden juristischen Person des öffentlichen Rechts als hoheitliche Tätigkeit anzusehen; diese Beistandsleistung begründet keinen BgA nach § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG. Dies gilt insbesondere, wenn die beteiligten juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Ausführung der hoheitlichen Aufgaben in den hierzu erforderlichen Vereinbarungen (z.B. Zweckverbandssatzung oder Staatsver-trag) entsprechend regeln. Beispiel: Ein Abwasser-Zweckverband, dem die angeschlossenen Kommunen die ihnen obliegenden Aufgaben der Abwasserbeseitigung übertragen, wird hoheitlich tätig; die Übernahme der Aufgaben der Kommu-nen begründet keinen BgA. Unschädlich ist insoweit, wenn sich die Beistandsleistung nicht auf die hoheitliche Aufgabe insgesamt, sondern auf Teilaufgaben oder Hilfsgeschäfte bezieht, die für sich gesehen keinen hoheitlichen Cha-rakter hätten. Wird eine solche Teilaufgabe oder ein solches Hilfsgeschäft, die/das - bei einer Abwick-lung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts selbst -originär als hoheitlich zu qualifizieren ist, im Wege der Beistandsleistung von einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts

Page 25: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 25

wahrgenommen, bleibt der hoheitliche Charakter erhalten; es ist keine isolierende Betrachtung vorzu-nehmen. Beispiel: Ein Zweckverband für kommunale Datenverarbeitung, der für die angeschlossenen Kommunen diejeni-gen Aufgaben der Datenverarbeitung erledigt, die dort im hoheitlichen Bereich anfallen, ist als Hoheits-betrieb, nicht als BgA zu behandeln. 2. Beistandsleistung als wirtschaftliche Tätigkeit Die Wahrnehmung von wirtschaftlichen Aufgaben einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Wege der Beistandsleistung ist bei der Beistand leistenden juristischen Person des öffentlichen Rechts als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen; die Beistandsleistung begründet einen BgA nach § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG, soweit die Voraussetzun-gen im Übrigen erfüllt sind. Beispiel: Ein Wasserversorgungs-Zweckverband, dem die angeschlossenen Kommunen die ihnen obliegenden Aufgaben der Wasserversorgung übertragen, wird wirtschaftlich tätig; die Übernahme der wirtschaftli-chen Aufgaben der Kommunen begründet unter den weiteren Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG einen BgA. Die Begriffe „wirtschaftlich" und „hoheitlich“ sind jeweils ausschließlich nach steuerlichen Kriterien (Ab-schnitt 5 KStR 1995) auszulegen. Eine juristische Person des öffentlichen Rechts leistet einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts Beistand, wenn die Aufgaben im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung (z.B. im Wege der Amtshilfe) bzw. Vereinbarung (z.B. Zweckverbandssat-zung, Staatsvertrag) übernommen werden. Erbringt die juristische Person die Leistungen aufgrund ei-ner privatrechtlichen (schuldrechtlichen) Vereinbarung, spricht dies für das Vorliegen einer wirtschaftli-chen Tätigkeit.“ Vermessungs- und Katasteramt kein Betrieb gewerblicher Art BKPV 3/2005 Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 05.06.2003 - 15K 1986/00 K (EFG 2003 S. 1333); Revision ein-gelegt (Az. des BFH: I R 63/03) Leitsatz: „Tätigkeit des Vermessungs- und Katasteramtes als Hoheitsbetrieb: Für die Einstufung der Tätigkeit ei-nes Vermessungs- und Katasteramts als Hoheitsbetrieb ist ohne Belang, daß dessen öffentlich-rechtli-che Aufgaben auch von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren als beliehenen Unternehmern erfüllt werden dürfen.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Das Vermessungs- und Katasteramt der Klägerin stellt im Rahmen der Tätigkeiten nach dem Vermes-sungs- und Katastergesetz keinen Betrieb gewerblicher Art nach § 4 Abs. 1 KStG dar. Denn es handelt sich um einen Betrieb, der überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt (Hoheitsbetrieb) dient (§ 4 Abs. 5 Satz 1 KStG). Abgrenzung Betrieb gewerblicher Art - Hoheitsbereich 1. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind mit Betrieben gewerblicher Art unbeschränkt

körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Betriebe gewerblicher Art sind alle Einrichtun-

Page 26: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 26 Heft 1/2005

gen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 KStG). Die Absicht Gewinn zu erzielen und die Be-teiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 KStG gehören zu den Betrieben gewerblicher Art nicht Betriebe, die über-wiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Nach ständiger Recht-sprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. u.a. Urteile vom 14.3.1990 I R 156/87, BFHE 161, 46, BStBl II 1990, 866; vom 21.9.1989 V R 89/85, BFHE 158, 177, BStBl II 1990, 95; vom 30.6.1988 V R 79/84, BFHE 154, 192, BStBl II 1988, 910 m.w.N. sowie Abschn. 5 Abs. 13 Körper-schaftsteuerrichtlinien - KStR -) sind unter Ausübung öffentlich-rechtlicher Gewalt Tätigkeiten zu verstehen, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts eigentümlich und vorbehalten sind. Kennzeichnend für die Ausübung öffentlicher Gewalt ist dabei die Erfüllung spezifisch öffentlich-rechtlicher Aufgaben, die aus der Staatsgewalt abgeleitet sind, staatlichen Zwecken dienen und bei denen es sich um Leistungen handelt, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Auf die Frage, ob der juristischen Person des öffentlichen Rechts die Tätigkeiten durch Gesetz zugewiesen werden, kommt es, wie sich aus der Verknüpfung der Auslegungskriterien der Rechtsprechung “eigentümlich und vorbehalten” er-gibt, nicht an. Es spielt daher keine Rolle, dass es sich bei den nach dem VermKatG übertragenen Aufgaben um Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung handelt. Gleichfalls ist ohne Bedeutung, ob die gesetzliche Zuweisung der Tätigkeit an die juristische Person des öffentlichen Rechts im konkreten Einzelfall im Interesse des Gemeinwohls erfolgt oder ob mit der Übertragung Zwangs- oder Monopolrechte verbunden sind.

2. Eine Ausübung öffentlicher Gewalt liegt allerdings nicht vor, wenn sich die Körperschaft durch ihre

Einrichtungen in den wirtschaftlichen Verkehr einschaltet und eine Tätigkeit entfaltet, die sich ih-rem Inhalt nach von der Tätigkeit eines privaten gewerblichen Unternehmens nicht wesentlich un-terscheidet (vgl. Abschn. 5 Abs. 13 Satz 7 KStR). Bewegt sich die juristische Person des öffentli-chen Rechts in Bereichen der privatunternehmerischen Berufs- und Gewerbeausübung, ist immer eine unternehmerische Tätigkeit anzunehmen. Denn der private Unternehmer darf nicht durch den Wettbewerb mit (grundsätzlich nicht steuerpflichtigen) Körperschaften des öffentlichen Rechts be-nachteiligt werden.

3. Unter Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Tätigkeit des Vermessungs- und Kataster-

amtes der Klägerin als hoheitlich einzustufen.

a) Die Durchführung von Teilungsvermessungen, Grenzfeststellungen und Gebäudeeinmessun-gen stellt die Erfüllung einer spezifisch öffentlich-rechtlichen Aufgabe dar, die aus der Staats-gewalt abgeleitet ist und staatlichen Zwecken dient. Nach § 1 Abs. 1 VermKatG sind die Lan-desvermessung und die Führung des Liegenschaftskatasters öffentliche Aufgaben, die u.a. von den Landesvermessungsämtern und den kreisfreien Städten als Katasterbehörden wahr-genommen werden. Nach § 5 Abs. 1 VermKatG umfasst die Landesvermessung dabei die Grundlagen- und Katastervermessung, die topographische Landesaufnahme und -kartografie sowie die Registrierung und Sammlung im Rahmen des Luftbildarchivs. Diese Aufgaben sind ausschließlich öffentlichen Stellen, eben den in § 1 VermKatG genannten Behörden und Per-sonen, vorbehalten. Private Unternehmer können diese Aufgaben nicht erfüllen.

b) Es handelt sich bei den von der Klägerin erbrachten Vermessungstätigkeiten auch um Lei-

stungen, zu deren Annahme der Leistungsempfänger aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung verpflichtet ist. Wird ein Gebäude errichtet oder in seinem Grundriss verändert, ist der Eigentümer nach § 14 Abs. 2 VermKatG verpflichtet, das Grundstück durch die Kataster-behörde oder einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur einmessen zu lassen. Dabei handelt es sich um eine öffentlich- rechtliche Verpflichtung, die bei Nichterfüllung durch Er-satzvornahme (§ 14 Abs. 3 VermKatG) durchgesetzt werden kann. Zu ihrem Zweck dürfen Grundstücke betreten (§ 4 Abs. 1 VermKatG) und Sichtzeichen aufgestellt sowie Vermes-sungsmarken hinterlassen werden (§ 8 Abs. 1 VermKatG).

c) Die Klägerin tritt mit ihrer Tätigkeit auch nicht in Konkurrenz zu privaten Unternehmern. Nach

§ 1 Abs. 2 VermKatG sind die öffentlich bestellten Vermessungsingenieure zwar gleichfalls befugt, Aufgaben der Landesvermessung wahrzunehmen. Der öffentlich bestellte Vermes-sungsingenieur ist jedoch als ein mit hoheitlichen Aufgaben beliehener Unternehmer ein Or-

Page 27: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 27

gan des öffentlichen Vermessungswesens (vgl. § 1 Abs. 1 ÖbVermIng BO NRW). Er ist auf-grund des Vermessungsgesetzes als Beliehener dazu berufen, an den öffentlich-rechtlichen Aufgaben der Landesvermessung, des Liegenschaftskatasters, raum- und bodenordnender sowie städtebaulicher und baurechtlicher Verfahren mitzuwirken und ist neben den Behörden berechtigt, Katastervermessungen auszuführen. Er wirkt insoweit an der Erfüllung hoheitli-cher, d.h. öffentlich-rechtlich geregelter Aufgaben mit. Ferner ist er befugt, Tatbestände, die durch vermessungstechnische Ermittlungen an Grund und Boden festgestellt werden, mit öf-fentlichem Glauben zu beurkunden und Bescheinigungen auszustellen. Dazu verfügt er über zahlreiche, in den §§ 4 Abs. 1, 8 Abs. 1, 12 Abs. 2, 16 VermKatG festgelegte Befugnisse. Ihm sind als beliehener Unternehmer vom Staat daher echte Hoheitsbefugnisse übertragen wor-den, anhand derer er die ihm übertragenen Aufgaben erfüllt.

4. Die vom Beklagten angeführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 14.3.1990 I R 156/87,

BFHE 161, 46, BStBl II 1990, 866 und vom 21.9.1989 V R 89/85, BFHE 158, 177, BStBl II 1990, 95 stehen dem nicht entgegen. In diesen Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof Blutalkoholun-tersuchungen eines Rechtsmedizinischen Instituts einer Universität bzw. eines chemischen Unter-suchungsamtes einer Gemeinde im Auftrag von Strafverfolgungsbehörden nicht als hoheitliche Tätigkeit angesehen. Bei der Durchführung von Blutuntersuchungen handelte es sich der Art nach jedoch um privatunternehmerische Leistungen, die zugleich auch von einer Vielzahl privater Insti-tutionen vorgenommen wurden. Vorliegend werden die streitigen Vermessungstätigkeiten jedoch ansonsten nur von öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren als Beliehene und Träger eines öffentlichen Amts hoheitlich ausgeführt. Ein Wettbewerb des Katasteramts zu einem privaten Mit-bewerber liegt daher nicht vor.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. 6. Die Revision ist nach §§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Es ist höchstrichterlich noch nicht ge-

klärt, ob es für die Abgrenzung zwischen Hoheitsbetrieb und Betrieb gewerblicher Art von Belang ist, wenn die staatliche Aufgabe gleichzeitig von beliehenen Unternehmern ausgeführt wird.“

Wirtschaftsförderung - Vorraussetzung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG

BKPV 4/2005

BFH-Urteil vom 26.02.2003 - I R 49/01 (BStBl 2003 II S. 723) Leitsatz: „Wirtschaftsförderung i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG setzt eine ausschließlich und unmittelbare Förde-rung von Unternehmen voraus.“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH mit Sitz im Beitrittsgebiet. Gesell-

schafter waren in den Streitjahren 1993 und 1994 sechs Kommunen, die sich zusammengeschlos-sen hatten, um die Belange der Wirtschaft, insbesondere der mittelständischen Unternehmen, im Rahmen einer Gewerbeansiedlung und der Schaffung entsprechender Infrastrukturmaßnahmen in der Region der Gemeinde G zu fördern. Bei Letzterer handelte es sich um ein strukturschwaches Gebiet mit hoher Arbeitslosigkeit. Die Klägerin nahm die Erschließung des Gewerbegebietes vor. Daneben betrieb sie in den Streit-jahren 1993 und 1994 die Errichtung eines Wasserwerkes, das sowohl das Gewerbegebiet als auch die Gemeinde G mit Frischwasser versorgen sollte. Weiterhin übernahm die Klägerin die Planung und Erschließung eines Wohngebiets. Die Durchführung übernahmen Subunternehmen. Mangels Abgabe einer Steuererklärung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) am 18.4.1995 gegen die Klägerin einen Körperschaftsteuerbescheid für 1993 unter Vorbe-halt der Nachprüfung, in dem er die Steuer (im Wege der Schätzung) mit 0 DM festsetzte. Dabei ging er davon aus, daß die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vorliegen. Zugleich bat das FA, mit der nachzureichenden

Page 28: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 28 Heft 1/2005

Steuererklärung 1993 den vollständigen Bilanzbericht einzureichen, aus dem die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung zu ersehen seien. Im Rahmen eines folgenden Schriftwechsels forderte das FA die Klägerin mit Schreiben vom 16.6.1995 zu Änderungen ihres Gesellschaftsvertrages auf, damit eine Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG in Betracht komme. In der Gesell-schafterversammlung der Klägerin am 5.12.1995 wurden die entsprechenden Änderungen be-schlossen, ihre notarielle Beurkundung erfolgte am 29.1.1996. Im Juli 1996 reichte die Klägerin die Körperschaftsteuererklärung 1994 sowie die Bilanzen zum 31.12.1993 und 1994 ein. Darauf teilte das FA der Klägerin mit Schreiben vom 26.8.1996 mit, daß „die Befreiung von der Körperschaftsteuer ab 1993 gilt“ und mithin eine Schlußbesteuerung gemäß § 13 KStG zum 31.12.1992 zwingend vorgeschrieben sei. In einem nachfolgenden Schreiben vom 19.11.1996 vertrat das FA hingegen die Auffassung, daß eine Steuerbefreiung bereits für 1993 nicht in Betracht komme, da die Gesellschafterversammlung der Klägerin die der Steuerbefreiung entgegenstehenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages erst mit Beschluß vom 5.12.1995 korrigiert habe; die formellen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung lägen somit erst ab 1996 vor. Weiterhin ergäben sich aus den eingereichten Bilanzen und Lageberichten für die Streitjahre, daß einzelne Tätigkeiten der Klägerin der Steuerbefreiung entgegenstünden. Am 13.6.1997 erließ das FA für 1993 einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Körperschaftsteuerbescheid. Gleichzeitig ergingen ein Körperschaftsteuerbescheid für 1994 sowie die übrigen Bescheide laut Rubrum. In allen diesen Bescheiden ging das FA davon aus, daß die Klägerin in den Streitjahren nicht steuerbefreit war. Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin habe in den Streitjah-ren in vollem Umfang der unbeschränkten Steuerpflicht unterlegen. Auf die in EFG 2001, 850 abgedruckten Entscheidungsgründe wird verwiesen. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG. Zudem rügt sie, daß das FG teilweise von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, was Folge mangelnder Sachverhaltsaufklärung sei (§ 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Klägerin beantragt die Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Bescheide. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Die Rüge der Klägerin, das FG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), hält der Senat nicht für durchgreifend. Insoweit entscheidet er gemäß § 126 Abs. 6 Satz 1 FGO ohne Begründung.

2. Zu Recht hat das FG die Steuerbefreiung der Klägerin für die Streitjahre verneint. Gemäß § 5

Abs. 1 Nr. 18 Satz 1 KStG sind von der Körperschaftsteuer Wirtschaftsförderungsgesell-schaften befreit, deren Tätigkeit sich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Indu-strieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten be-schränkt, wenn - was im Streitfall gegeben ist - an ihnen überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist nach Satz 2 der genannten Vorschrift, daß das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genann-ten Zwecks verwendet werden. Die Befreiung von der Körperschaftsteuer führt auch zur Be-freiung von der Gewerbesteuer (§ 3 Nr. 25 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG). § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG begünstigt seinem Wortlaut nach Tätigkeiten, die sich darauf „be-schränken“, d.h. ausschließlich darauf abzielen, die soziale und wirtschaftliche Struktur einer Region durch Förderung der Wirtschaft zu verbessern. Eine Förderung der Wirtschaft ist „ins-besondere“ in den genannten Fällen der Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeits-plätze und der Sanierung von Altlasten gegeben. Der Katalog dieser Beispielsfälle ist zwar

Page 29: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 29

nicht abschließend; damit sind vergleichbare gleichgerichtete Maßnahmen nicht von der Be-günstigung ausgeschlossen (vgl. BTDrucks 12/4487, S. 61; Bott in Arthur Andersen, Körper-schaftsteuergesetz, § 5 Anm. 802; von Twickel in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körper-schaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 5 KStG Anm. 264; vgl. zu § 5 Abs. 1 Nr. 17 KStG auch das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21.10.1999 I R 14/98, BFH/NV 2000). Voraussetzung ist aber eine „Förderung der Wirtschaft“; dieses den genannten Bei-spielfällen übergeordnete Erfordernis ist der Gesetzesformulierung eindeutig zu entnehmen und unverzichtbar. Eine „Förderung der Wirtschaft“ ist als solche von allgemeinen gesamtwirtschaftlich wirken-den Maßnahmen zur Konjunktur- und Wachstumsbelebung abzugrenzen und setzt ein zweckgerichtetes Handeln mit dem Ziel der selektiven unternehmensbezogenen Förderung abgrenzbarer wirtschaftlicher Verhaltensweisen voraus (vgl. auch Gabler, Wirtschaftslexikon, 15. Aufl., „Wirtschaftsförderung“). Wirtschaftsförderung in diesem Sinne umfaßt somit nur Maßnahmen zur unmittelbaren Förderung unternehmerischer Tätigkeiten. Darunter fallen sol-che Maßnahmen nicht, die lediglich mittelbar begünstigend auf die wirtschaftliche Entwicklung einer bestimmten Region einwirken (vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschafts-teuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 5 KStG Anm. 112). Dieser Einschränkung der wirtschaftsfördernden Maßnahmen folgt auch der Katalog der begünstigten Aktivitäten im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 4.1.1996 IV B 7 - S 2738 - 17/95 (BStBl I 1996, 54; vgl. dazu auch Oppermann, DB 1994, 1489, 1490; Baur in Schöberle/-Hofmeister, Körperschaftsteuergesetz, § 5 Abs. 1 Nr. 18 Anm. 4).

3. a) Den genannten Erfordernissen der Förderung der Wirtschaft gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG entspricht jedenfalls die von der Klägerin in den Streitjahren betriebene Planung und Erschließung des Wohngebiets nicht. Sie bedeutet keine Förderung abgrenzbarer unternehmerischer Tätigkeiten, sondern dient der Bereitstellung von Wohnraum, auch wenn diese, wie die Klägerin geltend macht, der Ansiedlung von Arbeitnehmern und Ge-werbetreibenden gedient hat (vgl. auch Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 5 KStG Anm. 112; Baur in Schöberle/Hofmeister, a.a.O., § 5 Abs. 1 Nr. 18 Anm. 12 „Grund-stückshandel“). Daran ändert nichts, wenn bei der Genehmigung des Gewerbegebiets davon ausgegangen wurde, daß das Wohngebiet „unabdingbare Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Gewerbegebietes“ sei. Aus den der Revisionsbegründung der Klägerin beigefügten Schreiben ergibt sich zwar, daß die Entscheidung von Unterneh-men für eine Ansiedlung im Gewerbegebiet durch die zu erwartende Schaffung von Wohnraum teilweise mit beeinflußt worden ist. Daraus läßt sich aber die Förderung be-stimmter unternehmerischer Tätigkeiten nicht entnehmen. Auch die soziale Struktur der Region als solche wurde durch die Errichtung des Wohngebiets nicht unmittelbar verbes-sert.

b) Ob die Maßnahmen der Klägerin mit dem Ziel der Errichtung des Wasserwerkes i.S. des

§ 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG begünstigt sind, weil, wie die Klägerin geltend macht, dessen Existenz Voraussetzung für die Aktivitäten im Gewerbegebiet war (verneinend für derar-tige Anlagen Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 5 KStG Anm. 112), braucht der Se-nat nicht zu entscheiden. Denn wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift („deren Tätigkeit sich beschränkt“) ergibt, führt der Umstand, daß eine einzelne Tätigkeit einer Wirt-schaftsförderungsgesellschaft nicht begünstigt ist, zum Wegfall der Steuerbefreiung in vollem Umfange (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1996, 54, unter III.1.; Bott in Arthur Andersen, a.a.O., § 5 Anm. 804; Jost in Dötsch/ Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaft-steuer, § 5 KStG Anm. 101 q; Frotscher in Frotscher/Maas, a.a.O., § 5 KStG Anm. 112 e; Baur in Schöberle/Hofmeister, a.a.O., § 5 Abs. 1 Nr. 18 Anm. 5; von Twickel in Blümich, a.a.O., § 5 KStG Anm. 265). Eine teilweise Steuerbefreiung sieht § 5 Abs. 1 Nr. 18 KStG nicht vor.

4. Dem Erlaß der angefochtenen Bescheide steht nicht das Schreiben des FA an die Klägerin

vom 26.8.1996 entgegen. Vielmehr ist dem FG zu folgen, daß es sich bei diesem Schreiben seinem Wortlaut und seiner Form nach nicht um einen Freistellungsbescheid i.S. des § 155 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 handelt, der die bestandskraftfähige Feststellung enthält, daß die Klä-gerin für die Streitjahre keine Körperschaftsteuer schuldet (vgl. dazu BFH-Urteile vom 13.11.1996 I R 152/93, BFHE 181, 396, BStBl II 1998, 711; vom 16.10.1991 I R 65/90, BFHE 166, 142, BStBl II 1992, 322; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 155 AO Anm. 9). Das genannte Schreiben enthält erklärtermaßen eine „Stellung-

Page 30: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 30 Heft 1/2005

nahme“ aus rechtlicher Sicht verbunden mit der Mitteilung, daß für die Klägerin zum 31.12.1992 eine Schlußbesteuerung gemäß § 13 KStG vorzunehmen sei, und nähere Anga-ben zu deren Durchführung. Für diese Auslegung des Schreibens vom 26.8.1996 spricht, worauf auch das FG hinweist, daß es keine Regelung hinsichtlich des am 18.4.1995 ergan-genen Körperschaftsteuerbescheides 1993 und des dort enthaltenen Vorbehalts der Nach-prüfung trifft. Eine Änderung dieses Bescheides ist erst im nachfolgenden Schreiben des FA vom 19.11.1996 angekündigt worden, durch das das Schreiben vom 26.8.1996 inhaltlich überholt worden ist. Dem FG ist auch insoweit zu folgen, als mit dem Schreiben vom 26.8.1996 kein Vertrauens-schutz der Klägerin hinsichtlich ihrer Vermögensdispositionen bereits in den Streitjahren 1993 und 1994 geschaffen worden sein kann.“

Betreiben eines Betriebs gewerblicher Art (BgA) mit Gewinner-zielungsabsicht; vGA im Verhältnis BgA zur Trägerkörperschaft

BKPV 5/2005

Finanzgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2003 - 10 K 2561/00 G (EFG 2003 S. 1408); Revision ein-gelegt, Az. des BFH: I R 8/04 Leitsätze: „1. Ein bislang dauerdefizitärer Betrieb gewerblicher Art (BgA) wird durch die Einlage einer gewinn-

trächtigen Beteiligung nur dann zum Gewerbebetrieb, wenn absehbar ist, daß die Beteiligungser-träge die aufgelaufenen Verluste auf Dauer übersteigen und ein Totalgewinn erzielt werden kann.

2. Die Zuführung einer Finanzanlage zum gewillkürten Betriebsvermögen bewirkt mangels grundle-

gender Änderung der Geschäftstätigkeit des Betriebes gewerblicher Art nicht die Gründung eines neuen Betriebs.“

Sachverhalt: „Streitig ist, ob die Klägerin mit einem Betrieb gewerblicher Art (BgA) in den Jahren 1993 und 1994 der Gewerbesteuer (GewSt) unterliegt. Die Klägerin - eine Gebietskörperschaft - unterhält seit 1968 einen Bäderbetrieb als BgA im Sinne des § 4 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). In den Jahren 1968 bis 1988 erzielte der BgA nach kameralistischer Berechnung Verluste in Höhe von insgesamt 55.086.786 DM. Der BgA erhielt im Rahmen des Finanzierungsbedarfs laufend Gelder aus dem Gesamthaushalt der Klägerin. Mit Wirkung zum 1.1.1989 legte die Klägerin eine Beteiligung im Nennwert von 20.000.000 DM (dies entspricht 1/6 des Grundkapitals) der „A“ in den BgA ein, der die Beteiligung in der Eröffnungsbilanz zum 1.1.1989 als Finanzanlage auswies und mit einem Wert von 122.000.000 DM aktivierte. In den Jahren 1989 bis 1993 stellten sich die Jahresergebnisse des BgA unter Berücksichtigung der Beteiligungseinkünfte wie folgt dar: 1989 ./. 750.541 DM (rechnerisch richtig ./. 744.541 DM) 1990 + 82.484 DM 1991 ./. 359.684 DM 1992 ./. 1.043.312 DM 1993 ./. 1.978.511 DM Im Jahr 1994 erzielte der BgA der Klägerin einen nach § 8 Abs. 1 und 2, § 10 Nr. 2 KStG ermittelten Gewinn in Höhe von 44.779.823 DM. Darin enthalten war eine auf den BgA entfallende anteilige Ge-winnausschüttung in Höhe von 50.222.909 DM, die auf einer am 22.6.1994 von den Aktionären der „A“ beschlossenen Gewinnverwendungsvereinbarung beruht. In den nachfolgenden Jahren erzielte die Klägerin unter Berücksichtigung der Beteiligungseinkünfte folgende Gewinne (Jahresüberschüsse zu-züglich Steuern vom Einkommen) bzw. Verluste:

Page 31: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 31

1995 ./. 985.133 DM 1996 ./. 2.197.643 DM 1997 + 4.899.046 DM 1998 ./. 2.156.244 DM 1999 + 2.334.315 DM 2000 ./. 749.463 DM 2001 + 11.730.020 DM. Nach dem Vorbringen der Klägerin im Schriftsatz vom 8.7.2003 erhöht sich der Gewinn für das Jahr 2001 aufgrund einer Bilanzberichtigung auf 12.591.861 DM. Der Beklagte vertrat die Auffassung, der BgA werde mit Gewinnerzielungsabsicht unterhalten und un-terliege deshalb der GewSt. Mit Bescheiden vom 20.8.1996 setzte er einen Gewerbesteuermeßbetrag für 1993 von 942 DM und für 1994 von 1.064 DM fest, wobei der Meßbetrag nach dem Gewerbeertrag jeweils 0 DM betrug. Gegen die Gewerbesteuermeßbescheide legte die Klägerin mit dem Hinweis Ein-spruch ein, ein Gewerbebetrieb liege mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht vor. Der Beklagte wies die Einsprüche am 20.3.2000 als unbegründet zurück. Mit ihrer am 20.4.2000 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend: Eine Absicht, im Zeitraum zwi-schen der Gründung des BgA bis zu einer in der Zukunft einmal anstehenden Veräußerung oder Auf-gabe des Betriebs ein positives, über den Eigenkapitaleinsatz hinausgehendes Totalergebnis zu erzie-len, habe von Anfang an nicht bestanden und sich auch nicht später herausgebildet. Zu berücksichtigen sei, daß sich die nach kameralistischer Berechnung ermittelten Verluste der Jahre 1968 bis 1988 noch um die Summe der Abschreibungen von ca. 18.663.521 DM und der Zinsen von ca. 15.239.836 DM er-höhten. Die Anteilseinlagen seien zwar dadurch motiviert gewesen, steuerliche Vorteile zu nutzen und die Eigenkapitalausstattung des BgA zu verbessern. Es sei jedoch nie beabsichtigt gewesen, daß der BgA aufgrund der Dividendenerträge ein positives zu versteuerndes Einkommen erzielen sollte. Dies ergebe sich bereits aus der Überlegung, daß im Falle von im Hoheitsbereich gehaltenen Anteilen an ei-ner Kapitalgesellschaft die ertragsteuerliche Belastung lediglich 38,75 % betrage, wohingegen bei ei-nem BgA mit positivem zu versteuerndem Einkommen für eingebrachte Anteile an einer Kapitalgesell-schaft allein 42 % Körperschaftsteuern anzufallen drohten. Deshalb sei auch ab der Anteilseinbringung darauf geachtet worden, daß die voraussichtlichen Dividendenerträge einschließlich der anrechenbaren bzw. erstattungsfähigen Steuern die Verluste aus dem operativen Geschäft des BgA nicht übersteigen. Die normale dem BgA zufließende „A“-Dividende betrage jährlich lediglich 5 bis 5,4 Millionen DM. Die Gewinnausschüttung in 1994 habe der Auskehrung des EK 56 zur Vermeidung der drohenden zwangsweisen Umgliederung in EK 50 gemäß § 54 Abs. 11 KStG gedient und stelle deshalb ein au-ßergewöhnliches Ereignis dar. Die mit der Ausschüttung verbundene Steuerminderung sei in der Fol-gezeit in Höhe von 19.900.000 DM wieder in die „A“ eingelegt worden. Mit diesem Vorgang habe sie im Zeitpunkt der Einbringung nicht rechnen können. Zudem werde durch den Gewinn im Jahre 1994 nur ein Anteil der bis dahin aufgetretenen Verluste von 45,4 % ausgeglichen. Der Gewinn für das Jahr 1997 beruhe darauf, daß die „A“ im Jahr 1998 mit der „B“ fusioniert worden sei. Die Dividendenausschüttung resultiere aus einer Sonderausschüttung im Wege des „Schütt-aus-Hol-zurück-Verfahrens“ und sei deshalb ebenfalls nicht vorhersehbar gewesen. Die hohen Beteiligungseinkünfte im Jahr 2001 beruhten schließlich auf einer letztmaligen Durchführung des Anrechnungsverfahrens im Jahr 2000. Der Bilanz-gewinn 2000 von 91.805.000 DM sei komplett an die Anteilseigner ausgeschüttet worden. Die Situation könne nicht mit dem Sachverhalt verglichen werden, der dem Beschluß des Bundes-finanzhofs (BFH) vom 25.7.2002 I B 52/02 zugrunde gelegen habe, da es aufgrund der Einlage der „A“-Beteiligung nicht zu einer grundlegenden Verbesserung der Ertragslage des BgA gekommen sei. Ins-besondere sei nicht zu erkennen gewesen, wie jemals die aufgelaufenen Verluste des BgA ausgegli-chen und ein Totalgewinn hätte erzielt werden können. Dagegen sei in dem vom BFH entschiedenen Fall absehbar gewesen, daß die vorzutragenden Verluste aufgrund der absoluten Höhe der jeweiligen Finanzanlagen und durch die Höhe der Erträge der eingelegten Aktien bei sich fortsetzender Entwick-lung in einem überschaubaren Zeitraum ausgeglichen werden würden. Zudem sei der Gewinnbegriff im Sinne des § 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) so auszulegen, daß Ausgangspunkt für die Ermittlung des Gewerbeertrages der Gewinn, verstanden als Summe der steuerpflichtigen Einkünfte, sei. Die nach § 8b Abs. 1 KStG n.F. steuerfreien Dividenden zählten nicht zu dem im vorgenannten Sinne auszulegenden Gewinnbegriff. Die Steuerfreistellung schlage auf die

Page 32: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 32 Heft 1/2005

Frage der Gewinnerzielungsabsicht und die daran anknüpfende Gewerbesteuerpflicht durch. Daraus folge wiederum, daß die Ausschüttungen der Beteiligungsgesellschaft nicht als Beleg einer Gewinner-zielungsabsicht herangezogen werden könnten. Nach altem Recht sei de facto durch das Anrech-nungsverfahren ebenfalls eine Steuerfreiheit auf der Ebene des Ausschüttungsempfängers gegeben gewesen. Die Verluste aus den Vorjahren seien auch nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzuse-hen. Zum einen sei zu berücksichtigen, daß der BgA, soweit er eine öffentliche Aufgabe der Trägerkör-perschaft durchführe, für diese handle. Eine Leistungsbeziehung zwischen BgA und Trägerkörperschaft sei darin nicht zu sehen. Der BgA wende der Trägerkörperschaft keinen Vermögensvorteil zu. Der Vorteil der Bädernutzung komme allein den Bürgern zugute, die keine ihr - der Klägerin - nahestehen-den Personen seien. Darüber hinaus sprächen die sich aus dem KStG und den Körperschaftsteuer-Richtlinien (KStR) ergebenden Wertungen gegen eine Qualifizierung der Verluste als vGA. Mit dem Verzicht auf das Merkmal der Gewinnerzielungsabsicht in § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG setze das KStG die Anerkennung dauerdefizitärer BgA voraus. Aufgrund dessen scheide bei einem BgA ein Drittvergleich in der Form des Abstellens auf „einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter einer Kapitalge-sellschaft“ aus. Auch Abschnitt 5 Abs. 9 KStR setzte die steuerrechtliche Anerkennung eines BgA mit Dauerverlusten im Hinblick auf die dort genannten Zusammenfassungskriterien und die grundsätzlich selbständige Steuerpflicht jedes BgA voraus. Die Klägerin beantragt, die Gewerbesteuermeßbescheide für 1993 und 1994 vom 20.8.1996 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 20.3.2000 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er macht geltend: Für die Frage der Gewinnerzielungsabsicht sei auf die Verhältnisse ab dem Jahr 1989 abzustellen. Zwar seien ursprünglich hohe Verluste angefallen, auf diese habe die Klägerin aber in der Weise reagiert, daß sie die Gewinn bringenden Anteile an der „A“ in den BgA eingelegt habe. Dies habe zu einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse und seit 1989 zu einem Überschuß von rund 53.000.000 DM geführt. Ein eventueller Veräußerungsgewinn sei hierbei noch gar nicht berück-sichtigt. Für die Darlegung der tatsächlich nicht bestehenden Gewinnerzielungsabsicht bestünden er-höhte Anforderungen, wenn - wie vorliegend ab dem Jahr 1989 - die tatsächlich erzielten Betriebser-gebnisse gegen eine bloße Kostendeckungsabsicht sprächen. Solle deshalb die Gewinnerzielungsab-sicht verneint werden, so bedürfe es der Feststellung, daß konkrete Kosten auf das Unternehmen zu-kommen, die nach der Wesensart des Betriebs und nach der Art seiner Bewirtschaftung aus den lau-fenden Einnahmen nicht gedeckt werden könnten. Da entsprechende konkrete Darlegungen fehlten, sei das Finanzamt berechtigt, die Gewinnerzielungsabsicht aus den steuerlichen Gewinnen der Jahre 1989 bis 2001 abzuleiten. Bestätigt werde diese Rechtsauffassung durch den Beschluß des BFH vom 25.7.2002 I B 52/02. Sollten die Verluste aus den Jahren 1968 bis 1988 dennoch in die Gesamtbe-trachtung einzubeziehen sein, sei zu berücksichtigen, daß die Hinnahme von Verlusten aus dem Bä-derbetrieb vGA im Verhältnis BgA zur Klägerin darstellten, in deren Interesse die Bäder ohne Aus-gleichszahlung betrieben worden seien. Die Annahme von vGA führe dazu, daß keine Fehlbeträge auszuweisen seien. Zur Begründung verweist der Beklagte insoweit auf das Urteil des BFH vom 27.7.2001 I R 82-85/00. Wegen des Weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen, insbesondere auf die von der Klägerin für die Jahre 1998 bis 2001 vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen der „B“ und die Gewinnverwendungsbeschlüsse der Gesellschafter der Beteiligungsgesellschaft für die Jahre 1994, 1997 und 1998 bis 2001 Bezug genommen. Auf Ersuchen des Senats hat die „B“ ihre Bilanz und Gewinn- und Verlustrechung zum 31.12.2002 vor-gelegt.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Gewerbesteuermeßbescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Page 33: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 33

Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Klägerin unterliege mit ihrem BgA der GewSt. Die Tätigkeit des BgA erfüllt nicht die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Die Absicht, einen Gewinn zu erzielen, kann nicht festgestellt werden (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Dies geht zu Lasten des Beklagten, der die Feststellungslast für die steuerbegründende Tatsache der Gewinnerzielungsabsicht trägt (vgl. BFH-Urteil vom 5.11.1970 V R 71/67, BStBl II 1971, 220, 224. 1. Unternehmen der öffentlichen Hand sind gewerbesteuerpflichtig, soweit sie die Merkmale des all-

gemeinen Gewerbebetriebs nach §§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG, 15 Abs. 2 des Einkommensteuer-gesetzes (EStG) erfüllen. Eine Gewerbesteuerpflicht besteht auch für solche Unternehmungen nur, wenn sie mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1989 I R 79-80/86, BStBl II 1990, 452, 454; BFH-Beschluß vom 25.7.2002 I B 52/02, BFH/NV 2002, 1341. Gewinnerzielungsabsicht ist die Absicht einer nachhaltigen Mehrung des Be-triebsvermögens. Dabei ist der nach steuerlichen Grundsätzen ermittelte Gewinn nicht als Peri-odengewinn, sondern als Totalgewinn anzusehen (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 766; BFH-Urteile vom 15.12.1976 I R 58/76, BStBl II 1977, 250, 251; vom 16.12.1998 I R 137/97, BFH/NV 1999, 1250. Totalgewinn ist das voraussicht-liche Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung oder Aufgabe (BFH, BStBl II 1984, 751, 766. Da die Gewinnerzielungsabsicht als inneres Tatbestandsmerkmal nur an-hand äußerer Merkmale beurteilt werden kann, bieten die Verhältnisse abgelaufener Zeiträume wichtige Anhaltspunkte für dieses Tatbestandsmerkmal (BFH, BStBl II 1984, 751, 767; BStBl II 1990, 452, 454; Weber-Grellet, DStR 1992, 561 und 1993, 980).

2. Ein Totalgewinn läßt sich im Streitfall nicht feststellen, weil in der Zeit von 1968 bis 1988 entgegen

der Auffassung des Beklagten keine Gewinne, sondern Verluste angefallen sind, und die danach in den einzelnen Jahren erzielten und voraussichtlich zu erwartenden Gewinne nicht ausreichen, um mit der erforderlichen Gewißheit von einem positiven Gesamtergebnis ausgehen zu können.

a) Soweit der Beklagte vorträgt, daß die angefallenen Verluste des BgA bei der Beurteilung der

Gewinnerzielungsabsicht im Ergebnis unberücksichtigt bleiben müßten, weil in gleicher Höhe verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) hinzuzurechnen seien, kann sich das Gericht seiner Argumentation nicht anschließen. Richtig ist allerdings, daß gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei der Beurteilung des steuerpflichtigen Einkommens vGA zu berücksichtigen sind, sie min-dern das Einkommen nicht. Für die Ermittlung des Gewerbeertrages im Sinne des § 7 GewStG in der für den streitigen Zeitraum geltenden Fassung gilt Entsprechendes (vgl. Selder in Glanegger/Güroff, GewStG, Kommentar, 5. Aufl., § 7 Anm. 3). Die Regelung des § 8 Abs. 3 KStG spiegelt den allgemeinen Grundsatz des Ertragsteuerrechts wider, nach dem im Rahmen der Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage zwischen der Einkünfteer-zielung und der Einkünfteverwendung zu differenzieren ist. Einkommensminderungen, die nicht im Rahmen der Einkünfteerzielung anfallen, sondern sich als Vorgänge der Einkom-mensverwendung darstellen, dürfen die steuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern (Bott in Arthur Andersen, KStG, Kommentar, § 4 Rz. 314). Soweit bei der Ermittlung des Ein-kommens, das die Trägerkörperschaft durch den BgA erzielt, Minderungen des dem BgA ge-widmeten Vermögens zugunsten des übrigen Vermögens der Trägerkörperschaft zu beurtei-len sind, ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH das Einkommen so zu ermitteln, als ob der BgA ein selbständiges Steuersubjekt in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft und die Trägerkörperschaft deren Alleingesellschafter wäre. Auf das Verhältnis zwischen der Träger-körperschaft und ihrem BgA finden im Wege der Fiktion die Grundsätze über die vGA Anwen-dung (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2002 I R 20/01, BStBl II 2003, 412, 413m.w.N.). So begrün-den z.B. überhöhte Vergütungen des BgA, die dieser aus dem Grunde nach anzuerkennen-den Vereinbarungen oder infolge des Verrechnungsverkehrs an die Trägerkörperschaft lei-stet, vGA (Bott in Arthur Andersen, a.a.O., § 4 Rz. 314; Felder in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Kommentar zum KStG, § 4 Rz. 72). Wird das Ergebnis des BgA durch Aufwendungen bela-stet, die nicht durch die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens, sondern durch die hoheit-lichen oder sonstigen Aufgaben der Trägerkörperschaft veranlaßt sind, liegen ebenfalls vGA vor (vgl. BFH-Urteile vom 10.7.1996 I R 108-109/95, BStBl II 1997, 230, 231; vom 27.6.2001 I R 82-85/00, BStBl II 2001, 773, 774. Allein das Unterhalten eines dauerdefizitären BgA führt jedoch nach Auffassung des Senats nicht zu einer vGA. Bei der Abgrenzung trägerschaftlich veranlaßter Vorgänge von betrieblich bedingten Geschäftsvorfällen ist nämlich den Wesenverschiedenheiten des BgA gegenüber anderen Gewerbebetrieben Rechnung zu tragen. Arbeitet das öffentliche Unternehmen ledig-

Page 34: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 34 Heft 1/2005

lich kostendeckend oder führt der Betrieb zu ständigen Verlusten, kann nicht bereits aus die-ser Tatsache auf eine Vorteilszuwendung gegenüber der Trägerkörperschaft und die An-nahme einer vGA geschlossen werden (Knobbe-Keuk, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1983, 227, 230; Pott, StuW 1979, 321, 327; Streck, Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 6. Auf-lage, § 4 Anm. 35). Zu unterscheiden ist in diesem Zusammenhang zwischen konkreten marktüblichen Geschäften im direkten Leistungsverkehr einerseits und dem abstrakten Vorteil bei Betrieb eines Verlustunternehmens andererseits. Da BgA aus wettbewerbsrechtlichen Er-wägungen nach der gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1 KStG der Besteuerung un-terworfen werden ohne Rücksicht auf ihre besondere Aufgabenstellung und unabhängig da-von, ob Gewinnerzielungsabsicht besteht oder nicht (vgl. BFH-Urteil vom 10.7.1996 I R 108-109/95, BStBl II 1997, 230, 231, ist der Betrieb für die Besteuerung auch so zu nehmen wie er ist. Die Beurteilung allein des Betreibens eines defizitären BgA als vGA würde zu einem nicht auflösbaren Wertungswiderspruch zur gesetzlichen Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 KStG führen. So lange der BgA, der nach § 9 Abs. 2 der Eigenbetriebsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1.6.1988 mit ausreichendem Kapital auszustatten ist und dessen verbleibende Verluste nach Verlustvorträgen gemäß § 10 Abs. 6 der genannten Verordnung aus Haushaltsmitteln der Gemeinde zu tilgen sind, mit Maßnahmen und Aufwendungen in Erfüllung seiner spezifischen Aufgaben handelt, sind Verluste bei dem BgA betrieblich veranlaßt und es stellt sich nicht die Frage einer vGA (vgl. Bott in Arthur Andersen, a.a.O., § 4 Rz 318; Felder in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 4 Rz. 72; Knobbe-Keuk, a.a.O.; Pott, a.a.O.; Streck, a.a.O., § 4 Anm. 35). Dieser Auffassung folgt auch die Finanzverwaltung. Sie nimmt bei kommunalen Verkehrsbetrieben, die ihrer öf-fentlichen Beförderungspflicht auf der Grundlage nicht kostendeckender Tarife nachkommen, dementsprechend keine Vorteilsgewährung an die Trägergemeinde im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG an (vgl. koord. Ländererlaß, Erl. FinMin NdS vom 29.6.1978 - F 2742 - 1 - 31 - 2, DB 1978, 1377). Ein anderes Ergebnis läßt sich auch nicht aus der vom Beklagten in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des BFH vom 27.6.2000 I R 82-85/00 (BStBl II 2001, 773 ableiten. Denn dem Urteil lag gerade ein Sachverhalt zugrunde, der eine Leistungs-erbringung des BgA an die Trägerkörperschaft zu deren hoheitlichen Zwecken zum Gegen-stand hatte. Auch aus dem Beschluß des BFH vom 25.7.2002 I B 52/02 (BFH/NV 2002, 1341) ergibt sich nichts anderes, da der BFH die Frage des Vorliegens einer vGA in diesem Verfah-ren wegen der fehlenden Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich offen gelassen hat.

b) Die Absicht Gewinne zu erzielen, kann entgegen der Auffassung des Beklagten, auch nicht mit den tatsächlich angefallenen positiven Geschäftsergebnissen des BgA nach der Einlage der Beteiligung im Jahr 1989 begründet werden. Richtig ist zwar, daß nach der Rechtspre-chung des BFH ein über einen längeren Zeitraum erwirtschafteter Gewinn als Indiz für das Streben nach Gewinn spricht (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1964 I 24/63, HFR 1965, 273). Dies gilt aber dann nicht, wenn die Möglichkeit besteht, daß die Gewinne nur dem Ausgleich von zuvor erzielten Vermögensverlusten dienen sollen (vgl. BFH-Urteile vom 15.12.1976 I R 58/75, BStBl II 1977, 250, 251; vom 22.8.1984 I R 102/81, BStBl II 1985, 61, 62) Ohne Ge-winnerzielungsabsicht handelt, wer Einnahmen erzielt, um seine Kosten zu decken. Kosten-abdeckungsabsicht besteht nicht nur, wenn die laufenden Einnahmen erzielt werden, um die laufenden Selbstkosten abzudecken. Zur Kostendeckung gehört - neben der Erwirtschaftung der laufenden Kosten - auch die Erhaltung des der gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermö-gens (vgl. BFH, BStBl II 1977, 250; 251; BStBl II 1985, 61, 62). Nach diesen Grundsätzen kann bei einem auf die Erzielung von Einnahmen zur Kostendeckung angelegten Betrieb der Entschluß, in einem oder in mehreren Wirtschaftsjahren einen Gewinn im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG zu erwirtschaften, so lange keinen Gewerbebetrieb begründen, als diese Ge-winne lediglich der Erhaltung und der Wiedererlangung des durch vorausgegangene Verluste verlorenen Vermögens dienen sollen (vgl. BFH, BStBl II 1977, 250, 251). Entsprechendes gilt, wenn Gewinne ausschließlich zu dem Zweck erzielt werden, Rücklagen für Vermögens-verluste zu bilden, mit denen für die Zukunft ernsthaft gerechnet werden muß (BFH, BStBl II 1985, 61, 62). Nach den vorgenannten Grundsätzen ist im Streitfall das Vorliegen einer Gewinnerzielungs-absicht auch nach der Einlage der Beteiligung nicht feststellbar. Die Klägerin hat zwar in den Jahren 1989 bis 2001 per Saldo Periodengewinne in Höhe von insgesamt rund 54.000.000 DM erzielt. Im Rahmen der Totalgewinnprognose sind jedoch auch die bis zum Zeitpunkt der Einlage erzielten Verluste von insgesamt rund 55.000.000 DM zuzüglich der kalkulatorischen Absetzungen für Abnutzung und Zinsen von insgesamt 33.000.000 DM,

Page 35: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 35

deren Höhe der Beklagte nicht in Frage gestellt hat und an deren Richtigkeit der Senat nach der Aktenlage keine Zweifel hegt, zu berücksichtigen. Ausgehend von diesen Verlusten in Höhe von insgesamt rund 88.000.000 DM und Gewinnen ab dem Zeitpunkt der Einlage der „A“-Beteiligung von rund 54.000.000 DM verbleiben bislang ungedeckte Verluste von rund 34.000.000 DM. Es ist auch nicht geboten, bei der Beurteilung der Gewinnerzielungsabsicht die bis einschließ-lich 1988 angefallenen Verluste unberücksichtigt zu lassen. Insbesondere kann die Einlage der „A“-Anteile nicht als Maßnahme angesehen werden, die gleichsam eine Einstellung des bisherigen und die Gründung eines neuen Betriebes bewirkt hat. Zwar ist dem BgA durch die Bilanzierung der Beteiligung ein Wirtschaftsgut als gewillkürtes Betriebsvermögen zugeführt worden, das nicht unerhebliche Erträge abwirft (zur Zulässigkeit einer solchen Gestaltung vgl. BFH, BFH/NV 2002, 1341). Dadurch hat die Klägerin aber keine grundlegende Änderung der Geschäftstätigkeit des BgA herbeigeführt. Die Einlage hat nämlich keine Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Bäder gehabt, denn weder deren Einnahmen noch die Kosten sind hiervon in irgendeiner Weise berührt worden. Es ergeben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, daß allein die Einlage der Beteiligung geeignet ist, den aufgelaufenen Verlust in Höhe von rund 34.000.000 DM in der Zukunft auszugleichen. Für die Bildung nennenswerter Ge-winnrücklagen im Sinne des § 272 Abs. 3 des Handelsgesetzbuches, deren Ausschüttung in späteren Jahren zu einem weiteren Verlustausgleich führen könnte, ist nichts ersichtlich. Aus den vorliegenden Gewinn- und Verlustrechnungen der „B“ für die Jahre 1998 bis 2002, der Bilanz der „B“ zum 31.12.2002 sowie den vorgelegten Gewinnverwendungsbeschlüssen er-gibt sich vielmehr, daß die angefallenen Gewinne so gut wie vollständig an die Anteilseigner ausgeschüttet worden sind. In der Bilanz der „B“ zum 31.12.2002 ist lediglich eine Gewinn-rücklage in Höhe von 5.500.000 EUR ausgewiesen. Ob und inwieweit ein eventueller Veräu-ßerungsgewinn aufgrund stiller Reserven im Bereich des BgA, insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung, anfallen wird, ist im Rahmen der vorzunehmenden Prognose vollkommen of-fen. Für eine im Wege der Schätzung vorzunehmende Berücksichtigung liegen bereits dem Grunde nach keine Gesichtspunkte vor. Eine Schätzung verbietet sich deshalb als rein spe-kulativ. Demgegenüber spricht ein Vergleich zwischen den Ergebnissen aus dem operativen Ge-schäft des BgA mit den ausgeschütteten Gewinnen der „B“ für die Jahre 1998 bis 2001 gegen die Prognose eines weiteren Ausgleichs der verbliebenen Verluste. Es läßt sich bereits nicht feststellen, daß die laufenden Verluste aus dem operativem Geschäft des BgA durch die ihm in Höhe seiner Beteiligung zuzurechnenden Gewinnausschüttungen der „B“ ausgeglichen werden. Dies zeigen folgende Berechnungen:

Page 36: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 36 Heft 1/2005

Ergebnisse aus dem operativen Geschäft des BgA 1998 ./. 8.156.244 DM 1999 ./. 7.627.004 DM 2000 ./. 7.365.341 DM 2001 ./. 8.946.799 DM Summe ./. 32.095.388 DM durchschnittlicher Verlust pro Jahr 32.095.388 DM : 4 = 8.023.847 DM Jahresüberschüsse zzgl. Entnahmen aus Gewinnrücklagen „B“

1998 3.963.197 DM 1999 40.163.000 DM 2000 56.672.000 DM 2001 70.735.000 DM (36.166.000 €) Summe 171.533.197 DM durchschnittliche Ausschüttung pro Jahr 171.533.197 DM : 4 = 42.883.299 DM bezogen auf die Beteiligung des BgA (1/6) 42.883.229 DM : 6 =

7.147.216 DM. Die fehlende Aussicht, die aufgelaufenen Verluste künftig durch Beteiligungserträge ausglei-chen zu können, steht auch der Anwendung der Rechtsgrundsätze entgegen, die der BFH im Beschluß vom 25.7.2002 I B 52/02 (BFH/NV 2002, 1341) niedergelegt und die der Beklagten in besonderer Weise hervorgehobenen hat. In der genannten Entscheidung hat die Gebiets-körperschaft nämlich durch ihre beiden BgA ab dem Zeitpunkt der Einlage der Kapitalbeteili-gungen kontinuierlich hohe Gewinne erzielt und es war absehbar, daß die Erträge aus den Finanzanlagen die Defizite der BgA - auch die vor den Einlagen angefallenen - auf Dauer übersteigen und ein Totalgewinn erzielt werden würde. Eine solche Entwicklung ist im Streit-fall nicht absehbar.

3. Aufgrund des vorstehenden Ergebnisses kann eine Entscheidung über die weiteren von der Klägerin aufgeworfenen Fragen zur Auslegung des Gewinnbegriffs im Sinne des § 7 GewStG und damit zur Gewinnerzielungsabsicht im Hinblick auf das vormalig geltende körperschaft-steuerliche Anrechnungsverfahren (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 26.6.1991 XI R 24/89, BStBl II 1991, 877 bzw. die Freistellung von Dividendeneinkünften nach § 8b KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23.10.2000, Bundesgesetzblatt I 2000, 1433 (vgl. zum Meinungsstand bzgl. der Einbeziehung steuerbarer aber steuerfreier Einkünfte BFH-Urteil 18.9.1996 I R 69/95, BFH/NV 1997, 408 m.w.N.) dahinstehen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige

Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 Abs. 3 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivil-prozeßordnung.“

Körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerlichen Organschaft unter Berücksichtigung der Änderungen durch das Steuersen-kungsgesetz (StSenkG) und das Unternehmenssteuerfortent-wicklungsgesetz (UntStFG

BKPV 6/2005

BMF-Schreiben vom 26.8.2003, IV A 2 - S 2770 - 18/03 (BStBl 2003 I S. 437) „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der Änderungen der Organschaftsregelungen durch das Steuersenkungsgesetz

Page 37: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 37

(StSenkG) vom 23.10.2000 (BGBl 2000 I S. 1433, BStBl 2000 I S. 1428) und durch das Unterneh-menssteuerfortentwicklungsgesetz (UntStFG) vom 20.12.2001 (BGBl 2001 I S. 3858, BStBl 12002 S. 35) Folgendes (Die Änderungen sind in dem KStG 2002 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.2002 (BGBl 2002 I S. 4144, BStBl 2002 I S. 1169) - KStG n.F. - und in dem GewStG 2002 in der Fassung der Bekanntmachung vom 15.10.2002 (BGBl 2002 I S. 4167, BStBl 2002 I S. 1192) - GewStG n.F. - enthalten. Das KStG 2002 ist zuletzt durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz (StVergAbG) vom 16.5.2003 (BGBl 2003 I S. 660) geändert worden. Das GewStG 2002 ist zuletzt durch das Klein-unternehmerförderungsgesetz (KleinUntFG) vom 31.7.2003 (BGBl 2003 I S. 1550) geändert worden. Auf die Änderungen wird an geeigneter Stelle durch Fußnoten hingewiesen. Die Gesetzeszitate dieses Schreibens beziehen sich noch auf die Gesetzesfassungen der Bekanntmachungen vom 15.10.2002): A. Organträger

1 Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 KStG kann Organträger nur noch ein einziges ge-werbliches Unternehmen mit Geschäftsleitung im Inland sein. Eine Organschaft zu mehreren Organträ-gern ist nicht zulässig (vgl. Rdnr. 15 ff.). Begriff des gewerblichen Unternehmens

2 Ein gewerbliches Unternehmen liegt vor, wenn die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb im Sinne des § 2 GewStG erfüllt sind.

3 Eine eigene gewerbliche Tätigkeit des Organträgers ist nicht mehr erforderlich. Organträger kann auch eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG (Ab dem VZ 2003 kann eine Personengesellschaft nur dann Organträger sein, wenn sie eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG i.d.F. des StVergAbG (vgl. Fn. 1)) oder ein Unternehmen sein, das Gewerbebetrieb kraft Rechtsform ist.

4 Die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft gilt nach § 2 Abs. 2 GewStG stets und in vollem Umfang als Ge-werbebetrieb, so daß auch eine bloß vermögensverwaltende Kapitalgesellschaft und eine dauerdefizi-täre Kapitalgesellschaft als Organträger in Betracht kommen.

5 Dies gilt nicht für einen dauerdefizitären Betrieb gewerblicher Art. Aufgrund fehlender Gewinnerzie-lungsabsicht erfüllt er nicht die allgemeinen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Gewerbebetrie-bes i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Wegfall des Begriffs „inländisches" Unternehmen

6 Der Organträger mußte bisher seinen Sitz und seine Geschäftsleitung im Inland haben. Auf diesen dop-pelten Inlandsbezug beim Organträger verzichtet § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG. Es reicht künftig aus, wenn sich die Geschäftsleitung des Organträgers im Inland befindet. Zeitliche Anwendung

7 Die obigen Voraussetzungen gelten für die körperschaftsteuerliche Organschaft erstmals ab dem Ver-anlagungszeitraum 2001 (§ 34 Abs. 9 Nr. 2 KStG) und für die gewerbesteuerliche Organschaft erstmals ab dem Erhebungszeitraum 2002 (§ 36 Abs. 1 GewStG). B. Organgesellschaft

8 Bisher reichte es für die gewerbesteuerliche Organschaft aus, wenn sich die Geschäftsleitung der Or-gangesellschaft im Inland befindet. Ab dem Erhebungszeitraum 2002 ist nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V. mit § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG und § 36 Abs. 1 GewStG auch der inländische Sitz (doppelter Inlandsbezug) erforderlich. Eine ausländische Kapitalgesellschaft kann danach nicht Organgesellschaft sein, selbst wenn sie im Inland einen Gewerbebetrieb unterhält.

Page 38: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

C. Gewinnabführungsvertrag und Eingliederungsvoraussetzungen I. Körperschaftsteuerliche Organschaft

9 Ab dem Veranlagungszeitraum 2001 sind die Organschaftsvoraussetzungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung weggefallen (§ 34 Abs. 9 Nr. 2 KStG). Die körperschaftsteuerliche Or-ganschaft setzt künftig nur noch einen Gewinnabführungsvertrag i.S. des § 291 Abs. 1 Aktiengesetz und die finanzielle Eingliederung der Organgesellschaft voraus. Gewerbesteuerliche Organschaft

10 Für die gewerbesteuerliche Organschaft werden bis zu dem Erhebungszeitraum 2001 unverändert die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung gefordert (§ 36 Abs. 2 GewStG). III. Angleichung der Voraussetzungen für die körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche

Organschaft

11 Ab dem Erhebungszeitraum 2002 stimmen die Voraussetzungen für die gewerbesteuerliche Organ-schaft mit denen der körperschaftsteuerlichen Organschaft überein (§ 36 Abs. 2 GewStG). Bereits be-stehende gewerbesteuerliche Organschaften ohne Gewinnabführungsvertrag enden mit dem Erhe-bungszeitraum 2001, wenn nicht mit Wirkung ab 2002 ein Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt wird.

12 Die Rückbeziehung der finanziellen Eingliederung und damit die rückwirkende Begründung eines Or-ganschaftsverhältnisses ist nicht zulässig. Rz. Org. 05 des BMF-Schreibens vom 25.3.1998 (BStBl 1998 I S. 268) gilt für die finanzielle Eingliederung entsprechend. Additionsverbot

13 Sowohl für die körperschaftsteuerliche als auch für die gewerbesteuerliche Organschaft dürfen ab dem Veranlagungs-/Erhebungszeitraum 2001 für das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung i.S. von § 14 Abs. 1 Nr. 1 KStG mittelbare und unmittelbare Beteiligungen zusammengerechnet werden, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt.

14 Beispiel für die finanzielle Eingliederung:

A-GmbH100% 100%

B-GmbH C-GmbH

50% 50%D-GmbH

Die B-GmbH und die C-GmbH sind in die A-GmbH auf Grund unmittelbarer Beteiligung von jeweils 100% finanziell eingegliedert. Die A-GmbH ist an der D-GmbH nicht unmittelbar beteiligt. Die Zusammenrechnung der mittelbaren Beteiligung über die B-GmbH (50%) und die C-GmbH (50%) führt aber zur finanziellen Eingliederung der D-GmbH in die A-GmbH. D. Mehrmütterorganschaft

15 Die bislang gewohnheitsrechtlich anerkannte Mehrmütterorganschaft ist durch § 14 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG erstmals gesetzlich geregelt worden. (Durch das StVergAbG (vgl. Fn. 1) ist das Rechtsinstitut der Mehrmütterorganschaft mit Wirkung ab dem VZ 2003 gestrichen worden).

Seite 38 Heft 1/2005

Page 39: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 39

I. Qualifizierung der Willensbildungs-GbR als Organträger

16 Schließen sich mehrere gewerbliche Unternehmen zum Zwecke der einheitlichen Willensbildung ge-genüber einer Kapitalgesellschaft zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Willensbildungs-GbR) zusammen, ist die Willensbildungs-GbR Organträger. Sie ist kraft Gesetzes als gewerbliches Unter-nehmen anzusehen (§ 14 Abs. 2 KStG).

17 Voraussetzung für die Begründung eines Organschaftsverhältnisses ist in diesen Fällen, daß den Ge-sellschaftern der GbR die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft zusteht und ihr Wille in der Organgesellschaft tatsächlich durchgeführt wird. Vom Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organge-sellschaft muss die GbR ununterbrochen bestehen und jeder ihrer Gesellschafter an der Organgesell-schaft ununterbrochen beteiligt sein (§ 14 Abs. 2 Satz 2 KStG). Weitere Voraussetzung für eine Organ-schaft ist ein Gewinnabführungsvertrag zwischen der Organgesellschaft und der Willensbildungs-GbR. Veräußert ein Gesellschafter der Willensbildungs-GbR während des Wirtschaftsjahrs der Organgesell-schaft seine Anteile an der Organgesellschaft oder scheidet er während des Wirtschaftsjahrs der Or-gangesellschaft aus der Willensbildungs-GbR aus, ist vom Zeitpunkt der Veräußerung oder des Aus-scheidens an die Voraussetzung der finanziellen Eingliederung nicht mehr erfüllt. Damit entfällt die An-wendung des § 14 KStG für dieses Wirtschaftsjahr.

18 Für den Veranlagungszeitraum 2000 und früher setzt eine Mehrmütterorganschaft voraus, daß die Or-gangesellschaft wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 KStG i.V. mit § 34 Abs. 9 Nr. 1 KStG). Eine Ergebniszurechnung bei den an der Willensbildungsgesellschaft beteiligten Muttergesellschaften ist gesetzlich ausgeschlossen. II. Auswirkungen der Mehrmütterorganschaft auf gewerbesteuerliche Verluste

19 Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 GewStG (Satz 3 wurde durch das StVergAbG aufgehoben [vgl. a. Fn. 3]) ist in Fällen der Mehrmütterorganschaft die Willensbildungs-GbR Organträger. Der Gewerbeertrag der Or-gangesellschaft ist der Willensbildungs-GbR zuzurechnen. Eine Berücksichtigung bei den an der Wil-lensbildungs-GbR beteiligten Gesellschaftern (Muttergesellschaften) ist ausgeschlossen. Die Entschei-dungen des Bundesfinanzhofs zur Mehrmütterorganschaft vom 9.6.1999 (BStBl 2000 II S. 695 und BFH/NV 2000 S. 347) finden keine Anwendung (BMF-Schreiben vom 4.12.2000, BStBl 2000 I S. 1571).

20 Bei Beendigung der Mehrmütterorganschaft durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aus der Willensbildungs-GbR geht ein noch nicht berücksichtigter Verlustabzug i.S. des § 10 a GewStG weder ganz noch anteilig auf den verbleibenden Gesellschafter über, da zwischen dem verbleibenden Gesell-schafter und der GbR keine Unternehmensidentität besteht. E. Steuerfreie Beteiligungserträge der Organgesellschaft

21 Es entspricht der Systematik des Halbeinkünfteverfahrens, wenn ausgeschüttete Gewinne im Organ-kreis steuerfrei bleiben, soweit sie letztlich auf eine Kapitalgesellschaft entfallen, und lediglich der Halb-einkünftebesteuerung unterliegen, soweit sie letztlich auf eine natürliche Person entfallen. I. Bruttomethode

22 Nach § 15 Nr. 2 KStG finden bei der Ermittlung des Einkommens der Organgesellschaft § 8 b Abs. 1 bis 6 KStG keine Anwendung. Die Vorschriften des § 8 b KStG sowie des § 3 Nr. 40 und des § 3 c EStG sind bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers anzuwenden, wenn die Organgesell-schaft Dividendeneinnahmen oder Veräußerungserlöse erzielt oder wenn in dem beim Organträger zu-zurechnenden Einkommen Gewinnminderungen i.S. des § 8 b Abs. 3 KStG oder mit solchen Bezügen zusammenhängende Ausgaben i.S. des § 3 c EStG enthalten sind (sog. Bruttomethode). (Durch das StVergAbG (vgl. Fn. 1) ist klargestellt worden, daß die Bruttomethode auch angewendet wird, soweit die Organgesellschaft einen Übernahmegewinn i.S. von § 4 Abs. 7 UmwStG oder Erträge aus auslän-dischen Beteiligungen, die durch ein DBA-Schachtelprivileg freigestellt sind, erzielt).

Page 40: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 40 Heft 1/2005

II. Fremdfinanzierungsaufwendungen

23 Fremdfinanzierungsaufwendungen für den Erwerb einer Beteiligung durch die Organgesellschaft stehen im Zusammenhang mit den nach § 8 b Abs. 1 KStG steuerfreien Beteiligungserträgen und un-terliegen damit dem Abzugsverbot des § 3 c Abs. 1 EStG. § 8 b Abs. 1 bis 6 KStG ist aber nicht auf der Ebene der Organgesellschaft, sondern erst bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers an-zuwenden (§ 15 Nr. 2 Sätze 1 und 2 KStG).

24 Finanziert der Organträger die Beteiligung an der Organgesellschaft fremd, sind die Aufwendungen in voller Höhe abziehbar. Eine Anwendung des § 3 c EStG scheidet aus, da die Aufwendungen im Zu-sammenhang mit Gewinnabführungen und nicht mit nach § 8 b KStG steuerfreien Einnahmen stehen. Dies gilt nicht, wenn eine Organgesellschaft für ein Geschäftsjahr in vertraglicher Zeit vorvertragliche Rücklagen auflöst und hieraus eine Gewinnausschüttung leistet. Insoweit handelt es sich um nach § 8 b Abs. 1 KStG steuerfreie Beteiligungserträge. III. Organträger ist eine Kapitalgesellschaft

25 Ist Organträger eine Kapitalgesellschaft, gilt für die steuerliche Behandlung der steuerfreien Beteili-gungserträge der Organgesellschaft Folgendes: Beispiel: Die A-GmbH ist 100 %ige Tochtergesellschaft der B-GmbH. Es besteht ein Organschaftsverhältnis. Die A-GmbH erzielt Dividendeneinnahmen in Höhe von 10.000 EUR, auf die Betriebsausgaben in Höhe von 1.000 EUR entfallen. Bei der Ermittlung des der B-GmbH gemäß § 14 KStG zuzurechnenden Einkommens werden § 8 b Abs. 1 KStG und § 3 c Abs. 1 EStG nicht berücksichtigt (§ 15 Nr. 2 KStG). Das zuzurechnende Ein-kommen beträgt 9.000 EUR. 10.000 EUR Betriebseinnahmen ./. 1.000 EUR Betriebsausgaben 9.000 EUR In der Steuererklärung macht die A-GmbH als Organgesellschaft folgende Angaben: Einkommen: 9.000 EURnachrichtlich: inländische Bezüge i.S. des § 8 b Abs. 1 KStG: 10.000 EURBetriebsausgaben nach § 3 c Abs. 1 EStG: 1.000 EUR Bei der B-GmbH als Organträger werden nach § 15 Nr. 2 Satz 2 KStG vom zuzurechnenden Einkom-men nach § 14 KStG in Höhe von 9.000 EUR nun die steuerfreien Bezüge nach § 8 b Abs. 1 KStG in Höhe von 10.000 EUR gekürzt und die damit im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben i.S. von § 3 c Abs. 1 EStG hinzugerechnet. Das verbleibende zuzurechnende Einkommen beträgt 0 EUR. IV. Organträger ist eine natürliche Person

26 Ist Organträger eine natürliche Person, gilt für die steuerliche Behandlung der steuerfreien Beteiligungs-erträge der Organgesellschaft Folgendes: Beispiel: Die 100 %ige Beteiligung an der A-GmbH ist Betriebsvermögen des gewerblichen Einzelunternehmens des B. Es besteht ein Organschaftsverhältnis. Die A-GmbH erzielt Dividendeneinnahmen in Höhe von 10.000 EUR, auf die Betriebsausgaben in Höhe von 1.000 EUR entfallen.

Page 41: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 41

Das dem Organträger gemäß § 14 KStG zuzurechnende Einkommen beträgt 9.000 EUR (wie Beispiel zu Rdnr. 25). Die Angaben in der Steuererklärung der A-GmbH als Organgesellschaft entsprechen dem Beispiel zu Rdnr. 25. Bei Organträger B werden nach § 15 Nr. 2 Satz 2 KStG vom zuzurechnenden Einkommen nach § 14 KStG i.H. von 9.000 EUR die nach § 3 Nr. 40 Buchstabe d EStG steuerfreien Bezüge i.H. von 5.000 EUR abgezogen und nach § 3 c Abs. 2 EStG die Hälfte der damit im Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben hinzugerechnet. Das dem Organträger B verbleibende zuzurechnende Einkommen beträgt 4.500 EUR. Organträger ist eine Personengesellschaft

27 Ist der Organträger eine Personengesellschaft, werden steuerfreie Beteiligungserträge der Organgesell-schaft bei Gesellschaftern, die Kapitalgesellschaften sind, entsprechend Beispiel zu Rdnr. 25 und bei Gesellschaftern, die natürliche Personen sind, entsprechend Beispiel zu Rdnr. 26 behandelt. Auswirkungen der Bruttomethode des § 15 Nr. 2 KStG auf die Gewerbesteuer

28 Die Bruttomethode nach § 15 Nr. 2 KStG ist auch bei der Gewerbesteuer anzuwenden. Dabei ist nach § 15 Nr. 2 Satz 2 KStG die Anwendung der Vorschriften § 8 b KStG, § 3 Nr. 40 EStG und § 3 c EStG auf der Ebene des Organträgers nachzuholen. Veräußerungsgewinne

29 Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an in- und ausländischen Körperschaften sind im Steuerbi-lanzgewinn der Organgesellschaft enthalten. § 8 b Abs. 2 KStG findet auf der Ebene der Organgesell-schaft keine Anwendung (§ 15 Nr. 2 Satz 1 KStG). Die Voraussetzungen einer Kürzungsvorschrift nach § 9 GewStG liegen nicht vor. § 8 b Abs. 2 KStG ist nach § 15 Nr. 2 Satz 2 KStG bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers anzuwenden. Beispiel: Die O-GmbH hat einen Gewinn aus Gewerbetrieb in Höhe von 100.000 EUR. Darin enthalten ist ein Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der E-AG in Höhe von 10.000 EUR. Es besteht ein Or-ganschaftsverhältnis mit der M-AG als Organträger. Lösung: Nach § 15 Nr. 2 Satz 1 KStG ist bei der O-GmbH § 8 b Abs. 2 KStG nicht anzuwenden. Der Steuerbi-lanzgewinn beträgt 100.000 EUR. Dieser Betrag stellt auch den Gewerbeertrag der O-GmbH dar, weil auf Veräußerungsgewinne eine gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift nicht anzuwenden ist. Auf der Ebene der M-AG ist § 8 b Abs. 2 KStG anzuwenden. Es ergibt sich ein Gewerbeertrag i.H. von 90.000 EUR. Dividendeneinnahmen aus Schachtelbeteiligungen

30 Auf Dividendeneinnahmen der Organgesellschaft ist § 8 b Abs. 1 KStG nicht anzuwenden (§ 15 Nr. 2 Satz 1 KStG). Die Dividendeneinnahmen unterliegen im Organkreis nicht der Gewerbesteuer, wenn die Voraussetzungen einer Kürzung nach § 9 Nr. 2 a oder Nr. 7 GewStG erfüllt sind. In diesem Fall sind sie bei der Ermittlung des Gewerbeertrags der Organgesellschaft abzüglich der damit im Zusammenhang stehenden Ausgaben zu kürzen. Beispiel: Die O-GmbH hat einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 100.000 EUR. Darin enthalten sind Dividenden aus der 15%igen Beteiligung an der E-AG i.H. von 10.000 EUR. Es besteht ein Organ-schaftsverhältnis mit der M-AG als Organträger.

Page 42: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 42 Heft 1/2005

Lösung: Nach § 15 Nr. 2 KStG ist bei der O-GmbH der Gewinn in voller Höhe von 100.000 EUR anzusetzen, weil § 8 b Abs. 1 KStG bei ihr nicht zu berücksichtigen ist. Dieser Gewinn ist Ausgangsgröße für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist der Gewinn i.H. von 100.000 EUR nach § 9 Nr. 2 a GewStG um die darin enthaltenen Einnahmen aus der Schachtel-dividende zu kürzen. Der Gewerbeertrag beträgt 90.000 EUR. Der M-AG ist als Organträger ein Gewerbeertrag der O-GmbH in Höhe von 90.000 EUR zuzurechnen. Es ist keine Korrektur vorzunehmen, da in dem zugerechneten Betrag keine Einnahmen i.S. des § 8 b Abs. 1 KStG enthalten sind.

31 Bei mehreren Beteiligungen im Organkreis ist die 10 % - Grenze des § 9 Nr. 2 a und Nr. 7 GewStG für jede Beteiligung getrennt zu betrachten. Dividendeneinnahmen aus Streubesitz

32 Auf Dividendeneinnahmen der Organgesellschaft ist § 8 b Abs. 1 KStG nicht bei der Ermittlung des Ein-kommens der Organgesellschaft, sondern erst auf der Ebene des Organträgers anzuwenden (§ 15 Nr. 2 Satz 1 und 2 KStG). Die Dividendeneinnahmen sind jedoch nach § 8 Nr. 5 GewStG wieder hin-zuzurechnen. Beispiel: Die O-GmbH hat einen Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 100.000 EUR. Darin enthalten sind Dividenden aus einer 5 %igen Beteiligung an der E-AG i.H. von 10.000 EUR. Es besteht ein Organ-schaftsverhältnis mit der M-AG als Organträger. Lösung: Nach § 15 Nr. 2 KStG ist bei der O-GmbH der Gewinn in voller Höhe von 100.000 EUR anzusetzen, weil § 8 b Abs. 1 KStG bei ihr nicht zu berücksichtigen ist. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrags ist eine Kürzung nicht vorzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 9 Nr. 2 a GewStG bei Nicht-Schachtelbeteiligungen nicht vorliegen. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb und der Gewerbeertrag betra-gen 100.000 EUR. Auf der Ebene M-AG ist § 8 b Abs. 1 KStG anzuwenden. Durch die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 5 GewStG auf der Ebene des Organträgers bleibt es bei einem Gewerbeertrag von 100.000 EUR. Entgelte für Dauerschulden

33 Sind bei der Organgesellschaft in den mit nach § 8 b KStG steuerfreien Einnahmen im Zusammenhang stehenden Ausgaben (§ 3 c EStG) Entgelte für Dauerschulden enthalten, ist § 3 c EStG auf der Ebene des Organträgers nur noch insoweit anzuwenden, wie nicht schon eine Hinzurechnung in Höhe der Hälfte der Entgelte für Dauerschuldzinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG bei der Organgesellschaft erfolgt ist. Organträger ist eine Personengesellschaft

34 Ist Organträger eine Personengesellschaft, finden die Vorschriften zu § 8 b KStG und § 3 Nr. 40 EStG bei der Gewerbesteuer keine Anwendung, da die Personengesellschaft eigenes Gewerbesteuersubjekt i.S. des § 2 GewStG ist. Beispiel: Die O-GmbH ist Organgesellschaft einer Personengesellschaft, an der zu 50 % eine natürliche Person und zu 50 % eine Kapitalgesellschaft beteiligt sind. Die O-GmbH hat einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H. von 100.000 EUR. Darin enthalten ist ein Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an der E-AG i.H. von 10.000 EUR.

Page 43: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 43

Lösung: Der Gewinn aus der Veräußerung der Anteile an der E-AG ist auf der Ebene der O-GmbH nicht nach § 8 b Abs. 2 KStG steuerfrei (§ 15 Nr. 2 KStG). Auf der Ebene der Personengesellschaft als Organ-träger ist weder § 8 b KStG noch § 3 Nr. 40 EStG anwendbar, sodaß der Gewerbeertrag (einschließlich des Veräußerungsgewinns von 10.000 EUR) in voller Höhe von 100.000 EUR der Gewerbesteuer unterliegt. F. Unterschiedliches Recht bei Organgesellschaft und Organträger

35 Beim Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren bei der Körperschaftsteuer kann es zu einem Zusammenfallen von altem Recht (KStG a.F. - KStG a.F. = KStG 1999) und neuem Recht (KStG n.F.) innerhalb des Organkreises kommen, wenn das Wirtschaftsjahr bei der Organgesell-schaft und dem Organträger nicht identisch ist. Zu unterscheiden sind zwei Fallgruppen: I. Fallgruppe 1: Abweichendes Wirtschaftsjahr bei der Organgesellschaft

36 Unterliegt der Organträger dem KStG n.F. und ist für die Ermittlung des ihm zuzurechnenden Organein-kommens noch das KStG a.F. anzuwenden, ist auf das zu versteuernde Einkommen des Organträgers ein Steuersatz von 25 % anzuwenden. Beispiel: Im Jahr 2001 ermittelt der Organträger, bei dem das Wirtschaftsjahr das Kalenderjahr ist, sein Einkom-men nach neuem Recht. Die Organgesellschaft ermittelt hingegen das Organeinkommen für das Wirt-schaftsjahr 2000/2001 noch nach altem Recht. Dieses Organeinkommen wird dem Organträger für den Veranlagungszeitraum 2001 zugerechnet. Auf das zu versteuernde Einkommen des Organträgers ist ein Steuersatz von 25 % anzuwenden. II. Fallgruppe 2: Abweichendes Wirtschaftsjahr beim Organträger

37 Unterliegt der Organträger dem KStG a.F. und ist für die Ermittlung des ihm zuzurechnenden Organein-kommens schon das KStG n.F. anzuwenden, ist auf das zu versteuernde Einkommen des Organträ-gers ein Steuersatz von 40 % anzuwenden. Beispiel: Der Organträger ermittelt sein Einkommen für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 noch nach altem Recht. Für die Organgesellschaft gilt bereits neues Recht. Das nach neuem Recht ermittelte Organeinkommen wird dem Organträger für den Veranlagungszeitraum 2001 zugerechnet. Auf das zu versteuernde Ein-kommen des Organträgers ist ein Steuersatz von 40 % anzuwenden.

38 Bezieht die Organgesellschaft Beteiligungserträge nach neuem Recht, findet § 15 Nr. 2 Satz 2 KStG n.F. und damit § 8 b KStG, § 3 Nr. 40 und § 3 c EStG beim Organträger Anwendung (§ 34 Abs. 10 KStG). G. Körperschaftsteuererhöhung nach § 37 Abs. 3 KStG

39 Vereinnahmt eine Körperschaft Bezüge i.S. des § 8 b Abs. 1 KStG, die bei der leistenden Körperschaft zu einer Körperschaftsteuerminderung geführt haben, führt dies bei der Empfängerin der Bezüge nach § 37 Abs. 3 KStG zu einer Körperschaftsteuererhöhung. In Organschaftsfällen ist für Bezüge der Or-gangesellschaft die Körperschaftsteuererhöhung beim Organträger vorzunehmen (§ 37 Abs. 3 Satz 2 KStG).

Page 44: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 44 Heft 1/2005

H. Organschaftliche Mehr- und Minderabführungen (§ 27 Abs. 6 KStG)

40 Veränderungen des steuerlichen Einlagekontos bei Mehr- und Minderabführungen einer Organgesell-schaft sind in § 27 Abs. 6 KStG geregelt. Ist die Kapitalgesellschaft Organgesellschaft im Sinne des § 14 KStG oder des § 17 KStG und übersteigt das dem Organträger zuzurechnende Einkommen den abgeführten Gewinn – wegen der Einstellung von Beträgen aus dem Jahresüberschuß in die gesetzliche Rücklage (§ 300

Nr. 1 des Aktiengesetzes), – in den Fällen des § 14 Abs. 1 Nr. 4 KStG wegen Einstellung von Beträgen aus dem Jahresüber-

schuss in die Gewinnrücklagen, – wegen der Verpflichtung zum Ausgleich vorvertraglicher Verluste (§ 301 des Aktiengesetzes) oder – wegen von der Handelsbilanz abweichender Bewertung von Aktiv- oder Passivposten in der Steu-

erbilanz, ist der Unterschiedsbetrag (Minderabführung) bei der Organgesellschaft auf dem steuerlichen Einlage-konto zu erfassen.

41 Unterschreitet das dem Organträger zuzurechnende Einkommen den abgeführten Gewinn – wegen der Auflösung der in Satz 1 genannten Gewinnrücklagen oder – wegen von der Handelsbilanz abweichender Bewertung von Aktiv- oder Passivposten in der Steu-

erbilanz, mindert der Unterschiedsbetrag (Mehrabführung) das steuerliche Einlagekonto.

42 Zur Verwendung des steuerlichen Einlagekontos bei Mehr- und Minderabführungen wird auf das BMF-Schreiben vom 4.6.2003 zum steuerlichen Einlagekonto (BStBl 2003 I S. 366) verwiesen. I. Organschaftsausgleichsposten

43 Nach der Umstellung des Körperschaftsteuersystems vom Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfah-rens gilt für die steuerliche Behandlung von Ausgleichsposten bei der Organschaft Folgendes: Der Ausgleichsposten ist ein Korrekturposten zum Beteiligungsbuchwert. Auch nach der Systemum-stellung sind die organschaftlichen Ausgleichsposten in voller Höhe zu bilden, unabhängig davon, ob das Organschaftseinkommen bzw. Teile davon beim Organträger voll steuerpflichtig oder insgesamt oder hälftig steuerfrei sind. Die Ausgleichsposten sind aber begrenzt auf die Höhe des Prozentsatzes der Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft.

44 Wird beispielsweise ein beim Organträger gebildeter passiver Ausgleichsposten im Rahmen einer Ver-äußerung der Organbeteiligung aufgelöst, so erhöht sich der - nach § 8 b Abs. 2 KStG steuerfreie -Ver-äußerungsgewinn. Der passive Ausgleichsposten repräsentiert stille Reserven in der Organgesell-schaft, die handelsrechtlich bereits an den Organträger abgeführt worden sind.

45 Nach § 8 b Abs. 2 Satz 2 KStG tritt die Steuerfreiheit jedoch nicht ein, soweit in den vorangegangenen Jahren bereits steuerwirksame Teilwertabschreibungen vorgenommen worden sind. In Höhe dieser Teilwertabschreibungen bleibt der Veräußerungsgewinn, zu dem auch die Auflösung eines Ausgleichs-postens gehört, steuerpflichtig.“

Page 45: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 45

Körperschaftsteuerliche Behandlung der Auflösung und Ab-wicklung von Körperschaften und Personenvereinigungen nach den Änderungen durch Gesetz zur Fortentwicklung des Unter-nehmenssteuerrechts

BKPV 7/2005

BMF-Schreiben vom 26.8.2003 - IV A 2 - S 2760 - 4/03 (BStBl 2003 I S. 434) Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die steuerliche Behandlung der Auflösung und Abwicklung einer Körperschaft und Personenvereinigung nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20.12.2001 (BGBl 2001 I S. 3858 - UntStFG -) Folgendes: „A. Bedeutung des Besteuerungszeitraums

1 Im Abwicklungszeitraum gibt es keine Wirtschaftsjahre im steuerrechtlichen Sinne. Für Zwecke der §§ 27, 37 und 38 KStG n.F. (KStG n.F. = KStG 2002, KStG a.F. = KStG 1999) tritt an die Stelle des Wirtschaftsjahrs der Besteuerungszeitraum.

2 Auf den Schluß jedes Besteuerungszeitraums ist eine Steuerbilanz aufzustellen.

3 Umfaßt der Abwicklungszeitraum mehrere Besteuerungszeiträume, ist auf den Schluß eines jeden Be-steuerungszeitraums, für den neues Recht gilt (siehe Rdnr. 4 ff.), das Körperschaftsteuerguthaben (§ 37 KStG n.F.), der Teilbetrag EK 02 (§ 38 KStG n.F.) und das steuerliche Einlagekonto (§ 27 KStG n.F.) gesondert festzustellen. Die abschließenden gesonderten Feststellungen für den letzten Besteue-rungszeitraum sind auf den Zeitpunkt vor der Schlußverteilung des Vermögens vorzunehmen. B. Systemübergreifende Liquidation I. Grundsatz

4 Endet bei der Liquidation einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft der Besteuerungszeitraum nach dem 31.12.2000, richtet sich die Besteuerung für diesen Zeitraum nach den Vorschriften des KStG n.F. (§ 34 Abs. 14 Satz 1 KStG n.F.).

5 Auch für den auf die Zeit vor dem 1.1.2001 entfallenden Teil des Besteuerungszeitraums ist das KStG n.F. anzuwenden. Ob das verteilte Vermögen bei der Körperschaft zu einer Minderung oder Erhöhung der Körperschaftsteuer führt, richtet sich nach § 40 Abs. 4 i.V. mit den §§ 37 und 38 KStG n.F. Bereits unter Zugrundelegung der früheren Rechtslage ausgestellte Steuerbescheinigungen sind zurückzufor-dern und auf der Grundlage des EStG bzw. KStG n.F. neu zu erteilen.

6 Der Feststellung der Endbestände nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. sind die Bestände zum Schluß des letz-ten vor Liquidationsbeginn endenden Wirtschaftsjahrs bzw. zum Schluß des letzten Besteuerungszeit-raums, für das noch das KStG a.F. gilt, zugrunde zu legen. II. Antrag im Sinne des § 34 Abs. 14 KStG n.F.

7 Hat die in Liquidation befindliche Körperschaft, deren Besteuerungszeitraum vor dem 1.1.2001 beginnt und nach dem 31.12.2000 endet, gemäß § 34 Abs. 14 Satz 2 KStG n.F. bis zum 30.6.2002 (Aus-schlußfrist) den Antrag gestellt, auf die Zeit bis zum 31.12.2000 das KStG a.F. anzuwenden, so endet auf den 31.12.2000 ein Besteuerungszeitraum, für den ein steuerlicher Zwischenabschluß zu fertigen ist (§ 34 Abs. 14 Satz 3 KStG n.F.).

8 In den in Rdnr. 7 genannten Fällen unterliegt das Einkommen des am 31.12.2000 endenden Besteue-rungszeitraums noch dem KStG a.F. Für Liquidationsraten, andere Ausschüttungen und sonstige Lei-stungen, die in diesem Besteuerungszeitraum erfolgen, ist noch die Körperschaftsteuer-Ausschüt-tungsbelastung nach dem Vierten Teil des KStG a.F. herzustellen (§ 34 Abs. 14 Satz 5 KStG n.F.). Diese Auskehrungen verringern gemäß § 36 Abs. 2 KStG n.F. die Endbestände der auf den 31.12.2000 festzustellenden Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals.

Page 46: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 46 Heft 1/2005

9 Die Feststellung der Endbestände nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. erfolgt auf den 31.12.2000. C. Gewinnausschüttungen für vor dem Abwicklungszeitraum endende Wirtschaftsjahre

10 Eine Ausschüttung kann auch dann auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechen-den Gewinnverteilungsbeschluß für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen, wenn die Körperschaft nach Beginn der Liquidation beschließt, Gewinne für vor dem Abwicklungszeitraum endende Wirt-schaftsjahre auszuschütten (BFH-Urteile vom 12.9.1973, BStBl 1974 II S. 14; vom 17.7.1974, BStBl 1974 II S. 692 und vom 22.10.1998, I R 15/98, BFH/NV 1999 S. 829).

11 Erfolgt eine solche Gewinnausschüttung in Besteuerungszeiträumen, die bereits unter das KStG n.F. fallen, ist § 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG n.F. nicht anzuwenden, da es während des Abwicklungszeit-raums keine Wirtschaftsjahre gibt (vgl. Rdnr. 1). Für diese Ausschüttungen gilt der Vierte Teil des KStG a.F. daher nicht mehr. D. Auswirkungen der Liquidation auf das steuerliche Einlagekonto und den Sonderausweis

12 Bei der Vermögensverteilung gilt das übrige Eigenkapital als vor dem Nennkapital ausgezahlt.

13 Die Vermögensverteilung ist, soweit sie nicht als Nennkapitalrückzahlung zu beurteilen ist, eine Leistung im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG. Bei Abschlagszahlungen auf den Liquidationserlös ist auf den ausschüttbaren Gewinn zum Schluß des der Leistung vorangegangenen Besteuerungszeit-raums bzw. Wirtschaftsjahrs abzustellen. Bei der Schlußauskehrung ist der ausschüttbare Gewinn maßgeblich, der sich auf den Zeitpunkt vor dieser Auskehrung ergibt. Das ist grundsätzlich der Zeit-punkt, auf den die Liquidationsschlußbilanz erstellt wird.

14 Soweit die Vermögensverteilung als Nennkapitalrückzahlung zu behandeln ist, wird in Höhe dieses Be-trags zunächst der Sonderausweis verringert (§ 28 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F.). Wegen des Zeitpunktes, auf den der maßgebliche Bestand des Sonderausweises zu ermitteln ist, gilt Rdnr. 13 entsprechend. Insoweit gilt die Rückzahlung des Nennkapitals als Gewinnausschüttung, die bei den Anteilseignern zu kapitalertragsteuerpflichtigen Bezügen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG führt (§ 28 Abs. 2 Satz 2 KStG n.F.).

15 Soweit die Nennkapitalrückzahlung einen Sonderausweis übersteigt bzw. wenn ein Sonderausweis nicht besteht, führt der Rückzahlungsbetrag zu einer betragsmäßig identischen Erhöhung und Verringe-rung des steuerlichen Einlagekontos (§ 28 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz und Satz 2 2. Halbsatz KStG). Eine Steuerbescheinigung im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG ist den Anteilseignern insoweit nicht auszu-stellen. E. Körperschaftsteuerminderung bzw. -erhöhung in Liquidationsfällen

16 Unabhängig davon, ob das Vermögen der Körperschaft als Abschlagszahlung auf den Liquidationserlös oder im Rahmen der Schlußverteilung ausgekehrt wird, mindert oder erhöht sich die Körperschaftsteuer um den Betrag, der sich nach den §§ 37 und 38 KStG n.F. ergeben würde, wenn das verteilte Vermö-gen einschließlich des Nennkapitals als in dem Zeitpunkt der Verteilung für eine Ausschüttung verwen-det gelten würde (§ 40 Abs. 4 Satz 1 KStG n.F.).

17 Wegen des Zeitpunktes, auf den die maßgeblichen Bestände des KSt-Guthabens, des Teilbetrags EK 02 und des ausschüttbaren Gewinns zu ermitteln sind, gelten die Ausführungen zu Rdnr. 13 entspre-chend. Für die Anwendung des § 40 Abs. 4 Satz 3 KStG n.F. gilt die Liquidation auf den Stichtag der Erstellung der Liquidationsschlußbilanz als beendet.

Page 47: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 47

F. Zusammenfassendes Beispiel

18 Beispiel: Die A-GmbH (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) wird zum 30.6.2002 aufgelöst. Der der Schlußauskehrung zugrunde liegende Liquidationsschlußbestand wird auf den 31.8.2003 ermittelt. Für die Zeit vom 1.1.2002 bis zum 30.6.2002 bildet die GmbH ein Rumpfwirtschaftsjahr. Zum 31.12.2001 und zum 30.6.2002 betragen das KSt-Guthaben 25.000 EUR und der Teilbetrag EK 02 30.000 EUR. Das Nenn-kapital zu den Stichtagen beträgt 90.000 EUR und der Sonderausweis 40.000 EUR. Das übrige Eigenkapital lt. Steuerbilanz beträgt a) zum 30.6.2002 = 410.000 EUR b) zum 31.8.2003 = 648.500 EUR. Der Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahrs 2002 wird am 15.8.2003 in Höhe von 75.000 EUR offen ausge-schüttet.

Page 48: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 48 Heft 1/2005

Lösung: Anwendung des § 28 Abs. 2 und des § 40 Abs. 4 KStG n.F.

Einlage-konto

KSt-Gut-haben

EK 02 Nenn-kapital

Sonder-ausweis

Bestände zum 30.6.2002 0 25.000 30.000 90.000 40.000

Offene Gewinnausschüttung für das Rumpf-Wj. 2002 75.000

KSt-Minderung: 1/6 von 75.000

- 12.500

Keine Verwendung von EK 02 2 0

Bestände vor Schlußverteilung (= letzte gesonderte Feststellung)

0 12.500

30.000

90.000 40.000

Nullstellung des Nennkapitals gem. § 28 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F.

+ 50.000

- 90.000 - 40.000

Zwischensumme 50.000 12.500 30.000 0 0

Verteiltes Vermögen (= übriges Eigenkapital und Nennkapital) 738.500

Unmittelbarer Abzug beim Einlagekonto gem. § 28 Abs. 2 Satz 2 Hs. 2 KStG n.F. - 50.000 - 50.000

Zwischensumme 0 12.500 30.000 0 0

Leistung gem. § 27 Abs. 1 Satz 3 KStG n.F. (= Verteiltes Vermögen abzüglich Nennkapital) 648.500

Verwendung Einlagekonto (höchstens verbleibender Bestand) - 0 0

Zwischensumme 0 12.500 30.000 0 0

Leistung i.S. d. § 40 Abs. 4 i.V. mit §§ 37, 38 KStG n.F. (= verteiltes Vermögen) 738.500

KSt-Minderung (§ 37 KStG n.F.) 1/6 von 738.500; höchstens jedoch Bestand des KSt-Guthabens

- 12.500

KSt-Erhöhung (§ 38 KStG n.F.) Verwendung von EK 02 3 738.500 - 618.500 = 120.000; höchstens 7/10 des Bestandes

- 21.000

KSt-Erhöhung = 3/7 von 21.000 - 9.000

2 Differenzrechnung: Ausschüttbarer Gewinn zum 30.6.2002 abzüglich EK 02 zum 30.6.2002:

410.000 EUR - 30.000 EUR = 380.000 EUR. Da die Ausschüttung kleiner ist als 380.000 EUR, gilt EK 02 nicht als verwendet. 3 Differenzrechnung: Ausschüttbarer Gewinn vor Schlußverteilung abzüglich EK 02 vor Schlußverteilung:

648.500 EUR - 30.000 EUR = 618.500 EUR; das verteilte Vermögen i.H.v. 738.500 EUR übersteigt 618.500 EUR um 120.000 EUR. Für die Berechnung der KSt-Erhöhung gilt: 120.000 EUR x 3/7 = 51.428 EUR, höchstens jedoch 7/10 x 30.000 EUR (Bestand des EK 02) = 21.000 EUR.

Page 49: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 2

Heft 1/2005 Seite 49

G. Behandlung der Nennkapitalrückzahlung bei den Anteilseignern

19 Bei den Anteilseignern richtet sich die steuerliche Behandlung der Nennkapitalrückzahlung nach § 17 Abs. 4 EStG bzw. - soweit ein Sonderausweis vorhanden ist - nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG, un-abhängig davon, ob die Leistung bei der Körperschaft zu einer Minderung bzw. einer Erhöhung der Körperschaftsteuer führt oder nicht.“

Page 50: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 2 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 50 Heft 1/2005

Page 51: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 51

Buchführung, Bilanz und Gewinnermittlung Überlassung eines Gesellschaftsgrundstücks an einen Gesell-schafter-Geschäftsführer zu einem unter dem Verkehrswert lie-genden Kaufpreis als verdeckte Gewinnausschüttung

BKPV 8/2005

Finanzgericht Berlin, Urteil vom 11.11.2003 - 7 K 7072/02 - rechtskräftig (EFG 2004 S. 217) Leitsätze: „1. Ergibt die Überprüfung des Leistungsaustausches zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem

Gesellschafter ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, so ist in der Regel die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung gerechtfertigt, es sei denn, es liegen gewichtige und nachprüfbare Gründe vor, die diese Vermutung widerlegen.

2. Zur Anwendung der sogenannten Bandbreitenrechtsprechung des BFH auf den Fall der Überlas-

sung eines Gesellschaftsgrundstücks an einen Gesellschafter zu einem unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis.“

Sachverhalt: „Gegenstand der Klägerin sind die Nutzung und Verwaltung eigenen Grundvermögens sowie der Er-werb oder die Bebauung von Grundstücken zum Zwecke der Nutzung und Verwaltung. Alleinige Ge-sellschafterin und Geschäftsführerin war in den Streitjahren Frau „X“, die von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - befreit war. Zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörte das mit einem fünfgeschossigen Wohn- und Geschäfts-haus aus dem Jahre 1909/10 bebaute Grundstück in ... Dessen Dachgeschoß war 1986 ausgebaut worden. Nach einem Gutachten des Bausachverständigen -Gutachten S- vom 9.12.1988 betrug der Verkehrswert dieses Grundstücks im Dezember 1988 5,7 Mio. DM. Wegen der weiteren Einzelheiten der Wertermittlung nimmt das Gericht auf Bl. 28 bis 89 der Streitakte -Str.A.- VIII 470/94 Bezug. Am 27.1.1989 verkaufte die Klägerin das vorbezeichnete Grundstück mit Lastenwechsel zum l.3.1989 an ihre Gesellschafter-Geschäftsführerin zum Preis von 5,7 Mio. DM. Wegen der weiteren Einzelheiten des Kaufvertrags nimmt das Gericht auf Bl. 42 bis 60 Str.A. Bezug. Im Rahmen einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffas-sung, daß der Verkehrswert des vorbezeichneten Grundstücks 7,5 Mio. DM betragen habe, sodaß sich in Höhe des Differenzbetrages von 1,8 Mio. DM eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG ergebe. Ausgehend von den Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte geänderte Körperschaftsteuerbe-scheide 1988 ff. sowie geänderte Bescheide über die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals gemäß § 47 Abs. 1 KStG -vEK-Bescheide- auf den 31.12.1988 ff. Diese Bescheide wurden im Laufe langjähriger Rechtsbehelfsverfahren wiederholt geändert, u.a. bei Anhängigkeit des Klageverfahrens 8 K 8550/96 am 6.11.1997 betreffend Körperschaftsteuer 1990, am 14.11.1997 betreffend Körper-schaftsteuer 1991 und vEK auf den 31.12.1991 und am 27.1.1998 betreffend Körperschaftsteuer 1989 und 1990 sowie vEK auf den 31.12.1989 und 31.12.1990, wogegen die Klägerin am 8.12.1997 betref-fend Körperschaftsteuer 1990 und 1991 sowie vEK auf den 31.12.1991 und am 19.2.1998 betreffend Körperschaftsteuer 1989 sowie vEK auf den 31.12.1989 und 31.12.1990 Einspruch einlegte, u.a. mit dem Ziel eine Festsetzung/Feststellung ohne Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung und an-deren Ausschüttung zu erreichen. Zuletzt setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 19.11.2001 die Kör-perschaftsteuer für 1989 auf 1.043.705,00 DM, für 1990 auf 212.352,00 DM und für 1991 auf 115.609,00 DM fest. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 51 ff. Körperschaftsteuerakte -KSt.A.- VIII a und 158 KSt.A. IX Bezug. Ferner ergingen am gleichen Tag geänderte vEK-Bescheide auf den 31.12.1988 bis 31.12.1991. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 141 vEK-Akte I und Bl. 63 ff. vEKAkte II Bezug. Bei Erlaß der vorbezeichneten Bescheide ging der Beklagte von einem Verkehrswert des Grundstücks im Übertragungszeitpunkt von 6,6 Mio. DM aus und legte demzufolge bei der Veranlagung 1989 verdeckte Gewinnausschüttungen und andere Ausschüttungen in Höhe von

Page 52: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 52 Heft 1/2005

jeweils 900.000,00 DM zugrunde. Wegen der Verkehrswertermittlung durch den Beklagten nimmt das Gericht auf die Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid 1989 (Bl. 59 KSt.A. VIII a) Bezug. Daraufhin hat die Klägerin gegen die Körperschaftsteuerbescheide 1989 bis 1991 sowie gegen die vEK-Bescheide vom 31.12.1989 bis 31.12.1991 am 27.12.2001 Einspruch eingelegt. Der Beklagte wies die Einsprüche vom 13.1.2000 betreffend Körperschaftsteuer 1988 bis 1990 und vEK auf den 31.12.1988 bis 31.12.1991 mit Einspruchsentscheidung vom 12.2.2002 als unbegründet zurück und verwarf die Einsprüche vom 20. Dezember“ 2001 betreffend Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 als unzulässig. Die Unzulässigkeit der Einsprüche begründete er damit, daß noch Einsprüche hin-sichtlich dieser Streitjahre anhängig gewesen seien. Im Übrigen gelangte er zur Unbegründetheit des Einspruchs, indem er auf die den Körperschaftsteuerbescheiden beigefügte Verkehrswertermittlung verwies. Darauf hat die Klägerin am 1.3.2002 Klage erhoben „gegen die Bescheide über Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 vom 19.11.2001“ und zunächst begehrt, „die Veranlagung zur Körperschaftsteuer 1989“ ohne Hinzurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung in Höhe von 900.000,00 DM vorzunehmen. Die Klägerin macht geltend, der Beklagte berücksichtige zu Unrecht eine verdeckte Gewinnausschüt-tung und andere Ausschüttung im Rahmen der angefochtenen Steuerfestsetzungen und Feststellun-gen. Zu Unrecht gehe der Beklagte bei der Ermittlung des Verkehrswerts von einem Liegenschaftszins-satz von 5 v.H. aus. Vielmehr sei ein Liegenschaftszinssatz von 6 bis 7 v.H. zugrunde zu legen. Je-denfalls stehe einer verdeckten Gewinnausschüttung und anderen Ausschüttung entgegen, daß sich die Klägerin vor Abschluß des Kaufvertrages durch das Gutachten S über die Höhe des Verkehrswer-tes informiert habe. Dieses Gutachten halte sie auch nach wie vor für zutreffend. Jedenfalls habe sie damals darauf vertraut, daß das Gutachten vollständig, richtig und den Tatsachen entsprechend erstellt worden sei, und dem Sachverständigen keinerlei Vorgaben gemacht, wonach er etwa einen zu gerin-gen Verkehrswert dokumentieren solle. Die Klägerin beantragt, abweichend von den Bescheiden über Körperschaftsteuer 1989 bis 1991 sowie den Bescheiden über das verwendbare Eigenkapital gemäß § 47 Abs. 1 KStG auf den 31.12.1989 bis 31.12.1991 vom 19.11.2001 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.2.2002 die Körper-schaftsteuer und die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals jeweils ohne eine verdeckte Gewinn-ausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG im Jahre 1989 in Höhe von 900.000,00 DM festzusetzen bzw. festzustellen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er hält daran fest, daß der Kaufpreis nach dem Kaufvertrag vom 27.1.1989 um 900.000,00 DM unter dem Verkehrswert gelegen habe. Darin liege eine Zuwendung aufgrund des Gesellschaftsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Käuferin. Auf eine Zuwendungsabsicht komme es nicht an. Der Liegen-schaftszinssatz von 5 v.H. sei zutreffend. Das Gericht hat beschlossen, Beweis zu erheben über die Behauptung des Beklagten, der Verkehrs-wert des streitbefangenen Grundstücks habe am 27.1.1989 6,6 Mio. DM betragen, durch Einholung ei-nes Gutachtens des Grundstückssachverständigen. Der Sachverständige hat sein Gutachten -Gutachten K- am 10.2.2003 vorgelegt und kommt darin zu dem Ergebnis, daß der Verkehrswert des Grundstückes am 27.1.1989 6,65 Mio. DM betragen habe. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf den Gutachtentext Bezug. Der Beklagte sieht sich durch das Gutachten in seiner Rechtsauffassung bestätigt. Die Klägerin hat ge-gen das Gutachten Einwendungen erhoben, auf die sich der Gutachter noch einmal erneut geäußert hat. Wegen der Einzelheiten nimmt das Gericht auf Bl. 99 ff. Str.A. Bezug. Auf erneute Nachfrage des Gerichts hat der Sachverständige mitgeteilt, daß sich Verkehrswerte am Grundstücksmarkt in Bandbreiten zwischen +/- 10 v.H. und +/- 35 v.H. des mittleren Verkehrswertes bewegen. Bei dem streitbefangenen Grundstück sei im Hinblick auf die in seinem Marktsegment zum Bewertungsstichtag festzustellende rege Markttätigkeit einhergehend mit preissteigernden Tendenzen der niedrige Wert, also +/- 10 v.H., zugrundezulegen. Der mitgeteilte Verkehrswert stelle einen Mittel-

Page 53: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 53

wert dar, sodaß der gerade noch als marktüblich anzusehende Mindestpreis für das streitbefangene Grundstück 6.000.000,00 DM betragen habe. Der Beklagte hält gleichwohl an seinen angefochtenen Bescheiden fest, da die Anwendung von Band-breiten zur Feststellung angemessener Entgelte zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesell-schaftern unpraktikabel sei und nicht glaubhaft erscheine, daß die Klägerin das streitbefangene Grund-stück einem Dritten lediglich zum geringsten denkbaren Verkehrswert überlassen hätte. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens nimmt das Gericht auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der beigezogenen Akten Bezug. Dem Gericht haben die Streitakten der Verfahren VIII 470/94, VIII 479/94, 8 K 8550/96 und 7 B 7073/02 sowie drei Bände Körperschaftsteuer-, zwei Bände vEK- und ein Band Betriebsprüfungsakten vorgelegen, die vom Be-klagten für die Klägerin unter der Steuer-Nr. geführt werden.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist zulässig. Allerdings hat die Klägerin in ihrer Klageschrift die vEK-Bescheide nicht aus-drücklich erwähnt. Jedoch hat sie „die Bescheide über Körperschaftsteuer 1989 bis 1991“ angefochten sowie eine Änderung der „Veranlagung 1989“ und eine Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12.2.2002 begehrt. Da mit der Festsetzung der Körperschaftsteuer zwangsläufig die Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals einhergeht, kann im Wege rechtsschutzfördernder Auslegung (vgl. Bun-desfinanzhof -BFH-, Urteil vom 31.10.2000 VIII R 47/98 BFH/NV 2001, 589; Beschluß vom 1.7.2003 IX B 208/02 - Juris) die Klageschrift auch dahingehend ausgelegt werden, daß sie sich auf die vEK-Be-scheide erstreckt. Die Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin ist in ihren Rechten im Sinne des § 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO - dadurch verletzt, daß der Beklagte den angefochtenen Festsetzungen und Feststellungen verdeckte Gewinn-ausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG und andere Ausschüttungen im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG im Jahre 1989 in Höhe von 900.000,00 DM zugrunde legt. Der Beklagte durfte insoweit nur einen Betrag von 300.000,00 DM zugrunde legen. Die angefochtenen Bescheide sind nicht bestandskräftig geworden. Eine etwaige Verspätung des am 27.12.2001 eingelegten Einspruchs wäre unbeachtlich. Denn die Bescheide vom 19.11.2001 wurden gemäß § 365 Abs. 3 Abgabenordnung - AO - Gegenstand der seit dem 8.12.1997 betreffend Körper-schaftsteuer 1990 und 1991 sowie vEK auf den 31.12.1991 und seit dem 19.2.1998 betreffend Körper-schaftsteuer 1989 sowie vEK auf den 31.12.1989 und 31.12.1990 anhängigen Einspruchsverfahren. Unbeachtlich ist, daß bei Einspruchseinlegung das Klageverfahren 8 K 8550/96 anhängig war, das oh-nehin nur die Streitjahre 1989 und 1990 umfaßte. Denn die Klägerin hatte nach § 68 FGO in der seiner-zeit geltenden Fassung das Wahlrecht, die geänderten Bescheide zum Gegenstand des Klageverfah-rens zu machen oder sie mit dem Einspruch anzufechten. Die Klägerin hat sich für die letztgenannte Variante entschieden. Die angefochtenen Bescheide halten einer Überprüfung in der Sache nur teilweise stand. Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG darf eine verdeckte Gewinnausschüttung das steuerlich zu erfassende Einkommen einer Körperschaft nicht mindern. Verdeckte Gewinnausschüttungen in diesem Sinne sind nach der ständigen Rechtsprechung des BFH Vermögensminderungen oder verhinderte Vermögens-mehrungen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruhen, sich auf den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz - EStG - auswirken und durch das Gesellschaftsver-hältnis veranlaßt sind (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 4.6.2003 I R 24/02, DB 2003, 2258). Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ange-nommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.3.1997 I R 75/96, BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577). Was der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entsprochen hätte, ist wesentlich durch einen so genannten Fremdvergleich zu ermitteln (BFH-Urteil vom 4.6.2003 I R 38/02, DB 2003, 2260). Dieser Fremdvergleich orientiert sich in erster Linie daran, was zwischen fremden Dritten in der jeweiligen Situation (hier: Abschluß des Kaufvertrages vom 27.1.1989) üblich gewesen wäre. Allerdings handelt es sich insoweit lediglich um ein Indiz bei der Prüfung, ob eine Vereinbarung dem Fremdver-

Page 54: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 54 Heft 1/2005

gleich standhält. Die Unüblichkeit einer Vereinbarung läßt nicht stets den Schluß zu, ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte sie mit einem Nichtgesellschafter nicht abgeschlossen. Es kann im Einzelfall überzeugende betriebliche Gründe geben, die für die unübliche Vereinbarung spre-chen. Sie müssen jedoch von dem Steuerpflichtigen plausibel dargelegt werden (BFH-Urteil in BFHE 183, 94, BStBl II 1997, 577, 579).Dies gilt auch allgemein für den Fremdvergleich (Wassermeyer, DB 2001, 2465). Die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs sind nicht im Sinne von absoluten Tatbe-standsvoraussetzungen zu verstehen, sondern vielmehr indiziell danach zu würdigen, ob sie den Rück-schluß auf eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zulassen (BFH-Urteil vom 29.10.1997 I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573). Ergibt die Überprüfung des Leistungsaustausches zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter ein auffälliges Mißverhältnis zwischen Lei-stung und Gegenleistung, wird aber in der Regel die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung gerechtfertigt sein, sofern nicht gewichtige und nachprüfbare Gründe vorliegen, die geeignet sind, diese Vermutung zu widerlegen (BFH-Urteil vom 11.10.1977 VIII R 191/74, BFHE 123, 475, BStBl II 1978, 109). Ferner ist zu berücksichtigen, daß nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des BFH der Fremdver-gleichspreis in der Regel aus einer Bandbreite von Preisen besteht und daß nur eine Unterschreitung der Untergrenze dieser Bandbreite als Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten eines ordentlichen und ge-wissenhaften Geschäftsleiters angesehen werden kann (BFH-Urteile vom 17.10.2001, I R 103/00, BFHE 197, 68, DB 2001, 2474; vom 27.2.2003 I R 46/01; DStR 2003, 1567; in DB 2003, 2258 und 2260). Für Geschäftsführergehälter geht der Bundesminister der Finanzen - BMF - im Anschluß an das BFH-Urteil vom 28.6.1989 I R 89/85 (BFHE 157, 408, BStBl II 1989, 854 [856] davon aus, daß eine nur geringfügige Überschreitung der Angemessenheitsgrenze noch keine verdeckte Gewinnausschüttung auslöst, wobei er von einer Toleranzschwelle von 20 v.H. des höchsten angemessenen Gehaltes aus-geht (BMF-Schreiben vom 14.10.2002, BStBl I 2002, 972, Tz. 23). Das Gericht schließt sich der „Bandbreitenrechtsprechung“ des BFH an. Es sieht keinen Anlaß, diese auf die Würdigung von Anstellungsverträgen mit Gesellschafter-Geschäftsführern zu beschränken. Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden Mitteilung nach dem Gutachten K überzeugend dargelegt, daß auch auf dem Grundstücksmarkt verkehrsübliche Preise innerhalb einer gewissen Bandbreite ge-funden werden. Dies entspricht auch der Lebenserfahrung und wird letztlich auch vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen. Daß im Streitfall nur eine Unterschreitung des geringsten noch verkehrsüblichen Kaufpreises Anlaß zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung und anderen Ausschüttung gibt, beruht darauf, daß der Beklagte die Feststellungslast für das Vorliegen einer verdeckten Gewinn-ausschüttung und anderen Ausschüttung trägt. Da es nach den Feststellungen des Sachverständigen denkbar erscheint, daß auch fremde Dritte für den Erwerb des streitbefangenen Grundstücks am 27.1.1989 einen Kaufpreis von lediglich 6,0 Mio. DM vereinbart hätten, kann das Gericht nicht mit der erforderlichen Gewißheit davon ausgehen, daß fremde Dritte einen Kaufpreis von mindestens 6,6 Mio. DM oder doch von mehr als 6,0 Mio. DM vereinbart hätten. Die von der „Bandbreitenrechtsprechung“ möglicherweise ausgehenden erhöhten Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung sind dem Beklagten zuzumuten. Ausgehend von diesen Erwägungen ergibt sich für den Streitfall: Soweit die Klägerin Einwendungen gegen das Gutachten K erhebt, sind diese unbegründet. Der Sachverständige hat die Geschoßflächenzahl - GFZ - zutreffend ermittelt, weil dafür nicht die ver-mietete Fläche, sondern die Bruttogeschoßfläche - BGF - maßgeblich ist, gegen deren Ermittlung (vgl. Bl. 10 Gutachten K) die Klägerin keine Einwendungen erhoben hat. Der Sachverständige hat die erhöhte Lärmbelastung zu Recht als ortsüblich angesehen und daher zu Recht darin keinen Anlaß für einen verminderten Bodenwertanteil gesehen. Ebenso wenig ist nachvoll-ziehbar, warum der vom Sachverständigen vorgenommene Abschlag aufgrund der baulichen Verhält-nisse unzureichend gewesen sein soll. Öltanks sind bei bebauten Grundstücken üblich und können da-her ebenfalls keinen Abschlag rechtfertigen. Im Übrigen verweist das Gericht insoweit auf die Stellung-nahme des Sachverständigen (Bl. 104 bis 107 Str.A.). Der Umstand, daß eine Verkehrswertermittlung im Vergleichswertverfahren (für das bebaute Grundstück) nicht möglich war, gibt keinen Anlaß, an der Zuverlässigkeit der Bodenrichtwerte (für; unbebaute Grundstücke) zu zweifeln.

Page 55: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 55

Hinsichtlich des Liegenschaftszinses verweist der Sachverständige zu Recht auf die seine Feststellun-gen bestätigenden Veröffentlichungen der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen, die zuver-lässiger als allgemeine, nicht auf Berlin bezogene Veröffentlichungen sind. Soweit die Klägerin begehrt, das Streitobjekt habe noch eine Restlebensdauer von 50 Jahren gehabt, folgt daraus nichts zu ihren Gunsten, weil dann ein noch höherer Ertragswert festzustellen gewesen wäre. Im Übrigen weist das Gericht darauf hin, daß die beiden Gutachter hinsichtlich des Ertragswerts nur in Höhe von 188.000,00 DM differieren. Der höhere Verkehrswert nach dem Gutachten K beruht daneben darauf, daß das Gutachten S anders als das Gutachten K keinen Ansatz für die im Zusammenhang mit dem Grundstück zustehenden Fördermittel enthält (135.000,00 DM). Schließlich resultiert der wesentli-che Unterschied in Höhe von 632.500,00 DM daraus, daß das Gutachten S einen Abschlag von 10 v.H. wegen der unsicheren Höhe der Gewerbemieten macht. Demgegenüber geht das Gutachten K mit überzeugenden Ausführungen (Bl. 49 bis 51) davon aus, daß es Ende der 80er Jahre eine generelle Tendenz zu höheren Preisen bei Objekten wie dem Streitobjekt gab. Ausgehend von einem Verkehrswert des streitbefangenen Grundstücks in Höhe von mindestens 6,0 Mio. DM gelangt das Gericht zu der Überzeugung, daß der um 300.000,00 DM niedrigere Kaufpreis im Vertrag vom 27.1.1989 in Höhe des Differenzbetrags auf dem Gesellschaftsverhältnis beruht. Bei einer relativen Abweichung von 5 v.H. und einer absoluten Abweichung vom untersten Wert der Band-breite angemessener Kaufpreise handelt es sich um ein auffälliges Mißverhältnis. Die Klägerin hat keine Umstände dargelegt, die eine andere als eine gesellschaftliche Veranlassung möglich erscheinen lassen. Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß der Klägerin bei Abschluß des Kaufvertrags das Gutachten S vorlag. Insoweit wird vertreten, daß solche Gutachten grundsätzlich unbeachtlich seien (Finanzgericht - FG - Hamburg, Urteil vom 17.4.1991 II 98/88, EFG 1992, 42; FG München, Urteil vom 13.12.1993 15 K 2874/90, EFG 1994, 998). Dies steht jedoch nach Auffassung des Gerichts in dieser Allgemeinheit im Widerspruch zum BFH-Urteil in BFHE 123, 475, BStBl II 1978, 109 und den übrigen BFH-Entscheidungen, wonach von der Fremdunüblichkeit nur eine Indizwirkung ausgeht. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß es sich bei dem Gutachten S um ein Gefälligkeits-gutachten gehandelt hat, dessen Unrichtigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführerin der Klägerin be-kannt war. Allerdings hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ungeachtet des Gutachtens einen höheren Kaufpreis am Markt durchgesetzt. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, dem das Gutachten S vorgelegen hätte, hätte entsprechend allgemeiner kaufmännischer Übung das Grund-stück nicht nur zum Gutachtenwert von 5,7 Mio. DM zum Kauf angeboten. Er hätte sich von der Hoff-nung tragen lassen, daß er innerhalb der marktüblichen Bandbreiten einen Käufer finden könnte, der bereit ist, einen Kaufpreis aus dem oberen Bereich der Bandbreite zu zahlen. Er hätte zudem in Rech-nung gestellt, daß breite Käuferschichten von der Erwartung ausgehen, daß Angebotspreise nur eine Verhandlungsbasis sind, von denen sich der Käufer noch herunterhandeln läßt. Dementsprechend hätte er das Grundstück zu einem Kaufpreis von mindestens 6,3 Mio. DM (Gutachtenwert zuzügl. ca. 10 v.H.) zum Kauf angeboten und ausgehend von den Feststellungen des Sachverständigen, denen das Gericht folgt, mindestens zu einem Kaufpreis von 6,0 Mio. DM veräußern können. Daher ergibt sich eine verdeckte Gewinnausschüttung/andere Ausschüttung in Höhe von 300.000,00 DM. Die Berechnung der festzusetzenden Steuern und der festzustellenden Eigenkapitalbeträge wird ge-mäß § 100 Abs. 2 FGO dem Beklagten übertragen. Vorsorglich weist das Gericht auf Folgendes hin: Im wesentlichen Streitjahr 1989 galt noch nicht der erst ab dem Veranlagungszeitraum 1991 geltende § 47 Abs. 2 Nr. 1 d) KStG, der eine besondere Feststellung der Körperschaftsteuererhöhung bzw. -min-derung im Rahmen des Körperschaftsteuerbescheides vorsieht. Mit dem Körperschaftsteuerbescheid 1989 wird daher allein darüber entschieden, ob das Einkommen der Klägerin um eine verdeckte Ge-winnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu erhöhen ist. Über die Frage, ob damit zugleich eine andere Ausschüttung im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG verbunden ist, wird mit dem Bescheid ent-schieden, in dem der mit einer solchen Ausschüttung verbundene Eigenkapitalabgang zu verbuchen wäre. Nach § 28 Abs. 2 Satz 2 KStG wären andere Ausschüttungen mit dem Eigenkapital zu verrech-nen, das sich zum Schluß des Wirtschaftsjahres ergibt, in dem die Ausschüttung erfolgt, also im Streit-jahr mit dem Eigenkapital zum 31.12.1989, was sich dann aber erst im vEK-Bescheid auf den

Page 56: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 56 Heft 1/2005

31.12.1990 niederschlägt (so wie es auch der Beklagte veranlagt hat). Weiter ist im Streitfall noch zu berücksichtigen, daß die Klägerin regelmäßig „überjährig“ ausgeschüttet hat, d.h. z.B. für 1988 in 1990 usw. Diese Gewinnausschüttungen sind mit dem vEK zum Schluß des „Mitteljahres“ zu verrechnen, also die 1990 beschlossene Ausschüttung für 1988 mit dem vEK zum 31.12.1989, was sich also auch im vEK-Bescheid auf den 31.12.1990 niederschlägt. Verfahrensrechtlicher Dreh- und Angelpunkt für die Herstellung der Ausschüttungsbelastung ist daher allein der vEK-Bescheid auf den 31.12.1990, weil dieser Grundlagenbescheid ist für die darauf beruhenden Körperschaftsteuerfestsetzungen (1988, so-weit für dieses Wirtschaftsjahr in 1990 ausgeschüttet wurde [§ 27 Abs. 3 Satz 2 KStG], und 1989, so-weit eine andere Ausschüttung in 1989 vorliegt [§ 27 Abs. 3 Satz 2 KStG]; ebenso: Pung in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, KStG, § 47 Tz. 30) und die vEK-Bescheide der Folgejahre. Daher ergeben sich auch Änderungen der Körperschaftsteuerbescheide 1990 und 1991 sowie des vEK-Bescheids auf den 31.12.1991. Die Kostenentscheidungen folgen aus §§ 136 Abs. 1 Satz 1, 139 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgen aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung -ZPO-.“ Umwandlung, rückwirkende Begründung eines Organschafts-verhältnisses

BKPV 9/2005

BMF-Schreiben vom 24.5.2004, IV A 2 - S 2770 - 15/04 (BStBl 2004 I S. 549) „Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 17.9.2003 (I R 55/02), wonach die rückwirkende Begründung ei-nes Organschaftsverhältnisses möglich ist, sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus nur bei Sachverhalten anzuwenden, die dem des Urteils entsprechen. In seinem Urteil vom 17.9.2003, I R 55/02 (BStBl 2004 II S.534) hat der BFH die rückwirkende Begrün-dung eines Organschaftsverhältnisses anerkannt. In dem entschiedenen Fall war die zukünftige Organ-gesellschaft, eine GmbH & Co. KG, mit Vertrag vom 5.5.1999 rückwirkend zum 1.1.1999 formwech-selnd in eine GmbH umgewandelt worden. Nach Auffassung des BFH hat die GmbH & Co. KG die Ein-gliederungsvoraussetzungen seit dem Beginn des Wirtschaftsjahres tatsächlich erfüllt. Der Mangel, daß die GmbH & Co. KG als Personengesellschaft selbst nicht Organgesellschaft sein konnte, werde durch die Rückwirkungsfiktion des § 25 i.V.m. § 20 Abs. 7 und Abs. 8 UmwStG behoben. Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus nur anzuwenden, wenn der Sachverhalt dem Sachverhalt entspricht, der dem Urteil zugrunde lag. Die Aussagen der Rdnrn. Org. 05, Org. 13 und Org. 18 des BMF-Schreibens vom 25.3.1998, BStBl 1998 I S. 268 und der Rdnr. 12 des BMF-Schreibens vom 25.8.2003, BStBl 2003 I S. 437, wonach das Tatbestandsmerkmal der finanziellen Eingliederung nicht zurückbezogen werden kann, bleiben im Üb-rigen unberührt. So bleibt es insbesondere dabei, daß bei einer Abspaltung, Ausgliederung oder Ein-bringung eines Teilbetriebs des Organträgers unter Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages mit der neu gegründeten Tochtergesellschaft die rückwirkende Begründung eines Organschaftsverhältnisses nicht möglich ist.“ Keine Festsetzung eines negativen Solidaritätszuschlages zur Körperschaftssteuer

BKPV 10/2005

BFH-Urteil vom 19.11.2003 - I R 53/03 (BStBl 2004 II S. 428) Leitsatz: „Der Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer ist auch dann nicht auf einen negativen Betrag festzu-setzen, wenn die festgesetzte Körperschaftsteuer infolge der gemäß § 27 Abs. 1 KStG 1999 herge-stellten Ausschüttungsbelastung negativ ist.“

Page 57: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 57

Sachverhalt: „I. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) hat die Klägerin und Revisionsklägerin

(Klägerin), eine GmbH, für das Streitjahr 2000 erklärungsgemäß veranlagt und die Körperschaft- steuer nach einem zu versteuernden Einkommen von ./. 5.727 DM und einer ausschüttungsbe-dingten Körperschaftsteuerminderung gemäß § 27 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) von ./. 7.723 DM auf ./. 7.723 DM festgesetzt. Der hierauf festgesetzte Solidaritätszuschlag betrug 0 DM. Die Klägerin begehrte hingegen entsprechend der Körperschaftsteuerfestsetzung die Festsetzung eines negativen Solidaritätszuschlages. Das Finanzgericht (FG) München, Außensenate Augsburg, gab ihrer Klage statt. Sein Urteil vom 3.6.2003 6 K 5408/02 ist in EFG 2003, 1272 veröffentlicht. Seine Revision stützt das FA auf Verletzung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Solidaritätszuschlaggesetzes (SolZG 1995). Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin hält der Sache nach ihren entgegenstehenden Rechtsstandpunkt aufrecht.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.

1. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 bemißt sich der Solidaritätszuschlag, soweit eine Veranla-gung zur Einkommensteuer oder zur Körperschaftsteuer vorzunehmen ist, nach der nach § 51a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) berechneten Einkommensteuer oder der festgesetzten Körperschaftsteuer für Veranlagungszeiträume ab 1998, vermindert um die an-zurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer, wenn ein positiver Betrag verbleibt.

2. Im Streitfall wurde die Körperschaftsteuer gegen die Klägerin infolge der gemäß § 27 Abs. 1

KStG 1999 hergestellten Ausschüttungsbelastung auf einen negativen Betrag festgesetzt. Der hierauf nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 berechnete und festzusetzende Soli-daritätszuschlag beträgt dennoch null. Die Errechnung und Festsetzung eines negativen Be-trages auch für den Zuschlag scheidet wegen der im letzten Halbsatz des § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 enthaltenen Begrenzung auf einen positiven Betrag aus. Das ergibt sich zweifelsfrei aus dem Regelungswortlaut. Die Begrenzung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG 1995 könnte sich danach zwar - das ist der Vorinstanz einzuräumen - im Falle der Veranlagung zur Körperschaftsteuer nur auf den Unterschiedsbetrag zwischen der festge-setzten Steuer und der Minderung um die anzurechnende oder vergütete Körperschaftsteuer und nicht auch auf die nach Maßgabe der §§ 27 bis 43 KStG 1999 ermittelte und entspre-chend festgesetzte Steuer selbst beziehen. Auch bei einem solchen Verständnis brächte die Begrenzung aber zugleich zum Ausdruck, daß die festgesetzte Körperschaftsteuer nur inso-fern als Bemessungsgrundlage für den Zuschlag maßgebend ist, als sie ihrerseits auf einen positiven Betrag lautet. Denn andernfalls - wenn bereits die festgesetzte Steuer infolge einer Körperschaftsteuerminderung negativ wäre - könnte nach einer weiteren Minderung um die erwähnten Positionen kein positiver Betrag mehr “verbleiben” (im Ergebnis ebenso z.B. Rekow in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, SolZG 1995 Rz. 75; Dötsch in Dötsch/ Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, SolZG 1995 Rz. 6). Dem entspricht der - mögliche - Regelungsgrund des Begrenzungsvorbehalts, der verhindern soll, daß u.U. bei Ausschüttung vor 1995 gebildeter Rücklagen der Körperschaft, die noch nicht mit Solidaritätszuschlägen belastet waren, dennoch Zuschläge an den Anteilseigner zu erstatten wären (vgl. Dötsch, ebenda; s. aber auch die dagegen erhobenen Einwände von Bock/ Edhofer, GmbHR 2003, 1147, 1148). Daß dadurch in anderen Fällen - und so nach den Feststellungen des FG wohl auch im Streitfall - infolge der Begrenzung überschießende Wir-kungen eintreten können, indem der Solidaritätszuschlag bei der ausschüttenden Körper-schaft definitiv und außerdem beim Anteilseigner erhoben wird (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 29.11.2000 I R 67/00, BFHE 194, 81, BStBl II 2001, 358; Dötsch in Dötsch/Eversberg/ Jost/Witt, a.a.O., SolZG 1995 Rz. 14; Bock/Edhofer, GmbHR 2003, 1147, 1148 f.), wurde vom Gesetzgeber erkennbar zugunsten eines pauschalen und groben, ggf. auch fiskalisch moti-vierten Zuschlagsystems hingenommen. Das mag aus rechtspolitischer Sicht zu mißbilligen

Page 58: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 58 Heft 1/2005

sein (Bock/Edhofer, ebenda), läßt sich de lege lata im Wege der Regelungsauslegung jedoch nicht verhindern.

3. Da das FG einen abweichenden Rechtsstandpunkt eingenommen hat, war sein Urteil aufzu-

heben. Die Klage war abzuweisen.“ Letztmalige Anwendung des Anrechnungsverfahrens und erst-malige Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens; Übergangs-regelung (§§ 34 bis 38 KStG n.F.)

BKPV 11/2005

BMF-Schreiben vom 6.11.2003 - IV A 2 - S 1910 - 156/03 (BStBl 2003 I S. 575) „Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten für den Über-gang zum neuen Körperschaftsteuerrecht die nachfolgenden Grundsätze: A. Letztmalige Anwendung des Anrechnungsverfahrens und erstmalige Anwendung des Halb-

einkünfteverfahrens I. Grundsätzliches

1 Die Vorschriften des KStG n.F. (KStG n.F. = KStG 2002, KStG a.F. = KStG 1999 ) sind bei der Be-steuerung von Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Allgemeinen (ins-besondere hinsichtlich der Einkommensermittlung und des Steuersatzes) grundsätzlich erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 (§ 34 Abs. 1 KStG n.F.) und bei einem vom Kalenderjahr abweichen-den Wirtschaftsjahr 2000/2001 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 (§ 34 Abs. 2 KStG n.F.) anzuwenden. Im Einzelnen bedeutet dies: 1. Erstmalige Anwendung für den Veranlagungszeitraum 2001

2 Das neue Recht ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 anzuwenden, wenn – das Wirtschaftsjahr der Körperschaft dem Kalenderjahr entspricht, – es sich um eine in 2001 gegründete Gesellschaft handelt, – das Wirtschaftsjahr in 2001 wirksam von einem kalenderjahrgleichen auf ein vom Kalenderjahr ab-

weichendes Wirtschaftsjahr umgestellt worden ist oder – das Wirtschaftsjahr in 2000 wirksam von einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr

auf ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr umgestellt worden ist.

3 Voraussetzung dafür, dass die Umstellung des Wirtschaftsjahrs auch steuerlich wirksam ist, sind eine Satzungsänderung bei der Körperschaft, sowie das Wirksamwerden sonstiger ggf. mit der Umstellung verbundener Rechtsakte (insbesondere der Eintragung in das Handelsregister) bis zum Ende des ge-planten Rumpf-Wirtschaftsjahrs. 2. Erstmalige Anwendung für den Veranlagungszeitraum 2002

4 Das neue Recht ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 anzuwenden, wenn die Körperschaft ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr 2000/2001 hat. Das gilt auch, wenn in 2001 das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr wirksam auf ein dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr umgestellt worden ist (siehe hierzu Rdnr. 3).

Page 59: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 59

II. Letztmalige Herstellung der Ausschüttungsbelastung nach dem Vierten Teil des KStG a.F. - erstmalige Minderung und Erhöhung der Körperschaftsteuer nach §§ 37 und 38 KStG n.F.

5 Die Ausschüttungsbelastung nach dem Vierten Teil des KStG a.F. ist letztmals herzustellen für

– Gewinnausschüttungen, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden

Gewinnverteilungsbeschluß für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr beruhen und die in dem ersten Wirtschaftsjahr erfolgen, für das neues Recht gilt (§ 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 KStG n.F.). Das gilt für verspätet beschlossene Vorabausschüttungen entsprechend.

– andere Ausschüttungen und sonstige Leistungen, die in dem letzten Wirtschaftsjahr erfolgen, für

das altes Recht gilt (§ 34 Abs. 12 Satz 1 Nr. 2 KStG n.F.).

6 Offene Gewinnausschüttungen, für die noch die Ausschüttungsbelastung herzustellen ist, werden im Rahmen der §§ 27 und 38 KStG n.F. nicht als Leistungen berücksichtigt.

7 Eine Leistung ist erfolgt, wenn bei der Körperschaft die entsprechenden Mittel abgeflossen sind. Die Gewinnausschüttung ist noch nicht verwirklicht, wenn offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Kapitalgesellschaft lediglich als Verpflichtung gegenüber dem Anteilseigner passiviert werden. Der Abfluß der Gewinnausschüttung erfolgt erst mit der tatsächlichen Zahlung an die Gesellschafter oder aber mit dem Untergang der Verbindlichkeit in anderer Weise (Aufrechnung, Erlaß, usw.). Eine Ge-winnausschüttung kann auch in der Umwandlung eines Dividendenanspruchs in eine Darlehensforde-rung bestehen. Auf den Zufluß beim Anteilseigner im Sinne von § 11 EStG bzw. § 44 EStG kommt es nicht an.

8 Fließt eine auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbe-schluß beruhende Gewinnausschüttung für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr erst in einem späteren als dem ersten Wirtschaftsjahr ab, für das neues Recht gilt (verspätet abfließende Gewinnausschüttung), ist die Ausschüttungsbelastung nach dem KStG a.F. nicht mehr herzustellen. Das gilt auch, wenn die Gewinnausschüttung bereits vor Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs, für das neues Recht gilt, beschlos-sen worden ist. Entsprechendes gilt für Vorabausschüttungen, die in dem letzten Wirtschaftsjahr, für das altes Recht gilt, beschlossen worden sind, die aber erst nach Ablauf des letzten Wirtschaftsjahrs, für das altes Recht gilt, abfließen. III. Erhöhter Steuersatz von 40 % oder 45 % nach § 34 Abs. 12 Satz 2 ff. KStG n.F.

9 Beziehen unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften, deren Leistungen bei den Empfängern zu Ein-nahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG a.F. führen, ihrerseits derartige Einnahmen, so werden diese Einnahmen zuzüglich der Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG i.d. Fassung des Gesetzes vom 24.3.1999 (EStG a.F.), für die bei der ausschüttenden Körperschaft der Teilbetrag EK 45 oder EK 40 als verwendet gilt, bei der Empfängerin mit 45 % bzw. mit 40 % Körperschaftsteuer bela-stet.

10 Die ausschüttende Körperschaft hat in der der Empfängerin zu erteilenden Steuerbescheinigung als Einnahme im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG das verwendete EK 45 bzw. EK 40 zuzüglich des darauf entfallenden Körperschaftsteuer-Minderungsbetrags (EK 45: 70/55 des mit dem EK 45 ver-rechneten Betrags; EK 40: 70/60 des mit dem EK 40 verrechneten Betrags) anzusetzen. Ist in der Steuerbescheinigung eine Verwendung von EK 45 nicht bescheinigt, auch nicht als Nullbetrag, dann gilt die gesamte Leistung als Leistung, für die der Teilbetrag EK 45 als verwendet gilt (siehe § 44 Abs. 1 Nr. 6 KStG a.F.).

11 Für andere Körperschaften und Personenvereinigungen (z.B. Betriebe gewerblicher Art) ist der erhöhte Steuersatz von 45 % bzw. 40 % nicht anzuwenden. Auf steuerbefreite Körperschaften und Personenvereinigungen im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist der erhöhte Steuersatz von 45 % bzw. 40 % nicht anzuwenden, soweit die Einnahmen in einem wirt-schaftlichen Geschäftsbetrieb anfallen, für den die Steuerbefreiung ausgeschlossen ist (§ 34 Abs. 12 Satz 5 und 8 KStG n.F.).

Page 60: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 60 Heft 1/2005

12 Bei der Anwendung des § 34 Abs. 12 Satz 2 ff. KStG n.F. ist es unerheblich, ob die Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG a.F. den Einkünften aus Kapitalvermögen oder nach § 20 Abs. 3 EStG einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind.

13 Liegen Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG a.F. vor, für die teilweise das EK 45 und teilweise das EK 40 als verwendet gilt und ist das Einkommen niedriger als die Summe dieser Einnah-men, die den erhöhten Steuersätzen unterliegen, ist auf das Einkommen vorrangig der erhöhte Steuer-satz von 45 % anzuwenden. Auf ein dann evtl. noch verbleibendes Einkommen ist der erhöhte Steuer-satz von 40 % anzuwenden (§ 34 Abs. 12 Satz 7 KStG n.F.).

14 Beispiel: Die M-GmbH und ihre Tochtergesellschaft, die T-GmbH, haben ein kalenderjahrgleiches Wirtschafts-jahr. Die T-GmbH beschließt und leistet in 2001 eine offene Gewinnausschüttung für 2000 und weist in der der M-GmbH ausgestellten Steuerbescheinigung Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.H.v. jeweils 35.000 aus dem EK 45 und aus dem EK 40 aus. Das zu versteuernde Einkommen der M-GmbH in 2001 beträgt 60.000. Zu versteuerndes

Einkommen 2001 der M-GmbH 60.000

Festzusetzende KSt 2001 der M-GmbH

Davon unterliegen einem erhöhten Steuersatz i.H.v. 45 % Einnahmen i.H.v. 50.000 (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG; (35.000 x 10/7))

50.000 x 45 %

22.500

Davon unterliegen einem erhöhten Steuersatz i.H.v. 40 % Einnahmen i.H.v. 50.000 (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG; (35.000 x 10/7)); maximal 10.000

10.000 x 40 %

4.000

Verbleibendes zu versteuerndes Einkommen, das einem KSt-Satz von 25 % unterliegt

0

0

26.500 Entwicklung Eigenkapitalgliederung M-GmbH zum 31.12.2000: EK 45 EK 40

Zugang (§ 36 Abs. 2 Satz 2 KStG n.F) 27.500 (50.000 - 22.500)

6.000 (10.000 - 4.000)

Anschließend erfolgt die Umgliederung nach § 36 KStG n.F.

15 In Organschaftsfällen ist der erhöhte Steuersatz für durch die Organgesellschaft vereinnahmte Bezüge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG a.F. bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer des Or-ganträgers zu berücksichtigen. Das gilt auch, wenn der Organträger bereits unter neues Recht, die Or-gangesellschaft aber noch unter altes Recht fällt.

16 Die empfangende Körperschaft kann die nach § 34 Abs. 12 Satz 2 ff. KStG n.F. nachversteuerten Be-träge ihrerseits nicht für eine Ausschüttung oder sonstige Leistung verwenden, die mit dem verwendba-ren Eigenkapital auf den Schluß des Wirtschaftsjahrs, für das letztmals das KStG a.F. anzuwenden ist, verrechnet werden. Die Verrechnung dieser Ausschüttungen mit dem verwendbaren Eigenkapital er-folgt vielmehr vor Berücksichtigung der Zugänge zum verwendbaren Eigenkapital aus den nach § 34 Abs. 12 Satz 2 ff. KStG n.F. nachversteuerten Beträgen.

Page 61: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 61

B. Übergangsregelungen (§§ 36 bis 38 KStG n.F.) I. Allgemeines

17 Der Systemwechsel vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren sieht einen 18-jährigen (Durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 16.5.2003 (BGBl 2003 I S. 660) wurde der Über-gangszeitraum von 15 auf 18 Jahre verlängert) Übergangszeitraum vor. Während dieser Zeit kann au-ßerhalb des Moratoriums (Rdnr. 32) ein Körperschaftsteuerguthaben aus der Differenz zwischen The-saurierungsbelastung und Ausschüttungsbelastung der Altgewinne aus der Zeit des Anrechnungsver-fahrens bei ordnungsgemäßen Gewinnausschüttungen in vereinfachter Form geltend gemacht werden (§ 37 KStG n.F.). Gilt während des Übergangszeitraums unbelastetes EK 02 als für eine Ausschüttung verwendet, führt dies nach § 38 KStG n.F. zu einer Körperschaftsteuererhöhung. II. Feststellung der Endbestände nach § 36 KStG

18 Die Feststellung der Endbestände nach § 36 KStG hat für die Besteuerung folgende Bedeutung: – Aus dem positiven EK 40 wird nach § 37 KStG n.F. das Körperschaftsteuerguthaben ermittelt. – Ein positives EK 02 kann zu Körperschaftsteuererhöhungen nach § 38 KStG n.F. führen. – Das positive EK 04 geht als Anfangsbestand in das steuerliche Einlagekonto nach § 27 KStG n.F.

ein. Alle anderen Feststellungen von Positiv- und Negativbeträgen dienen der rechnerischen Abstimmung und haben über den Zeitpunkt des Systemwechsels hinaus keine Bedeutung mehr. 1. Feststellungszeitpunkt

19 Nach § 36 Abs. 1 KStG n.F. werden die zum Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandenen Endbe-stände der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach Maßgabe des § 36 KStG n.F. ermittelt und nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. gesondert festgestellt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ermittlung und Feststellung ist – bei einem dem Kalenderjahr entsprechenden Wirtschaftsjahr der 31.12.2000 und – bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr der Schluß des Wirtschaftsjahrs 2000/2001. Auf denselben Zeitpunkt ist letztmals eine gesonderte Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. durchzuführen. 2. Ermittlung der Endbestände Die Endbestände sind gemäß § 36 KStG in den folgenden Schritten zu ermitteln: a) Feststellung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F.

20 Die letztmalige Feststellung der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. (Rdnr. 19) ist Ausgangspunkt und Grundlagenbescheid für die Ermittlung der Endbe-stände nach § 36 KStG n.F. b) Minderung um nach den Regeln des Anrechnungsverfahrens abgewickelte Ausschüttungen

21 Die Teilbeträge nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. sind um Ausschüttungen zu mindern, die noch nach dem Anrechnungsverfahren abgewickelt werden (vgl. Rdnr. 5). Diese Ausschüttungen sind in dem nachrichtlichen Teil der gesonderten Feststellung nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. ausgewie-

Page 62: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 62 Heft 1/2005

sen. Sollte eine Feststellung der Endbestände nach § 36 KStG n.F. zum Zeitpunkt der Ausschüttung bereits durchgeführt sein, ist sie nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. c) Erhöhung um im neuen Recht vereinnahmte Ausschüttungen

22 Die Teilbeträge nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG a.F. sind um Ausschüttungen zu erhöhen, die bei der empfangenden Körperschaft im neuen Recht vereinnahmt werden und für die bei der ausschütten-den Körperschaft EK 45 oder EK 40 verwendet worden ist (vgl. Rdnr. 10). Diese Ausschüttungen unter-liegen bei der empfangenden Körperschaft noch einer Körperschaftsteuer von 45 bzw. 40 % (§ 34 Abs. 12 Satz 2 bis 8 KStG n.F.). Als Zugang zu dem EK 45 und dem EK 40 sind die Nettobeträge nach Abzug der hierauf entfallenden Körperschaftsteuer auszuweisen. Eine bereits durchgeführte Feststel-lung der Endbestände ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu ändern. d) Umgliederung des EK 45

23 Ein positives EK 45 ist in Höhe von 27/22 seines Bestandes in das EK 40 und in Höhe von 5/22 seines Bestandes als Negativbetrag in das EK 02 einzustellen. e) Umgliederung bei negativem EK 0

24 Ist die Summe aus EK 01, EK 02 und EK 03 negativ, so ist sie mit den belasteten Teilbeträgen in der Reihenfolge EK 30, EK 40 zu verrechnen. f) Umgliederung bei positivem EK 0

25 Ist die Summe aus EK 01, EK 02 und EK 03 positiv, werden zunächst EK 01 und EK 03 zu einer Summe zusammengefasst. Ist diese Summe negativ, wird sie mit dem positiven EK 02 verrechnet. Ist diese Summe positiv, wird sie mit dem negativen EK 02 verrechnet. Ist sowohl die Summe aus EK 01 und EK 03 als auch das EK 02 positiv, sind beide Teilbeträge ge-trennt von einander fortzuführen. g) Umgliederung bei negativem belasteten EK

26 Ist entweder das EK 30 oder das EK 40 negativ, sind diese Teilbeträge zunächst untereinander auszugleichen. Ist die Summe von EK 30 und EK 40 negativ, erfolgt vorrangig ein Ausgleich mit positi-vem EK 02. Reicht das EK 02 nicht aus oder ist es negativ, findet ein Ausgleich des negativen belaste-ten EK mit einem eventuell positiven EK 01/03 statt. h) Feststellung der Endbeträge

27 Die ermittelten Teilbeträge sind getrennt auszuweisen und gesondert festzustellen. Nur die Teilbeträge EK 01 und EK 03 sind zusammenzufassen. Die gesonderte Feststellung ist Grundlagenbescheid für die Ermittlung des Körperschaftsteuerguthabens nach § 37 Abs. 1 Satz 1 KStG n.F., für die Feststellung nach § 38 Abs. 1 KStG n.F. (Körperschaftsteuererhöhung) und für die Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 Abs. 1 Satz 2 KStG n.F. i.V.m. § 39 Abs. 1 KStG n.F. i) Sonderausweis

28 Der nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 KStG a.F. gesondert festgestellte Betrag des für Ausschüttungen verwend-baren Teils des Nennkapitals im Sinne des § 29 Abs. 3 KStG a.F. wird nach § 39 Abs. 2 KStG n.F. als Anfangsbestand in die Feststellung nach § 28 Abs. 1 Satz 2 KStG einbezogen.

Page 63: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 63

III. Körperschaftsteuerguthaben und -minderung nach § 37 KStG n.F. 1. Körperschaftsteuerguthaben

29 Das Körperschaftsteuerguthaben wird aus dem nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. festgestellten EK 40 auf den Schluß des Wirtschaftsjahrs, das dem in § 36 Abs. 1 KStG n.F. bezeichneten Wirtschaftsjahr (Rdnr. 19) folgt, ermittelt. Das Guthaben beträgt 1/6 des festgestellten EK 40; es ist auf volle EUR-Be-träge aufzurunden. 2. Entwicklung des Körperschaftsteuerguthabens

30 Das auf den Schluß des jeweils vorangegangenen Wirtschaftsjahrs ermittelte bzw. festgestellte Körperschaftsteuerguthaben mindert sich vorbehaltlich der Ausführungen in den Rdnrn. 32 ff. um 1/6 der Gewinnausschüttungen, die in den folgenden Wirtschaftsjahren erfolgen und die auf einem den ge-sellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Gewinnverteilungsbeschluß beruhen. Zu diesen Gewinnausschüttungen gehören auch ordnungsgemäße Vorabausschüttungen. Sonstige Leistungen, wie z.B. verdeckte Gewinnausschüttungen, Ausgleichszahlungen an außenstehende Anteilseigner und Kapitalherabsetzungen, führen nicht zur Realisierung des Körperschaftsteuerguthabens. Eine Gewinn-ausschüttung ist erfolgt, wenn sie bei der ausschüttenden Körperschaft abgeflossen ist (vgl. Rdnr. 7). 3. Körperschaftsteuerminderung

31 Die Körperschaftsteuerminderung wird bei der ausschüttenden Körperschaft in dem Veranlagungszeit-raum berücksichtigt, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Ausschüttung abfließt. Ist die tarifli-che Körperschaftsteuer für den Veranlagungszeitraum, für den der Minderungsbetrag zu berücksichti-gen ist, geringer als der Minderungsbetrag, ergibt sich eine Körperschaftsteuererstattung. Eine Körperschaftsteuerminderung ist erstmals bei ordnungsmäßigen Gewinnausschüttungen vorzu-nehmen, die in dem zweiten Wirtschaftsjahr erfolgen, für das neues Recht gilt. Zu einer Körperschaftsteuerminderung kann es darüber hinaus auch in Fällen des § 40 Abs. 3 und 4 KStG n.F. und den §§ 10, 14 und 16 UmwStG kommen. In diesen Fällen können sich Besonderheiten ergeben (auf die gesondert ergehenden BMF-Schreiben zur Liquidationsbesteuerung bzw. zu den Än-derungen des Umwandlungssteuerrechts wird hingewiesen). 4. Änderungen durch das Steuervergünstigungsabbaugesetz a) Moratorium

32 Für Gewinnausschüttungen, die nach dem 11.4.2003 und vor dem 1.1.2006 erfolgen, ist gem. § 37 Abs. 2 a Nr. 1 KStG i.d. Fassung des Steuervergünstigungsabbaugesetzes - StVergAbG - (BGBl 2003 I S. 660) eine Körperschaftsteuerminderung nicht zu berücksichtigen (Moratorium). Für alle Gewinnaus-schüttungen, die vor dem 12.4.2003 erfolgt sind und für Gewinnausschüttungen, die vor dem 21.11.2002 beschlossen worden sind und erst nach dem 11.4.2003 aber vor dem 1.1.2006 erfolgen, ist das Moratorium nicht anzuwenden. Eine Körperschaftsteuerminderung ist in diesen Fällen weiterhin nach den Regelungen des § 37 KStG 2002 zu berücksichtigen. b) Höchstbetrag

33 Für Gewinnausschüttungen, die nach dem 31.12.2005 erfolgen, ist die Körperschaftsteuerminderung von 1/6 des Betrages der Gewinnausschüttung auf einen jährlichen Höchstbetrag begrenzt. Ausgangs-größe ist das festgestellte Körperschaftsteuerguthaben zum Schluß des der Gewinnausschüttung vo-rangegangenen Wirtschaftsjahrs. Dieses Körperschaftsteuerguthaben ist durch die Anzahl der verblei-benden Wirtschaftsjahre, für die eine Körperschaftsteuerminderung gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 KStG i.d. Fassung des StVergAbG noch in Betracht kommt (grundsätzlich: 18 abzüglich seit Geltung des KStG n.F. abgelaufene Wirtschaftsjahre), zu teilen.

Page 64: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 64 Heft 1/2005

c) Ausnahmen

34 § 37 Abs. 2 a KStG i.d. Fassung des StVergAbG (Rdnr. 32 und 33) ist bei Liquidationen und bei Vermögensübertragungen durch Verschmelzung sowie durch Auf- oder Abspaltung und bei Formwech-sel von einer Körperschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person (§§ 3 bis 10, 14, 16 UmwStG) nicht anzuwenden (§ 40 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 10 Satz 2 UmwStG). 5. Nachsteuer nach § 37 Abs. 3 KStG n.F.

35 Erhält eine Körperschaft Bezüge, die bei ihr nach § 8 b Abs. 1 KStG n.F. außer Ansatz bleiben und die bei der leistenden Körperschaft zu einer Minderung der Körperschaftsteuer geführt haben, erhöht sich bei ihr die Körperschaftsteuer und das Körperschaftsteuerguthaben um den auf sie entfallenden Betrag der Minderung bei der leistenden Körperschaft.

36 Nachsteuerpflichtig sind unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften und Personenvereinigungen, de-ren Leistungen bei den Empfängern zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG gehören. Nicht nachsteuerpflichtig sind damit insbesondere juristische Personen des öffentlichen Rechts, Anstalten, Stiftungen und ausländische Körperschaften, die mit den Einkünften aus einer inlän-dischen Betriebsstätte der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterliegen. Nicht nachsteuerpflichtig sind auch von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermö-gensmassen, wenn die Gewinnausschüttungen im steuerfreien Bereich zufließen. Bei gemeinnützigen Körperschaften i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG gilt dies auch, wenn die Einnahmen in einem steuer-pflichtigen Geschäftsbetrieb anfallen.

37 Ist Empfänger eine Personengesellschaft, fällt eine Nachsteuer an, soweit eine nachsteuerpflichtige Körperschaft an ihr beteiligt ist. Dabei wird die Nachsteuer nicht auf der Ebene der Personengesell-schaft erhoben, sondern bei der nachsteuerpflichtigen Körperschaft.

38 Ist Empfänger der Ausschüttung eine Organgesellschaft, ist die Nachsteuer bei dem Organträger zu er-heben, wenn dieser eine nachsteuerpflichtige Körperschaft ist. Ist der Organträger eine Personenge-sellschaft, gelten die Ausführungen in Rdnr. 37.

39 Die leistende Körperschaft hat der Empfängerin nach § 37 Abs. 3 Satz 4 KStG n.F. eine Bescheinigung auszustellen.

40 Das aus der Nachsteuer entstehende Körperschaftsteuerguthaben erhöht den Bestand zum Schluß des Wirtschaftsjahrs des Zuflusses und kann deshalb erst bei einer Ausschüttung in den Folgejahren reali-siert werden. IV. Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG n.F. 1. Allgemeines

41 Eine Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG n.F. kann sich nur ergeben, wenn ein positiver End-bestand des EK 02 nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. festgestellt worden ist. Ein negativer Endbestand hat keine steuerliche Bedeutung. Eine Körperschaftsteuererhöhung kommt auch in Fällen des § 40 Abs. 3 und 4 KStG n.F. und der §§ 10, 14 und 16 UmwStG in Betracht.

42 Zu einer Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG n.F. kann es - anders als bei der Körperschaft-steuerminderung nach § 37 KStG n.F. - erstmals bereits im ersten Jahr, in dem neues Recht gilt, kom-men. In den Fällen in denen nach § 34 Abs. 12 KStG n.F. die Ausschüttungsbelastung letztmals herzu-stellen ist (Rdnr. 5 f.), ist die Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 KStG ausgeschlossen. 2. Leistungen, die zu einer Körperschaftsteuererhöhung führen

43 Die Körperschaftsteuererhöhung tritt für den Teil der Leistungen ein, für den EK 02 als verwendet gilt. Maßgebend ist der Bestand des EK 02 zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs. Es kann

Page 65: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 65

dadurch bei Vorabausschüttungen zu einer Körperschaftsteuererhöhung kommen, auch wenn der Ge-winn des Wirtschaftsjahrs, für das ausgeschüttet wird, für die Ausschüttung ausreicht.

44 Leistungen sind alle Auskehrungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben einschließlich der Rückzahlung von Nennkapital und der Einlagenrückgewähr.

45 Für die Rechnung nach § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG sind alle Leistungen eines Wirtschaftsjahrs zusam-menzufassen. Ausgenommen sind Leistungen, die noch unter das Anrechnungsverfahren fallen (vgl. Rdnr. 6). Die Verwendung des Betrages im Sinne des § 36 Abs. 7 KStG bzw. § 38 Abs. 1 KStG ist nach der fol-genden Differenzrechnung zu ermitteln: Eigenkapital laut Steuerbilanz ./. gezeichnetes Kapital ./. positiver Bestand des steuerlichen Einlagekontos

ausschüttbarer Gewinn ./. zum Schluß des Wirtschaftsjahrs festgestellter Betrag nach § 38 Abs. 1 KStG

verminderter ausschüttbarer Gewinn ./. Leistungen

Differenz Ist die Differenz positiv, kommt eine Körperschaftsteuererhöhung nicht in Betracht. Ist die Differenz ne-gativ, gilt insoweit EK 02 als für die Leistungen verwendet (vgl. § 38 Abs. 1 Satz 4 KStG n.F.), höch-stens jedoch bis zur Höhe von 7/10 seines Bestands. 3. Betrag der Körperschaftsteuererhöhung

46 Die Körperschaftsteuererhöhung beträgt 3/7 des Betrags der Leistungen, für die ein Teilbetrag des EK 02 als verwendet gilt. Die Körperschaftsteuer wird für den Veranlagungszeitraum erhöht, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem die Leistung abgeflossen ist. Die Körperschaftsteuererhöhung ist erstmals vorzunehmen für Leistungen nach Ablauf des letzten Wirtschaftsjahrs, für das altes Recht gilt (vgl. aber Rdnr. 5 f.). 4. Fortentwicklung des Endbestands des EK 02

47 Der nach § 36 Abs. 7 KStG n.F. festgestellte Betrag des EK 02 ist auf den Schluss jedes folgenden Wirtschaftsjahrs fortzuentwickeln und gesondert festzustellen. Gilt für eine Leistung EK 02 als verwen-det, wird der festgestellte Betrag des EK 02 um den Betrag dieser Leistung und zusätzlich um den Be-trag der Körperschaftsteuererhöhung gemindert, höchstens aber bis zum Verbrauch des EK 02. V. Mehrfachverwendung

48 Eine Gewinnausschüttung kann gleichzeitig eine Körperschaftsteuerminderung, eine Körperschaftsteu-ererhöhung und eine Minderung des Einlagekontos auslösen.

Page 66: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 66 Heft 1/2005

Beispiel: Zum 31.12.2001 sind in der Steuerbilanz folgende Eigenkapitalbestände ausgewiesen: Nennkapital 30.000Kapitalrücklage 130.000Gewinnvortrag 120.000Jahresfehlbetrag - 20.000Summe Eigenkapital 260.000 Ferner haben sich zum 31.12.2001 folgende Bestände i.S. des §§ 27, 37 und 38 KStG n.F. ergeben: Körperschaftsteuerguthaben 5.000Bestand EK 02 50.000Steuerliches Einlagekonto 180.000 Im Wirtschaftsjahr 2002 beschließt die Gesellschafterversammlung eine offene Gewinnausschüttung für das Wirtschaftsjahr 2001 i.H.v. 100.000.

Page 67: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 67

Lösung: Es ergeben sich folgende Auswirkungen auf die KSt-Festsetzung für den Veranlagungszeitraum 2002 aufgrund der Ausschüttung: KSt

Körperschaftsteuerminderung (§ 37 KStG n.F.) 1/6 von 100.000, höchstens jedoch Bestand des Guthabens

- 5.000

Körperschaftsteuererhöhung (§ 38 KStG n.F.) Leistungen i.S. des § 38 KStG n.F.

100.000

Eigenkapital laut Steuerbilanz 260.000 ./. Nennkapital - 30.000 ./. Steuerliches Einlagekonto - 180.000

= ausschüttbarer Gewinn i.S. des § 27 KStG n.F. 50.000 ./. Bestand des EK 02 - 50.000

= verminderter ausschüttbarer Gewinn 0 - 0 (§ 38 KStG n.F.) Differenz 100.000

führt zur Minderung des EK 02-Bestandes, höchstens jedoch bis zur Höhe von 7/10 des EK 02-Bestands zum 31.12.2001

35.000

daraus resultierende KSt-Erhöhung, = 3/7 der Verwendung EK 02 i.H.v. 35.000

15.000

Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzung + 10.000 Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2001 180.000 Verwendung steuerliches Einlagekonto (§ 27 KStG n.F.) Leistungen i.S. des § 27 KStG n.F. 100.000 Eigenkapital laut Steuerbilanz 260.000 ./. Nennkapital - 30.000 ./. Steuerliches Einlagekonto - 180.000

= ausschüttbarer Gewinn i.S. des § 27 KStG n.F. 50.000 - 50.000 Differenz 50.000

Verwendung und Minderung des steuerlichen Einlagekontos, höchstens jedoch bis zum obigen Bestand

- 50.000

Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2002 130.000 Fälle dieser Art treten dann auf, wenn das verwendbare Eigenkapital laut Steuerbilanz durch Verluste, Vorabausschüttungen oder verdeckte Gewinnausschüttungen aufgezehrt worden ist. Gewillkürtes Betriebsvermögen bei Einnahmenüberschußrech-nung

BKPV 12/2005

BFH-Urteil vom 2.10.2003 - IV R 13/03 (DStR 50/2003, S. 2156)

Page 68: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 68 Heft 1/2005

Leitsätze: „1. Die Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) steht der Bildung

gewillkürten Betriebsvermögens nicht entgegen (Änderung der Rechtsprechung; zuletzt: BFH-Ur-teil vom 7.10.1982 IV R 32/80, BFHE 137 S. 19, BStBl 1983 II S. 101)

2. Die Zuordnung eines gemischt genutzten Wirtschaftsguts zum gewillkürten Betriebsvermögen

scheidet aus, wenn das Wirtschaftsgut nur in geringfügigem Umfang betrieblich genutzt wird und daher zum notwendigen Privatvermögen gehört. Als geringfügig ist ein betrieblicher Anteil von we-niger als 10 v.H. der gesamten Nutzung anzusehen.

3. Bei der Einnahmenüberschußrechnung ist die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum gewillkürten

Betriebsvermögen in unmißverständlicher Weise durch entsprechende, zeitnah erstellte Aufzeich-nungen auszuweisen.“

Gewinnzuschlag bei Ansparrücklage nach § 7g Abs. 5 EStG und Reinvestitionsrücklage nach § 6b Abs. 7 EStG

BKPV 13/2005

OFD Koblenz, Verfügung vom 28.1.2004 - S 2139 b A (DB 2004 S. 461) „Nach der Kurzinformation Nr. 20/03 vom 27.3.2003, S 2183 b A bestanden keine Bedenken, Ein-spruchsverfahren im Hinblick auf das beim BFH unter dem Aktenzeichen X R 71/01 anhängige Revisi-onsverfahren ruhen zu lassen und ggf. Aussetzung der Vollziehung zu gewähren. Der BFH hat die Revision mit Beschluß vom 15.5.2002, X R 71/01 (BFH/NV 2002 S. 1320) aus formel-len Gründen (Versäumnis des Antrags auf Fristverlängerung für die Revisionsbegründung nach § 120 Abs. 2 FGO) verworfen. Soweit noch nicht geschehen, soll die Bearbeitung entspr. ruhender Ein-spruchsverfahren wieder aufgenommen werden. Dabei und auch bei allen erstmaligen Entscheidungen ist weiterhin die Auffassung zu vertreten, daß auch bei unterjähriger Auflösung einer Ansparrücklage der Gewinnzuschlag für ein volles Wirtschaftsjahr anzusetzen ist. Zur Begründung können die BFH-Urteile vom 26.10.1989, IV R 83/88 (BStBl 1990 II S. 290) und vom 6.3.2003, IV R 23/01 (BFH/NV 2003 S. 1360) herangezogen werden. In dem Urteil vom 6.3.2003 hatte der IV. Senat zwar nicht über den Gewinnzuschlag nach § 7 g Abs. 5 EStG zu entscheiden. Im Rahmen der Entscheidungsgründe hat er sich jedoch auch hierzu geäußert und ausgeführt, daß eine gebildete Ansparrücklage nicht während eines Wirtschaftsjahres aufgelöst werden kann und der Zuschlag von 6 % sich auf ein volles Wirtschaftsjahr bezieht. Bei der Auflösung von Rücklagen nach § 6 c EStG ist die gleiche Auffassung zu vertreten.“ Grundstück als wesentliche Betriebsgrundlage im Rahmen ei-ner Betriebsaufspaltung

BKPV 14/2005

BFH-Urteil vom 11.2.2003, IX R 43/01 (NV) (BFH/NV 2003 S. 910) Leitsatz: „Ein Grundstück ist wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet, und zwar auch dann, wenn es für den jeweili-gen Unternehmenszweck der Betriebsgesellschaft nicht besonders gestaltet wurde (Anschluß an BFH-Urteil vom 23.5.2000 VIII R 11/99, BFHE 192 S. 474, BStBl 2000 II S. 621) - Urt.; BFH 11.2.2003, IX R 43/01 (NV), BFH/NV 2003 S. 910.“

Page 69: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 69

Sachverhalt: „I. Die Beteiligten streiten über die objektiven Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung.

Die Kläger und Revisionsbeklagen (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Sie sind je zur Hälfte an einer GmbH beteiligt, die eine Goldschmiede- und Feinmechanikwerkstatt betreibt. Die GmbH, deren Geschäftsführer der Kläger ist, stellt neben Ein-zelschmuckstücken für einen festen Kundenkreis im Wesentlichen chirurgische Präzisionsgeräte für Augenoperationen her. Hierbei handelt es sich um etwa faustgroße Mechanikgeräte zur opera-tiven Abtrennung der Augenhornhaut, die die GmbH aufgrund einer vertraglichen Dauerbeziehung an einen Arzt verkauft. Die GmbH produziert mit Handwerkzeugen und kleinen Tischgeräten. Die Werkzeuge sind zum Teil an den Wänden befestigt. Bei den Präzisionsgeräten zum Schleifen, Sä-gen, Schneiden und Fräsen handelt es sich um kleine Tischgeräte. Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das mit einem mehrstöckigen Gebäude bebaut ist. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoß vermieteten sie vom 1.8.1992 bis Anfang 1998 an die GmbH. Ursprünglich (zeitlich vor dem hier streitigen Zeitraum) hatte die GmbH ihr Unternehmen in ange-mieteten Räumen betrieben. Anfang 1998 mietete sie neue Räumlichkeiten und verlegte ihren Be-triebssitz dorthin. Im Erdgeschoß des Hauses befand sich vor der Nutzung durch die GmbH eine Arztpraxis. Nachdem die GmbH ihren Betrieb Anfang 1998 wieder verlegt hatte, vermieteten die Kläger das Erdgeschoß zu Wohnzwecken. Die Kläger erklärten in Bezug auf die Vermietung an die GmbH in den Streitjahren (1992 bis 1995) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Be-klagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) die Auffassung, das verpachtete Grundstück sei wesentliche Betriebsgrundlage, es lägen die Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung vor. Dementsprechend qualifizierte das FA die von den Klägern aus der Vermietung an die GmbH er-zielten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt: Es fehle an einer sachlichen Verflechtung. Die der GmbH überlassenen Räumlichkeiten bildeten keine we-sentliche Betriebsgrundlage, sondern seien für den Betrieb der GmbH lediglich von untergeordne-ter Bedeutung gewesen. Denn die GmbH sei auf keine bestimmten Räumlichkeiten angewiesen. Sie hätte ihr Unternehmen auch ohne Vermietung durch die Kläger ohne einschneidende Ände-rungen in der Organisation an jedem beliebigen Ort fortführen können. Die Produktion sei im We-sentlichen nur mit kleinen Tischgeräten erfolgt, die an jedem Ort hätten aufgestellt werden können. Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur

Entscheidung in der Sache selbst. Die Klage ist abzuweisen. Das FG hat unzutreffend eine sachli-che Verflechtung der Kläger mit der GmbH verneint.

1. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung - sachliche und persönliche Verflechtung

(ständige Rechtsprechung; vgl. den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8.11.1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440, BStBl II 1972, 63) und damit eines gewerblichen Unternehmens i.S. von § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG) - liegen im Streitfall vor. Das ist für die persönliche Verflechtung unstreitig, gilt aber auch für die sachliche Verflechtung. Der vermie-tete Grundstücksteil stellt nach den für die Betriebsaufspaltung geltenden Grundsätzen ent-gegen der Auffassung des FG eine wesentliche Grundlage für den Betrieb der GmbH dar. Eine wesentliche Betriebsgrundlage liegt vor, wenn das Grundstück für die Betriebsgesell-schaft wirtschaftlich von nicht nur geringer Bedeutung ist (BFH-Urteile vom 23.5.2000 VIII R 11/99, BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621; vom 23.1.2001 VIII R 71/98, BFH/NV 2001, 894; vom 2.4.1997 X R 21/93, BFHE 183, 100, BStBl II 1997, 565; BFH-Beschlüsse vom 2.3.2000 IV B 34/99, BFH/NV 2000, 1084; vom 3.4.2001 IV B 111/00, BFH/NV 2001, 1252; vom

Page 70: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 70 Heft 1/2005

19.12.2001 III B 117/00, Steuern und Bilanzen - StuB - 2002, 558; vom 13.7.1998 X B 70/98, BFH/NV 1999, 39; und BFH-Urteil vom 27.8.1998 III R 96/96, BFH/NV 1999, 758). So verhält es sich, wenn der Betrieb auf das Grundstück angewiesen ist, weil er ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden könnte (BFH-Urteile vom 26.5.1993 X R 78/91, BFHE 171, 476, BStBl II 1993, 718; in BFHE 183, 100, BStBl II 1997, 565; in BFHE 192, 474, BStBl II 2000, 621; vgl. dazu auch G. Söffing, Die Betriebsaufspaltung, 2. Aufl., 2001, S. 70 ff.; Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 15 Rz. 811 ff., m.w.N.). Eine be-sondere Gestaltung für den jeweiligen Unternehmenszweck der Betriebsgesellschaft (bran-chenspezifische Herrichtung und Ausgestaltung) ist nicht erforderlich; notwendig ist allein, daß das Grundstück die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft bildet und es ihr ermöglicht, ihren Geschäftsbetrieb aufzunehmen und auszuüben (BFH-Urteile vom 19.3.2002 VIII R 57/99, BFHE 198, 137, BStBl 2002, 662, unter II. B. 2. b bb, m.w.N., und vom 18.9.2002 X R 4/01, BFH/NV 2003, 41).

2. Nach diesen Grundsätzen stellt der von den Klägern der GmbH zur Nutzung überlassene

Grundstücksteil eine wesentliche, die sachliche Verflechtung begründende Betriebsgrundlage bei der GmbH dar. Das Gebäude ist für die GmbH von nicht nur geringer wirtschaftlicher Be-deutung, weil sie es für ihre Goldschmiede- und Feinmechanikwerkstatt benötigte. Der ange-mietete Gebäudeteil der Kläger war für diesen Zweck geeignet und bildete die räumliche und funktionale Grundlage für die Geschäftstätigkeit der GmbH. Es kommt entgegen der Auffassung des FG nicht darauf an, daß das Goldschmiede- und Feinmechanikunternehmen der GmbH auch von einem anderen gemieteten Grundstück aus hätte betrieben werden können und daß die GmbH bereits zweimal ihren Betriebssitz verlegt hat. Denn jedenfalls ist ein bebautes Grundstück für die Betriebsführung der GmbH unent-behrlich (vgl. dazu BFH in BFH/NV 2003, 41, 43 unter II. 1. b ee). Abweichend davon hat das FG maßgebend darauf abgestellt, daß der vermietete Gebäudeteil für das Unternehmen der GmbH von untergeordneter Bedeutung sei, weil die GmbH auf keine bestimmten Räumlichkeiten angewiesen sei und sie auch ohne den ihr von den Klägern überlassenen Gebäudeteil an einem anderen Ort ihr Unternehmen hätte fortführen können. Damit hat das FG die wirtschaftliche Bedeutung des Grundstücks für den Betrieb der GmbH nicht zutreffend erfaßt. Hierin liegt ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt.

3. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Die angefochtenen Einkommensteuerbe-scheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten. Zutreffend hat das FA die Einkünfte der Kläger als solche aus Gewerbebetrieb qualifiziert.“

Rücknahme eines Entstrickungsantrags nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG

BKPV 15/2005

OFD Koblenz, Verfügung vom 13.1.2003 - S 1978 A (DStR 2003 S. 250) „Nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG findet bei sog. einbringungsgeborenen Anteilen eine Aufdek-kung der stillen Reserven statt, wenn der Anteilseigner dies beantragt. Mit Eingang des Antrags bei dem FA wird der Antrag grundsätzlich wirksam, d. h. auf diesen Stichtag gelten die Anteile als veräu-ßert. Der Anteilseigner kann in dem Antrag auch einen zukünftigen Zeitpunkt bestimmen. Eine Rückbe-ziehung des Antrags auf einen Tag vor dem Eingang des Antrags bei dem FA ist nicht möglich (Rdn. 21.08 des BMF-Schr. vom 25.3.1998, BStBl 1998 I S. 268). Zu der Frage, ob ein solcher Antrag widerrufen werden kann, wird folgende Auffassung vertreten: Der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG kann nicht widerrufen werden. Der Antrag ist eine emp-fangsbedürftige Willenserklärung, die grundsätzlich mit ihrem Zugang bei dem FA wirksam wird. Damit treten gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V. mit Abs. 1 UmwStG die gleichen Rechtsfolgen ein, als hätte der Anteilseigner die Anteile mit Wirksamkeit des Antrags zum gemeinen Wert veräußert. Der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UmwStG ist Tatbestandsmerkmal. Er stellt kein steuerliches Wahlrecht dar, bei dem ein Steuergesetz für einen bestimmten Tatbestand - ausnahmsweise - mehr als eine Rechtsfolge vorsieht und es dem Stpfl. überlassen bleibt, sich für eine dieser Rechtsfolgen zu ent-

Page 71: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 71

scheiden, vielmehr verwirklicht erst der Antrag den Sachverhalt, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (Gleichstellung der Rechtsfolgen mit denen einer Veräußerung). Der durch die Antragstellung verwirklichte Sachverhalt (Veräußerung der Anteile zum gemeinen Wert) kann nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden, da mit der Antragstellung der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 38 AO entstanden ist und eine rückwirkende Gestaltung des Sach-verhalts mit steuerrechtlicher Wirkung gesetzlich nicht vorgesehen ist. Nur in den Fällen, in denen der Antrag für einen zukünftigen Zeitpunkt gestellt worden ist, der nach dem Eingang des Antrags beim zuständigen FA liegt, kann er noch bis zu dem Zeitpunkt zurückgenommen werden, in dem er wirken soll. Auch die Grundsätze von Treu und Glauben begründen kein Widerrufsrecht des Stpfl.“ Vermietung von Büro- und Verwaltungsgebäuden durch juristi-sche Personen des öffentlichen Rechts an ihren Betrieb ge-werblicher Art

BKPV 16/2005

vgl. BKPV 26/2003 1) OFD Frankfurt 22.7.2003 - S 2706 A - 46 - St II 13 (DStR 2003 S. 2116) „Miet- und Pachtverträge zwischen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) und ihrem Betrieb gewerblicher Art (BgA) sind nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn es sich bei den überlassenen Wirtschaftsgütern nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen des BgA handelt (Abschn. 28 Abs. 4 KStR 1995). Zur Beurteilung, ob eine wesentliche Betriebsgrundlage überlassen wird, sind die zur Betriebsaufspal-tung aufgestellten Grundsätze hinsichtlich der sachlichen Verflechtung heranzuziehen. Durch das BFH-Urteil vom 23.5.2000 (BStBl 2000 II S. 621) wurde die Rechtsprechung zur sachlichen Verflechtung dahingehend verschärft, daß nunmehr auch Büro- und Verwaltungsgebäude eine wesent-liche Betriebsgrundlage darstellen können, wenn das Büro- und Verwaltungsgebäude für die Ge-schäftstätigkeit der Betriebsgesellschaft nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Davon ist bei der Anmietung durch die Betriebsgesellschaft regelmäßig auszugehen, wenn diese das Büro- und Verwal-tungsgebäude für die Geschäftstätigkeit benötigt, es für betriebliche Zwecke der Betriebsgesellschaft geeignet und wirtschaftlich nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Nach diesen Grundsätzen sind auch bei der Beurteilung von Miet- und Pachtverhältnissen zwischen ei-ner jPdöR und ihrem BgA Büro- und Verwaltungsgebäude in aller Regel als wesentliche Betriebs-grundlage anzusehen. Solche Miet- und Pachtverträge sind der Besteuerung nicht mehr zugrunde zu legen. Das überlassene Gebäude ist vielmehr dem Betriebsvermögen des BgA zuzurechnen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 14.3.1984, BStBl 1984 II S. 496). Die wesentlichen Betriebsgrundlagen sind in der Steuerbilanz des BgA mit den Werten zu aktivieren, mit denen die Wirtschaftsgüter zu Buche stehen würden, wenn sie von Anfang an, d.h. vom Zeitpunkt der Nutzung durch den BgA an, als Betriebsvermögen des BgA behandelt worden wären. Dieser Wert entspricht den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten bzw. den historischen Einlagewert abzüglich der Absetzung für Abnutzung. Nach dem BMF-Schreiben vom 11.6.2002 (BStBl 2002 l S. 647) werden die steuerlichen Folgen, die sich aus dem BFH-Urteil vom 23.5.2000 (a.a.O.) ergeben auf Antrag erst für die Zeit nach dem 31.12.2002 gezogen. Wird demnach eine jPdöR über diesen Termin hinaus eine wesentliche Betriebs-grundlage an ihren BgA überlassen, so sind die betreffenden Miet- und Pachtverträge ab dem 1.1.2003 nicht mehr anzuerkennen und das überlassenen Wirtschaftsgut dem Betriebsvermögen des BgA zuzu-ordnen.“

Page 72: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 72 Heft 1/2005

2) OFD Koblenz, Verfügung vom 19.1.2004 - S 2706 A - St 33 1 (Steuereildienst 2004, 282) „Nach der Rundverfügung vom 4.6.2003, S 2706 A - St 34 1 (KSt-Kartei, § 4 Karte A 19), sind (unter Berücksichtigung der Grundsätze des BFH-Urteil vom 23.5.2000, BStBl 2000 II S. 621) auch bei der Beurteilung von Miet- und Pachtverhältnissen zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts und ihren Betrieben gewerblicher Art (BgA) Büro- und Verwaltungsgebäude in aller Regel als wesentli-che Betriebsgrundlagen anzusehen. Auf Grund der Regelung in Abschn. 28 Abs. 4 KStR 1995 sind sol-che Miet- und Pachtverhältnisse daher künftig nicht mehr der Besteuerung zu Grunde zu legen. Das BMF-Schreiben vom 18.9.2001 (BStBl 2001 I S. 634) sieht für den Fall der Annahme einer Be-triebsaufspaltung vor, daß die nachträgliche Bilanzierung von Grundstücken nach den Grundsätzen des o.a. BFH-Urteils beim Besitzunternehmen mit den Werten erfolgt, die zu Buche stehen würden, wenn die Betriebsaufspaltung von Anfang an zutreffend erkannt worden wäre. Zwar lassen sich insoweit weder das BFH-Urteil vom 23.5.2000 noch das BMF-Schreiben vom 18.9.2001 auf das Verhältnis einer Trägerkörperschaft zu ihrem BgA unmittelbar anwenden, da es hier an einem rechtlich verselbstständigten Besitzunternehmen mangelt. Die gebotene analoge Anwendung bedeutet aber in entsprechender Konsequenz, daß hier die nachträgliche Bilanzierung der Grundstücke beim BgA zu dem gleichen steuerlichen Ergebnis führen muß, wie wenn diese Grundstücke bereits von Anfang an bei diesem bilanziert worden wären. Das hat folgende Konsequenzen: – Mit dem entsprechend ermittelten Wert sind Grundstücke, die nach der einschlägigen BFH-Recht-

sprechung nicht mehr Gegenstand eines Miet- oder Pachtverhältnisses sein können, ab 1.1.2003 in der Bilanz des BgA auszuweisen (vgl. auch BMF vom 11.6.2002, BStBl 2002 I S. 647).

– Darlehen/Verbindlichkeiten, die unmittelbar zuordenbar im Zusammenhang mit dem Grundstück

stehen (z.B. Anschaffungsdarlehen), sind entsprechend zu passivieren. – Soweit in den vorgenannten Fällen ein BgA über kein eigenes Geldkonto in der Bilanz verfügt, über

welches die Anschaffungskosten gebucht werden könnten, ist es auch zulässig, die nachträgliche Einbuchung zu Lasten eines in Soll und Haben verzinslichen Verrechnungskontos vorzunehmen. Dabei ist die Verzinsung in den Grenzen des Abschn. 28 Abs. 3 KStR 1995 grundsätzlich zulässig.

Es bleibt jedoch abzuwarten, ob - vor dem Hintergrund der gerade erst beschlossenen Neuregelung des § 8 a KStG - im Rahmen der geplanten Neufassung der KStR an der in Abschn. 28 Abs. 3 KStR 1995 genannten 30-%-Grenze zukünftig noch festgehalten wird.“ Zweifelsfragen zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung anschaffungsnaher Aufwendungen

BKPV 17/2005

OFD München 11.6.2004 - S 2211 - 45 St 41 (BB 2004 S. 1561) „Durch das Nebeneinander von Verwaltungsanweisungen (BMF-Schreiben vom 18.7.2003, BStBl l S. 386) und gesetzlicher Neuregelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG (StÄndG 2003, BStBl l S. 710) sind Fragen zu deren Anwendungsbereich aufgetreten. Nach Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene wird ge-beten, hierzu folgende Auffassung zu vertreten : 1. Sollen Aufwendungen, die zur Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit führen und für sich

Anschaffungskosten sind, in die Prüfung der 15%-Grenze des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG einbe-zogen werden?

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG schließt nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berück-sichtigenden Herstellungskosten aus. Aufwendungen zur Beseitigung der Funktionsuntüchtigkeit oder zur Hebung des Standards sind hiervon nicht berührt und daher in die Prüfung der 15%-Grenze einzu-beziehen.

Page 73: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 73

2. Bleiben - auch im Fall des Unterschreitens der 15%-Grenze - die in die Prüfung einbezoge-nen Aufwendungen Anschaffungs- oder Herstellungskosten?

Aufwendungen, die innerhalb des Dreijahreszeitraums getätigt werden und nach den Kriterien des BMF-Schreibens Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind, in ihrer Summe aber die 15%-Grenze nicht überschreiten, sind (und bleiben) Anschaffungs- oder Herstellungskosten i.S. des § 255 HGB. 3. Wie ist eine Sanierung in Raten zur Hebung des Standards zu behandeln, die erst nach Ab-

lauf des Dreijahreszeitraums zu Herstellungskosten i.S. der BFH-Rechtsprechung/des BMF-Schreibens führt?

Auch wenn Aufwendungen für Baumaßnahmen erst nach Ablauf des Dreijahreszeitraums des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG die 15%-Grenze überschreiten, sind sie nach Rz. 31 des BMF-Schreibens vom 18.7.2003 steuerlich als Herstellungskosten i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu behandeln. 4. Anwendung der Neuregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG Für eine in 2002 angeschaffte Immobilie wurden 2004 Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, die für sich allein nicht die 15%-Grenze überschreiten, zusammen aber mit bereits in 2003 vorgenomme-nen Aufwendungen rd. 17,5% der Anschaffungskosten betrugen. Die Modernisierungsmaßnahmen sind nicht als Herstellungsaufwand nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG zu beurteilen, weil § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG erst auf Baumaßnahmen anzuwenden ist, mit denen nach dem 31.12.2003 begonnen wird und sämtliche Baumaßnahmen nach § 52 Abs. 16 Satz 9 EStG als einheitliche Baumaßnahme anzusehen sind. Im vorliegenden Fall wurde mit den Baumaßnahmen in 2003 begonnen, so daß § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG noch keine Anwendung findet. Die Prüfung der Aufwendungen nach den Kriterien des BMF-Schreibens vom 18.7.2003, a.a.O., bleibt hiervon unberührt.“ Teilwertabschreibung auf Grund und Boden BKPV 18/2005 OFD Frankfurt, Verfügung von 15.10.2003 - S 2230 A - 71 - St II 2.01 (Finanz-Rundschau 2004 S. 51) „1. Allgemeines Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist es zulässig, bei der Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1 oder 5 EStG für Grund und Boden anstelle der Anschaffungskosten den Teilwert anzusetzen, sofern dieser auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Teilwert ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt. Davon zu unterscheiden ist stets der gemeine Wert. Nach § 9 BewG wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Bei dem Bilanzposten „Grund und Boden“ bilden die einzelnen im Grundbuch eingetragenen mit einer Flurstücknummer versehenen Grundstücke selbstständige Wirtschaftsgüter, da jedes für sich Gegen-stand des Rechtsverkehrs sein kann (vgl. BFH, Urt. vom 29.9.1971, I R 195/69, BStBl 1972 II S. 13). Damit kann sich eine Teilwertabschreibung auch auf einzelne Parzellen beziehen. Eine Ausnahme gilt dann, wenn ein Grundstück im Einzelfall seine Eigenschaft als selbständiges Wirtschaftsgut verliert (vgl. BFH, Urt. vom 6.12.1978, 1 R 33/75, BStBl 1979 II S. 259). Nach ständiger BFH-Rechtsprechung besteht bei Wirtschaftsgütern, die nicht der Abnutzung unterlie-gen, die Vermutung, daß sich der Teilwert mit den Anschaffungskosten deckt (vgl. BFH, Beschl. vom 12.8.1998 - IV B 4/98, BFH/NV 1999 S. 305 m.w.N.). Diese Vermutung, die auch für spätere Bewer-tungsstichtage gilt (vgl. BFH, Urt. vom 4.12.1991, I R 148/90, BStBl 1992 II S. 383), kann durch den Nachweis widerlegt werden, daß entweder die Anschaffung eine Fehlmaßnahme darstellte oder daß

Page 74: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 74 Heft 1/2005

der Wert des betreffenden Wirtschaftsguts dauerhaft unter den seinerzeit gezahlten und aktivierten Be-trag gesunken ist (vgl. z.B. BFH, Urt. vom 21.7.1982 - I R 177/77, BStBl 1982 II S. 758). 2. Nachweis des niedrigeren Teilwerts Begehrt der Steuerpflichtige eine Teilwertabschreibung, so hat er die objektive Beweislast für einen niedrigeren Teilwertansatz (vgl. BFH, Urt. vom 24.6.1976 - IV R 101/75, BStBl 1976 II S. 562). Er hat den begehrten Wertansatz durch aussagefähige Unterlagen nachzuweisen. Dazu kann er sich auf Ver-gleichsverkäufe beziehen bzw. ein auf die konkrete Fläche bezogenes Gutachten eines landwirtschaft-lichen Sachverständigen vorlegen. Es reicht nicht aus, wenn der Steuerpflichtige den begehrten niedri-geren Teilwertansatz mit einer allgemeinen Kaufpreisminderung für landwirtschaftliche Flächen und der wirtschaftlichen Gesamtsituation in der Landwirtschaft begründet, denn die Preise für landwirtschaftli-che Grundstücke unterliegen ebenso wie die anderen Immobilienpreise marktbedingten Schwankun-gen, so daß allein die Tendenz fallender Bodenpreise die Annahme einer dauernden Wertminderung nicht rechtfertigt (vgl. BMF-Schreiben vom 25.2.2000, IV C 2 - S 2171 b - 14/00, BStBl 2000 I S. 372). Ist ein ermittelter Preisrückgang jedoch als nachhaltiger Preisverfall anzusehen, so kann nach dem Er-gebnis der Erörterungen der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder von einer dauer-haften Wertminderung ausgegangen werden. Ob ein aus der Veräußerung von Einzelflächen abgeleiteter Vergleichswert dem Teilwert entspricht oder überhaupt eine Teilwertabschreibung rechtfertigt, kann nur anhand der Gesamtumstände des Ein-zelfalls festgestellt werden. Dazu muß zunächst geprüft werden, inwieweit ein Vergleich der Flächen von der Ertragsfähigkeit, der Lage, der Größe, der Flächenform oder ihrem Kulturzustand her möglich ist. Ausgehend von diesem Wert (regelmäßig gemeiner Wert) ist anhand der besonderen Verhältnisse des Betriebs des Steuerpflichtigen nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG der Teilwert zu er-mitteln. Legt der Steuerpflichtige ein Gutachten eines landwirtschaftlichen Sachverständigen vor, so muss dieses detailliert auf die Gegebenheiten des Betriebs und auf die von dem Teilwertansatz betrof-fenen Flächen eingehen. Für die Prüfung, ob es sich bei dem im Gutachten ausgewiesenen Wert um den Teilwert handelt, kann es sinnvoll sein, den Amtlichen Landwirtschaftlichen Sachverständigen in die Prüfung einzubeziehen. Ist der Zeitraum zwischen dem Kauf der Fläche und der beabsichtigten Teilwertminderung kurz, ist der Antrag des Steuerpflichtigen besonders eingehend zu prüfen. Hat der Steuerpflichtige bereits im Zeitpunkt des Erwerbs einen sehr hohen, über dem ortsüblichen lie-genden Kaufpreis gezahlt, so deutet diese Tatsache darauf hin, daß bestimmte betriebliche Umstände der Grund dafür waren, die auch bei der Teilwertfeststellung zu berücksichtigen sind. Diese Gründe können darin bestehen, daß die erworbene Fläche günstig zum Betrieb oder zu weiteren Eigen- oder Pachtländereien gelegen ist (z.B. bei einer Arrondierung) oder der Landwirt wegen betrieblicher Ver-hältnisse gezwungen war, zusätzliche Flächen zu erwerben, weil er sonst z.B. die steuerlich zulässigen Vieheinheiten überschritten hätte oder er seine Güllebestände nicht ausbringen könnte. Bedingt durch die regionale Nachfragesituation könnte dies z.B. wegen der vorbezeichneten besonderen betrieblichen Umstände Auswirkung auf die Höhe des Teilwerts haben. Nach dem BFH-Urteil vom 7.2.2002, IV R 87/99 (BStBl 2002 II S. 294) rechtfertigt ein beim Erwerb ei-nes Grundstücks gezahlter Überpreis allein keine Teilwertabschreibung auf den niedrigeren Ver-gleichswert zu einem späteren Bilanzstichtag. Der Überpreis nimmt jedoch an einer aus anderen Grün-den gerechtfertigten Teilwertabschreibung in dem Verhältnis teil, das dem gegenüber dem Anschaf-fungszeitpunkt gesunkenen Vergleichswert entspricht. 3. Teilwertabschreibung von einem nach § 55 Abs. 5 EStG festgestellten Wert Wird für eine am 1.7.1970 bereits im landwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen be-findliche Fläche, für die nach § 55 Abs. 5 EStG ein höherer Teilwert festgestellt worden ist, nunmehr eine Teilwertabschreibung beantragt, so sind derartige Fälle eingehend daraufhin zu prüfen, ob die zum damaligen Zeitpunkt vom Steuerpflichtigen dargelegten und für die höhere Teilwertfeststellung maß-geblichen Verhältnisse nicht mehr vorliegen. Beruht der (Buch-)Wert des Grund und Bodens auf einer Feststellung des höheren Teilwerts nach § 55 Abs. 5 EStG, kommt die Anwendung der Verlustaus-schlußklausel des § 55 Abs. 6 EStG nicht in Betracht (BMF-Schreiben vom 14.1.2003, IV A 6 - S 2134 - 52/02).

Page 75: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 75

4. Teilwertabschreibung bei Wirtschaftsüberlassungsverträgen Bei Wirtschaftsüberlassungsverträgen kann der Nutzungsberechtigte (künftiger Hoferbe) eine Teilwert-abschreibung nicht vornehmen, da er noch nicht zivilrechtlicher und auch nicht wirtschaftlicher Eigen-tümer des Grund und Bodens ist. Beim Nutzungsverpflichteten (Betriebseigentümer) kommt regelmäßig eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht, weil er seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt. 5. Teilwertabschreibung, die nicht als solche ausdrücklich bezeichnet ist Damit die Berechtigung einer vom Steuerpflichtigen vorgenommenen Teilwertabschreibung, die in der eingereichten Bilanz oder in den Gewinnermittlungsunterlagen nicht ausdrücklich als solche bezeichnet oder besonders ausgewiesen ist, geprüft werden kann, ist besonderes Augenmerk auf die Positionen zu richten, aus denen auf eine vorgenommene Teilwertabschreibung geschlossen werden könnte (z.B. Wertabgänge beim Grund und Boden ohne gleichzeitigen Ausweis eines entsprechenden Veräuße-rungserlöses oder im Vergleich zum Vorjahr ohne ersichtlichen Grund erheblich erhöhte Abschreibun-gen). 6. Wertaufholung Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG i.d.F. StEntlG 1999/2000/2002 ist bei Grund und Boden, das bereits zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Anlagevermö-gen des Steuerpflichtigen gehört hat, in den folgenden Wirtschaftsjahren der Wert nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG (Bewertungsobergrenze) anzusetzen, es sei denn, der Stpfl. weist nach, daß ein niedrige-rer Teilwert angesetzt werden kann. Den Nachweis, daß der Teilwert des Grund und Bodens nachhaltig unter dessen Anschaffungskosten gefallen ist, muß der Steuerpflichtige zu jedem Bilanzstichtag erbrin-gen. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, muß eine Wertaufholung bis zur Bewertungsobergrenze er-folgen. Hat sich der Wert des landwirtschaftlichen Grundstücks, für das eine Teilwertabschreibung vor-genommen worden ist, inzwischen wieder erhöht, so ist diese Betriebsvermögensmehrung maximal bis zur Bewertungsobergrenze steuerlich zu erfassen (Rz. 34 des BMF-Schreibens vom 25.2.2000, a.a.O.). War für eine frühere Teilwertabschreibung nur eine vorübergehende Wertminderung (z.B. aufgrund marktbedingter Schwankungen) maßgebend, so ist - mangels dauernder Wertminderung - in der Bilanz des ersten nach dem 31.12.1998 endenden Wirtschaftsjahres eine Zuschreibung bis zur Bewertungs-obergrenze vorzunehmen (vgl. Rzn. 14 und 15 des BMF-Schreibens vom 25.2.2000, a.a.O.).“ Wertberichtigung von Forderungen BKPV 19/2005 BFH-Urteil vom 20.8.2003 - I R 49/02 (BStBl 2003 II S. 941) Leitsatz: „Der Wertberichtigung von Forderungen steht nicht entgegen, daß sie nach dem Tage der Bilanzer-stellung (teilweise) erfüllt worden sind und der Gläubiger den Schuldner weiterhin beliefert hat.“ Sachverhalt: „Streitig ist die Einzelwertberichtigung von Forderungen gegenüber einem ausländischen Schuldner. I. Als Rechtsvorgängerin der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde die V GmbH (V) im

Jahr 1990 gegründet. Im Februar 1997 wurde die V (unter Auflösung ohne Abwicklung) auf die Klägerin verschmolzen. Im Streitjahr 1995 hatte die V auf Kundenforderungen gegenüber einer in den USA ansässigen A Inc. (A) Einzelwertberichtigungen in Höhe von 329.312,81 DM vorgenommen. Einbezogen hat sie darin Forderungen, die „älter als vier Monate waren“, deren Fälligkeit also vor mehr als vier Mo-

Page 76: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 76 Heft 1/2005

naten eingetreten, und deren Erfüllung bis zum Tage der Bilanzerstellung weder erfolgt noch „avi-siert“ und damit ernstlich in Aussicht gestellt worden war. Den Vier-Monats-Zeitraum hat die V we-gen Überschreitung des Zahlungsziels von 60 Tagen um 100 % gewählt. Auf den 31.12.1995 er-gab sich so die folgende Berechnung: Gesamtforderungen an A 902.294,79 DMdavon älter als vier Monate 597.633,32 DM./. bis zur Bilanzerstellung geleistete, bzw. avisierte Zahlungen ./. 268.320,51 DMWertberichtigung (Abschreibung) 329.312,81 DM Anläßlich der Übernahme der V hat die Klägerin selbst die zu diesem Zeitpunkt gegenüber der A bestehenden Forderungen im Wert von 871.781,33 DM nach denselben Grundsätzen um 246.934,45 DM wertberichtigt. Im Anschluß daran hat sie die Geschäftsbeziehung zur A beendet. Es ergab sich ein endgültiger Forderungsausfall von ca. 200.000 DM. Aufgrund einer im Jahr 1997 durchgeführten Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisi-onsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die von der V in der Bilanz 1995 vorgenommenen Wertbe-richtigungen nicht an. Die wertberichtigten Forderungen seien von der A nach Bilanzaufstellung erfüllt worden, im Übrigen habe die V mit der A auch weiterhin Geschäfte getätigt. Dementspre-chend erließ das FA geänderte Bescheide laut Rubrum. Die gegen diese Bescheide gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit im Wesentlichen gleich lautender Begründung ab. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Bescheide laut Rubrum dahin abzuändern, daß die begehrte Einzelwertberichtigung in Höhe von 329.312,81 DM anerkannt wird. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung

der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Zu Unrecht hat das FG eine Wertberichtigung der streitbefangenen Forderungen bereits dem Grunde nach ausgeschlossen.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Ein-

kommensteuergesetzes (EStG) 1995 hat der Kaufmann in seiner Bilanz das Betriebsvermö-gen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchfüh-rung (GoB) auszuweisen ist, damit auch seine Geldforderungen (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 246 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs - HGB - ). Geldforderungen sind in der Steuerbilanz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG ebenso wie in der Handelsbilanz gemäß § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB grundsätzlich mit ihren Anschaffungskosten anzusetzen. Diese entsprechen ihrem Nennwert (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23.11.1967 IV 123/63, BFHE 90, 484, BStBl II 1968, 176; vom 23.4.1975 I R 236/72, BFHE 116, 16, BStBl II 1975, 875. Ist der Teilwert einer Forderung niedriger als ihr Nennwert, weil z.B. - wie die Klägerin im Streitfall geltend macht - zweifelhaft ist, ob die Forderung in Höhe des Nennwertes erfüllt werden wird (Ausfallrisiko), so „kann“ statt des Nennwerts der niedrigere Teilwert angesetzt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Er entspricht dem Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG). Bei Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen wird der niedrigere Teilwert regelmäßig dem niedrigeren Wert entsprechen, der ihnen gemäß § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB am Abschlußstichtag beizulegen ist. In Befolgung des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips „ist“ daher auf diesen Wert auch in der Steuerbilanz abzuschreiben (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sind Forderungen mit einem über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehenden Ausfallrisiko behaftet, ist dem im Wege der Einzelwertberichtigung Rechnung zu tragen; der bloße Einbe-

Page 77: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 77

zug in eine Pauschalwertberichtigung eines Gesamtbestandes von Forderungen ist nicht aus-reichend (vgl. Ellrott/Ring in Beck'scher Bilanzkommentar, 5. Aufl., § 253 HGB Anm. 569). Zweifelhafte Forderungen sind mit ihrem wahrscheinlichen Wert anzusetzen, uneinbringliche Forderungen sind abzuschreiben. Dieses Gebot war bereits in § 40 Abs. 3 HGB i.d.F. vor Än-derung durch das Bilanzrichtlinien-Gesetzes (BiRiLiG) vom 19.12.1985 (BGBl I 1985, 2355) kodifiziert und ist bei Anwendung der Neuregelung des § 253 Abs. 3 HGB unverändert zu be-achten (vgl. Adler/Düring/Schmaltz - ADS -, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl., § 253 HGB Anm. 531; Bolsenkötter in Handbuch des Jahresabschlusses - HdJ -, 2. Aufl., Abt. II/6 „Die kurzfristigen Forderungen“, Anm. 123).

2. Ein (wegen Ausfallrisikos) unter ihrem Nennbetrag liegender Teilwert (beizulegender Wert) von Geldforderungen kann im allgemeinen nur im Wege der Schätzung ermittelt werden. Da-bei kommt dem Ermessen des Kaufmanns besondere Bedeutung zu (ständige Rechtspre-chung, vgl. BFH-Urteile vom 22.10.1991 VIII R 64/86, BFH/NV 1992, 449; vom 1.4.1958 I 60/57 U, BFHE 67, 47, BStBl III 1958, 291; vom 3.7.1962 I 258/60 U, BFHE 75, 334, BStBl III 1962, 388; vom 20.3.1963 I 301/61, DB 1963, 714; vgl. auch Ehmke in Blümich, Einkom-mensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 2003, § 6 EStG Anm. 901 f.). Maßgebend ist, ob ein vorsichtig bewertender Kaufmann nach der allge-meinen Lebenserfahrung aus den jeweiligen Umständen des Einzelfalles die Annahme eines - teilweisen - Forderungsausfalls herleiten darf. Die Zahlungsfähigkeit und die Zahlungswillig-keit (Bonität) eines Schuldners sind dabei individuell nach dessen Verhältnissen zu ermitteln (vgl. dazu - im Wesentlichen übereinstimmend - Fischer in Kirchhof, Einkommensteuergesetz, 3. Aufl., § 6 Anm. 137; Glanegger in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., § 6 Anm. 369; Werndl in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, Einkommensteuergesetz, 2003, § 6 Anm. B 575; Kleinle in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 2003, § 6 EStG Anm. 911). Dies gilt insbesondere bei im Ausland ansässigen Schuldnern (vgl. BFH-Urteil vom 4.4.1973 I R 130/71, BFHE 109, 55, BStBl II 1973, 485). Allerdings muß die Schätzung eine objektive Grundlage in den am Bilanzstichtag gegebenen Verhältnissen finden. Schätzungen, die auf bloßen pessimistischen Prognosen zur zukünfti-gen Entwicklung beruhen, sind unbeachtlich (z.B. BFH-Urteile in BFHE 67, 47, BStBl III 1958, 291; in BFHE 75, 334, BStBl III 1962, 388. Wegen der Schwierigkeiten, ein Ausfallwagnis als einen am Bilanzstichtag nicht sicher vorhersehbaren künftigen Umstand zu beurteilen, können entsprechende betriebliche Erfahrungen der Vergangenheit einen wertvollen Anhaltspunkt für die Schätzung bieten, solange sich die Verhältnisse nicht wesentlich geändert haben (BFH-Urteil vom 7.5.1998 IV R 24/97, BFH/NV 1998, 1471). Bei der Bewertung von Auslandsforde-rungen können neben der Bonität des Schuldners zusätzliche Umstände zu berücksichtigen sein, die sich aus einer erschwerten oder geminderten Realisierbarkeit der Forderung unter den besonderen Bedingungen im Ausland in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht ergeben (vgl. Ehmke in Blümich, a.a.O., Anm. 903, m.w.N.; Kleinle in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Anm. 911 a.E.). Schließlich sind auch Geldforderungen nach allgemeinen Grundsätzen unter Berücksichti-gung wertaufhellender Umstände zu bewerten (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Danach sind bis zum Tag der Bilanzerstellung erlangte Kenntnisse über den Wert von Forderungen zum Bi-lanzstichtag zu berücksichtigen (ADS, a.a.O.; Bolsenkötter in HdJ, a.a.O., Rn. 119). Auch der Umstand einer späteren (teilweisen) Erfüllung der Forderung kann deren Wert zum Bilanz-stichtag „aufhellen“. Der Wertermittlung zugrunde zu legen ist er jedoch nur, wenn er späte-stens am Tag der Bilanzerstellung verwirklicht worden ist. Nach dem Tag der Bilanzerstellung eingetretene Umstände oder erlangte Kenntnisse sind unbeachtlich (BFH-Urteile in BFHE 75, 334, BStBl III 1962, 388; in BFHE 109, 55, BStBl II 1973, 485; in BFH/NV 1992, 449).

3. a) Im Streitfall hat das FG seine Entscheidung im Wesentlichen mit dem Hinweis darauf be-gründet, daß „ein Teil der Forderungen, die älter als vier Monate waren, bezahlt wurden“. Damit leitet es die Unzulässigkeit von Wertberichtigungen bereits dem Grunde nach aus dem Umstand ab, daß ein Teil der wertberichtigten Forderungen - nach dem Tag der Bi-lanzerstellung - tatsächlich erfüllt worden ist. Dieser Ansicht ist nicht zu folgen. Zwar mag es zutreffen, daß die Bewertungsmethode der Klägerin, wonach alle Forderungen unter den von ihr bezeichneten Voraussetzungen in voller Höhe wertzuberichtigen sind, (mit 36,5 % der Gesamtforderungen der V gegen die A) zu einer betragsmäßig zu hohen Wertberichtigung führt. Auch besteht - wie das FG ausführt - kein Erfahrungssatz, wo-nach unter den im Streitfall gegebenen Bedingungen „überhaupt nicht mehr mit dem Ein-

Page 78: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 78 Heft 1/2005

gang der Forderung gerechnet werden kann“. Jedoch kann eine spätere (teilweise) Er-füllung von Forderungen - nach dem Tage der Bilanzerstellung - nicht zur Versagung von Wertberichtigungen bereits dem Grunde nach führen, soweit unter Zugrundelegung der Sicht des Kaufmanns am maßgebenden Bilanzstichtag objektiv Ausfallrisiken bestehen. Bei anderer Betrachtung wären, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, Wertberichtigun-gen nur im Falle eines späteren tatsächlichen Ausfalls von Forderungen anzuerkennen (vgl. auch Kleinle in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 6 EStG Anm. 911). Diese Kon-sequenz wäre mit dem Gebot unvereinbar, nicht realisierte, aber drohende Verluste aus-zuweisen (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Die Klägerin hat die erfolgte Wertberichtigung im Klageverfahren damit begründet, daß der V am Bilanzstichtag Umstände bekannt gewesen seien, die als Indiz für die fehlende Werthaltigkeit der Forderungen zu werten gewesen seien. Dies seien die bisherige schleppende Zahlungsweise der A, fehlende flüssige Mittel sowie die negativen Aus-künfte der Hausbank gewesen. Fällige Zahlungen seien von der A zwar häufiger in Aus-sicht gestellt worden, jedoch seien sie erst Monate später erfolgt. Bei der in den USA an-sässigen A seien Beitreibungsmaßnahmen bzw. sonstige Druckmittel nur unter Schwie-rigkeiten möglich gewesen. Theoretisch hätte die V zwar ihre Lieferungen zurückverlan-gen können; jedoch habe es sich um tonnenschwere, in der Regel per Schiff beförderte Güter gehandelt, deren Rücktransport mit erheblichen Kosten verbunden gewesen wäre. Derartige Umstände lassen, wenn sie objektiv vorliegen, den Schluß auf ein zum Bilanz-stichtag bestehendes Ausfallrisiko zu, das nach den dargestellten Grundsätzen zu be-rücksichtigen ist. Abweichendes kann nur gelten, soweit sich bis zum Bilanzstichtag wertaufhellend erweist, daß ein entsprechendes Risiko objektiv nicht bestanden hat, weil der Schuldner die Forderung zwischenzeitlich entweder erfüllt oder die Erfüllung zumin-dest ernsthaft und glaubwürdig in Aussicht gestellt hat (BFH-Urteile in BFHE 75, 334, BStBl III 1962, 388, in BFH/NV 1998, 1471). In diesen Fällen hat die Klägerin bereits zu-treffend auf eine Wertberichtigung verzichtet. Für das Bestehen eines Ausfallrisikos zum maßgebenden Bilanzstichtag spricht im Streitfall, daß sich aus dem Forderungsbestand gegen die A bei Beendigung der Geschäftsbeziehungen durch die Klägerin ein tatsächliches Ausfallvolumen von 200.000 DM ergab.

b) Dem FG ist auch nicht zu folgen, wenn es aus dem Umstand, daß die V die Geschäfts-beziehung zur Schuldnerin A „im Folgejahr fortgesetzt“ und diese weiterhin beliefert hat, als Indiz dafür wertet, daß „die V die Hoffnung hatte, dem Geschäftspartner die nötige Solvenz zu verschaffen“ mit der Folge, daß die Forderungen nicht wertzuberichtigen seien. Dazu hat die Klägerin im Klageverfahren ausgeführt, auch angesichts der aufge-zeigten Schwierigkeiten sei die V gezwungen gewesen, an dem Kunden A festzuhalten, nachdem der inländische und europäische Markt rückläufig gewesen sei. Die A sei der ausschließliche Vertreter von Produkten der V in den USA gewesen; bei Nichtmehrbe-lieferung hätte die V daher auf die entsprechenden Umsätze gänzlich verzichten müssen. Außerdem habe sie für die Kunden der A vertragsgemäß den Service aufrechterhalten müssen. Auch dieser Vortrag der Klägerin ist für die Frage der Forderungsbewertung erheblich. Daß ein Kunde trotz bestehender Zahlungsschwierigkeiten weiterhin beliefert wird, macht die Vornahme einer Wertberichtigung nicht unzulässig. Dieser Umstand begründet weder ein Indiz noch eine widerlegbare Vermutung für die Vollwertigkeit einer Forderung (vgl. Ellrott/Ring, a.a.O., § 253 HGB Anm. 571). Zu bewerten ist die einzelne Forderung unter Berücksichtigung der jeweiligen Risiken ih-rer Realisierung, die bei Auslandsforderungen höher einzustufen sein können als bei In-landsforderungen. Eine Berücksichtigung künftig sich ergebender Gewinnchancen aus weiteren Geschäften mit demselben Abnehmer (im Sinne einer Gegenrechnung) würde dem Gebot der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB), zudem dem Verbot der Rea-lisierung nicht verwirklichter Gewinne (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) zuwiderlaufen. Allein die Hoffnung, dem Geschäftspartner mit einem Anschlußauftrag die nötige Solvenz zu ver-schaffen, kann die - aufgrund anderer Kriterien gerechtfertigte - Wertberichtigung einer Forderung nicht hindern. Abweichendes kann im Ausnahmefall nur gelten, wenn eine

Page 79: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 79

Maßnahme zum Bilanzstichtag bereits objektiv erkennbar zu einer Verbesserung der Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit des Schuldners geführt hat.

c) Zu folgen ist dem FG indessen darin, daß das Ergebnis der Forderungsbewertung durch

die Klägerin anläßlich der Übernahme des Betriebsvermögens im Folgejahr nach dem maßgebenden Bilanzstichtag nicht - in unmittelbarer Anwendung der Definition des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG - zu einer Anerkennung der streitigen Wertberichtigung der Forderungen der V führen kann. Da die Klägerin bei ihrer Bewertung das von V ange-wendete Bewertungsschema unverändert angewandt hat, kann sie nicht als „fremder Erwerber“ des Betriebs im Sinne der Teilwertfiktion der genannten Vorschrift angesehen werden, dessen Wertermittlung von der des Steuerpflichtigen unabhängig wäre.

4. Nach alledem kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben.

Der Senat verweist die Sache an das FG zurück, damit es auf der Grundlage der Sicht der V Feststellungen zum objektiven Risiko des Ausfalls ihrer streitigen Forderungen gegenüber der A zum maßgebenden Bilanzstichtag trifft und unter Beachtung der vorstehenden Rechts-grundsätze über die vorgenommenen Wertberichtigungen dem Grunde und der Höhe nach erneut entscheidet.“

Updates für Standard-Software sofort abzugsfähige Betriebs-ausgabe

BKPV 20/2005

Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16.1.2003, 10 K 82/99, rechtskräftig (Versorgungswirt-schaft 9/2003 S. 209) Leitsätze: „1. Beim Erwerb eines Updates einer Standard-Software, kommt eine AfaA der alten Programmver-

sion wegen technischer Abnutzung nicht in Betracht, weil dieses vor Aufspielen des Updates voll funktionsfähig war und jederzeit vom erworbenen Speichermedium wieder auf den PC installiert werden kann.

2. Bei vollständiger Auswechselung der Computer beim Arbeitgeber gegen nicht kompatible Nachfol-

gegeräte der Arbeitnehmer kommt für den Arbeitnehmer eine AfaA für den privaten (nahezu aus-schließlich beruflich genutzten) PC in Betracht, weil die berufliche Nutzung mangels Kompatibilität nicht mehr möglich ist. Eine AfaA scheidet aber aus, wenn die außergewöhnliche Abnutzung durch sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen ausgeglichen wird, weil es anderenfalls zur doppel-ten steuerlichen Berücksichtigung der Abnutzung im Wege der AfaA bzw. im Wege des Erhal-tungsaufwandes käme.

3. Bei Anschaffungskosten für Software ist zur Berechnung der AfA eine betriebsgewöhnliche Nut-

zungsdauer von 5 Jahren zugrunde zu legen.“ Sachverhalt: „Streitig ist die Höhe der Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Ar-beit. Im Einzelnen geht es um die Höhe des beruflich veranlaßten Anteils an den Aufwendungen für den Telefonanschluß in der Wohnung der Kläger, die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für die Anschaf-fung von Schuhen als Dienstkleidung und schließlich um die Frage, ob bei der Anschaffung eines so genannten Updates auf die upgedatete Software eine Restabschreibung in voller Höhe nach § 7 Abs. 1 Satz 5 Einkommensteuergesetz (EStG) für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) vorgenommen werden kann. Die Kläger erzielen beide Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, der Kläger als Soldat, die Klägerin als Krankenschwester. Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und war im Streitjahr 1996 im Dienstgrad eines Hauptmanns (techni-scher Offizier) bei der Bundeswehr tätig. Bis zum 17.3. befand sich seine Arbeitsstätte in ___, danach

Page 80: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 80 Heft 1/2005

bei der technischen Schule der Luftwaffe 3 in ___. Aufgrund der Versetzung zogen die Kläger in der zweiten Aprilhälfte von ___ nach ___. Durch die Versetzung und eine weiteren Abordnung nach ___ ergaben sich für den Kläger Zeiten der doppelten Haushaltsführung vom 18.3. bis 18.4. und vom 11.6. bis 26.7. Der Kläger war an seinen Dienstorten in ___ und in ___ jeweils als Einheitsführer eingesetzt. In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Kläger durch den Beruf des Klägers veranlaßte Tele-fonkosten in Höhe von 1.467 DM bei Gesamtaufwendungen für den privaten Telefonanschluß von 2.996 DM geltend. Die Höhe des beruflichen Anteils war in Anlehnung an das BMF-Schreiben vom 11.6.1990 (BStBl I 1990, 290) ermittelt (Einzelheiten siehe Aufstellung Bl. 18 Gerichtsakte). Der Be-klagte (das beklagte Finanzamt) ließ demgegenüber im Schätzungswege nur 200 DM als beruflich ver-anlaßt zum Abzug zu. Weiter begehrten die Kläger Aufwendungen in Höhe von 219,90 DM für die Anschaffung eines Paar Herrenschuhe als Werbungskosten zu berücksichtigen, die der Kläger in einem normalen Schuhge-schäft gekauft hatte (Einzelheiten vergleiche Quittung der Firma ___ ___ vom 13.12.1996, Bl. 22 Ge-richtsakte), weil hierdurch verschlissene Uniformschuhe ersetzt worden seien. Das Finanzamt kürzte die Werbungskosten um diesen Betrag, da es sich insoweit nicht um typische Berufskleidung handele. Weiter begehrte der Kläger den Abzug der Anschaffungskosten des Softwarepaketes „MS Office 4.3“ in Höhe von 1.032,93 DM und des im gleichen Jahr bezogenen Updates „MS Office 4.3 c“ in Höhe von 50 DM. Das Finanzamt gewährte auf die Anschaffungskosten von 1.032,93 DM lediglich eine AfA in Höhe von 20 v.H. (Abschreibungszeitraum fünf Jahre) und behandelte die Aufwendungen für das Up-date als sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand. Der Einspruch der Kläger blieb ohne Erfolg. Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, der Kläger habe aus dienstlichen Gründen einen überdurchschnittlichen Um-fang beruflich veranlaßter Telefongespräche, so daß der als Werbungskosten abziehbare Anteil an den privaten Telefonkosten nach dem oben angeführten BMF-Schreiben zu errechnen sei, woraus sich die geltend gemachte Höhe ergebe. Er, der Kläger, müsse aufgrund seiner Tätigkeit als Inspektionschef und Disziplinarvorgesetzter im Rahmen seiner Dienstaufsicht und Fürsorgepflicht ständig auch außer-halb der normalen Dienstzeiten zu Hause erreichbar sein. Außerdem erforderten es seine Aufgaben, vom häuslichen Telefonapparat dienstliche Gespräche zu führen, um beispielsweise im Rahmen der Aus- und Weiterbildung der Soldaten Termine abzusprechen und zu vereinbaren, erkrankte Soldaten nach Dienst und auch an Wochenenden telefonisch zu betreuen, Genehmigungen für kurzfristige Ur-laubsanträge entfernt anreisender Lehrgangsteilnehmer auszusprechen; ferner beschaffe er sich im Internet Unterlagen und Materialien sowie Fachinformationen zur Vorbereitung des Unterrichts zur poli-tischen Bildung. Für die Notwendigkeit der dienstlichen Nutzung seines privaten Telefonanschlusses legten die Kläger wie schon im Einspruchsverfahren eine Bestätigung des Kommandeurs der Dienst-stelle des Klägers in ___ vom 2.12.1998 sowie eine neuere Bescheinigung desselben vom 3.5.2000 vor. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der beiden Bestätigungen (Bl. 9, 54 Gerichtsakte) Be-zug genommen. Bei den geltend gemachten Aufwendungen für ein Paar Schuhe handele es sich um die Anschaffung von Schuhen, die er ausschließlich im Dienst als Uniformbestandteil trage. Nach der entsprechenden zentralen Dienstvorschrift gehörten zur Uniform Halbschuhe, schwarz, glatt. Um die Anschaffung sol-cher Schuhe handele es sich hier. Er sei nicht verpflichtet, sämtliche Uniformbestandteile über die Klei-derkasse der Bundeswehr zu beziehen. Die Aufwendungen für die Anschaffung der Software „MS Office 4.3 a“ in Höhe von 1.033 DM seien wie die für das Update auf die Version 4.3 c in voller Höhe im Streitjahr abzuziehen. Das Update sei aus zwingenden Kompatibilitätsgründen zu der im Dienst genutzten Software notwendig geworden. Das Ar-gument des Finanzamts, die zunächst angeschaffte Version sei auch nach Erwerb des Updates weiter-hin für sich nutzungsfähig, entspreche nicht den Tatsachen. Dies scheitere zum Einen daran, daß das Update gerade wegen der Kompatibilitätsprobleme mit der dienstlichen Software angeschafft worden sei. Außerdem sei die ursprüngliche Software nach Installation des Updates für sich nicht mehr funkti-onsfähig und nicht mehr weiter nutzbar. Aus diesem Grunde müsse die ursprüngliche Version in voller Höhe wegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher bzw. technischer Abnutzung abgeschrieben werden.

Page 81: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 81

Der Kläger beantragt sinngemäß, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit wei-tere Werbungskosten von 2.732 DM abzuziehen und die Einkommensteuer entsprechend herabzuset-zen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Das Finanzamt hält an seiner Auffassung fest. Eine Schätzung der beruflich veranlaßten Telefonkosten entsprechend Nr. 3 a - c des BMF-Schreibens vom 11.6.1990 komme nur in Betracht, wenn ein über-durchschnittlicher Umfang betrieblich veranlaßte Telefongespräche in der privaten Wohnung glaubhaft gemacht werde. Hieran fehle es, u.a. auch deshalb, weil bis einschließlich April des Streitjahres zwei private Telefonanschlüsse angemeldet gewesen seien und die Telefonkosten darüber hinaus sehr ge-schwankt hätten. Aufwendungen für die Schuhe könnten nicht abgezogen werden, weil es sich insoweit um bürgerliche Kleidung und nicht typische Berufskleidung handele. Aufwendungen für bürgerliche Kleidung könnten selbst dann nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn diese ausschließ-lich während der Berufsausübung getragen würden. Eine Vollabschreibung des Wirtschaftsgutes „MS Office 4.3“ (Anschaffungskosten 1.033 DM) komme nicht in Betracht. Die Anschaffung und Installation von Updates diene der Programmpflege und führe nicht zu einem Wertverlust sondern vielmehr zur Erhaltung oder sogar Erhöhung des Wertes der Soft-ware. Wegen weiterer Einzelheiten des klägerischen Vortrags wird auf den Inhalt der Schreiben der Kläger vom 16.7.1998, 6.12.1998, 14.12.1998 (jeweils Einspruchsakte) und vom 18.2.1999, 5.5.1999, 28.7.1999, 3.9.2000 sowie 20.1.2002 Bezug genommen. Ferner haben dem Senat die Telefonrechnungen des Streitjahres vorgelegen. Die Beteiligten haben einvernehmlich auf mündliche Verhandlung verzichtet.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist unbegründet. 1. Die Entscheidung des Finanzamts, von den Aufwendungen für den häuslichen Telefonanschluß le-

diglich 200 DM als beruflich veranlaßt anzuerkennen und als Werbungskosten abzuziehen, ist nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Telefongrund- und -gesprächsgebühren in einen privaten und einen beruflichen Anteil aufzuteilen, wenn feststeht, daß der private Telefonanschluß auch be-ruflich genutzt wird (BFH-Urteile vom 25.10.1985 VI R 15/81, BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200, vom 21.11.1980 VI R 202/79, BFHE 132, 63, BStBl II 1981, 131; vom 21.8.199 IX R 83/85, BFH/NV 1991, 95). Dabei ist im Wege der Schätzung der wahrscheinliche berufliche Anteil zu er-mitteln, insbesondere in den Fällen, in denen keine geeigneten Unterlagen für eine Berechnung - so im Streitfall - zur Verfügung stehen. Eingehende Gespräche sind dabei lediglich für die Auftei-lung der Grundgebühren zu berücksichtigen. Da im Streitfall keinerlei Aufzeichnungen über beruflich geführte Gespräche vorliegen, hat das Fi-nanzamt einen weiten Schätzungsrahmen. Die vorgenommene Schätzung mag zwar im unteren Bereich liegen, ist aber deshalb nicht unschlüssig. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichti-gen, daß beide vorgelegten Bescheinigungen des Dienstvorgesetzten des Klägers zum Umfang der beruflich geführten Gespräche vom häuslichen Telefon keine konkreten Angaben enthalten. In der ersten Bescheinigung wird lediglich die Notwendigkeit bestätigt, nach Dienst und an Wochen-enden/Feiertagen dienstliche Gespräche vom privaten Telefonanschluß führen zu müssen und wird dieses insbesondere damit begründet, daß Einheitsführer innerhalb und außerhalb der Dienstzeiten Vorgesetzte den ihnen unterstellten Soldaten (Stammpersonal und Lehrgangsteil-nehmer) seien und im Besonderen zur Betreuung und Fürsorge verpflichtet seien. Die zweite Be-stätigung vom 3.5.2000 ergänzt die erste dann lediglich dahin, mögliche dienstliche Nutzungen des privaten Telefonanschlusses zu beschreiben wie beispielsweise Absprachen zur Aus- und Weiterbildung der Soldaten, fachliche und inhaltliche Vorbereitungen von Unterrichten/Weiterbil-dungen zur politischen Bildung und Gewinnen von Fachinformationen (abzielend auf Internet-Re-cherchen). Die ergänzenden Ausführungen insbesondere zur Internet-Nutzung vermögen aber nur

Page 82: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 82 Heft 1/2005

einen Grund dafür zu geben, die in den Telefonrechnungen enthaltenen Nutzungsentgelte und Grundgebühren für den Internet-Zugang mit aufzuteilen. Intensität und Umfang der beruflichen Nutzung des privaten Telefonanschlusses lassen sich den Bescheinigungen indes nicht entneh-men. Der Senat hält es auch nicht für glaubhaft, daß die Dienstaufsicht, Fürsorge und Betreuung außer-halb der Dienstzeit in wesentlichem Umfang zu Aktivgesprächen führt; hiermit dürften eher Passiv-gespräche, die lediglich bei der Aufteilung der Grundgebühr eine Rolle spielen, verbunden sein. Die Kläger haben auch keinen Anspruch darauf, daß die Höhe der beruflich veranlaßten Aufwen-dungen des privaten Telefonanschlusses nach Maßgabe des BMF-Schreibens vom 11.6.1990 zu berechnen ist. Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht zwar ausnahmsweise in dem Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit sowie der Typisierung oder Pauschalierung (BFH-Urteil vom 26.4.1995 IX R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754). Es mag offen bleiben, ob das genannte BMF-Schreiben einem der genannten Bereiche zuzuordnen ist, insbesondere dem der Pauschalie-rung. Denn das Finanzamt hat sich im Ergebnis an das Schreiben gehalten, indem es den berufli-chen Anteil deshalb nicht nach den dortigen Berechnungsgrundlagen ermittelte, weil es bereits ei-nen überdurchschnittlichen Umfang beruflich veranlaßter Telefongespräche in der Wohnung nicht als glaubhaft gemacht beurteilt hat. Denn nur wenn ein solcher überdurchschnittlicher Umfang glaubhaft gemacht ist, kann aus Vereinfachungsgründen der berufliche Anteil der laufenden Tele-fongebühren nach Maßgabe der dort genannten Kriterien geschätzt werden. Die Wertung aber, daß ein solcher überdurchschnittlicher Umfang nicht glaubhaft gemacht ist, ist nach den Ausfüh-rungen des Finanzamt nachvollziehbar. Auch der Senat hält eine überdurchschnittliche berufliche Nutzung des privaten Telefonanschlusses nicht für hinreichend glaubhaft gemacht.

2. Das Finanzamt hat auch zu Recht die Aufwendungen für die Anschaffung eines Paar Schuhe nicht als Werbungskosten berücksichtigt. Aufwendungen für die Anschaffung von Bekleidung sind grundsätzlich den nicht als Werbungsko-sten berücksichtigungsfähigen Kosten der allgemeinen Lebensführung zuzuordnen. Sie sind nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann nicht abziehbar, wenn die Bekleidung nahezu ausschließlich während der Berufsausübung getragen wird. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt aber nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG bei Aufwendungen für typische Berufskleidung. Dies ist Kleidung, die als Arbeitsmittel ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Ver-wendung bestimmt und wegen der Eigenart des Berufs nötig ist (BFH-Urteile vom 29.6.1993 VI R 77/91, BFHE 171, 525, BStBl II 1993, 837; vom 6.12.1990 IV R 65/90, BFHE 163, 134, BStBl II 1991, 348). Liegt die Benutzung eines Kleidungsstückes als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen, so sind die Aufwendungen für diese Kleidung wegen des Abzugsverbots des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ebensowenig als Werbungskosten absetzbar wie die für jede andere bürgerliche Kleidung, die überwiegend oder auch so gut wie ausschließlich im Be-ruf getragen wird. Nach diesen Grundsätzen können schwarze Halbschuhe nicht als so genannte typische Berufskleidung beurteilt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob derartige Schuhe über die Bekleidungskasse der Bundeswehr bezogen werden oder im freien Schuhhandel. Abgesehen davon, daß schwarze Halbschuhe in keinem Fall zur typischen Berufskleidung zählen, kommt im Streitfall hinzu, daß der Kauf in einem normalen Schuhgeschäft ein besonderes Indiz dafür ist, daß die Schuhe auch unter dem Gesichtspunkt ausgesucht worden sind, sie zu normaler bürgerlicher Kleidung, also nicht nur zur Uniform, tragen zu können.

3. Das Finanzamt hat auf die Anschaffungskosten der Standard-Software „MS Office 4.3“ von 1.032,90 DM und des Updates von 50 DM im Ergebnis zutreffend nur 257 DM als Werbungsko-sten zum Abzug zugelassen, nämlich Normal-AfA entsprechend einer betriebsgewöhnlichen Nut-zungsdauer von fünf Jahren gemäß § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG (AfA 20 v.H. = 207 DM) zuzüg-lich der Aufwendungen für das Update, wobei offen bleiben kann, ob der neben der Normal-AfA zum Abzug gekommene Betrag von 50 DM als Absetzung wegen außergewöhnlicher technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 5 EStG oder als Erhaltungsaufwand zu be-urteilen ist. Entgegen der Auffassung der Kläger berechtigt das noch im Anschaffungsjahr bezogene Update auf die Version 4.3 c jedenfalls nicht zur Vornahme einer Vollabsetzung des Restwertes bzw. der Anschaffungskosten der alten Programmversion wegen außergewöhnlicher technischer oder wirt-

Page 83: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 83

schaftlicher Abnutzung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 EStG. Allerdings wird in der Literatur die Auffas-sung vertreten, wegen häufigen Updatings sei in Anbetracht des sehr starken Wertverlustes der alten Programmversion beim Erwerb des neuen Programmes eine sofortige Abschreibung wegen außergewöhnlicher wirtschaftlicher Abnutzung vorzunehmen (Söhn in Kirchhoff/Söhn, § 4 Rdnr. E 1200 „Software“ unter Hinweis auf Handzik, FR 1988, 401). Dem vermag der Senat jedoch nicht zu folgen. a) Der bloße Wertverlust kann bei voraussichtlich andauernder Wertminderung allenfalls zu ei-

ner Absetzung auf den niedrigeren Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG führen, die aber nur bei den Gewinneinkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) zulässig ist, sofern der Gewinn durch Vermögensvergleich (§§ 4 Abs. 1, 5 EStG) ermittelt wird, mithin hier bereits mangels Vorliegens von Gewinneinkünften nicht in Betracht kommt.

b) Eine auch bei den Überschußeinkünften wie hier den Einkünften aus nichtselbstständiger Ar-

beit mögliche Absetzung wegen außergewöhnlicher technischer oder wirtschaftlicher Abnut-zung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 EStG setzt dagegen eine Substanzeinbuße (technische Abnut-zung) oder eine dauerhafte Einschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit oder Verwen-dungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) durch außergewöhnliche Umstände voraus. Insbesondere soll eine AfaA nicht eine etwaige im Veräußerungsfall eintretende Wertminde-rung, sondern die Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des Wirtschaftsgutes berücksichtigen, die nicht durch den gewöhnlichen Gebrauch, sondern durch einen außergewöhnlichen Umstand verursacht wird (BFH-Urteile vom 8.7.1980 VIII R 176/78, 131, 310, BStBl II 1980, 743; vom 8.4.1986 IX R 82/82, BFH/NV 1986, 528; vom 31.1.1992 VI R 57/88, BFHE 166, 502, BStBl II 1992, 401). Eine AfaA wegen technischer Abnutzung scheidet aus, weil das erworbene Programmpaket vor Aufspielen des Updates voll funktionsfähig war und jederzeit vom erworbenen Speicher-medium (Diskette, CD-ROM) wieder auf den PC installiert werden kann. Insoweit geht das Argument der Kläger fehl, durch die Installation des Updates werde das alte Programm über-schrieben und sei dieses deshalb nicht mehr funktionsfähig. Die Funktionsfähigkeit der alten Programmversion kann jederzeit durch deren Neuinstallation wiederhergestellt werden, ohne daß Kosten entstehen. Auch eine AfaA wegen wirtschaftlicher Abnutzung scheidet jedenfalls insoweit aus, als die Kläger den vollen Abzug der Anschaffungskosten des Programms zusätzlich zum (gewährten) Abzug der Aufwendungen für das Update begehren. Es trifft zwar zu, daß bei vollständiger Auswechselung der Computer beim Arbeitgeber gegen nicht kompatible Nachfolgegeräte der Arbeitnehmer zur Vornahme einer AfaA für seinen pri-vaten, nahezu ausschließlich beruflich genutzten PC berechtigt ist (vgl. das von den Klägern angeführte Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 1.7.1992 XIV K 453/88 E, EFG 1992, 660; Handzik in Littmann, § 7 EStG, Rdnr. 163; Drenseck in Schmidt, § 7 EStG Rdnr. 123), weil nunmehr die berufliche Nutzung mangels Kompatibilität nicht mehr möglich und deshalb aufgrund eines außergewöhnlichen Ereignisses eine wirtschaftliche Abnutzung eingetreten ist, die eine Neuanschaffung notwendig gemacht hat. Es mag auch sein, daß, wie die Kläger vortragen, die Nutzung seiner Programmversion man-gels Kompatibilität zu der im dienstlichen Bereich des Klägers verwendeten neuen Pro-grammversion nicht mehr sinnvoll möglich war und durch das Update die Kompatibilität wie-der hergestellt worden ist und deshalb die Voraussetzungen für eine AfaA vorgelegen haben. Ob dies tatsächlich so zutrifft, braucht indes nicht weiter aufgeklärt zu werden. Kann nämlich die außergewöhnliche Abnutzung durch sofort abzugsfähige Erhaltungsauf-wendungen ausgeglichen werden, ist eine AfaA nach herrschender Meinung in der Kom-mentarliteratur nicht anzuerkennen, weil es anderenfalls zur doppelten steuerlichen Berück-sichtigung der Abnutzung im Wege der AfaA und zusätzlich im Wege des Erhaltungsaufwan-des käme (Handzik in Littmann, § 7 EStG, Rdnr. 166; Drenseck in Schmidt § 7 EStG, Rdnr. 128, Werndl in Kirchhoff/Söhn § 7 EStG, Rdnr. B 163; Nolde in Hermann-Heuer-Raupach § 7 EStG, Rdnr. 252).

Page 84: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 84 Heft 1/2005

Der Senat folgt dieser Auffassung, weil sie dem Wesen und Ziel der Regelungen über die Ab-setzungen für Abnutzung entspricht. Denn hierbei geht es darum, die Verteilung der An-schaffungskosten oder Herstellungskosten eines zur Erzielung von Einkünften genutzten Wirtschaftsguts im Ausmaß des dabei entstehenden Werteverzehrs vorzunehmen. Die AfaA soll letztlich den durch Ansatz der an der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer orientierten Normal-AfA nicht berücksichtigten außergewöhnlichen Werteverzehr erfassen. Wird dieser aber durch als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilende Aufwendungen bereits als Be-triebsausgabe oder Werbungskosten berücksichtigt, ist kein Raum mehr für einen Abzug als AfaA, da der Werteverzehr bereits als Erhaltungsaufwand berücksichtigt ist.

c) Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Finanzamt der Berechnung der AfA auf die An-schaffungskosten der Software eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von fünf Jahren zugrunde gelegt hat. Die Abschreibungsdauer von Standard-Software, um die es sich hier handelt, muß sich in der Regel an der für Hardware orientieren (Söhn in Kirchhoff/Söhn, § 4 EStG, Rdnr. E 1200 „Software“). Dies hat seinen wesentlichen Grund darin, daß die ständig fortschreitende Ent-wicklung in beiden Bereichen weitgehend parallel verläuft, weil die Entwicklung der Hardware hinsichtlich Rechnergeschwindigkeit und Speicherkapazität die Ressourcen-Grenzen für die Software-Entwicklung vorgibt, umgekehrt die Software-Entwicklung immer größere Ressour-cen des Systems verlangt und damit ständig höhere Anforderungen an die Hardware stellt. Für im Streitjahr angeschaffte PC war für den Regelfall noch von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren auszugehen (BFH-Urteil vom 8.11.1996 VI R 29/96, BFH/NV 1997, 288; BFH-Beschluß vom 16.6.1995 X B 237/94, BFH/NV 1995, 1062. Denn die rasch fortschreitende technische Entwicklung hat bereits bei der Aufstellung der insoweit zugrunde liegenden AfA-Tabelle und der generellen Schätzung der Nutzungsdauer von fünf Jahren (BFH-Urteil vom 8.11.1996 VI R 29/96 und BFH-Beschluß vom 16.6.1995 X B 237/94, a.a.O.) und offensichtlich zeitnah in den späteren AfA-Tabellen Berücksichtigung gefunden; so ist nach lfd.-Nr. 6.13.3.2 der mit BMF-Schreiben vom 18.4.1997 (BStBl I 1997, 376) veröffent-lichten amtlichen AfA-Tabelle für nach dem 30.6.1997 neu angeschaffte PC/Notebooks/Workstations u.ä. von einer vierjährigen Nutzungsdauer auszugehen, gemäß Tz. 6.13.3.2 der mit BMF-Schreiben vom 15.12.2000 veröffentlichten AfA-Tabelle bei An-schaffung nach dem 31.12.2000 von einer dreijährigen Nutzungsdauer. Kürzere Nutzungs-dauern sind abweichend von den AfA-Tabellen im konkreten Einzelfall nur dann zugrunde zu legen, wenn objektiv nachprüfbare Gründe hierfür vorliegen und vorgetragen werden (BFH-Urteil vom 8.11.1996 VI R 29/96 und BFH-Beschluß vom 16.6.1995 X B 237/94, a.a.O.). Die Kläger haben derartige Gründe weder vorgetragen noch sind solche ersichtlich, so daß eine kürzere Nutzungsdauer als vom Finanzamt zugrunde gelegt nicht angesetzt werden kann. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).“

Ertragsteuerliche Behandlung von Baukostenzuschüssen bei Energie- und Wasserversorgungsunternehmen

BKPV 21/2005

1) BMF-Schreiben vom 27.5.2003 - IV A 6 - S 2137 - 25/03 (BStBl 2003 I S. 361) siehe BKPV 24/2003 2) BMF-Schreiben vom 11.11.2003 - IV A 6 - S 2137 - 52/03 „Energieversorgungsunternehmen, Baukostenzuschüsse, Eigenbetriebsverordnungen der Länder: Wird von Energieversorgungsunternehmen für Baukostenzuschüsse, die in Wirtschaftsjahren ab 2003 ver-einbart werden von der nach den Eigenbetriebsverordnungen der Länder gegebenen Passivierungs-möglichkeit mit Auflösung über 20 Jahre Gebrauch gemacht, sind die Baukostenzuschüsse nach dem BMF-Schreiben vom 27.5.2003 (BStBl 2003 I S. 361) in voller Höhe als Betriebseinnahmen zu erfas-sen.

Page 85: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 85

Nach den Eigenbetriebsverordnungen der Länder können Ertragszuschüsse passiviert und über 20 Jahre verteilt ratierlich aufgelöst werden. Baukostenzuschüsse können genauso behandelt werden. Baukostenzuschüsse können aber auch von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezu-schußten Anlagen abgesetzt werden. Es handelt sich demnach um ein Wahlrecht. Mit BMF-Schreiben vom 27.5.2003 (BStBl 2003 I S. 361) ist entschieden worden, daß es sich bei nicht rückzahlbaren Beträgen, die Versorgungsunternehmen dem Kunden als privatem oder gewerblichem Endabnehmer oder dem Weiterverteiler im Zusammenhang mit der Herstellung des Versorgungsan-schlusses als Baukostenzuschüsse in Rechnung stellen, um Vermögensvorteile handelt, die der Zu-schußgeber zur Förderung des in seinem Interesse liegenden Zwecks, nämlich der Herstellung des An-schlusses, dem Zuwendungsempfänger zuwendet. Die ertragsteuerrechtlichen Folgen ergeben sich aus R 34 Abs. 2 EStR. Danach hat das Versorgungsunternehmen ein Wahlrecht, die empfangenen Zu-schüsse als Betriebseinnahmen zu erfassen oder erfolgsneutral von den durch das Unternehmen selbst getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten für den Versorgungsanschluß abzuziehen. Damit ist steuerrechtlich entschieden, daß das in den Eigenbetriebsverordnungen enthaltene Wahlrecht im Sinne einer Passivierung steuerrechtlich nicht in Frage kommt. Zur Übergangsregelung vgl. BMF-Schreiben vom 27.5.2003 (a.a.O.). Vollkaufleute und bestimmte andere Gewerbetreibende haben bei der Gewinnermittlung den Maßgeb-lichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG zu beachten. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmt, daß steuer-rechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jah-resbilanz auszuüben sind (sog. umgekehrte Maßgeblichkeit). Für die ertragsteuerliche Behandlung der o.g. Baukostenzuschüsse bedeutet dies, daß das Wahlrecht nach R 34 Abs. 2 EStR nur anzuerkennen ist, wenn in der Handelsbilanz entsprechend verfahren wird. Das BMF-Schreiben vom 27.5.2003 (a.a.O.) schränkt das Wahlrecht der Eigenbetriebsverordnung insoweit steuerrechtlich ein. Wird han-delsrechtlich weiterhin - d.h. auch für Baukostenzuschüsse, die in Wirtschaftsjahren vereinbart werden, die nach dem 31.12.2002 beginnen - von der Passivierungsmöglichkeit mit Auflösung . über 20 Jahre Gebrauch gemacht, kann das steuerrechtliche Wahlrecht nicht abweichend ausgeübt werden mit der Folge, daß in solchen Fällen steuerrechtlich die Baukostenzuschüsse in voller Höhe als Betriebsein-nahmen zu erfassen sind. Eine Neutralisierung über die Verrechnung mit den Anschaffungs- oder Her-stellungskosten ist in diesen Fällen nicht möglich. Eine andere Lösung läßt das BMF-Schreiben vom 27.5.2003 (a.a.O.) nicht mehr zu. Zu Ihrer Frage, ob eine Änderung der Eigenbetriebsverordnungen geplant ist, habe ich Ihre Eingabe an das Bundesministerium des Innern weitergeleitet.“ 3) Schreiben des IdW an das Bundesministeriums der Finanzen vom 4.3.2004 „Sehr geehrte Damen und Herren, mit großem Interesse haben wir das o.g. BMF-Schreiben zur Kenntnis genommen. Nachdem uns hierzu auch zahlreiche Anfragen aus unserem Mitgliederkreis erreicht haben, haben wir das Schreiben in unserem Fachausschuß für öffentliche Unternehmen und Verwaltungen (ÖFA) erörtert und möchten Ihnen das Ergebnis der Diskussion im Folgenden mitteilen: Das BMF-Schreiben geht davon aus, daß nicht rückzahlbare Beträge, die Versorgungsunternehmen dem Kunden als privatem oder gewerblichen Endabnehmer oder dem Weiterverteiler im Zusammen-hang mit der Herstellung des Versorgungsanschlusses als Baukostenzuschüsse in Rechnung stellen, nach den Grundsätzen von R 34 Abs. 2 EStR entweder als Betriebseinnahme zu erfassen oder er-folgsneutral von den durch das Unternehmen selbst getragenen Anschaffungs- oder Herstellungsko-sten für den Versorgungsanschluß abzuziehen sind. Zugleich wird ausgeführt, daß nicht rückzahlbare Beträge Vermögensvorteile sind, die der Zuschußgeber zur Förderung des in seinem Interesse Hegen-den Zwecks, nämlich der Herstellung des Anschlusses, dem Zuschußempfänger zuwendet. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß R 34 EStR nur solche Zuschüsse abdecken soll, bei denen kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit einer Leistung des Empfängers (hier das Versorgungsunternehmen) feststellbar ist (vgl. R 34 Abs. 1 Satz 3 EStR). Ein solcher Zusammenhang besteht aber deshalb, weil der Zuschußge-ber die Herstellung des Anschlusses erwartet und auch aufgrund der vertraglichen Regelungen verlan-gen kann. Zum anderen besteht eine weitere Hauptpflicht in der dauerhaften zur Verfügungstellung des

Page 86: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 86 Heft 1/2005

Anschlusses an das Leitungsnetz und damit in der Verpflichtung zur Sicherung der Lieferbereitschaft mit Strom, Wasser, Gas, etc. Diese Leistungsverpflichtungen des Zuschußempfängers haben zur Folge, daß der empfangene Betrag nach Maßgabe der Erfüllung aller bestehenden Verpflichtung ertragswirksam zu vereinnahmen ist (vgl. die als Anlage beigefügte Stellungnahme HFA 2/1996: „Zur Bilanzierung privater Zuschüsse", Abschn. 2111). Da der Zeitraum, für den der Zuschußempfänger die Leistung schuldet, zeitlich nicht begrenzt ist, ist dieser nach objektiven Kriterien zu bestimmen (vgl. Stellungnahme HFA 2/1996, Abschn. 2111 .a). Als Anhaltspunkt für einen Mindestzeitraum bietet sich hier die Nutzungsdauer des bezuschußten Vermö-gensgegenstandes an (vgl. BFH vom 9.12.1993, BStBI. 1995 II, S. 202 ff.). Der Teil des Baukostenzu-schusses, der als Vorausleistung des Zuschußgebers auf die noch nicht erfüllte zeitraumbezogene Gegenleistungsverpflichtung des Zuschußempfängers entfällt, ist passivisch abzugrenzen. Diese handelsrechtliche Vorgehensweise ist auch insofern geboten, als die Auflösung der Baukosten-zuschüsse mindernd bei der Ermittlung der Netznutzungsentgelte berücksichtigt wird (vgl. bspw. Abschn. 2.1.1. der Verbändevereinbarung über Kriterien zur Bestimmung von Netznutzungsentgelten für elektrische Energie und über Prinzipien der Netznutzung vom 13.12.2001). Dies wird auch deutlich durch die vom Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) geplante Novellierung der allgemeinen Versorgungsbedingungen, wonach Baukostenzuschüsse bis 2010 schrittweise abge-schafft werden sollen, da durch die Berücksichtigung bereits gezahlter Baukostenzuschüsse bei den Netznutzungsentgelten die tatsächlichen Netzentgelte nicht erkennbar sind. Für Eigenbetriebe gelten von den allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen abweichende gesetzli-che Vorschriften. Daher können hier Ertragszuschüsse, zu denen auch Baukostenzuschüsse gehören, wahlweise als Passivposten angesetzt oder von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezu-schußten Anlage abgesetzt werden (z.B. § 22 Abs. 3 Satz 1 EigVO NRW i.V.m. § 263 HGB). Werden derartige Ertragszuschüsse passiviert, so sind sie jährlich mit einem 2Qlggtel aufzulösen. Dieser Auflö-sungssatz wurde aus Vereinfachungsgründen in der Vergangenheit unterstellt, da dieser in etwa der gewöhnlichen Nutzungsdauer der Netzanlagen entsprach. Aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips ist u.E. für die Besteuerung von Baukostenzuschüssen der oben dargestellten handelsrechtlichen Bilanzierung bzw. den für Eigenbetrieben geltenden Sonderregelun-gen zu folgen.“ 4) BMF-Schreiben vom 7.10.2004 - IV B 2-S 2137-2/04 - (Steuereildienst 2004, 692) „Es wird im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes mitgeteilt: Unter der Voraussetzung, daß in der Steuerbilanz in jedem Fall bei Inanspruchnahme des Wahlrechts nach R 34 Abs. 2 EStR, den Zuschuß mit den Anschaffungs-, oder Herstellungskosten des bezu-schußten Wirtschaftsguts direkt zu verrechnen, dies durch die unmittelbare Minderung der Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten erfolgt, bestehen keine Bedenken, den handelsbilanziellen Ausweis der Baukostenzuschüsse als Investitionszuschüsse nach dem BMF-Schreiben vom 27.5.2003 (a.a.O.) nach den folgenden drei Methoden zuzulassen: 1. unmittelbare Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten („Nettoausweis") auch in der

Handelsbilanz. 2. unmittelbare Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten („Nettoausweis") auch in der

Handelsbilanz, daneben Bildung je eines aktivischen Wertberichtigungspostens in Höhe des auf das jeweilige Wirtschaftsgut entfallenden (Teils des)Zuschußbetrages („aktivischer Bruttoausweis") mit übereinstimmender Abschreibung des Wirtschaftsguts und des jeweiligen Wertberichtigungs-postens oder

3. Aktivierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten in ungekürzter Höhe und Bildung je eines

Sonderpostens für Investitionszuschüsse in Höhe des auf das jeweilige Wirtschaftsgut entfallen-den (Teils des) Zuschußbetrages („passivischer Bruttoausweis") mit übereinstimmender Abschrei-bung des Wirtschaftsguts und Auflösung des Sonderpostens.

Page 87: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 87

Die Auswirkungen auf den Gewinn oder den Verlust sind in allen drei Fällen gleich. Es handelt sich da-her nur um ein handelsbilanzielles Ausweiswahlrecht, das dem Maßgeblichkeitsgebot des R 34 Abs. 2 Satz 4 EStR nicht entgegen steht, solange der jeweilige Wertberichtigungs- oder Sonderposten bezo-gen auf jedes einzelne Wirtschaftsgut gebildet und in Übereinstimmung mit dem Wirtschaftsgut abge-schrieben oder aufgelöst wird.“ 5) Schreiben des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen an den BKPV vom 18.2.2004 „Sehr geehrte Damen und Herren, (...) Zwischenzeitlich haben die für Einkommensteuer zuständigen Vertreter des Bundes und der obersten Finanzbehörden der Länder entschieden, daß das BMF-Schreiben vom 27. Mai 2003 zur ertragsteuerli-chen Behandlung von Baukostenzuschüssen bei Energieversorgungsunternehmen auch auf Wasser-versorgungsunternehmen anzuwenden ist. Dies gilt für Baukostenzuschüsse, die in Wirtschaftsjahren vereinbart werden, die nach dem 31.12.2002 beginnen. Für Zuschüsse, die vor diesem Zeitpunkt vereinbart wurden, kann entsprechend der Regelung in der Körperschaftsteuerkartei zu § l Abs. l Nr.6 KStG Karte 1.4.3. entweder eine Kürzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten erfolgen oder ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Wird ein Passivposten gebildet, ist dieser ist über einen Zeitraum von zwanzig Jahren aufzulösen. Diese Regelung korrespondiert mit der Vorschrift des § 21 Abs. 3 Satz 4 Eigenbetriebsverordnung. Auch wenn mit Wirkung vom 01.12.2001 die Eigenbetriebsverordnung ergänzt wurde und sich nach § 21 Abs. 3 Satz. 5 Eigenbetriebsverordnung der Auflösungssatz nun auch nach der durchschnittlichen Nutzungsdauer der Anlagen bemessen kann, ist steuerlich nicht von dem zwanzigjährigen Auflösungs-zeitraum abzuweichen. Grundsätzlich gehen die steuerlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung den Vorschriften in der Eigenbetriebsverordnung vor. Die Regelung in der Körperschaftsteuerkartei ist deshalb nicht aufgrund der Ergänzung der Eigenbetriebsverordnung weitergehend auszulegen. Die Auflösung eines gebildeten Passivpostens über einen der Nutzungsdauer entsprechenden Zeitraum ist nicht erforderlich, da das gleiche steuerliche Ergebnis ebenso durch die Kürzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten erreicht werden kann. Infolge der Anwendung von R 34 Abs. 2 Satz 5 EStR besteht jedoch die Möglichkeit, den Rechnungs-abgrenzungsposten vorzeitig in voller Höhe aufzulösen.“ Anmerkung: Wir empfehlen, die Kürzung der Baukostenzuschüsse vom Anlagevermögen. Keine Pensionsrückstellung für einen beim Eigenbetrieb eines Landkreises tätigen Beamten bei Mitgliedschaft des Kreises in einer Versorgungskasse

BKPV 22/2005

Hessisches Finanzgericht, Urteil des Senats vom 18.3.2004, 4 K 3575/00, Revision zugelassen (Steuer-eildienst 2004, 373) „Ein hessischer Landkreis, der Mitglied einer Beamtenversorgungskasse ist, kann grundsätzlich für die künftige Versorgung eines Beamten, der für einen Eigenbetrieb i.S. des Hessischen Eigenbetriebsge-setzes tätig wird, wobei der Eigenbetrieb durch Erstattung der vom Landkreis zu tragenden Umlagen für die Versorgungskasse diese letztlich mitfinanziert, keine Rückstellung bilden. Dasselbe gilt für künftige Beihilfeverpflichtungen.“ Pensionsrückstellung: Nachholverbot nach § 6 a Abs. 4 Satz 1 EStG auch bei auf einem Rechtsirrtum beruhenden fehlerhaften Ansatz einer Pensionsrückstellung

BKPV 23/2005

BMF-Schreiben vom 11.12.2003 - IV A 6 - S 2176 - 70/03 (BStBl 2003 I S. 746) Bezug: BFH-Urteil vom 10.7.2002, I R 88/01

Page 88: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 88 Heft 1/2005

„Nach § 6 a Abs. 4 Satz 1 EStG kann eine Pensionsrückstellung in einem Wirtschaftsjahr höchstens um den Unterschied zwischen dem Teilwert der Pensionsverpflichtung am Schluß des Wirtschaftsjahres und am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres erhöht werden. Rückstellungsbeträge, die in einem Wirtschaftsjahr zulässig gewesen wären, können in einem späteren Wirtschaftsjahr grundsätzlich nicht nachgeholt werden (sog. Nachholverbot). Durch diese Regelung soll eine willkürliche Rückstel-lungsbildung und die damit verbundene Verzerrung des Periodengewinns vermieden werden (Bundes-tags-Drucksache 7/1281, Seite 40). Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 10.7.2002, BStBl 2003 II S. 936, entschieden, daß das Nach-holverbot gemäß § 6 a Abs. 4 Satz 1 EStG auch bei Rückstellungen anzuwenden ist, die in einem vo-rangegangenen Wirtschaftsjahr aufgrund einer zulässigen Berechnungsmethode niedriger als möglich bewertet worden sind. Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist das Nachholverbot gemäß § 6 a Abs. 4 Satz 1 EStG auch dann anzuwenden, wenn der fehlende oder fehlerhafte Ansatz einer Pensi-onsrückstellung auf einem Rechtsirrtum beruht. Das gilt unabhängig davon, ob nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles eine willkürliche Gewinnverschiebung anzunehmen ist. Etwas anderes ergibt sich aus dem eindeutigen Regelungswortlaut des § 6 a Abs. 4 EStG nicht.“ Bewertung von Pensionsrückstellungen und Zuwendungen an Unterstützungskassen

BKPV 24/2005

vgl. BKPV 18/2002 BMF-Schreiben vom 10.1.2003 - IV A 6 - S 2176 - 1/03 (BStBl 2003 I S. 76) Das sog. Näherungsverfahren zur Berücksichtigung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversiche-rung bei der Bewertung von Pensionsverpflichtungen und bei der Ermittlung der als Betriebsausgaben abzugsfähigen Zuwendungen an Unterstützungskassen ist zuletzt im BMF-Schreiben vom 5.10.2001 (BStBl 2001 l S. 661) dargestellt worden. Nach dem Ergebnis einer Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ergeben sich auf-grund des Gesetzes zur Sicherung der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der gesetzlichen Rentenversicherung (Beitragssatzsicherungsgesetz - BSSichG -) vom 23.12.2002 (BGBl 2002 l S. 4637) folgende Auswirkungen auf die Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6 a EStG und die Ermittlung der als Betriebsausgaben abzugsfähigen Zuwendungen an Unterstüt-zungskassen nach § 4 d EStG: l. Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen Nach § 275 c des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) erhöht sich die monatliche Beitrags-bemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten auf 5.100 Euro (West) bzw. 4.250 Euro (Ost) und in der knappschaftlichen Rentenversicherung auf 6.250 Euro (West) bzw. 5.250 Euro (Ost). Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen erfordert eine Anpassung des bislang zugelassenen Näherungsverfahrens. Die Randnummern 3 und 19 des BMF-Schreibens vom 5.10.2001 (BStBl 2001 l S. 661) sind in folgender Fassung zu berücksichtigen: 1. Randnummer 3 wird wie folgt gefaßt: „1. Steigerungssatz Die Rente eines Arbeitnehmers aus der Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten wird bei der Berechnung der Pensionsrückstellung für jedes Versicherungsjahr mit einem bestimmten Steige-rungssatz der maßgebenden Bezüge (vgl. RdNr. 10) angesetzt. Der Steigerungssatz beträgt 1,09 %, sofern die maßgebenden Bezüge 62 % der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten (vgl. RdNr. 11) nicht übersteigen. Der Steigerungssatz vermindert sich um je 0,0075 Prozentpunkte für jeden angefangenen Prozentpunkt, um den das Verhältnis zwischen den

Page 89: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 89

maßgebenden Bezügen und der Beitragsbemessungsgrenze 62 % übersteigt. Bei maßgebenden Be-zügen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze beträgt der Steigerungssatz 0,805 %. Sofern die maßgebenden Bezüge am Ende des Wirtschaftsjahres der erstmaligen Anwendung dieses BMF-Schreibens (vgl. Tz. 2) 90 % der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Beitragsbemessungsgrenze übersteigen, ist abweichend von dem vorhergehenden Absatz für Versicherungszeiten bis zum Ende dieses Wirtschaftsjahres 0,88 % von 90 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze anzusetzen; hier-bei sind die Versicherungszeiten (vgl. RdNr. 5) kaufmännisch auf volle Jahre auf- oder abzurunden." 2. Randnummer 19 wird folgt gefaßt: „III. Anwendungsbestimmungen Für aktive Anwärter können die Regelungen des angepaßten Näherungsverfahrens erstmals zum Ende des Wirtschaftsjahres angewendet werden, das nach dem 30.12.2002 endet. Es ist nicht zu beanstanden, für Wirtschaftsjahre, die vor dem 30.6.2003 enden, weiterhin das Nähe-rungsverfahren in der Fassung des BMF-Schreibens vom 5.10.2001 (BStBl 2001 l S. 661) anzuwen-den. In diesem Fall sind die folgenden Beitragsbemessungsgrenzen nach der Sozialversicherungs-Re-chengrößenverordnung 2003 vom 17.12.2002 (BGBl 2002 l S. 4561) maßgebend: a) In den westdeutschen Ländern: in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten jährlich 55.200 EURin der knappschaftlichen Rentenversicherung jährlich 67.800 EUR b) In den ostdeutschen Ländern: in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten jährlich 46.200 EURin der knappschaftlichen Rentenversicherung jährlich 56.400 EUR Im Übergangszeitraum sind die Beitragsbemessungsgrenzen einheitlich für alle Rückstellungen im Ar-beitnehmerbereich des Unternehmens (z.B. bei Pensionsverpflichtungen, auch sofern sie nicht von Lei-stungen der gesetzlichen Rentenversicherung abhängen, Jubiläums- und Altersteilzeitverpflichtungen) entweder nach der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2003 oder dem Beitragssatzsiche-rungsgesetz zu berücksichtigen." II. Beitragssätze in der Rentenversicherung Nach § 1 des Gesetzes zur Bestimmung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beitragszahlung des Bundes für Kindererziehungszeiten für das Jahr 2003 (Beitragssatzgesetz 2003 - BSG 2003) werden die Beitragssätze in der Rentenversicherung auf 19,5 % (Arbeiter und Ange-stellte) und 25,9 % (Knappschaften) angehoben. Die Korrekturfaktoren gemäß RdNr. 13 des BMF-Schreibens vom 5.10.2001 (BStBl 2001 l S. 661) sind dementsprechend anzupassen. Danach sind für Wirtschaftsjahre, die nach dem 30.12.2002 enden, folgende Korrekturfaktoren maßgebend:

Page 90: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 90 Heft 1/2005

Versorgungsfall im Jahr anzuwendender Korrekturfaktor K

2003 0,9052

2004 0,8951

2005 0,8895

2006 0,8838

2007 0,8782

2008 0,8726

2009 0,8669

2010 und später 0,8613

Rückstellungen für Beihilfen an Pensionäre BKPV 25/2005 vgl. BKPV 21/2003

vgl. BKPV 19/2003 Finanzministerium Bayern 3.7.2003 - 31 - S 2176 - 101 - 10 898/03 (BB 2003 S. 1950) „Der BFH hat mit Urteil vom 30.1.2002, l R 71/00 entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung ent-schieden, daß für die Verpflichtung, Pensionären und aktiven Mitarbeitern während der Zeit ihres Ru-hestandes in Krankheitsfällen, Geburtsfällen und Todesfällen Beihilfen zu gewähren, eine Rückstellung zu bilden ist. Das BFH-Urteil ist mittlerweile im BStBl 2003 II S. 279 veröffentlicht. In Anbetracht dessen bitte ich, wie folgt zu verfahren: 1. Noch nicht rechtskräftig veranlagte Steuerfälle, in denen in der Handels-/Steuerbilanz eine

Rückstellungsbildung erfolgte, die steuerlich nicht anerkannt wurde Auf noch nicht rechtskräftig veranlagte Steuerfälle, in denen die Rückstellung für die Verpflichtung zu Beihilfen an (künftige) Pensionäre im Krankheits-, Geburts- oder Todesfall während der Zeit ihres Ru-hestandes sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz bereits gebildet, aber auf Grund entge-genstehender Verwaltungsauffassung bisher nicht steuerlich anerkannt worden ist, sind die Urteils-grundsätze uneingeschränkt anwendbar. Anhängigen Einspruchsverfahren kann abgeholfen werden. 2. Steuerfälle, in denen in der Handels-/Steuerbilanz bisher keine Rückstellungsbildung erfolgt

ist Zur Frage der Bilanzberichtigung haben die Einkommensteuer-Referatsleiter der obersten Finanzbe-hörden des Bundes und der Länder (ESt H/03, TOP 8) auf der Grundlage des BFH-Urteils vom 12.11.1992 (BStBl 1993 II S. 392) Folgendes beschlossen: Wurde die Rückstellung für die Verpflichtung zu Beihilfen an (künftige) Pensionäre im Krankheits-, Ge-burts- oder Todesfall während der Zeit ihres Ruhestandes bisher nicht gebildet, darf sie erstmals in der ersten nach Veröffentlichung des Urteils vom 30.1.2002, l R 71/00 (a.a.O.) aufzustellenden Bilanz ge-bildet werden. Zur Bewertung dieser Rückstellungen wiesen die Einkommensteuer-Referatsleiter darauf hin, daß wie im Fall der Vorinstanz (FG Nürnberg vom 18.4.2000, l 156/95, EFG 2000 S. 1306) nicht der Gesamtbe-trag der Verpflichtung bei Beginn einzustellen, sondern die Rückstellung ratierlich anzusammeln sei.

Page 91: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 91

Die Frage, ab welchem Zeitpunkt bei bisher unterbliebener Rückstellungsbildung eine Rückstellung ge-bildet werden darf bzw. ob eine Bilanzberichtigung zulässig ist, soll jedoch nochmals auf Bundesebene erörtert werden. Derartige Fälle bitte ich deshalb bis zu einer endgültigen Entscheidung der Einkommensteuer-Refe-ratsleiter offen zu halten.“ Rückstellung für Anpassungsverpflichtung nach TA Luft BKPV 26/2005 BMF-Schreiben vom 21.1.2003 - IV A 6 - S 2137 - 2/03 (BStBl 2003 I S. 125) Bezug: BMF-Schreiben vom 29.11.2002, IV A 6 - S 2137 - 57/02 „Der BFH hat in seinem Urteil vom 27.6.2001, I R 45/97 (BStBl 2003 II S. 121) im Hinblick auf die Bil-dung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten im Sinne des § 249 HGB entschieden, daß bereits rechtlich entstandene Verpflichtungen unabhängig vom Zeitpunkt ihrer wirtschaftlichen Verursa-chung handels- und steuerrechtlich zu berücksichtigen sind. Dies widerspricht der bislang von Recht-sprechung und Finanzverwaltung (R 31 c Abs. 2 und 4 EStR 2001) vertretenen Auffassung, wonach Rückstellungen erst dann gebildet werden dürfen, wenn sie rechtlich entstanden und wirtschaftlich ver-ursacht sind. Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder ist an der o.g. bishe-rigen Auffassung der Finanzverwaltung weiterhin festzuhalten. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 27.6.2001, I R 45/97 (BStBl 2003 II S. 121 ) sind nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus allge-mein anzuwenden. Der Bundesfinanzhof soll Gelegenheit erhalten, seine Rechtsauffassung in einem geeigneten Verfahren noch einmal zu überprüfen.“ Grundstück, Teilwertabschreibung wegen behördenbekannter Schadstoffbelastung

BKPV 27/2005

BFH-Urteil vom 19.11.2003 - I R 77/01 (Finanz-Rundschau 5/2004, S. 274) Leitsätze: „1. Hat die zuständige Behörde von einer Schadstoffbelastung und einer dadurch bedingten Siche-

rungs- und Sanierungsbedürftigkeit eines Grundstücks Kenntnis erlangt, muß der Zustands- oder Handlungsstörer im Regelfall ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme aus der ihn treffenden Sanie-rungsverpflichtung rechnen (Fortführung der BFH-Urteile in BFHE 172 S. 456, BStBl 1993 II S. 891; in BFH/NV 2002 S. 486).

2. Eine wegen der Schadstoffbelastung erfolgte Teilwertberichtigung eines Grundstücks hindert nicht

die Bewertung einer bestehenden Sanierungsverpflichtung mit dem Erfüllungsbetrag. Dieser ist allerdings um den bei der Erfüllung der Verpflichtung anfallenden und als Anschaffungs- oder Her-stellungskosten zu aktivierenden Aufwand zu mindern (BFH-Urteil in BFHE 196 S. 216, BStBl 2003 II S. 121).“

Sachverhalt: „I. Streitig ist die Passivierung einer Verpflichtung zur Sicherung und Sanierung eines schadstoffbela-

steten Grundstücks. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, befaßt sich mit der Verwaltung und Veräußerung von Grundstücken. Mit Kaufvertrag vom 17.11.1989 erwarb sie ein Betriebsgelände von einer ehemaligen Düngemittelfabrik (D). Diese hatte bereits im Jahre 1988 anläßlich einer damals geplanten Veräußerung dieses Grundstücks wegen Altlastenverdachts Voruntersuchungen durch den Gutachter W anstellen lassen, die Hinweise auf eine Verunreinigung des Untergrundes u.a. durch Kohlenwasserstoffe ergaben. Dieses Ergebnis wurde Vertretern des zuständigen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft in einer Besprechung vom 29.8.1988 vorgestellt. Sie forderten

Page 92: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 92 Heft 1/2005

eine Klärung der Grundwassersituation und eine Erkundung von Bodenverunreinigungen. Im Ok-tober 1988 erfolgte eine Erfassung von Altlastenverdachtsflächen auf dem Grundstück mittels Luftbildaufnahmen, bei der „mit größter Wahrscheinlichkeit eine Standortkontamination“ festgestellt wurde. Dieser Situation trugen die D und die Klägerin im Kaufvertrag über das Grundstück vom 17.11.1989 Rechnung, indem sie unter der Überschrift „Abriß- und Entsorgungsmaßnahmen“ u.a. sinngemäß vereinbarten: „Ziel ist das Erlangen einer behördlichen Erklärung, wonach einer weite-ren industriellen Nutzung des Grundstücks nichts mehr im Wege steht. D verpflichtet sich, die eventuell notwendigen Sanierungsmaßnahmen durchzuführen und eine entsprechende Erklärung der zuständigen Behörde zu erwirken.“ Ein nachfolgend von der Klägerin in Auftrag gegebenes ausführliches Gutachten des Laboratori-ums W vom August 1990 ergab aufgrund der festgestellten Konzentration an Schadstoffen für den nördlichen Teil des Grundstücks einen Sicherungs- und Sanierungsbedarf für den Boden und das Grundwasser. Dieses Gutachten wurde im Rahmen einer weiteren Besprechung vom 25.10.1990 wiederum Vertretern des zuständigen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft und anderer Behör-den bekannt gegeben. Unter den Besprechungsteilnehmern bestand Einvernehmen darin, daß Si-cherungs- und Sanierungsmaßnahmen notwendig seien; sie sollten im Hinblick auf die künftige Nutzung des Grundstücks und, da die Kontaminationen die Grundstücksgrenzen überschritten, in Abstimmung mit dem Eigentümer des Nachbargeländes erfolgen. Mit Kaufvertrag vom 27.9.1991 veräußerte die Klägerin den Südteil des erworbenen Geländes an die Firma E (wobei die D ihre anteilige Sanierungsverpflichtung durch eine Ausgleichszahlung ab-löste), sowie weitere Grundstücksteile an Dritte. Am 18.11.1991 erstellte das Laboratorium W ein abschließendes Gutachten für den der Klägerin verbliebenen nördlichen Teil des Grundstücks, in dem starke Kontaminationen mit kokereispezifi-schen Schadstoffen festgestellt wurden. Bis zur erforderlichen Sanierung, die weitere Untersu-chungen voraussetze, sei das Grundstück zu sichern. Die Kosten wurden „nach dem derzeitigen Kenntnisstand vorläufig“ auf 20,8 Mio. DM geschätzt. Schließlich vereinbarten D und die Klägerin am 22.12.1992, daß nicht die D, wie anläßlich des Kaufs vom 17.11.1989 bestimmt, sondern nunmehr die Klägerin die Sicherung und Sanierung des Nordteils des Grundstücks durchführen sollte, da sie als Eigentümerin kraft Gesetzes die Zu-standsstörerhaftung treffe. Zudem übernahm die Klägerin eine „Verpflichtung zur Überwachung der Deponie L“. Zur Durchführung dieser Maßnahmen stellte D der Klägerin den Betrag von 20,8 Mio. DM zur Verfügung. Die Klägerin aktivierte das erworbene Grundstück nach dessen Erwerb im Jahr 1989 als Anlage-vermögen in Höhe des an die D entrichteten Kaufpreises von 40.922.325 DM. 1990 nahm sie „ku-mulierte“ Abschreibungen in Höhe von 4.551.401 DM vor. 1991 verbuchte sie die erfolgten Ab-gänge infolge der Veräußerungen von Teilen des südlichen Grundstücks in Höhe von insgesamt 33.308.970 DM; zudem nahm sie weitere „kumulierte“ Abschreibungen in Höhe von 582.391 DM vor. Die Bilanz zum 31.12.1991 wies somit einen Buchwert des unbebauten Grundstücks in Höhe von 2.479.563 DM aus, von dem ein Betrag von 1.992.152 DM auf den streitbefangenen Nordteil entfiel. Den ihr von der D zugeflossenen Betrag von 20,8 Mio. DM erfaßte die Klägerin in der Bi-lanz des Streitjahres 1992 als betrieblichen Ertrag. Gleichzeitig passivierte sie die vorliegend strei-tige „Rückstellung für Sanierungsverpflichtungen“ in derselben Höhe. Im Rahmen einer Außenprüfung nahm der Prüfer - aufgrund der unstreitig gegebenen Schadstoff-belastung - auf den streitbefangenen Nordteil des Grundstück der Klägerin zum 31.12.1992 eine Teilwertabschreibung (um 1.992.151 DM) auf einen Restbuchwert von 1 DM vor. Dagegen er-kannte er die von der Klägerin gebildete Rückstellung in Höhe von 20,8 Mio. DM nicht an. Dem-entsprechend erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) geänderte Be-scheide laut Rubrum. Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, das FA sei zu Recht davon ausgegangen, daß es sich bei der Zahlung von 20,8 Mio. DM um einen erfolgswirk-sam zu erfassenden sonstigen Ertrag der Klägerin handele, den diese in der Bilanz zum 31.12.1992 weder durch die Passivierung einer Verbindlichkeit noch durch die Bildung einer Rück-

Page 93: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 93

stellung neutralisieren könne. Auf die in EFG 2001, 1488 abgedruckten Entscheidungsgründe wird verwiesen. Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG), § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sowie § 249 Abs. 1, § 253 Abs. 1 Satz 2 und § 266 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Sie beantragt, die Vorentschei dung aufzuheben, die Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag für das Streitjahr 1992 mit 0 DM festzusetzen und den vortragsfähigen Verlust zum 31.12.1992 (wie von ihr beziffert) sowie die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals (vEK) der Klägerin gemäß § 47 Abs. 1 KStG zum 31.12.1992 (wie von ihr beziffert) gesondert festzustellen. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung

der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Die Feststellungen des FG tragen nicht seine Entscheidung, daß die Klägerin zum Bilanzstichtag des Streitjahres 1992 nicht (mehr) ernsthaft mit einer Inanspruch-nahme durch die zuständigen Fachbehörden im Hinblick auf die Schadstoffbelastung des erwor-benen Grundstücks rechnen musste und daher in ihrer Bilanz des Streitjahres 1992 keine entspre-chende Verbindlichkeit ausweisen durfte.

1. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG hat die Klägerin in ihren Bilanzen das

Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmä-ßiger Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Die „handelsrechtlichen“ GoB ergeben sich u.a. aus den Bestimmungen des Ersten Abschnitts des Dritten Buchs „Vorschriften für alle Kauf-leute“ der §§ 238 ff. HGB.

2. Nach § 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 242 Abs. 1, § 246 Abs. 1 HGB hat der Kaufmann in seiner

Bilanz für den Schluß eines Geschäftsjahres u.a. seine Verbindlichkeiten (Schulden) vollstän-dig auszuweisen. Eine Verbindlichkeit verkörpert eine dem Inhalt und der Höhe nach be-stimmte Leistungspflicht, die erzwingbar ist und zudem eine wirtschaftliche Belastung darstellt (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4.2.1999 IV R 54/97, BFHE 187, 418, BStBl II 2000, 139; vom 6.4.2000 IV R 31/99, BFH/NV 2000, 1161; vom 5.6.2002 I R 96/00, BFHE 199, 309). Ist eine bestehende Verbindlichkeit der Höhe nach noch ungewiß, ist sie unter den Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten i.S. des § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB auszuwei-sen. Zu passivieren sind unbestritten auch Verbindlichkeiten, die ihre Ursache im Bereich des öffentlichen Rechts finden.

3. Die Verpflichtung, deren Passivierung die Klägerin zum Bilanzstichtag 31.12.1992 begehrt,

war auf Sicherung und Sanierung des streitigen Nordteils des erworbenen Grundstücks ge-richtet; sie findet ihre Grundlage im öffentlichen Polizei- oder Ordnungsrecht. Die Verpflich-tung der Klägerin bestand unabhängig davon, wie die öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit für eine durch die Kontamination des Bodens und Grundwassers auf dem erworbenen Grund-stück verursachte Gefahr im Verhältnis zwischen der Handlungsstörerin D und der Klägerin als Zustandsstörerin zu verteilen ist. Zwar steht die Auswahl der Inanspruchnahme eines der Verantwortlichen regelmäßig im Ermessen der Behörde; dabei überwiegt grundsätzlich das öffentliche Interesse an einer effektiven Gefahrenabwehr bzw. Störungsbeseitigung (vgl. dazu Kloepfer/Thull, Deutsches Verwaltungsblatt - DVBl - 1989, 1121; Kothe, Verwaltungsarchiv - VerwArch - 88, 456, 490, jeweils m.w.N.). Unabhängig von der polizei- oder ordnungsrechtli-chen Beurteilung liegt aber das Innenverhältnis zwischen mehreren Störern - seien es Hand-lungsstörer (vorliegend die D), Zustandsstörer (vorliegend die Klägerin) oder beide - außer-halb des Regelungsbereichs des Polizeirechts. Das Polizeirecht hat die Regelung dieses Be-reichs vielmehr dem bürgerlichen Recht überlassen (Urteile des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 18.9.1986 III ZR 227/84, NJW 1987, 187, 188; vom 11.6.1981 III ZR 39/80, NJW 1981, 2457 f.; vgl. auch Kloepfer/Thull, DVBl 1989, 1123). Dabei kommen gesetzliche Ansprüche in Betracht (vgl. dazu im Einzelnen Kloepfer/Thull, DVBl 1989, 1123 ff.; Kothe, VerwArch, 88, 490 ff.), die Parteien können die Regelung der Verantwortlichkeit im Innenverhältnis aber auch einzelvertraglich regeln.

Page 94: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 94 Heft 1/2005

Dementsprechend haben die Beteiligten der Vereinbarung vom 22.12.1992 eine Regelung getroffen, wonach die Klägerin unabhängig von der ordnungsrechtlichen Rechtslage und ab-weichend von den ursprünglich geltenden Bestimmungen des Kaufvertrages verpflichtet wurde, die Sicherung und Sanierung des Nordteils des erworbenen Grundstücks vorzuneh-men; davon geht auch die Vorentscheidung aus. Die Verpflichtung der Klägerin umfasst zwar einerseits die Freistellung der D im Falle ihrer Inanspruchnahme, auf die von der Klägerin vorzunehmende Sicherung und Sanierung des Grundstücks bestand darüber hinaus aber auch ein Anspruch des Gemeinwesens oder sonstiger Dritter. Daher kommt der dahin gehen-den Verpflichtung der Klägerin über das Innenverhältnis zur D hinaus rechtliche und wirt-schaftliche Bedeutung im Außenverhältnis zu. Es handelt sich nicht um eine bloße Obliegen-heit zur Erhaltung der eigenen Betriebsbereitschaft - Aufwandsrückstellung - (vgl. BFH-Urteil vom 8.11.2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570), die Erfüllung der Verpflichtung begründet vielmehr passivierungsfähigen „Gemeinaufwand“.

4. a) Die Passivierung von Verbindlichkeiten, die ihre Ursache im Bereich des öffentlichen Rechts finden, setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, daß die Verpflich-tung hinreichend konkretisiert ist. Sie muß auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums abzielen. Diese Voraussetzungen werden regelmäßig bei Erlaß einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluß einer entsprechenden verwaltungs-rechtlichen Vereinbarung vorliegen. Zudem ist erforderlich, daß an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind, so daß sich „der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann“ (vgl. BFH-Urteil in BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570, m.w.N.). Diesen Konkretisierungsmerkmalen liegt die Forderung zugrunde, daß der Schuldner mit seiner Inanspruchnahme ernsthaft rechnen muß; die bloße Möglichkeit des Bestehens oder Entstehens einer Verbindlichkeit reicht zu ihrer Passivierung nicht aus (BFH-Urteil vom 19.10.1993 VIII R 14/92, BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891, m.w.N.). Die ernstliche Erwartung einer Inanspruchnahme kann indessen nicht schematisch aufgrund einzelner vorgegebener Kriterien beurteilt werden. Sie ist vielmehr zutreffend nur anhand der erkennbaren tatsächlichen Verhältnisse des jeweili-gen Einzelfalles zu beurteilen (BFH-Urteile vom 1.8.1984 I R 88/80, BFHE 142, 226, BStBl II 1985, 44; vom 9.3.1988 I R 262/83, BFHE 153, 38, BStBl II 1988, 592).

b) Insbesondere im Bereich der Verbindlichkeiten gegenüber der öffentlichen Hand ist die

Kenntniserlangung durch den Gläubiger regelmäßig geeignet, auf die ernsthafte Erwar-tung der Inanspruchnahme des Schuldners schließen zu lassen (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 27.11.1968 I 162/64, BFHE 94, 383, BStBl II 1969, 247) Denn Gläubiger ist in diesen Fällen die jeweils zuständige Fachbehörde, die in Befolgung der ihr übertragenen öffentlichen Aufgaben - auch in Ansehung eines ihr grundsätzlich zustehenden Ermes-sens im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Gefahrenabwehr und der zu treffenden Maß-nahmen - regelmäßig veranlaßt sein wird, bestehende öffentlich-rechtliche Ansprüche geltend zu machen und, ggf. mit Hilfe anderer Behörden, auch durchzusetzen. Bei Kenntnis der Behörde von einem ordnungswidrigen Zustand ist daher jedenfalls im Be-reich des Polizei- und Ordnungsrechts und im Hinblick auf eine Gefahrenabwehr regel-mäßig davon auszugehen, daß dessen Beseitigung - erforderlichenfalls unter Sanktions-androhung - durchgesetzt werden wird, sich „der Steuerpflichtige der Erfüllung der Ver-pflichtung“ somit „nicht entziehen“ kann.

c) Allerdings entfällt das Erfordernis der ernstlichen Erwartung der Inanspruchnahme des

Verpflichteten, wenn die Behörde trotz Kenntnis von dem polizei- oder ordnungswidrigen Zustand erklärt hat, daß sie (in negativer Ausübung eines ihr eingeräumten Ermessens oder aus sonstigen Gründen der Opportunität) davon absehen wird, den Handlungs- oder Zustandsstörer tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Dem kommt ein gleichgerich-tetes für den Verpflichteten erkennbares konkludentes Verhalten der Behörde gleich. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann nur aufgrund der Verhältnisse des jeweiligen Einzelfalles beurteilt werden. Die Tatsache allein, daß die Behörde innerhalb eines (zur Vorbereitung einer zur Gefahrenabwehr sachgerechten Maßnahme) üblichen und ange-messenen Zeitraums (noch) nicht tätig geworden ist, ist allerdings nicht ausreichend.

5. a) Im Streitfall war die Schadstoffbelastung des Nordteils des von der Klägerin erworbenen

Grundstücks Vertretern des zuständigen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft und an-derer Behörden im Jahre 1988 und auf der Grundlage ergänzender Ermittlungen und

Page 95: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 95

Gutachten erneut in der Besprechung vom 25.10.1990 bekannt geworden. Ob daraus zu folgern ist, daß die Klägerin zum Bilanzstichtag des Streitjahres 1992 (noch) ernstlich mit einer Inanspruchnahme durch die Fachbehörden wegen der Schadstoffbelastung des von ihr erworbenen Grundstücks rechnen mußte, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

b) Das FG hat dies vornehmlich mit dem Hinweis darauf verneint, daß trotz ihrer zum Zeit-

punkt des Erwerbs des Grundstücks im Jahre 1989 bestehenden und der Behörden be-kannten Zustandsstörerschaft bis 1992 keine Inanspruchnahme der Klägerin erfolgt und keine behördliche Anordnung ergangen sei, die der Klägerin eine Beseitigung der Altla-sten aufgegeben habe. Dieser Umstand läßt indessen den vom FG gezogenen Schluß auf die mangelnde ernstliche Erwartung der Inanspruchnahme der Klägerin jedenfalls zum Bilanzstichtag des Streitjahres 1992 allein nicht zu. Obwohl die Behörden von der Schadstoffbelastung bereits 1988 Kenntnis nahmen, ergaben sich konkrete Erkenntnisse darüber erst aus dem ausführlichen Gutachten des Laboratoriums W vom August 1990, das den Vertretern der betroffenen Behörden im Rahmen der Besprechung vom 25.10.1990 vorgestellt worden ist. Erst diesem Gutachten war auch ein Erfordernis zur Sicherung und Sanierung des Grundstücks zu entnehmen. Zudem wurde vereinbart, daß die Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen im Hinblick auf die künftige Nutzung des Grundstücks und in Abstimmung mit dem Eigentümer des Nachbargeländes erfolgen sollten; auch die vorzugebenden Richtwerte sollten noch bestimmt werden. Unter diesen Umständen vermag jedenfalls der bloße Zeitablauf bis zum streitigen Bilanzstichtag 31.12.1992 die hinreichende Wahrscheinlichkeit nicht auszuschließen, daß die Behörden noch nach diesem Stichtag mittels einer zur Gefahrenabwehr notwendigen und sachge-rechten Maßnahme tätig werden würden.

c) Die Vorentscheidung kann sich im Ergebnis dennoch als zutreffend erweisen, wenn sich

aus weiteren Umständen des Streitfalles ergeben sollte, daß die Klägerin zum Bilanz-stichtag 1992 nicht (mehr) ernstlich mit einer Inanspruchnahme durch die Behörden zu rechnen hatte. Die Möglichkeit des Vorliegens derartiger „wertbegründender“ Umstände ist, worauf auch das FG hinweist, vor allem deswegen nicht auszuschließen, weil die Klägerin die streitige Rückstellung noch in ihrer Bilanz zum 31.12.1998 ausgewiesen hatte. Derartigen Umständen wird das FG im zweiten Rechtsgang - u.U. durch Einholung von Äußerungen der zuständigen Behörden oder durch Einvernahme von Zeugen - nachzugehen haben. Dabei ist allerdings zu beachten, daß in Befolgung des Stichtags-prinzips nur solche Umstände zu berücksichtigen sind, die am Bilanzstichtag zum 31.12.1992 vorgelegen haben und spätestens bis zum Tage der Erstellung der Bilanz er-kennbar geworden sind (BFH-Urteil vom 30.1.2002 I R 68/00, BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688) In den Folgejahren veränderte tatsächliche Umstände wären für die Ent-scheidung des Streitfalles unter Beachtung des Stichtagsprinzips hingegen unerheblich.

6. War nach den aufgezeigten Grundsätzen zum 31.12.1992 (noch) ernstlich von einer Inan-

spruchnahme der Klägerin durch die Fachbehörden mit dem Ziel der Sicherung und Sanie-rung des schadstoffbelasteten Grundstücks auszugehen, ist zu diesem Stichtag eine entspre-chende Rückstellung zu bilden. Diese ist erst aufzulösen, wenn die Sanierung des Grund-stücks erfolgt ist oder Umstände eintreten, aus denen sich ergibt, daß das ursprüngliche Ri-siko der Inanspruchnahme entfallen ist (BFH-Urteile vom 17.1.1973 I R 204/70, BFHE 108, 185, BStBl II 1973, 320; in BFHE 197, 530, BStBl II 2002, 688).

7. Die Bewertung einer Verbindlichkeit hat gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 Satz 1 EStG mit

den Anschaffungskosten oder einem höheren Teilwert zu erfolgen. Letzterer entspricht dem Erfüllungsbetrag der Verpflichtung (Rückzahlungsbetrag i.S. des § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB) zum maßgeblichen Bilanzstichtag. Der Erfüllungsbetrag einer Sachleistungsverpflichtung wie vorliegend ist regelmäßig zu schätzen. Im Streitfall ist das Laboratorium W in seinem ab-schließenden Gutachten vom 18.11.1991 davon ausgegangen, daß der kontaminierte nördli-che Teil des Grundstücks der Klägerin bis zur endgültigen Sanierung vorrangig mit dem Ziel einer Eindämmung und Kontrolle der Schadstoffbelastung zu sichern sei (Einkapselung). Die dafür erforderlichen Kosten wurden „nach dem derzeitigen Kenntnisstand vorläufig“ auf 20,8 Mio. DM geschätzt. Diesen Betrag hat die Klägerin, eine ernstliche Gefahr der Inan- spruchnahme vorausgesetzt, zum Bilanzstichtag 1992 daher zu Recht passiviert. Gegen diese Bemessung des Erfüllungsbetrages hat - soweit ersichtlich - auch das FA keine Ein- wendungen erhoben.

Page 96: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 96 Heft 1/2005

8. Eine Minderung des Betrags der zu passivierenden Verbindlichkeit im Hinblick auf erfolgte Wertberichtigungen des streitbefangenen Grundstücks kommt nicht in Betracht.

a) Zwar hat die Klägerin - mit der Außenprüfung - in der Bilanz zum 31.12.1992 auf den

streitbefangenen Nordteil des Grundstücks (wegen der Schadstoffbelastung und der da-mit verbundenen nachhaltigen Wertminderung vgl. BFH-Urteile in BFHE 172, 456, BStBl II 1993, 891; vom 9.9.1986 VIII R 20/85, BFH/NV 1987, 442) eine Teilwertabschreibung um 1.992.151 DM auf 1 DM vorgenommen. Diese Teilwertabschreibung beruhte auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 i.V.m. Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG in der für das Streitjahr 1992 gelten-den Fassung. Weiterhin hat die Klägerin in den beiden vorangegangenen Jahren „kumu-lierte“ Abschreibungen auf das Grundstück vorgenommen, die teilweise auf den streit-befangenen Nordteil entfallen und durch die Schadstoffbelastung bedingt gewesen sein können. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung des Grundstücks i.S. des § 279 Abs. 1 HGB, die wegen der bestehenden Sanierungsverpflichtung fraglich sein könnte (vgl. dazu Kupsch, BB 1992, 2320, 2322; Bordewin, DB 1992, 1097, 1100; Streim, Be-triebswirtschaftliche Forschung und Praxis - BFuP - 1994, 39, 64), war gemäß § 279 Abs. 2 i.V.m. § 254 HGB (handelsrechtliche Öffnungsklauseln) nicht vorauszusetzen. Damit war auch dem Erfordernis des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG genügt.

b) Diese Teilwertabschreibungen sind bei der Bewertung der auszuweisenden Sanierungs-

verpflichtung nicht mindernd zu berücksichtigen. Bei dem wertberichtigten Grundstück einerseits und der zu passivierenden Verbindlichkeit andererseits handelt es sich um unterschiedliche Wirtschaftsgüter, deren Ansatz und Bewertung nach dem Grundsatz der Einzelbewertung (§ 240 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 HGB, § 6 Abs. 1 EStG) unabhängig vonein-ander und unter Beachtung des Vollständigkeitsgebots (§ 246 Abs. 1 HGB) zu erfolgen hat. Zwischen beiden Positionen besteht weder ein dogmatisch begründbarer noch ein sachlogischer Zusammenhang (vgl. dazu auch Kupsch, BB 1992, 2326); damit ist nicht von so genannten Bewertungseinheiten auszugehen. Die Teilwertabschreibung bildet den geminderten Wert des Grundstücks für den Betrieb am jeweiligen Bilanzstichtag ab, die Verbindlichkeit der Klägerin richtet sich auf die Beseitigung eines ordnungswidrigen Zustandes (Schadstoffbelastung) in der Zukunft. Daher wird der Aufwand in Form von Teilwertabschreibungen als solcher durch die Rückstellungsbildung nicht doppelt berück-sichtigt; im Übrigen wird sich regelmäßig auch keine wertmäßige Entsprechung beider Positionen ergeben. Die Passivierung der Sanierungsverpflichtung mindert neben der Wertberichtigung allerdings zusätzlich das bilanzielle Ergebnis. Eine „trickreiche Rettung aus dem Dilemma einer Doppelerfassung“ (Streim, BFuP 1994, 64) in Form einer „Kom-pensation“, einer „fehlerfreien Ausübung eines Ermessens“ oder eines allgemeinen Rückgriffs auf eine „wirtschaftliche Betrachtung“ (vgl. dazu Glanegger in Schmidt, Ein-kommensteuergesetz, 22. Aufl., § 6 Anm. 250 „Umweltschutz“; Schreiber in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, Oktober 2002, § 5 EStG Anm. 920 „Umweltschutz“; Kupsch, BB 1992, 2326; Bordewin, DB 1992, 1097, 1100) ist deshalb aber nicht geboten (vgl. Crezelius in Kirchhof, Einkommensteu-ergesetz, 3. Aufl., § 5 Anm. 56; ders., DB 1992, 1353, 1363; Streim, BFuP 1994, 64 f.). Der Umstand, daß bei der Wertberichtigung des Grundstücks (auch dauerhaft) stille Re-serven gebildet werden konnten, ist vielmehr auf die für das Streitjahr 1992 geltenden Vorschriften der § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3, § 280 Abs. 2 HGB i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG zurückzuführen, wonach bei Anfall späteren Sanierungsaufwandes mit der Folge der Beseitigung von Wertminderung eine bilanzielle Wertaufholung zwar möglich, aber nicht zwingend vorgesehen ist (vgl. auch Kupsch, BB 1992, 2326; Streim, BFuP 1994, 64 f. - zur zwischenzeitlich erfolgten Neuregelung vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24.3.1999, BGBl I, 402, BStBl I, 304).

9. Allerdings ist eine Minderung des zu passivierenden Betrags der Verbindlichkeit um bei ihrer

Erfüllung anfallenden aktivierungspflichtigen Aufwand (vgl. dazu Senatsurteil vom 27.6.2001 I R 45/97, BFHE 196, 216, BStBl II 2003, 121; m.w.N.) nicht auszuschließen.

a) Zwar scheiden Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 HGB) aus. Solche, auch in Form nach-

träglicher Kosten der Anschaffung i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB, sind nur Aufwen-dungen, die in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stehen, insbesondere zwangsläufig im Gefolge der Anschaffung anfallen (vgl. z.B. BFH-

Page 97: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 97

Urteile vom 6.7.1989 IV R 27/87, BFHE 157, 554, BStBl II 1990, 126; vom 17.10.2001 I R 32/00, BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349, m.w.N.). Es muß sich somit, insbesondere bei späterem Anfall, um „unmittelbare Folgekosten des Erwerbsvorgangs“ handeln. Dabei ist die Frage, welche Kosten dem Anschaffungsvorgang im Einzelfall zuzuordnen sind, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden (BFH-Urteil in BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349, m.w.N.). Ein bloßer kausaler oder zeitlicher Zusammenhang mit der An-schaffung ist nicht ausreichend; vielmehr kommt es auf die Zweckbestimmung der Auf-wendungen an. Vorliegend führt die Erfüllung der von der Klägerin übernommenen Sa-nierungsverpflichtung nicht zu „unmittelbaren Folgekosten des Erwerbsvorgangs“. Be-reits die Verpflichtung selbst ist u.a. durch die dem Kauf nachfolgende selbständige Ver-einbarung ausgelöst worden, wonach die Klägerin entgegen der im Kaufvertrag vorgese-henen (üblichen) Regelung als Käuferin die Schadstoffbeseitigung zu übernehmen hatte.

b) Ob die Aufwendungen zur Erfüllung der passivierten Verpflichtung zu nachträglichen

Herstellungskosten führen, vermag der Senat indessen nicht abschließend zu beurteilen. § 255 Abs. 2 HGB fordert nicht den Einbezug von Nebenkosten in die Herstellungskosten und nicht allgemein die Erfassung nachträglich anfallender Kosten. Nachträgliche Her-stellungskosten setzen vielmehr die Veränderung eines bereits bestehenden Wirt-schaftsguts im Rahmen eines weiteren Herstellungsvorgangs voraus (BFH-Urteil in BFHE 197, 58, BStBl II 2002, 349, m.w.N.). Davon ist nur im Falle einer Erweiterung oder einer über den ursprünglichen Zustand des Wirtschaftsguts hinaus gehenden wesentli-chen Verbesserung auszugehen (§ 255 Abs. 2 Satz 1 Alternativen 2 und 3 HGB). Eine Verbesserung ist nur wesentlich, wenn über die zeitgemäße Erneuerung hinaus nach objektiven Maßstäben der Gebrauchswert des Wirtschaftsguts im Ganzen gegenüber dem ursprünglichen Zustand - d.h. dem Zustand im Zeitpunkt des Erwerbs - deutlich er-höht wird (BFH-Urteile vom 20.8.2002 IX R 61/99, BFH/NV 2003, 148; vom 9.5.1995 IX R 116/92, BFHE 177, 454, BStBl II 1996, 632). Ob diese Voraussetzungen bei Beseiti-gung einer (im Zeitpunkt des Erwerbs) bestehenden Schadstoffbelastung eines Grund-stücks vorliegen, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles ent-schieden werden. Diese Beurteilung ist daher dem FG vorzubehalten; dabei ist die Sichtweise des Kaufmanns zum maßgebenden Bilanzstichtag 1992 zugrunde zu legen. Bloße Sicherungsmaßnahmen zur Eindämmung und Kontrolle einer Schadstoffbelastung werden regelmäßig allerdings nur bei Hinzutreten besonderer Umstände zu einer deutli-chen Erhöhung des Gebrauchswert des Grundstücks führen können.

10. Die von der Klägerin in der Vereinbarung vom 22.12.1992 - neben der Verpflichtung zur

Schadstoffbeseitigung auf dem streitbefangenen Grundstück - zusätzlich übernommene „Ver-pflichtung zur Überwachung der Deponie L“ könnte allenfalls die Anschaffungskosten in Form eines Anschaffungs-„ertrags“ der zu passivierenden Sanierungsverpflichtung mindern, nicht hingegen den vom Gutachter W unabhängig davon mit 20,8 Mio. DM geschätzten (und von der Klägerin angesetzten) Erfüllungsbetrag.

11. Der Senat hebt die Vorentscheidung auf. Er verweist die Sache an das FG zurück, damit es

die noch erforderlichen Feststellungen dazu trifft, ob die Klägerin am Bilanzstichtag des Streitjahres 1992 (noch) ernstlich mit einer Inanspruchnahme aus der von ihr ausgewiesenen Verpflichtung zur Sicherung und Sanierung des erworbenen Grundstücks durch die zuständi-gen Behörden rechnen mußte (oben 5.c), und, wenn diese Frage zu bejahen ist, ob die Erfül-lung der Sicherungs- und Sanierungsverpflichtung zu Herstellungskosten führt, die den zu passivierenden Betrag mindern (oben 9.b). Das FG wird den Streitfall dann auf der Grundlage der vorstehenden Rechtsgrundsätze erneut zu entscheiden haben.“

Page 98: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 98 Heft 1/2005

Es liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn der Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts die Ableseergebnisse der Frischwasser-Messeinrichtungen (Hebeda-ten) der Trägerkörperschaft zu deren hoheitlichen Zwecken gegen eine Vergütung in Höhe der hälftigen Personalkosten der Zähler-ablesung zuzüglich eines Gemeinkostenzuschlags von 10% und eines Gewinnaufschlags von 3% überläßt.

BKPV 28/2005

vgl. BKPV 9/2003 1. BFH-Urteil vom 28.1.2004 - I R 87/02 (Steuereildienst 2004, 413) Leitsätze: „1. Lesen Bedienstete eines Betriebs gewerblicher Art (Frischwasser-)Meßeinrichtungen ab und stellt

der Betrieb gewerblicher Art die Ableseergebnisse (Hebedaten) der Trägerkörperschaft zu deren hoheitlichen Zwecken (Abwassergebührenerhebung) zur Verfügung, ohne hierfür ein im Ge-schäftsverkehr übliches Entgelt zu verlangen, so liegt darin eine vGA (Bestätigung des Senatsur-teils vom 10.7.1996 I R 108-109/95, BFHE 181 S. 277, BStBl 1997 II S. 230).

2. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird jedenfalls dann nicht auf die (anteilige)

Deckung der vollen Selbstkosten für die erbrachte Leistung verzichten, wenn er dies gegenüber dem (gedachten) Vertragspartner bei der Preisvereinbarung durchsetzen kann.“

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein kommunaler Zweckverband, betrieb bis Ende

1995, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betreibt ab Anfang 1996 ein Verbandswasserwerk. Bis zum 31.12.1995 versorgte der Kläger seine Verbandsmitglieder - die Städte A und B - mit Frischwasser. Mit Wirkung zum 1.1.1996 wurde das Verbandswasserwerk durch Ausgliederung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an A und B auf die Klägerin übertragen. Die Kläger führten in den Streitjahren 1993 bis 1995 (Kläger) und 1996 (Klägerin) auch das In-kasso der Abwassergebühren für A und B durch. Hierzu wurden die von ihnen erhobenen Daten über den Frischwasserverbrauch der einzelnen Abnehmer verwendet. Gleichzeitig wurden die auf die Inkassoleistungen entfallenden Personal- und Sachkosten sowie die hälftigen Personalkosten für die Ablesung der Wasserzähler den Städten A und B in Rechnung gestellt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) vertrat unter Hinweis auf das Senatsur-teil vom 10.7.1996 I R 108-109/95 (BFHE 181, 277, BStBl II 1997, 230) die Auffassung, daß auch die auf die Wasserzähler entfallenden Abschreibungsbeträge zu den Sachkosten hätten gerechnet und den beiden Städten hälftig in Rechnung gestellt werden müssen. Das FA ermittelte die ver-deckten Gewinnausschüttungen (vGA) wie folgt:

1993 (DM)

1994 (DM)

1995 (DM)

1996 (DM)

Abschreibungen Wasserzähler

367.940 424.051 434.877 425.714

Abschlag für Kunden ohne städtischen Kanalanschluss

./. 36.794

./. 42.405

./. 43.487

./. 42.871

verbleiben 331.146 381.646 391.390 383.143

davon auf Abwasser entfallend

165.573

190.823

195.695

191.571

Page 99: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 99

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzge-richts (FG) Düsseldorf vom 24.9.2002 6 K 220/99 K, G, U, F ist in EFG 2003, 482 abgedruckt. Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverwei-

sung der Sache an das FG. Dessen Feststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus.

1. Gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind bei der Ermittlung des

steuerpflichtigen Einkommens vGA zu berücksichtigen; sie mindern das Einkommen nicht. Für die Ermittlung des Gewerbeertrages gilt Entsprechendes (§ 7 Abs. 1 des Gewerbesteuer-gesetzes). Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermö-gensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschafts-verhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammen-hang mit einer offenen Ausschüttung steht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 7.8.2002 I R 2/02, BFHE 200, 197). den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Bundesfinanzhof (BFH) eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenom-men, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (Senatsurteil vom 16.3.1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626. §8 Abs. 3 Satz 2 KStG findet auch auf Betriebe gewerblicher Art und damit auf den Kläger als kommunalen Zweckverband i.S. des § 4 Abs. 1 und 3 KStG An-wendung (vgl. Senatsurteil in BFHE 181, 277, BStBl II 1997, 230, m.w.N.).

2. Wie der erkennende Senat durch sein Urteil in BFHE 181, 277, BStBl II 1997, 230 entschie-den hat, ist eine vGA anzunehmen, wenn ein Betrieb gewerblicher Art (Wasser-)Meßeinrich-tungen abliest und die Ableseergebnisse (Hebedaten) der Trägerkörperschaft zu deren ho-heitlichen Zwecken (Abwassergebührenerhebung) zur Verfügung stellt, ohne hierfür ein im Geschäftsverkehr übliches Entgelt zu erhalten. An diesem Urteil, auf das, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen wird, hält der Senat fest.

3. Von den Rechtsgrundsätzen dieser Entscheidung ist das FG im Streitfall ausgegangen (vgl.

auch Gosch, Gemeindehaushalt - GemH - 1998, 79; anders Löblein, GemH 1997, 208; 1998, 79). Die Beteiligten streiten allerdings über den Umfang und die kalkulatorische Zusammen-setzung des für das Ablesen der Meßeinrichtungen zu leistenden, angemessenen Entgelts. Die Kläger haben den Städten A und B hierfür zwar die auf die Inkassoleistungen entfallenden Personal- und Sachkosten sowie die hälftigen Personalkosten für die Ablesung der Wasser-zähler in Rechnung gestellt, nicht jedoch Kosten für die Abschreibung der Wasserzähler. Das FA geht demgegenüber davon aus, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter zusätzlich den Abschreibungsaufwand zur Hälfte in die Leistungskalkulation eingestellt und den hiernach errechneten Betrag an die Auftraggeber weiterbelastet hätte.

a) Das FG hat sich der Auffassung der Kläger angeschlossen. Es hat sich dabei nicht an

dem Kostenaufwand des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters eines “Ab-lese-Unternehmens”, sondern in ausschlaggebender Weise an jenen Kosten orientiert, die von A und B aufzuwenden gewesen wären, wenn sie die Daten für das verbrauchte Frischwasser selbst ermittelt hätten. Das müsse bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden. Denn statt die Kläger in Anspruch zu nehmen, hätten A und B alternativ ohne weiteres die Abwassereinleiter verpflichten können, die zur Feststellung der Kanalgebüh-ren erforderlichen Auskünfte zu erteilen und entsprechenden Nachweise, beispielsweise in Gestalt der Frischwasserrechnung, beizubringen. Ggf. hätte auch eine entsprechende

Page 100: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 100 Heft 1/2005

Auskunft bei dem Wasserversorger eingeholt werden können. Für die Geltendmachung derartiger Mitwirkungsverlangen wären aber lediglich Portokosten angefallen. In Anbe-tracht dessen hätte es eine Gemeinde nicht akzeptiert, wenn ihr vom Wasserwerk antei-liger Abschreibungsaufwand berechnet worden wäre, der diesem für die Erhebung der Frischwasserdaten ohnehin entstanden wäre. Dem Vorteil durch die Inanspruchnahme des Wasserwerks entspreche dann kein wirtschaftlicher Nutzen. Ein fremder Dritter hätte für die Überlassung der Hebedaten jedenfalls nicht mehr bezahlt, als er selbst für deren Ermittlung hätte aufwenden müssen.

b) Ob diese Betrachtungsweise einer revisionsrechtlichen Prüfung standhält, lässt sich nach

den bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

aa) Zwar ist es richtig, daß es aus betriebswirtschaftlicher Sicht bei Vorliegen “guter wirt-schaftlicher Gründe” durchaus sinnvoll sein kann, auf die - ansonsten übliche (vgl. Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG Anm. 506 ff.) - Deckung der vollen Selbstkosten einer Leistung zu verzichten (vgl. Baumhoff, ebenda, § 1 AStG Anm. 512). Das betrifft insbesondere Sachverhalte, in denen - wie im Streitfall - Kosten für die Erfüllung der eigentlichen unternehmerischen Zwecke ohnehin aufzuwenden sind und in denen diese Kosten für eine weitere Leistungs-erbringung nicht besonders ins Gewicht fallen. Der Ertrag aus dem Leistungsentgelt für die weitere Leistungserbringung stellt sich dann als “windfall profit” dar, also als zusätzlicher Marktlagengewinn, der ohne sonderlichen Mehraufwand “mitgenom-men” wird. Es ist in diesem Zusammenhang geboten, in den anzustellenden Fremd-vergleich auch die Position des - gedachten - Vertragspartners einzubeziehen und darin ein Indiz für die angemessene Preisgestaltung zu erkennen (sog. verdoppelter Fremdvergleich, vgl. Senatsurteile vom 17.5.1995 I R 147/93, BFHE 178, 203, BStBl II 1996, 204; vom 6.12.1995 I R 88/94, BFHE 179, 322, BStBl II 1996, 383; aber auch vom 19.5.1998 I R 36/97, BFHE 186, 226, BStBl II 1998, 689). Stehen diesem Vertragspartner sonstige Möglichkeiten offen, die ihm angebotene Leistung auf preislich günstigere Weise zu erlangen, wird er regelmäßig nicht bereit sein, dem Anbieter einen vollen Kostenausgleich zu gewähren. Er wird vielmehr versuchen, seinen infolge der Handlungsalternativen bestehenden Verhandlungsvorteil auszu-spielen. Andererseits wird der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter des leistenden Unternehmens seinerseits nicht ohne weiteres bereit sein, einen wirtschaftlichen Vorteil ganz oder teilweise unentgeltlich abzugeben. Er wird vielmehr versuchen, bei den Preisvereinbarungen das für die von ihm vertretene Kapitalgesellschaft Maxi-male zu erreichen und - neben einem angemessenen Gewinnaufschlag - eine Dek-kung seiner Vollkosten durchzusetzen. Um dieses Ziel zu erreichen, kommt es dar-auf an, wie stark seine Position gegenüber dem Vertragspartner und wie groß des-sen Interesse daran ist, das ihm Angebotene anzunehmen, obwohl die Inanspruch-nahme alternativer Möglichkeiten ggf. kostengünstiger wäre. Es ist Aufgabe des Fremdvergleichs, diesem Interessengegensatz unter den konkreten Gegebenheiten des zu beurteilenden Sachverhaltes nachzugehen. Dies obliegt dem FG, das sich in dem angefochtenen Urteil in zu starker Weise ausschließlich an der Sicht von A und B und deren Kostenbelastung im Falle einer unterstellten, tatsächlich nicht verwirk-lichten anderweitigen Datenbeschaffung orientiert hat.

bb) Im Rahmen des hiernach anzustellenden Fremdvergleichs wird im Streitfall einer-seits zu berücksichtigen sein, daß die beteiligten Abwasserentsorger auch nach Er-gehen des Senatsurteils in BFHE 181, 277, BStBl II 1997, 230 durchweg nicht auf derartige anderweitige Möglichkeiten ausgewichen sind, um an die benötigten He-bedaten zu gelangen, obwohl die Wasserversorger sich in ihrer Preisgestaltung den in diesem Urteil vertretenen Grundsätzen angepaßt und sie sich darauf eingestellt haben. Vielmehr haben die kommunalen Abwasserentsorger die Wasserversorger nach wie vor entsprechend beauftragt, die Berechnung höherer Entgelte für die Lei-stungserbringung in Kauf genommen und diese auf die eigenen Abnehmer - die Abwassereinleiter - abgewälzt, was sich offenbar auch durchsetzen läßt. Darin könnte ein Indiz dafür zu sehen sein, daß die Vollkostenberechnung sich für die Ab-wasserentsorger im wirtschaftlichen Ergebnis immer noch als günstiger erweist als

Page 101: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 101

ein Ausweichen auf die anderen Möglichkeiten der Datenbeschaffung. Andererseits ist davon auszugehen, daß A und B eine Belastung mit den hälftigen Zählerkosten in den Streitjahren nach Lage der Dinge tatsächlich nicht auf die Abwassereinleiter abgewälzt haben und dies auch nicht mehr hätten nachholen können. Aus der zeitli-chen Perspektive der Streitjahre - vor Ergehen des Senatsurteils in BFHE 181, 277, BStBl II 1997, 230 - bestand für die Kläger für eine solche Kostenabwälzung auch keine Veranlassung. Das könnte dafür sprechen, daß aus damaliger - und für die Beurteilung des hier in Rede stehenden Sachverhaltes maßgeblicher - Sicht sich eine (anteilige) Vollkostenberechnung für die Kläger nicht hätte durchsetzen lassen, und daß diese bei einer derartigen Berechnung Gefahr gelaufen wären, die Aufträge zur Ablesung der Daten zu verlieren. In jedem Fall ist allerdings zu erwarten, daß die Kläger ihre Auftraggeber mit einem angemessenen Gewinnaufschlag belastet hätten.

4. Sollte das FG im 2. Rechtsgang nach Maßgabe dieser Erwägungen zu dem Ergebnis gelan-

gen, daß die Kläger davon abgesehen haben, einen im Geschäftsverkehr üblichen Ausgleich für die erbrachten Leistungen zu verlangen, so ist davon auszugehen, daß dies auf der Grundlage des einem mitgliedschafts- oder gesellschaftsverhältnisähnlichen Verhältnisses zu A und B erfolgt ist. Auf dieser Basis ist die Höhe des angemessenen Entgelts, soweit sich dieses nicht anderweitig ermitteln läßt, im Rahmen einer Bandbreitenbetrachtung gemäß § 162 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zu schätzen (vgl. z.B. Senatsurteil vom 17.10.2001 I R 103/00, BFHE 197, 68).“

2. Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 01.02.2005 - 6 K 2099/04 (Versorgungswirt-

schaft 2005, S. 138) Sachverhalt: „Das Verfahren befindet sich im 2. Rechtsgang. Der Kläger zu 1. versorgte die Städte „M-Stadt" und „N-Stadt" bis zum 31,12.1995 mit Frischwasser. Mit Wirkung zum 01.01.1996 wurde das „A-wasser-werk"„M-Stadt" „N-Stadt" durch Ausgliederung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten auf die Klägerin zu 2. übertragen. Verbandsmitglieder bzw. Gesellschafter der Kläger waren die Städte „M-Stadt" und „N-Stadt". Mit Prüfungsanordnung vom 11.09.1997, gerichtet an den Kläger zu l., ordnete das Finanzamt für Großbetriebsprüfung „X-Stadt" eine Außenprüfung für die Jahre 1993 bis 1995 an. Mit Schreiben vom 02.12.1997, gerichtet an die Klägerin zu 2., ordnete das Finanzamt für Großbetriebsprüfung „X-Stadt“ 'eine Außenprüfung für das Jahr 1996 an. Im Rahmen dieser Außenprüfungen stellte der Prüfer fest, dass die Kläger das Inkasso der Abwassergebühren durchführten. Hierzu wurden die von den Klägern erhobenen Daten über den Frischwasserverbrauch der einzelnen Abnehmer verwendet. Gleichzeitig wurden die auf die Inkassoleistungen entfallenden Personal- und Sachkosten sowie die hälftigen Per-sonalkosten für die Ablesung der Wasserzähler in den Städten „M-Stadt" und „N-Stadt" in folgender Höhe in Rechnung gestellt; auf die Ablesung der Wasserzähler entfielen in den Streitjahren folgende Rechnungsbeträge (jeweils zzgl. 15% Umsatzsteuer): 1993 48.469,47 DM

1994 50.933,76 DM

1995 53.826,92 DM

1996 54.977,90 DM Für die Ermittlung dieser - anteiligen - Rechnungsbeträge wurden die hälftigen Personalkosten der Zählerablesung um einen Gemeinkostenzuschlag von 10% erhöht und sodann ein Gewinnaufschlag von 3% hinzugerechnet (wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen zum Schriftsatz der Kläger vom 25.01.2005 Bezug genommen). Der Außenprüfer vertrat unter Hinweis auf das Urteil des Bundes-finanzhof - BFH - vom 10.07.1996 (I R 108 - 109/95, Bundessteuerblatt - BStBl - II 1997, 230, Versor-gungswirtschaft 1997 S. 91) die Auffassung, dass auch die auf die Wasserzähler entfallenden Ab-schreibungsbeträge zu den Sachkosten hätten gerechnet werden und den Städten „M-Stadt' und „N-Stadt" hälftig in Rechnung gestellt werden müssen. Gleichzeitig stelle die Nutzung der werkseigenen

Page 102: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 102 Heft 1/2005

Wasserzähler zur Berechnung und Erhebung der städtischen Abwassergebühren einen Eigenver-brauch nach § l Abs. l Nr. 2 b Umsatzsteuergesetz dar. Der Prüfer ermittelte die verdeckten Gewinn-ausschüttungen und die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch wie folgt: 1993 1994 1995 1996

Abschreibungen Wasserzähler 367.940 424.051 434.877 425.714

Abschlag für Kunden ohne städtischen Kanal

./. 36.794

./. 42.405

./. 43.487

./. 42.871

Verbleiben 331.146 381.646 391.390 383.143

Davon entfallen auf Abwasser 165.573 190.823 195.695 191.571

Gesamtbetrag (netto) 165.573 190.823 195.695 191.571

Umsatzsteuer 24.835,95 28.623,45 29.354,25 28.735,25

Gesamtbetrag (brutto) 190.408,95 219.446,45 225.049,25 220.306,65 Der Betriebsprüfer schlug vor, die Bruttobeträge als verdeckte Gewinnausschüttungen zu erfassen und für 1996 außerdem die Ausschüttungsbelastung für einen Betrag i. H. v. 220.306,65 DM herzustellen. Der Beklagte folgte den Vorschlägen des Außenprüfers und erließ entsprechend geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer 1993 bis 1995, zu den Gewerbesteuermessbeträgen 1993 bis 1995, zur Um-satzsteuer 1993 bis 1995, jeweils gegen den Kläger zu 1. gerichtet und adressiert, sowie zur Körper-schaftsteuer 1996, zum Gewerbesteuermessbetrag 1996, zur Umsatzsteuer 1996 und zur gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz - KStG - auf den 31.12.1996 gegenüber der Klägerin zu 2. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidungen vom 16,12.1998) erhob die Kläge-rin zu 2. auch für den Kläger zu 1. Klage. Das Verfahren wegen Umsatzsteuer 1993 bis 1996 wurde durch Beschluss vom 15.8.2002 unter dem Aktenzeichen 6 K 9062/99 zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abgetrennt, nachdem der Beklagte mit Änderungsbescheiden zur Umsatzsteuer 1993 bis 1996 vom 5.8.2002 keine Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch wegen der unentgeltlichen Datenüberlassung mehr angesetzt hatte und der Rechtsstreit in der Folge insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Durch Urteil vom 24.09.2002 (Versorgungswirtschaft 2003 S. 161) hat der erkennende Senat unter dem Aktenzeichen 6 K 220/99 der Klage stattgegeben. Dieses Urteil wurde durch den BFH aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht Düsseldorf zurück-verwiesen (wegen der Einzelheiten wird auf Urteil des BFH I R 87/02 vom 28.01.2004 Versorgungs-wirtschaft 2004 S. 144, Bezug genommen). Die Kläger sind weiterhin der Auffassung, der Beklagte habe zu Unrecht verdeckte Gewinnausschüt-tungen im Zusammenhang mit der Überlassung der Hebedaten für den Frischwasserverbrauch ange-nommen. Insoweit sei unstreitig, dass die beiden Städte „M-Stadt" und „N-Stadt" alle Kosten der Able-sung der Wasserzähler, der Rechnungserstellung und des Geldeinzuges angemessen ersetzt hätten. Soweit der Beklagte unter Hinweis auf die Urteile des BFH vom 10.07.1996 (I R 108-109/95, BStBl II 1997, 230) und vom 28.01.2004 (I R 87/02, BFH-Report 2004, 425) davon ausgehe, dass auch die hälftigen Kosten der Wasserzähler der Klägerin erstattet werden müssten, sei dieses nicht zutreffend. Entscheidend für die Höhe des für die Datenüberlassung zu zahlenden Entgelts sei, was ein ordnungs-gemäß und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter eines Wasserversorgungsbetriebes für die Da-tenüberlassung hätte fordern und gegenüber dem Abwasserunternehmen durchsetzen können. Hierbei müsse davon ausgegangen werden, dass der Preis jedenfalls nicht wesentlich über den Kosten hege, die der die Abwasserentsorgung betreibenden Gemeinde selbst entstehen würden. Würde der Ge-schäftsleiter des Wasserversorgungsunternehmens ein höheres Entgelt verlangen, so liefe er Gefahr, dass er das gesamte Nebengeschäft, bei dem ihm kaum messbare Zusatzkosten entstünden, völlig verlieren würde. Hierbei sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass die von den beiden Mit-glieds-/Gesellschaftergemeinden bereits für das Inkasso gezahlten Beträge eine Einnahme der Kläger dar-stellten, ohne dass dem ein wesentlicher Aufwand entgegen gestanden habe. Ein höheres als das ver-einbarte Entgelt sei von den Klägern schon deshalb nicht durchsetzbar gewesen, weil die Gemeinden ihre Kosten hätten auf die Gebühren umlegen müssen, was angesichts des Verbots überflüssige oder

Page 103: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 103

übermäßige Kosten bei der Gebührenkalkulation zu berücksichtigen, nach damaliger Auffassung recht-lich nicht möglich gewesen sei. Den notwendigen Nachweis für eine gesellschaftsrechtliche Veranlas-sung des vereinbarten Preises für die Überlassung der Hebedaten habe der insoweit beweispflichtige Beklagte nicht erbracht. Hinzu komme, dass die eigenen Kosten der Gemeinden für die mögliche Ermittlung des verbrauchten Frischwassers erheblich unter denen der anteiligen Zähler gelegen hätten. Denn das jeweilige Abwas-serunternehmen sei nicht gehalten gewesen, eigene Messungen durchzuführen, um an die Daten zu gelangen. Vielmehr finde auf die Feststellung der Kanalgebühren das Kommunalabgabengesetz Nord-rhein-Westfalen - KAG NW - Anwendung, weshalb die Gemeinde auch die Abwassereinleiter verpflich-ten könne, die zur Feststellung der Kanalgebühren erforderlichen Auskünfte zu erteilen und entspre-chende Nachweise (z. B. die Frischwasserrechnung) beizubringen (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 3 a KAG NW i. V. m. §§ 93 und 97 Abgabenordnung - AO -). Wäre auf diesem Weg die eingeleitete Abwassermenge nicht feststellbar, könnte eine entsprechende Auskunft bei dem Wasserversorger eingeholt werden (§ 12 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 93 Abs. 1 AO). Auch für die Aufforderung an die Abwassereinleiter, die ent-sprechenden Angaben zu machen, wären keine zusätzlichen Postgebühren aufzuwenden, da sie oh-nehin im Rahmen der Einziehung der Gemeindesteuern oder der Austeilung von Lohnsteuerkarten je-den Haushalt erreiche und die Aufforderung einer dieser Sendungen beilegen könnte. Auch ein Dritt-vergleich belege, dass die vom Beklagten angesetzten Kosten pro Zähler i. H. v. 10,30 DM bis 11,80 DM (bei einer Zähleranzahl von 18.500 (1993), 18.700 (1994), 19.000 (1995) und 19.100 (1996)) zu hoch seien. Insoweit verweisen die Kläger auf die üblichen Entgelte, die sich im Allgemeinen zwi-schen 0,07 DM und 0,40 DM (vereinzelt auch bis zu 3,07 DM und in einem besonderen Fall 5,00 DM) pro Datensatz und Jahr bewegten (wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klä-gerinnen vom 07.01.2000 Bezug genommen). Entscheidend sei allerdings, dass die „H-AG" als unab-hängiger Frischwasseranbieter - entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2002 eingereichten Bescheinigung - die Hebedaten den betroffenen Gemeinden unentgeltlich zur Verfügung stelle. Zudem stellten selbst die Kläger ihre Messdaten auch Gemeinden, die nicht Verbandsmit-glied/Gesellschafter seien unentgeltlich zur Verfügung, soweit die Daten für die Ermittlung der Kanal-einleitungsgebühren benötigt würden. Die Kläger beantragen, die in den angefochtenen Bescheiden berücksichtigten verdeckten Gewinnausschüttungen in Höhe der Kosten für Abschreibung und Erhal-tung der Wasserzähler (1993: 190.408,95 DM; 1994: 219.446,45 DM; 1995: 225.049,25 DM; 1996: 220.306,65 DM) nicht anzusetzen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revi-sion zuzulassen, und verweist auf das Urteil des BFH vom 10.07.1996, wonach auch die anteiligen Ko-sten für die Messung von den Gemeinden zu ersetzen seien. Da dieses im vorhegenden Fall nicht er-folgt sei, hege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, die nach Ansicht des BFH mit 50% der tatsäch-lich entstandenen Messkosten anzusetzen sei. Soweit die Kläger darauf verwiesen, dass die notwendi-gen Daten auch auf Grundlage der §§12 KAG NW und 93 AO erhoben werden könnten, sei dieses un-erheblich. Denn die Klägerin zu 2. hätte ab 1998 die hälftigen Zählerkosten auf die Gemeinden abwäl-zen können, was dafür spreche, dass in den Streitjahren lediglich aus gesellschaftsrechtlicher Verbun-denheit auf die Weiterbelastung verzichtet worden sei. Ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Ge-schäftsleiter hätte auch in den Streitjahren eine entsprechende Kostenerstattung durchgesetzt. Da somit die gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Preisvereinbarung dem Grunde nach feststehe, obliege es den Klägern, den entsprechenden Anschein für das Vorliegen der verdeckten Gewinnaus-schüttung in der angenommenen Höhe zu widerlegen. Soweit die Kläger darauf verwiesen, dass die „H-AG" Gemeinden ihres Versorgungsbetriebes die notwendigen Daten unentgeltlich überlasse, müsse davon ausgegangen werden, dass die Weitergabe aus Sicht des Versorgungsunternehmens andere Geschäftsvorteile mit sich bringe, da Unternehmer Leistungen nur erbrächten, um daran zu verdienen.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist zulässig. Soweit die Klägerin zu 2. und nicht der Kläger zu 1. Klage gegen die Steuerbescheide 1993 bis 1995 erhoben hat, ist die Klage zulässig, da die Klägerin zu 2. konkludent zur Vertretung bevollmächtigt wurde. Die Vollmachtsurkunde für die Prozeßbevollmächtigten wurde durch den vertretungsberechtig-ten Geschäftsführer der Klägerin zu 2. erteilt. Da dieser jedoch zugleich für den Kläger zu 1. alleinver-tretungsberechtigt ist, wurde damit zugleich die Klägerin zu 2. zur Erhebung der Klage für den Kläger zu 1. bevollmächtigt. Dabei ist unerheblich, ob der Kläger zu 1. nach Übertragung des Vermögens auf die Klägerin zu 2. aufgelöst wurde. Sie gilt nach § 20 Abs. 5 des Gesetzes über kommunale Gemein-schaftsaufgaben Nordrhein-Westfalen als fortbestehend, soweit der Zweck der Abwicklung es erfordert.

Page 104: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 104 Heft 1/2005

Dieses ist auf Grund der noch abzuwickelnden steuerlichen Pflichten des Klägers zu 1. im Hinblick auf die durchgeführte Betriebsprüfung, die im Anschluss erlassenen Steuerbescheide und das vorliegende Gerichtsverfahren der Fall. Die Klage ist begründet. Die angefochtenen und an den Kläger zu 1. adressierten Bescheide für die Jahre 1993 bis 1995 sind nicht mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nichtig, da der Kläger zu 1. insoweit als fortbestehend gilt (§ 20 Abs. 5 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsaufgaben Nordrhein-Westfalen). Der Beklagte hat jedoch zu Unrecht angenommen, die Kläger hätten Gewinne in der Weise verdeckt aus-geschüttet (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), dass sie die Daten über den Frischwasserverbrauch ohne Be-rechnung eines weiteren Entgelts an die Städte „M-Stadt" und „N-Stadt" abgegeben haben. Eine ver-deckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist bei einer Kapitalgesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmeh-rung, die sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gem. § 4 Abs. l Einkommensteuergesetz i. V. m. § 8 Abs. l KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer den gesellschaftsrechtlichen Vor-schriften entsprechenden, d. h. offenen Ausschüttung steht (BFH vom 15.09.2004 I R 62/03, BFH-Re-port 2005, 1; vom 22.10.2003 I R 37/02, BStBl II 2004, 121). Eine Veranlassung der Vermögensminde-rung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt im Allgemeinen vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Anwendung der Sorgfalt eines or-dentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter unter sonst gleichen Um-ständen nicht gewährt hätte (vgl. BFH vom 19.05.1998 I R 36/97, BStBl II 1998, 689; vom 19.03.1997 I R 75/96, BStBl II1997, 577). Hierbei finden die Grundsätze des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auch auf Be-triebe gewerblicher Art und damit auf den Kläger zu 1. Anwendung (vgl. BFH vom 10.07.1996 I R 108 - 109/95, BStBl II 1997, 230). Die von den Klägern überlassenen Hebedaten sind verkehrsfähig; sie stellen konkrete Informationen dar, die ein ordnungsmäßig und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter üblicherweise nicht kostenlos an Dritte abgeben würde. Er würde die sich ihm bietende Möglichkeit vielmehr nutzen, diese Informa-tionen zum Vorteil der Körperschaft gegen ein angemessenes Entgelt zu vermarkten (vgl. BFH vom 28.01.2004 I R 87/02, BFH-Report 2004, 425; vom 10.07.1996 I R 108 - 109/95, BStBl II 1997, 230). Durch die Weiterberechnung der hälftigen Personalkosten für die Erhebung der Verbrauchsdaten ha-ben die Kläger ein Entgelt vereinbart. Diese Entgeltsvereinbarung war auch - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst. Zwar hätte ein ordnungsgemäß handelnder Ge-schäftsleiter versucht, einen möglichst hohen Anteil der Erhebungskosten - inklusive der Kosten der Wasserzähler - durch den Verkauf der Daten abzudecken. Andererseits hätte ein fremder Dritter an Stelle der Gemeinden -M-Stadt- und -N-Stadt- für die Überlassung der Hebedaten jedenfalls nicht mehr bezahlt, als sie selbst den Abwassereinleitern über die Abwassergebühren in Rechnung stellen konn-ten. Dieser Umstand war auch den Klägern bewusst. Bei Berücksichtigung dieser grundsätzlich beste-henden Interessenlage könnte - wie der BFH in seinem Urteil vom 28.01.2004 I R 87/02, BFH-Report 2004, 425 ausführt -in dem Umstand, dass die Klägerin zu 2, ab 1998 ein um die anteiligen Kosten der Wasserzähler erhöhtes Entgelt durchzusetzen vermochte, geschlossen werden, dass auch in den Streitjahren ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter ein entsprechend höheres Ent-gelt hätte durchsetzen können. Dem steht jedoch entgegen, dass aus Sicht der Gemeinden „M-Stadt" und „N-Stadt" ein höheres Entgelt nicht hätte auf die Abwassergebühren umgelegt werden können, weil - nach damaliger Auffassung - das Gebührenrecht einer Umlage dieser Kosten entgegengestanden habe. Dieses wird durch die von den Klägern eingereichten Stellungnahmen der damals an den Gebüh-renvereinbarungen beteiligten Personen bestätigt. So verweist der Bürgermeister der Stadt „M-Stadt“ in seinem Schreiben vom 19.05.2004 an die Klägerin zu 2. darauf, dass nach den kommunalabgaben-rechtlichen Regelungen überflüssige oder übermäßige Kosten nicht auf den Gebührenschuldner ab-wälzbar gewesen seien. Aus den gebührenrechtlichen Überlegungen heraus sei davon auszugehen gewesen, dass die betriebsbedingten und somit refinanzierbaren Kosten erreicht und eventuell sogar überschritten gewesen seien. In gleichem Sinne äußert sich der Bürgermeister der Stadt „N-Stadt" un-ter Hinweis auf ein Gespräch mit dem damaligen Stadtdirektor der Stadt „N-Stadt". Danach sei eine Umlage unter Vollkostenrechnung seitens des „A-Wasserwerkes "nicht durchsetzbar gewesen. Inso-weit könne er sich nicht vorstellen, dass die heutige Argumentation für eine Vollkostenrechnung ohne Hinweis auf die - ab Mitte 1996 vorliegende - höchstrichterliche Rechtsprechung aus gebührenrechtli-cher Sicht nachvollziehbar und folglich rechtlich und politisch durchsetzbar gewesen wäre. Entschei-dend sei jedoch ohnehin die Auffassung der Stadt „M-Stadt" gewesen, da diese die Mehrheit in der Verbandsversammlung des damaligen Zweckverbandes gehabt habe. Aus diesem Grund ist es auch unbeachtlich, wenn der damalige Sachbearbeiter für die Gebührenkalkulation „Abwasser" der Stadt „N-Stadt" in einem Schreiben des Bürgermeisters der Stadt „N-Stadt" vom 21.07.2004 darlegt, dass die

Page 105: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 105

Stadt seinerzeit selbst kaum in der Lage gewesen sei, anderweitig die Daten zu erlangen und zu bear-beiten. Denn insoweit ist lediglich anzunehmen, dass die Stadt „N-Stadt" auf die Überlassung der ent-sprechenden Frischwasserdaten angewiesen war. Nichts desto Trotz konnte ein ordentlich und gewis-senhaft handelnder Vertreter der Stadt „N-Stadt" wegen des Risikos, erhöhte Gebühren nicht auf die Gebührenschuldner abwälzen zu können, keiner Entgeltsvereinbarung unter Einbeziehung der hälftigen Zählerkosten zustimmen. Dass es sich bei dieser Darstellung der Kläger nicht um eine bloße Schutzbehauptung handelt, wird dadurch bestätigt, dass nach Veröffentlichung des Urteils des BFH vom 10.07.1996 im Jahr 1997 eine Entgeltsvereinbarung unter Einbeziehung der hälftigen Zählerkosten erfolgte, weil mit dem Ergehen des höchstrichterlichen Urteils eine entsprechende Notwendigkeit zur Umlage der Kosten bestand und die Erforderlichkeit entsprechender Zahlungen auch abgabenrechtlich dargestellt werden konnte. Da auch den Klägern bekannt war, dass die Gemeinden „M-Stadt' und „N-Stadt" nur eine Entgeltsver-einbarung akzeptieren konnten, die sie in die Lage versetzte, sich über entsprechend höhere Abwas-sergebühren zu refinanzieren, musste auch ein ordentlich und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter davon ausgehen, dass eine Entgeltsvereinbarung unter Einbeziehung der hälftigen Zählerkosten nicht durchsetzbar war. Dieses gilt vor allen Dingen auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Kläger - wenn auch in sehr geringem Umfang (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 25.01.2005) - Frischwasserdaten an nicht gesellschaftsrechtlich verbundene Dritte in den Streitjahren unentgeltlich abgegeben haben und zudem allgemein bekannt war, dass insbesondere die „H-AG "Frischwasserdaten unentgeltlich an die Gemeinden ihres Versorgungsgebietes abgegeben hat. Die Verhandlungsposition der Kläger war dementsprechend schlecht, da auch den Gemeinden „M-Stadt' und „N-Stadt" auf Grund dieses Umstandes die Erforderlichkeit entsprechend höherer Zahlungen an die Kläger im Sinne des Gebührenrechts aus ihrer Sicht nicht hätte belegt werden können. Für eine nicht durch die gesellschaftsrechtliche Verbundenheit beeinflusste Preisfindung spricht auch, dass die Vertragsparteien - wie bei fremden Dritten - sowohl einen Gemeinkostenzuschlag als auch ei-nen Gewinnaufschlag (vgl. zur Notwendigkeit eines Gewinnzuschlags: BFH vom 28.01.2004 I R 87/02, BFH-Report 2004, 425) bei der Berechnung des Entgelts berücksichtigt haben. Denn letztlich bestätigt dieser Umstand, dass die Vertragsparteien die anteiligen Kosten der Wasserzähler nur deshalb außer Acht ließen, weil die entsprechenden Kosten - aus damaliger Sicht - von den Städten „M-Stadt" und „N-Stadt" nicht auf die Gebührenschuldner umzulegen waren, sich im Übrigen aber wie unabhängige Dritte bei der Preisfindung gegenüberstanden. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Entgeltsvereinbarung dem Grunde nach ist damit nicht feststellbar. Doch selbst wenn dem Grunde nach die getroffene Entgeltsvereinbarung gesellschaftsrechtlich veran-lasst gewesen sein sollte, wäre eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Entgeltsvereinbarung der Höhe nach nicht feststellbar. Da sich ein angemessenes Entgelt nicht anderweitig ermitteln lässt, wäre dieses im Rahmen einer Bandbreitenbetrachtung gem. § 162 Abs. 1 Satz 1 AO zu schätzen (vgl. BFH vom 28.01.2004 I R 87/02, BFH-Report 2004, 425 unter Hinweis auf BFH vom 17.10.2001 I R 103/00, BStBl II 2004, 171). Aus den von den Klägern mit Schriftsatz vom 07.01.2000 dargelegten Entgelten, die zwischen Wasser-versorgern und Gemeinden (wobei die Abwasserentsorger an den Wasserversorgern nicht als Gesell-schafter, Mitglied oder Träger beteiligt sind) vereinbart wurden, ergibt sich eine Spanne von 0 DM bis maximal 5 DM für die Überlassung pro Datensatz. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass gerade die un-entgeltliche Überlassung der Hebedaten auch von „einem sehr großen "deutschen Frischwasserver-sorger, der „H-AG", praktiziert wird. Selbst wenn eine gänzlich unentgeltliche Überlassung - wie der Beklagte meint - kaum angenommen werden könnte und folglich aus Sicht dieses Unternehmens mög-licherweise andere Vorteile mit der unentgeltlichen Datenüberlassung verbunden sind, kann daraus nicht abgeleitet werden, eine verdeckte Gewinnausschüttung liege der Höhe nach vor. Denn unter Be-rücksichtigung der gezahlten Entgelte und der Anzahl der in den Streitjahren vorhandenen Zähler (18.500 in 1993 bis 19.100 in 1996) ergibt sich ein tatsächlich gezahltes Entgelt pro Datensatz von 3,01 DM (1993) bis 3,31 DM (1996), jeweils incl. Umsatzsteuer. Unter Berücksichtigung der im Übrigen zwischen unabhängigen Dritten gezahlten Entgelte für die Überlassung von Hebedaten haben die Kläger die Bandbreite möglicher Entgelte jedenfalls nicht unterschritten. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. l, 143 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung - FGO -.

Page 106: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 106 Heft 1/2005

Die Revision war nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. l oder 2 FGO zuzulassen, weil den der Entscheidung zu Grunde legenden Rechtsfragen aufgrund des Urteils des BFH v. 28.01.2004 I R 87/02, BFH-Report 2004, 425, keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt. Auch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich, da der Senat mit seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des BFH abweicht.“ Kostenzuschüsse einer Sparkasse an eine Wirtschaftsförde-rungsgesellschaft sind Betriebsausgaben

BKPV 29/2005

Finanzgericht Köln, Urteil vom 24.3.2004 - 13 K 455/03 - Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 40/04) (Steuereildienst 2004, 728) Leitsatz: „Beteiligt sich eine Zweckverbandssparkasse an einer Wirtschaftsförderungsgesellschaft und verpflich-tet sich zur anteiligen Kostenübernahme, so sind diese Kostenzuschüsse als Betriebsausgaben - im Rahmen einer Teilwertabschreibung - abzugsfähig, wenn diese Beteiligung vorrangig aus eigenbetrieb-lichem Interesse erfolgt ist.“ Konzessionsabgaben von Versorgungsbetrieben an Kommunen in Beteiligungsfällen

BKPV 30/2005

Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11.12.2003 - 10 K 219/00 (EFG 2004 S. 378) - Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 18/04) Leitsätze: „1. Konzessionsabgaben, die Versorgungsbetriebe an Städte oder Gemeinden in sogenannten Beteili-

gungsfällen - wenn die Kommune an dem Versorgungsbetrieb unmittelbar oder (wie hier) mittelbar beteiligt ist - für die Einräumung des Rechts zur unmittelbaren Versorgung mit Wasser, Energie oder Gas im Gemeindegebiet unter Inanspruchnahme öffentlicher Versorgungswege zahlen, sind nicht bereits deshalb als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln, weil der Versorgungs-betrieb den in Abschn. 32 KStR 1990 geforderten Mindestgewinn nicht erreicht hat.

2. Bei der körperschaftsteuerrechtlichen Behandlung von Konzessionsabgaben in Beteiligungsfällen

ist neben dem am Markt erzielbaren Preis auch das Streben nach einer angemessenen Verzin-sung des eingesetzten Kapitals ein Prüfungskriterium für das Vorliegen verdeckter Gewinnaus-schüttungen. Dieses hat jedoch - auch unter Berücksichtigung der von der Finanzverwaltung an-geordneten Durchschnittsbetrachtung über einen Zeitraum von grundsätzlich sechs Jahren - keine absolute Bedeutung in dem Sinne, daß bei Nichterreichung des Mindestgewinns zwingend auf das Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen geschlossen werden könnte.

3. Konzessionsabgaben sind trotz Nichterreichen des Mindestgewinns nicht als verdeckte Gewinn-

ausschüttungen anzusehen, wenn die festgesetzten Abgaben sich als marktüblich darstellen, und nach der Geschäftsentwicklung des Versorgungsunternehmens davon auszugehen ist, daß in den Streitjahren infolge hoher Investitionen entstandene Anlaufverluste für das Nichterreichen des Mindestgewinns ursächlich gewesen sind, zukünftig hingegen mit dem Erreichen einer angemes-senen Kapitalverzinsung gerechnet werden kann.“

Verdeckte Gewinnausschüttung bei Darlehensgewährung BKPV 31/2005 vgl. BKPV 13/2003 BFH-Urteil vom 9.7.2003 - I R 48/02 (BStBl 2004 II S. 425) Leitsätze: „Zinsen für ein Darlehen, das eine Trägerkörperschaft einem Betrieb gewerblicher Art gewährt, führen insoweit zu vGA, als die Darlehensmittel eine unzureichende Eigenkapitalausstattung des Betriebs

Page 107: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 107

ausgleichen. Die dabei als Maßstab zugrundezulegende angemessene Eigenkapitalquote bestimmt sich im jeweiligen Einzelfall nach der Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen der Privatwirtschaft im maßgeblichen Zeitraum (Anschluß an BFH-Urteil vom 1.9.1982 I R 52/78, BFHE 137 S. 9, BStBl II 1983, 147); ihre Ermittlung obliegt dem FG.“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie

betrieb in den Streitjahren 1993 bis 1995 ein Kurheim. Dieser Betrieb wurde sowohl durch Eigen-kapital, unverzinsliches Gesellschafter-Fremdkapital (Verrechnungskonto), verzinsliches Gesell-schafter-Fremdkapital (Darlehen) als auch (in geringem Umfang) durch sonstiges Fremdkapital fi-nanziert. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) behandelte im Anschluß an eine Au-ßenprüfung in den Streitjahren 1993 bis 1995 angefallenen Zinsaufwand des Kurheims für von der Klägerin als Trägerkörperschaft zur Verfügung gestellte Darlehen unter Bezugnahme auf Ab- schnitt 28 Abs. 3 Satz 4 der Körperschaftsteuerrichtlinien - KStR - 1995 (Abschn. 27 a Abs. 3 Satz 4 KStR 1985/1990) in dem Umfang als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA), als das Eigenkapital des Betriebs unter 30 v.H. seines Aktivvermögens am Anfang des jeweiligen Kalenderjahres lag. Demgegenüber beantragte die Klägerin im Klageverfahren, nur insoweit von Eigenkapital des Betriebs gewerblicher Art (BgA) mit der Folge einer Behandlung des entsprechenden Teils des Zinsaufwandes als vGA auszugehen, als eine Eigenkapitalquote von 26 % unterschritten worden sei. Die Klage hatte Erfolg. Mit seiner Revision beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuwei-sen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision des FA ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichts-

ordnung - FGO - ). Das FG hat - unter Beachtung seiner Bindung an das Klagebegehren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 FGO) - zu Recht entschieden, daß im Streitfall vGA nur insoweit vorliegen, als die streitigen Zinsen auf von der Klägerin ihrem BgA zur Verfügung gestelltem (Fremd-)Kapital beru-hen, das dessen „Eigenkapital“ auf 26 v.H. des Aktivvermögens auffüllt.

1. Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) sind BgA von juristischen Per-sonen des öffentlichen Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Dies sind - wie das von der Klägerin betriebene Kurheim - Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und sich aus der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben (§ 4 Abs. 1 Satz 1 KStG). Allerdings ist nach dem Wortsinn des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG die Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit sie BgA unterhält, selbst Subjekt der Körperschaftsteuer in Hinblick auf jeden einzelnen Betrieb (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13.3.1974 I R 7/71, BFHE 112, 61, BStBl II 1974, 391).

2. Das Einkommen des BgA ist somit gesondert und gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1977 u.a. nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu ermitteln (BFH-Urteil vom 1.7.1987 I R 197/83, BFHE 150, 534, BStBl II 1987, 865). Dabei ist davon auszugehen, daß zwischen der Trägerkörperschaft und dem BgA rechtsgeschäftliche Vereinbarungen getroffen werden können, obwohl der BgA als solcher kein eigenes Rechtssubjekt darstellt (BFH-Urteile vom 1.9.1982 I R 52/78, BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147; vom 14.3.1984 I R 223/80, BFHE 140, 560, BStBl II 1984, 496). Dies schließt grundsätzlich die steuerrechtliche Anerkennung von Regelungen der Trägerkörperschaft in Bezug auf den BgA ein, wie vorliegend über ver-zinsliche Darlehen.

Page 108: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 108 Heft 1/2005

Schließlich finden auf die Beziehungen zwischen der Klägerin als Trägerkörperschaft und dem BgA auch die Grundsätze über vGA entsprechende Anwendung, wie sie zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern gelten (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG).

3. a) Besteht zwischen der Trägerkörperschaft und dem BgA ein Darlehensverhältnis, stellt die Rechtsprechung bei der Prüfung, ob eine vGA vorliegt, seit jeher darauf ab, ob das von der Trägerkörperschaft zur Verfügung gestellte Eigenkapital (Widmungskapital und of-fene Reserven) ausreichend ist, d.h. einen bestimmten Teil der Aktivseite der Bilanz er-reicht, oder eine bei gleichartigen Unternehmen übliche Finanzierung durchgeführt wor-den ist (BFH-Urteil vom 17.1.1964 III 65/63 U, BFHE 78, 395, BStBl III 1964, 154). So-weit das zur Verfügung gestellte Eigenkapital diesem Maßstab nicht entspricht, ist das von der Trägerkörperschaft zur Verfügung gestellte Darlehen als Eigenkapital zu behan-deln mit der Folge, daß dafür angefallene Zinsen vGA darstellen. Damit soll eine Gleich-stellung des BgA mit vergleichbaren privaten Unternehmen erreicht werden, da - wie Ka-pitalgesellschaften mit einem bestimmten Nennkapital - auch BgA mit einem angemes-senen Eigenkapital auszustatten sind. Insoweit ist ein Zinsaufwand nicht darstellbar (BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147; Bott in Arthur Andersen, Körperschafts-teuergesetz 2003, § 4 KStG Anm. 329). Dabei ist die ältere Rechtsprechung davon aus-gegangen, daß die angemessene Eigenkapitalquote in der Regel 40 v.H. des Aktivver-mögens beträgt (BFH-Urteile vom 6.8.1962 I 65/60 U, BFHE 75, 502, BStBl III 1962, 450; vom 24.6.1970 I R 10/69, BFHE 99, 373, BStBl II 1970, 694).

b) Der erkennende Senat hält an dem Grundsatz fest, wonach das maßgebende Eigenkapi-

tal des BgA nach einem bestimmten Prozentsatz seines Aktivvermögens zu bemessen ist (BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147). Er verkennt dabei nicht, daß dies bei der Einkommensermittlung der Körperschaften des öffentlichen Rechts hinsichtlich ihrer BgA insoweit zu einer Abweichung gegenüber der Einkommensermittlung bei Kapitalge-sellschaften führen kann, als bei letzteren die Quote der Eigenfinanzierung grundsätzlich nicht zu steuerlichen Konsequenzen führt (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1975 I R 135/74, BFHE 117, 467, BStBl II 1976, 226; m.w.N.). Diese Unterschiedlichkeit ist jedoch durch die Besonderheiten der Beziehungen der Körperschaften des öffentlichen Rechts zu ih-ren BgA gerechtfertigt. Wie einem BgA grundsätzlich keine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, sind betriebsnotwendige Gegenstände für steuerliche Zwecke seinem Be-triebsvermögen zuzurechnen, ohne daß die Trägerkörperschaft eine entsprechende Zu-weisung vorgenommen hat (vgl. BFH-Urteile vom 22.7.1964 I 136/62 U, BFHE 80, 235, BStBl III 1964, 559; vom 12.7.1967 I 267/63, BFHE 89, 416, BStBl III 1967, 679). Dem entspricht es, die Frage, inwieweit von einer Trägerkörperschaft dem BgA zur Verfügung gestelltes Kapital steuerlich als Fremdkapital anzuerkennen ist, nach objektiven Kriterien zu beurteilen, die von der Disposition der Trägerkörperschaft unabhängig sind. Diese „Umqualifizierung“ ist nicht konstitutiv, sondern dient ausschließlich dem Ziel, die Höhe des Zinsaufwandes zu ermitteln, der als abzugsfähig anzuerkennen ist.

c) Die so zugrunde zulegende Eigenkapitalquote hat sich regelmäßig an der Eigenkapital-

ausstattung gleichartiger Unternehmen der Privatwirtschaft im maßgebenden Zeitraum zu orientieren (BFH-Urteile in BFHE 78, 395, BStBl III 1964, 154; in BFHE 75, 502, BStBl III 1962, 450; in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147; Bott in Arthur Andersen, a.a.O., Anm. 330; Erhard in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbe-steuergesetz, 2003, § 4 KStG Anm. 104; Felder in Dötsch/Eversberg/ Jost/Witt, Kom-mentar zum Körperschaftsteuergesetz und Einkommensteuergesetz, 2003, § 4 KStG Anm. 76; Augsten in Lademann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, 2002, § 4 KStG Anm. 53; wohl auch Herrmann in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, 2003 § 4 KStG Anm. 16). Diese übliche Eigenkapitalquote (Kapitalstruktur) privater Unternehmen unterliegt aber zwangsläufig Veränderungen in Abhängigkeit von den gesamtwirtschaftlichen und bran-chenspezifischen Bedingungen. Daher kann auch der zur Abgrenzung des Eigenkapitals von BgA in Anlehnung an die Kapitalausstattung privater Unternehmen zugrunde zule-gende Prozentsatz des Aktivvermögens nicht festgeschrieben werden; er ist vielmehr an die Verhältnisse der jeweils streitbefangenen Zeiträume anzupassen (BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147). Diese Anpassung kann in der Zugrundelegung eines - verglichen mit der bisherigen Bezugsgröße - geminderten, unter entsprechenden Um-

Page 109: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 109

ständen aber auch höheren Prozentsatzes bestehen. Andernfalls würden Körperschaften mit ihren BgA im Verhältnis zu ihren ähnlich strukturierten privatwirtschaftlichen Mitbe-werbern unzulässig steuerlich benachteiligt oder bevorzugt werden.

4. Die Feststellung, wie sich die Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen der Privatwirtschaft in den maßgebenden Zeiträumen entwickelt hat, ist Sache des FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147). An diese Feststellung ist der BFH als Revisionsge-richt gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Vorliegend hat das FG sich bei seiner Feststellung der angemessenen Eigenkapitalquote in den Streitjahren auf die - teils von der Klägerin vor-gelegten, im Übrigen vom FG selbst beschafften - diesen Zeitraum betreffenden gesamtwirt-schaftlichen Statistiken in den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank gestützt. Auf diese Erkenntnismöglichkeit verweist auch das BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147. Daraus war eine erheblich niedrigere Eigenkapitalquote als die vom FA geforderten 30 % des Aktivvermögens zu entnehmen. Aus dem Monatsbericht für Oktober 1994 hat das FG ent-nommen, daß sich die durchschnittliche Eigenkapitalquote in den Vorjahren auf lediglich 18,4 % des Aktivvermögens belaufen hat. Diese Entwicklung hat sich in den Folgejahren fort-gesetzt. Dem FG ist, wie es selbst ausführt, zwar nicht gelungen, in ausreichendem Umfang branchenspezifische Kennzahlen zu ermitteln. Es hat auch innerhalb des Bereichs der Dienstleistungsunternehmen (Gesundheitswesen) die Möglichkeit einer Differenzierung er-kannt. Dennoch durfte es auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnis-möglichkeiten und allgemeiner Erfahrung davon ausgehen, daß sich der im Streitfall betrof-fene Teil der Gesundheitsbranche „Kurwesen“ der allgemeinen Entwicklung folgend und durch die verschiedenen Phasen der Gesundheitsreform veranlaßt seit Mitte der 80er Jahre in einem Abwärtstrend befunden hat. Diese Annahme ist zumindest möglich, sie verletzt keine Denkgesetze und wird durch bestehende Erfahrungssätze bestätigt. Nachdem auch die Be-teiligten im Klageverfahren erklärt haben, keine aussagekräftigen Vergleichszahlen anderer Unternehmen derselben oder vergleichbarer Branchen vorlegen zu können, war das FG da-her auf der Grundlage der allgemeinen (negativen) Entwicklung der Kapitalstruktur vor und im streitigen Zeitraum befugt, zumindest die von der Klägerin für ihren BgA anerkannte Eigenka-pitalquote von 26 % des Aktivvermögens als noch angemessen zu werten. Dabei konnte es dahingestellt sein lassen, ob die Beteiligten ihr Erkenntnispotential tatsächlich ausgeschöpft und so ihrer Ermittlungspflicht genügt haben.

5. Entgegen der Auffassung des FA war das FG insbesondere auch nicht an die Verwaltungsre-

gelung in Abschn. 28 Abs. 3 Satz 4 KStR 1995 (Abschn. 27 a Abs. 3 Satz 4 KStR 1985/1990) gebunden, wonach ein BgA „grundsätzlich mit einem angemessenen Eigenkapital ausgestat-tet ist, wenn das Eigenkapital mindestens 30 % des Aktivvermögens beträgt“. Auch wenn vielfach auf diese Regelung hingewiesen wird (vgl. Bott in Arthur Andersen, a.a.O., Anm. 330; Felder in Dötsch/Eversberg/ Jost/Witt, a.a.O.; Baur in Schöberle/Hofmeister, Körperschaft-steuergesetz, 2001, § 4 KStG Anm. 54; Augsten in Lademann, a.a.O.; Streck, Körperschaft-steuergesetz, 5. Aufl., § 4 KStG Anm. 29; vgl. auch Urteil des Niedersächsisches FG vom 29.6.1999 VI 27/96, EFG 1999, 1043; Urteil des FG Münster vom 21.2.1997 I K 5796/93 K, EFG 1997, 1134), handelt es sich insoweit dennoch um eine lediglich norminterpretierende Verwaltungsvorschrift, der keine Rechtsnormqualität zukommt (vgl. BFH-Urteil vom 9.12.1999 III R 74/97, BFHE 191, 125, BStBl II 2001, 311). Nicht hingegen handelt es sich um eine typi-sierende Pauschalregelung, die grundsätzlich auch von den Gerichten zu beachten wäre. Solche (betreffend z.B. Kilometersätze, Verpflegungsmehraufwand) beruhen auf einer sach-verständigen Beurteilung und Auswertung einer Vielzahl repräsentativer Einzeldaten, deren Ergebnis der Arbeitsvereinfachung aller Beteiligter und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung dient (BFH-Urteile vom 30.11.1979 VI R 129/78, BFHE 129, 354, BStBl II 1980, 141; vom 25.10.1985 VI R 15/81, BFHE 145, 181, BStBl II 1986, 200, 206; vom 26.4.1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754) und daher im allgemeinen auch von den Steuerpflichtigen selbst ihren steuerlichen Erklärungen zugrunde gelegt werden (BFH-Urteile vom 22.10.1996 III R 203/94, BFHE 182, 44, BStBl II 1997, 384; vom 26.1.1994 VI R 118/89, BFHE 173, 174, BStBl II 1994, 529). Demgegenüber beruht die Ermittlung vergleichbarer Eigenkapitalquoten in der Privatwirtschaft wie im Streitfall zwar ebenfalls auf einer größeren Zahl repräsentativer Einzeldaten, spiegelt jedoch das Ergebnis wirtschaftlicher Entwicklungen wider, die sich nach den jeweiligen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen richten und mit diesen verändern. Gerade auf diesen Besonderheiten beruht die Forderung nach einer Einzelfallbeurteilung und zeitge-rechten Anpassung im BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147, die zu der Neuregelung des Abschn. 28 Abs. 3 KStR 1995 (Abschn. 27 a Abs. 3 KStR 1985/1990) geführt hat. Im Üb-rigen weist das FG zu Recht darauf hin, daß auch die Richtlinienregelung in Abschn. 28

Page 110: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 110 Heft 1/2005

Abs. 3 Satz 2 KStR 1995 (Abschn. 27 a Abs. 3 Satz 2 KStR 1985/1990) unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFHE 137, 9, BStBl II 1983, 147 als „Anhaltspunkt“ die „Kapitalstruktur gleichartiger Unternehmen in privatrechtlicher Form“ vorgibt (vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 78, 395, BStBl III 1964, 154). Diesem Vergleichskriterium ist, wie oben ausgeführt, die Berück-sichtigung eingetretener Veränderungen immanent.

Das FG ist daher auch zu Recht nicht von einer vom FA im Hinblick auf Abschn. 28 Abs. 3 Satz 4 KStR 1995 (Abschn. 27 a Abs. 3 Satz 4 KStR 1985/1990) für sich beanspruchten Um-kehr der Beweislast oder „sphärenorientierten Beweisrisikoverteilung“ bei vGA (vgl. dazu BFH-Urteile vom 17.10.2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BFH/NV 2002, 134; vom 15.2.1989 X R 16/86, BFHE 156, 38, BStBl II 1989, 462) ausgegangen. Im Übrigen hat die Klägerin ihrer-seits zur Begründung ihres Klagebegehrens statistisches Material zur Entwicklung der Eigen-kapitalquote von privaten Unternehmen vorgelegt, das vom FG allerdings noch ergänzt wor-den ist.

Anwendungsfragen der Neuregelung des § 8 a KStG BKPV 32/2005 BMF-Schreiben vom 15.7.2004 - IV A 2 - S 2742 a - 20/04 (BStBl I 2004, 593)

Gesellschafter-Fremdfinanzierung

Inhaltsübersicht Tz. I. Verhältnis zum BMF-Schreiben vom 15.12.1994 (BStBl 1995 I S. 25, 170) 1 II. Allgemeines 2 - 6 III. Finanzierungswege des § 8 a KStG 7 - 30 1. Fremdfinanzierung durch den wesentlich beteiligten Anteilseigner 8 - 11 2. Fremdfinanzierung durch eine nahe stehende Person 12 - 15 3. Fremdfinanzierung durch eine Tochtergesellschaft 16 - 17 4. Fremdfinanzierung durch einen rückgriffsberechtigten Dritten 18 - 25 a) Definition des Rückgriffs 18 - 21 b) Rechtsfolgen 22 - 25 5. Fremdfinanzierung bei Organschaft 26 6. Fremdfinanzierung ausländischer Kapitalgesellschaften 27 7. Freigrenze 28 - 30 IV. Anteiliges Eigenkapital 31 - 35 1. Beteiligungen an Personengesellschaften 32 - 33 2. Definition des Eigenkapitals und Beteiligungsbuchwertkürzung 34 - 35 V. Zulässiges Fremdkapital 36 - 37 VI. Holdingregelung 38 - 47 1. Begriff der Holdinggesellschaft 39 - 41 2. Nachgeordnete Kapitalgesellschaften 42 - 45 3. Konkurrierende Holdinggesellschaften 46 - 47 a) Vertikale Konkurrenz zwischen Holdinggesellschaften 46 b) Horizontale Konkurrenz zwischen Holdinggesellschaften 47 VII. Fremdfinanzierung von Personengesellschaften 48 - 53 1. Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Personengesellschaft 51 - 52 2. Wesentlich beteiligter Anteilseigner als Beteiligter an einer Personengesellschaft 53 VIII. Anwendung 54 Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird zu grundlegenden Anwendungsfragen der Neuregelung des § 8 a KStG durch das Gesetz zur Um-

Page 111: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 111

setzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünsti-gungsabbaugesetz vom 22.12.2003 (BGBl 2003 I S. 2840) wie folgt Stellung genommen: I. Verhältnis zum BMF-Schreiben vom 15.12.1994 (BStBl 1995 I S. 25, 170)

1 Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 15.12.1994 (a.a.O.) sind bis zu einer Überarbeitung dieses Schreibens auf § 8 a KStG in der o.g. Fassung anzuwenden, soweit sich aus dem Folgenden nichts Abweichendes ergibt. II. Allgemeines

2 Die zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sowie ei-ner verdeckten Einlage im Sinne der §§ 8 Abs. 1 KStG, 4 Abs. 1 EStG erforderliche Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis liegt vor, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 a KStG er-füllt sind.

3 § 8 a KStG findet nur auf beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften Anwen-dung.

4 Eine verdeckte Gewinnausschüttung nach §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8 a KStG führt beim wesentlich beteilig-ten Anteilseigner zu Einkünften aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG. Das gilt in den Fällen der Fremdfinanzierung durch eine nahe stehende Person oder einen Dritten im Sinne des § 8 a Abs. 1 Satz 2 KStG entsprechend.

5 Diese Kapitalerträge unterliegen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dem Steuerabzug vom Kapitaler-trag. Die Kapitalertragsteuer beträgt gemäß § 43 a Abs. 1 Nr. 1 EStG 20 % des Kapitalertrags, wenn der Anteilseigner sie trägt; sie beträgt 25 % des tatsächlich ausgezahlten Betrags, wenn die Kapitalge-sellschaft sie übernimmt. Die Kapitalertragsteuer ist nach allgemeinen Grundsätzen von der fremdfi-nanzierten Kapitalgesellschaft einzubehalten und abzuführen.

6 Es wird nicht beanstandet, wenn die Kapitalertragsteuer erst einbehalten und abgeführt wird, sobald die Vergütungen für das Fremdkapital im Sinne des § 8 a Abs. 1 Satz 1 KStG die Freigrenze in Höhe von 250.000 EUR übersteigen. Dies gilt nicht für Vergütungen im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 KStG oder wenn bei einer Prognose bereits zu Beginn des Veranlagungszeitraums damit zu rechnen ist, daß die Vergütungen die Freigrenze übersteigen werden. III. Finanzierungswege des § 8 a KStG

7 § 8 a Abs. 1 KStG unterscheidet danach, ob das schädliche Fremdkapital von einem wesentlich beteiligten Anteilseigner, einer nahe stehenden Person oder von einem rückgriffsberechtigten Dritten überlassen wurde: 1. Fremdfinanzierung durch den wesentlich beteiligten Anteilseigner

8 Anteilseigner im Sinne des § 8 a KStG ist, wer unmittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

9 Soweit die Vergütung für Fremdkapital nach §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8 a KStG eine verdeckte Gewinnaus-schüttung darstellt, wird sie bei der leistenden Kapitalgesellschaft dem Steuerbilanzgewinn im Rah-men der Ermittlung des Einkommens nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 28.5.2002 (BStBl 2002 I S. 603) außerhalb der Steuerbilanz hinzugerechnet. Das auf diese Weise erhöhte Ein-kommen der Kapitalgesellschaft gilt als Gewinn im Sinne des § 7 Satz 1 GewStG.

10 Die verdeckte Gewinnausschüttung stellt eine sonstige Leistung dar und erfolgt mit Abfluß der Vergütung bei der Kapitalgesellschaft.

11 Beim wesentlich beteiligten Anteilseigner unterliegen die als verdeckte Gewinnausschüttung qualifi-zierten Vergütungen als Einkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Halbeinkünftever-

Page 112: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 112 Heft 1/2005

fahren (§ 3 Nr. 40 EStG, § 8 b Abs. 1 KStG); § 8 b Abs. 5 KStG, § 3 c Abs. 2 EStG sind anzuwenden. Für Zwecke der Gewerbesteuer ist § 9 Nr. 2 a GewStG zu beachten. Beispiel: Der Alleingesellschafter A gewährt der inländischen I-GmbH am 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR, das das zulässige Fremdkapital in voller Höhe übersteigt. Die vereinbarte Vergütung beträgt 1 Mio. EUR. Das Wirtschaftsjahr der I-GmbH stimmt mit dem Kalenderjahr überein. Die I-GmbH erwirtschaftet im Jahr 01 einen Steuerbilanzgewinn in Höhe von 120.000 EUR. A ist eine natürliche Person und hält die Beteiligung im Betriebsvermögen (Der Solidaritätszuschlag bleibt in diesem und den nachfolgenden Beispielen aus Vereinfachungsgründen unberücksichtigt). Alternative: Alleingesellschafter ist die A-GmbH. Lösung: I-GmbH Steuerbilanzgewinn 120.000 EUR verdeckte Gewinnausschüttung 1.000.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen 1.120.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag 1.120.000 EUR kapitalertragsteuerpflichtiger Betrag 1.000.000 EUR 20 % Kapitalertragsteuer 200.000 EUR A A-GmbH

Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 1.000.000 EUR 1.000.000 EUR Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 40 EStG; § 8 b Abs. 1 KStG) - 500.000 EUR - 1.000.000 EUR Abzugsverbot (§ 3 c Abs. 2 EStG; § 8 b Abs. 5 KStG) 0 EUR 50.000 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 20 Abs. 3 EStG) 500.000 EUR 50.000 EUR Gewinn aus Gewerbebetrieb 500.000 EUR 50.000 EUR Kürzung (§ 9 Nr. 2 a GewStG) - 500.000 EUR 0 EUR maßgebender Gewerbeertrag 0 EUR 50.000 EUR Anrechnungsbetrag Kapitalertragsteuer 200.000 EUR 200.000 EUR 2. Fremdfinanzierung durch eine nahe stehende Person

12 Für die Ermittlung des Einkommens der fremdfinanzierten Kapitalgesellschaft gelten die unter Ab- schnitt III. Punkt 1 genannten Grundsätze entsprechend. Die verdeckte Gewinnausschüttung erfolgt mit Abfluß der Vergütung an die nahe stehende Person.

13 Beim wesentlich beteiligten Anteilseigner führen die als verdeckte Gewinnausschüttung qualifizierten Vergütungen zu Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die dem Halbeinkünfteverfah-ren (§ 3 Nr. 40 EStG; § 8 b Abs. 1 KStG) unterliegen; § 8 b Abs. 5 KStG, § 3 c Abs. 2 EStG sind anzu-wenden. Für Zwecke der Gewerbesteuer ist § 9 Nr. 2 a GewStG zu beachten.

14 Der Vergütungsbetrag ist ein einlagefähiger Vermögensvorteil. Handelt es sich bei der dem wesentlich beteiligten Anteilseigner nahe stehenden Person um eine Kapitalgesellschaft, fließt der Vermögens-vorteil der das Fremdkapital gewährenden Gesellschaft im Wege der verdeckten Einlage des wesent-lich beteiligten Anteilseigners zu; der Wertansatz der Beteiligung ist beim wesentlich beteiligten Anteils-eigner entsprechend zu erhöhen (nachträgliche Anschaffungskosten). Bei einer Personengesellschaft liegt eine Einlage vor.

Page 113: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Beispiel: A ist Alleingesellschafter der T-GmbH und der I-GmbH. Die T-GmbH gewährt der I-GmbH am 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR, das das zulässige Fremdkapital in voller Höhe übersteigt. Die vereinbarte Vergütung beträgt 1 Mio. EUR. Die Wirtschaftsjahre der T-GmbH und der I-GmbH stimmen mit dem Kalenderjahr überein. Die I-GmbH erwirtschaftet im Jahr 01 einen Steuerbilanzgewinn in Höhe von 120.000 EUR, die T-GmbH einen Steuerbilanzverlust in Höhe von 50.000 EUR. A ist eine natürli-che Person und hält die Beteiligungen an der T-GmbH und der I-GmbH im Betriebsvermögen. Alternative: Alleingesellschafter ist die A-GmbH.

Anteilseigner

100% 100%

I-GmbH T-GmbH

Darlehen Lösung: I-GmbH Steuerbilanzgewinn 120.000 EUR verdeckte Gewinnausschüttung 1.000.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen 1.120.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag 1.120.000 EUR Kapitalertragsteuerpflichtiger Betrag 1.000.000 EUR 20 % Kapitalertragsteuer 200.000 EUR A A-GmbH

Erhöhung Beteiligungsbuchwertansatz T-GmbH 1.000.000 EUR 1.000.000 EUR Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 1.000.000 EUR 1.000.000 EUR Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 40 EStG; § 8 b Abs. 1 KStG) - 500.000 EUR - 1.000.000 EUR Abzugsverbot (§ 3 c Abs. 2 EStG; § 8 b Abs. 5 KStG) 0 EUR 50.000 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 20 Abs. 3 EStG) 500.000 EUR 50.000 EUR Gewinn aus Gewerbebetrieb 500.000 EUR 50.000 EUR Kürzung (§ 9 Nr. 2a GewStG) - 500.000 EUR 0 EUR maßgebender Gewerbeertrag 0 EUR 50.000 EUR Anrechnungsbetrag Kapitalertragsteuer 200.000 EUR 200.000 EUR

Heft 1/2005 Seite 113

Page 114: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

T-GmbH Steuerbilanzverlust - 50.000 EUR verdeckte Einlage - 1.000.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen - 1.050.000 EUR Erhöhung des Einlagekontos; § 27 Abs. 2, 3 KStG 1.000.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) - 1.050.000 EUR

15 Die dargestellten Grundsätze sind in mehrstufigen Beteiligungsstrukturen bis zum gemeinsamen Anteilseigner der fremdfinanzierten und der das Fremdkapital gewährenden Gesellschaft anzuwenden. 3. Fremdfinanzierung durch eine Tochtergesellschaft

16 § 8 a KStG findet auch im Falle der Fremdfinanzierung einer Kapitalgesellschaft durch ihre Tochterge-sellschaft Anwendung. Die das Fremdkapital überlassende Tochtergesellschaft kann gemäß § 8 a Abs. 1 Satz 2 KStG nahe stehende Person des Anteilseigners der Kapitalgesellschaft sein.

17 Soweit die Vergütungen für Fremdkapital nach § 8 a KStG gesellschaftsrechtlich veranlaßt sind (vgl. Tz. 2), wird der Vergütungsbetrag von der Kapitalgesellschaft im Wege der verdeckten Einlage der das Fremdkapital gewährende Tochtergesellschaft zugeführt. Der Wertansatz der Beteiligung der Ka-pitalgesellschaft an der Tochtergesellschaft ist entsprechend zu erhöhen (nachträgliche Anschaffungs-kosten). Der Vergütungsbetrag mindert weder das körperschaftsteuerpflichtige Einkommen noch den Gewinn im Sinne des § 7 Satz 1 GewStG. Beispiel: A ist Alleingesellschafter der I-GmbH; die I-GmbH wiederum ist Alleingesellschafterin der T-GmbH. Die T-GmbH gewährt der I-GmbH am 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR, das das zulässige Fremdkapital in voller Höhe übersteigt. Die vereinbarte Vergütung beträgt 1 Mio. EUR. Die Wirtschafts-jahre der T-GmbH und der I-GmbH stimmen mit dem Kalenderjahr überein. Die I-GmbH erwirtschaftet im Jahr 01 einen Steuerbilanzgewinn in Höhe von 120.000 EUR, die T-GmbH einen Steuerbilanzverlust in Höhe von 50.000 EUR. A hält die Beteiligung an der I-GmbH im Betriebsvermögen.

Anteilseigner

I-GmbH

Darlehen

T-GmbH

Seite 114 Heft 1/2005

Page 115: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 115

Lösung: I-GmbH

Erhöhung Beteiligungsbuchwertansatz T-GmbH 1.000.000 EUR Steuerbilanzgewinn 120.000 EUR a.o. Ertrag aus Zuschreibung Beteiligung T 1.000.000 EUR Korrigierter Steuerbilanzgewinn 1.120.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen 1.120.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag 1.120.000 EUR T-GmbH

Steuerbilanzverlust - 50.000 EUR verdeckte Einlage - 1.000.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen - 1.050.000 EUR Erhöhung des Einlagekontos (§ 27 Abs. 2, 3 KStG) 1.000.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) - 1.050.000 EUR 4. Fremdfinanzierung durch einen rückgriffsberechtigten Dritten a) Definition des Rückgriffs

18 Die Tz. 21 bis 23 des BMF-Schreibens vom 15.12.1994 (a.a.O.) sind nicht anzuwenden.

19 Vergütungen für Fremdkapital, die die Kapitalgesellschaft an einen Dritten zahlt, sind unter den Voraussetzungen der §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8 a KStG verdeckte Gewinnausschüttungen, soweit der Dritte (z.B. als Sicherungsnehmer) auf den wesentlich beteiligten Anteilseigner oder eine diesem nahe ste-hende Person zurückgreifen kann, weil ein rechtlicher Anspruch (z.B. aufgrund einer Garantieerklärung, Patronatserklärung oder einer Bürgschaft) oder eine dingliche Sicherheit (z.B. Sicherungseigentum, Grundschuld) besteht.

20 Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nicht vor, soweit die Kapitalgesellschaft nachweist, daß die Vergütungen beim rückgriffsberechtigten Dritten oder einer sonstigen Person nicht mit Vergütungen für nicht nur kurzfristige (vgl. Tz. 37) Einlagen oder sonstige nicht nur kurzfristige Kapitalüberlassungen im Zusammenhang stehen, deren unmittelbarer oder mittelbarer Empfänger der wesentlich beteiligte An-teilseigner oder eine diesem nahe stehende Person ist (Gegenbeweis). Damit werden von §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8 a KStG z.B. Gestaltungen erfaßt, bei denen der Dritte der Kapitalgesellschaft ein Darlehen gewährt und der wesentlich beteiligte Anteilseigner seinerseits gegen den Dritten eine Forderung hat, auf die der Dritte zugreifen kann (sog. Back-to-back-Finanzierung BStBl 2004 I S. 593 gen).

21 Der Gegenbeweis kann z.B. durch eine Bescheinigung des rückgriffsberechtigten Dritten geführt werden, aus der sich neben dem o.g. Nachweis insbesondere Art und Umfang der für die Kapitalüber-lassung gewährten Sicherheiten ergeben; die Verpflichtung zur Vorlage aller vertraglichen Vereinba-rungen bleibt unberührt. b) Rechtsfolgen

22 Die an den rückgriffsberechtigten Dritten gezahlte Vergütung für Fremdkapital ist insoweit gesellschafts-rechtlich veranlaßt, wie beim wesentlich beteiligten Anteilseigner oder einer diesem nahe stehenden Person unmittelbar oder mittelbar ein Vermögensvorteil eintritt. Für die Ermittlung des Einkommens der fremdfinanzierten Kapitalgesellschaft gelten die unter Abschnitt III. Punkt 1 genannten Grundsätze ent-

Page 116: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

sprechend. Die verdeckte Gewinnausschüttung erfolgt mit Abfluß der Vergütung an den rückgriffsbe-rechtigten Dritten.

23 Die auf den als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierenden Teil der Vergütung entfallende Ka-pitalertragsteuer gilt als mit befreiender Wirkung für die Kapitalgesellschaft einbehalten und abgeführt, soweit die dem wesentlich beteiligten Anteilseigner auf die Einlage oder sonstige Kapitalüberlassung gezahlte Vergütung mit Kapitalertragsteuer belastet ist.

24 Beim wesentlich beteiligten Anteilseigner führen die als verdeckte Gewinnausschüttung qualifizierten Vergütungen zu Einkünften im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die dem Halbeinkünfteverfah-ren (§ 3 Nr. 40 EStG; § 8 b Abs. 1 KStG) unterliegen; § 8 b Abs. 5 KStG, § 3 c Abs. 2 EStG sind anzu-wenden. Für Zwecke der Gewerbesteuer ist § 9 Nr. 2 a GewStG zu beachten.

25 Auf die steuerliche Behandlung der Vergütungen beim rückgriffsberechtigten Dritten hat § 8 a KStG kei-nen Einfluß. Beispiel: A ist Alleingesellschafter der I-GmbH. Die X-Bank gewährt der I-GmbH am 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR, das das zulässige Fremdkapital in voller Höhe übersteigt. Die vereinbarte Vergütung beträgt 1 Mio. EUR. A unterhält bei der X-Bank ein Guthaben in Höhe von 8 Mio. EUR, für das er eine Vergütung in Höhe von 640.000 EUR erhält und das der X-Bank als Sicherheit für das Darlehen dient; die X-Bank behält auf die Guthabenzinsen 30 % Kapitalertragsteuer ein und führt diese ab. Das Wirt-schaftsjahr der I-GmbH stimmt mit dem Kalenderjahr überein. Die I-GmbH erwirtschaftet im Jahr 01 ei-nen Steuerbilanzgewinn in Höhe von 120.000 EUR. A ist eine natürliche Person und hält die Beteili-gung an der I-GmbH im Betriebsvermögen. Alternative: Alleingesellschafter ist die A-GmbH.

Anteilseigner

100% Rückgriff

I-GmbH X-Bank

Darlehen

Seite 116 Heft 1/2005

Page 117: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Lösung: I-GmbH

Steuerbilanzgewinn 120.000 EUR verdeckte Gewinnausschüttung 640.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen 760.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag 760.000 EUR kapitalertragsteuerpflichtiger Betrag 640.000 EUR Kapitalertragsteuer (vgl. Tz. 23) 0 EUR A A-GmbH

Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 640.000 EUR 640.000 EUR Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 40 EStG; § 8b Abs. 1 KStG) - 320.000 EUR - 640.000 EUR Abzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG; § 8b Abs. 5 KStG) 0 EUR 32.000 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 20 Abs. 3 EStG) 320.000 EUR 32.000 EUR Gewinn aus Gewerbebetrieb 320.000 EUR 32.000 EUR Kürzung (§ 9 Nr. 2a GewStG) - 320.000 EUR 0 EUR maßgebender Gewerbeertrag 0 EUR 32.000 EUR Anrechnungsbetrag Kapitalertragsteuer 192.000 EUR 192.000 EUR 5. Fremdfinanzierung bei Organschaft

26 Für die Ermittlung des Einkommens einer fremdfinanzierten Organgesellschaft gelten die unter Ab-schnitt III. Punkt 1 genannten Grundsätze entsprechend. Die von §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8 a KStG betrof-fenen Vergütungen gelten als vorweggenommene Gewinnabführung und sind beim Organträger aus dem Einkommen auszuscheiden. Für Zwecke der Gewerbesteuer gilt Entsprechendes. Als vorwegge-nommene Gewinnabführung unterliegen die Vergütungen nicht der Kapitalertragsteuer. Beispiel: Die A-GmbH ist Alleingesellschafterin der I-GmbH und der T-GmbH; zwischen der A-GmbH und der I-GmbH besteht ein Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG, der den Anforderungen der §§ 14 ff. KStG genügt. Die T-GmbH gewährt der I-GmbH am 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR, das das zulässige Fremdkapital in voller Höhe übersteigt. Die vereinbarte Vergütung beträgt 1 Mio. EUR. Die Wirtschaftsjahre der beteiligten Gesellschaften stimmen mit dem Kalenderjahr überein. Die I-GmbH erwirtschaftet im Jahr 01 einen Steuerbilanzgewinn vor Gewinnabführung in Höhe von 120.000 EUR, die T-GmbH einen Steuerbilanzverlust in Höhe von 50.000 EUR.

A-GmbH

100% 100%

I-GmbH T-GmbH

Darlehen Heft 1/2005 Seite 117

Page 118: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 118 Heft 1/2005

Lösung: I-GmbH (Organgesellschaft)

Steuerbilanzgewinn 0 EURGewinnabführung an den Organträger 120.000 EUR verdeckte Gewinnausschüttung (= vorweggenommene Gewinnabführung) 1.000.000 EUR dem Organträger zuzurechnendes Einkommen 1.120.000 EUR Gewerbeertrag der fiktiven Betriebsstätte 1.120.000 EUR A-GmbH (Organträger)

Erhöhung Beteiligungsbuchwertansatz T-GmbH 1.000.000 EUR Steuerbilanzgewinn (einschließlich Gewinnabführung I-GmbH) 120.000 EUR vorweggenommene Gewinnabführung I-GmbH 1.000.000 EUR Neutralisierung der Gewinnabführung - 1.120.000 EUR 0 EURdem Organträger zuzurechnendes Einkommen der I-GmbH 1.120.000 EUR Abzugsverbot (§ 8b Abs. 5 KStG) 0 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb; §§ 15, 20 Abs. 3 EStG 1.120.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag 1.120.000 EUR T-GmbH

Steuerbilanzverlust - 50.000 EURverdeckte Einlage - 1.000.000 EUR körperschaftsteuerpflichtiges Einkommen - 1.050.000 EUR Erhöhung des Einlagekontos (§ 27 Abs. 2, 3 KStG) 1.000.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) - 1.050.000 EUR 6. Fremdfinanzierung ausländischer Kapitalgesellschaften

27 Im Falle der Fremdfinanzierung einer im Inland nicht steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft treten die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung bzw. einer verdeckten Einlage infolge des § 8 a KStG für die inländischen Beteiligten in dem Umfang ein, in dem die gezahlten Vergütungen nach dem Recht des anderen Staates tatsächlich nicht die steuerliche Bemessungsgrundlage der Kapitalgesell-schaft gemindert haben und dies im Einzelfall nachgewiesen wird. Entsprechendes gilt für im Inland be-schränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften hinsichtlich einer Gesellschafter-Fremdfinanzierung, die nicht mit inländischen Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang steht (Beispiel: Die inländische Muttergesellschaft gewährt ihrer in Deutschland beschränkt steuerpflichtigen Tochtergesellschaft ein Darlehen, das nicht der inländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist). Beispiel: A ist Alleingesellschafter der T-GmbH und der I-SA. Die I-SA ist im Inland nicht steuerpflichtig. Die T-GmbH gewährt der I-SA am 1.1.01 ein Darlehen in Höhe von 10 Mio. EUR, das das zulässige Fremd-kapital im Sinne des § 8 a KStG in voller Höhe übersteigen würde. Die vereinbarte Vergütung beträgt 1 Mio. EUR. Bei der I-SA sind die Vergütungen auf das Darlehen der T-GmbH infolge der im Ansässig-keitsstaat geltenden Vorschriften zur Gesellschafter-Fremdfinanzierung zu 40 % nicht von der steuerli-chen Bemessungsgrundlage abziehbar. Die T-GmbH erwirtschaftet im Jahr 01 einen Steuerbilanzver-lust in Höhe von 50.000 EUR. A ist eine natürliche Person und hält die Beteiligungen an der T-GmbH und der I-SA im Betriebsvermögen.

Page 119: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Alternative: Alleingesellschafter ist die A-GmbH.

Anteilseigner

100% 100%

I-SA T-GmbH

Darlehen

D

Lösung: I-SA

bei Anwendung des § 8 a KStG hinzuzurechnender Betrag 1.000.000 EUR tatsächlich hinzugerechnet (nicht abziehbar) 400.000 EUR A A-GmbH

Erhöhung Beteiligungsbuchwertansatz T-GmbH 400.000 EUR 400.000 EUR Kapitalertrag i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG 400.000 EUR 400.000 EUR Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 40 EStG; § 8 b Abs. 1 KStG) - 200.000 EUR - 400.000 EUR Abzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG; § 8 b Abs. 5 KStG) 0 EUR 20.000 EUR Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 15, 20 Abs. 3 EStG) 200.000 EUR 20.000 EUR Gewinn aus Gewerbebetrieb 200.000 EUR 20.000 EUR Kürzung (§ 9 Nr. 7, 8 GewStG) 200.000 EUR 0 EUR maßgebender Gewerbeertrag 0 EUR 20.000 EUR T-GmbH

Steuerbilanzverlust - 50.000 EUR verdeckte Einlage - 400.000 EUR körperschaftspflichtiges Einkommen - 450.000 EUR Erhöhung des Einlagekontos; § 27 Abs. 2, 3 KStG 400.000 EUR maßgebender Gewerbeertrag (Gewerbeverlust) - 450.000 EUR 7. Freigrenze

28 Die Freigrenze des § 8 a Abs. 1 Satz 1 KStG bezieht sich auf die insgesamt im Veranlagungszeitraum an die wesentlich beteiligten Anteilseigner der Kapitalgesellschaft oder Personen im Sinne des § 8 a Abs. 1 Satz 2 KStG zu entrichtenden Vergütungen (gesellschafts- und veranlagungszeitraumbezo-gene Freigrenze). Vergütungen für nur kurzfristig überlassenes Fremdkapital bleiben unberücksichtigt.

29 Bei der Prüfung der Freigrenze sind auch Vergütungen auf das zulässige Fremdkapital und Vergütun-gen auf Fremdkapital, für das der Drittvergleich gelingt, einzubeziehen. Vergütungen an einen rück-

Heft 1/2005 Seite 119

Page 120: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 120 Heft 1/2005

griffsberechtigten Dritten sind nur zu berücksichtigen, soweit kein Gegenbeweis im Sinne der Tz. 20 geführt wird.

30 Auf Vergütungen im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 2, Abs. 6 KStG findet die Freigrenze keine Anwen-dung; Vergütungen im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG verbrauchen jedoch die Freigrenze. IV. Anteiliges Eigenkapital

31 Anteiliges Eigenkapital ist nach § 8 a Abs. 2 Satz 1 KStG der Teil des Eigenkapitals der Kapitalgesell-schaft zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, der dem Anteil des Anteilseigners am ge-zeichneten Kapital entspricht. Abgestellt wird ausschließlich auf eine unmittelbare Beteiligung am Grund- oder Stammkapital (vgl. Tz. 8); auf den Umfang der Stimmrechte kommt es nicht an. 1. Beteiligungen an Personengesellschaften

32 Ist die fremdfinanzierte Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft beteiligt, treten für die Ermittlung des anteiligen Eigenkapitals an die Stelle des Buchwerts der Beteiligung an der Personen-gesellschaft die anteiligen Buchwerte der Vermögensgegenstände der Personengesellschaft (§ 8 a Abs. 2 Satz 3 KStG). Dies gilt unabhängig davon, ob ein Fall der Überlassung von Fremdkapital an eine Personengesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 5 KStG vorliegt. Die anteiligen Buchwerte der Vermö-gensgegenstände sind nach handelsrechtlichen Maßstäben unter Zugrundelegung des § 8 a Abs. 2 KStG zu ermitteln und umfassen sowohl die Aktiv- als auch die Passivseite der Handelsbilanz der Personengesellschaft. Sonder- und Ergänzungsbilanzen bleiben unberücksichtigt. Beispiel: A hält einen Anteil in Höhe 40 % an der I-GmbH, die ihrerseits zu 30 % als persönlich haftende Gesell-schafterin an der I-GmbH & Co. KG beteiligt ist. Die Handelsbilanz der I-GmbH stellt sich zum 31.12.00 wie folgt dar:

I-GmbH zum 31.12.00

I-GmbH & Co. KG 15.000.000 EUR Eigenkapital 25.000.000 EUR Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 40.000.000 EUR 40.000.000 EUR Die Handelsbilanz der I-GmbH & Co. KG ergibt folgendes Bild:

I-GmbH & Co. KG zum 31.12.00

Aktiva 30.000.000 EUR Kapitalkonto I-GmbH 9.000.000 EUR Sonstige Kapitalkonten 21.000.000 EUR 30.000.000 EUR 30.000.000 EUR Lösung: Zwecks Ermittlung des anteiligen Eigenkapitals im Sinne des § 8 a KStG ist bei der I-GmbH der Buch-wert der Beteiligung an der I-GmbH & Co. KG in Höhe von 15 Mio. EUR durch die anteiligen Vermö-gensgegenstände der Personengesellschaft zu ersetzen. In der Zusammenfassung ergeben sich bei der I-GmbH folgende Werte:

I-GmbH zum 31.12.00 Anteilige

Aktiva der I-GmbH & Co. KG 9.000.000 EUR Eigenkapital 19.000.000 EUR Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 34.000.000 EUR 34.000.000 EUR

Page 121: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 121

Das anteilige Eigenkapital des A beträgt 7,6 Mio. EUR (= 19.000.000 Mio. EUR x 40 %).

33 Zu den von § 8 a Abs. 2 Satz 3 KStG erfaßten Vermögensgegenständen der Personengesellschaft ge-hört nicht das vom wesentlich beteiligten Anteilseigner, einer diesem nahe stehenden Person oder ei-nem rückgriffsberechtigten Dritten überlassene Fremdkapital. Dieses gilt als vollumfänglich der Kapitalgesellschaft überlassen (§ 8 a Abs. 5 Satz 2 KStG). Beispiel: A hält einen Anteil in Höhe 40 % an der I-GmbH, die ihrerseits zu 30 % als persönlich haftende Gesell-schafterin an der I-GmbH & Co. KG beteiligt ist. Die Handelsbilanz der I-GmbH stellt sich zum 31.12.00 wie folgt dar:

I-GmbH zum 31.12.00

I-GmbH & Co. KG 15.000.000 EUR Eigenkapital 25.000.000 EUR Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 40.000.000 EUR 40.000.000 EUR Die Handelsbilanz der I-GmbH & Co. KG ergibt folgendes Bild:

I-GmbH & Co. KG zum 31.12.00

Aktiva 50.000.000 EUR Kapitalkonto I-GmbH 9.000.000 EUR Sonstige Kapitalkonten 21.000.000 EUR 8 a-Darlehen des A 20.000.000 EUR 50.000.000 EUR 50.000.000 EUR Lösung: Zwecks Ermittlung des anteiligen Eigenkapitals im Sinne des § 8 a KStG ist bei der I-GmbH der Buch-wert der Beteiligung an der I-GmbH & Co. KG in Höhe von 15 Mio. EUR durch die anteiligen Vermö-gensgegenstände der Personengesellschaft zu ersetzen. Das Darlehen des Gesellschafters A ist der I-GmbH vollständig zuzurechnen. Im Ergebnis betragen die zuzurechnenden Aktiva der I-GmbH & Co. KG damit 29 Mio. EUR: [50.000.000 EUR - 20.000.000 EUR (8 a-Darlehen)] x 30 % + 20.000.000 EUR = 29.000.000 EUR. In der Zusammenfassung ergeben sich bei der I-GmbH folgende Werte:

I-GmbH zum 31.12.00

Anteilige Aktiva der I-GmbH & Co. KG

29.000.000 EUR

Eigenkapital 19.000.000 EUR

Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR 8 a-Darlehen des A 20.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 54.000.000 EUR 54.000.000 EUR Das anteilige Eigenkapital des A beträgt 7,6 Mio. EUR (= 19.000.000 EUR x 40 %). 2. Definition des Eigenkapitals und Beteiligungsbuchwertkürzung

34 Die Beteiligungsbuchwertkürzung nach § 8 a Abs. 2 Satz 2 KStG gilt für Beteiligungen an inländi-schen und ausländischen Kapitalgesellschaften. Eigene Anteile der Kapitalgesellschaft fallen nicht unter die Kürzung.

Page 122: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 122 Heft 1/2005

35 Von der Beteiligungsbuchwertkürzung sind auch Beteiligungen betroffen, die der Kapitalgesellschaft ge-mäß § 8 a Abs. 2 Satz 3 KStG anteilig zuzurechnen sind. Beispiel: In dem o.g. Beispiel bestehen die Aktiva der I-GmbH & Co. KG zu 20 % (= 10 Mio. EUR) aus Beteili-gungen an Kapitalgesellschaften. Lösung: Die Aktiva der Personengesellschaft bestehen zu 20 % aus Beteiligungen, die der Beteiligungsbuch-wertkürzung im Sinne des § 8 a Abs. 2 Satz 2 KStG unterliegen. Die der I-GmbH anteilig zuzurechnen-den Vermögensgegenstände der I-GmbH & Co. KG sind daher um 5,8 Mio. EUR (= 29.000.000 EUR x 20 %) zu kürzen. In der Zusammenfassung ergeben sich bei der I-GmbH folgende Werte:

I-GmbH zum 31.12.00

Anteilige Aktiva der I-GmbH & Co. KG (o. Beteiligungen)

23.200.000 EUR

Eigenkapital 13.200.000 EUR

Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR 8 a-Darlehen des A 20.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 48.200.000 EUR 48.200.000 EUR V. Zulässiges Fremdkapital

36 In den Fällen der Tz. 18 ff. wird das zulässige Fremdkapital ausgeschöpft, soweit kein Gegenbeweis im Sinne der Tz. 20 geführt wird. Das einer nachgeordneten Kapitalgesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG überlassene Fremdkapital mindert ebenfalls das zulässige Fremdkapital des wesentlich beteiligten Anteilseigners.

37 Das Fremdkapital darf der Kapitalgesellschaft nicht nur kurzfristig überlassen werden. Die Grund-sätze zu § 8 Nr. 1 GewStG gelten entsprechend; § 19 GewStDV gilt nicht. Tz. 47 bis 49 des BMF-Schreibens vom 15. Dezember 1994 (a.a.O.) sind nicht anzuwenden. VI. Holdingregelung

38 Bei einer Kapitalgesellschaft, die Holdinggesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 4 KStG ist, ist abwei-chend von § 8 a Abs. 2 Satz 2 KStG keine Beteiligungsbuchwertkürzung vorzunehmen. 1. Begriff der Holdinggesellschaft

39 Holdinggesellschaft ist jede im Inland steuerpflichtige Kapitalgesellschaft, die die Voraussetzungen des § 8 a Abs. 4 Satz 1 KStG erfüllt.

40 Die Holdingeigenschaft des § 8 a Abs. 4 Satz 1 KStG wird nur durch unmittelbare Beteiligungen an Ka-pitalgesellschaften vermittelt. Als unmittelbar in diesem Sinne gelten auch solche Beteiligungen, die über eine oder mehrere zwischengeschaltete Personengesellschaften gehalten werden.

41 Kapitalgesellschaften ohne wesentlich beteiligten Anteilseigner sind nicht Holdinggesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 4 KStG. 2. Nachgeordnete Kapitalgesellschaften

42 Einer Holdinggesellschaft nachgeordnet ist jede Kapitalgesellschaft, an der der Anteilseigner der Holdinggesellschaft nach Maßgabe des § 8 a Abs. 3 KStG selbst oder zusammen mit einer nahe ste-henden Personen wesentlich beteiligt ist.

Page 123: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

43 Nach § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG sind Vergütungen für die Fremdfinanzierung einer nachgeordneten Ka-pitalgesellschaft durch den Anteilseigner ihrer Holdinggesellschaft, einer diesem nahe stehenden Per-son (mit Ausnahme der Holdinggesellschaft) oder durch einen rückgriffsberechtigten Dritten verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn ein Drittvergleich nicht gelingt; eine Freigrenze und ein zulässiges Fremdkapital sind nicht zu berücksichtigen.

44 Die Fremdfinanzierung der nachgeordneten Kapitalgesellschaften durch ihre Holdinggesellschaft unterliegt nicht der Beschränkung des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG.

45 Demgegenüber unterliegen Fremdfinanzierungen zwischen derselben Holdinggesellschaft nachgeord-neten Kapitalgesellschaften ebenfalls den Beschränkungen des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG. Es wird nicht beanstandet, wenn in diesen Fällen - abweichend von Tz. 87 des BMF-Schreibens vom 15.12.1994 (a.a.O.) - für Vergütungen im Sinne des § 8 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KStG ein um steuerliche verdeckte und offene Einlagen gekürztes anteiliges Eigenkapital des wesentlich beteiligten Anteilseigners der nachgeordneten Kapitalgesellschaft (§ 8 a Abs. 2 KStG) berücksichtigt wird. Dabei ist das Eigenkapital regelmäßig um das Nennkapital sowie um den Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu kürzen und um einen etwaigen Sonderausweis im Sinne des § 28 KStG zu erhöhen. In den Fällen des § 8 a Abs. 2 Satz 5 KStG gilt Entsprechendes. Beispiel: A ist Alleingesellschafter der I-GmbH. Diese ist Holdinggesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 1 KStG und ihrerseits alleinige Gesellschafterin der Gesellschaften N1-GmbH, N2-GmbH und N3GmbH. A gewährt der N1-GmbH ein Darlehen. Die I-GmbH hält an der N2-GmbH eine variabel vergütete stille Beteiligung und gewährt der N3-GmbH ein Darlehen. Ferner gewährt die N1-GmbH der N2-GmbH ein Darlehen.

Darlehen

Darlehen

N1-GmbH N2-GmbH N3-GmbH

Anteilseigner

I-GmbH

stille Bet

Darlehen Lösung: Das Darlehen des Anteilseigners der Holdinggesellschaft an die N1-GmbH ist Fremdkapital im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG; sofern der Drittvergleich nicht gelingt, kommt es zur vollständigen Hinzu-rechnung der gezahlten Vergütungen (ohne zulässiges Fremdkapital und ohne Freigrenze). Die Vergütungen auf die typische stille Beteiligung der I-GmbH an der N2-GmbH erfüllen die Voraus-setzungen des § 8 a Abs. 1 Nr. 1 KStG; sie sind verdeckte Gewinnausschüttung der N2-GmbH, sobald sie mehr als 250.000 EUR betragen. Für das Darlehen der I-GmbH an die N3-GmbH besteht ein zulässiges Fremdkapital in Höhe des Ei-neinhalbfachen des Eigenkapitals der N3-GmbH; soweit dieses überschritten ist, der Drittvergleich nicht gelingt und die Vergütungen mehr als 250.000 EUR betragen, kommt es zu einer verdeckten Gewinn-ausschüttung. Das Darlehen der N1-GmbH an die N2-GmbH erfüllt die Voraussetzungen des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG. Es wird jedoch ein zulässiges Fremdkapital in Höhe des Eineinhalbfachen des gekürzten anteili-Heft 1/2005 Seite 123

Page 124: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

gen Eigenkapitals angenommen (keine Freigrenze, vgl. Tz. 30). Soweit dieses überschritten ist und der Drittvergleich nicht gelingt, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. 3. Konkurrierende Holdinggesellschaften a) Vertikale Konkurrenz zwischen Holdinggesellschaften

46 Mehrere Kapitalgesellschaften in einer Beteiligungskette können jede für sich Holdinggesellschaft sein; eine nachgeordnete Kapitalgesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG kann nicht gleichzeitig Holdinggesellschaft sein. Beispiel: Im international tätigen Konzern A werden die europäischen Gesellschaften durch die EU-Hold. SA mit Sitz und Geschäftsleitung in Belgien geführt. Die Beteiligungen an den deutschen konzernzugehörigen Gesellschaften sind in der I-Holding GmbH gebündelt. Die EU-Hold. SA und die I-Holding GmbH erfül-len jede für sich die Holdingvoraussetzungen im Sinne des § 8 a Abs. 4 Satz 1 KStG. Die EU-Hold. SA ist im Inland nicht steuerpflichtig.

Anteilseigner

EU-Hold. SA

I-Holding-GmbH T-GmbH

N1-GmbH N2-GmbH

N3-GmbH

B

D

Lösung: Die EU-Hold. SA ist selbst nicht Holdinggesellschaft im Sinne des § 8 a Abs. 4 KStG, da sie im Inland nicht steuerpflichtig ist (vgl. Tz. 39). Sie kann die I-Holding-GmbH unter Beachtung der Grenzen des § 8 a Abs. 1, 6 KStG finanzieren. Das Eigenkapital der I-Holding-GmbH ist infolge der Holdingregelung erweitert, eine Beteiligungsbuchwertkürzung findet nicht statt. Bei Finanzierungen durch die EU-Hold. SA gegenüber den Gesellschaften N1-GmbH, N2-GmbH, N3-GmbH und eventuellen weiteren nachgeordneten Gesellschaften der I-Holding-GmbH findet § 8 a Abs. 4 Satz 2 KStG Anwendung. Es bestehen insoweit kein zulässiges Fremdkapital und keine Freigrenze für die N1-GmbH, N2-GmbH und N3-GmbH. Die I-Holding GmbH kann ihre nachgeordneten Gesellschaften innerhalb der Grenzen des § 8 a Abs. 1, 6 KStG finanzieren.

Seite 124 Heft 1/2005

Page 125: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

b) Horizontale Konkurrenz zwischen Holdinggesellschaften

47 An einer nachgeordneten Kapitalgesellschaft können mehrere Kapitalgesellschaften in der Weise betei-ligt sein, daß jede für sich die Holdingvoraussetzungen erfüllt. In diesem Falle kann jede der Holdingge-sellschaften die ihr nachgeordnete Kapitalgesellschaft nach den o.g. Grundsätzen als Holdinggesell-schaft finanzieren. Beispiel:

50% 50%

A-Holding B-Holding

N1-GmbH N2-GmbH N3-GmbH

Lösung: Sowohl die A-Holding als auch die B-Holding können die N2-GmbH in Höhe ihres anteiligen Eigenka-pitals finanzieren. VII. Fremdfinanzierung von Personengesellschaften

48 Die Absätze 1 bis 4 des § 8 a KStG gelten entsprechend, wenn das Fremdkapital einer Personengesell-schaft überlassen wird, an der eine Kapitalgesellschaft alleine oder zusammen mit ihr nahe stehenden Personen unmittelbar oder mittelbar zu mehr als einem Viertel beteiligt ist (§ 8 a Abs. 5 Satz 1 KStG).

49 § 8 a Abs. 5 KStG findet Anwendung, wenn die Personengesellschaft nicht nur kurzfristig Fremdkapital – von einem Anteilseigner der Kapitalgesellschaft erhalten hat, der zu einem Zeitpunkt im Wirt-

schaftsjahr wesentlich am Grund- oder Stammkapital (der Kapitalgesellschaft) beteiligt war (§ 8 a Abs. 1 Satz 1 KStG), oder

– von einer diesem nahe stehenden Person erhalten hat (§ 8 a Abs. 1 Satz 2 1. Alt. KStG) oder – von einem Dritten erhalten hat, der auf diesen Anteilseigner oder eine diesem nahe stehende Per-

son zurückgreifen kann (§ 8 a Abs. 1 Satz 2 2. Alt. KStG).

50 Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 a KStG sind auf der Grundlage der Verhältnisse der Kapital-gesellschaft zu prüfen; § 8 a Abs. 2 Satz 3 KStG findet Anwendung. Der Drittvergleich (Tz. 59 ff. des BMF-Schreibens vom 15.12.1994, a.a.O.) ist bei der Personengesellschaft zu führen. 1. Einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der Personengesellschaft

51 Die unter § 8 a Abs. 5 KStG fallenden Vergütungen für Fremdkapital sind auf der Ebene der Personen-gesellschaft zu erfassen, soweit sie den Gewinnanteil der Kapitalgesellschaft gemindert haben. Sie sind im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der Personengesellschaft als ver-deckte Gewinnausschüttungen festzustellen. Beispiel: A ist Alleingesellschafter der I-GmbH, die zu 30 % an der I-GmbH & Co. KG beteiligt ist; er hält die Beteiligung im Betriebsvermögen. Die übrigen Gesellschafter der I-GmbH & Co. KG sind nicht nahe stehende Personen des A. A gewährt der I-GmbH & Co. KG am 1.1.00 ein Darlehen in Höhe von 60 Mio. EUR zu einem Zinssatz von 10 %; weitere Darlehen werden nicht gewährt. Die Wirtschaftsjahre

Heft 1/2005 Seite 125

Page 126: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 126 Heft 1/2005

der Gesellschaften entsprechen dem Kalenderjahr. Die I-GmbH & Co. KG erwirtschaftet im Jahr 01 einen Gewinn von 6,5 Mio. EUR. Die Bilanzen der I-GmbH und der I-GmbH & Co. KG stellen sich zum 31.12.00 wie folgt dar:

I-GmbH zum 31.12.00

I-GmbH & Co. KG 15.000.000 EUR Eigenkapital 25.000.000 EUR Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 40.000.000 EUR 40.000.000 EUR I-GmbH & Co. KG zum 31.12.00

Aktiva 90.000.000 EUR Kapitalkonto I-GmbH 9.000.000 EUR Sonstige Kapitalkonten 21.000.000 EUR 8 a-Darlehen des A 60.000.000 EUR 90.000.000 EUR 90.000.000 EUR Lösung: Für Zwecke der Ermittlung des zulässigen Fremdkapitals ergeben sich bei der I-GmbH folgende Werte:

I-GmbH zum 31.12.00

Anteilige Aktiva der I-GmbH & Co. KG

69.000.000 EUR

Eigenkapital 19.000.000 EUR

Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR 8 a-Darlehen des A 60.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 94.000.000 EUR 94.000.000 EUR Das zulässige Fremdkapital des A bei der I-GmbH beträgt 28,5 Mio. EUR (= 19.000.000 EUR x 1,5). Es wird durch das Gesellschafterdarlehen an die I-GmbH & Co. KG um 31,5 Mio. EUR (= 60.000.000 EUR ./. 28.500.000 EUR) überschritten. Die hierauf von der I-GmbH & Co. KG gezahlten Zinsen in Höhe von 3,15 Mio. EUR (= 31.500.000 EUR x 10 %) entfallen zu 30 % (= 945.000 EUR) auf den Gewinnanteil der I-GmbH. Die verbleibenden Vergütungen in Höhe von 5.055.000 EUR (= 6.000.000 EUR ./. 945.000 EUR) fließen als Zinszahlung an A; da A an der I-GmbH & Co KG nicht beteiligt ist, haben sie auf das Ergebnis der Personengesellschaft keinen weiteren Einfluß. Es ergibt sich folgende Gewinn-feststellung auf der Ebene der I-GmbH & Co. KG: I-GmbH & Co. KG I-GmbH Übrige Gesellschafter

Gewinn VZ 01 6.500.000 EUR 1.950.000 EUR 4.550.000 EUR verdeckte Gewinnausschüttung 945.000 EUR 945.000 EUR festzustellender Gewinn 7.445.000 EUR 2.895.000 EUR 4.550.000 EUR Der um die verdeckte Gewinnausschüttung erhöhte Gewinn unterliegt auf Ebene der Personengesell-schaft vollständig der Gewerbesteuer. Auf Ebene der Kapitalgesellschaft findet § 9 Nr. 2 GewStG An-wendung. Die verbleibende und nicht umqualifizierte Vergütung für das Darlehen (5.055.000 EUR) ist für Zwecke der Gewerbesteuer dem Gewinn der Personengesellschaft gemäß § 8 Nr. 1 GewStG zur Hälfte hinzuzurechnen. Beim Anteilseigner findet hinsichtlich des als verdeckte Gewinnausschüttung zufließenden Teils der Vergütung § 9 Nr. 2 a GewStG Anwendung.

52 Die auf den als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierenden Teil der Vergütung entfallende Ka-pitalertragsteuer kann mit befreiender Wirkung für die Kapitalgesellschaft von der Personengesell-schaft einbehalten und abgeführt werden. Die Kapitalertragsteuer ist von der gezahlten Vergütung un-mittelbar abzuziehen, so daß an den Anteilseigner nur der “Nettobetrag” der Vergütung abzuführen ist.

Page 127: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 127

2. Wesentlich beteiligter Anteilseigner als Beteiligter an einer Personengesellschaft

53 § 8 a Abs. 5 KStG findet auch Anwendung, wenn der das Fremdkapital gewährende wesentlich beteiligte Anteilseigner der Kapitalgesellschaft gleichzeitig an der Personengesellschaft beteiligt ist. Die ihm gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Sondervergütung zuzurechnenden Vergütungen auf das Fremdkapital sind als verdeckte Gewinnausschüttung der Kapitalgesellschaft an den wesentlich betei-ligten Anteilseigner zu erfassen. Sofern sich die Anteile an der Kapitalgesellschaft im Sonderbetriebs-vermögen des Anteilseigners bei der Personengesellschaft befinden (vgl. H 13 Abs. 2 EStR 2003), ist gleichzeitig im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung eine verdeckte Gewinn-ausschüttung der Kapitalgesellschaft an den Anteilseigner als Sonderbetriebseinnahme festzustellen. Beispiel: A ist Alleingesellschafter der I-GmbH, die als Komplementärin zu 30 % am Vermögen der I-GmbH & Co. KG beteiligt ist. Gleichzeitig ist A mit 70 % als Kommanditist an der I-GmbH & Co. KG beteiligt; die Beteiligung an der I-GmbH & Co. KG hält A im Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens. A ge-währt der I-GmbH & Co. KG am 1.1.00 ein Darlehen in Höhe von 60 Mio. EUR zu einem Zinssatz von 10 %; weitere Darlehen werden nicht gewährt. Die Wirtschaftsjahre der Gesellschaften entsprechen dem Kalenderjahr. Die I-GmbH & Co. KG erwirtschaftet im Jahr 01 einen Gewinn von 6,5 Mio. EUR. Für Zwecke der Ermittlung des zulässigen Fremdkapitals ergeben sich bei der I-GmbH folgende Werte:

I-GmbH zum 31.12.00

Anteilige Aktiva der I-GmbH & Co. KG

69.000.000 EUR

Eigenkapital 19.000.000 EUR

Sonstige Aktiva 25.000.000 EUR 8 a-Darlehen des A 60.000.000 EUR Sonstige Passiva 15.000.000 EUR 94.000.000 EUR 94.000.000 EUR Lösung: Das zulässige Fremdkapital des A bei der I-GmbH beträgt 28,5 Mio. EUR (= 19.000.000 EUR x 1,5). Es wird durch das Gesellschafterdarlehen an die I-GmbH & Co. KG um 31,5 Mio. EUR (= 60.000.000 EUR ./. 28.500.000 EUR) überschritten. Die hierauf von der I-GmbH & Co. KG gezahlten Zinsen in Höhe von 3,15 Mio. EUR (= 31.500.000 EUR x 10 %) entfallen zu 30 % (= 945.000 EUR) auf den Gewinnanteil der I-GmbH. Die Anteile des A an der I-GmbH gehören zum Sonderbetriebsvermögen des A bei der I-GmbH & Co. KG. Der bei der I-GmbH nach §§ 8 Abs. 3 Satz 2, 8 a KStG hinzuzurechnende Betrag fließt dem A gleichzeitig als verdeckte Gewinnausschüttung zu und ist als Sonderbetriebseinnahme in der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung zu erfassen; die verbleibenden Vergütungen in Höhe von 5.055.000 EUR (= 6.000.000 EUR ./. 945.000 EUR) sind als Sondervergütungen an A für die Hingabe von Darlehen festzustellen. Es ergibt sich folgende Gewinnfeststellung auf der Ebene der I-GmbH & Co. KG: I-GmbH & Co. KG I-GmbH A

Gewinn VZ 01 6.500.000 EUR 1.950.000 EUR 4.550.000 EUR Sondervergütungen 5.055.000 EUR 5.055.000 EUR verdeckte Gewinnausschüttung 945.000 EUR 945.000 EUR Sonderbetriebseinnahme 945.000 EUR 945.000 EUR festzustellender Gewinn 13.445.000 EUR 2.895.000 EUR 10.550.000 EUR in dem festgestellten Gewinnanteil enthaltene Einnahmen 945.000 EUR nach § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8 b KStG Auf der Ebene der Personengesellschaft unterliegen die Vergütungen weiterhin vollständig in Höhe von 6 Mio. EUR der Gewerbesteuer. Auf die für A in Höhe von 945.000 EUR festzustellende Sonderbe-triebseinnahme findet bei der Personengesellschaft die Kürzung nach § 9 Nr. 2 a GewStG Anwendung,

Page 128: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 128 Heft 1/2005

so daß sich ein maßgebender Gewerbeertrag von 12,5 Mio. EUR ergibt. Beim Mitunternehmer findet hinsichtlich des Gewinnanteils aus der I-GmbH & Co. KG § 9 Nr. 2 GewStG Anwendung. VIII. Anwendung

54 Die Grundsätze dieses BMF-Schreibens finden erstmals auf Wirtschaftsjahre Anwendung, die nach dem 31.12.2003 beginnen (§ 34 Abs. 6a Satz 1 KStG).“ Fremdvergleichsnachweis bei Anwendung des § 8a KStG BKPV 33/2005 Finanzgericht Köln, Urteil vom 5.8.2003, 13 K 3358/02 (Finanz-Rundschau 2004, S. 164) Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 12/04) Leitsatz: „Gesellschafter-Fremdfinanzierung, keine vGA wenn Näheverhältnis erst nach Darlehnshingabe be-gründet wird: Eine ungesicherte Darlehnshingabe hält dem Fremdvergleich stand, wenn bei Kreditver-gabe noch nicht das spätere Näheverhältnis zum Darlehnsgeber bestanden hat und das Verhalten des Darlehnsgebers aus unternehmerischer Sicht zur Verwirklichung von Marktchancen nicht nur sinnvoll sondern auch erforderlich war.“ Steuerliches Einlagenkonto bei Betrieben gewerblicher Art: Be-rücksichtigung von Einlagen vor dem 1.1.2001

BKPV 34/2005

OFD Düsseldorf, Verfügung vom 19.8.2004, S 2706 A - St 134 - D/S 2706 - 101 - St 133 (DB 2004 S. 1860) „Bei Betrieben gewerblicher Art (BgA) wurde in letzter Zeit vermehrt die Frage gestellt, ob die Einlagen vor dem 1.1.2001, die zum 31.12.2000 z.B. wegen einer Verrechnung mit Verlusten nicht mehr im Ei-genkapital des BgA enthalten sind, bei der erstmaligen Feststellung des steuerlichen Einlagekontos nach § 27 KStG zu berücksichtigen sind. Hierzu wird folgende Auffassung vertreten: Nach § 27 Abs. 1 KStG hat eine steuerpflichtige Kapitalgesellschaft die nicht in das Nennkapital gelei-steten Einlagen am Schluß jeden Wirtschaftsjahres auf dem steuerlichen Einlagekonto zu erfassen und ausgehend vom Bestand zum Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres um die jeweiligen Zu- und Abgänge fortzuschreiben. Die Vorschrift gilt ab dem ersten Vz., in dem das erste Wirtschaftsjahr endet, das unter neues KSt.-Recht fällt (§ 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000). In das steuerliche Einlagekonto sind daher grundsätzlich nur solche Einlagen einzustellen, die der Kapitalgesellschaft ab dem 1.1. 2001 (bei abweichenden Wirtschaftsjahren entsprechend später) zugeführt worden sind. Alteinlagen in Wirt-schaftsjahren vor dem Systemwechsel sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen, da auf den Schluß des dem ersten Wirtschaftsjahr im neuen Recht vorangehenden Wirtschaftsjahres kein Bestand des steuerlichen Einlagenkontos festzustellen ist. Diese Grundsätze gelten nach § 27 Abs. 7 KStG insbe-sondere für BgA sinngemäß. Ergänzend dazu enthält § 39 Abs. 1 KStG die Regelung, daß ein sich nach § 36 Abs. 7 KStG ergeben-der positiver Endbestand des EK 04 als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos zu überneh-men ist. Eine entsprechende Anwendung auf im alten Recht nicht dem Anrechnungsverfahren unterlie-gende Körperschaften scheidet nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift aus. Denn es werden nicht die in früheren Jahren tatsächlich geleisteten und noch im Eigenkapital vorhandenen Einlagen als Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos übernommen, sondern der formal festgestellte Endbe-stand des EK 04. Ein solcher Betrag existiert bei “Nicht-Gliederungskörperschaften" jedoch nicht. Die Bestimmung befindet sich daher auch nicht etwa in § 27 KStG selbst, sondern im sechsten Teil des KStG, der die Sondervorschriften für den Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfte-verfahren enthält.

Page 129: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 3

Heft 1/2005 Seite 129

Nach dem Gesetzeswortlaut beträgt der Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos bei nicht dem Anrechnungsverfahren unterliegenden Körperschaften damit grundsätzlich Null. Dem widersprechen auch nicht die Regelungen in Rdn. 13 und 25 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 (BStBl 2002 I S. 935). Nach diesen Bestimmungen sind im Ergebnis alle im Zeitpunkt des Systemwechsel vorhande-nen Eigenkapitalteile, die das Nennkapital bzw. eine vergleichbare Kapitalgröße des BgA übersteigen (also alle noch vorhandenen Altgewinne und Alteinlagen), als Anfangsbestand in das steuerliche Ein-lagekonto zu übernehmen. Die neue Gesetzessystematik des Halbeinkünfteverfahrens setzt sich aus zwei Komponenten zusam-men: zum Einen aus der 25%igen Definitivbelastung des Einkommens bei der Körperschaft selbst und zum Anderen aus der zusätzlichen ermäßigten Besteuerung beim Letztempfänger dieses Einkommens. Bei BgA erfolgt die nachgelagerte Besteuerung beim Letztempfänger des Einkommens (Trägerkörper-schaft) im Weg der Erhebung der 10%igen KapSt. nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 10, 43 a Abs. 1 EStG. Aller-dings kommt die nachgelagerte Besteuerung nur für solches Einkommen des BgA in Betracht, das er in unter das Halbeinkünfteverfahren fallenden Wirtschaftsjahren erzielt hat (§ 52 Abs. 37 a EStG). Altge-winne und Alteinlagen, die im Zeitpunkt des Systemwechsels noch im Eigenkapital des BgA vorhanden sind, dürfen dagegen bei ihrer Abführung an die Trägerkörperschaft nicht dem Kapitalertragsteuerab-zug unterworfen werden. Um dies auf technisch einfache Weise sicherzustellen, sind diese Beträge als Anfangsbestand in das steuerliche Einlagekonto einzustellen. Soweit hingegen vor dem Systemwech-sel entstandene Verluste durch Einlagen ausgeglichen wurden, ist eine Einstellung dieser Beträge in das steuerliche Einlagekonto nicht möglich, weil insoweit keine verwendungsfähigen Beträge mehr exi-stieren. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, daß bei der Feststellung des Anfangsbestands des steuerlichen Einlagekontos eines BgA nur auf die im Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandenen Eigenkapitalteile, die das Nennkapital bzw. eine vergleichbare Kapitalgröße des BgA übersteigen, abzustellen ist.“ Steuerliches Einlagenkonto: Behandlung des Stammkapitals BKPV 35/2005 OFD Magdeburg, Verfügung vom 24.10.2003 - S 2706 - 89 - St 217 V (DStR 2003 S. 2225) „Nicht den Rücklagen zugeführte Gewinne und verdeckte Gewinnausschüttungen von Betrieben ge-werblicher Art (BgA) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermö-gen der Trägerkörperschaft nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG, wenn der BgA den Gewinn durch Be-triebsvermögensvergleich ermittelt oder die dort genannten Umsatz- oder Gewinngrenzen überschritten sind. Dafür haben auch die BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit ein steuerliches Einlagekonto zu führen. Es ist die Frage nach der steuerlichen Behandlung einer Rückzahlung von Kapital bei BgA aufgeworfen worden. Nach dem Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Fol-gendes: Nach Rdnrn. 8 und 13 des BMF-Schreibens vom 11.9.2002 (BStBl 2002 I S. 935) werden Betriebe ge-werblicher Art mit eigener Rechtspersönlichkeit im Grundsatz mit Kapitalgesellschaften gleichgestellt. Diese BgA haben ein Nennkapital, das nicht Bestandteil des Einlagekontos ist. Eine Rückzahlung des Nennkapitals führt bei der Trägerkörperschaft nicht zu steuerpflichtigen Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 a EStG und mindert auch nicht das Einlagekonto. Nach Rdnr. 25 des o.g. BMF-Schreibens haben auch Betriebe gewerblicher Art ohne eigene Rechts-persönlichkeit ein Einlagekonto zu führen, dessen Anfangsbestand sich aus Altrücklagen und Alteinla-gen zusammensetzt. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Rdnrn. 8 und 13 des BMF-Schreiben ent-sprechend. Zu den BgA ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehören die Eigenbetriebe der Gemeinden, Landkreise und Verwaltungsgemeinschaften. Gemäß § 12 Abs. 2 des Eigenbetriebsgesetzes des Landes Sach-sen-Anhalt (EigBG) vom 24.3.1997 (GVBl LSA 1997 S. 446) i.d.F. des Gesetzes über das kommunale Unternehmensrecht vom 3.4.2001 (GVBl LSA 2001 S. 136) ist der Eigenbetrieb mit einem angemesse-nen Stammkapital auszustatten, dessen Höhe in der Betriebssatzung festzusetzen ist. Für bestimmte Eigenbetriebe der o.g. juristischen Personen des öffentlichen Rechts kann von der Festsetzung eines Stammkapitals abgesehen werden (§ 12 Abs. 2 Satz 2 EigBG).

Page 130: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 3 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 130 Heft 1/2005

Die Eigenbetriebsverordnung des Landes Sachsen-Anhalt (EigVO) vom 20.8.1997 (GVBl LSA 1997 S. 758) enthält bezüglich des Stammkapitals keine abweichende Regelungen. Nach § 7 Abs. 2 EigVO ist das Stammkapital in der Bilanz des Eigenbetriebes mit dem in der Betriebssatzung festgelegten Be-trag anzusetzen. Sofern Eigenbetriebe ein Stammkapital besitzen, ist dieses nicht dem Einlagekonto gemäß § 27 KStG zuzuordnen. Bei teilweiser oder vollständiger Auskehrung des Stammkapitals an die Trägerkörperschaft kommt es bei dieser nicht zu steuerpflichtigen Zuflüssen nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG. Diese Ver-mögenszuführung unterliegt auch nicht der Regelung des § 27 Abs. 1 Sätze 3 ff. KStG und mindert damit nicht das Einlagekonto.“

Page 131: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 131

Umsatzsteuer Zuordnung eines zur gemischten Verwendung vorgesehenen Gegenstandes

BKPV 36/2005

vgl. BKPV 74/2003 BFH-Urteil vom 28.2.2002 - V R 25/96 (BStBl 2003 II S. 815) Leitsätze: „1. Ein Unternehmer, der einen Gegenstand (im Streitfall: PKW) zur gemischten (teils unternehmeri-

schen und teils nichtunternehmerischen) Nutzung erwirbt, kann den Gegenstand insgesamt sei-nem Unternehmen zuordnen; er kann ihn insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zu-ordnen; schließlich kann er ihn entsprechend dem - geschätzten - unternehmerischen Nutzungs-anteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

2. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Unterlas-

sung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Ist ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen he-rangezogen werden. Gibt es keine Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden.

3. Bei einem PKW, der überwiegend betrieblich genutzt wird, kann aus dem Umstand, daß er ertrag-

steuerlich notwendig dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist und vom Unternehmer entsprechend behandelt wird, nicht geschlossen werden, daß der Unternehmer ihn auch umsatzsteuerlich sei-nem Unternehmen zugeordnet hat.“

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist selbständiger Bausparkassenvertreter und Immobili-

envermittler. Im Streitjahr 1989 führte er sowohl steuerfreie Umsätze aus der Vermittlung von Bau-sparverträgen als auch steuerpflichtige Umsätze aus der Vermittlung von Immobilien aus. Im Jahr 1987 hatte der Kläger einen PKW von einem Nichtunternehmer erworben. Er konnte anläßlich des Kaufs keinen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. In der Folgezeit nutzte er den PKW sowohl betrieblich als auch privat. Ertragsteuerlich zog er seine gesamten PKW-Kosten - vermindert um den privaten Nutzungsanteil (durchschnittlich 20 v.H.) - als Betriebsausgaben ab und berücksich-tigte die hierbei in Rechnung gestellten Umsatzsteuern anteilig als abziehbare Vorsteuerbeträge. In der Buchführung des Klägers sind sowohl der Ankauf als auch der Verkauf des PKW sowie die PKW-Kosten vermerkt. Im Sommer 1989 verkaufte der Kläger den PKW an einen Nichtunternehmer. In seiner Umsatz-steuererklärung für 1989 berücksichtigte er diese Veräußerung nicht. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) vertrat die Auffassung, der Verkauf sei umsatzsteuerbar, da sich der PKW im Unternehmensvermögen befunden habe und überwiegend im unternehmerischen Bereich eingesetzt worden sei. Dementsprechend änderte das FA den Um-satzsteuerbescheid 1989. Der Einspruch blieb teilweise erfolglos. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) hatte Erfolg. Das FG führte aus, im Streitfall gebe es keine Beweisanzeichen, die die Zuordnung des PKW durch den Kläger zum unternehmerischen Bereich erkennen ließen. Wegen der fehlenden Möglichkeit des Vorsteuerabzugs könne insoweit kein Rückschluß auf die Zuordnung gezogen werden. Das Maß der unternehmerischen Nutzung und die ertragsteuerrechtliche Behandlung seien unbeachtlich. Die damit bestehende und nicht zu be-seitigende Ungewißheit gehe zu Lasten des FA, das die Zuordnung des PKW zum Unternehmen als steuerbegründende Tatsachen vorgetragen habe. Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatz-steuergesetzes 1980 (im Folgenden: UStG 1980). Es trägt vor: Das FG habe verkannt, daß nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Verbuchung des An- und Verkaufs des PKW

Page 132: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 132 Heft 1/2005

sowie der laufenden Kosten ein Indiz für die Zuordnung zum Unternehmen sei. Das FG habe fer-ner nicht berücksichtigt, daß der Kläger die Vorsteuerbeträge, die ihm im Rahmen der Wartung und Unterhaltung des PKW in Rechnung gestellt worden sind, auch insoweit als abziehbare Vor-steuerbeträge behandelt habe, als sie auf die private Nutzung entfallen, und daß der Kläger dies-bezüglich in seiner Steuererklärung einen Eigenverbrauch erklärt habe. Die Auffassung des FG, das FA trage die Beweislast für die Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen, sei unzu-treffend. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) habe im Urteil vom 4.10.1995 Rs. C-291/92 -Armbrecht- (Slg. 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392) ausgeführt, der Unternehmer müsse bei teilweise nichtunternehmerisch genutzten Gegenständen eine mögliche Zuordnungs-entscheidung zum Privatvermögen nach außen erkennbar werden lassen. Das FA beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuwei-sen. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist unbegründet.

1. Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. Lieferungen, die ein Unternehmer im Rahmen seines Un-ternehmens gegen Entgelt ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980). Die Veräußerung ei-nes Gegenstandes erfolgt nur dann im Rahmen des Unternehmens, wenn der betreffende Gegenstand vorher dem Unternehmensbereich zugeordnet worden war und nicht vor der Veräußerung aus dem Unternehmen entnommen worden ist.

2. Das FG hat zutreffend angenommen, daß der Kläger den PKW seinem Unternehmen nicht

zugeordnet hatte. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH ergeben sich für einen Unternehmer, der einen Gegenstand zur gemischten (teils unternehmerischen und teils nichtunternehmeri-schen) Nutzung erwirbt, folgende Möglichkeiten (vgl. zuletzt EuGH-Urteil vom 8.3.2001 Rs. C-415/98 -Bakcsi-, UR 2001, 149; und die Nachfolgeentscheidung des BFH vom 31.1.2002 V R 61/96): – Er kann den Gegenstand insgesamt seinem Unternehmen zuordnen.

– Er kann den Gegenstand insgesamt seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen.

– Er kann den Gegenstand entsprechend dem - geschätzten - unternehmerischen Nut-

zungsanteil seinem Unternehmen und im Übrigen seinem nichtunternehmerischen Be-reich zuordnen.

Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs ist regelmäßig ein gewichtiges Indiz für, die Un-terlassung des Vorsteuerabzugs ein ebenso gewichtiges Indiz gegen die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen. Ist - wie im Streitfall - ein Vorsteuerabzug nicht möglich, müssen andere Beweisanzeichen he-rangezogen werden (BFH-Urteil vom 31.1.2002 V R 61/96). Gibt es keine derartigen Beweisanzeichen für eine Zuordnung zum Unternehmen, kann diese nicht unterstellt werden. Im Streitfall gibt es keine derartigen Beweisanzeichen. a) Nach den Feststellungen des FG ist aus den Buchhaltungsunterlagen des Klägers er-

sichtlich, daß sowohl der Ankauf des PKW als auch der Verkauf des PKW verbucht wor-den war.

Page 133: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 133

Hieraus kann aber nicht auf eine Zuordnung des PKW zum Unternehmen geschlossen werden. Zwar kann auch die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung eines Wirt-schaftsguts ein Indiz für die umsatzsteuerliche Behandlung sein; so kann z.B. der Um-stand, daß der Unternehmer gewillkürtes Betriebsvermögen nicht bilanziert, ein Indiz dafür sein, daß er es auch umsatzsteuerrechtlich nicht seinem Unternehmen zuordnet (BFH-Urteil vom 31.1.2002 V R 61/96). Bei einem PKW, der - wie im Streitfall - überwie-gend betrieblich genutzt wird, kann aber aus dem Umstand, daß er ertragsteuerlich not-wendig dem Betriebsvermögen zuzurechnen ist und vom Unternehmer entsprechend behandelt wird, nicht geschlossen werden, daß der Unternehmer ihn auch umsatzsteuer-lich seinem Unternehmen zugeordnet hat.

b) Auch der Umstand, daß der Kläger für die laufenden PKW-Kosten den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, ist kein Beweisanzeichen dafür, daß er den PKW seinem Unter-nehmen zugeordnet hatte. Der EuGH hat hierzu in Rdnr. 33 seines Urteils in UR 2001, 149 wörtlich ausgeführt: ‚Nicht zu folgen ist auch dem Vorbringen der deutschen und der griechischen Regierung, der Steuerpflichtige bringe die Zuordnung eines Gegenstands, den er von einem Privaten gekauft und dessen Erwerb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt habe, zu seinem Un-ternehmensvermögen dadurch zum Ausdruck, daß er das Vorsteuerabzugsrecht bei Ausgaben im Zusammenhang mit dem Gegenstand wie z.B. Reparaturen ausübe. Denn die Zuordnung eines Investitionsguts bestimmt die Anwendung des Mehrwertsteuersy-stems auf das Gut selbst und nicht auf Gegenstände und Dienstleistungen für seine Nut-zung und Wartung. Das Recht auf Abzug der Vorsteuer für diese Gegenstände und Dienstleistungen ist eine gesonderte Frage, die unter Artikel 17 der Sechsten Richtlinie fällt. Dieses Recht hängt insbesondere von dem Zusammenhang zwischen diesen Ge-genständen und Dienstleistungen und den besteuerten Umsätzen des Steuerpflichtigen ab. Daraus folgt, daß die Steuerregelung für die Lieferung eines Investitionsguts von derjenigen für die steuerbaren Aufwendungen für seinen Gebrauch und seine Erhaltung zu trennen ist.’ Dem ist auch für das deutsche Umsatzsteuerrecht zu folgen.

c) Eine (vollständige) Zuordnung des PKW zum unternehmerischen Bereich kann zwar dar-aus abgeleitet werden, daß der Unternehmer die private Verwendung des PKW gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1980 versteuert hat (BFH-Urteil vom 31.1.2002 V R 61/96). Eine derartige Versteuerung kann aber dem vom FG festgestellten Sachverhalt sowie dem angefochtenen Steuerbescheid und der Einspruchsentscheidung nicht ent-nommen werden. Vielmehr ergibt sich aus dem Urteil des FG und der in Bezug genom-menen Einspruchsentscheidung, daß dem Kläger wohl bekannt war, daß er nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils vom 27.6.1989 Rs. C-50/88 -Kühne- (Slg. 1989, 1925) die unternehmensfremde Verwendung des PKW nicht versteuern mußte. Nach den Fest-stellungen des FG kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger die private Verwendung des PKW gleichwohl versteuert hat. Verfahrensrügen hat das FA in-soweit nicht erhoben.“

USt-Pflicht von Fördermitteln, die eine Erschließungsgesell-schaft bei Erschließung eines Gewerbegebietes von einer Ge-meinde erhält; voller Vorsteuerabzug der Erschließungsgesell-schaft auch für die Übertragung von öffentlichen Flächen und von Erschließungsanlagen an die Gemeinde und an einen Was-serverband

BKPV 37/2005

1. Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 06.02.2004 - 1 K 2807/01 (EFG 2004

S. 517) - Revision eingelegt (Az. des BFH: V R 18/04) Leitsätze: „1. Die Nichtigkeit eines durchgeführten Erschließungsvertrages hat keinen Einfluß auf seine Umsatz-

besteuerung.

Page 134: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 134 Heft 1/2005

2. Nach den Vergaberichtlinien der „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirt-schaftsstruktur“ (BT-Drs. 12/4850) bleibt die Gemeinde auch dann Subventionsempfängerin, wenn sie die Durchführung der Erschließung eines Gewerbegebietes einer Erschließungsgesellschaft überträgt und diese zur Einhaltung der Förderbedingungen verpflichtet.

3. Verpflichtet sich die Gemeinde, der Erschließungsgesellschaft in Anrechnung auf deren Vergütun-

gen, insbesondere aber auch zur Freistellung vom gemeindlichen Eigenanteil, die Fördermittel zu-kommen zu lassen, handelt es sich nicht um nicht steuerbare Zuschüsse an die Erschließungsge-sellschaft, sondern um die Verwendung der Fördermittel durch die Gemeinde.

4. Beim Abschluß eines Erschließungsvertrages verbleibt die Erschließungslast bei der Gemeinde.

Die Erschließungsgesellschaft ist dennoch nicht bloße Erfüllungsgehilfin der Gemeinde, sondern erbringt mit der tatsächlichen Durchführung der Erschließung sowohl steuerbare Umsätze gegen-über der Gemeinde als auch gegenüber den Eigentümern und Käufern der erschlossenen Grund-stücke, denen sie im eigenen Namen und für eigene Rechnung Erschließungsvorteile zuwendet. Sie ist deshalb befugt, die Umsatzsteuer offen in Rechnung zu stellen.

5. Auch soweit die Erschließungsgesellschaft Grundstücksteile und die Erschließungsanlagen nicht

steuerbar oder steuerfrei an die Kommune überträgt, steht ihr nach dem Prinzip der wirtschaftli-chen Zuordnung der Vorleistungen der Vorsteuerabzug zu.“

2. Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 10.12.2003 - 1 K 1422/02 - Revision

eingelegt (Az. des BFH: V R 14/04) (Steuereildienst 2004, 648) Leitsatz: „Der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen eines Erschließungsunternehmers ist auch insoweit zuläs-sig, als die Vorsteuern für die Erschließung öffentlicher Flächen entstanden ist, die nach Erschließung auf die Gemeinde zurückübertragen werden.“ Abgrenzung eines nicht steuerbaren Zuschusses gegenüber steuerpflichtigen Umsätzen

BKPV 38/2005

Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 26.08.2002 (1 K 1837/00 - rechtskräftig) (ZKF 2003 Nr. 1 S.18) „Plant und errichtet eine Gesellschaft auf Grund eines Geschäftsbesorgungsvertrages im Auftrag einer Gemeinde ein Gebäude auf einem im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundstück, und leitet die Gemeinde einen ihr von der Investitionsbank des Landes für das Bauvorhaben bewilligten Zuschuß je nach Baufortschritt an die Gesellschaft weiter, so stellen die weitergeleiteten Teilbeträge für die Gesell-schaft umsatzsteuerpflichtige Gegenleistungen im Rahmen eines Leistungsaustausches und keinen nicht steuerbaren Zuschuß dar. Die Aufnahme von Vertragsklauseln in den Geschäftsbesorgungsver-trag, die dem öffentlichen Haushaltsrecht entnommen sind, stehen dem nicht entgegen.“ Unentgeltliche Übertragung von Erschließungsanlagen auf die Gemeinde, Vertrauensschutz

BKPV 39/2005

vgl. BKPV 44/2003 vgl. BKPV 54/2001 vgl. BKPV 27/1996

Verfügung der OFD Cottbus vom 07.04.2004 - S 7300-0014-St244 (DStR 2004 S. 1046) „Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Erschließungsmaßnahmen wurde im o.g. BMF-Schreiben Stellung genommen. Hiernach sind die Rechtsgrundsätze auf Umsätze anzuwenden, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung (18.8.2000) dieses Schreibens im Bundessteuerblatt Teil l erbracht werden. Bis dahin waren die im BMF-Schreiben vom 7.6.1977 IV A 2 - S 7100 - 58/77 genannten Grundsätze maßgeblich. Das BMF-Schreiben vom 13.7.2000 wurde durch das BMF-Schreiben vom 4.12.2000 IV B

Page 135: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 135

7 - S 7100 - 55/00 (BStBl 2000 l S. 1581) ersetzt. Dieses BMF-Schreiben wurde durch das BMF-Schreiben vom 31.5.2002 IV B 7 - S 7100 - 167/02 (BStBl 2002 l S. 631) ersetzt. Es wurde die Frage gestellt, ob die im BMF-Schreiben vom 13.7.2000 (a.a.O.) enthaltene Vertrauens-schutzregelung durch das BMF-Schreiben vom 4.12.2000 bzw. 31.5.2002 aufgehoben wurde oder weiterhin Gültigkeit hat. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder (Referatsleiterbespre-chung USt 11/04 vom 15.03. - 17.3.2004, TOP 6) wird hierzu folgende Auffassung vertreten: Die im BMF-Schreiben vom 13.7.2000 (a.a.O.) enthaltene Vertrauensschutzregelung wurde durch die nachfolgenden BMF-Schreiben vom 4.12.2000 bzw. 31.5.2002 (a.a.O.) nicht aufgehoben und ist wei-terhin anzuwenden. Soweit der Erschließungsträger Umsätze (Übertragung der Erschließungsanlagen auf die Gemeinde) vor dem 18.8.2000 ausführt hat, ist der Vorsteuerabzug weiterhin nach den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 7.6.1977 IV A 2 - S 7100 - 58/77 zu beurteilen. Überträgt der Erschließungsträger die errichteten Erschließungsanlagen unentgeltlich auf die Gemeinde, so ist die Übertragung nicht steuer-bar. Die Abziehbarkeit der auf die Erschließungsanlagen entfallenen Vorsteuern richtet sich daher nach der umsatzsteuerlichen Behandlung der Ausgangsumsätze (Verwendung der erschlossenen Grund-stücke) des Erschließungsträgers (vgl. auch meine Verfügung vom 8.1.1996 S 7300 - 0014 - St 136). Entsprechendes gilt, wenn die Erschließungsanlagen im Eigentum des Erschließungsträgers verblei-ben. Als Erschließungsträger sind auch solche Unternehmer anzusehen, die Erschließungsmaßnah-men für Zwecke der Veräußerung der erschlossenen Grundstücke durchführen. An der mit Verfügung vom 19.12.2000 S 7300 - 0014 - St 244 vertretenen Rechtsauffassung, nach der durch das BMF-Schreiben vom 4.12.2000 (a.a.O.) die Vertrauensschutzregelung des BMF-Schreibens vom 13.7.2000 (a.a.O.) nicht mehr besteht, halte ich nicht mehr fest. Anhängige Klage- bzw. Revisionsverfahren bitte ich auf die bestehende Vertrauensschutzregelung hin zu überprüfen. Sollten Unsicherheiten bestehen, bitte ich um Bericht. Ich weise ausdrücklich darauf hin, daß die o. g. Regelung nur insoweit Anwendung findet, als Erschlie-ßungsanlagen unentgeltlich auf die Gemeinde übertragen werden. Werden Erschließungsanlagen ent-geltlich auf die Gemeinde übertragen (z.B. in Fällen, in denen die Gemeinde die ihr zustehenden Lan-deszuschüsse an den Erschließungsträger weiterleitet) besteht kein Vertrauensschutz.“ Hoheitliche Aufgaben, Einschaltung von Unternehmern BKPV 40/2005 vgl. BKPV 41/2003 BMF-Schreiben vom 10.12.2003 - IV B 7 - S 7106 - 100/03 (BStBl 2003 I S. 785) „Der BFH hat mit Urteil vom 28.2.2002, V R 19/01 entschieden, daß ein mit der Durchführung einer ho-heitlichen Pflichtaufgabe betrauter Unternehmer umsatzsteuerrechtlich als Leistender an den Bürger anzusehen ist, wenn er bei der Ausführung der Leistung ihm gegenüber - unabhängig von der öffent-lich-rechtlichen Berechtigung - im eigenen Namen aufgetreten ist. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes: Soweit im BMF-Schreiben vom 27.12.1990, IV A 2 - S 7300 - 66/90 (BStBl 1991 I S. 81) im Hinblick darauf, daß öffentlich-rechtlich gegenüber dem Bürger allein der Hoheitsträger berechtigt oder ver-pflichtet ist, für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung der Schluß gezogen worden ist, der eingeschal-tete Unternehmer könne seine Leistung nicht gegenüber dem Bürger, sondern nur gegenüber dem Ho-heitsträger erbringen, wird daran nicht mehr festgehalten. Vielmehr liegt ein unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Bürger vor, wenn der leistende Unternehmer sich ihm gegenüber im eigenen Namen zur Erbringung der Leistung verpflichtet und dementsprechend auch die Leistung erbracht hat. Dies gilt selbst dann, wenn der leistende Unternehmer mit dieser Vorgehensweise gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften

Page 136: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 136 Heft 1/2005

verstößt. Erhält der gegenüber dem Bürger im eigenen Namen auftretende Unternehmer in diesem Zu-sammenhang auch Zahlungen des Hoheitsträgers, sind diese nach Abschn. II Tz. 3 Buchst. a des o.g. BMF-Schreibens weiterhin als Entgelt zu beurteilen, da durch das Auftreten im eigenen Namen das be-stehende Leistungsverhältnis zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Hoheitsträger nicht ent-fällt. Bürger in diesem Sinn können sowohl Unternehmer als auch Nichtunternehmer sein. Überträgt der Hoheitsträger dagegen zulässigerweise - wovon das BMF-Schreiben vom 27.12.1990 ausgeht - nur die tatsächliche Durchführung seiner gesetzlichen Pflichtaufgabe auf einen eingeschal-teten Unternehmer, und tritt dieser dem Bürgern gegenüber - entsprechend den öffentlich-rechtlichen Vorgaben - nur als Erfüllungsgehilfe des Hoheitsträgers auf, verbleibt es bei der umsatzsteuerrechtli-chen Beurteilung im BMF-Schreiben vom 27.12.1990.“ Unternehmereigenschaft einer Vorgründungsgesellschaft BKPV 41/2005 BFH-Urteil vom 15.07.2004 - VR 84/99 (Nachfolgeentscheidung zu EuGH vom 29.04.2004) (BB 2004 S. 2393) Leitsatz: „Eine zur Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Personengesellschaft (Vorgründungsgesell-schaft), die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Ent-gelt an diese veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte, ist zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen ungeachtet dessen be-rechtigt, daß die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1 a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Maßgebend sind insoweit die beabsichtigten Umsätze der Kapitalgesell-schaft.“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine am 1.10.1996 gegründete (Personen-)Ge-

sellschaft bürgerlichen Rechts (F-GbR). Als Vorgründungsgesellschaft war ihr einziger Gesell-schaftszweck, die Gründung der Firma F-AG (AG) vorzubereiten. Hierzu mietete sie Büroräume an, erwarb Anlagegüter und ließ in den Büroräumen Einbauten durchführen. Außerdem versandte sie Informationsschreiben und betrieb Werbung für die noch zu gründende AG. Nach Gründung der AG mit notarieller Urkunde vom 28.11.1996 stellte sie ihre Tätigkeit ein und übertrug in Erfül-lung ihres Gesellschaftszwecks ihre gesamten zuvor erworbenen Gegenstände zum Kaufpreis von 87.495,29 DM (Rechnung vom 1.12.1996) auf die neu gegründete AG. Die AG konnte ohne weite-res Zutun ihre unternehmerische Tätigkeit in den von der Klägerin angemieteten und für die Be-dürfnisse der AG eingerichteten Büroräumen aufnehmen. Die Klägerin behandelte diesen Vorgang als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung. Die ihr für die in Anspruch genommenen Leistungen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in Höhe von insge-samt 12.689,98 DM machte sie erfolglos als Vorsteuer geltend (Umsatzsteuerbescheid für 1996 vom 5.1.1998). Nach Ansicht des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA - ) war die Klägerin nicht Unternehmerin, weil ihr einziger - beabsichtigter - Ausgangsumsatz die nach § 1 Abs. 1 a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) nicht als Lieferung zu behandelnde Geschäfts-veräußerung war. Das Finanzgericht (FG) gab in dem in EFG 2000, 40 veröffentlichten Urteil der Klage mit der Be-gründung statt, der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer gebiete die Berücksichtigung der Vorsteuer, auch wenn die Klägerin von vornherein nur beabsichtigt habe, die bezogenen Leistun-gen nicht selbst zur Ausführung besteuerter Umsätze zu verwenden, sondern die Leistungen nur im Hinblick auf die wirtschaftliche Tätigkeit der zu gründenden AG bezogen habe. Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision. Der erkennende Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) hat mit Beschluß vom 23.1.2002 V R 84/99 (BFHE 197, 364, BFH/NV 2002, 881) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäi-schen Gemeinschaften (EuGH) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Page 137: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 137

‚Ist eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete (Personen-)Gesell-schaft zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen berech-tigt, wenn sie nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt ge-gen Entgelt an die später gegründete Kapitalgesellschaft veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt waren und wenn in dem betreffenden Mitgliedstaat die Übertra-gung des Gesamtvermögens so behandelt wird, als ob keine Lieferung bzw. Dienstleistung vorliegt (Art. 5 Abs. 8 Satz 1, Art. 6 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmoni-sierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG in der Fassung der Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10.4.1995 (Richtlinie 77/388/EWG)?’ Der EuGH hat die Frage mit Urteil vom 29.4.2004 Rs. C-137/02 - Faxworld - (UR 2004, 362) wie folgt beantwortet: ‚Eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft errichtete Personengesellschaft ist zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen berechtigt, wenn entsprechend ihrem Gesellschaftszweck ihr einziger Ausgangsumsatz die Übertragung der bezogenen Leistungen mittels eines Aktes gegen Entgelt an die Kapitalgesellschaft nach deren Gründung war und wenn, weil der betreffende Mitgliedstaat von der in den Artikeln 5 Absatz 8 und 6 Absatz 5 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Übertragung des Gesamtvermögens so behandelt wird, als ob keine Lieferung oder Dienstleistung vorliegt.’ Das FA meint, das Urteil des EuGH sei so zu verstehen, daß umsatzsteuerrechtlich - entgegen der nationalen zivilrechtlichen Beurteilung - auch die Vorgründungsgesellschaft als mit der Kapitalge-sellschaft identisch zu behandeln sei. Deshalb seien der Kapitalgesellschaft die Leistungsbezüge der Vorgesellschaft zuzurechnen und bei ihr zu berücksichtigen. Der BFH müsse klarstellen, daß sich das Urteil nur auf die Identität der Vorgründungsgesellschaft mit der Kapitalgesellschaft be-ziehe, und daß nicht “jede (Privat-)Person die Umsatzsteuer für Eingangsumsätze in Anspruch nehmen kann, sofern ein Unternehmer hiermit zukünftig wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt”. Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist unbegründet. Eine allein mit dem Ziel der Gründung einer Kapitalgesellschaft er-

richtete (Personen-)Gesellschaft, die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Lei-stungen in einem Akt gegen Entgelt an die später gegründete Kapitalgesellschaft veräußert und andere Ausgangsumsätze von vornherein nicht beabsichtigt hatte, ist zum Abzug der Vorsteuer für den Bezug von Dienstleistungen und Gegenständen ungeachtet dessen berechtigt, daß die Um-sätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1 a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Maßgebend sind insoweit die mit der Kapitalgesellschaft beabsichtigten Umsätze.

1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die folgenden Vorsteuerbeträge abzie-

hen: die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

a) Diese Voraussetzungen liegen - entgegen der Auffassung des FA - im Streitfall vor, denn

die Klägerin hat die Eingangsleistungen für die Vorbereitung der wirtschaftlichen Tätigkeit der zu gründenden Kapitalgesellschaft bezogen. Dem Vorsteuerabzug der Klägerin steht nicht entgegen, daß nach nationalem Zivilrecht das von der Vorgründungsgesellschaft, der Klägerin, erworbene Vermögen und die von ihr begründeten Rechte und Pflichten nicht ohne weiteres auf die zu gründende Kapitalgesellschaft übergehen, sondern durch besonderes Rechtsgeschäft übertragen werden müssen, und deshalb die beabsichtigte Tätigkeit nicht von demselben Unternehmer ausgeübt wird (vgl. EuGH-Urteil in UR 2004, 362, RandNr. 28 letzter Satz). Für die Beantwortung der Frage, ob eine Person Leistungen für Zwecke einer wirtschaft-lichen Tätigkeit bezogen hat und deshalb Steuerpflichtige i.S. der Sechsten Richtlinie des

Page 138: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 138 Heft 1/2005

Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - Richtlinie 77/388/EWG - (Unternehmer i.S. des § 2 UStG) ist, muß außer Betracht bleiben, daß die Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1 a UStG nicht der Umsatzsteuer unterliegt; hierzu hat der EuGH in RandNr. 29 ent-schieden, daß der Anwendungsbereich des Art. 4 der Richtlinie 77/388/EWG nicht da-durch geändert werden kann, daß ein Mitgliedstaat von der durch Art. 5 Abs. 8 dieser Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die - entgeltliche oder un-entgeltliche oder durch Einbringung in eine Gesellschaft bewirkte - Übertragung des Ge-samtvermögens oder eines Teilvermögens als nicht steuerbar zu behandeln.

b) Die Klägerin - und nicht, wie das FA offenbar meint, die noch zu gründende Kapitalge-sellschaft - ist berechtigt, die ihr für die Vorbereitung der Gründung der Kapitalgesell-schaft bezogenen in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge nach Maßgabe der von der Kapitalgesellschaft nach ihrer Gründung beabsichtigten Umsätze geltend zu machen. Zwar hatte die Klägerin als Vorgründungsgesellschaft nicht die Absicht, selbst besteuerte Umsätze auszuführen, weil ihr einziger Gesellschaftszweck die Vorbereitung der Tätig-keit der Aktiengesellschaft war, dennoch betrifft die Mehrwertsteuer, die die Klägerin ab-ziehen will, Leistungen, die sie zur Durchführung von besteuerten Umsätzen in Anspruch genommen hatte, auch wenn es sich dabei nur um beabsichtigte Umsätze der Kapitalge-sellschaft handelte (EuGH-Urteil in UR 2004, 362, RandNr. 41). Um die Neutralität der Umsatzsteuer zu gewährleisten und mit Rücksicht darauf, daß im Fall der nicht steuerba-ren Geschäftsveräußerung der Erwerber umsatzsteuerrechtlich Rechtsnachfolger des Übertragenden ist (§ 1 Abs. 1 a UStG), kann unter diesen spezifischen Umständen eine “Vorgründungsgesellschaft als Übertragender die besteuerten Umsätze des Begünstig-ten der Übertragung, nämlich der Aktiengesellschaft, berücksichtigen ..., um die Vor-steuer auf die Eingangsleistungen, die sie für die Zwecke der besteuerten Umsätze des Begünstigten der Übertragung in Anspruch genommen hat, abzuziehen” (EuGH-Urteil in UR 2004, 362, RandNr. 42). Hiernach stand der Klägerin der Vorsteuerabzug zu, denn die Klägerin hat die Leistun-gen für die unternehmerische Tätigkeit der am 28.11.1996 des Streitjahres 1996 gegrün-deten AG bezogen.“

Unternehmereigenschaft von Holdinggesellschaften BKPV 42/2005 vgl. BKPV 55/2003 Verfügung der ODF Karlsruhe/OFD Stuttgart vom 25.08.2004 - S 7104 (DB 2004 S. 2191) „Eine Holdinggesellschaft konnte bisher auch dann als Organträgerin angesehen werden, wenn sie keine entgeltliche Tätigkeit ausgeübt hat, ansonsten aber die Eingliederungsvoraussetzungen vorlagen. Die Unternehmereigenschaft der an sich umsatzlosen Führungsholding wurde durch die Zurechnung der unternehmerischen Aktivitäten der Tochtergesellschaften begründet. Nachdem der EuGH mit Urteil vom 27.9.2001 (C - 16/00, Cibo Partidpations SA, DStR 2001, 1795) ent-schieden hat, daß eine Holding, die unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung ihrer Gesellschaften eingreift, nur dann Unternehmer ist, wenn die Eingriffe in Form von entgeltlichen Dienstleistungen erfol-gen, kann hieran nicht mehr festgehalten werden. Erhält eine Holding keine Vergütung für ihre Tätig-keit, ist sie nicht Unternehmerin und kann auch nicht als Organträgerin angesehen werden (EuGH vom 12.7.2001, C - 102/00, Welthgrove, DStRE 2001, 1180). Eine Organschaft liegt daher nur noch vor, wenn die Führungsholding die geschäftsleitende Tätigkeit gegen Entgelt erbringt. Wurde in anderen Fällen in der Vergangenheit eine Organschaft angenommen, kann es hierbei bis zum 31.12.2004 verbleiben.“

Page 139: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 139

Vorsteuerabzugsberechtigung einer GbR oder Bruchteilsge-meinschaft bei unentgeltlicher Nutzungsüberlassung an ihre Mitglieder („Mähdrescher-Urteil“)

BKPV 43/2005

1) Urteil des BFH vom 28.11.2002 - VR 18/01 (BB 2003, S. 778) Leitsätze: „1. Eine Personenvereinigung kann auch dann steuerbare Leistungen ausführen, wenn sie nur gegen-

über ihren Mitgliedern tätig wird. 2. Für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhanges i.S. eines Austausches von Leistung und

Gegenleistung genügt es nicht schon, daß die Mitglieder der Personenvereinigung lediglich ge-meinschaftlich die Kosten für den Erwerb und die Unterhaltung eines Wirtschaftsgutes tragen, das sie gemeinsam nutzen wollen oder nutzen. Eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft liegt in-soweit nur vor, wenn die Nutzungsüberlassung selbst gegen Entgelt erfolgt.

3. Ist mangels entgeltlicher Leistungen die Personenvereinigung nicht Unternehmerin, kommt u.U.

ein anteiliger Vorsteuerabzug der Gesellschafter in Betracht.“ 2) BFH vom 01.10.1998 - VR 31/98 (BFH/NV 1998, S. 575) Leitsätze: „1. Erwerben mehrere Landwirte gemeinsam als Bruchteilsberechtigte einen Mähdrescher, um diesen

in ihren eigenen landwirtschaftlichen Betrieben einzusetzen, so sind sie umsatzsteuerrechtlich Lei-stungsempfänger, wenn die Bruchteilsgemeinschaft selbst keine Umsätze ausführt.

2. In diesem Fall steht jedem der Landwirte der Vorsteuerabzug entsprechend seinem Anteil an der

Bruchteilsgemeinschaft zu, wenn seine Umsätze nicht der Besteuerung nach Durchschnittsätzen unterliegen.

3. Ist in der an die Bruchteilsgemeinschaft gerichteten Rechnung über die Lieferung des Mähdre-

schers Umsatzsteuer in einem Gesamtbetrag gesondert ausgewiesen, können die auf die einzel-nen Landwirte entfallenden Vorsteuerbeträge gesondert und einheitlich festgestellt werden.“

Siehe hierzu auch die Verfügung der OFD Berlin vom 17.04.2000 (UR 2001, S. 129) Kommunale Bürgerhäuser, Gemeinschaftshäuser, Nutzungs-überlassung

BKPV 44/2005

OFD Frankfurt, Verfügung vom 25.6.2003 - S 7106 A - 55 St 10 (UR 2004 S. 38) „1. Viele Gemeinden in Hessen haben Bürgerhäuser, Dorfgemeinschaftshäuser und Mehrzweckhallen errichtet, die den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung zu dienen bestimmt sind. Ver-schiedentlich unterhalten größere Gemeinden auch mehrere solcher Gemeinschaftseinrichtungen. Im Einzelnen werden die Gemeinschaftseinrichtungen beispielsweise zur Erwachsenenbildung (Volks-hochschulen, gemeindeeigene Büchereien), zur Pflege des Heimatgedankens, der Jugendwohlfahrt (Jugendclubs), der Familienfürsorge (Altentagesstätten, Familienberatung), zu öffentlichen Verwal-tungsaufgaben, durch Schulen (Turnunterricht) oder zur Freizeitgestaltung (Theaterveranstaltungen, Familienfeiern, Vereinsabende usw.) genutzt. In diesem Zusammenhang beteiligen sich die Gemeinden in vielfältiger Weise auch am wirtschaftlichen Verkehr, z.B. durch Unterhaltung von Restaurationsbetrieben, von Kegelbahnen, von Sauna- und (oder) Badeeinrichtungen, von Kühlanlagen oder die Durchführung von Theaterveranstaltungen und die Vermietung von Räumen aus den verschiedensten Anlässen (z.B. an Unternehmer zur Durchführung von Betriebsausflügen oder Betriebsfeiern, an Vereine zur Durchführung von Betriebsausflügen oder Betriebsfeiern, an Vereine zur Durchführung satzungsmäßiger Aufgaben wie auch zur Durchführung von Veranstaltungen oder an Privatpersonen für Familienfeiern usw.). Häufig werden auch nur einzelne

Page 140: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 140 Heft 1/2005

der vorgenannten Einrichtungen von den Gemeinden selbst betrieben und die übrigen verpachtet (z.B. Restaurationsbetrieb, Kegelbahn). 2. Soweit die Gemeinden in diesem Rahmen tätig werden, stellt sich die Frage, inwieweit sie mit die-sen Einrichtungen der Umsatzsteuer unterliegen und - insbesondere bei neu errichteten Gemein-schaftshäusern - in welchem Umfang ein Abzug der bei der Einrichtung und der Unterhaltung der Ge-meinschaftseinrichtungen angefallenen und anfallenden Vorsteuern zulässig ist. 2.1 Nach § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG werden Gemeinden als Körperschaft des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art und ihrer land- oder forstwirt-schaftlichen Betriebe unternehmerisch tätig. Für die Frage, ob die Gemeinden mit den o.a. Einrichtun-gen der Umsatzsteuer unterliegen, ist daher von Bedeutung, inwieweit die Gemeinden hierbei im Rah-men eines Betriebes oder mehrere möglicherweise zu einem Betrieb zusammengefaßter Betriebe ge-werblicher Art tätig werden. Nach Abschn. 23 Abs. 4 Satz 2 UStR sind die hierzu von Rechtsprechung und Verwaltung für das Gebiet der Körperschaftsteuer entwickelten Grundsätze (hier insbesondere Abschn. 5 KStR) auch bei der Umsatzsteuer anzuwenden. Danach werden bei den o.a. Betätigungen der Gemeinden regelmäßig Betriebe gewerblicher Art gege-ben sein, soweit die Umsatzgrenze von 30.687 EUR (bis 31.12.2001 60.000 DM) nachhaltig über-schritten wird. Aber auch wenn die Grenze des nachhaltigen Jahresumsatzes nicht erreicht ist, liegt ein Betrieb gewerblicher Art jedenfalls vor, wenn die Gemeinde mit der wirtschaftlich sich heraushebenden Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt (siehe Abschnitt 5 Abs. 5 KStR; BFH-Urteil vom 25.10.1989, BStBl 1990 II S. 868). Bei der Vermietung von Sälen und anderen Räumen handelt es sich zwar um Vermögensverwaltung. Erfolgt die Vermietung jedoch - wovon bei Bürgerhäusern in der Regel auszugehen ist - an laufend wechselnde Mieter (z.B. die Vermietung von Sälen oder Konferenzräumen an Vereine, Parteien, Be-triebe oder Bürgergruppen bzw. einzelne Bürger) oder werden gegenüber den Mietern besondere Lei-stungen erbracht (z.B. Herrichtung der Räume für die besondere Art der Vermietung, Übernahme von Reinigung der vermieteten Räume u.a.), so ist in der Regel ein Betrieb gewerblicher Art anzunehmen (vgl. Abschnitt 137 Abs. 2 EStR). 2.2 Einzelne gewerbliche Tätigkeiten, die wirtschaftlich eng zusammenhängen und als Gesamtheit in Erscheinung treten (z.B. Betrieb einer Gaststätte mit angeschlossener Kegelbahn, Hallenbad mit Sauna, Vermietung von Sälen in Verbindung mit dem Restaurationsbetrieb), sind als einheitlicher Be-trieb gewerblicher Art zu behandeln. Liegt eine solche Einheit nicht vor, sind die einzelnen gewerblichen Betätigungen aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse objektiv wechselseitig technisch-wirtschaft-lich eng verflochten, so können sie zu einem Betrieb gewerblicher Art zusammengefaßt werden (vgl. Abschn. 5 Abs. 8 bis 11 KStR). Ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt oder ob eine Zusammenfas-sung mehrerer Betriebe zu einem Betrieb gewerblicher Art möglich ist, richtet sich im Einzelfall nach der körperschaftsteuerlichen Entscheidung. 2.3 Im Rahmen dieser Betriebe gewerblicher Art unterliegen die Gemeinden der Umsatzbesteuerung entsprechend den einzelnen Vorschriften des UStG. 2.3.1 Die Kommunen nutzen ihre Bürgerhäuser, Dorfgemeinschaftshäuser oder Mehrzweckhallen in der Regel sowohl im unternehmerischen als auch im nichtunternehmerischen Bereich. Die Kommune hat bezüglich der unternehmerischen Zuordnung ein Wahlrecht (vgl. Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 UStR): Sie kann das Gebäude mit dem dazugehörigen Grund und Boden insgesamt dem nichtunternehmeri-schen Bereich zuordnen, auch wenn das Gebäude teilweise unternehmerisch genutzt wird. Anderer-seits kann sie ein Gebäude auch insgesamt ihrem unternehmerischen Bereich zuordnen, wenn die un-ternehmerische Nutzung mindestens 10 % beträgt (§ 15 Abs. 1 letzter Satz UStG). Nach dem EuGH-Urteil vom 4.10.1995, BStBl 1996 II S. 392 kann die Kommune einen nichtunternehmerisch genutzten Gebäudeteil auch von vornherein ganz oder teilweise ihrem nichtunternehmerischen Bereich zuordnen. 2.3.2 Bezüglich der Vermietungsumsätze kann die Kommune - ggf. nach vorausgegangener Option zur Regelbesteuerung nach § 19 Abs. 2 Satz 1 UStG - bei Vermietung an einen Unternehmer für jeden einzelnen Umsatz zur Steuerpflicht optieren (§ 4 Nr. 12 a) i.V.m. § 9 UStG, Abschn. 148 Abs. 1 bis 6 UStR).

Page 141: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 141

Zu beachten ist bei der Vermietung an Vereine, daß eine Option nur hinsichtlich der Mietumsätze zu-lässig ist, die an den Verein für seinen unternehmerischen Bereich ausgeführt werden. Werden Betriebsvorrichtungen (z.B. Bühneneinrichtungen) mitvermietet, sind die Grundsätze des BFH-Urteils vom 31.5.2001, V R 97/98 (BStBl 2001 II S. 658) zu beachten (vgl. hierzu Rdvfg. vom 4.6.2003, S 7168 A - 42 - St l 22 [USt-Kartei OFD Frankfurt § 4 Nr. 12, S 7168, Karte 6] und BMF-Schreiben vom 17.4.2003, IV B 7 - S 7100 - 77/03, BStBl 2003 I S. 279). Bei der Nutzungsüberlassung von Räumlichkeiten mit vorhandenen Betriebsvorrichtungen ist aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers unter Berücksichtigung der vorgesehenen Art der Nutzung, wie sie sich aus Unterlagen der leistenden Kommune (z.B. aus dem Mietvertrag) und hilfsweise aus der Aus-stattung der überlassenen Räumlichkeiten ergibt, zu prüfen, ob eine einheitliche steuerpflichtige Lei-stung eigener Art vorliegt oder ob die Vermietung in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen (§ 4 Nr. 12 Satz 3 UStG; Abschn. 85 UStR) auf-zuteilen ist. Hierbei ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Umfasst die Nutzungsüberlassung von Räumen auch die Nutzung vorhandener Betriebsvorrichtungen, auf die es einem Veranstalter bei der vorgesehenen Art der Nutzung nicht ankommt, weil er in erster Linie die Räumlichkeiten als solche nutzen will, ist die Leistung als steuerfreie Grundstücksüberlassung anzusehen. Die Überlassung der Betriebsvorrichtungen bleibt dann umsatzsteuerrechtlich unberück-sichtigt. Die Umsatzsteuerbefreiung der Grundstücksüberlassung umfaßt auch die mit der Grund-stücksüberlassung in unmittelbaren Zusammenhang stehenden Nebenleistungen. Zusatzleistungen mit aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers eigenständigem wirtschaftlichen Gewicht sind als weitere Hauptleistungen umsatzsteuerrechtlich separat zu beurteilen (Tz. 17 des BMF-Schreibens vom 17.4.2003). Überläßt eine Kommune Veranstaltungsräume mit Betriebsvorrichtungen (z.B. vorhandene Bestuhlung, Bühne, speziellen Beleuchtungs- oder Lautsprecheranlagen und anderen Einrichtungen mit Betriebs-vorrichtungscharakter), die für die vorgesehene Art der Nutzung regelmäßig benötigt werden, ist die Leistung der Kommune in aller Regel in eine steuerfreie Grundstücksvermietung und in eine steuer-pflichtige Vermietung von Betriebsvorrichtungen aufzuteilen. Eine andere Beurteilung ergibt sich ledig-lich in Ausnahmefällen, in denen ein Durchschnittsverbraucher die komplette Leistung als solche an-sieht und die Grundstücksvermietung gegenüber anderen Leistungen derart in den Hintergrund tritt, daß die Raumüberlassung aus seiner Sicht - wie die Überlassung von Sportanlagen zur sportlichen Nutzung durch Endverbraucher (vgl. Rdvfg. vom 4.6.2003, S 7168 A - 42 - St l 22 (USt-Kartei OFD Frankfurt § 4 Nr. 12, S 7168, Karte 6)) - keinen leistungsbestimmenden Bestandteil mehr ausmacht. In diesen Fällen liegt insgesamt eine umsatzsteuerpflichtige Leistung eigener Art vor (Tz. 18 des BMF-Schreibens vom 17.4.2003). 2.3.3 Es ist zu beachten, daß bei einer Zuordnung des gesamten Gebäudes zur unternehmerischen Tätigkeit die Nutzung für nichtunternehmerische Zwecke zu einer nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreien unentgeltlichen Wertabgabe (§ 3 Abs. 9 a Satz 1 Nr. 1 UStG) führt. Eine unentgeltliche Wertabgabe kann entsprechend dem BFH-Urteil vom 28.11.1991 (BStBl 1992 II S. 569) auch dann vorliegen, wenn eine Kommune ihre Gebäude Vereinen zur Förderung des Vereinszweckes unentgeltlich überläßt (vgl. aber auch nachfolgende Tz. 2.3.5). Die zu Tz. 2.3.2, letzter Absatz angesprochenen Besonderheiten in den Fällen, in denen Betriebsvorrichtungen mit überlassen werden, sind auch hierbei zu beachten. 2.3.4 Verwendet die Kommune eine ihrem Unternehmen zugeordnete Einrichtung (z.B. Veranstal-tungshalle) für nichtunternehmerische Zwecke, bei der die Nutzung von Räumlichkeiten im Vordergrund steht und somit eine Grundstücksüberlassung gegeben ist, liegt eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. von § 3 Abs. 9 a Satz 1 Nr. 1 UStG vor. Die Bemessungsgrundlage ermittelt sich in diesen Fällen nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG. Verwendet die Kommune dagegen eine Einrichtung (z.B. Sportanlage) für nichtunternehmerische Zwecke, bei der die Raumüberlassung keinen leistungsbestimmenden Bestandteil ausmacht, da sie gegenüber anderen Leistungen in den Hintergrund tritt, so daß eine umsatzsteuerpflichtige einheitliche Leistung eigener Art vorliegt, ist eine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9 a Satz 1 Nr. 2 UStG gegeben. Die Bemessungsgrundlage bemisst sich gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG. Zu beachten ist, daß auch die Kosten, die nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug geführt haben, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

Page 142: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 142 Heft 1/2005

2.3.5 Erfolgt die Vermietung z.B. an Vereine teilentgeltlich, so ist für die Besteuerung von dem tatsäch-lich vereinbarten Entgelt auszugehen; denn § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG stellt nicht auf die Gleichwertigkeit von Leistung und Entgelt ab. Es kommt daher in diesen Fällen weder eine anteilige Erfassung als un-entgeltliche Wertabgabe noch eine Erhöhung des Entgelts in Betracht. Erfolgt die Vermietung unentgeltlich, liegt ein nicht steuerbarer Umsatz vor, wenn die Überlassung aus unternehmerischen Gründen, z.B. zur Anbahnung späterer Geschäftsbeziehungen oder zum Zweck der Werbung für die eigene Vermietungstätigkeit, erfolgt, auch in diesem Fall ist daher kein Ansatz für eine unentgeltliche Wertabgabe gegeben (vgl. o.a. BFH-Urteil vom 28.11.1991, a.a.O.). 2.4 Bei der Ermittlung des Vorsteuerabzuges ist § 15 Abs. 4 UStG zu beachten. Hierbei sind die ab-zugsfähigen und die nichtabzugsfähigen Vorsteuern regelmäßig - soweit wie möglich - auf Grund un-mittelbarer wirtschaftlicher Zuordnung zu den jeweiligen Umsätzen zu ermitteln (Abschn. 208 UStR). Im Einzelnen ist wie folgt zu verfahren: 2.4.1 Die bei der Errichtung eines Bürgerhauses oder einer ähnlichen Einrichtung anfallenden Vorsteu-ern sind für die ausschließlich steuerpflichtig genutzten Gebäudeteile (§ 15 Abs. 2 UStG) und die ge-mischt genutzten Gebäudeteile (steuerpflichtige und steuerfreie Nutzung in wechselnder Folge- z.B. Saalnutzung) nach Gewerken oder Bauabschnitten zu ermitteln. Hierbei ist, soweit sich eine unmittel-bare Zuordnung nach Gewerken nicht vornehmen läßt, in der Regel von dem gemittelten Verhältnis der genutzten Flächen (qm) und der Rauminhalte (cbm) auszugehen. Hinsichtlich der gemischt genutzten Gebäudeteile dürfte ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab regelmäßig im Verhältnis der tatsächlichen Nutzungszeiten zu finden sein, um die hier angefallenen Vorsteuerbeträge teils der steuerpflichtigen und teils der steuerfreien Nutzung zuzuordnen. Zu beachten ist, daß auch die als steuerfreie unentgeltliche Wertabgabe (§ 3 Abs. 9 a Satz 1 Nr. 1 UStG, § 4 Nr. 12 UStG) zu wertende Nutzung von Gebäudeteilen für nicht unternehmerische Zwecke als steuerfreie Verwendung zu berücksichtigen ist. Hat eine Kommune Gebäude unentgeltlich Vereinen zur Vereinsförderung überlassen und den Tatbe-stand der unentgeltlichen Wertabgabe verwirklicht (vgl. Tz. 2.3.3 Satz 2), ist die steuerfreie unentgeltli-che Wertabgabe den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen, der übrige Teil der (steuerpflichtigen) unentgeltlichen Wertabgabe den zum Vorsteuerabzug berechtigten Umsätzen zuzu-rechnen. Werden Gebäude von Kommunen unentgeltlich für Zwecke des Unternehmens überlassen, führt dies zu keinem steuerbaren Umsatz (vgl. Tz. 2.3.5 Unterabs. 2). Der Vorsteuerabzug bemißt sich in diesen Fällen nach dem allgemeinen Umsatzschlüssel (= Verhältnis der den Abzug zulassenden Umsätze zu den den Abzug ausschließenden Umsätzen). Nach den ermittelten Aufteilungsverhältnis sind auch die auf die Gemeinschaftseinrichtungen und -an-lagen (Heizung, Entlüftung, Dach, Eingangshalle, Außenanlagen usw.) entfallenden Vorsteuern aufzu-teilen. 2.4.2 Entsprechend ist bei der Ermittlung der abzugsfähigen Vorsteuern aus den laufenden Unterhal-tungskosten zu verfahren. 2.4.3 Ändern sich ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteu-erabzug maßgebenden Verhältnisse, ist zu prüfen, ob Vorsteuerberichtigungen nach § 15 a UStG vor-zunehmen sind. Die Fälle sind dahingehend zu überwachen. 2.5 Die Umsatzsteuerveranlagungen sind bis zur endgültigen Ermittlung des Aufteilungsschlüssels, der im Hinblick auf die hohen Vorsteuerbeträge regelmäßig durch eine Außenprüfung festzustellen ist, nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung bzw. vorläufig nach § 165 Abs. 1 AO durchzuführen (vgl. Abschn. 203 Abs. 4 UStR). 2.6 Soweit die Gemeinden Bürgerhäuser, Gemeinschaftshäuser oder ähnliche kommunale Einrichtun-gen in privatrechtlicher Form (z. B. GmbH) betreiben, gilt folgendes:

Page 143: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 143

2.6.1 Stehen die Einrichtungen im Eigentum des in privatrechtlicher Form gestalteten Betriebes, so sind die Umsätze hieraus nach §§ 1 und 2 Abs. 1 UStG regelmäßig dem privatrechtlichen Betrieb zuzu-rechnen (Abschn. 23 Abs. 19 UStR, Abschn. 5 Abs. 23 KStR). Die unternehmerische Tätigkeit umfasst in diesen Fällen beispielsweise auch die Vermietung der Säle. Eine Beschränkung der Umsatzbesteue-rung entsprechend § 2 Abs. 3 UStG auf die im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art oder eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes getätigten Umsätze ergibt sich in diesen Fällen nicht (vgl. auch Plückebaum-Mallizky, RZ 324 zu §§ 1 - 3 UStG). 2.6.2 Werden dagegen die o.a. Einrichtungen durch einen privatrechtlichen Betrieb als Pächter betrie-ben, so kann - abgesehen von den Fällen der Organschaft - die Gemeinde bei der Verpachtung eines Bürgerhauses, Gemeinschaftshauses oder ähnlicher Einrichtungen nur insoweit im Rahmen eines Be-triebes gewerblicher Art tätig werden, wie beim Betreiben der verpachteten Teile durch die Gemeinde selbst ein Betrieb gewerblicher Art zu bejahen wäre (vgl. § 4 Abs. 4 KStG). Die Gewichtigkeitsgrenze von 30.687 EUR (bis 31.12.2001 60.000 DM) berechnet sich insoweit nicht nach den Pachteinnahmen aus der verpachteten Einrichtung, sondern nach dem Jahresumsatz des Pächters (BFH-Urteil vom 25.10.1989, BStBl 1990 II S. 868 ; BMF-Schreiben vom 5.10.1990, IV B 7 - S 2706 - 33/90, BStBl 1990 I S. 635). Für die Besteuerung der Umsätze des in privatrechtlicher Form gestalteten Betriebes gelten die unter 2.6.1 gemachten Ausführungen entsprechend. Die Rdvfg. vom 6.10.1992, S 7106 A - 55 - St IV 10 (USt-Kartei OFD Frankfurt § 2, S 7106, Karte 2) ist durch diese Rdvfg. überholt und kann ausgesondert werden. Die Änderungen sind durch einen schwar-zen Balken auf der rechten Seite gekennzeichnet.“ Umsatzsteuerrechtliche Organschaft, wirtschaftliche Eingliede-rung

BKPV 45/2005

Urteil des BFH vom 03.04.2003 - V R 63/01 (BStBl II 2004 S. 434) Leitsatz: „Die für die umsatzsteuerrechtliche Organschaft erforderliche wirtschaftliche Eingliederung kann bereits dann vorliegen, wenn zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft aufgrund gegenseitiger Förderung und Ergänzung mehr als nur unerhebliche wirtschaftliche Beziehungen bestehen; insbeson-dere braucht die Organgesellschaft nicht wirtschaftlich vom Organträger abhängig zu sein.“ Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) gründete im Jahr 1986 als Alleingesellschafter eine

GmbH, deren Unternehmensgegenstand vor allem die Tätigkeit als Bauträgerin und -betreuerin war. Zusätzlich zu seiner Stellung als einziger Geschäftsführer der GmbH war er für sie auch als Architekt tätig. In seiner Umsatzsteuer-Erklärung für das Streitjahr 1992 wies der Kläger zunächst steuerpflichtige sonstige Leistungen in Höhe von 430.077 DM aus. Nach der Umsatzsteuer-Erklärung der GmbH führte diese im Streitjahr Umsätze in Höhe von 4.077.915 DM aus, wovon auf steuerpflichtige Um-sätze 208.963 DM und auf nach § 4 Nr. 9a bzw. Nr. 12 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) steuerfreie Umsätze 3.839.948 DM bzw. 29.004 DM entfielen. In der Annahme einer Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wies der Kläger in der berichtig-ten Erklärung vom 17.3.1994 steuerpflichtige sonstige Leistungen von (nur noch) 128.963 DM aus. Dieser Betrag ergab sich nach Zurechnung der Umsätze der GmbH auf den Kläger unter Bereini-gung von Umsätzen zwischen dem Kläger und der GmbH. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ), lehnte eine Änderung der nach § 168 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Steuerfest-setzung ab, da keine wirtschaftliche Eingliederung der GmbH in das Unternehmen des Klägers gegeben sei.

Page 144: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 144 Heft 1/2005

Die dagegen gerichtete Klage hatte - wie das Vorverfahren - keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) verneinte ebenfalls das Vorliegen einer Organschaft, weil es an der wirtschaftlichen Eingliederung vollständig gefehlt habe (EFG 2002, 290). Im Streitfall könne die Bauträgergesellschaft schon auf Grund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nicht als Teil des Architekturbüros des Klägers angesehen werden. Sie habe wegen ihres Auftretens am Markt im Verhältnis zum Kläger nicht die Stellung ei-ner abhängigen Geschäftsabteilung gehabt. Es fehle an einer Unterordnung unter die geschäftli-chen Belange des Klägers; auch eine Zweckabhängigkeit vom Kläger liege nicht vor. Vielmehr sei der Kläger von den Aufträgen der GmbH abhängig. Daran ändere nichts, daß die GmbH Planun-gen und Konzeptionen des Klägers ausführe, denn letztlich seien die Vorstellungen der Kunden (Bauherren) maßgebend, denen sich auch der Kläger unterordnen müsse. Auch aus der im An-stellungsvertrag des Klägers erteilten Zustimmung der GmbH zum Betreiben des Architekturbüros ergebe sich die Abhängigkeit des Klägers. Im Streitfall seien die Architektenleistungen nur zu etwa 10 v.H. in die Wertschöpfung der GmbH eingegangen. Zweifelhaft sei auch die organisatorische Eingliederung. Denn der Architekt sei eher gehalten, sich nach den Bedürfnissen der GmbH zu richten als umgekehrt. Mit der Revision macht der Kläger eine Verletzung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sowie Verfahrens-mängel geltend. Es liege eine Organschaft vor, bei der nach seinem Gesamtkonzept ausschließ-lich die GmbH als Bauträgerin seine Architektenleistungen habe verwerten sollen. Er beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des FG-Urteils das FA zu verpflichten, die Umsatz-steuer 1992 auf ./. 16.882,50 DM festzusetzen; hilfsweise, den Rechtsstreit zur anderweitigen Ver-handlung zurückzuverweisen. Das FA tritt der Revision entgegen. Es verteidigt im Wesentlichen die Vorentscheidung und hält (wie diese) eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Organgesellschaft vom Organträger für erforder-lich. Zudem weist es darauf hin, daß die vom Kläger begehrte Festsetzung der Umsatzsteuer auf einen negativen Betrag nicht in Betracht komme, sondern lediglich die Verpflichtung, den Bescheid entsprechend der Rechtsauffassung des Gerichts zu erlassen, da die Frage der Vorsteuerauftei-lung bei Vorliegen einer Organschaft von ihm (FA) noch geprüft werden müsse. Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) trägt vor, eine Organge-sellschaft müsse Aufgaben übernehmen, die auch der Organträger ausführen könne. Eine hier al-lenfalls vorliegende Zusatztätigkeit reiche nicht aus. Verfassungsrechtlich problematisch seien die durch die Organschaft eintretenden Wettbewerbsvorteile, da bei zu weiter Auslegung die an die Organisationsform des Unternehmens anknüpfenden Steuervergünstigungen evident sachwidrig sein könnten. Europarechtliche Bedenken ergäben sich vor allem daraus, daß der Begriff des Steuerpflichtigen weit, die Ausnahme des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Um-satzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) entsprechend eng auszulegen sei.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverwei-

sung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ).

1. Die Vorentscheidung war aufzuheben, weil sie auf unzutreffender Anwendung des § 2 Abs. 2

Nr. 2 UStG beruht. Im Streitjahr bestand zwischen dem Kläger und der GmbH als juristischer Person (§ 13 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG - ) eine Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Es ist nicht erforderlich, daß alle drei Merkmale einer Eingliederung sich gleichermaßen deutlich feststel-len lassen. Nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse kann die Selbständigkeit auch dann fehlen, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ist

Page 145: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 145

(z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25.6.1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534; vgl. auch vom 22.11.2001 V R 50/00, BFHE 197, 319, BStBl II 2002, 167). Aus der Regelung aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG folgt, daß die von der Organgesellschaft be-wirkten Umsätze an Dritte dem Organträger zuzurechnen sind (BFH-Urteil vom 21.6.2001 V R 68/00, BFHE 195, 446, BStBl II 2002, 255; zu II. 5. a). Gleiches gilt für den Vorsteuerabzug auf Grund von Leistungsbezügen der Organgesellschaft (vgl. BFH-Urteil vom 17.1.2002 V R 37/00, BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373; zu II. 2. b aa); Leistungen zwischen Organträger und Organgesellschaft (Innenleistungen) sind nicht steuerbar (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG; vgl. BFH-Urteil vom 11.1.1990 V R 156/84, BFH/NV 1990, 741, zu II. 1. c). a) Zwischen den Beteiligten ist zutreffend die finanzielle Eingliederung der GmbH in das

Unternehmen des Klägers als deren Alleingesellschafter nicht umstritten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, zu II. 1. a).

b) Anders als das FG meint, bestehen auch keine Zweifel an der organisatorischen Ein-

gliederung der GmbH, da dafür - die hier vorliegende - Personenidentität in den Lei-tungsgremien des Organträgers und der Organgesellschaft ausreichend ist (BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, zu II. 1. c bb).

c) Entgegen der Auffassung des FG ist auch die wirtschaftliche Eingliederung gegeben. Für

diese ist zwar charakteristisch, daß die Organgesellschaft im Gefüge des übergeordne-ten Organträgers als dessen Bestandteil erscheint (BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, zu II. 1. b); es genügt aber schon, wenn zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung - sei es auch in ver-schiedenen Wirtschaftszweigen - vorhanden ist. Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen aufeinander abgestimmt sein. Sie müssen sich fördern und ergänzen (BFH-Urteil vom 25.6.1998 V R 76/97, BFH/NV 1998, 1534, m.w.N.). Für die umsatzsteuerrechtliche Organschaft kann somit eine den Betrieb der Untergesell-schaft fördernde Tätigkeit der Obergesellschaft ausreichen (BFH-Urteil vom 17.4.1969 V 44/65, BFHE 95, 353, BStBl II 1969, 413, m.w.N.). In Betracht kommt dabei neben Lieferungen von Waren auch das Erbringen sonstiger Leistungen (vgl. BFH-Urteil vom 17.4.1969 V R 123/68, BFHE 95, 558, BStBl II 1969, 505, zu 2. c). Z.B. genügt die Ver-mietung eines Betriebsgrundstückes, wenn dieses für die Organgesellschaft von nicht nur geringer Bedeutung ist, weil es die räumliche und funktionale Grundlage der Ge-schäftstätigkeit der Organgesellschaft bildet (vgl. BFH-Urteil vom 16.8.2001 V R 34/01, BFH/NV 2002, 223; BFH-Beschluß vom 25.4.2002 V B 128/01, BFH/NV 2002, 1058, m.w.N.). aa) Das FG hat mit der Begründung, die Architektenleistungen des Klägers betrügen nur

einen unbedeutenden Anteil an den Umsätzen der Bauträger-GmbH, die wirtschaft-liche Eingliederung verneint und sich dabei auf die BFH-Urteile vom 27.8.1964 V 101/62 U (BFHE 80, 181, BStBl III 1964, 539) und vom 26.7.1962 V 42/60 (HFR 1963, 157) berufen. In diesen Entscheidungen hat der BFH eine wirtschaftliche Ein-gliederung einer Produktions- bzw. Handelsgesellschaft verneint, weil diese über-wiegend Leistungen an dritte Abnehmer und nur unter anderem auch an die mit ihr finanziell verflochtene Gesellschaft erbracht hatte.

bb) Der Senat kann offen lassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine umsatz-

orientierte Betrachtung gegen die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung im Sinne einer gegenseitigen Förderung und Ergänzung sprechen kann. Im Streitfall ist die gegenseitige Förderung - wie auch das FA in der mündlichen Verhandlung nicht in Zweifel gezogen hat - offensichtlich. Die GmbH hat sämtliche für sie als Bauträge-rin wesentlichen Architektenleistungen vom Kläger als herrschendem Unternehmen bezogen und der Kläger war als Architekt - wie sich aus den vom FG festgestellten Zahlen in dessen berichtigter Umsatzsteuererklärung ergibt - ausschließlich für die GmbH tätig. Hinzu kommt, daß wegen der deutlich ausgeprägten finanziellen und organisatorischen Eingliederung an die wirtschaftliche Eingliederung keine hohen Anforderungen mehr gestellt werden müssen.

Page 146: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 146 Heft 1/2005

cc) Die Unterordnung der GmbH folgt daraus, daß sie diese Tätigkeit gemäß dem Kon-zept des Organträgers ausgeübt hat. Das FG hat hierzu festgestellt, daß der Kläger die GmbH allein zum Zweck der Betätigung als Bauträgerin gründete. Eine wirt-schaftliche Zweckabhängigkeit der Organgesellschaft wie sie nach § 14 des Körper-schaftsteuergesetzes a.F. (KStG) gefordert wurde (vgl. BFH-Urteil vom 24.1.2001 I R 13/00, BFH/NV 2001, 1047), ist im Umsatzsteuerrecht nicht erforderlich; nach ständiger Rechtsprechung des Senats gelten für die umsatzsteuerrechtliche Organ-schaft andere Voraussetzungen als für die Organschaft im Ertragsteuerrecht (vgl. BFH-Beschluß vom 3.9.2001 V B 228/00, BFH/NV 2002, 376, zu II. 2.).

dd) Die mit der Organschaft im Streitfall im Übrigen nicht generell (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1

UStG) verbundenen Wettbewerbsvorteile sind von Verfassungs wegen nicht zu be-anstanden, da sie als eine der Folgen der vom Gesetzgeber für zweckmäßig er-achteten Regelung hingenommen werden müssen (vgl. Urteile des BFH vom 19.10.1995 V R 71/93, BFH/NV 1996, 273, a.E., und des Bundesverfassungsge-richts - BVerfG - vom 20.12.1966 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12, BStBl III 1967, 7, zu B. III. 2. und 3.).

ee) Der Annahme einer Organschaft steht auch Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie

77/388/EWG nicht entgegen, wonach die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Per-sonen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirt-schaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zu-sammen als einen Steuerpflichtigen behandeln können. Es ist zwar zutreffend, daß der Begriff des Steuerpflichtigen i.S. des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG weit auszulegen ist (vgl. z.B. Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 6.2.1997 Rs. C-80/95, Slg. I-1997, 745, UR 1997, 141, Rn. 13); bei Annahme einer Organschaft wird jedoch - auch vor-liegend - der Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer nicht verlassen. Es bestehen auch keine Zweifel, daß die vorstehende Auslegung der wirtschaftli-chen Eingliederung im Rahmen des Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/ 388/EWG bleibt, so daß eine Vorlage an den EuGH nicht in Betracht kommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 197, 357, BStBl II 2002, 373, zu II. 2.; das BVerfG hat mit Be-schluß vom 31.10.2002 1 BvR 844/02 die dagegen erhobene Verfassungsbe-schwerde nicht zur Entscheidung angenommen).

2. Da die Vorentscheidung bereits aus anderen Gründen aufzuheben war, mußte über die vom Kläger erhobenen Verfahrensrügen der Verletzung unzureichender Sachaufklärung nicht mehr entschieden werden.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie war daher an das FG zurückzuverweisen. Das FG hat - von

seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - keine Feststellungen zur Aufteilung der Vorsteuern getroffen (vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 UStG). Diese sind nachzuholen.

4. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG folgt aus § 143 Abs. 2 FGO.

Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklä-ren (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung dar-über gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren (§ 149 FGO), für das die Vorinstanz zuständig ist (BFH-Urteile vom 5.2.2002 VIII R 53/99, BFHE 197, 546, BStBl II 2003, 237, und vom 12.5.2000 VI R 100/99, BFH/NV 2001, 21, je zu II. 3.).“

Bauleitplanung und Erschließung eines Gewerbegebiets durch Landkreis

BKPV 46/2005

Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 13. Mai 2003 l K 493/01 - Revision eingelegt (Az. des BFH: V R 38/03) (EFG 2004 S. 297)

Page 147: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 147

Leitsatz: „Die Erschließung ist als originäre Aufgabe der Gemeinden hoheitlicher Natur und mutiert nicht zur um-satzsteuerbaren Tätigkeit im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art, wenn sie in Verkennung der sachlichen Zuständigkeit von dem Landkreis wahrgenommen wird.“ Vom Abdruck der Entscheidungsgründe wurde abgesehen. Geschäftsführungstätigkeit gegen Entgelt stellt umsatzsteuer-baren Leistungsaustausch dar

BKPV 47/2005

vgl. BKPV 39/2003 BMF-Schreiben vom 23.12.2003, IV B 7 - S 7100 - 246/03 (BStBl 2004 I S. 240) Bezug: BMF-Schreiben vom 13.12.2002, IV B 7 - S 7100 - 315/02, BStBl 2003 I S. 68 BMF-Schreiben vom 17.6.2003, - IV B 7 - S 7100 - 121/03, BStBl 2003 I S. 378 „Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft gegen Entgelt hat der BFH mit Urteil vom 6.6.2002, V R 43/01 (BStBl 2003 II S. 36) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, nach der die Ausübung der Mit-gliedschaftsrechte nicht als Leistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft zu beurteilen ist (BFH-Urteil vom 17.7.1980, V R 5/72, BStBl 1980 II S. 622). Bezogen auf Geschäftsführungs- und Vertre-tungsleistungen für eine Personengesellschaft durch einen Gesellschafter gegen Vergütung setzt ein Leistungsaustausch lediglich voraus, daß ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht, also ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu Folgendes: A. Selbstständigkeit 1. Natürliche Personen Natürliche Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Personengesellschaft erbringen, werden unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG selbststän-dig tätig. Weisungsgebundenheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG kann in diesen Fällen nicht vorlie-gen, weil der Gesellschafter Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist. Gemäß Abschnitt 17 Abs. 1 Satz 8 Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) ist die Frage der Selbstständigkeit natürli-cher Personen für die Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsät-zen zu beurteilen. Auch ein gesellschaftsvertraglich vereinbartes Weisungsrecht der Personengesell-schaft gegenüber ihrem Gesellschafter kann nicht zu einer Weisungsgebundenheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG führen. Beispiel 1: Der Komplementär einer aus natürlichen Personen bestehenden KG erhält von dieser eine Tätigkeits-vergütung für seine Geschäftsführungsleistung gegenüber der KG. Der Komplementär ist selbstständig tätig. Natürliche Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an eine Ka-pitalgesellschaft erbringen, sind unter den Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbst-ständig tätig. Dies gilt v.a. dann, wenn sie für diese Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 EStG erzielen. Da die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen für die Umsatz-steuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen ist, führt die einkommensteuerrechtliche Beurteilung (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) zur nicht selbst-ständigen Ausübung der Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG.

Page 148: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 148 Heft 1/2005

Beispiel 2: Der Aktionär einer Aktiengesellschaft (AG) erhält von dieser eine Tätigkeitsvergütung für seine Ge-schäftsführungsleistung gegenüber der AG. Zwischen den Parteien ist ein Arbeitsvertrag geschlossen. Der Aktionär ist nicht selbstständig tätig. 2. Juristische Personen Juristische Personen als Gesellschafter, die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen an die Ge-sellschaft erbringen, werden grundsätzlich selbstständig tätig. Das Weisungsrecht der Gesellschafter-versammlung gegenüber dem Geschäftsführer führt nicht zur Unselbstständigkeit. Die Tätigkeit wird nicht selbstständig ausgeübt, wenn die juristische Person im Rahmen der Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in ein anderes Unternehmen eingegliedert ist. Eine GmbH, die an einer Kommanditgesell-schaft als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt ist, kann nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen dieser Kommanditgesellschaft eingegliedert sein (BFH-Urteil vom 14.12.1978, V R 85/74, BStBl 1979 II S. 288, Abschnitt 21 Abs. 2 Satz 4 UStR). Beispiel 3: Die Komplementär-GmbH erbringt Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen gegen Sonderentgelt an die KG. Der Kommanditist dieser KG ist gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Die Komplementär-GmbH ist mit ihren Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen selbstständig tä-tig. Diese werden von der Komplementär-GmbH an die KG im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Lei-stungsaustausches erbracht, auch wenn z.B. die Vergütung unmittelbar an den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH gezahlt wird. B. Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft Ein Gesellschafter kann an die Gesellschaft sowohl Leistungen erbringen, die ihren Grund in einem ge-sellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis haben, als auch Leistungen, die auf einem gesonderten schuldrechtlichen Austauschverhältnis beruhen. Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung dieser Lei-stungen richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag durch die Beteiligung am Gewinn oder Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die ge-gen Sonderentgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch gerichtet sind. Ent-scheidend ist die tatsächliche Ausführung des Leistungsaustausches und nicht allein die gesellschafts-rechtliche Verpflichtung. Umsatzsteuerrechtlich maßgebend für das Vorliegen eines Leistungsaustau-sches ist, daß ein Leistender und ein Leistungsempfänger vorhanden sind und der Leistung eine Ge-genleistung gegenübersteht. Die Steuerbarkeit der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem emp-fangenen Sonderentgelt voraus (vgl. BFH-Urteile vom 6.6.2002, a.a.O. und vom 16.1.2003, V R 92/01, BStBl 2003 II S. 732). Auf die Bezeichnung der Gegenleistung z.B. als Aufwendungsersatz, als Umsatzbeteiligung, als Ko-stenerstattung o.a. kommt es nicht an. Wird im Rahmen der Ergebnisverwendung ein Gewinnvorab aus dem Bilanzgewinn verteilt (z.B. an den geschäftsführenden Gesellschafter), ist dieser Gewinnvorab kein Sonderentgelt. Dabei ist der handelsbilanzielle Gewinn maßgebend. Ein Leistungsaustausch zwischen Gesellschaft und Gesellschafter liegt hingegen vor, wenn der Gesellschafter für seine Geschäftsfüh-rungs- und Vertretungsleistung an die Gesellschaft eine Vergütung erhält (auch wenn diese als Ge-winnvorab bezeichnet wird), die im Rahmen der Ergebnisermittlung bei der Handelsbilanz als Aufwand behandelt wird. Die Vergütung ist in diesem Fall Gegenleistung für die erbrachte Leistung. Auf Grund der Rechtsprechungsänderung des BFH mit Urteil vom 6.6.2002, a.a.O., ist es unerheblich, daß der Gesellschafter zugleich seine Mitgliedschaftsrechte ausübt. Auch gewinnabhängige Vergütungen können ein zur Steuerbarkeit führendes Sonderentgelt darstellen, wenn sie sich nicht nach den vermuteten, sondern nach den tatsächlich erbrachten Gesellschafterlei-stungen bemessen. Das gilt z.B. für Gesellschafterbeiträge gegenüber Arbeitsgemeinschaften des Baugewerbes. Abschnitt 6 Abs. 5 UStR bleibt unberührt.

Page 149: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 149

Wird für die Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung neben einem Sonderentgelt auch eine ge-winnabhängige Vergütung gezahlt (sog. Mischentgelt), sind das Sonderentgelt und die gewinnabhän-gige Vergütung umsatzsteuerrechtlich getrennt zu beurteilen. Das Sonderentgelt ist als Entgelt einzu-ordnen, da es einer bestimmten Leistung zugeordnet werden kann. Die gewinnabhängige Vergütung ist dagegen kein Entgelt. Auch andere gesellschaftsrechtlich zu erbringende Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft können bei Zahlung eines Sonderentgelts als Gegenleistung für diese Leistung einen umsatzsteuerba-ren Leistungsaustausch begründen. Eine Haftungsvergütung der Gesellschaft an die Gesellschafter wird grundsätzlich nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses gewährt. Sollte ausnahms-weise ein Sonderentgelt zu bejahen sein, ist die Leistung des Gesellschafters nicht gemäß § 4 Nr. 8 Buchst. g UStG steuerfrei. C. Anwendung Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 6.6.2002, a.a.O., sind auf nach dem 31.3.2004 ausgeführte Lei-stungen anzuwenden. Vor diesem Zeitpunkt können sie auf Antrag des Steuerpflichtigen angewendet werden, soweit die nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 UStG entstandene Steuer noch festgesetzt werden kann. Die Abschnitte 1 Abs. 8 Satz 1, 17 Abs. 1 Sätze 10 und 11 sowie 18 Abs. 4 Satz 1 der UStR sind ab 1.4.2004 nicht mehr anzuwenden. Dieses Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 13.12.2002, IV B 7 - S 7100 - 315/02, BStBl 2003 I S. 68, und vom 17.6.2003, IV B 7 - S 7100 - 121/03, BStBl 2003 I S. 378.“ Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Personalbeistellung bei sonstigen Leistungen BKPV 48/2005 vgl. BKPV 51/2001 BMF-Schreiben vom 30.1.2003 - IV B 7 - S 7100 - 13/03 (BStBl 2003 I S. 154) „Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen das vom Auftraggeber einer sonstigen Leistung dem Auf-tragnehmer zur Erbringung dieser sonstigen Leistung überlassene Personal als Beistellung nicht am Leistungsaustausch teilnimmt, gilt nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder Fol-gendes: Bei der Abgrenzung zwischen steuerbarer Leistung und nicht steuerbarer Beistellung von Personal des Auftraggebers ist unter entsprechender Anwendung der Grundsätze der so genannten Materialbeistel-lung (vgl. Abschnitt 27 Abs. 2 bis 4 Umsatzsteuer-Richtlinien 2000) darauf abzustellen, ob der Auftrag-geber an den Auftragnehmer selbst eine Leistung (als Gegenleistung) bewirken oder nur zur Erbrin-gung der Leistung durch den Auftragnehmer beitragen will. Soweit der Auftraggeber mit Beistellung seines Personals an der Erbringung der bestellten Leistung mitwirkt, wird dadurch zugleich auch der Inhalt der gewollten Leistung näher bestimmt. Ohne entsprechende Beistellung ist es Aufgabe des Auf-tragnehmers, sämtliche Mittel für die Leistungserbringung selbst zu beschaffen. Daher sind Beistellun-gen nicht Bestandteil des Leistungsaustauschs, wenn sie nicht im Austausch für die gewollte Leistung aufgewendet werden. Eine nicht steuerbare Beistellung von Personal des Auftraggebers setzt voraus, daß das Personal nur im Rahmen der Leistung des Auftragnehmers für den Auftraggeber eingesetzt wird. Der Einsatz von Personal des Auftraggebers für Umsätze des Auftragnehmers an Drittkunden muß vertraglich und tat-sächlich ausgeschlossen sein. Der Auftragnehmer hat dies sicherzustellen und trägt hierfür die objek-tive Beweislast. Die Entlohnung des überlassenen Personals muß weiterhin ausschließlich durch den Auftraggeber erfolgen. Ihm allein muß auch grundsätzlich das Weisungsrecht obliegen. Dies kann nur in dem Umfang eingeschränkt und auf den Auftragnehmer übertragen werden, soweit es zur Erbrin-gung der Leistung erforderlich ist. Die Grundsätze zur Personalgestellung und -überlassung in Abschnitt 1 Abs. 6 und Abschnitt 23 Abs. 16 der Umsatzsteuer-Richtlinien 2000 bleiben unberührt.“

Page 150: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 150 Heft 1/2005

Lieferort bei Überlassung von Stromnetzen und Gasleitungen BKPV 49/2005 BMF-Schreiben vom 11.9.2002 - IV B 7 - S 7100 - 234/02 (UR 2003 S. 95) „Zu Ihren Überlegungen in Bezug auf die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung des Energiehandels be-merke ich: Die unter TOP 4 der Sitzung USt V/00 getroffene Entscheidung, Stromlieferungen als ruhende Liefe-rung zu behandeln, gilt unverändert fort. Ich halte daher eine erneute Erörterung mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder für entbehrlich. Bei der Lieferung von Gas dürfte dagegen eine bewegte Lieferung im Sinne des § 3 Abs. 6 UStG vor-liegen, da in diesem Fall das Gas tatsächlich bewegt wird. Insoweit stimme ich mit Ihren Ausführungen überein. Fraglich ist jedoch, ob das Gas auch befördert wird; insoweit halte ich folgende Auffassung für möglich: Mit der Überlassung des Netzes für die Strom- oder Gasdurchleitung erbringt der jeweilige Netzbetrei-ber eine sonstige Leistung im Sinne von § 3 Abs. 9 UStG, jedoch keine Beförderungsleistung. Eine Beförderungsleistung im Sinne von § 3 b UStG ist nur dann anzunehmen, wenn der Leistende ein Be-förderungsmittel wie z.B. LKW, Bahn usw. einsetzt. Bei der Netzüberlassung fehlt es an einem solchen Transportmittel, das Gasnetz kommt hierfür jedenfalls nicht in Betracht. Der Ort der sonstigen Leistung richtet sich daher nicht nach § 3 b UStG, sondern nach § 3 a Abs. 1 UStG. Ich beabsichtige, die obersten Finanzbehörden der Länder von Ihrem Schreiben zu unterrichten und um Stellungnahme zu bitten.“ Vorsteuerabzug bei teilweiser Eigennutzung eines Gebäudes zu Wohnzwecken

BKPV 50/2005

vgl. BKPV 64/2004 BFH-Urteil vom 24.07.2003 - V R 39/99 (BStBl 2004 II S. 371) Leitsätze: „1. Ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nicht-

unternehmerisch (zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf das Gebäude insgesamt seinem Unter-nehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude - einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils - entfallenden Vorsteuerbeträge nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 UStG abziehen.

2. Die (teilweise) Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten Be-

darf des Unternehmers ist keine steuerfreie Grundstücksvermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und schließt deshalb den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG aus (Änderung der Rechtsprechung).

3. Die nichtunternehmerische Verwendung des Gebäudes unterliegt als steuerpflichtiger Eigenver-

brauch der Umsatzbesteuerung (Nachfolgeentscheidung zum EuGH-Urteil vom 8.5.2003 Rs. C-269/00).“

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Inhaber eines Baumpflege- und Gartenbaubetriebes,

der der Regelbesteuerung unterliegt. Er errichtete 1995 (Streitjahr) ein Gebäude, das er (insge-samt) seinem Unternehmen zuordnete und seit Fertigstellung teilweise unternehmerisch und teil-weise für eigene Wohnzwecke nutzt.

Page 151: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 151

In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Vorsteuerbeträge aus der Er-richtung des Gebäudes in Höhe von insgesamt 85.973,06 DM geltend, wovon 34.293,65 DM auf den für eigene Wohnzwecke genutzten Teil des Hauses entfielen. Im Hinblick auf die nichtunter-nehmerische Verwendung dieses Teils des Hauses erklärte er einen steuerpflichtigen Eigenver-brauch in Höhe von 5.359 DM und eine darauf entfallende Umsatzsteuer in Höhe von 803,85 DM. Dagegen beurteilte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die nichtunter-nehmerische Nutzung des Gebäudes als steuerfreien Eigenverbrauch und versagte dem Kläger insoweit den Vorsteuerabzug. Dabei übernahm das FA die vom Kläger jeweils angesetzten Be-steuerungsgrundlagen. Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung des FA und wies die Klage ab. Das Urteil ist in UVR 1999, 297 abgedruckt. Auf die vom FG zugelassene Revision des Klägers hat der erkennende Senat durch Beschluß vom 25.5.2000 V R 39/99 (BFHE 191, 450) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Euro-päischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Frage zur Auslegung der Sechsten Richtlinie des Ra-tes vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Um-satzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) vorgelegt: „Darf ein Mitgliedstaat die nach Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG einer Dienstlei-stung gegen Entgelt gleichgestellte Verwendung einer Wohnung zu eigenen Wohnzwecken in ei-nem insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäude als steuerfrei (gemäß Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG, aber ohne Möglichkeit, auf die Steuerbefreiung zu verzichten) behandeln mit der Folge, daß der Abzug der im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes angefallenen Mehrwertsteuer als Vorsteuer insoweit gemäß Art. 17 Abs. 2 Buch-stabe a der Richtlinie 77/388/EWG ausgeschlossen ist?“ Der EuGH hat darauf mit Urteil vom 8.5.2003 Rs. C-269/00 - Seeling - geantwortet: „Die Artikel 6 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstabe a und 13 Teil B Buchstabe b der Sechsten Richt-linie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mit-gliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuer-pflichtige Bemessungsgrundlage sind so auszulegen, daß sie nationalen Rechtsvorschriften ent-gegenstehen, wonach die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeord-neten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen als eine - als Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks i.S. des Artikels 13 Teil B Buchstabe b - steuerfreie Dienst-leistung behandelt wird.“ Der Kläger beantragt weiterhin, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsent-scheidung die Umsatzsteuer 1995 auf 1.939 DM herabzusetzen. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision des Klägers ist begründet. Er ist gemäß seinem Antrag zur Umsatzsteuer 1995 zu

veranlagen.

1. Der Unternehmer kann gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt wor-den sind, abziehen. Ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unterneh-merisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf das Ge-bäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude - ein-schließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils - entfallenden Vorsteuerbeträge abzie-hen (vgl. das in dieser Sache ergangene EuGH-Urteil vom 8.5.2003 Rs. C-269/00 - Seeling -, Rdnr. 40 bis 44; Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 31.1.2002 V R 61/96 - Bakcsi -, BFHE 197, 372, UR 2002, 211).

Page 152: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 152 Heft 1/2005

2. Der Vorsteuerabzug ist nicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Die (teilweise) Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers ist keine steuerfreie Grundstücksvermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und schließt deshalb den Vorsteuerabzug nicht gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG aus (Änderung der Rechtsprechung). a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG in der im Streitjahr 1995 geltenden Fassung

liegt steuerbarer Eigenverbrauch vor, wenn ein Unternehmer im Rahmen seines Unter-nehmens sonstige Leistungen der in § 3 Abs. 9 bezeichneten Art - das sind Leistungen, die keine Lieferungen sind - für Zwecke ausführt, die außerhalb des Unternehmens lie-gen. Nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG 1993 in der im Streitjahr geltenden Fassung war von dem „unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3“ UStG fallenden Umsätzen steuerfrei die Ver-mietung und die Verpachtung von Grundstücken. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 die Steuer für die Lieferungen von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

b) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats war die Verwendung eines dem Unter-

nehmen zugeordneten Grundstücks für unternehmensfremde Zwecke dann steuerfrei und schloss deshalb gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG den Vorsteuerabzug aus, wenn im Falle entgeltlicher Überlassung an einen Dritten eine Grundstücksvermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG gegeben wäre (vgl. BFH-Urteile vom 16.10.1980 V R 51/76, BFHE 132, 119, BStBl II 1981, 228; vom 18.12.1986 V R 176/75, BFHE 149, 78, BStBl II 1987, 350; vom 10.2.1994 V R 33/92, BFHE 174, 258, BStBl II 1994, 668). An dieser Rechtsprechung, der die Finanzverwaltung gefolgt war, hält der Senat nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil vom 8.5.2003 Rs. C-269/00 - Seeling - nicht mehr fest. Nach diesem Urteil dürfen nationale Rechtsvorschriften die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den pri-vaten Bedarf eines Steuerpflichtigen nicht als eine - als Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks i.S. des Art. 13 Teil B Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG - steuer-freie Dienstleistung behandeln. Der EuGH hat zwar - insoweit abweichend von der Vorlagefrage des Senats - auf nicht näher bezeichnete „nationale Rechtsvorschriften“ abgestellt. Seine Aussage gilt aber ebenso für die Auslegung nationaler Rechtsvorschriften, die - wie hier § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst b, § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst a UStG 1993 - Gemeinschaftsrecht umsetzen. Diese Auslegung ist richtlinienkonform vorzunehmen; sie hat sich, soweit wie möglich, am Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten und die dazu ergangenen Erkennt-nisse des EuGH zu berücksichtigen (vgl. EuGH-Urteile vom 8.10.1987 Rs. 80/86 - Kol-pinghuis BV Nijmegen -, Slg. 1987, 3969, HFR 1988, 594; vom 7.12.1995 Rs. C-472/93 - Luigi Spano -, Slg. 1995, I-4321, Europäische Zeitschrift für Wirtschaft 1996, 185; BFH-Urteil vom 2.4.1998 V R 34/97, BFHE 185, 536, BStBl II 1998, 695, unter II. 3. b bb).“

Teilweise privat genutztes Betriebsgebäude, unentgeltliche Wertabgabe

BKPV 51/2005

vgl. BKPV 63/2003 BMF-Schreiben vom 13.4.2004 - IV B 7 - S 7300 - 26/04, (BStBl 2004 I S. 469) „Zu den Auswirkungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes - EuGH - (Urteil vom 8.5.2003, Rs C-269/00, BStBl 2004 II S.378 ) und des BFH (Urteil vom 24.7.2003, BStBl 2004 II S. 371) hinsichtlich der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks als unentgeltliche Wertabgabe gilt unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes: Ein Unternehmer, der ein Grundstück erwirbt oder ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehme-risch und teilweise nichtunternehmerisch (z.B. zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf das Grundstück/ Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen, wenn er es zu mindestens 10 % für unternehme-

Page 153: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 153

rische Zwecke nutzt (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Zur Frage der Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen vgl. BMF-Schreiben vom 30.3.2004, IV B 7 - S 7300 - 24/04. Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks/Gebäudes (z.B. die Benutzung von Räumen in einem dem Unternehmen zugeordneten Gebäude) für Zwecke außerhalb des Unternehmens kann als unentgeltli-che Wertabgabe (§ 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG) steuerbar oder nicht steuerbar sein. Gem. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG ist die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes für außerhalb des Unternehmens liegende Zwecke oder für den privaten Bedarf seines Personals (nichtunternehmerische Zwecke) nur steuerbar (sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen), wenn der Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Bei der Prüfung der Frage, ob diese Voraussetzung vor-liegt, ist ausschließlich die unternehmerische Nutzung des Gegenstandes maßgeblich. Soweit die Verwendung des dem Unternehmen zugeordneten Grundstücks/Gebäudes für nichtunter-nehmerische Zwecke steuerbar ist, ist diese nicht einer steuerfreien Grundstücksvermietung i.S.d. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG gleichgestellt. Der Vorsteuerabzug ist deshalb nicht gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 UStG ausgeschlossen. Beispiel 1: Unternehmer U hat ein Zweifamilienhaus, in dem er eine Wohnung steuerfrei vermietet und die andere Wohnung für eigene Wohnzwecke nutzt, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet. U steht hinsichtlich des Zweifamilienhauses kein Vorsteuerabzug zu (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die private Nutzung ist daher keine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG, da der dem Unternehmen zugeordnete Gegenstand nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuer-abzug berechtigt hat. Beispiel 2: U ist Arzt und nutzt in seinem Einfamilienhaus, das er zulässigerweise (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG) ins-gesamt seinem Unternehmen zugeordnet hat, das Erdgeschoß für seine unternehmerische Tätigkeit und das Obergeschoß für eigene Wohnzwecke. Er erzielt nur steuerfreie Umsätze i.S.d. § 4 Nr. 14 UStG. U steht hinsichtlich des Einfamilienhauses kein Vorsteuerabzug zu (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die private Nutzung des Obergeschosses ist daher keine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG, da das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude hinsichtlich des unternehme-risch genutzten Gebäudeteils nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Beispiel 3: U ist Schriftsteller und nutzt in seinem im Übrigen für eigene Wohnzwecke genutzten Einfamilienhaus ein Arbeitszimmer für seine unternehmerische Tätigkeit. U hat das Gebäude zulässigerweise (auf das Arbeitszimmer entfallen 15 % der Nutzfläche des Gebäudes) insgesamt seinem Unternehmen zuge-ordnet. U steht hinsichtlich des gesamten Gebäudes der Vorsteuerabzug zu. Die private Nutzung der übrigen Räume ist eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG, da der dem Un-ternehmen zugeordnete Gegenstand hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils (Ar-beitszimmer) zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steuerpflichtig. Das gilt auch, wenn die Nutzung für Zwecke außerhalb des Unternehmens in der unentgeltlichen Überlassung an Dritte besteht. Beispiel 4: U hat ein Haus, in dem er Büroräume im Erdgeschoß steuerpflichtig vermietet und die Wohnung im Obergeschoß unentgeltlich an seine Tochter überläßt, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet. U steht hinsichtlich des gesamten Gebäudes der Vorsteuerabzug zu. Die Überlassung an die Tochter ist eine steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S. d. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG, weil das dem Unterneh-men zugeordnete Gebäude hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Gebäudeteils zum Vorsteuer-abzug berechtigt hat. Die unentgeltliche Wertabgabe ist steuerpflichtig.

Page 154: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 154 Heft 1/2005

Beispiel 5: U hat ein Zweifamilienhaus, das er im Jahr 01 zu 50 % für eigene unternehmerische und zum Vorsteu-erabzug berechtigende Zwecke (Büroräume) nutzt und zu 50 % steuerfrei vermietet, insgesamt seinem Unternehmen zugeordnet. Ab dem Jahr 04 nutzt er die Büroräume ausschließlich für eigene Wohn-zwecke. U steht ab dem Jahr 01 hinsichtlich der Büroräume der Vorsteuerabzug zu; für den steuerfrei vermie-teten Gebäudeteil ist der Vorsteuerabzug hingegen ausgeschlossen. Ab dem Jahr 04 unterliegt die Nutzung der Büroräume zu eigenen Wohnzwecken des U als steuerbare unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer, da das dem Unternehmen zugeordnete Gebäude in-soweit zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Es liegt keine Änderung der Verhältnisse i.S.d. § 15 a UStG vor. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage bei der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG vgl. BMF-Schreiben vom 13.4.2004, IV B 7 - S 7206 - 3/04. Entnimmt der Unternehmer das dem Unternehmen zugeordnete Grundstück/Gebäude, unterliegt diese Entnahme unter der Voraussetzung, daß das Grundstück/Gebäude zum vollen oder teilweisen Vor-steuerabzug berechtigt hat, gemäß § 3 Abs. 1 b Satz 1 Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung. Zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage wird auf Abschnitt 155 Abs. 1 UStR verwiesen. Die Entnahme ist nicht nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerbefreit. Bei einer richtlinienkonformen Auslegung reicht die Gleichstellungsfiktion des Artikels 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie nicht so weit, daß die Entnahme bei der gebotenen engen Auslegung des Artikels 13 Teil B Buchst. g der 6. EG-Richtlinie steuerfrei ist. Anwendung Die vorstehenden Grundsätze sind allgemein für Grundstücke/Gebäude anzuwenden, die nach dem 30.6.2004 angeschafft oder hergestellt wurden. Die den vorstehenden Ausführungen entgegenstehen-den Ausführungen des Abschnitts 24 c UStR und des Abschnitts 71 Abs. 2 Nr. 2 UStR sind insoweit nicht mehr anzuwenden. Beruft sich ein Unternehmer für einen Zeitraum vor dem 1.7.2004 auf die Rechtsprechung des EuGH und des BFH, sind die vorstehenden Grundsätze für alle Veranlagungszeit-räume ab diesem Zeitraum anzuwenden, soweit die Veranlagungen nach den Vorschriften der Abga-benordnung jeweils noch änderbar sind.“ Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstan-des für nichtunternehmerische Zwecke; Ermittlung der Bemes-sungsgrundlage: Verteilung der Anschaffungs-/Herstellungsko-sten eines Gegenstandes auf den Berichtigungszeitraum gem. § 15 a UStG

BKPV 52/2005

BMF-Schreiben vom 13.4.2004 - IV B 7 - S 7206 - 3/04, (BStBl 2004 I S. 468) „(1) Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG wird der Umsatz bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG (Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes) nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuer-abzug berechtigt haben, bemessen. Gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 UStG wird der Umsatz bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 a Nr. 2 UStG (unentgeltliche Erbringung einer Dienstleistung) nach den bei Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten bemessen. Dabei sind auch Ausgaben zu berücksichtigen, die den Un-ternehmer nicht zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (z.B. Arbeitslohn für Ar-beitnehmer des Unternehmers). § 10 Abs. 4 UStG gilt entsprechend für die in § 10 Abs. 5 UStG bezeichneten Leistungen, wenn die nach § 10 Abs. 4 UStG ermittelte Bemessungsgrundlage das Entgelt nach § 10 Abs. 1 UStG übersteigt. (2) Unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hin-sichtlich der Ermittlung der Kosten i.S. d. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 UStG Folgendes:

Page 155: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 155

Unter den Kosten sind die Ausgaben des Unternehmers für die Erbringung der sonstigen Leistung zu verstehen (Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie). Zu den Kosten zählen deshalb auch Ausgaben, die aus Zuschüssen finanziert worden sind. Die Vorsteuerbeträge, die nach § 15 UStG ab-ziehbar sind, sind keine Kosten. Zu den zu berücksichtigenden Kosten gehören z.B. Aufwendungen des Unternehmers für den laufen-den Betrieb oder Unterhalt des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, aber auch Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten. Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gegenstandes sind da-bei abweichend von den ertragsteuerlichen Grundsätzen gleichmäßig auf den nach § 15 a UStG für diesen Gegenstand jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum zu verteilen (Neutralitätsgrundsatz). Nach Ablauf des jeweils nach § 15 a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraums sind die auf den Ge-genstand entfallenden Kosten vollständig in die Bemessungsgrundlage eingeflossen und in den Folge-jahren nicht mehr als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Betragen bei einem Gegenstand die Anschaffungs- oder Herstellungskosten weniger als 500 Euro, sind diese nicht auf mehrere Jahre zu verteilen, sondern im Jahr der Anschaffung oder Herstellung zu be-rücksichtigen. (3) Die vorstehenden Grundsätze sind ab 1.7.2004 anzuwenden. Hinsichtlich der vor dem 1.7.2004 angeschafften Gegenstände ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn bis zum 30.6.2004 bei der Berechnung der Kosten insoweit grundsätzlich von den bei der Er-tragsteuer zugrunde gelegten Kosten ausgegangen wird. Dabei ist das bei In-Kraft-Treten der Neure-gelung noch nicht verbrauchte Abschreibungsvolumen nicht auf den nach § 15 a UStG maßgeblichen verbleibenden Berichtigungszeitraum zu verteilen. Beispiel: U hat zum 1.1.2003 ein Ferienhaus zum Kaufpreis von 100.000 Euro zzgl. USt und Grund und Boden erworben. U hat das Haus vollständig seinem Unternehmen zugeordnet, da er dieses Haus als Ferien-haus jeweils kurzfristig steuerpflichtig vermieten will. Die Kosten sind wie folgt zu verteilen: Anschaffung 1.1.2003 100.000 EuroKosten 2003 (ertragsteuerliche Afa i.H.v. 2 %) 2.000 EuroKosten 2004 (bis 30.6.2004) 1.000 EuroKosten 2004 (ab 1.7.2004 gem. Absatz 2) 5.000 EuroKosten ab 2005 bis 2012 je 10.000 Euro (4) Beruft sich der Unternehmer hinsichtlich der nichtunternehmerisch genutzten Wohnung in einem vor dem 1.7.2004 angeschafften und dem Unternehmen zugeordneten Gebäude für einen Zeitraum vor dem 1.7.2004 auf die Grundsätze des BFH-Urteils vom 24.7.2003 (BStBl 2004 II S. 371) sind die der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG zugrunde zu legen-den Kosten auch für Zeiträume vor dem 1.7.2004 nach den in Absatz 2 dargestellten Grundsätzen zu ermitteln. Beispiel: U hat ein am 1.1.2002 für 100.000 Euro zzgl. USt erworbenes Zweifamilienhaus vollständig seinem Unternehmen zugeordnet. Die Räume im Erdgeschoss (50 % der Nutzfläche des Gebäudes) benutzt er als Praxisräume für seine Steuerberaterpraxis. Die Räume im Obergeschoss nutzt er für eigene Wohn-zwecke. U beruft sich hinsichtlich der nichtunternehmerisch genutzten Wohnung mit Wirkung ab 1.1.2002 auf die Grundsätze des BFH-Urteils vom 24.7.2003 (a.a.O.). Die Kosten sind wie folgt zu er-mitteln:

Page 156: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 156 Heft 1/2005

Anschaffung 1.1.2002 Bemessungsgrundlage anteilig für die nichtunternehmerische Wohnung 50 % der Anschaffungskosten Kosten 2002 5.000 EuroKosten 2003 5.000 EuroKosten 2004 5.000 Eurousw. (5) Die den vorstehenden Ausführungen entgegen stehenden Grundsätze des Abschnitts 155 Abs. 2 Satz 2 und des Abschnitts 158 Abs. 3 und 4 UStR 2000 sind nicht mehr anzuwenden. Hinweis: Die geänderte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung fand zwsichenzeitlich Eingang in das Um-satzsteuergesetz. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG wurde durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz - EURLUmsG) wie folgt gefaßt: „Der Umsatz wird bemessen bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben Zu diesen Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 Euro, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a entspricht“. Zwischenzeitlich ist vor dem FG München die erste Klage gegen § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG n.F. wegen eines möglichen Vestoßes gegen die 6. EG-Richtlinie eingereicht worden. Das FG legte den Streitfall mit Beschluß vom 1.2.2005, 14 K 2944/04 dem EuGH zur Vorabentscheidung vor und stellte dabei folgende Frage: „Wie ist der Begriff „Betrag der Ausgaben“ in Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG auszulegen? Umfasst der Betrag der Ausgaben für die privat genutzte Wohnung in einem dem Unternehmen insgesamt zugeordneten Gebäude (neben den laufenden Aufwendungen) auch entsprechend den jeweiligen innerstaatlichen Regelungen die jährlichen Abschreibungen für Abnutzung von Gebäuden und/oder den in Anlehnung an den jeweiligen innerstaatlichen Vorsteuerabzugs-Berichtigungszeitraum berechneten jährlichen Anteil der Anschaffungs- und Herstellungskosten, die zum Mehrwertsteuerabzug berechtigt haben?“ Wir empfehlen in gleich gelagerten Fällen die Veranlagungen offen zu halten. Umsatzsteuer bei Grundstücksveräußerung BKPV 53/2005 Verfügung der OFD Hannover vom 7.7.2003 - S 7162 - 25 - StO 353/S 7162 - 36 - StH 445 (DStR 2003 S. 1487) „1. Steuerbarkeit Bei Grundstücksveräußerungen ist zunächst zu prüfen, ob es sich dabei um nicht steuerbare Ge-schäftsveräußerung im Ganzen handelt. Liegen die Voraussetzungen hierfür nicht vor, sind die Um-sätze nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfrei, wenn sie unter das GrEStG fallen.

Page 157: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 157

2. Steuerbefreiung Unter die Umsatzsteuerfreiheit fallen insbesondere die Lieferung von Grundstücken und Grund-stücksteilen sowie die Bestellung und Übertragung von Erbbaurechten. Von der Steuerfreiheit ausge-nommen und daher steuerpflichtig sind die mit dem Grundstücksumsatz in Zusammenhang stehenden Lieferungen von Scheinbestandteilen und Zubehör i.S. der §§ 95, 97 BGB sowie die Übertragung von Betriebsvorrichtungen. Während das GrEStG bereits bei dem Verpflichtungsgeschäft, also dem Kaufvertrag greift, ist über die Umsatzbesteuerung erst zum Zeitpunkt der Lieferung, also bei Verschaffung der Verfügungsmacht zu entscheiden. 3. Umfang der Steuerbefreiung In oder neben dem Vertrag über die Grundstücksveräußerung werden häufig weitere, von der Grund-stücksübertragung abzugrenzende Verpflichtungen, z.B. im Zusammenhang mit der Bebauung des Grundstücks, eingegangen. Während im Grunderwerbsteuerrecht die verschiedenen, zu einem Lei-stungsbündel zusammengefaßten Leistungen als eine einheitliche grunderwerbsteuerliche Leistung beurteilt werden, ist Besteuerungsgegenstand der Umsatzsteuer grundsätzlich jede einzelne entgeltli-che Leistung eines Unternehmers. Eine Bündelung mehrerer Leistungen ist nur bei Leistungen dessel-ben Unternehmers nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Leistung zulässig. Weitere Leistungen zur Hauptleistung werden daher von der Steuerfreiheit nur umfaßt, wenn sie mit dem Leistungsgegen-stand so abgestimmt sind, daß sie in ihm aufgehen und ihre Selbstständigkeit verlieren. Der auf diese Weise bestimmte Umsatz begrenzt zugleich den Regelungsbereich des § 4 Nr. 9 a UStG. Ist Vertragsgegenstand ein bebautes Grundstück, z.B. ein schlüsselfertig erstelltes Eigenheim, ist des-sen Lieferung steuerfrei. Das gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nur das un-bebaute Grundstück vorhanden war (s. BFH vom 9.6.1970, BStBl 1970 II S. 749). Eine einheitliche steuerfreie Leistung kann auch bei der Übertragung eines bebauten Grundstücks und der im zeitlichen Zusammenhang damit stehenden weiteren Gewerken vorliegen, soweit es sich hierbei nach den o.a. Grundsätzen um Nebenleistungen handelt und der Veräußerer nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Vertragsgestaltung die Verfügungsmacht an dem fertigen Gebäude verschafft. Der Veräußerer muß für sämtliche Leistungen der Auftraggeber sein und das Bauherrenwagnis tragen. Umsatzsteuerpflichtig sind dagegen z.B. Baubetreuungsleistungen oder gesondert berechnete bauvor-bereitende Leistungen, insbesondere Architektenleistungen des Veräußerers eines unbebauten Grund-stücks (BFH vom 10.9.1992, V R 99/88, BStBl 1993 II S. 316 und vom 24.2.2000, V R 89/98, BStBl 2000 II S. 278) sowie die Herstellung eines schlüsselfertigen Fertighauses durch einen mit dem Grund-stücksveräußerer nicht identischen Unternehmer (BFH vom 14.7.1999, BStBl 1999 II S. 737). Zur Frage des Besteuerungsgegenstands allgemein s. BFH vom 29.8.1991, V R 87/86, BStBl 1992 II S. 206. In der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung des Grundstückertrages ist also zunächst zu prüfen, welche steuerfreien bzw. steuerpflichtigen Leistungen der Veräußerer im Zusammenhang mit der Grund-stücksveräußerung erbracht hat und für welche dieser Leistungen Umsatzsteuer gesondert ausgewie-sen ist. Auswirkungen können, sich insoweit insbesondere im Hinblick auf die Anwendung der § 9, § 14 Abs. 2 und 3 sowie § 15 a UStG ergeben. 4. Verzicht auf die Steuerbefreiung Gemäß § 9 Abs. 1 UStG kann der Veräußerer einen nach § 4 Nr. 9 a UStG steuerfreien Grundstücks-umsatz steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unter-nehmen ausgeführt wird. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist an keine besondere Form und Frist gebunden, s. Abschn. 148 Abs. 3 UStR. Voraussetzung für die Option ist, daß der Veräußerer das Grundstück seinem Unternehmen zugeordnet hatte. Eine Teiloption ist bei unterschiedlichen Nutzungs-arten der Gebäudeteile möglich, siehe hierzu Abschnitt 148 Abs. 5 und 6 und zu den Grundsätzen der Zuordnung zum Unternehmen Abschn. 192 Abs. 18 UStR. Der Umfang des Vorsteuerabzugs beim Erwerber des Grundstücks hängt von der ehemals getroffenen Zuordnungsentscheidung des leistenden Unternehmers („handeln als Unternehmer") als auch der ei-genen Zuordnungsentscheidung („Erwerb für sein Unternehmen") ab. Bei der Ermittlung der Bemes-

Page 158: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 158 Heft 1/2005

sungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist zu beachten, daß die Hälfte der Grunderwerbsteuer zum Ent-gelt gerechnet werden muß, wenn die Parteien des Grundstücksübertragungsvertrages vereinbaren, daß der Erwerber die Grunderwerbsteuer alleine zu tragen hat. Zur Bemessung der Umsatzsteuer ist die Hälfte der Grunderwerbsteuer nur insoweit heranzuziehen, als sie in ihrer Höhe noch nicht durch die Umsatzsteuer beeinflußt ist (s. Abschn. 149 Abs. 7 Sätze 4 u. 5 UStR). 5. Unrichtiger oder unberechtigter Steuerausweis Hat der Unternehmer Umsatzsteuer für die Veräußerung eines nicht dem Unternehmen zugeordneten Gebäudeteils in der Rechnung bzw. im Vertrag ausgewiesen, ist diese nach § 14 Abs. 3 UStR festzu-setzen, weil die Lieferung, nicht im Rahmen des Unternehmens erfolgt. Ausgewiesene Umsatzsteuer für steuerfreie Grundstücksumsätze ist nach § 14 Abs. 2 UStG festzusetzen. Ein Vorsteuerabzug ist hieraus nicht zulässig, s. Abschn. 192 Abs. 6 UStR. 6. Vorsteuerberichtigung Erfolgt die Veräußerung innerhalb des Berichtigungszeitraums von zehn Jahren, so ist eine Vorsteuer-berichtigung nach § 15 a UStG beim Veräußerer zu prüfen. Eine Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn der Veräußerungsumsatz anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung.“ NATO-Truppen, Lieferungen von Strom, Gas, Wasser, Wärme, Telekommunikation

BKPV 54/2005

BMF-Schreiben vom 28.7.2003 - IV D 1 - S 7492 - 33/03 (BStBl 2003 I S. 421) „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes: (1) Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Truppe oder ein ziviles Gefolge sind unter bestimm-ten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit (Artikel 67 Abs. 3 NATO-ZAbk). Die Steuerbefrei-ung kann auch für die Lieferung von Elektrizität, Gas, Wasser und Wärme sowie für sonstige Leistun-gen auf dem Gebiet der Telekommunikation (z.B. Verschaffung von Zugangsberechtigungen zu Fest-netzen oder Mobilfunknetzen, Übertragung von Signalen, Schrift, Bild, Ton, Sprache oder Informationen jeglicher Art via Festnetz oder Mobilfunk) in Betracht kommen, die für den Gebrauch oder Verbrauch in den Wohnungen bzw. durch die Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges oder deren Angehörige bestimmt sind. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer den Vertrag über die Lieferung von Elektrizi-tät, Gas, Wasser und Wärme sowie über die sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommuni-kation mit der amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges abschließt. Zwischen dem Unternehmer und den Mitgliedern der Truppe oder des zivilen Gefolges oder deren Angehörigen dürfen keine Verträge über diese Lieferungen oder sonstigen Leistungen abgeschlossen sein. (2) Die Steuerbefreiung wird nicht ausgeschlossen, wenn der Unternehmer die Lieferung oder son-stige Leistung auf Grund einer entsprechenden Vereinbarung mit der amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges unmittelbar in die Wohnung der Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges oder deren Angehörige leitet bzw. unmittelbar an diesen Personenkreis ausführt. (3) Ferner wird die Steuerbefreiung nicht ausgeschlossen, wenn der Unternehmer Einzelrechnungen über die erbrachten Leistungen an die Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges oder deren An-gehörige übersendet und wenn diese das in den Einzelrechnungen angegebene Entgelt unmittelbar an den Unternehmer zahlen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Unternehmer die Zahlung des Entgelts nur von seinem Vertragspartner (der Truppe oder des zivilen Gefolges) verlangen kann, wenn ein Mit-glied der Truppe oder des zivilen Gefolges oder deren Angehörige den Rechnungsbetrag nicht oder nicht rechtzeitig bezahlt. Ferner muss in der jeweiligen Einzelrechnung die betreffende amtliche Be-schaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges bezeichnet sein. (4) Der Unternehmer hat die Voraussetzungen der Steuerbefreiung grundsätzlich durch eine Beschei-nigung der amtlichen Beschaffungsstelle der Truppe oder des zivilen Gefolges (Abwicklungsschein)

Page 159: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 159

nachzuweisen. Das Finanzamt kann jedoch auf den Abwicklungsschein verzichten, wenn die vorge-schriebenen Angaben aus anderen Belegen und aus den Aufzeichnungen des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar zu ersehen sind (§ 73 Abs. 3 UStDV). Der Verzicht darf nicht zu einer unverhält-nismäßigen Mehrarbeit der Finanzverwaltung, insbesondere bei der Betriebsprüfung führen.“ Umsatzsteuerliche Behandlung der Erlöse aus dem Betrieb ei-nes Wohnheims für Aussiedler und Asylanten

BKPV 55/2005

Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 7.5.2003 - I 560/01 - rkr (EFG 2003 Nr. 24, S. 1803) Leitsatz: „Erlöse aus dem Betrieb eines Wohnheims für Aussiedler und Asylanten unterfallen nicht der Steuer-befreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, wenn es dem Leistungsverhältnis zwischen dem Heim-betreiber und der Gemeinde als Leistungsempfänger an einer Überlassung des Gebrauchs oder der Nutzungen eines Grundstücks fehlt, die wesentliches Element einer nach der genannten Vorschrift steuerbefreiten Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken wäre. Hiervon ist auszugehen, wenn die Gemeinde bereits aus eigenem Recht, nämlich als (Haupt-)Pächter des Grundstücks zu dessen Nutzung berechtigt ist, während der Heimbetreiber lediglich als Unterpächter der Gemeinde dieser die Heimplätze zur Verfügung stellt.“ Sachverhalt: „Die Parteien streiten über die Umsatzsteuer aus dem Betrieb eines Aussiedler- und Asylantenwohn-heims. Am 25.9.1992 schloß die Klägerin mit der Stadt E einen Vertrag, in dem sie sich verpflichtete, ab 1.10.1992 auf dem Grundstück B ein Aussiedler- und Asylbewerberwohnheim zu betreiben und die Heimbewohner in bestimmtem Umfang zu versorgen und zu betreuen. Im einzelnen verpflichtete sich die Klägerin, hundert Heimplätze vorzuhalten, jeder aufzunehmenden Person als Mindestausstattung ein Bett einschließlich Bettwäsche, Matratze, Zudecke, Kopfkissen und einen Kleiderschrank zur Verfü-gung zustellen, für Tische und Stühle in ausreichender Anzahl zu sorgen, die Selbstverpflegung der Bewohner durch die Einrichtung von Gemeinschaftskochstellen und die Anschaffung von Küchen- und Kühlschränken zu ermöglichen sowie die Einrichtungsgegenstände zu unterhalten, zu warten und zu pflegen. Die Klägerin mußte die Räumlichkeiten reinigen lassen, Waschmaschinen aufstellen, für Versi-cherungsschutz sorgen und die Stadt E “im Innenverhältnis von allen Schadensersatzansprüchen Drit-ter” freistellen, “die sich aus der vertraglichen Nutzung der Mietsache ergeben” könnten. Alle Reparatur- und Personalkosten waren von der Klägerin zu tragen. Als Vergütung sollte die Klägerin pro Person und Tag zunächst einen pauschalen Betrag von 19 DM einschließlich einer möglicherweise anfallenden Umsatzsteuer erhalten. Der Vertrag enthielt weitere Vereinbarungen in Bezug auf das Grundstück. Dieses gehörte der ROG. Die Stadt E hatte es für den Betrieb des Heims gepachtet. Der monatliche Pachtzins von insgesamt 3.942 DM umfasste zwei Teilbeträge; für den Grund und Boden waren 2.745 DM, für die darauf befind-lichen Baracken 1.050 DM zuzüglich 14 v.H. Umsatzsteuer (147 DM) zu zahlen. Die Stadt hatte die Ba-racken mit erheblichem Aufwand bewohnbar gemacht. Die Klägerin wurde verpflichtet, für das Grund-stück und die Baracken als “Pachtzins” monatlich denselben Betrag an die Stadt E zu entrichten, den diese an die ROG zu zahlen hatte (“3.942 DM einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer”), dar-über hinaus den von der Stadt E in das Grundstück investierten Betrag nebst 5 v.H. Zinsen. Diese Summe wurde im Vertrag mit 264.884,76 DM beziffert und als verlorener Baukostenzuschuss bezeich-net. Die Vertragslaufzeit betrug zunächst fünf Jahre. Die Stadt E kündigte den Vertrag zum 31.12.1994 und zahlte den Baukostenzuschuss anteilig ab 1.1.1995 zurück. Die Klägerin sah ihre Leistungen aus dem Betrieb des Wohnheims als umsatzsteuerfreie Vermietung im Sinne des § 4 Nr. 12 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an und meldete für die von der Stadt bezogene Vergütung keine Steuer an. Im Anschluß an eine im Jahr 1999 durchgeführte Betriebs-prüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, daß die Umsätze aus dem Betrieb des Aussiedler- und Asylantenwohnheim steuerpflichtig seien. Er erhöhte die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer des Streitjahres von 43.778 DM auf 576.943 DM, berücksichtigte Vorsteuern von 16.765 DM und setzte

Page 160: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 160 Heft 1/2005

die Steuer mit Änderungsbescheid vom 7.12.1999 - unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung - auf 66.776 DM fest. Den dagegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentschei-dung vom 17.4.2001 als unbegründet zurück. Er berief sich dabei auf den Erlaß des Thüringer Finanz-ministeriums vom 17.3.1994 - S 7168 A - 1 - 202 - und die entsprechende Verfügung der Oberfinanzdi-rektion E vom 18.5.1994 - S 7168 A - 05 - St 341 - (Kopie Blatt 17/18 der Umsatzsteuerakte), wonach die Einnahmen aus dem Betrieb eines Asylantenwohnheims einschließlich der dabei anfallenden übli-chen Nebenleistungen zwar grundsätzlich eine umsatzsteuerfreie Vermietungsleistung im Sinne des § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG sein könnten, selbst wenn der Betreiber die genutzten Gebäude von einem Dritten angemietet habe, daß dies jedoch dann nicht gelte, wenn es sich bei dem Dritten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handele, die sich bei der Unterbringung von Aussiedlern und Asy-lanten eines Betreibers bediene. Mit ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, der Betreibervertrag vom 25.9.1992 bein-halte eine langfristige Vermietung; eine solche sei steuerfrei. Die über die Unterbringung hinausgehen-den Maßnahmen zu Gunsten der Heimbewohner teilten als unselbständige Nebenleistungen das Schicksal der Vermietung als Hauptleistung. Eine Umsatzsteuerpflicht könne nicht durch die Umqualifi-zierung der vertraglich vereinbarten Leistungen in Betreiberleistungen begründet werden. Die Klägerin schulde vorrangig die Unterbringung der Asylbewerber und Aussiedler. Eine umfassende Versorgung der Heimbewohner sei nicht Gegenstand des Vertrages. Die Versorgung und soziale Betreuung erfolge vielmehr durch Mitarbeiter der Stadt oder durch die Heimbewohner selbst. Die selbständige Bedeutung des Vermietungselements ergebe sich insbesondere aus dem Recht des Betreibers, bei fehlendem Be-darf die Unterbringungsstätte anderweitig zu nutzen. Der Vertrag enthalte keine Verpflichtung zur Erbringung weiterer selbständiger Leistungen. Auch die OFD E gehe in ihrer Verfügung vom 11.11.1992 - S 7168 A - 05 - St 34 - davon aus, daß es sich bei der Bereitstellung von Bettwäsche, Mo-biliar oder Waschmaschinen um unselbständige Nebenleistungen handle. Zwar sei der Pachtzins, den die Klägerin für das Grundstück und die Räumlichkeiten zahle, erheblich geringer als die pauschale Vergütung für die Unterbringung der Heimbewohner; gleichwohl stehe die Überlassung der Räumlich-keiten zu Wohnzwecken im Vordergrund. Erfahrungsgemäß sei die Nutzung von Räumlichkeiten durch Asylanten mit hohen Folgekosten verbunden. Im Übrigen berufe sich die Klägerin auf einen von der ge-nannten OFD-Verfügung ausgehenden Vertrauensschutz; die vom Beklagten angeführte OFD-Verfü-gung vom 18.5.1994 sei ihr nicht bekannt gewesen. Es mache für die nicht bekannt gewesen. Es ma-che für die umsatzsteuerliche Beurteilung keinen Unterschied, ob die Klägerin das Grundstück von der Stadt oder einem Dritten angemietet habe. Der Klägerin beantragt, den Änderungsbescheid zur Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 7.12.1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17 April 2001 dahingehend zu ändern, daß die Umsatzsteuer auf 3.357,50 Euro (= 6.566,70 DM) festgesetzt wird. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er weist darauf hin, daß sich die Stadt E, der als Körperschaft des öffentlichen Rechts die Unterbrin-gung der Aussiedler und Asylanten als hoheitliche Pflichtaufgabe obliege, der Klägerin hierfür als Be-treiberin bedient habe. Zu diesem Zweck habe die Stadt selbst der Klägerin die dafür erforderliche Lie-genschaft überlassen. Daher stehe im Vertrag vom 25.9.1992 nicht die Anmietung eines Objekts, son-dern das Betreiben eines Aussiedler- und Asylantenheimes im Vordergrund. Aus dem Recht der Kläge-rin, bei fehlendem Bedarf der Stadt die Unterbringungsstätte anderweitig zu nutzen, könne kein selb-ständige Bedeutung des Vermietungselements abgeleitet werden. Auf die OFD-Verfügung vom 11.11.1992 könne sich die Klägerin nicht berufen, da diese Verwaltungsanweisung bereits mit OFD-Verfügung vom 18.5.1994 gerade im Hinblick auf Fälle wie den Streitfall verdeutlicht worden sei.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist unbegründet. Der von der Klägerin angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten. Sie hat gegenüber der Stadt E keine umsatzsteuerfreien Leistungen ausgeführt. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht auf § 4 Nr. 12 Buchstabe a Satz 1 UStG. Nach dieser Vorschrift ist die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken - einschließlich der langfristigen Vermietung von Wohn- und Schlafräumen - umsatzsteuerfrei. Solche Leistungen hat die Klägerin bei dem Betrieb des Heims weder gegenüber den Heimbewohnern noch gegenüber der Stadt E erbracht. Ersteres ist unstreitig; die Heimbewohner empfangen Unterbringung, Versorgung und Betreuung von der Stadt.

Page 161: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 161

Dies geschieht im Rahmen hoheitlicher Daseinsvorsorge, insbesondere nach dem Bundesvertriebe-nengesetz (Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge vom 19.5.1953, BGBl I 201, neugefaßt durch Bekanntmachung vom 2.6.1993, BGBl I 829) und dem Asylverfahrensgesetz 1992 (vom 26.6.1992, BGBl I 1992, 1126, neugefaßt durch Bekanntmachung vom 27.7.1993, BGBl I 1361). Die Klägerin unterhielt ein Vertrags- und damit Leistungsverhältnis nur gegenüber der Stadt, die sich auf diese Weise ihrer Pflichtaufgabe entledigte. Die mit ihr vereinbarten und daraufhin erbrachten Leistungen der Klägerin waren oder enthielten aber keine Miet- oder Pachtleistungen. Diese Erkenntnis beruht auf folgenden Erwägungen: Die Unterbringung und Versorgung von Spätaussiedlern und Asylanten ist mehrfach Gegenstand von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und von Verwaltungsvorschriften der Finanzverwaltung gewesen. Nach der Rechtsprechung sind Leistungen, die im Vergleich zur Grundstücksvermietung ne-bensächlich sind, mit ihr eng zusammenhängen und in ihrem Gefolge üblicherweise vorkommen, als so genannte Nebenleistungen wie die Vermietung steuerfrei, sofern keine kurzfristige Beherbergung vor-liegt. Tritt umgekehrt die Gebrauchsüberlassung des Grundstücks gegenüber anderen Leistungen so weit zurück, daß sie von den anderen, wesentlicheren Leistungen überdeckt wird, kommt die Steuerbe-freiung auch nicht teilweise in Betracht. Dazwischen liegen Fälle, in denen die Grundstücksvermietung und die weiteren Leistungen in der Weise nebeneinander stehen, daß keine der Leistungen so weit zu-rücktritt, daß sie umsatzsteuerrechtlich nicht mehr zu beachten wäre; in diesen Fällen ist das Entgelt auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und die übrigen steuerpflichtigen Leistungen aufzuteilen (so grundlegend BFH-Urteil vom 9.12.1993 V R 38/91, BFHE 173, 454, BStBl II 1994, 585, mit zahlreichen Nachweisen). Der Senat kann dahinstehen lassen, welcher der vorstehend aufgeführten Fallgruppen das allgemeine Erscheinungsbild des Streitfalles zuzuordnen ist. Denn das Wesentliche einer Vermietung oder Ver-pachtung von Grundstücken, nämlich die Überlassung des Gebrauchs oder anderer Nutzungen, deren jeweilige Bedeutung und Gewicht zu unterschiedlichen Beurteilungen der fraglichen Leistungen führen können, ist im Streitfall weder wirtschaftlich noch zivil-rechtlich überhaupt in den Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und der Stadt E eingegangen. Die Grundstücksnutzungen standen der Stadt bei Beginn des Vertragsverhältnisses, das die strittige Leistung der Klägerin zur Folge hatte, bereits aus dem Vertrag mit der ROG und auf Grund ihrer eigenen Investitionen zu. Die Vorstellung, daß die Stadt die derart erlangten Vorteile der Klägerin im Wege der Vermietung oder Verpachtung zugewendet habe, um sie alsbald im Wege einer - wenn auch anders gearteten - Vermietung oder Verpachtung wieder zurückzuerlangen, erscheint dem Senat abwegig. Der “Pachtzins” und die damit zusammen-hängenden Zahlungen, die die Stadt von der Klägerin verlangte, dienten lediglich der rechnerisch be-stimmten Minderung der Gegenleistung für die von ihr empfangene Leistung, in der die von der Stadt stammenden Vorteile nicht enthalten waren; die Zahlungen der Stadt waren also allein das Entgelt für den Heimbetrieb außerhalb der Grundstücksnutzungen. Zivilrechtlich erweist sich damit die Vereinba-rung vom 25.9.1992 als Geschäftsbesorgungsvertrag (Dienstvertrag), bei dem der der Klägerin erlaubte Gebrauch der Heimliegenschaft und der Baracken das “zur Ausführung des Auftrags Erhaltene” im Sinne des § 667 in Verbindung mit § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) darstellt. Die entspre-chende Dienstleistung (Heimbetriebsleistung) ist unter keinem Gesichtspunkt umsatzsteuerfrei. Die Klägerin kann sich auf die OFD-Verfügung vom 11.11.1992 - S 7168 A - 05 - St 34 schon deshalb nicht berufen, weil diese auf die Besonderheit des Streitfalles nicht einging. Dies geschah erst - und zutreffend - mit der OFD-Verfügung vom 18.5.1994. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 FGO) sieht der Senat keinen Grund.“ Umsätze der Krankenhäuser sind, auch soweit sie die ärztliche Heilbehandlung einschließen, grundsätzlich nur dann steuerfrei, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 i.V.m. § 67 AO 1977 erfüllen; die Befreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 findet auf sie grundsätzlich keine An-wendung

BKPV 56/2005

BFH-Urteil vom 18.3.2004 - V R 53/00 (BStBl 2004 II S. 677)

Page 162: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 162 Heft 1/2005

Leitsatz: „Umsätze der Krankenhäuser sind, auch soweit sie die ärztliche Heilbehandlung einschließen, grund-sätzlich nur dann steuerfrei, wenn sie die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG 1980 i.V.m. § 67 AO 1977 erfüllen; die Befreiungsvorschrift nach § 4 Nr. 14 UStG 1980 findet auf sie grundsätzlich keine Anwendung.“ Vom Abdruck der Entscheidungsgründe wurde abgesehen. Der Betreiber eines Altenheims, der weder in § 53 Nr. 2 AO 1977 bezeichnete Personen aufnimmt noch Personen i.S. des § 68 BSHG aufnehmen darf, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991/1993 nicht beanspruchen

BKPV 57/2005

BFH-Urteil vom 23.10.2003 - V R 24/00 (BStBl 2004 II S. 89) Leitsatz: „Voraussetzungen der Steuerfreiheit für Umsätze eines Altenheims: Der Betreiber eines Altenheims, der weder in § 53 Nr. 2 AO 1977 bezeichnete Personen aufnimmt noch Personen i.S. des § 68 BSHG aufnehmen darf, kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. d UStG 1991/1993 nicht beanspru-chen.“ Vom Abdruck der Urteilsgründe wurde abgesehen. Stellt ein Krankenhaus Ärzten, die in den Räumen der Klinik eine Praxis für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie betrei-ben, gegen Entgelt Personal für die Bedienung eines Com-putertomographen und Kernspintomographen zur Verfügung, so kann es sich dabei um einen mit dem Betrieb des Kran-kenhauses eng verbundenen und damit steuerfreien Umsätze handeln.

BKPV 58/2005

vgl. BKPV 61/2003 vgl. BKPV 105/98

Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 25.02.2004 - 3 K 2190/01 (Steuereildienst 2004, 976) Der Leitsatz der Entscheidung lautet: „Die Personalüberlassung durch eine im Krankenhaus praktizierende Arztpraxis für die Bedienung von deren Großgeräten (Computertomograph und Kernspintomograph), die auch für die Untersuchung der stationären und ambulanten Patienten des Krankenhauses eingesetzt werden, ist umsatzsteuerfrei, weil die Leistungen mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbunden sind.“ Sachverhalt: „Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die aus der Personalgestellung an eine radiologische Gemein-schaftspraxis erzielten Entgelte des Klägers steuerpflichtig sind oder nach § 4 Nr. 16 des Umsatzsteu-ergesetzes -UStG- steuerbefreite Umsätze darstellen. Der Kläger, ein eingetragener Verein, ist u.a. Träger des Krankenhauses St. M in K, welches die Vor-aussetzungen des § 67 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO - erfüllt. Das Krankenhaus hat eine eigene Abteilung für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie, die sowohl für die stationäre Behandlung der Patienten als auch für die ambulanten Patienten - bei bestimmten Behandlungsmethoden - des Kran-kenhauses zur Verfügung steht. Außerdem besteht in den Räumen des Krankenhauses St. M eine Gemeinschaftspraxis seit dem 01.04.1984. Die Gemeinschaftspraxis war von den Dres. R & R gegrün-det worden und besteht heute aus den Dres. K & R. Die Gemeinschaftspraxis betrieb und betreibt in

Page 163: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 163

den Räumen des Krankenhauses St. M eine Praxis für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie. Die Geräte und das Personal des Krankenhauses stehen auch für die Behandlung der ambulanten Patien-ten der Gemeinschaftspraxis zur Verfügung. Daneben hatte die Gemeinschaftspraxis in den Streitjah-ren einen Computertomograph und Kernspintomograph. Für die Bedienung dieser Geräte wurde das Personal des Klägers eingesetzt, das dieser dann der Gemeinschaftspraxis in Rechnung gestellt hat. Die Gemeinschaftspraxis hatte in den Streitjahren kein eigenes Personal. Am 23. März 1992 schloss der Kläger mit den Dres. med. R und R, die damals Inhaber der Gemein-schaftspraxis waren, einen Dienstvertrag mit Wirkung ab 1. Januar 1991 ab, der auch für die Streitjahre galt und der folgenden Inhalt hatte (auszugsweise): ‚§ 1 Tätigkeit der Ärzte (1) Herr Dr. R und Frau Dr. R behandeln als Ärzte im Fachgebiet Roentgendiagnostik und Roent-gentherapie im Krankenhaus St. M Patienten ambulant. (2) Eine Tätigkeit der Ärzte in einem anderen Krankenhaus ist ausgeschlossen. (3) Die stationäre Behandlung von Patienten im Fachgebiet Roentgendiagnostik und Roentgentherapie obliegt nicht den Ärzten, sondern ausschließlich dem jeweiligen Chefarzt der radiologisch-onkologi-schen Abteilung des Krankenhauses St. M, zur Zeit Herrn Dr. med. W. R. Diesem obliegt auch die am-bulante Behandlung bei folgenden Methoden der invasiven Roentgendiagnostik: ....... § 3 Stellung der Ärzte (1) Die Ärzte sind als freiberuflich tätige Ärzte für eine den Erkenntnissen der medizinischen Wissen-schaft entsprechende ärztliche Behandlung ihrer Patienten verantwortlich; sie schließen mit den Pati-enten einen Vertrag über die ärztliche Behandlung. In ihrer ärztlichen Verantwortung sind die Ärzte un-abhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die Ärzte stehen zum Krankenhausträger weder in einem Anstellungsverhältnis noch in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. .... § 4 Rechte und Pflichten (1) Die Ärzte sind in ihrem Arbeitsbereich gegenüber dem vom Krankenhausträger zur Verfügung ge-stellten Personal - unbeschadet der Befugnisse des leitenden Arztes des Krankenhauses und des Lei-ters des Pflegedienstes - fachlich weisungsberechtigt. ..... § 5 Benutzung von Einrichtungen und Personal des Krankenhauses (1) Die Ärzte haben im Rahmen ihrer Zulassung das Recht, für ihre ärztliche Tätigkeit die medizinisch-technischen und pflegerischen Einrichtungen des Krankenhauses zu benutzen, soweit dies nicht einem anderen Arzt des Krankenhauses vorbehalten ist. (2) Die Ärzte sind weiter berechtigt, die Pflegepersonen und die medizinisch-technischen Hilfskräfte in Anspruch zu nehmen. (3) Die Ärzte sind nur mit Zustimmung des Krankenhauses berechtigt, selbst Personal einzustellen. (4) Über die Ergänzung der Einrichtungen des Krankenhauses und seines Personals nach medizinisch-technischen Erkenntnissen entscheidet auf Antrag der Krankenhausträger unter Beachtung des thera-peutischen Erfolgs und der Wirtschaftlichkeit. Soweit der Krankenhausträger ablehnt, Einrichtungen des Krankenhauses und sein Personal zu ergän-zen, sind die Ärzte berechtigt, auf eigene Kosten die Ergänzungen vorzunehmen. (5) Der in der Gemeinschaftspraxis vorhandene CT wurde von den Ärzten der Gemeinschaftspraxis auf eigene Kosten beschafft. Er bleibt Eigentum der Ärzte. Die Vertragschließenden sind sich darüber einig,

Page 164: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 164 Heft 1/2005

dass dieser CT von den Ärzten der Gemeinschaftspraxis in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung betrieben wird. Die mit dem Betrieb anfallenden Kosten (z.B. anteilige Personalkosten, soweit Angestellte des Kran-kenhauses hierbei tätig sind, Raum- und Energiekosten) werden von der Gemeinschaftspraxis getra-gen. Eine Abrechnung dieser Kosten erfolgt jährlich gegenüber dem Krankenhausträger. § 6 Finanzielle Regelungen (1) Die Ärzte berechnen die von ihnen im Rahmen des § 3 dieses Vertrages erbrachten beruflichen Lei-stungen unmittelbar gegenüber den Patienten, der Kassenärztlichen Vereinigung oder dem sonst für die Patienten eintretenden Zahlungspflichtigen. ..... (3) Die Ärzte haben dem Krankenhausträger die dem Krankenhaus durch ihre Tätigkeit entstehenden Kosten für die Inanspruchnahme von Personal, Räumen, Einrichtungen und Material bei der Erbringung rein ärztlicher Leistungen und ärztlicher Sachleistungen zu erstatten. (4) Der Erstattungsbetrag nach dem vorstehenden Absatz beträgt 58 % (in Worten: Achtundfünfzig vom Hundert) der Einnahmen, die die Ärzte für die ambulanten und stationären Krankenhausleistungen (RVO und Ersatzkassen) von der Kassenärztlichen Vereinigung erhalten. Sie führen den Anteil, der dem Krankenhausträger hiervon zusteht, unverzüglich nach Eingang der Vergütung ab. .... § 7 Sachleistungen und Kosten des Krankenhauses Die Gebühren für die ärztlichen Sachleistungen stehen dem Krankenhausträger zu; dies gilt jedoch nicht für den Einsatz des CT. Soweit der Krankenhausträger diese Kosten unmittelbar bei dem Patien-ten oder dem Kostenträger liquidiert, haben die Ärzte dies bei ihrer Liquidation zu berücksichtigen. So-weit die Ärzte diese Kosten im Rahmen der von ihnen erstellten Rechnungen liquidieren, haben sie die Beträge unverzüglich an den Krankenhausträger abzuführen. Die Ärzte haben über die Einnahmen prüffähige Unterlagen zu führen.’ Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Dienstvertrag vom 23.03.1992, Bl. 18 ff. Prozessakte, Bezug genommen. Bereits am 08. Januar 1990 hatten der Krankenhausträger und die Inhaber der Gemeinschaftspraxis, die Dres. R, schriftlich vereinbart, dass die Inhaber der Gemeinschaftspraxis für die ambulanten und stationären Krankenhausleistungen (RVO- und Ersatzkassenpatienten) mit der Kassenärztlichen Verei-nigung abrechnen und den Anteil, der dem Krankenhausträger hiervon zusteht, unverzüglich nach Ein-gang der Vergütung an diesen abführen. Der dem Krankenhausträger zustehende Anteil betrug 58 % (Bl. 16 ff. Prozessakte). Wegen der Nutzung der medizinischen Großgeräte liegen nach den Angaben des Klägers zwischen ihm und der Gemeinschaftspraxis folgende Leistungsbeziehungen vor: 1. Großgeräte, die dem Krankenhaus gehören (Kobaltanlage und DSA), kann die Praxisgemeinschaft

einschließlich des Hilfspersonals gegen Entgelt mitnutzen. 2. In Absprache mit dem Krankenhaus wurden von der Praxisgemeinschaft zwei Großgeräte ange-

schafft; Computertomograph -CT- (1990/1994) und Kernspintomograph -MR- 1995). Das CT-Gerät kann das Krankenhaus für eigene Zwecke gegen Entgelt selbst nutzen. Das MR-Gerät wird bei den stationären Patienten des Krankenhauses über die Praxisgemeinschaft gegen Entgelt einge-setzt.

Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 2000 wegen der steuerpflichtigen Umsätze in den Jahren 1995 und 1996 stellte der Prüfer u.a. folgendes fest:

Page 165: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 165

‚Ferner wird das Personal (gemeint ist das Personal des Krankenhauses) auch für die Bedienung der Großgeräte der Praxisgemeinschaft - Computertomograph (CT) und Kernspintomograph (MT) - usw. überlassen. Die Personalkosten werden jährlich abgerechnet (monatliche Vorauszahlungen werden geleistet). Die Praxisgemeinschaft verfügt im Prüfungszeitraum über kein eigenes Personal. Diese Per-sonalgestellung gehört nicht zu den eng mit dem Betrieb eines Krankenhauses verbundenen Umsät-zen. Nach Abschnitt 100 Abs. 1 UStR sind nur solche Umsätze mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbunden, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zu-sammenhängen. Die Personalgestellung unterliegt dem allgemeinen Steuersatz. 1995: Personalkosten lt. Abrechnung - Bruttobetrag 362.054,49 DM - Nettobetrag 314.830,-- DM. 1996: Personalkosten lt. Abrechnung - Bruttobetrag 436.143,51 DM - Nettobetrag 379.255,-- DM.’ Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 24.10.2000, USt-Akte, Bezug genommen. Am 2. Januar 2001 ergingen für die Streitjahre 1995 und 1996 entsprechend geänderte Umsatzsteu-erbescheide. Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Einspruch eingelegt, den er im wesentlichen wie folgt begründete: Die Gemeinschaftspraxis der niedergelassenen Ärzte würde sich seit den 60-er Jahren im Gebäude des Krankenhauses St. M befinden. Die räumliche Integration sowie die unterschiedlichen Leistungsbe-ziehungen untereinander würden sich dabei seitdem wechselseitig bedingen. Die auf dem Kooperati-onsgebiet "Großgerätenutzung" bis dahin mündlichen Vereinbarungen seien 1997 durch einen Koope-rationsvertrag zwischen der Praxisgemeinschaft und dem Krankenhaus schriftlich fixiert worden. Dieser Vertrag zeige eine sehr enge Eingliederung der medizinischen Großgeräte in den Betrieb des Kranken-hauses unabhängig vom Eigentümer auf. Zielsetzung des Krankenhauses sei es dabei, der eigenen Aufgabenstellung gerecht zu werden, d.h. als Krankenhaus der Bevölkerung den Einsatz der Großge-räte insgesamt anbieten zu können und damit den ständig steigenden Anspruchsforderungen im Ge-sundheitswesen zu entsprechen. Die Kooperation sichere die Nutzung der Großgeräte, insbesondere des CT, auch außerhalb der Arbeitszeiten der Praxisgemeinschaft. Das Krankenhaus könne dadurch neben der allgemeinen Versorgung seinen notärztlichen Versorgungsauftrag kompetent und umfassend erfüllen. Der Einsatz der Großgeräte wirke sich somit zum einen über die Pflegesätze selbst und zum anderen durch mehr Patienten aufgrund des Angebotes direkt auf den krankenhauseigenen Umsatz aus. In § 5 des Kooperationsvertrages sei bestimmt, dass das Krankenhaus der Gemeinschaftspraxis das für den Betrieb des CT sowie den Betrieb des MR erforderliche nichtärztliche Personal überlasse. Hintergrund der Personalüberlassung sei zum einen gewesen, dass die Ärzte zum Zeitpunkt der Gerä-teanschaffungen selbst über kein radiologisch ausgebildetes Personal verfügt hätten und die getroffene personelle Regelung Mitvoraussetzung für die Anschaffung der Geräte überhaupt gewesen sei (Über-lassungspflicht). Zum anderen sei es Zielsetzung des Krankenhauses gewesen, das auf den Großge-räten ausgebildete Personal weiterhin selbst zu beschäftigen, um den Einsatz der Geräte auch außer-halb der Praxiszeiten (nach 16.oo Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen) uneingeschränkt nut-zen zu können. Zudem sollte durch die Überlassung des Personals an die niedergelassenen Ärzte un-ter deren fachlicher Leitungs- und Anweisungsbefugnis die Qualifizierung und Fortbildung der betroffe-nen Beschäftigten sichergestellt werden. Die Überlassungspflicht sollte dann enden, wenn die betroffe-nen Personen aus dem Dienstverhältnis ausscheiden würden. Man sei davon ausgegangen, dass dann durch den Zeitablauf einerseits die Ärztegemeinschaft genügend eigenes Personal aufgebaut habe, um die Geräte für eigene Zwecke zu nutzen und andererseits das Krankenhaus ebenfalls weiterhin über eigenes ausreichend qualifiziertes Personal zur Bedienung der Geräte verfüge. Zur Sicherung der ei-genen Zielsetzung habe das Krankenhaus der Ärztegemeinschaft im Zeitablauf Personal nach einem Rotationsprinzip überlassen, um über möglichst viele Personen zu verfügen, die Routine in der Bedie-nung der Großgeräte haben würden. Nach § 4 Nr. 16 UStG seien die mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundenen Umsätze von der Umsatzsteuer befreit, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abga-benordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden seien. Das Krankenhaus St. M erfülle diese Voraussetzungen. Zur Frage der eng verbundenen Umsätze führe Abschnitt 100 Abs. 1 UStR aus, dass solche Umsätze eng verbunden seien, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich seien, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkämen und damit

Page 166: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 166 Heft 1/2005

unmittelbar oder mittelbar zusammenhingen. Weiterhin dürften die Umsätze nicht im wesentlichen dazu bestimmt sein, den Einrichtungen zusätzlich Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in un-mittelbarem Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen anderer Unternehmer stehen. Das BMF-Schreiben vom 25.02.1998 führe dazu aus, dass eine Personalgestellung im Regelfall nicht zu den ty-pischen, regelmäßig und allgemein im laufenden Betrieb eines Krankenhauses vorkommenden Umsät-zen gehöre. Vielmehr werde aufgrund des immer größer werdenden Kostendrucks im Gesundheitswe-sen nach Möglichkeiten der Kostensenkung bzw. Einnahmeerhöhung gesucht. In dem BMF-Schreiben werde insbesondere auf die Persongestellung durch ein Krankenhaus an eine Laborgemeinschaft ein-gegangen. Dabei sei ausgeführt worden, dass für die krankenhauseigenen Umsätze selbst diese Per-sonalgestellung nicht unerlässlich gewesen sei und dass diese deshalb nicht zu den typischen, regel-mäßig und allgemein im laufenden Betrieb eines Krankenhauses vorkommenden Umsätzen gezählt habe. Der " Laborfall" sei jedoch mit dem Streitfall nicht vergleichbar, bei dem in keinster Weise der Regelfall einer typischen Personalgestellung vorliege. Nachdem der Beklagte die streitbefangene Rechtsfrage zwecks Weisung der OFD Koblenz vorgelegt hatte, wies er mit der Einspruchsentscheidung vom 06. Juli 2001 den Einspruch als unbegründet zu-rück: Nach § 4 Nr. 16 UStG seien die mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze steuerfrei. Mit dem Betrieb eines Krankenhauses seien solche Umsätze eng verbunden, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich seien, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen würden und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen würden. Zu dem mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbundenen Umsätzen würden insbeson-dere Umsätze gehören, die mit ärztlichen und pflegerischen Leistungen einschließlich der zur Behand-lung erforderlichen Medikamente eng verbunden seien, in erster Linie also Umsätze an die Patienten. Die Personalgestellung an einen anderen Unternehmer, wie hier an eine Praxisgemeinschaft, sei je-doch nicht als mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbunden anzusehen. Nach der Ver-kehrsauffassung sei eine Gestellung von medizinischem Personal, ohne dass gleichzeitig medizinische Leistungen mit erbracht werden würden, untypisch für den Betrieb eines Krankenhauses und komme auch nicht regelmäßig bei dessen laufendem Betrieb vor. Anders sei dagegen die Personalgestellung im Zusammenhang mit der Überlassung von medizinisch-technischen Großgeräten zu beurteilen. Die mit der Mitbenutzung dieser Großgeräte verbundene Gestellung von medizinischem Hilfspersonal sei jedoch nur steuerfrei, weil es sich um eine Nebenleistung, die das Schicksal der steuerfreien Hauptlei-stung (Geräteüberlassung) teile, handele. Dieser Fall sei jedoch mit dem hier zu entscheidenden Streitfall nicht vergleichbar (Bl. 55 ff. USt-Akte 1996). Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Der Kläger wiederholt sein Vorbringen aus dem Ein-spruchsverfahren und führt ergänzend aus: Die Kooperation mit der Praxisgemeinschaft sichere die Nutzung der Großgeräte für das Krankenhaus insgesamt und insbesondere des CT, der Eigentum der Praxisgemeinschaft sei, auch außerhalb der Arbeitszeiten der Praxisgemeinschaft. Das Krankenhaus hätte dadurch - auch in der Vergangenheit - neben der allgemeinen Versorgung auch seinen notärztli-chen Versorgungsauftrag kompetent und umfassend erfüllen können. Der Einsatz der Großgeräte wirke sich damit zum einen über die Pflegesätze selbst und zum anderen durch mehr Patienten aufgrund des Angebotes direkt auf den krankenhauseigenen Umsatz aus. In der Darstellung nach außen, d.h. ge-genüber den Patienten, werde betreffend des Einsatzes der Großgeräte keine Unterscheidung zwi-schen der Ärztegemeinschaft und dem Krankenhaus getroffen. Für die Bedienung der Großgeräte, un-abhängig, ob sie im Eigentum des Krankenhauses oder der Ärztegemeinschaft ständen, sei das medi-zinisch-technische Personal des Krankenhauses eingesetzt worden. Die eigene Röntgenabteilung sei nicht aufgegeben, sondern die neuen Großgeräte der Praxisgemein-schaft seien durch den Kooperationsvertrag in das Krankenhaus eingegliedert worden. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger ergänzend ausgeführt, dass Dr. R früher Chefarzt der Röntgenabteilung des Krankenhauses und gleichzeitig Mitglied der Praxisgemeinschaft, die in den Räumen des Krankenhauses praktiziert habe, gewesen sei. Nachdem diese Konstellation aufgrund ei-ner gesetzlichen Regelung nicht mehr zulässig gewesen sei, habe sich Herr Dr. R für die Gemein-schaftspraxis (zusammen mit seiner Schwiegertochter) entschieden. Sein Nachfolger als Chefarzt sei sein Sohn Dr. W. R. gewesen. Anfang der 90er Jahre hätte der Landrat im Landkreis die Versorgung mit dem Notarzt sicherstellen müssen. Der Notarzt sei im Krankenhaus St. M als Unfallkrankenhaus angesiedelt worden, weil ein CT im Haus gewesen sei. Das Krankenhaus allein hätte damals und auch heute wegen der hohen An-schaffungskosten (ca. 1 Mio. DM) einen CT nicht erwerben können. Daher habe sich die Gemein-

Page 167: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 167

schaftspraxis bereit erklärt, den CT anzuschaffen - zumal sie auch über die finanziellen Mittel verfügt habe, und den CT auch dem Krankenhaus zur Verfügung zu stellen. Im Gegenzug dafür sollte das Krankenhaus das medizinisch-technische Personal - mit CT-Erfahrung - der Gemeinschaftspraxis zur Bedienung des Geräts zur Verfügung stellen, weil es zur damaligen Zeit schwierig gewesen sei, über-haupt medizinisch-technisches Personal, noch dazu mit CT-Erfahrung, zu bekommen. Der Chefarzt und die übrigen Ärzte der Röntgenabteilung des Krankenhauses hätten einen sogenann-ten "CT- und MR- Schein", d.h. sie seien in der Lage, eine CT- bzw. MR -Aufnahme zu befunden. Da-her würden auch außerhalb der Praxiszeiten (nach 16.oo Uhr, am Wochenende und an den Feiertagen) die Krankenhausärzte die CT- und MR - Aufnahmen befunden und das Krankenhaus selbst würde die Leistungen mit den stationären Patienten abrechnen. Der Kläger beantragt, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 und 1996 vom 20. Januar 2001 und die Einspruchsent-scheidung vom 06. Juli 2001 aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus, dass die gegenüber der Praxisgemeinschaft in Rechnung gestellten Leistungen nach § 4 Nr. 16 b UStG nur dann steuerbefreit sein könnten, wenn sie "mit dem Betrieb des Krankenhauses eng verbunden sind". Eng verbunden seien primär die Leistungen, die den eigenen Patienten gegenüber unmittelbar erbracht werden würden. Dies würden die in Rechnung ge-stellten Leistungen nicht erfüllen, weil diese Leistungen nur mittelbar dem Patienten erbracht werden würden, unmittelbar aber der Praxisgemeinschaft. Von eng verbundenen Umsätzen könnte unter den Voraussetzungen des Abschnittes 100 Abs. 1 Satz 1 UStR nur gesprochen werden, wenn diese in Rechnung gestellten Leistungen für ein Kranken-haus nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich seien, regelmäßig und allgemein beim lau-fenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen würden. Diese Vor-aussetzungen seien ebenfalls nicht erfüllt. Die Verkehrsauffassung stelle nicht ab auf die Leistungen des Krankenhauses St. M, sondern auf die Leistungen eines typischen Krankenhauses. Zu den Lei-stungen eines typischen Krankenhauses würden naturgemäß die Untersuchungen mit Geräten des Krankenhauses und mit Personal des Krankenhauses gehören. Untypisch sei die Überlassung von Personal zum Betrieb von Geräten, die nicht im Eigentum des Krankenhauses stehen würden, sondern im Eigentum einer anderen medizinischen Einrichtung, die mit Geräten und entliehenem Personal eige-ne medizinische Leistungen erbringen würden. Dementsprechend würde Abschnitt 100 Abs. 2 Teil-Nr. 8 UStR 2000 bestimmen: "Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 2 können zu den eng verbundenen Umsätzen gehören: Die Überlassung von medizinisch-technischen Großgeräten und da-mit verbundene Gestellungen von medizinischem Hilfspersonal, z. B. CT, an angestellte Ärzte für deren selbständige Tätigkeit, an Krankenhäuser und an niedergelassene Ärzte zur Mitbenutzung". Weil die Überlassung der Großgeräte in diesem Fall die Hauptleistung sei, die damit einhergehende Personal-gestellung von medizinischem Hilfspersonal als Nebenleistung zur Geräteüberlassung angesehen wer-de, nur deshalb werde auch der Umsatz aus der Personalgestellung als eng verbundener Umsatz an-gesehen und damit steuerfrei belassen.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Das beklagte Finanzamt ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die fraglichen Leistungen gemäß § 4 Nr. 16 UStG nicht steuerfrei sind. Nach dieser Vorschrift sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG fallenden Umsätze u.a. steuerfrei die mit dem Betrieb der Krankenhäuser eng verbundenen Umsätze, wenn bei Krankenhäusern im vo-rangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Vorausset-zungen erfüllt worden sind (Buchst. b). Mit dem Betrieb der Krankenhäuser üblicherweise verbundene Umsätze sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Krankenhausleistungen, die re-gelmäßig und allgemein bei dem laufenden Betrieb des Krankenhauses vorkommen, für diesen typisch

Page 168: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 168 Heft 1/2005

sind und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen (vgl. BFH-Urteile vom 18. Oktober 1990 - V R 35/85, BStBl II 1991, 157 und vom 01. Dezember 1977 - V R 37/75, BStBl II 1978, 173). Umsätze (also Leistungen gegen Entgelt), die üblicherweise mit dem Betrieb der Krankenhäuser verbunden sind, sind grundsätzlich solche, die an die Patienten als Benutzer der Krankenhäuser ausgeführt werden. Hierzu gehören in erster Linie die stationäre oder teilstationäre Aufnahme (Unterbringung und Verpfle-gung) von Patienten, deren ärztliche und pflegerische Betreuung einschließlich der Lieferungen der zur Behandlung erforderlichen Arznei-, Heil- und Hilfsmittel sowie die Behandlung und Versorgung ambu-lanter Patienten (vgl. Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG, Kommentar § 4 Nr. 16 Anm. 156). Die Steu-erbefreiung dieser Umsätze soll nicht den Träger der Einrichtung (z. B. des Krankenhauses) begünsti-gen. Sie dient - ebenso wie die Befreiungsvorschriften in Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaa-ten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG - dem Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu sen-ken. Damit entlasten sie die Sozialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten und, typi-sierend, die selbst zahlenden Privatpatienten (vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2003 - V R 94/01, BStBl II 2003, 954). Nach Artikel 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbun-denen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hinsicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Ein-richtungen gleicher Art durchgeführt bzw. bewirkt werden. Die Mitgliedstaaten können die Gewährung der unter Abs. 1 Buchst. b vorgesehenen Befreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung von näher bezeichneten Bedingungen ab-hängig machen (Artikel 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a). Nach Artikel 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG sind von der in Absatz 1 Buchst. b vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen Dienstleistungen und Lieferungen, wenn sie zur Aus-übung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind bzw. wenn sie dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, die in unmittelbarem Wett-bewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden Unternehmen durchgeführt werden. Diese Steuerbefreiungen sind autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts, die im Gesamtzusammen-hang zu sehen und - wie alle Steuerbefreiungsvorschriften - eng auszulegen sind (vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2003 - V R 94/01, a.a.O.). Ausgehend von diesen Grundsätzen und nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat der Se-nat die Überzeugung gewonnen, dass die Überlassung von medizinisch-technischen Hilfskräften durch das Krankenhaus an die Gemeinschaftspraxis zur Bedienung des Computertomographen - CT - und des Kernspintomographen - MR -, die im Eigentum der Gemeinschaftspraxis standen, als Dienstlei-stungen zu beurteilen sind, die mit der Krankenhausbehandlung eng verbunden sind. Dies ergibt sich für den Senat aus folgenden Überlegungen: Zu den eng verbundenen Umsätzen mit dem Betrieb des Krankenhauses gehören in erster Linie die stationäre oder teilstationäre Aufnahme von Patienten, deren ärztliche und pflegerische Betreuung so-wie die Behandlung und Versorgung von ambulanten Patienten. Dies ist grundsätzlich durch die eigene Röntgenabteilung des Krankenhauses sichergestellt. Denn sowohl die stationäre Behandlung von Pati-enten im Fachgebiet Röntgendiagnostik und Röntgentherapie als auch die ambulante Behandlung von Patienten bei verschiedenen - im Einzelnen aufgezählten - Methoden der invasiven Röntgendiagnostik obliegt nach § 1 (3) des Dienstvertrages vom 23. März 1992, der auf die Streitjahre anzuwenden ist, dem jeweiligen Chefarzt der radiologisch-onkologischen Abteilung des Krankhauses St. M. Außerdem gehören zu den eng verbundenen Umsätzen nach Überzeugung des Senats auch die Lei-stungen, die an die stationären und ambulanten Patienten des Krankenhauses mit dem CT bzw. MR erbracht worden sind; dabei sind drei Fallgruppen zu unterscheiden: 1. Die Untersuchung mit dem CT bei stationären oder ambulanten Patienten des Krankenhauses er-

folgte außerhalb der Praxiszeiten (an den Wochenenden, an Feiertagen und nach 16.oo Uhr). Dann wurden die Aufnahmen mit dem CT durch das medizinisch-technische Personal des Kran-kenhauses durchgeführt und die Befundung der Aufnahmen erfolgte nach dem unwidersproche-nen Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung durch den Chefarzt oder einen anderen Arzt der Röntgenabteilung des Krankenhauses, die einen sogenannten "CT- und MR-Schein" be-

Page 169: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 169

sitzen. Des weiteren hat auch das Krankenhaus selbst in diesen Fällen die Kosten bei den Pati-enten oder dem Kostenträger liquidiert ( vgl. hierzu § 7 des Dienstvertrages vom 23.03.1992). Bei dieser Fallkonstellation wurden somit die streitigen Leistungen allein durch das Personal des Krankenhauses (sei es MTA oder Arzt) erbracht. Daher sind diese Umsätze eng mit dem Betrieb des Krankenhauses verbunden, eine "Personalgestellung" liegt hier nicht vor. Nicht entscheidend ins Gewicht fällt nach Auffassung des Senats der Umstand, dass nach § 5 Abs.5 des Dienstvertra-ges vom März 1992 der in der Gemeinschaftspraxis vorhandene CT von deren Ärzten in eigener Verantwortung und auf eigene Rechnung betrieben werden sollte, wenn die tatsächliche Handha-bung abweichend von den vertraglichen Vereinbarungen durchgeführt wurde, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.

2. Die Untersuchungen mit dem CT bzw. MR wurden an stationären und ambulanten Patienten des

Krankenhauses durch die Ärzte der Gemeinschaftspraxis während deren Praxiszeiten und durch das medizinisch-technische Personal des Krankenhauses erbracht. Auch in diesen Fällen handelte es sich nach Auffassung des Senats bei der "Personalgestellung" um mit dem Betrieb des Kran-kenhauses eng verbundene Umsätze, weil die streitigen Leistungen - Überlassung des medizi-nisch-technischen Personals - den Patienten des Krankenhauses unmittelbar zugute kam. Die Personalgestellung für die Praxis stand somit in einem engen Zusammenhang mit der den Pati-enten vom Krankenhaus angebotenen Röntgendiagnostik für den Bereich des CT bzw. MR.

3. Die Untersuchungen mit dem CT bzw. mit dem MR wurden durch die Gemeinschaftspraxis an Pa-

tienten durchgeführt, die in keinerlei Beziehungen zu dem Krankenhaus standen. Lediglich in die-sen Fällen könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass die "Personalgestellung" durch das Kran-kenhaus an die Gemeinschaftspraxis für den Betrieb des Krankenhauses nicht unerlässlich gewe-sen wäre. Diese Leistungen dürfen jedoch nach Auffassung des Senats nicht losgelöst von den beiden oben geschilderten Leistungen beurteilt werden, vielmehr ist der Gesamtzusammenhang zu sehen: Das Krankenhaus konnte die unter 1. und 2. dargestellten Leistungen nur erbringen, weil ein CT bzw. MR vorhanden war. Im übrigen profitierte das Krankenhaus auch finanziell von den Leistungen an die ambulanten Patienten der Gemeinschaftspraxis, da an das Krankenhaus nach § 6 des Dienstvertrages vom März 1992 58 % der Einnahmen, die die Ärzte der Gemein-schaftspraxis für die ambulanten und stationären Krankenhausleistungen von der Kassenärztli-chen Vereinigung erhielten, abgeführt werden mussten.

Demgegenüber vermögen die Argumente des Beklagten nicht zu überzeugen. Insbesondere ver-mag der Senat nicht zu erkennen, inwiefern der Kläger im Streitfall in unmittelbaren Wettbewerb zu steuerpflichtigen Umsätzen mit anderen Personalgestellungsunternehmen getreten ist, da zum damaligen Zeitpunkt (1990) und auch in den Streitjahren nach den Ausführungen des Klägers kaum medizinisch - technisches Hilfspersonal mit einem CT - oder MR - Schein auf dem Arbeits-markt zu erhalten war. Darüber hinaus musste das Krankenhaus St. M nach dem unwidersproche-nen Vortrag des Klägers einen CT im Haus haben, damit bei ihm als Unfallkrankenhaus der Not-arzt angesiedelt wurde, das Krankenhaus selbst jedoch aus finanziellen Gründen die hohen An-schaffungskosten für den CT von ca. einer Million DM nicht aufbringen konnte, so dass es auf die Kooperation mit der Gemeinschaftspraxis angewiesen war. Der Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -FGO- stattzugeben. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.“

Steuerbefreiung nur für unmittelbar von einem Krankenhaus erzielten Umsätze

BKPV 59/2005

BFH-Urteil vom 22.5.2003 - V R 94/01 (BStBl 2003 II S. 954)

Page 170: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 170 Heft 1/2005

Leitsatz: „Ein Unternehmer kann die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. b und c UStG nur für die unmittel-bar durch den Betrieb der in der Vorschrift bezeichneten Einrichtung selbst bewirkten Umsätze bean-spruchen.“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Aktiengesellschaft, deren Gegenstand ins-

besondere die Verwaltung und Verwertung des Bades in Bad X war. Sie war in den Streitjahren zu 100 % an den folgenden Firmen beteiligt, nämlich an

– der Klinikum-GmbH, die ein anerkanntes Krankenhaus betrieb, – der Kur-GmbH, deren Gegenstand der Betrieb von Thermalwasserbädern zur ambulanten

Durchführung von Heil-, Vorsorge- und Kurbehandlungen jeder Art war, sowie – der T.-GmbH. An diese Gesellschaften hatte sie ihren Grundbesitz verpachtet. Die Beteiligten gehen davon aus, daß die Klägerin in den Streitjahren umsatzsteuerrechtlich Or-ganträgerin ihrer Tochtergesellschaften war. Das Klinikum und das Kurmittelhaus stellten eine bauliche Einheit dar, die durch eine gemeinsame Cafeteria verbunden war. Die Einrichtungen des Kurmittelhauses wurden von den Patienten des Klinikums, von ambulanten Patienten mit ärztlicher Verordnung und von sonstigen Besuchern ge-gen Eintrittsgeld genutzt. Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -FA-) die Auffassung, nicht nur die an Besucher des Bades ohne ärztliche Verordnung erbrachten Leistungen der Kur-GmbH, sondern auch die der ambulanten Durchführung von „Heil- u.ä. Be-handlungen“ aufgrund ärztlicher Verordnung dienenden Leistungen seien steuerpflichtig. Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen fielen unter den Krankenhausbegriff, wenn die in R 82 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Sei die Einrichtung nur zum Teil Krankenhaus, sei § 4 Nr. 16 Buchst. b des Umsatz-steuergesetzes 1980 (UStG) nur auf die Umsätze dieses Teilbereichs anzuwenden. Nur das von der Kur-GmbH räumlich, organisatorisch und nach seiner Versorgungsaufgabe klar abgrenzbare Klinikum erfülle die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG. Auch im Organkreis könne die Selbständigkeit der beteiligten Gesellschaften im Rahmen von § 4 Nr. 16 UStG nicht negiert werden. Da die Kur-GmbH kein Krankenhaus nach R 82 EStR sei, fielen ihre Umsätze nicht unter § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG. Auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG lägen nicht vor, weil die streitigen Lei-stungen nicht „unter ärztlicher Aufsicht erbracht werden“. Nach den tatsächlichen Verhältnissen - zwei ambulante Ärzte im Kurmittelhaus bei einer täglichen Besucherzahl von mehreren Tausend (in Spitzenzeiten bis zu 6000) - sei eine fachlich-medizinische Verantwortung ausgeschlossen. Es handele sich um eine Großanlage, die ausweislich der Kurzeitung (Ausgabe August 1990) mit dem Slogan „Bäderlandschaft“ werbe. Die Klägerin habe für die Behauptung, es würden fundierte The-rapie- und Behandlungspläne ausgeführt, keine Nachweise erbracht. Auf den Erlaß des bayerischen Finanzministeriums vom 12.3.1997 (36 - S 7172 - 11/21-55 457/96, DStR 1997, 663) könne sich die Klägerin nicht berufen, denn die dort aufgestellten Kriterien seien im Streitfall nicht erfüllt. Das FA erfaßte deshalb in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für 1985 bis 1989 vom 27.7.1995 die streitigen Entgelte für die Durchführung von „Heil- u.ä. Behandlungen“ gegenüber ambulanten Patienten mit ärztlicher Verordnung der Umsatzsteuer. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Page 171: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 171

Mit der Klage machte die Klägerin geltend, auch hinsichtlich der Leistungen der Kur-GmbH an am-bulante Patienten in Höhe von 1985 12.233.456 DM 1986 13.179.316 DM 1987 13.950.295 DM 1988 15.306.200 DM 1989 11.828.801 DM lägen die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. b bzw. Buchst. c UStG vor. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Das Urteil ist in EFG 2002, 231 abgedruckt. Zur Be-gründung führte es im Wesentlichen aus, als Organträgerin sowohl der Kur-GmbH als auch der Klinikum-GmbH erziele umsatzsteuerrechtlich die Klägerin die Umsätze; ohne Bedeutung sei, ob die Klägerin bloße Holdinggesellschaft oder eine Gesellschaft mit eigener geschäftlicher Tätigkeit sei; es genüge, wenn die Voraussetzungen der Organschaft erfüllt seien. Die Organschaft habe auch Folgen für die Außenbeziehungen. Zu den Umsätzen, die mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng zusammengehörten, zähle auch die ambulante Behandlung von Patienten. Die Klägerin erbringe - vergleichbar einem Einzelunternehmer mit verschiedenen Tätig-keitsbereichen - durch ihre Organgesellschaft Klinikum-GmbH die Umsätze aus einem Kranken-haus und durch die Organtochter Kur-GmbH damit eng verbundene Umsätze. Die Organschaft sei nicht vergleichbar mit einer Betriebsaufspaltung, bei der für die voneinander unabhängigen Unter-nehmen auch jeweils die Steuerbefreiungen getrennt zu prüfen seien. Für die Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG - ob es sich um ein Krankenhaus handele, das im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1 oder 2 der Abgabenordnung (AO 1977) be-zeichneten Voraussetzungen erfüllt habe - sei dagegen nur auf das Krankenhaus abzustellen; in-soweit müßten auch die Entgelte für die ambulanten Behandlungen unberücksichtigt bleiben. Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG. Es macht im Wesentlichen geltend, der Begriff des Krankenhauses dürfe nicht mit dem des Unternehmens des Organträgers gleichgesetzt werden. Ohne Bedeutung sei, ob der Krankenhausbetrieb auch Teil des Tätigkeits-bereiches eines Unternehmers sei. Soweit das FA selbst rechtsfehlerhaft die Leistungen der Kur-GmbH an stationär untergebrachte Patienten steuerfrei belassen habe, sei dies lediglich wegen des Verböserungsverbots nicht mehr zu korrigieren. Selbst wenn man die Auffassung des FG teile, seien die streitigen Leistungen nicht eng mit dem Betrieb eines Krankenhauses verbunden und die Klägerin könne allenfalls die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG beanspruchen. Die Auffassung des FG führe im Übrigen zu Wettbe-werbsverzerrungen. Die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG lägen mangels ärztli-cher Aufsicht für die Leistungen nicht vor. Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision. Sie trägt im Wesentlichen vor, die Leistungen seien eng mit der Krankenhausbehandlung verbun-den, wie die Verabreichung von Heilbädern an stationär untergebrachte Patienten belege. Man könne dieselben Leistungen nicht unterschiedlich beurteilen je nachdem, ob sie an stationär unter-gebrachte oder ambulante Patienten erbracht würden. Die streitigen Leistungen würden aufgrund ärztlicher Verordnung erbracht und seien deshalb Leistungen im Rahmen der Heilbehandlung; der Hinweis auf die Wettbewerbsneutralität gehe deshalb fehl. Hilfsweise lägen die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG vor, da die Kur-GmbH unter der Leitung von Ärzten stehe; das ge-nüge für die Annahme einer anderen Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung. Daß im Einzelfall das Kriterium „unter ärztlicher Aufsicht“ nicht erfüllt sei, sei unerheblich.

Page 172: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 172 Heft 1/2005

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem Verfahren beigetreten und trägt vor, die Kur-GmbH erfülle selbst nicht die Vorausset-zungen des § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG, weil diese kein Krankenhaus sei. Selbst wenn die Kur-GmbH ein Krankenhaus wäre, handele es sich bei ihren Umsätzen nicht um eng mit dem Betrieb eines solchen verbundene Umsätze, weil diese für eine solche Einrichtung weder typisch noch un-erläßlich seien. Die Kur-GmbH stehe im Wettbewerb zu anderen, nicht befreiten Kurmittelhäusern; das Gebot der Wettbewerbsneutralität stehe deshalb der Steuerbefreiung der Leistungen entge-gen. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG seien deswegen nicht erfüllt, weil die Kur-GmbH keine ärztlichen Leistungen erbringe und es im Übrigen an der erforderlichen ärztlichen Aufsicht fehle. Auch fehlten Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift. Entgegen der Auffassung des FG ergäben sich aus dem Umstand, daß die Kur-GmbH eine Or-gangesellschaft sei und der Organträger durch eine andere Organgesellschaft auch ein Kranken-haus betreibe, keine Besonderheiten. Die Steuerfreiheit bestimmter Leistungen färbe nicht auf die anderen Leistungen eines Unternehmers mit verschiedenen Tätigkeitsbereichen ab.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung und zur Zurückverweisung der Sache an das

FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Ob eine Holdinggesellschaft ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit Organträger sein kann, kann of-fen bleiben. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG lagen entgegen der Auffassung des FG nicht vor, weil die streitigen Leistungen jedenfalls nicht durch ein Krankenhaus bewirkt worden sind. Der Senat konnte in der Sache nicht entscheiden, weil das FG keine ausreichenden Feststellungen zum Inhalt der streitigen Leistungen getroffen hat, und des-halb nicht beurteilt werden kann, ob und inwieweit die Voraussetzungen für eine andere Steuerbe-freiung oder eine Steuerermäßigung vorliegen. 1. Das FG ist bei seiner Entscheidung vom Vorliegen der Voraussetzungen einer Organschaft

ausgegangen und hat im Zusammenhang damit lediglich ausgeführt, es spiele keine Rolle, ob der Organträger eine bloße Holdinggesellschaft oder eine Gesellschaft mit eigener operativer Tätigkeit sei. Ob eine Holdinggesellschaft ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit Organträger sein kann, ist zweifelhaft (bejahend z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 19.10.1995 V R 71/93, BFH/NV 1996, 273; BFH-Beschluß vom 14.1.1988 V B 115/87, BFH/NV 1988, 471; Heidner, Umsatzsteuergesetz, 7. Aufl., § 2 Rz. 112; a.A. Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 37 UStG Rz. 31; Klenk in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz. 97; Reiß in Reiß/Kraeusel/ Langer, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz. 109). Mit Urteil vom 9.10.2002 V R 64/99 (BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375) hat der erkennende Senat entschieden, daß eine juristische Person des öffentlichen Rechts nur Organträger sein kann, wenn und soweit sie unternehmerisch tätig ist, wobei die Eigenschaft als Unternehmer durch eine bloße Beteiligung, durch eine unentgeltliche Tätigkeit und durch die Tätigkeit der mit ihr verbundenen Gesellschaften nicht erlangt werden kann. Im Streitfall kann der Senat offen lassen, ob er hiernach noch an der früheren für juristische Personen des Privatrechts vertretenen Auffassung festhält, denn nach den Feststellungen des FG hatte die Klägerin ihren Grundbesitz an die drei Beteili-gungsgesellschaften verpachtet und war deshalb Unternehmerin. Für die Erreichung der Un-ternehmereigenschaft ist es unerheblich, an wen die entgeltlichen Leistungen erbracht wer-den. Sie können auch an eine Gesellschaft erbracht werden, mit der als Folge dieser Lei-stungstätigkeit eine enge finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche (organschaftliche) Verbindung besteht (vgl. z.B. Senats-Urteil in BFHE 200, 119, BStBl II 2003, 375; m.w.N.).

2. Die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG lagen entge-

gen der Auffassung des FG nicht vor, weil die streitigen Leistungen nicht durch den Betrieb der Einrichtung selbst, der Klinik-GmbH, bewirkt worden sind. Der Senat konnte in der Sache nicht entscheiden, weil das FG keine ausreichenden Feststellungen zum Inhalt der streitigen Leistungen getroffen hat, für die die Klägerin die Steuerbefreiung beansprucht.

Page 173: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 173

a) Nach § 4 Nr. 16 Buchst. b und Buchst. c UStG sind - soweit hier entscheidungserheblich - von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 fallenden Umsätzen steuerfrei,

‚die mit dem Betrieb der Krankenhäuser, Diagnosekliniken und anderen Einrichtungen ärztlicher Heilbehandlung, Diagnostik oder Befunderhebung ... eng verbundenen Um-sätze, wenn – (Buchst. b) bei Krankenhäusern im vorangegangenen Kalenderjahr die in § 67 Abs. 1

oder 2 der Abgabenordnung bezeichneten Voraussetzungen erfüllt worden sind oder – (Buchst. c) bei Diagnosekliniken und anderen Einrichtungen ärztlicher Heilbehand-

lung, Diagnostik oder Befunderhebung die Leistungen unter ärztlicher Aufsicht er-bracht werden und im vorangegangenen Kalenderjahr mindestens 40 vom Hundert der Leistungen den in Nummer 15 Buchst. b genannten Personen zugute gekommen sind.’

b) Befreit sind nach § 4 Nr. 16 Buchst. b und Buchst. c UStG unter weiteren Voraussetzun-

gen nur die mit dem Betrieb der jeweils bezeichneten Einrichtung ärztlicher Heilbehand-lung eng verbundenen Umsätze. Die Steuerbefreiung dieser Umsätze soll nicht den Trä-ger der Einrichtung - z.B. des Krankenhauses - begünstigen. Sie dient - ebenso wie die Befreiungsvorschriften in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG; vgl. hierzu Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften - EuGH -, Urteil vom 10.9.2002 Rs. C-141/00 - Ambulan-ter Pflegedienst Kügler GmbH -, Slg. 2002, I-6833 Rz. 29, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - 2002, Nr. C 274, 8 bis 9, UR 2002, 513 Rdnr. 36, m.w.N.) - dem Zweck, die Kosten ärztlicher Heilbehandlung zu senken. Damit entlasten sie die So-zialversicherungsträger als Kostenträger für ihre Versicherten und, typisierend, die selbstzahlenden Privatpatienten (vgl. z.B. Senatsurteile vom 25.11.1993 V R 64/89, BFHE 173, 242, BStBl II 1994, 212; vom 18.10.1990 V R 35/85, BFHE 162, 502, BStBl II 1991, 157, unter 1.).

c) Eine „Einrichtung ärztlicher Heilbehandlung“ i.S. von § 4 Nr. 16 UStG setzt jedenfalls

eine durch die Zusammenfassung sachlicher und persönlicher Mittel abgegrenzte Einheit voraus, die eine der konkret beschriebenen Funktionen (Krankenhaus etc.) erfüllt; sie ist deshalb entgegen der Auffassung des FG jedenfalls grundsätzlich nicht mit dem Unter-nehmer gleichzusetzen (Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 109 UStG Rz. 478; vgl. BFH-Urteil vom 28.6.2000 V R 72/99, BFHE 191, 463, BStBl II 2000, 554). Nur die Um-sätze sind steuerbefreit, die mit dem Betrieb einer Einrichtung, die die im entsprechen-den Tatbestand beschriebene Funktion erfüllt, eng verbunden sind. Andere Umsätze desselben Unternehmers, die nicht unmittelbar durch die bezeichnete Einrichtung selbst ausgeführt werden, sind von der Steuerbefreiung nicht erfaßt. Diese Beurteilung folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 4 Nr. 16 Buchst. b und c UStG.

d) Für die Steuerbefreiung für Heilbehandlungen enthält Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und

c der Richtlinie 77/388/EWG abschließende Regelungen (EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-6833, ABlEG 2002, Nr. C 274, 8 bis 9, UR 2002, 513 Rdnr. 36). Diese lauten: ‚Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steu-erumgehungen und etwaigen Mißbräuchen festsetzen, von der Steuer: (Buchst. b) die Krankenhausbehandlung und die ärztliche Heilbehandlung sowie die mit ihnen eng verbundenen Umsätze, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder unter Bedingungen, welche mit den Bedingungen für diese Einrichtungen in sozialer Hin-sicht vergleichbar sind, von Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art durch-geführt beziehungsweise bewirkt werden.

Page 174: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 174 Heft 1/2005

(Buchst. c) die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen oder arztähnli-chen Berufe erbracht werden.’ aa) Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG können die Mitglied-

staaten die Gewährung der unter Abs. 1 Buchst. b vorgesehenen Befreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von Fall zu Fall von der Erfüllung von näher bezeichneten Bedingungen abhängig machen. Nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG sind von der in Abs. 1 Buchst. b vorgesehenen Steuerbefreiung ausgeschlossen Dienstleistungen und Lieferungen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerläßlich sind bzw. wenn sie dazu bestimmt sind, der Einrich-tung zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden Unternehmen durchgeführt wer-den. Diese Steuerbefreiungen sind autonome Begriffe des Gemeinschaftsrechts, die im Gesamtzusammenhang zu sehen und - wie alle Steuerbefreiungsvorschriften - eng auszulegen sind (EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-6833 Rdnr. 25 und 28, m.w.N.).

bb) Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG setzt voraus, daß die er-wähnten Umsätze von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder von - in sozialer Hinsicht mit den öffentlich-rechtlichen Einrichtungen vergleichbaren - Krankenan-stalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik „und anderen ord-nungsgemäß anerkannten Einrichtungen gleicher Art“ bewirkt werden. Eine in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG erwähnte Einrichtung ist nach dem EuGH-Urteil vom 7.9.1999 Rs. C-216/97 - Gregg -, Slg. 1999, I-4939, UR 1999, 419 Rdnr. 18 zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. g) vorhanden, wenn eine abgegrenzte Einheit eine der bezeichneten Funktionen erfüllt, wobei es allerdings auf die Rechtsform des Unternehmers nicht ankommt (EuGH-Urteil vom 3.4.2003 Rs. C-144/00 - Matthias Hoffmann -, UR 2003, 286, Rdnr. 24).

cc) Umsätze durch Heilbehandlungen sind nicht schon deshalb befreit, weil der Unter-

nehmer auch Träger eines Krankenhauses ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Anwendungsbereiche der Befreiungen in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b und c der Richtlinie 77/388/EWG unterschiedlich und bezwecken eine abschließende Regelung der Steuerbefreiungen für Leistungen der Heilbehandlung im engeren Sinn. Sie unterscheiden nach dem Ort der Leistungen: Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG sind alle Leistungen befreit, die in Kranken-häusern/Krankenanstalten, Zentren für ärztliche Heilbehandlung und Diagnostik und anderen ordnungsgemäß anerkannten Einrichtungen ähnlicher Art erbracht werden, während nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG diejenigen Heilbehandlungen steuerfrei sind, die außerhalb eines Krankenhauses im Rahmen einer auf Vertrauen gegründeten Beziehung zwischen Patient und Behandelndem erbracht werden, wobei diese Beziehung normalerweise in dessen Praxisräumen zum Tragen kommt (EuGH-Urteile in Slg. 2002, I-6833; vom 23.2.1988 Rs. 353/85 - Kommission/Vereinigtes Königreich -, Slg. 1988, 817, UR 1989, 313 Rdnr. 33). Werden danach Heilbehandlungen außerhalb einer der bezeichneten, durch eine Zusammenfassung sachlicher und persönlicher Mittel abgegrenzten Einrichtungen erbracht, sind sie nur unter den Voraussetzungen des Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG befreit. Diese Grundsätze sind bei der Auslegung des § 4 Nr. 16 und Nr. 14 zu berücksichtigen. Ärztliche Leistungen, die nicht innerhalb der entsprechenden in § 4 Nr. 16 Buchst. b bezeichneten Einrichtung erbracht werden, sind danach nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 14 UStG begünstigt.

dd) Im Streitfall sind hiernach die von der Kur-GmbH ausgeführten Leistungen nicht

nach § 4 Nr. 16 Buchst. b UStG befreit, weil diese selbst unstreitig kein Kranken-haus ist.

Page 175: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 175

3. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, weil Feststellungen über die Art der konkre-ten Leistungen, für deren Entgelt die Klägerin die Steuerbefreiung beansprucht, fehlen.

a) Zum einen ist die Rede davon, die „Einrichtungen des Kurmittelhauses“ seien von den

Patienten des Klinikums, von ambulanten Patienten mit ärztlicher Verordnung und von sonstigen Besuchern „gegen Eintrittsgeld genutzt“ worden. Soweit es sich hierbei um die Entgelte für die Benutzung der Thermalbäder handelt, kommt grundsätzlich nur eine Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG in Betracht, wenn es sich bei diesen Umsätzen nicht um eine unselbständige, unerläßliche Nebenleistung zu einer nach § 4 Nr. 16 UStG befreiten Hauptleistung handelt (vgl. Anhang H Kategorie 16 zu Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG) oder zu einer nicht begünstigten Hauptleistung han-delt.

b) An anderer Stelle ist von „Heil- u.ä. Behandlungen“ die Rede. Letzteres spricht gegen die

Annahme, streitig seien nur die Entgelte für die Benutzung der Thermalbäder. Handelt es sich auch um Umsätze, die die bei der Kur-GmbH beschäftigten Personen steuerfrei hätten erbringen können, wenn sie selbständig tätig gewesen wären, wird das FG die anstehende Entscheidung des EuGH in dem Verfahren vor dem EuGH Rs. C-45/01 - Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie - (BFH-Az. V R 54/98, vgl. Vorlage-beschluß des BFH vom 14.12.2000 V R 54/98, BFHE 194, 275) zu berücksichtigen ha-ben.

c) Feststellungen fehlen auch hinsichtlich der Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung

nach § 4 Nr. 16 Buchst. c UStG. Was die Anforderungen an die „ärztliche Aufsicht“ be-trifft, verweist der Senat auf sein Urteil vom 2.4.1998 V R 66/97 (BFHE 185, 543, BStBl II 1998, 632). Mit dem Tatbestandsmerkmal „unter ärztlicher Aufsicht“ wollte der Gesetz-geber erkennbar sicherstellen, daß nur solche Leistungen umsatzsteuerlich begünstigt sind, die hinsichtlich ihrer fachlichen Ausführung einem Qualitätsvergleich mit einer ärzt-lichen Heilbehandlung standhalten. Eine der ärztlichen Heilbehandlung vergleichbare Qualität der Ausführung ist aber nur dann gewährleistet, wenn die ärztliche Aufsicht ste-tig und situationsangemessen stattfindet.“

Werkstattarbeiten und Personalüberlassung durch ein Theater an ein anderes Theater sind umsatzsteuerfrei, wenn diese Leistungen der Theateraufführung dienen

BKPV 60/2005

Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11.4.2003 - 3 K 2834/00 (EFG 2003 Nr. 23, S. 1736); Revision eingelegt (Az. des BFH: V R 57/03) Leitsatz: „Überläßt ein Theater einem anderen Theater Personal und/oder führt für dieses Werkstattarbeiten durch, so sind diese Leistungen umsatzsteuerfrei, wenn sie für eine Theateraufführung unerläßlich sind.“ Sachverhalt: „Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Steuerpflicht folgender Umsätze: 1. Erlöse aus den Anzeigen in den Programmheften 2. Erlöse aus den Ausstellungsvitrinen und 3. Erstattung von Lohnkosten durch das „kleine“ Theater in G. Die Klägerin ist eine gemeinnützige Körperschaft. Alleinige Gesellschafterin ist die Stiftung ...theater N. Satzungsmäßiger Gegenstand der Klägerin ist die Führung und Unterhaltung eines Theaterbetriebs in der Funktion einer Landesbühne zur gemeinnützigen Pflege der Bühnenkunst und Verbreitung künstle-risch wertvoller und unterhaltender Werke.

Page 176: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 176 Heft 1/2005

Die Klägerin und das „kleine“ Theater in G, das nach dem Vortrag der Klägerin ebenfalls als gemein-nützig anerkannt ist, arbeiten seit 1978 zusammen. Dies wurde zunächst dadurch erreicht, daß die künstlerische Leitung beider Theater in der Hand eines Intendanten lag. Ein ausdrücklich schriftlich fi-xiertes Kooperationsabkommen ist nach dem Vortrag der Klägerin nicht abgeschlossen worden. In der Folgezeit sind Inszenierungen wechselseitig übernommen worden. In diesen Fällen erfolgte eine in-terne Erstattung der Lohn- und Lohnnebenkosten. Daneben wurden von der bei der Klägerin bestehen-den Bühnenwerkstatt bestimmte Arbeiten bei der Herstellung von Kostümen, Requisiten und Bühnen-bildern für G übernommen. Dabei soll es sich nach den Angaben der Klägerin durchgängig nur um Lohnarbeiten, nie um die komplette Lieferung, z.B. eines Bühnenbildes, gehandelt haben. Häufig habe auch nur die Umarbeitung von vorhandenen Kostümen und Bühnenbildern stattgefunden. In allen Fäl-len sei dabei das Material unmittelbar von G gestellt worden. Beispielhaft wurde für die Streitjahre auf die Abrechnung der Inszenierung „Iphigenie auf Tauris“ verwiesen, die als Anlage beigefügt war (Bl. 10/11 USt-Akte). Das beklagte Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, daß die Leistungen der Klägerin an das kleine Theater in G (Personalüberlassung und Werkstattarbeiten) nicht als eng verbunden mit der eigentlichen Theaterleistung angesehen werden könnten und daß daher die Leistungen umsatzsteuerpflichtig seien. Deshalb forderte es die Klägerin zur Abgabe von Umsatzsteuererklärungen ab 1993 auf. Nach diver-sem Schriftwechsel zwischen der Klägerin und dem Finanzamt schaltete das Finanzamt zur Abklärung der Rechtslage die Oberfinanzdirektion Koblenz und der damalige Bevollmächtigte der Klägerin das Ministerium für Finanzen in Mainz ein. Das Ministerium legte die Problematik den Umsatzsteuerrefe-ratsleitern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vor, die sich gegen eine Umsatz-steuerbefreiung der - „jeweils gegen Kostenerstattung vorgenommenen - Personalgestellung künstleri-schen oder technischen Personals sowie von Werkstattleistungen zwischen Theatern“ ausgesprochen haben (Bl. 32 USt-Akte). Daraufhin erließ das Finanzamt am 6.7.2000 (1993) bzw. 6.6.2000 (1994 - 1997) erstmalige Umsatz-steuerbescheide für die Streitjahre und unterwarf die Erlöse aus der Vermietung der Ausstellungsvitri-nen bzw. aus der Anzeigenwerbung in den Programmheften und die „Erstattung Lohnkosten kleines Theater“ der Umsatzsteuer. Die Einsprüche blieben erfolglos (Einspruchsentscheidungen vom 11.10.2000 bzw. 6.10.2000, Bl. 47 ff. USt-Akte). Dagegen richtet sich die vorliegende Klage. Die Klägerin trägt im wesentlichen vor, daß schon bei ihrer Gründung sich die verantwortlichen Stellen der Stadt und des Landes einig gewesen seien, daß die Führung eines Theaters aus eigener Kraft wirt-schaftlich nicht möglich sei. Die alte Landesbühne hätte ihren Betrieb aus finanziellen, technischen und wirtschaftlichen Gründen einstellen müssen. In 1978 habe sich dann die Kooperationsmöglichkeit mit dem „kleinen Theater“ in G ergeben. Eine optimale Zusammenarbeit beider Theater sei zunächst da-durch angestrebt und erreicht worden, daß die künstlerische Leitung in den Händen des Herrn U als Intendant gelegen hat. Ein ausdrücklich, schriftlich fixiertes Kooperationsabkommen sei im Hinblick darauf nicht abgeschlossen worden. Es sei aber vereinbart worden, die technischen und künstlerischen Kräfte so zu bündeln, daß die Führung eines anspruchsvollen Theaters möglich sein würde. Man sei übereingekommen, wechselseitig ganze Inszenierungen zu übernehmen und jeweils unter eigener Ver-antwortlichkeit auszuführen. Die Zusammenarbeit habe aber auch in dem Austausch von künstleri-schen und künstlerisch-technischen Leistungen bestanden, um eine Theateraufführung an dem ande-ren Theater überhaupt erst möglich zu machen. Häufig geschah bereits die Anstellung bzw. das Enga-gement von Personal durch eine Bühne im Hinblick auf den Bedarf auch der anderen Bühne. Unter an-derem aus arbeitsrechtlichen Gründen sei es dabei oft nicht möglich gewesen, nach Einsatzort oder -zeit getrennte Arbeitsverträge abzuschließen, so daß in diesen Fällen eine interne Erstattung der Lohn- und Lohnnebenkosten erfolgt sei. Neben dieser wechselseitigen Gestellung von Personal seien von der bei der Landesbühne bestehenden Werkstatt bestimmte Arbeiten bei der Herstellung von Kostümen, Requisiten und Bühnenbildern für das Theater in G übernommen worden. Dabei habe es sich durch-gängig nur um Lohnarbeiten, nie um die komplette Lieferung, z.B. eines Bühnenbildes gehandelt. Ohne diesen Austausch personeller und künstlerisch-technischer Leistungen wäre es ihr nicht möglich gewe-sen, ihrem öffentlichen Auftrag, nämlich Theater zu spielen, gerecht zu werden. Die in Frage stehenden Leistungen würden unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Abs. 1 Nr. 20 a UStG fallen, wonach Umsätze der in dieser Vorschrift genannten Theater von der Umsatzsteuer befreit sind.

Page 177: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 177

Die allgemeinen Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreistellung habe sie erfüllt. Nehme man den Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift wörtlich, müßten an sich alle Umsätze des Theaters von der Um-satzsteuer befreit sein. Seit jeher würden jedoch Verwaltung und Rechtsprechung die Auffassung ver-treten, daß nicht alle Umsätze eines Theaters steuerbefreit seien, sondern nur die eigentlichen Thea-terleistungen einschließlich der damit verbundenen Nebenleistungen. Zum Umfang dieser steuerbe-freiten Theaterleistungen und -nebenleistungen werde auf die Kommentierung von Hartmann/ Metzenmacher, UStG, Tz. 21 ff zu § 4 Nr. 20 und auf Abschnitt R 106 UStR verwiesen. In diesem Zu-sammenhang sei nur darauf aufmerksam gemacht, daß selbst die Einräumung von Rechten zur Auf-nahme und Übertragung von Theateraufführungen zugunsten von Rundfunk- und Fernsehanstalten nicht der Umsatzsteuer unterliegen würde. Dies gelte auch für den Verkauf von Speisen und Getränken an Theaterbesucher (BStBl II 1988, 799). Nach Abschnitt R 106 Abs. 3 Satz 2 UStR seien als Theater-leistungen auch solche Leistungen anzusehen, die gegenüber einem gastgebenden Theater ausgeführt werden würden, z.B. das zur Verfügung stellen eines Ensembles. Zu den befreiten Umsätzen müßten daher auch die Überlassung von anderen künstlerischen und technischen Leistungen gehören, die für das andere Theater benötigt würden, um eine Theateraufführung möglich zu machen. Nur eine solche Auslegung der gesetzlichen Vorschrift entspreche ihrem Sinn und Zweck, nämlich die Theater wegen der starken Belastung, die die Unterhaltung eines Theaterbetriebes in Verbindung mit den beträchtli-chen Gagen und den technischen Einrichtungen mit sich bringe, mit Rücksicht auf ihre hohe kulturelle Bedeutung umsatzsteuerlich zu entlasten. Es wäre auch schon eine erstaunliche Gesetzesauslegung, würde man die künstlerische Vorleistung eines Theaters für eine Aufführung einer anderen Bühne der Umsatzsteuer unterwerfen, ließe man auf der anderen Seite aber die Lieferung von Speisen und Ge-tränken umsatzsteuerbefreit. Auf keinen Fall könne es, wie das beklagte Finanzamt annehme, darauf ankommen, ob die Leistungen unmittelbar an die Zuschauer erbracht werden würden. Es liege auf der Hand, daß die vom beklagten Finanzamt vertretene Rechtsauffassung eine Kooperation zwischen meh-reren Theatern mit dem Austausch verschiedener Leistungen wesentlich erschweren würde, wenn nicht gar unmöglich mache. Im Ergebnis würden die Theater gezwungen, im Hinblick auf die zusätzlichen Belastungen wieder bei den öffentlichen Zuschußgebern wegen weiterer finanzieller Unterstützung vor-stellig zu werden. Dies aber liege gerade nicht im Sinne der gesetzlichen Vorschrift von § 4 Abs. 1 Nr. 20 a UStG. Die Klägerin beantragt, die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1993 bis 1997 vom 6.7.2000 (1993) bzw. 6.6.2000 (1994 - 1997) und die Einspruchsentscheidungen vom 6.10.2000 und 11.10.2000 dahin zu ändern, daß die Umsatzsteuer jeweils auf Null DM festgesetzt wird, hilfsweise, die Revision zuzulas-sen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verweist auf seine Ausführungen in den Einspruchsentscheidungen und trägt ergänzend vor: Die von der Klägerin unterstellte These, es sei entscheidend, ob die Theaterleistungen unmittelbar an die Zu-schauer erbracht werden, habe er nicht in der Einspruchsentscheidung in der Form aufgestellt. Ent-scheidend sei aus seiner Sicht lediglich, ob es sich um eine typische Theaterleistung - die sowohl un-mittelbar gegenüber dem Zuschauer, als auch durch das Überlassen eines Ensembles gegenüber ei-nem anderen Theater erbracht werden könne - handle. Des weiteren sei der von der Klägerin ange-führte Verkauf von Speisen und Getränken von der Umsatzsteuer nur befreit, da dieser eine typische Nebenleistung zu der Hauptleistung (Theatervorführung) darstelle.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Das beklagte Finanzamt ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die fraglichen Leistungen gem. § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG nicht steuerfrei sind. 1. Nach dieser Vorschrift sind steuerfrei u.a. die Umsätze der von den Gemeinden geführten Theater.

Die Steuerfreiheit erstreckt sich auch auf gleichartige Einrichtungen anderer Unternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, daß sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen. Die Klägerin erfüllt diese Voraussetzungen.

a) Die im Gesetz nicht näher beschriebenen Umsätze der Theater sind nach der am Wortsinn

ausgerichteten Auslegung die typischen Theaterleistungen einschließlich der üblicherweise damit verbundenen Nebenleistungen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18.5.1988 X

Page 178: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 178 Heft 1/2005

R 11/82, BFHE 153, 459, BStBl II 1988, 799, unter 2. a). Eine mit einer Theaterleistung übli-cherweise verbundene Nebenleistung ist gegeben, wenn sie im Vergleich zur Hauptleistung nebensächlich ist, mit ihr eng (im Sinne einer wirtschaftlich gerechtfertigten Abrundung und Ergänzung) zusammenhängt und üblicherweise in ihrem Gefolge vorkommt (BFH-Beschluß vom 18.12.1980 V B 24/80, BFHE 132, 147, BStBl II 1981, 197).

b) Die Umsätze der Klägerin durch Gestellung von Personal und/oder die Herstel-

lung/Umarbeitung von Kostümen, Requisiten und Bühnenbildern für das Theater in G sind nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfreie Dienstleistungen und/oder steuerfreie Lieferungen von Gegenständen. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des Umfangs der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG, die sich nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n und Abs. 2 Buchst. a und b der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschrif-ten der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) richtet. Zu der richtlinienkonformen Auslegung sind die Gerichte in den Mitgliedstaaten nach Art. 5 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) verpflichtet (ständige Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--, z.B. Urteil vom 26.9.1996 Rs. C-168/95 - Arcaro, Slg. 1996, I-4705, 4719, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --EuZW-- 1997, 318). Sie müssen ein zur Durchführung einer Richtlinie des Gemeinschaftsrechts (Art. 189 Abs. 3 EGV) ergangenes nationales Steuergesetz „im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie“ anwenden (zur richtlinienkonformen Auslegung vgl. auch EuGH-Urteile vom 7.12.1995 Rs. C-472/93 - Luigi Spano, Slg. 1995, I-4321, EuZW 1996, 185; vom 8.10.1987 Rs. 80/86 - Kolpinghuis Nijmegen, Slg. 1987, 3969, HFR 1988, 594 und BFH-Urteil vom 14.5.1998 - V R 85/97, BFH/NV 1998, 1585). Nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer bestimmte kulturelle Dienstleistungen und eng damit verbundene Lieferungen von Gegenständen, die von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen von dem be-treffenden Mitgliedstaat anerkannten Einrichtungen erbracht werden. Die Mitgliedstaaten kön-nen die Gewährung der bezeichneten Befreiung für Einrichtungen, die keine Einrichtungen des öffentlichen Rechts sind, von der Erfüllung von Bedingungen abhängig machen (Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG). Von der Steuerbefreiung in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der Richtlinie 77/388/EWG sind nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 77/388/EWG Dienstleistungen und Liefe-rungen von Gegenständen ausgeschlossen, wenn sie zur Ausübung der Tätigkeiten, für die die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerläßlich sind oder wenn sie im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerb-lichen Unternehmen durchgeführt werden.

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß die Herstellung bzw.

Umarbeitung von Kostümen, Requisiten und Bühnenbildern durch die Bühnenwerkstatt der Kläge-rin - wobei das Material nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin durch G gestellt wird - als Lieferungen von Gegenständen zu beurteilen ist, die zumindest einen Teil der künstlerischen und technischen Voraussetzungen für eine Theateraufführung bilden und die deshalb für die Theaterveranstaltungen unerläßlich sind. Das gleiche gilt auch für die Gestellung von Personal (z.B. Schauspieler, Beleuchter usw.), da es sich hierbei um Dienstleistungen handelt, die ebenfalls in engem Zusammenhang mit der Hauptleistung, der Theateraufführung, stehen und für diese un-erläßlich sind.

3. In diesem Zusammenhang verweist der Senat auch auf Abschnitt 106 Abs. 3 Satz 2 der Umsatz-

steuerrichtlinien 1996, wonach als - umsatzsteuerfreie - Theaterleistungen auch solche Leistungen anzusehen sind, die gegenüber einem gastgebenden Theater ausgeführt werden, z.B. das Zur-verfügungstellen eines Ensembles oder auf Abschnitt 106 Abs. 4, wonach bei Tournee-Veranstal-tungen die Steuerbefreiung sowohl dem Tourneeveranstalter als auch dem örtlichen Veranstalter zusteht.

Page 179: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 179

4. Demgegenüber können die Erlöse aus den Anzeigen in den Programmheften, die Erlöse aus den Ausstellungsvitrinen und die Erstattung von Lohnkosten durch das „kleine Theater“ in G nicht als umsatzsteuerfrei angesehen werden. Es fehlt bei diesen Leistungen an einem engen Zusammen-hang mit der Hauptleistung der Theateraufführung. Eine Besteuerung unterbleibt jedoch im Hin-blick auf § 19 UStG. 7. Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 der Finanzge-richtsordnung - FGO - stattzugeben. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung ergibt sich aus den §§ 151 Abs. 1, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzu-lassen.“ Die Steuerberfreiung gem. § 4 Nr. 20 UStG gilt auch für Solisten BKPV 61/2005 BMF-Schreiben vom 31.7.2003 - IV D 1 - S 7177 - 13/03 (BStBl 2003 I S. 424) „Die Grundsätze des EuGH-Urteils vom 3.4.2003 (C-144/00 - Solisten) führen dazu, daß auch Leistun-gen von Einzelkünstlern unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei sein kön-nen. - Entsprechendes gilt für die Darbietung von Einzelkünstlern im Rahmen von Theatervorführungen und Konzerten nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG. Mit Urteil vom 3.4.2003, Rs. C-144/00 hat der EuGH entschieden, daß Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n der 6. EG-Richtlinie dahin auszulegen ist, daß der Begriff der „anderen ... anerkannten Einrichtungen“ als Einzelkünstler auftretende Solisten nicht ausschließt. Unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes: Das Urteil des EuGH ist bei der Anwendung des § 4 Nr. 20 UStG auch in allen noch offenen Fällen zu berücksichtigen. Auch Leistungen von Einzelkünstlern können daher unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerfrei sein. Gleichermaßen kann die Veranstaltung von Theatervorfüh-rungen und Konzerten nach § 4 Nr. 20 Buchst. b UStG steuerfrei sein, wenn die Darbietungen von Ein-zelkünstlern erbracht werden.“ Die Veranstaltung einzelner Vorträge oder einer Vortragsreihe durch freie Mitarbeiter im Rahmen einer berufsbildenden Ein-richtung erfüllt nicht die Voraussetzungen einer steuerfreien Unterrichtsleistung

BKPV 62/2005

Finanzministerium Hessen, Verfügung vom 15.4.2002- S 7179 A - 2 - II A 4 a (UR 2003 S. 204) „Eine berufsbildende Einrichtung, die mit ihren Leistungen unter die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG fällt, bietet im Rahmen ihres Fortbildungsprogramms halb- und ganztägige Fort-bildungsveranstaltungen an, bei der freie Mitarbeiter einzelne Vorträge halten oder ganze Vortragsrei-hen gestalten. Die Einrichtung beantragt bei der zuständigen Landesbehörde die Erteilung einer Bescheinigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG, um den freien Mitarbeitern sodann nach Abschnitt 112 a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 UStR 2000 bestätigen zu können, daß diese im begünstigten Bereich der Einrich-tung tätig sind. Es wurde die Frage aufgeworfen, ob dem gefolgt werden kann. 1. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG begünstigt Bildungseinrich-

tungen, die Unterrichtsleistungen anbieten (Abschnitt 112 Abs. 2 Satz 1 UStR 2000). Dies erfordert ein festliegendes Lehrprogramm und Lehrpläne zur Vermittlung eines Unterrichts-stoffes für die Erreichung eines bestimmten Lehrgangszieles sowie geeignete Unterrichtsräume oder -Vorrichtungen (Abschnitt 112 Abs. 2 Satz 2 UStR 2000). Die Veranstaltung einzelner Vorträge oder einer Vortragsreihe erfüllt nicht die Voraussetzungen einer Unterrichtsleistung; unschädlich ist jedoch die Einbindung von Vorträgen in ein Lehrpro-

Page 180: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 180 Heft 1/2005

gramm für die Befreiung der Unterrichtsleistungen des Trägers der Bildungseinrichtung (Ab-schnitt 112 Abs. 2 Sätze 6 und 7 UStR 2000).

2. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG begünstigt Lehrer, die an den vorbenannten Bildungseinrichtungen tätig sind. Auch diese müssen Kenntnisse im Rahmen festliegender Lehrprogramme und Lehrpläne vermit-teln, damit von einer Unterrichtstätigkeit gesprochen werden kann (Abschnitt 112 a Abs. 2 Satz 1 UStR 2000). Einzelne Vorträge fallen ebenfalls nicht unter die Steuerbefreiung (Abschnitt 112 a Abs. 2 Satz 5 UStR 2000). Zur Abgrenzung zwischen Unterrichtsleistung und Einzelvortrag wird auf die Ausführungen unter 5. verwiesen.

3. Lediglich eingebundene einzelne Vorträge von Lehrern in ein Fortbildungsprogramm, das im Übri-gen ein Lehrprogramm darstellt, sind somit für die diesbezügliche Steuerbefreiung der Bildungs-einrichtung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb unschädlich, verwehren jedoch dem Leh-rer ebenfalls die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG. Die Bildungseinrichtung darf daher dem Lehrer in einem derartigen Fall keine Bestätigung im Sinne des Abschnitts 112 a Abs. 3 und 4 UStR 2000 erteilen, auch wenn sie selbst eine Beschei-nigung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG ausgestellt bekommen hat.

4. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht durch das BMF-Schreiben vom 30.12.1996, IV C 4 - S 7179 - 21/96, das die Steuerbefreiung für Fortbildungsveranstaltungen bei staatlichen Einrich-tungen betrifft und auch nach Änderung des § 4 Nr. 21 UStG mit Wirkung zum 1.4.1999 unverän-dert gültig ist. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine Vereinfachungsregelung, da eine staatliche Einrich-tung, die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für ihre Mitarbeiter durchführt, regelmäßig insoweit als allgemein- bzw. berufsbildende Einrichtung angesehen wird. Andere Einrichtungen, wie z.B. ein Berufsverband, können sich für ihre Leistungen nicht auf diese Ausnahmeregelung berufen, da bei ihnen die Voraussetzungen für eine allgemein- bzw. berufsbil-dende Einrichtung erst geprüft werden müssen. Für diesbezügliche Leistungen der Berufsver-bände verbleibt es daher bei den grundsätzlichen Regelungen.

5. Abgrenzung zwischen Unterrichtsleistung und Einzelvortrag

Eine Abgrenzung zwischen Vortrag und Fortbildungsmaßnahme kann nicht allein aufgrund der je-weiligen Dauer vorgenommen werden oder sich danach richten, ob die Unterrichtseinheiten an ei-nem Tag am Stück oder an mehreren aufeinander folgenden Tagen abgehalten werden. Eine steuerbefreite Unterrichtstätigkeit kann auch dann vorliegen, wenn ein Referent als selbst-ständiger Lehrer durch seinen Beitrag im Rahmen des Gesamtkontextes einer umfangreichen Fortbildungsveranstaltung Kenntnisse und/oder Fertigkeiten vermittelt und sich dabei z.B. auf vo-rangegangene oder im Laufe der Veranstaltung noch folgende Lehrprogrammpunkte bezieht. Ty-pischerweise erfolgt in einer solchen Veranstaltung ein intensives Arbeiten mit den Teilnehmern, wie etwa bei Rückfragen und Diskussionen, Gruppenarbeit oder Erklärungen im Einzelfall. Anders zu beurteilen ist eine reine Vortragstätigkeit, die durch die mündliche Darbietung einer Thematik in „frontaler" Form erfolgt. Typische Beispiele hierfür sind Reden auf Fachkongressen und Tagungen. Auch Einzelveranstaltungen, die nicht in Zusammenhang mit einer Fortbildungs-veranstaltung stehen und dazu dienen, daß sich die Teilnehmer über ein bestimmtes (aktuelles) Thema informieren und austauschen, sind als Vortrag anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn zuvor durch den Veranstalter eine aufeinander abgestimmte zeitliche und inhaltliche Koordinierung der Beiträge der einzelnen Referenten erfolgt. Freie Mitarbeiter, die im Rahmen eines Fortbildungsprogramms - das kein Lehrprogramm darstellt -einzelne Vorträge halten oder ganze Vortragsreihen gestalten, fallen mit ihren Leistungen dem-

Page 181: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 181

nach nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 21 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG. Die Veran-staltung der Vorträge bzw. der Vortragsreihe durch die Einrichtung unterliegt - mangels Unter-richtsleistung - nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG.“

Steuerbefreiung beim Betrieb von Seniorenheimen BKPV 63/2005 OFD Hannover 7.7.2003, S 7198 - 27 - StO 353/S 7198 - 33 - StH 445 (UR 2004 S. 437) „Für die Beurteilung, ob und in welchem Umfang Betreiber von Seniorenheimen auf die Steuerfreiheit ihrer Vermietungsumsätze nach § 9 Abs. 1 UStG verzichten können, ist es erforderlich, die Art des zu Grunde liegenden Vertrages festzustellen. Die Abgrenzung ist eine Tatsachenfeststellung, bei der auf den jeweiligen „Endnutzern“ abzustellen ist. Dabei kommt es weder auf die Bezeichnung des Vertrages noch auf die Eingruppierung der Bewohner im Rahmen der Pflegeversicherung an. Altenheimverträge sind nach der Rechtsprechung des BFH in ihrem Kern Wohnungsmietverträge, wenn die Wohnungsüberlassung im Vordergrund steht (BFH-Urteil vom 21.4.1993, XI R 55/90, BStBl 1994 II S. 266 ). Die Überlassung von Wohnräumen und anderen Räumen ist daher unabhängig von den Vor-aussetzungen des § 4 Nr. 16 d UStG nach § 4 Nr. 12 a UStG steuerfrei. Da in der Regel in den einheit-lichen Heimverträgen mehrere andere Leistungselemente enthalten sind, kann es sich auch um ge-mischte Verträge handeln, bei denen das Entgelt auf die steuerfreie Grundstücksvermietung und die steuerpflichtigen Leistungen - erforderlichenfalls durch Schätzung - aufzugliedern ist. Ein einheitlicher, unteilbarer Vertrag besonderer Art, bei dem die Gebrauchsüberlassung des Grund-stücks gegenüber anderen wesentlichen Leistungen zurücktritt, liegt dagegen vor, wenn das Schwer-gewicht auf den Betreuungsleistungen liegt und die Betreiber des Heimes gegenüber den pflegebedürf-tigen Heiminsassen umfassende medizinische und pflegerische Versorgung erbringen (wie z.B. in ei-nem Sanatorium oder Kurheim). Für diese Umsätze kann eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 16 d UStG in Frage kommen. Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 a UStG scheidet aber aus (s. Abschn. 81 Abs. 2 Nr. 12 UStR). 1. Vermietung von Gebäuden, mit deren Errichtung nach dem 31.5.1984 und vor dem

11.11.1993 begonnen wurde und die vor dem 1.1.1998 fertiggestellt wurden Gemäß § 9 Abs. 2 i.V.m. § 27 Abs. 2 UStG ist in diesen Fällen die Option ausgeschlossen, soweit das Gebäude Wohnzwecken oder anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen be-stimmt ist. Handelt es sich nach den o.a. Grundsätzen um einen Vertrag besonderer Art, bei dem das Schwerge-wicht der Leistung auf die Betreuung gerichtet ist, ist eine Option uneingeschränkt möglich, weil auch die überlassenen Wohn- und Schlafräume keinen Wohnzwecken in diesem Sinne dienen. Liegt ein reiner Wohnungsüberlassungsvertrag vor, bei dem andere Leistungselemente als übliche Ne-benleistungen angesehen werden können, ist eine Option zur Steuerpflicht ausgeschlossen. Handelt es sich dagegen um einen gemischten Vertrag mit nicht unwesentlichen anderen Leistungs-elementen, kann nur für die nicht Wohnzwecken dienenden Leistungen auf die Steuerfreiheit verzichtet werden. Bei der Ermittlung des Anteils der Umsätze, die von der Option auszuscheiden sind, gehören auch die mit den Wohn- und Schlafräumen im Zusammenhang stehenden Gebäudeteile (z.B. Treppen-häuser und Flure). 2. Vermietung von Gebäuden, mit deren Errichtung nach dem 11.11.1993 begonnen wurde

oder nach dem 1.1.1998 fertiggestellt wurden In diesen Fällen ist die Option ausgeschlossen, wenn das Grundstück ausschließlich für Umsätze ver-wendet wird oder werden soll, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Hierbei kommen sowohl Umsätze nach § 4 Nr. 16 d UStG als auch nach § 4 Nr. 12 a UStG in Betracht.“

Page 182: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 182 Heft 1/2005

VGA wegen Gewinnlosigkeit einer GmbH; umsatzsteuerliche Behandlung von schuldrechtlich vereinbarten Kostendeckungs-zuschüssen (Verlustausgleich) des öffentlich-rechtlichen Allein-gesellschafters als Entgelt

BKPV 64/2005

Finanzgericht Köln, Urteil des Senats vom 23.6.2004 -13 K 403/02 -, vorläufig nicht rechtskräftig, Nicht-zulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: I B 148/04 (Steuereildienst 2004, 1105) „1. Erbringt eine von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründete GmbH Leistungen an ih-

ren Gesellschafter nur gegen Kostenerstattung, so indiziert eine daraus resultierende Gewinnlo-sigkeit in der Regel dann eine vGA, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter ge-genüber einem gesellschaftsfremden Auftraggeber die Tätigkeit nur übernommen hätte, wenn die Gesellschaft neben dem Kostenausgleichsanspruch ein zusätzliches Entgelt erhalten hätte. Die Annahme einer vGA im Hinblick auf einen fehlenden Gewinnaufschlag entfällt bei entspr. Sach-verhalten daher regelmäßig nur dann, wenn bei einer KapG aufgrund einer spezialgesetzlichen Regelung die Erzielung von Gewinnen ausgeschlossen ist (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 24.3.2004,-13 K 5107/00- EFG 2004, 1156).

2. Die Kostendeckungszuschüsse des Gesellschafters sind in diesen Fällen zumindest dann umsatz-

steuerpflichtiges Entgelt, wenn sich die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz aus einem Beauf-tragungsvertrag zwischen dem Gesellschafter und der GmbH ergibt. Dies gilt auch dann, wenn der im Gesellschaftsvertrag festgelegte Gesellschaftszweck und die Aufgabenübertragung im Rahmen des Beauftragtenvertrages im wesentlichen deckungsgleich sind.“

Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei der Vermietung von Grundstücken, wenn diese teils für unternehmerische Zwecke und teils für nichtunternehmerische Zwecke genutzt werden

BKPV 65/2005

Verfügung der OFD Frankfurt vom 28.10.2003 - S 7198 A - 1/86 - St I 2.20 (UR 2004 S. 330) „I. § 9 Abs. 1 UStG 1. Allgemeines Die Vermietung von Grundstücken ist nach § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG von der USt befreit. Der Ver-mieter kann aber nach § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung verzichten, wenn der Mieter ein Unter-nehmer ist und die Vermietung für dessen Unternehmen erfolgt. Von der Steuerbefreiung ist die Ver-mietung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), ausgenommen (§ 4 Nr. 12 Satz 2 UStG). Ein optionsfähiger Umsatz kann auch dann vorliegen, wenn das Grundstück oder der Grundstücksteil vom Mieter nicht nur für unternehmerische, sondern auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt wird. Die Option wird aber nur insoweit wirksam, als die Vermietungsleistung für den unternehmeri-schen Bereich des Mieters bestimmt ist. Dies gilt auch dann, wenn nach den getroffenen Mietvereinba-rungen von einer einheitlichen Vermietung ausgegangen werden soll. 2. Teilbarkeit der Leistung 2.1 Werden mehrere gemeinsam überlassene Räume unterschiedlich sowohl unternehmerisch als auch nichtunternehmerisch genutzt, so ist bei einer räumlichen Teilbarkeit der Überlassung ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nur hinsichtlich des unternehmerisch genutzten Grundstücksteils möglich. Maßgebend für die Abgrenzung ist in diesem Fall der Raum als kleinste wirtschaftliche Einheit. Die Aufteilung in einen nicht optionsfähigen steuerfreien Teil und in einen Entgeltsteil, bei dem ein Verzicht auf die Steuerfreiheit möglich ist, kann im Weg einer sachgerechten Schätzung erfolgen (z.B. anhand des gemittelten Verhältnisses der genutzten Flächen [qm] und der Rauminhalte [cbm]).

Page 183: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 183

Beispiel 1: Ein Vermieter überläßt einem Rechtsanwalt eine zum Teil für Praxis- und zum Teil für Wohnzwecke genutzte Wohnung und erhält auf Grund des Mietvertrags ein Pauschalentgelt, so daß der auf den für die Rechtsanwaltspraxis genutzte Raum entfallende Entgeltsanteil nicht getrennt ausgewiesen ist. 2.2 Außer der räumlichen Trennung der Grundstücksvermietung kann eine Aufteilung entsprechend der zeitlich aufeinanderfolgenden Nutzung durchzuführen sein. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein Jahres- bzw. Monatsmietvertrag abgeschlossen oder eine stundenweise Vermietung durchgeführt wird. 2.3 Eine weder räumlich noch zeitlich teilbare Vermietungsleistung kann entweder nur insgesamt für den unternehmerischen Bereich oder nur insgesamt für den nichtunternehmerischen Bereich des Mie-ters ausgeführt werden. Die Zuordnungsentscheidung obliegt dem Mieter (vgl. Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 Buchstabe a Satz 1 ff. UStR). Die Zuordnung erfolgt i.d.R. durch Inanspruchnahme des Vor-steuerabzugs. Der ggf. im Weg einer sachgerechten Schätzung zu ermittelnde nichtunternehmerisch (ideell) genutzte Teil der bezogenen Vermietungsleistung stellt beim Mieter einen Leistungseigenver-brauch i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. Buchstabe b UStG dar (ab 1.4.1999 eine unentgeltliche Wertabgabe i.S. des § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG). Ob hierauf § 4 Nr. 1. Buchstabe a UStG keine Anwendung mehr findet (BFH-Urteil vom 24.7.2003, V R 39/99 , bleibt abzuwarten. Beispiel 2: Eine Gemeinde vermietet ihre Mehrzweckhalle an einen Verein für die Durchführung der Jahreshaupt-versammlung, anläßlich derer vom Verein eine Bewirtung durchgeführt wird. Der Verein nutzt die Ver-mietungsleistung insgesamt sowohl nichtunternehmerisch - ideell - (Jahreshauptversammlung) als auch unternehmerisch (Bewirtung). Es obliegt somit dem Verein, ob er die Vermietungsleistung für sein Un-ternehmen in Anspruch nimmt. Ordnet er diese Leistung seinem Unternehmen zu, handelt es sich um einen optionsfähigen Umsatz des Vermieters. Der Verein kann die ihm für die Gesamtvermietungslei-stung in Rechnung gestellte USt in voller Höhe abziehen, soweit er grundsätzlich zum vollen Vorsteu-erabzug berechtigt ist. Er hat die Verwendung für den ideellen Bereich entsprechend der obigen Aus-führungen zu versteuern. 2.4 Bezüglich der Nutzungsüberlassung von Sportanlagen kommt nach dem BMF-Schreiben vom 17.4.2003 i.d.R. eine Aufteilung in eine steuerfreie Grundstücksüberlassung und eine steuerpflichtige Überlassung von Betriebsvorrichtungen nicht mehr in Betracht. Daraus folgt, daß auf die Steuerbefrei-ung für die Grundstücksüberlassung auch nicht mehr verzichtet werden kann bzw. muß (vgl. OFD-Ver-fügung vom 4.6.2003, S 7168 A - 42 - St I 22, USt-Kartei OFD Ffm. § 4 Nr. 12 - S 7168 - Karte 6). II. § 9 Abs. 2 UStG bis 31.12.1993 Seit der Einführung des § 9 Abs. 2 UStG ab 1.1.1985 (vgl. § 27 Abs. 2 UStG) ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 UStG u.a. bei der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken nur zulässig, soweit der Unternehmer nachweist, daß das Grundstück weder Wohnzwecken noch anderen nichtunternehmerischen Zwecken dient oder zu dienen bestimmt ist. Zur Auslegung des Gesetzeswortlauts ‚anderen nichtunternehmerischen Zwecken’ wird auf das BMF-Schreiben vom 27.8.1990, IV A 3 - S 7198 - 35/90 (BStBl 1990 I S. 422) hingewiesen.“ Betrieb einer Kantine durch einen Caterer, Bemessungsgrund-lage für die Lieferung der Essen durch den Arbeitgeber an die Arbeitnehmer

BKPV 66/2005

BFH-Urteil vom 18.7.2002 - V B 112/01 (BStBl 2003 II S. 675)

Page 184: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 184 Heft 1/2005

Leitsätze: „1. Gibt ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer Mahlzeiten in einer von einem Dritten (Caterer) be-

triebenen Kantine verbilligt ab, so gehört zur Bemessungsgrundlage regelmäßig auch das vom Unternehmer an den Dritten für diese Umsätze gezahlte Entgelt.

2. Ein Anspruch darauf, wie bei einer vom Unternehmer selbst betriebenen Kantine gemäß Ab-

schnitt 12 Abs. 10 bis 12 UStR die Bemessungsgrundlage unter Ansatz (lediglich) der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsverordnung zu ermitteln, besteht nicht.“

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) unterhielt als Anstalt des öffentlichen Rechts in den

Streitjahren (1991 bis 1993) zwei Kantinen (Betrieb gewerblicher Art). In den Kantinen gab der Kläger im eigenen Namen mit Hilfe eines selbständigen Kantinenbetreibers (Caterers) an seine Arbeitnehmer Mahlzeiten verbilligt ab. Er erfaßte in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als Bemessungsgrundlage der Umsätze an die Arbeitnehmer lediglich die von diesen an den Caterer für die Abgabe der Mahlzeiten geleisteten Zahlungen. Dagegen kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) nach einer Betriebs-prüfung zu der Auffassung, als Bemessungsgrundlage der Umsätze an die Arbeitnehmer seien die tatsächlichen Zahlungen der Arbeitnehmer für die Mahlzeiten zuzüglich der vom Kläger geleisteten „Zuschüsse“ anzusehen. Einspruch und Klage gegen die entsprechend geänderten Bescheide blieben erfolglos. Das Fi-nanzgericht (FG) führte zur Begründung u.a. aus: Das FA habe zu Recht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) als Bemessungsgrundlage die bei der Ausführung des Umsatzes entstandenen Kosten zugrunde gelegt. Dazu zählten auch sämtliche Beträge (abzüglich Umsatzsteuer), die der Kläger an den Caterer für die Erbringung der Dienstleistungen bezahlt habe. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, daß das FA als Bemessungsgrundlage der Umsätze an die Arbeitnehmer die tatsächlichen Zahlungen der Ar-beitnehmer zuzüglich der vom Arbeitgeber geleisteten „Zuschüsse“ angesetzt habe. Es könne dahinstehen, ob die Übung der Finanzverwaltung sachgerecht sei, in den Fällen, in de-nen die Kantine vom Unternehmer selbst betrieben werde, aus Vereinfachungsgründen bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von dem Wert auszugehen, der dem amtlichen Sachbe-zugswert nach der Sachbezugsverordnung entspreche (vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen - BMF - vom 7.2.1991 IV A 2 - S 7100 - 11/91, BStBl I 1991, 267, unter II. 2.; Umsatz-steuer-Richtlinien - UStR - 1996/2000, Abschn. 12 Abs. 10 ff.). Denn bei der Kantine des Klägers handele es sich jedenfalls nach der Definition der Finanzverwaltung nicht um eine unternehmens-eigene, sondern um eine fremdbetriebene Kantine. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Seiner Ansicht nach hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzge-richtsordnung (FGO).“

Entscheidungsgründe: „II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann eine Revision nur dann wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen werden, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage in einem nachfolgenden Revisionsverfahren geklärt werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 22.3.2002 III B 145/01, BFH/NV 2002, 810, m.w.N.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.

2. Der Kläger macht mit seiner Beschwerde geltend, das FG gelange bei zwei wirtschaftlich

gleich liegenden Sachverhalten

Page 185: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 185

– Kantinenbetrieb mit eigenem Personal, – Kantinenbetrieb mit Caterer, dessen Kosten voll vom Arbeitgeber getragen werden, zu völlig unterschiedlichen umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen. Die von ihm an-gestrebte Revision würde sich gegen die fehlerhafte Anwendung des § 10 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. § 10 Abs. 4 UStG und das im Rahmen der Anwendung dieser Vorschriften von der Finanz-verwaltung fehlerhaft ausgeübte Ermessen wenden. Er erstrebe eine Umsatzbesteuerung der Kantinenumsätze in den Streitjahren unter Zugrundelegung der sog. Sachbezugswerte.

3. Damit hat der Kläger eine konkrete Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommen könnte, nicht formuliert. Geht man davon aus, es solle die Rechtsfrage aufgeworfen werden, ob die Übung der Finanzverwaltung rechtens ist, in den Fällen, in denen eine Kantine vom Unternehmer selbst betrieben wird, auf Sachbezugswerte zurückzugreifen, und dies in ande-ren Fällen nicht zu tun, wäre diese Frage im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

a) Nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 UStG gilt § 10 Abs. 4 UStG entsprechend für Lieferungen und

sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienst-verhältnisses ausführt, wenn die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 UStG das Ent-gelt nach § 10 Abs. 1 UStG übersteigt. Entsprechend anwendbar ist im Streitfall § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG. Nach dieser Vorschrift wird der Umsatz u.a. bei sonstigen Lei-stungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten bemessen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 6.2.1992 V R 56/87, BFH/NV 1992, 845). Entsprechend dieser gesetzlichen Regelung ist der Kläger veranlagt worden, indem bei der Bemessungsgrundlage der Kantinenumsätze zusätzlich zu den tatsächlichen Zah-lungen der Arbeitnehmer die vom Kläger geleisteten „Zuschüsse“ angesetzt worden sind. Sie gehören zu den dem Kläger bei Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten i.S. des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG. Anhaltspunkte dafür, daß diese Kosten das „marktübliche“ Entgelt übersteigen (vgl. Ge-richtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 29.5.1997 Rs. C-63/96 -Skri-palle-, Slg. 1997 I, 2847, BStBl II 1997, 841; BFH-Urteil vom 8.10.1997 XI R 8/86, BFHE 183, 314, BStBl II 1997, 840), bestehen nicht.

b) Die vom Kläger erstrebte Besteuerung auf der Grundlage (lediglich) der amtlichen Sach-bezugswerte nach der Sachbezugsverordnung findet im Gesetz keine Stütze.

Das belegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000/2002 vom 13.1.1999, wonach eine solche Ermittlung der Bemessungsgrundlage durch eine entsprechende Ergänzung des § 10 Abs. 4 UStG ausdrücklich als „unzuläs-sig“ bezeichnet werden sollte (vgl. BTDrucks 14/265, S. 118). Zur Begründung heißt es u.a.: ‚Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die verbilligte oder unentgeltliche Gestel-lung von Mahlzeiten des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer auf der Grundlage der amt-lichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsverordnung ist künftig nicht mehr zulässig. Die in § 10 Abs. 4 UStG vorgeschriebenen Werte weichen grundsätzlich von den für Lohnsteuerzwecke anzusetzenden Werten ab. In bestimmten Fällen läßt es die Finanz-verwaltung bisher jedoch aus Vereinfachungsgründen zu, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Diese Re-gelung ist weder durch das UStG noch durch Artikel 11 Teil A der 6. EG-Richtlinie ge-deckt.’ (vgl. BTDrucks 14/265, S. 198). Diese vorgesehene Ergänzung des § 10 Abs. 4 UStG ist zwar - ohne Angabe von Grün-den (vgl. BTDrucks 14/443, S. 38) - nicht Gesetz geworden. Ihre Begründung zeigt aber, daß das UStG das Begehren des Klägers nicht deckt.

c) Einen Anspruch darauf, abweichend vom Gesetz besteuert zu werden, hat der Kläger nicht.

Page 186: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 186 Heft 1/2005

Auf die Praxis der Finanzverwaltung kann sich der Kläger insoweit nicht berufen. Denn danach wird bei einer verbilligten Abgabe von Mahlzeiten eines Unternehmers an seine Arbeitnehmer nur bei einer unternehmenseigenen Kantine - nicht dagegen bei einer nicht vom Unternehmer selbst betriebenen Kantine wie im Streitfall - die Bemessungsgrund-lage (lediglich) unter Ansatz der amtlichen Sachbezugswerte nach der Sachbezugsver-ordnung ermittelt (vgl. Schreiben des BMF in BStBl I 1991, 267, unter II. 2.; UStR 1996/ 2000, Abschn. 12 Abs. 10 ff.). Überdies vermittelt Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes kei-nen Anspruch auf Anwendung einer - was hier zugunsten des Klägers unterstellt wird - rechtswidrigen Verwaltungspraxis; insoweit gibt es keine „Gleichheit im Unrecht“ (vgl. BFH-Beschluß vom 12.10.2000 V B 66/00, BFH/NV 2001, 296, m.w.N.).

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.“ Umsatzsteuerliche Beurteilung der von einem Wasserversor-gungsverband bei seinen Mitgliedern zur Deckung des Fehlbe-trags der Vorjahre erhobenen Umlage

BKPV 67/2005

Urteil des Sächsisches Finanzgerichts vom 10.10.2002 - 2 K 315/01 - rkr (EFG 2003 Nr. 18, S. 1347) Leitsatz: „Eine von einem Wasserversorgungsverband bei seinen Mitgliedern zur Deckung des Fehlbetrags der Vorjahre erhobene Umlage stellt Entgelt von dritter Seite für die Wasserlieferungen des Verbands an die versorgungsberechtigten Grundstückseigentümer der ihm angehörenden Gemeinden dar, wenn sich die Umlage nach dem Wasserverbrauch der in der jeweiligen Gemeinde ansässigen Nutzer be-mißt.“ Sachverhalt: „Streitig ist, ob die von einem Wasserversorgungsverband bei seinen Mitgliedern zur Deckung des Fehlbetrags der Vorjahre erhobene Umlage als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen an die Wasser-verbraucher zu beurteilen ist oder ob es sich um bloße Mitgliedsbeiträge handelt, denen eine Leistung nicht gegenübersteht. Die Klägerin ist ein öffentlich-rechtlicher Wasserversorgungs-Zweckverband. Verbandsmitglieder sind 49 Gemeinden aus Landkreisen der Regierungsbezirke C. und L.. Zu den Aufgaben der Klägerin gehört u.a., die in den Mitgliedsgemeinden wohnhaften Verbraucher mit Trinkwasser zu versorgen und die hierfür nötigen Anlagen zu betreiben. Der Anteil eines jeden Mitglieds bestimmt sich nach der gesamten kalenderjährig abgegebenen Trinkwassermenge. Er ist u.a. Maßstab für das Stimmrecht des Mitglieds und seinen Anteil an den Umlagen (§ 4 der Satzung). Gemäß § 14 der Satzung erhebt der Verband von den Verbrauchern Entgelte, die zumindest seinen Aufwand decken. Zur Deckung seines weiteren Fi-nanzbedarfs erhebt der Verband nach dem Verhältnis der jeweiligen Beteiligungsquoten von seinen Mitgliedern eine Jahresumlage, soweit nicht eigene Mittel, z.B. aus Abschreibungen und Kreditaufnah-men, oder Zuschüsse Dritter zur Verfügung stehen. Zum Ausgleich von Verlusten der Jahre 1993 bis 1995 in Höhe von ca. 16.000.000 DM aus dem Be-reich der Wasserversorgung erhob die Klägerin im Einklang mit den §§ 4, 14 und 15 ihrer Satzung im Jahre 1996 eine Umlage in Höhe von insgesamt 1.133.900 DM, die sie entsprechend der Beteiligungs-quote auf ihre Mitglieder aufteilte (Bl. 22 Rb-Akte). Weiterhin wurden zur Abdeckung der Fehlbeträge die Kredite auf 3.404.000 DM aufgestockt. Die nach den Feststellungen des Regierungspräsidenten gebotene Gebührenerhöhung war von der Verbandsversammlung zunächst abgelehnt worden Sie ist danach im Jahre 1997 rückwirkend ab 1.9.1996 vom Regierungspräsidenten im Wege der Rechtsauf-sicht erzwungen worden und führte zu jährlichen Mehreinnahmen von ca. 6.000.000 DM. Die Klägerin behandelte die Umlage in ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1996 nicht als Entgelt für einen steuerpflichtigen Umsatz. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung beurteilte der Beklagte - das Finanzamt (FA) - die Umlage als Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG, das die Gemein-den für steuerpflichtige Wasserlieferungen der Klägerin an die nutzungsberechtigten Personen auf-wandten. Dementsprechend erließ das Finanzamt für das Jahr 1996 einen nach § 164 Abs. 1 AO be-

Page 187: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 187

richtigten Bescheid, dem für die begünstigten Wasserlieferungen nach Herausrechnung der Umsatz-steuer eine um 1.059.720 EM netto (1.133.900 DM abzügl. 74.180 DM) erhöhte Bemessungsgrundlage zugrundeliegt. Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage. Sie vertritt die Auffassung, die Umlage habe kei-nen preisauffüllenden Charakter. Es handle sich vielmehr um echte Zuschüsse, die aus übergeordne-ten strukturpolitischen Gründen geleistet würden. Es gehe darum, den hohen Investitionsbedarf im Be-reich der Trinkwasserversorgung zu decken, ohne im Hinblick auf die geringeren verfügbaren Einkom-men in den neuen Bundesländern den Verbraucher über Gebühr zu belasten. Nach der Rechtspre-chung seien derartige Zahlungen, die Verluste in der Vergangenheit abdeckten und dadurch dem Un-ternehmen die weitere Tätigkeit ermöglichten, nicht mit einer Gegenleistung verknüpft (BFH-Urteile vom 11.4.2002 V R 65/00, UR 2002, 367; vom 22.7.1999 V R 74/98, BFH/NV 2000, 240; vom 30.1.1997 V R 133/93, BStBl II 1997, 335). In diesem Zusammenhang sei auch zu beachten, daß zwischen den Mit-gliedskommunen und dem Zweckverband keine vertraglichen oder gesetzlichen Beziehungen bestün-den. Mit der Gründung des Zweckverbands sei die Versorgungsaufgabe unmittelbar auf den Zweckver-band übergegangen. Eine Lieferbeziehung komme lediglich zwischen dem Zweckverband und dem Wasserverbraucher zustande. Schließlich müsse berücksichtigt werden, daß die Umlage der Verlust-abdeckung der Vorjahre gedient labe und nicht der Preisauffüllung des Streitjahres. Die Klägerin beantragt, den Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1996 vom 29.10.1999 und die Ein-spruchsentscheidung vom 16.1.2001 insoweit aufzuheben, als das Finanzamt die von den Gemeinden gezahlten Umlagen von insgesamt 1.059.720 DM netto als zusätzliches Entgelt für die Trinkwasserlie-ferungen behandelt hat. Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen. Es ist unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung der Klage entgegenge-treten.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist nicht begründet. Die vom Kläger, einem Betrieb gewerblicher Art. bei seinen Mitgliedern erhobenen Umlagen sind Ent-gelte von dritter Seite für die Wasserlieferungen der Klägerin an die versorgungsberechtigten Grund-stückseigentümer der ihr angehörigen Gemeinden. Zutreffend hat das Finanzamt unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (s.u.a. BFH-Urt. vom 4.7.1985 V R 35/78, BStBl II 1985, 559) dargelegt, daß die von einem Wasserversor-gungsverband bei seinen Mitgliedern zur Deckung der Kosten erhobenen Umlagen Entgelte für Lei-stungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG sind. Ihr Entgeltcharakter drückt sich in der durch die Satzung festgelegten Bemessung der Umlage nach dem Wasserverbrauch der in der jeweiligen Gemeinde angesiedelten Nutzer aus. Dem Entgeltcharakter steht nicht entgegen, daß die Klägerin in den Jahren 1993 bis 1995 u.a. wegen Rückgang des Wasserverbrauchs mit nicht mehr kostendeckenden Preisen gearbeitet hat und die am Wasserverbrauch orientierte Umlage zur Abdeckung von Fehlbeträgen aus der Vergangenheit diente (Urteil d. Niedersächs FG vom 25.6.1981 V 162/79, UR 1982, 227, BFH-Urt. vom 18.4.1996 V R 123/93, BStBl II 1996, 387). Gegen den Entgeltcharakter der Umlagen kann nicht eingewandt werden, daß die Klägerin im Streitfall in keinen Leistungsbeziehungen zu den die Umlage entrichtenden Gemeinden, sondern nur zu den in deren Einzugsbereich wohnhaften Wasserverbrauchern steht. Denn zum Entgelt gehört nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Lei-stung gewährt. Die Umlagen haben ihren ausschließlichen Grund im Leistungsverhältnis zwischen der Klägerin und den im Einzugsbereich der jeweiligen Mitglieder der Klägerin angesiedelten Wasserver-braucher Sie treten insoweit an die Stelle der gebotenen die Leistungsempfänger treffenden, aber von der Verbandsversammlung unterlassenen rechtzeitigen Gebührenerhöhung. Sie sind daher verknüpft mit der Leistung der Klägerin an die Verbraucher und zielen nicht wie Zuschüsse primär darauf ab, un-abhängig von der Leistungsseite primär den leistenden Unternehmer zu begünstigen. Daß keine struk-turpolitischen Überlegungen im Vordergrund standen, erhellt schließlich auch daraus, daß die Umlage

Page 188: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 188 Heft 1/2005

mit einem Betrag von rd. 1.134.000 DM nicht höher, sondern sogar erheblich niedriger war als die ver-spätete Gebührenerhöhung, die nach dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ab 1997 zu jährlichen Mehreinnahmen von rd. 6.000.000 DM führte. Wertungsmäßig macht es deshalb keinen Unterschied, ob die Gemeinden als Zwischenglied in den Leistungsaustausch zwischen den Zweckverband und den Endverbraucher eingeschaltet sind und als Leistungsempfänger Umlagen und/oder Gebühren entrichten oder ob eine unmittelbare Leistungsbeziehung nur zwischen dem Zweckverband und den Wasserverbrauchern besteht und die Gemeinden als Dritte die Umlage im In-teresse der in ihrem Einzugsbereich lebenden Verbraucher entrichten. Der Senat weicht hiermit nicht von der von der Klägerin zur Begründung ihrer Rechtsauffassung heran-gezogenen BFH-Rechtsprechung ab. Im BFH-Urteil vom 11.4.2002 (a.a.O.) war darüber zu befinden, ob eine Zahlung der Gemeinde an eine satzungsgemäß im allgemeinen Interesse der Wirtschaftsent-wicklung tätig gewordene Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft eine individualisierbare Leistung an die Gemeinde (Stadt L) gegenüberstand. Dies wurde bejaht, soweit die Gesellschaft im Auftrag der Ge-meinde aufgrund eines Geschäftsversorgungsvertrags Aufgaben der Gemeinde übernommen und hier-bei Verluste erwirtschaftet hat. Der Senat sieht insoweit keinen Widerspruch zu der von ihm vertretenen Auffassung, daß es bei Übernahme von Aufgaben der Gemeinde durch einen Zweckverband keinen Unterschied macht, ob das Leistungsverhältnis so ausgestaltet ist, daß der Verband direkt an die Ge-meinde und jene an den Endverbraucher leistet oder ob der Verband in eine Direktbeziehung zum End-verbraucher tritt. Dies gilt um so mehr, als sich die Höhe der von jeder Gemeinde zu entrichtenden Umlage nach der jeweiligen an die Bürger der Gemeinde abgegebenen Trinkwassermenge richtete. Auch das BFH-Urteil vom 22.7.1999 V R 47/98 (a.a.O.) schließt nicht aus, daß Zuschüsse der Stadt an den örtlichen Verkehrsverein Entgelt für eine Leistung sein können. Der Bundesfinanzhof verneinte dies im Streitfall lediglich deshalb, weil es sich um dem allgemeinen Interesse dienende sog. Globalzu-schüsse für lokale Entwicklungsmaßnahmen handelte und nicht eine konkrete individuelle Gegenlei-stung an die Gemeinde feststellbar war. Gegenteilige Folgerungen können auch nicht aus dem BFH-Urteil vom 30.1.1997 V R 133/93 (a.a.O.) gezogen werden. Dort war über Zahlungen an eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft für die Brachlegung von Ackerflächen (Stillegungsprämie) zu befinden. Solche Zahlungen dienen nach der Rechtsprechung grundsätzlich strukturpolitischen und allgemeinpolitischen Zielen im Interesse der pro-duzierenden Landwirtschaft und der Allgemeinheit, nicht aber oder allenfalls sekundär den Interessen eines bestimmten Leistungsempfängers und stellen deshalb kein Entgelt für eine Leistung des Empfän-gers dar. Mit einem solchen Sachverhalt aber ist der Streitfall, in dem es um die verbrauchsabhängige Beteiligung der Gemeinden an der durch die Trinkwasserversorgung verursachten Kosten geht, jedoch nicht vergleichbar. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Zulassung der Revision folgt aus § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.“ Zuschüsse der öffentlichen Hand an einen Unternehmer als Teil des Entgelts gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG

BKPV 68/2005

BFH-Urteil vom 9.10.2003 - V R 51/02 (BStBl 2004 II S. 322) Leitsatz: „Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, gehören - unabhängig von der Bezeichnung als "Zuschuß" - dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn – der Zuschuß dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger zugute kommt, – der Zuschuß gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer

bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und

Page 189: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 189

– mit der Verpflichtung der den Zuschuß gewährenden Stelle zur Zuschußzahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.“

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Verein, der die Aufgabe hat, in seinem Verbands-

gebiet die Qualität der tierischen Erzeugung im allgemeinen volkswirtschaftlichen Interesse sowie im Interesse der Volksgesundheit zu fördern und der Landestierzucht, dem Tierschutz und Tier-seuchenschutz zu dienen. Zu diesem Zweck führte der Kläger im Streitjahr unter anderem monat-lich bei seinen Mitgliedsbetrieben Milchleistungsprüfungen durch, deren Vorgaben auf dem Tier-zuchtgesetz und den dazu erlassenen Verordnungen beruhten. Der von den Mitgliedern des Klä-gers an diesen zu entrichtende Beitrag bemaß sich nach Art und Umfang der durchgeführten Milchleistungsprüfungen. Für jede durchgeführte Milchleistungsprüfung zahlte das Land Branden-burg dem Kläger einen Zuschuß in Höhe von 20 DM pro Jahr und Kuh. In seiner Umsatzsteuererklärung für 1991 behandelte der Kläger zunächst sowohl die Mitglieds-beiträge als auch die Zuschüsse als Entgelte für steuerpflichtige Umsätze. Der Beklagte und Revi-sionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) stimmte der Erklärung zu. In der Folge vertrat der Kläger die Auffassung, die Zuschüsse unterlägen nicht der Umsatzsteuer und reichte eine entsprechend „berichtigte“ Umsatzsteuererklärung ein. Das FA folgte dem nicht, sondern bezog die Zuschüsse in die Bemessungsgrundlage für die steuerpflichtigen Umsätze ein. Einspruch und Klage gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 14.3.2000 blieben ohne Erfolg. Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Er meint, die Zuschüsse gehörten nicht gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes 1991 (UStG) zum Entgelt für die Milchleistungsprüfungen; es lägen vielmehr echte Zuschüsse vor; die Zuschüsse würden dem Klä-ger in erster Linie in seinem Interesse gewährt. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den angefochtenen Umsatzsteuerbe-scheid entsprechend zu ändern. Das FA ist der Revision entgegengetreten. Es ist nach wie vor der Meinung, daß die Zuschüsse zum Entgelt für die steuerpflichtigen Milchleistungsprüfungen gehören.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO)

zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG). Der vom FG festgestellte Sachverhalt reicht nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Zu-schüsse in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

1. Die Vorentscheidung läßt zwar keinen Rechtsfehler erkennen, soweit sie die Milchleistungs-

prüfungen durch den Kläger als steuerbare und steuerpflichtige Leistungen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG beurteilt. Nach den Feststellungen des FG knüpften die von den Mitgliedern zu entrichteten Beiträge an die Art und Durchführung der durchgeführten Milchleistungsprüfun-gen an. Die Milchleistungsprüfungen wurden deshalb von dem Kläger gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG „gegen Entgelt“ an die Mitglieder erbracht.

2. Der Senat kann aber aufgrund des vom FG festgestellten Sachverhalts nicht beurteilen, ob

die Zuschüsse, um die es geht, ebenfalls zum Entgelt für diese Leistungen gehörten.

a) Entgelt ist alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, je-doch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG). Zum Entgelt gehört auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt (§ 10 Abs. 1 Satz 3 UStG).

Page 190: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 190 Heft 1/2005

b) Die Vorschrift entspricht Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Danach ist Besteuerungsgrund-lage bei den dort genannten Lieferungen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Ab-nehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Sub-ventionen. Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in sei-nem Urteil vom 22.11.2001 Rs. C-184/00, Office des produits wallons (Slg. 2001, I-9115, UVR 2002, 47, mit Anm. Wagner) wörtlich ausgeführt: ‚11. Subventionen wie die in der Vorlagefrage genannten - d.h. betriebliche Zuschüsse, die einen Teil der Betriebskosten decken - wirken sich praktisch immer auf den Selbstko-stenpreis der von der subventionierten Einrichtung gelieferten Gegenstände oder er-brachten Dienstleistungen aus. Soweit diese Einrichtung nämlich bestimmte Gegen-stände liefert oder bestimmte Dienstleistungen erbringt, wird sie dies zu Preisen tun kön-nen, die ihr nicht möglich wären, wenn sie ihre Kosten weitergeben und zugleich Ge-winne erzielen müßte. 12. Die Möglichkeit allein, daß eine Subvention sich auf die Preise der von der subven-tionierten Einrichtung gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen aus-wirkt, macht jedoch diese Subvention nicht schon steuerbar. Für einen unmittelbaren Zu-sammenhang der Subvention mit dem Preis dieser Umsätze im Sinne des Artikels 11 Teil A der Sechsten Richtlinie ist darüber hinaus, wie die Kommission zu Recht ausge-führt hat, erforderlich, daß die Subvention an die subventionierte Einrichtung gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstandes oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gezahlt wird. Nur in diesem Fall kann die Subvention als Gegenleistung der Lieferung eines Gegenstandes oder der Erbringung einer Dienstleistung angesehen werden und ist damit steuerbar. 13. Um feststellen zu können, ob die Subvention eine solche Gegenleistung darstellt, muß der Preis des Gegenstandes oder der Dienstleistung in seinen Grundzügen späte-stens zum Zeitpunkt des Eintritts des Tatbestands festliegen. Auch muß mit der Ver-pflichtung der Subventionsstelle zur Subventionszahlung das Recht des Begünstigten auf Auszahlung der Subvention einhergehen, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat. Diese Verbindung zwischen Subvention und Preis muß nach einer Untersuchung der Umstände des Einzelfalls, auf denen die Zahlung dieser Gegenleistung beruht, eindeutig zum Ausdruck kommen. Dagegen ist nicht erforderlich, daß der Preis des Gegenstandes oder der Dienstleistung - oder ein Teil des Preises - bestimmt ist. Es genügt, daß er be-stimmbar ist. 14. Somit ist die Feststellung einer unmittelbaren Verbindung zwischen der Subvention und dem betreffenden Gegenstand oder der betreffenden Dienstleistung Aufgabe des vorlegenden Gerichts. Dazu muß es zunächst prüfen, ob dem Abnehmer des Gegen-standes oder dem Dienstleistungsempfänger die Subvention des Subventionsempfän-gers zugute kommt. Der vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger zu zahlende Preis muß nämlich so festgesetzt sein, daß er sich entsprechend der dem Verkäufer des Gegenstandes oder dem Dienstleistungserbringer gewährten Subvention ermäßigt, die damit in die Kalkulation des Preises einfließt, die die letztgenannten verlangen. Das Ge-richt wird zu prüfen haben, ob die Zahlung einer Subvention an den Verkäufer oder Dienstleistungserbringer ihm objektiv gesehen den Verkauf des Gegenstandes bzw. die Erbringung der Dienstleistung zu einem niedrigeren Preis als dem ermöglicht, den er ohne Subvention verlangen müßte.’ Im Urteil vom 13.6.2002 Rs. C-353/00, Keeping Newcastle Warm (UVR 2002, 254) hat der EuGH unter Anwendung dieser Grundsätze entschieden, daß Subventionszahlun-gen, die eine Verwaltungsagentur an ein Netzunternehmen auf Antrag der Kunden die-ses Netzunternehmens leistete, Gegenleistungen für die Energieberatungsleistungen der Netzunternehmen an die Kunden und Teil der Besteuerungsgrundlage dieser Umsätze waren.

Page 191: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 191

c) Die Urteile des EuGH decken sich im Ergebnis weitgehend mit der bisherigen Rechtspre-chung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 8.3.1990 V R 67/89, BFHE 160, 244, BStBl II 1990, 708, Frachthilfen zur Subventio-nierung von Unternehmern im Zonenrandförderungsgebiet, und vom 27.6.1996 V R 35/95, BFH/NV 1997, 155, öffentliche Zuschüsse an Betriebshelfereinrichtungen). Unter Einbeziehung der Rechtsgrundsätze des EuGH gilt Folgendes: Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, gehören - unabhängig von der Bezeichnung als „Zuschuß“ - dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn

– der Zuschuß dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger

zugute kommt, – der Zuschuß gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Er-

bringung einer bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und – mit der Verpflichtung der den Zuschuß gewährenden Stelle zur Zuschußzahlung das

Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht erforderlich, daß der Leistungsempfänger ei-nen Rechtsanspruch auf die Zahlung hat; es reicht aus, daß sie in seinem Interesse er-folgt. Nicht zum Entgelt gehören die Zahlungen des Dritten dann, wenn sie zur allgemeinen Förderung des leistenden Unternehmers und nicht überwiegend im Interesse des Lei-stungsempfängers für eine bestimmte Leistung bewirkt werden. In diesem Fall wird die Zahlung des Dritten gewöhnlich als echter Zuschuß bezeichnet. Die Abgrenzung von Entgelt und „echtem Zuschuß“ wird somit nach der Person des Bedachten und dem För-derungsziel vorgenommen. Nach dem Urteil in BFHE 160, 244, BStBl II 1990, 708 führen bloß technische Anknüpfungen von Förderungsmaßnahmen an Leistungen eines Unter-nehmers nicht dazu, die Förderung zum (zusätzlichen) Entgelt „für die Leistungen“ zu machen, wenn das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten der Ab-nehmer, sondern die Subvention des leistenden Unternehmers ist.

d) Im Streitfall liegt zwar die Annahme nahe, daß die Zuschüsse, um die es geht, nicht nur „technisch“ an die Milchleistungsprüfungen anknüpfen, sondern zusätzliches Entgelt für diese sind. Eine abschließende Beurteilung ist aber nur anhand der Vorschriften, Bewilli-gungsbedingungen und ähnlicher Bestimmungen möglich, aufgrund derer die Zuschüsse gewährt wurden. Hierüber gibt die Vorentscheidung keine Auskünfte.“

Umsatzsteuerliche Behandlung des Legens von Wasserleitun-gen einschließlich der Hauswasseranschlüsse durch einen Wasserversorger

BKPV 69/2005

vgl. BKPV 56/2003 1. Urteil des Sächsisches Finanzgerichts vom 24.9.2003 - 4 K 226/01 - nicht rechtskräftig (Az.

des BFH: V R 61/03 - siehe unter 2.) (Versorgungswirtschaft 2004, S. 16) Leitsatz: „Die von einem Wasserversorger gegenüber den jeweiligen Endabnehmern erbrachten Leistungen, nämlich die Lieferung von Wasser und die Errichtung von Liefererleitungen einschließlich der Hausan-schlußleitung, stellen insgesamt die einheitliche Leistung "Lieferung von Wasser" dar, die dem ermä-ßigten Steuersatz unterliegt. Die Errichtung der Leitungen ist Nebenleistung zur Wasserlieferung, da sie für die Kunden das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.“

Page 192: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 192 Heft 1/2005

Sachverhalt: „Streitig ist, ob das Legen von Wasserleitungen (Liefererleitungen) einschließlich der Hauswasseran-schlüsse als umsatzsteuerpflichtige Leistung “Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluß an das Ver-sorgungsnetz” oder als unselbständige Nebenleistung anzusehen ist. Der Kläger ist ein Z und A. Er wendet sich gegen die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 3. Kalender-vierteljahr 2000 vom 17.11.2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2001, mit welcher er u.a. Umsätze zum Steuersatz von 16 v.H. in Höhe von 56.105,- DM (netto) aus der Errichtung von Liefererleitungen einschließlich Hausanschlußleitungen (sog. Wasseranschlußbeiträge, Baukostenzu-schüsse oder Hausanschlußkosten) entsprechend dem BMF-Schreiben vom 4.7.2000 anmeldete. Der Kläger beliefert seine Kunden mit Trinkwasser. Für die Lieferung des Wassers erhebt er Grundge-bühren und Mengengebühren. Für die Errichtung von Liefererleitungen einschließlich der Hausan-schlußleitung, d.h. der Verbindung seines Verteilungsnetzes mit der Kundenanlage, erhält er eine Ko-stenerstattung. Die Hausanschlußleitungen bleiben im Eigentum des Versorgungsunternehmens. Der Kläger trägt vor, ohne daß sich an der Gesetzeslage etwas geändert habe und ohne erkennbaren Bezug auf die Rechtsprechung werde von der langjährigen Verwaltungspraxis abgewichen, derartige Leistungen als unselbständige Nebenleistungen zu behandeln und mit 7 % Umsatzsteuer zu besteuern. Eine selbständige Leistung “Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluß an das Versorgungsnetz” gebe es nicht. Diese werde lediglich aus fiskalischen Gründen konstruiert. Eine Wasserversorgung ohne Hausanschlußleitung sei faktisch unmöglich. Die Hausanschlußleitungen hätten ausschließlich den Zweck, die Wasserlieferung bis ins Grundstück sicherzustellen. Die Kostenerstattungen hierfür seien ähnlich wie die Grundgebühr Bestandteil der Wasserversorgungsgebühr und somit Bestandteil des Entgelts für die Wasserlieferung. Er habe ebenso auf die Kostenerstattung für die Hausanschluß-leitungen verzichten und eine entsprechend höhere Grund- oder Mengengebühr erheben können. Die Erstattung von Hausanschlußkosten sei eine Form der Transportkosten, weil die verlegten Rohre aus-schließlich dem Transport des Wassers dienten. Transportkosten seien jedoch nach Abschnitt 149 Abs. 3 Satz 9 UStR stets als Teil des Entgelts bzw. als Entgelt für eine unselbständige Nebenleistung anzusehen. Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Umsatzsteuer-Voranmeldung für das 3. Kalendervierteljahr 2000 vom 17.11.2000 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.1.2001 dahingehend abzuändern, daß die Umsatzsteuer um 5.053,89 DM herabgesetzt wird. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er trägt vor, das Legen von Wasserleitungen einschließlich der Hauswasseranschlüsse durch den Klä-ger sei gemäß BMF-Schreiben vom 4.7.2000, BStBl I 2000, 1185 eine selbständige Hauptleistung, an dieses Schreiben sei er gebunden. Die Kosten für den Hausanschluß seien nicht mit Transportkosten vergleichbar oder Bestandteil des Entgelts für die Wasserlieferung. Die Verschaffung der Anschluß-möglichkeit sei eine Leistung, die einmalig erbracht werde, dauerhaft dem Grundstück zugute komme und unabhängig davon sei, ob und in welchem Umfang die Wasserbezugsmöglichkeit in Anspruch ge-nommen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgelegten Steuerakten und der Gerichtsakte 4 K 226/01 Bezug genommen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 5.3.2001 (Bl. 15 d.A.) und der Beklagte mit Schreiben vom 21.2.2001 (Bl. 9 d.A.) einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Die von der Klägerin gegenüber den jeweiligen Endabnehmern erbrachten Leistungen, nämlich die Lieferung von Wasser und die Errichtung von Liefererleitungen einschließlich der Hausanschlußleitung, stellen insgesamt die einheitliche Leistung “Lieferung von Wasser” dar, für die sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, Nr. 34 der Anlage die Umsatzsteuer auf 7 von Hundert ermäßigt. Es liegt eine einheitliche Leistung vor, da das Liefern von Wasser die Hauptleistung und die Errichtung von Liefererleitungen ein-

Page 193: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 193

schließlich der Hausanschlußleitungen eine unselbständige Nebenleistung zu dieser Hauptleistung dar-stellt, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (so auch Tehler, in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 1, 261, Stichwort: Hausanschluß; Löblein, DStR 2000, 1903). Die genannte Leistung ist als Nebenleistung zur Hauptleistung Lieferung von Wasser anzusehen, weil sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 25.2.1999, Az.: C-349/96, Rn. 30; BFH, Urteil vom 9.10.2002, Az.: V R 67/01, BStBl II 2003, 379, 380; Abschnitt 29 Abs. 3 UStR). Die Verlegung der Rohre ist keine besondere, von der Wasserlieferung unabhängige Leistung, sondern ein Teil dessen, das der Lieferer tun muß, um seine Lieferpflicht zu erfüllen. Das Entgelt dafür ist dem-entsprechend ohne Rücksicht auf seine Benennung und die rechtliche Gestaltung des Vertragsverhält-nisses ein Teil dessen, das der Abnehmer aufwenden muß, um die Lieferung zu erhalten (vgl. für die Instandhaltung der zur Stromlieferung erforderlichen Anlagen: RFH, Urteil vom 20.5.1932, Az.: V A 441/32, RStBl 1933, 275). Der Endabnehmer läßt sich einen Hausanschluß vom Wasserlieferer nicht um seiner selbst willen legen. Die üblicherweise bis zur Wasseruhr vom Wasserlieferanten verlegten Rohre (vgl. dazu BFH, Bescheid vom 20.10.1959 und Urteil vom 25.2.1960, Az.: V 39/58 U, BStBl III 1960, 181) haben für ihn keinen eigenen Nutzen und Wert. Nicht abhängig ist die Besteuerung von der Art der Erhebung der Gebühren. Ebenso wenig wie die Be-rechnung eines Gesamtpreises entscheidende Bedeutung für das Vorliegen einer einheitlichen Lei-stung hat (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 25.2.1999, Az.: C-349/96, Rn. 31), führt die Berechnung geson-derter Gebühren zur Aufspaltung der Leistungen. Die Leistung ist nicht allein deshalb Hauptleistung, weil sie gesondert abgerechnet wird. Die Einwendung des Beklagten, die Verschaffung der Anschlußmöglichkeit sei eine Leistung, die ein-malig erbracht werde, dauerhaft dem Grundstück zugute komme und unabhängig davon sei, ob und in welchem Umfang die Wasserbezugsmöglichkeit in Anspruch genommen werde, steht dem Ergebnis nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht dargetan, warum dieses Vorbrin-gen gegen die Annahme einer unselbständigen Nebenleistung sprechen soll. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage berührt eine Vielzahl gleichge-lagerter Fälle.“ 2. Beschluß des BFH vom 18.01.2005 - V R 61/03 (UR 2005, S. 315) Mit Bechluß vom 18.01.2005 forderte der BFH das Bundesministerium der Finanzen auf dem Verfahren beizutreten. Der Beschlkluß lautet: Sachverhalt: „Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist ein Zweckverband zur Trinkwasserversorgung und Ab-wasserbeseitigung. Mitglieder sind mehrere Städte und Gemeinden eines sächsischen Landkreises. Er beliefert Kunden mit Wasser. Ferner legt er - gegen Kostenerstattung - Wasserleitungen (sog. Liefe-rerleitungen) einschließlich der Hauswasseranschlüsse, d.h. er verbindet sein Verteilernetz mit der je-weiligen Kundenanlage. Auf welcher Rechtsgrundlage der Kläger Wasser lieferte und die Wasserlei-tungen legte, ergibt sich aus den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht. Streitig ist, ob das “Legen von Wasserleitungen (Liefererleitungen) einschließlich der Hauswasseran-schlüsse” (im Folgenden: Legen von Hausanschlussleitungen) entsprechend der in dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 4.7.2000 (BStBl I 2000, 1185) vertretenen Auffassung als selbständige umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung “Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz” oder als unselbständige Nebenleistung zur Lieferung des Wassers anzusehen ist. Der Kläger meldete in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für das III. Kalendervierteljahr 2000 vom 17.11.2000, eingegangen beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) am 21.11.2000, ne-ben Umsätzen zum Steuersatz von 7 v.H. in Höhe von 2.569.226 DM (netto) Umsätze zum Steuersatz

Page 194: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 194 Heft 1/2005

von 16 v.H. in Höhe von 56.105 DM (netto) aus der Errichtung von Hausanschlussleitungen (sog. Bau-kostenzuschüsse) entsprechend dem BMF-Schreiben vom 4.7.2000 an. Mit seinem gleichzeitig eingelegten Einspruch beantragte der Kläger, auf diese Umsätze (ebenfalls) den Steuersatz von 7 v.H. anzuwenden, der auch für die Lieferung von Wasser gelte. Er trug zur Begrün-dung u.a. vor: Ohne dass sich an der Gesetzeslage etwas geändert habe und ohne erkennbaren Bezug auf die Rechtsprechung weiche das BMF-Schreiben vom 4.7.2000 von der langjährigen Verwaltungs-praxis ab, derartige Leistungen als unselbständige Nebenleistungen zu behandeln und mit 7 v.H. Um-satzsteuer zu besteuern. Eine selbständige Leistung “Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz” gebe es nicht. Diese werde lediglich aus fiskalischen Gründen konstruiert. Eine Wasserversorgung ohne Hausanschlussleitung sei faktisch unmöglich. Die Hausanschlussleitungen hätten ausschließlich den Zweck, die Wasserlieferung bis ins Grundstück sicherzustellen. Das FG gab der nach erfolglosem Einspruch (Einspruchsentscheidung vom 30.1.2001) erhobenen Klage statt. Es führte zur Begründung aus: Die von der Klägerin gegenüber den jeweiligen Endabnehmern erbrachten Leistungen, nämlich die Lieferung von Wasser und die Errichtung der Hausanschlussleitung, stellten insgesamt die einheitliche Leistung “Lieferung von Wasser” dar, für die sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) i.V.m. Nr. 34 der Anlage die Umsatzsteuer auf 7 v.H. ermäßige. Es liege eine einheitliche Leistung vor, da das Liefern von Wasser die Hauptleistung und die Errichtung der Hausanschlussleitung eine unselbständige Nebenleistung zu dieser Hauptleistung sei, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teile. Die genannte Leistung sei als Nebenleistung zur Haupt-leistung “Lieferung von Wasser” anzusehen, weil sie für die Kunden keinen eigenen Zweck habe, son-dern das Mittel darstelle, um die Hauptleistung des Klägers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Die Verlegung der Rohre sei keine besondere, von der Wasserlieferung unabhängige Lei-stung, sondern ein Teil dessen, was der Lieferer tun müsse, um seine Lieferpflicht zu erfüllen. Das Ent-gelt dafür sei dementsprechend ohne Rücksicht auf seine Benennung und die rechtliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses ein Teil dessen, das der Abnehmer aufwenden müsse, um die Lieferung zu erhalten. Der Endabnehmer lasse sich einen Hausanschluss vom Wasserlieferer nicht um seiner selbst willen legen. Die üblicherweise bis zur Wasseruhr vom Wasserlieferanten verlegten Rohre hätten für ihn keinen eigenen Nutzen und Wert. Die Leistung sei nicht allein deshalb Hauptleistung, weil sie ge-sondert abgerechnet werde. Die Einwendung des FA, die Verschaffung der Anschlussmöglichkeit sei eine Leistung, die einmalig er-bracht werde, dauerhaft dem Grundstück zugute komme und unabhängig davon sei, ob und in welchem Umfang die Wasserbezugsmöglichkeit in Anspruch genommen werde, stehe diesem Ergebnis nicht entgegen. Es sei nicht ersichtlich und vom FA auch nicht dargetan, warum dieses Vorbringen gegen die Annahme einer unselbständigen Nebenleistung sprechen solle. Das Urteil des FG ist u.a. in EFG 2004, 689 veröffentlicht. Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision macht das FA im Wesentlichen geltend: Die Errichtung der Hausanschlussleitung sei - neben der Wasserlieferung - eine weitere selbständige Hauptleistung, denn diese Leitung werde nur einmalig verlegt und habe somit keinen zeitlichen Zu-sammenhang mit der Lieferung des Wassers. Dass diese Leitung über die gesamte Nutzungsdauer zur Beförderung des Wassers genutzt werde, sei irrelevant, da die zu betrachtende Leistung hier nicht in der Nutzung als Wasserleitung selbst liege, sondern in der mit der Verlegung der Leitung zusammen-fallenden Verschaffung der Möglichkeit zum Anschluss an das Versorgungsnetz. Des Weiteren komme die Verschaffung der Anschlussmöglichkeit dem Grundstück dauerhaft zugute, während die Lieferung des Wassers nur in dem Zeitraum relevant werde, in dem diese Leistung ange-fordert und erbracht werde. Zudem sei die Verschaffung der Anschlussmöglichkeit unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die Wasserlieferung in Anspruch genommen werde. Es würden auch Grundstücke angeschlossen, auf denen zum Zeitpunkt des Anschlusses kein Wasser verbraucht werde, die also nicht dem Anschluss-

Page 195: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 195

und Benutzungszwang unterlägen. Erst in unbestimmter Zeit sei hier mit einem Wasserverbrauch zu rechnen. Für die Selbständigkeit dieser Leistung spreche zusätzlich, dass die Kosten für den Hauptanschluss “ein Entgelttatbestand” seien, der nicht Bestandteil des Entgelts für die Wasserlieferung sei. Überdies sei Schuldner der Kosten für den Hauswasseranschluss der Eigentümer des Grundstücks; die Wasser-versorgungsgebühr könne davon abweichend z.B. vom Mieter des Grundstücks zu tragen sein. Jeden-falls in diesen Fällen fehle es an einer einheitlichen Leistung. Diese Rechtsauffassung sei im BMF-Schreiben vom 4.7.2000 konsequent auch für die Fälle mit identischem Leistungsempfänger fortentwik-kelt worden. Ferner treffe die Auffassung des FG nicht zu, die Verlegung der Rohre für den Hausanschluss sei ein Teil dessen, was der Lieferer tun müsse, um seine Lieferpflicht zu erfüllen. Vielmehr sei es Pflicht der Eigentümer von Grundstücken, auf denen Wasser verbraucht werde, die dafür erforderlichen Liefer- bzw. Anschlussanlagen auf eigene Kosten zu schaffen. Dieser Anschlusszwang begründe nicht ledig-lich die Pflicht, bei einer Wasserlieferung die öffentliche Versorgungsanlage in Anspruch zu nehmen. Es handele sich vielmehr um eine selbständige, aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften begründete Ver-pflichtung des Grundstückseigentümers, das Grundstück mit einem entsprechenden Anschluss zu ver-sehen. Überdies könne sich der Anschluss- und der Benutzungszwang gegen verschiedene Verpflichtete rich-ten. So verpflichte der grundstücksbezogene Anschlusszwang den Grundstückseigentümer oder einen dinglichen Berechtigten, während der personenbezogene Benutzungszwang den - nicht notwendig mit dem Eigentümer identischen - Nutzer des Grundstücks betreffe. Im Übrigen spreche gegen eine “nebensächliche” Leistung, dass das Entgelt für die Wasseranschluss-leistung regelmäßig mehrere tausend Euro betrage, während das Entgelt für die Wasserlieferungen sich auf nur wenige hundert Euro pro Jahr belaufe. Schließlich habe der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 17.8.1972 V R 21/68 (BFHE 107, 246, BStBl II 1973, 38)in der Lieferung von Strom und in der Gebrauchsüberlassung des Stromnetzes zwei eigen-ständige Leistungen gesehen. Von einer Hauptleistung zur Verschaffung der Bezugsmöglichkeit sei der BFH offenbar auch in seinem Urteil vom 28.1.1988 V R 112/86 (BFHE 152, 360, BStBl II 1988, 473) ausgegangen. Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Vorbringen des FA in allen Punkten entge-gen.“ Rechtliche Beurteilung: „1. Das FG ist übereinstimmend mit den Beteiligten (stillschweigend) davon ausgegangen, dass der

Kläger - als juristische Person des öffentlichen Rechts (Zweckverband) - mit dem Verlegen der Hausanschlussleitungen als Unternehmer tätig geworden ist.

a) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Un-

ternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht Gewinn zu erzielen fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ih-ren Mitgliedern tätig wird (§ 2 Abs. 1 UStG). Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuergeset-zes - KStG - ) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Nach § 4 Abs. 3 KStG gehören zu den Betrieben gewerblicher Art auch Betriebe, die der Ver-sorgung der Bevölkerung mit Wasser, Gas, Elektrizität oder Wärme, dem öffentlichen Verkehr oder dem Hafenbetrieb dienen. Nach Art. 4 Abs. 5 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/

Page 196: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 196 Heft 1/2005

388/EWG) gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbrin-gen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammen-hang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abga-ben erheben (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Etwas anderes gilt dann, wenn eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG). Die vorstehend genann-ten Einrichtungen gelten in jedem Fall als Steuerpflichtige in bezug auf die in Anhang D auf-geführten Einrichtungen, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG). In Anhang D Nr. 2 sind u.a. “Lieferungen von Wasser” genannt.

b) Der Kläger hat einen “Betrieb zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser” i.S. des § 4 Abs. 3

KStG unterhalten. Er ist sowohl bei den Lieferungen von Wasser als auch beim Legen der Hausanschlussleitungen i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG nachhaltig zur Erzielung von Ein-nahmen tätig geworden. Fraglich ist aber, ob das Legen der Hausanschlussleitungen in den Rahmen dieses Betriebs zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser (§ 4 Abs. 3 KStG) bzw. unter den Begriff “Liefe-rungen von Wasser” i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG. i.V.m. An-hang D Nr. 2 fällt. Wäre dies nicht der Fall, käme es darauf an, ob der Kläger beim Legen der Wasserleitungen gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG als Unternehmer (Steuer-pflichtiger) gehandelt hat (vgl. dazu BFH-Urteile vom 8.1.1998 V R 32/97, BFHE 185, 283, BStBl II 1998, 410; vom 12.10.2000 V R 74/99, BFH/NV 2001, 653; BFH-Beschluss vom 10.1.2002 V B 127/01, BFH/NV 2002, 683; BFH-Urteil vom 27.2.2003 V R 78/01, BFHE 201, 554; BFH-Beschluss vom 30.6.2004 V B 2/04, BFH/NV 2004, 1554).

2. Ist der Kläger mit dem Legen der Hausanschlussleitungen als Unternehmer (Steuerpflichtiger) tätig geworden, stellt sich die Frage, ob diese Leistungen - wie die Lieferungen von Wasser - mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 v.H. zu besteuern sind.

a) Die Lieferung von Wasser unterliegt nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i.V.m. Nr. 34 der Anlage

zum UStG sowie nach Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG i.V.m. Kategorie 2 des Anhangs H der Richtlinie 77/388/EWG dem ermäßigten Steuersatz.

b) In der überkommenen Rechtspraxis in der Bundesrepublik wurde das Legen von Hausan-

schlussleitungen als Nebenleistung zur Lieferung von Wasser angesehen. Diese Rechtsauffassung hat auch die (deutsche) Finanzverwaltung bis zum Erlass des BMF-Schreibens vom 4.7.2000 vertreten. So hieß es in dem zuvor geltenden BMF-Schreiben vom 27.12.1983 (BStBl I 1983, 567, 581): Unselbständige Nebenleistungen zu den begünstigten Umsätzen von Wasser seien insbe-sondere u.a. “das Legen und Unterhalten von Wasserleitungen (Liefererleitungen) einschließ-lich der Hausanschlüsse (Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 20.5.1932 V A 441/32, RStBl 1933, 275; BFH-Urteil vom 25.2.1960 V 39/58 U, BStBl III 1960, 181), auch wenn dafür als Entgelt Wasseranschlussbeiträge erhoben oder Baukostenzuschüsse gefordert werden (RFH-Urteil vom 29.9.1930 V A 884/29, Steuerwarte 1931 Nr. 390)”.

c) Diese Verwaltungsvorschrift (s. auch Erlass des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen vom 13.7.1988 S 7100 - 76 - V C 4, Deutsche Steuer-Zeitung/Eildienst 1988, 252; zustim-mend z.B. Husmann in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Anm. 574) hat das BMF in seinem Schreiben vom 4.7.2000 aufgehoben und vertritt seitdem - ohne Angabe von Gründen - die gegenteilige Meinung (vgl. auch BMF-Schreiben vom 5.8.2004, BStBl I 2004, 638, 676).

Dieser geänderten Auffassung stimmt die Literatur nur teilweise zu (z.B. Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, § 141 Rz. 164; Husmann in Rau/Dürrwächter, a.a.O., § 1 Anm. 560, unter “Rohrnetzkostenbeitrag”; Grawe in Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuerge-

Page 197: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 197

setz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Rz. 363; Langer in Hartmann/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Rz. 90; ablehnend: Lippross, Umsatzsteuer, 21. Aufl. 2005, S. 543; Löblein, DStR 2000, 1903; Klenk, IStR 2002, 426). Der Österreichische Verwaltungsgerichtshof (ÖVwGH) hat ebenfalls die Errichtung und Unterhaltung von Wasserversorgungsanlagen als unselbständige Nebenleistung zur (steuerermäßigten) Lieferung von (Leitungs-)Wasser ange-sehen (vgl. ÖVwGH, Erkenntnis von 19.3.2000 Zl 97/14/0133-7, IStR 2002, 424, mit Anmer-kung Klenk).

d) Es ist fraglich, ob die geänderte Verwaltungsauffassung im BMF-Schreiben vom 4.7.2000 mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) und des BFH zur Annahme eine Nebenleistung übereinstimmt. Danach ist eine Leistung als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen - und teilt um-satzsteuerrechtlich deren Schicksal -, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck hat, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen; entscheidend ist die Sicht des Durchschnittsverbrau-chers (vgl. EuGH-Urteile vom 22.10.1998 Rs. C-308/96, Rs. C-94/97, Madgett und Baldwin, Slg. 1998, I-6229, UR 1999, 38 Rz. 24; vom 25.2.1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan, Slg. 1999, I-973; UR 1999, 254 Rdnr. 30; vom 3.7.2001 Rs. C-380/99, Bertelsmann, Slg. 2001, I-5163, UR 2001, 346; Rdnr. 20; BFH-Urteile vom 31.5.2001 V R 97/98, BFHE 194, 555, BStBl II 2001, 658; vom 4.7.2002 V R 41/01, BFH/NV 2002, 1622; vom 9.10.2002 V R 67/01, BFHE 200, 126, BStBl II 2003, 378; jetzt auch Abschn. 29 Abs. 5 Satz 4 der Umsatz-steuer-Richtlinien 2005). Bei der Frage, ob der Hausanschluss an das Wasserleitungsnetz und die laufenden Wasser-lieferungen einem unterschiedlichen Steuersatz unterworfen werden dürfen, dürfte auch der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer zu beachten sein (vgl. EuGH-Urteil vom 8.5.2003 Rs. C-384/01, Kommission/Frankreich, Slg. 2003, I-4395, BFH/NV Beilage 2003, 161, UR 2003, 408 Rdnr. 21 ff.).

3. Der Senat hält es für wünschenswert, dass das BMF dem vorliegenden Revisionsverfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beitritt und zu den aufgeworfenen Fragen Stellung nimmt.“

Steuersatz für die Leistungen von Musikkapellen und Solo-künstlern sowie für die Veranstaltungen von Konzerten durch andere Unternehme

BKPV 70/2005

1) Urteil des EuGH vom 23.10.2003 - Rs C-109/02 (DStRE 2003 S. 1411) Leitsatz: „Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 3 Buchst. a Unterabsatz 3 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtli-nie 1999/49/EG des Rates vom 25.5.1999 zur Änderung der Richtlinie 77/388 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem im Hinblick auf den Normalsteuersatz verstoßen, daß sie einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Leistungen, die Musikensembles direkt für die Öffentlichkeit oder für einen Konzertveranstalter erbringen, sowie auf Leistungen anwendet, die von Solisten direkt für die Öffent-lichkeit erbracht werden, hingegen auf die Leistungen von Solisten, die für einen Veranstalter tätig sind, den Normalsatz anwendet.“ 2) OFD Frankfurt am Main, Vfg. vom 6.9.2004 - S 7238 A - 6-St l 2.30 - (Steuereildienst 2004,

1216) Bezug: BMF-Schreiben vom 26.3.2004 - IV B 7 - S 7238 - 2/04

Page 198: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 198 Heft 1/2005

„1. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 1. Halbsatz UStG unterliegen die Leistungen der Theater, Orche-ster, Kammermusikensembles, Chöre und Museen dem ermäßigten Steuersatz, sofern sie nicht nach § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG steuerbefreit sind. Unter dem Begriff „Orchester" fallen alle Musiker- und Gesamtsgruppen mit zwei oder mehr Mit-wirkenden (vgl. Abschnitt 107 Abs. 1 UStR).

2. Mit Urteil vom 23.10.2003-Rs. C- 109/023-(BStBI II 2004, 337 (Berichtigung S. 482) hat der EuGH entschieden, daß für die Leistungen von Solisten an Veranstalter - wie für Ensembles - der ermä-ßigte Umsatzsteuersatz gewährt werden muß. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG ist auf Leistungen der dort aufgeführten Einrichtungen sowie für die entsprechenden Leistungen der ausübenden Künstler anwendbar mit der Folge, daß diese Umsätze dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Für Leistungen der ausübenden Künstler bis zum 30.6.2004 wird es hinsichtlich des Vorsteuer-abzugs des Leistungsempfängers nicht beanstandet, wenn der ausübende Künstler den allgemei-nen Steuersatz in Rechnung gestellt hat. Diese Grundsätze sind auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.

3. Hiervon zu unterscheiden ist die Steuerermäßigung der Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch andere Unternehmer nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 2. Halbsatz UStG. Unter dem Begriff „Konzert" sind alle musikalischen und gesanglichen Aufführungen zu verstehen. Die Mitwirkung eines Orchesters ist dabei nicht erforderlich. Derartige Veranstaltungen sind nur dann begünstigt, wenn Leistungen anderer Art, die in Verbin-dung mit diesen Veranstaltungen erbracht werden, von so untergeordneter Bedeutung sind, daß dadurch der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Nicht begünstigt sind z. B. gesangliche oder musikalische Darbietungen im Rahmen einer Tanz-belustigung, einer sportlichen Veranstaltung oder zur Unterhaltung der Besucher in Gaststätten (Abschnitt 166 Abs. 2 Satz 6 UStR). Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Darbietung als begünstigte Konzertveranstaltung oder als nicht begünstigte Veranstaltung anderer Art anzusehen ist (der die musikalische und/oder gesang-liche Darbietung nur den Rahmen gibt), ist nur auf die Leistung des jeweiligen Unternehmens, nicht auf die seines Auftraggebers abzustellen.

4. Beispiele: 4.1 Eine Kapelle mit zwei Mitwirkenden tritt bei verschiedenen sportlichen Veranstaltungen auf, um

Unterhaltungs- und Tanzmusik vorzutragen. Eine Bescheinigung nach § 4 Nr. 20 a UStG liegt nicht vor. Die Leistung der Kapelle an den Veranstalter unterliegt als Orchesterleistung dem ermäßigten Steuersatz. Die Leistung des Veranstalters - sofern steuerbar und steuerpflichtig an die Besucher stellt eine nicht begünstigte Leistung anderer Art dar, die nicht mehr den Charakter eines Konzerts hat. § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 2. Halbsatz UStG kommt hier nicht zur Anwendung.

4.2 Ein Industrieunternehmen veranstaltet einen Liederabend, bei dem verschiedene Solisten auftre-ten. Die Leistungen der Solisten an das Industrieunternehmen unterliegen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 1. Halbsatz UStG, weil sie Leistungen erbringen, die mit denen der Theater, Orchester, Kammermusikensembles oder Chören vergleichbar sind. Die Leistung des Industrieunternehmens an die Gäste stellt eine begünstigte Konzertveranstaltung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 2. Halbsatz UStG dar.

4.3 Eine Konzert- und Gastspieldirektion stellt für einen Auftraggeber ein Programm für ein Konzert zusammen. Sie übernimmt gegenüber diesem Auftraggeber außer dem die Durchführung des

Page 199: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 199

Konzerts und verpflichtet die mitwirkenden Künstler im eigenen Namen. Der Auftraggeber tritt den Besuchern gegenüber als Veranstalter auf. Die Veranstaltung wird im Rahmen eines „Bunten Abends" erbracht. Die Musiker erbringen, sofern nicht nach § 4 Nr. 20 a UStG befreit, eine steuerermäßigte Leistung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 1. Halbsatz UStG an die Konzert-und Gastspieldirektion und diese wiederum eine steuerbegünstigte Veranstaltung eines Konzerts an den Auftraggeber (§ 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 2. Halbsatz UStG). Die Leistung des Auftraggebers an die Besucher unter-liegt in diesem Fall dem Regelsteuersatz, da ein „Bunter Abend", bei dem das gesprochene Wort (Anekdoten, Plaudereien, Witze) im Mittelpunkt steht, welches von musikalischen Darbietungen nur umrahmt wird, keine Konzertveranstaltung darstellt.

4.4 Ein als Solist auftretender Unterhaltungskünstler erbringt im Rahmen von Konzerten Gesangs- und Instrumentaldarbietungen. Mit der Saalanmietung, Organisation, Werbung, Plakatierung, dem Kartenverkauf und ähnlichen Leistungen im Zusammenhang mit diesen Konzertveranstaltungen beauftragt er andere Unternehmer (z. B. eine Konzertagentur), die eindeutig nach außen hin in seinem Namen und für seine Rechnung auftreten. Die Einnahmen werden von diesen Unterneh-mern nach den Veranstaltungen mit dem Solisten abgerechnet. Als Veranstalter tritt nur der Solo-künstler in Erscheinung. Die Leistungen des Solokünstlers unterliegen dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 2. Halbsatz UStG. Dieser hat die Konzerte selbst veranstaltet, da er gegenüber den Konzertbesuchern als Veran-stalter aufgetreten ist und Ort und Zeit seiner Darbietungen selbst bestimmt hat. Die mit der Orga-nisation beauftragten Unternehmer werden lediglich als selbständige Vertreter oder Subunterneh-mer tätig. Der Solokünstler hat die organisatorischen Maßnahmen im eigenen Namen und für ei-gene Rechnung getroffen. Er wurde nicht von den Konzertagenturen verpflichtet, sondern hat diese vielmehr selbst mit der Organisation beauftragt (vgl. BFH-Urteil vom 18.1.1995, BStBI I 1995, 348). Auf die Leistungen dieses Solokünstlers sind die Vorschriften über die Veranstaltung von Konzer-ten anzuwenden. Sind die Voraussetzungen nicht erfüllt (vgl. Tz. 3), unterliegen die gesamten Lei-stungen des Solokünstlers dem Regelsteuersatz. Die Steuerermäßigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a 1. Halbsatz UStG ist in diesem Fall nicht auf die musikalischen Leistungen des Solokünstlers anzuwenden. Eine Aufteilung der Leistungen des Künstlers kommt nicht in Betracht. Zur Frage der Unternehmereigenschaft von Musikkapellen wird auf die Rundverfügung vom 10.1.1997 - S 7104 A - 5/82 - St IV 10-, USt-Kartei OFD Ffm, § 2 - S 7104 - Karte 2 verwiesen. Die Rundverfügung vom 30.11.1999 -S 7238 A-6-St IV 22- (USt-Kartei OFD Ffm. § 12 Abs. 2 Nr. 7 a S 7238-Karte 1) ist durch diese Rundverfügung überholt und kann ausgesondert werden. Die Änderungen sind durch einen schwarzen Balken auf der rechten Seite gekennzeichnet bzw. im OFD-Informationssystem in blau dargestellt.“

Umsatzsteuerliche Behandlung des Sponsoring BKPV 71/2005 vgl. BKPV 48/2001

vgl. BKPV 71/98 Verfügung der OFD Hannover vom 11.2.2003, S 7100 - 427 - StO 351/S 7100 - 915 - StH 446 (UR 2004 S. 41) „Aus der Definition des Begriffs „Sponsoring" (Tz. 1 des BMF-Schreibens vom 18.2.1998, BStBl 1998 I S. 212) ergibt sich, daß umsatzsteuerlich häufig ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliegt. Der Sponsor erhält für seine Leistung als Gegenleistung in der Regel eine Werbeleistung des Begünstigten. Maßgebend für die umsatzsteuerliche Beurteilung, sind die vertraglichen (schriftlichen oder mündli-chen) Vereinbarungen zwischen dem Sponsor und dem Begünstigten. Die nachstehenden Ausführun-gen beinhalten bisher bekannt gewordene Fälle. Sie schließen nicht aus, daß im Einzelfall auf Grund der Vereinbarungen eine andere Beurteilung geboten ist.

Page 200: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 200 Heft 1/2005

1. Geldleistung des Sponsors an eine nach den §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft Eine Geldleistung des Sponsors kann eine Spende oder Entgelt für eine steuerbare und -pflichtige Werbe- oder Duldungsleistung der steuerbegünstigten Körperschaft sein. Erbringt die steuerbegünstigte Körperschaft eine konkrete Werbeleistung - z. B. Trikot- und Banden-werbung, Anzeigen, Lautsprecherdurchsagen o.ä. -, dann ist sie im Rahmen eines wirtschaftlichen Ge-schäftsbetriebes (§ 64 AO) tätig. Die Leistung unterliegt dem Regelsteuersatz. Erbringt die steuerbe-günstigte Körperschaft eine Duldungsleistung - z. B. Aufnahme eines Emblems oder Logos des Spon-sors in Verbandsnachrichten oder Veranstaltungshinweisen ohne Hervorhebung des Sponsors oder Nennung von Werbeslogans -, dann ist sie ertragsteuerlich vermögensverwaltend tätig. Die Leistung ist mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG). 2. Sachleistung des Sponsors an eine nach den §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft

oder an eine juristische Person des öffentlichen Rechts Eine Sachleistung des Sponsors kann eine Spende oder Entgelt für eine Werbeleistung der steuerbe-günstigten Körperschaft oder der juristischen Person des öffentlichen Rechts (jPdöR) sein. Am häufig-sten tritt dabei der Fall der Werbemobile auf.“ Sachverhalt: „Eine Werbefirma überläßt ein mit Werbeaufdrucken versehenes Fahrzeug an eine steuerbegünstigte Körperschaft oder eine jPdöR (Einrichtung) ohne besonderes Entgelt mit der Maßgabe, das Fahrzeug werbewirksam zu nutzen. Es kann vertraglich vereinbart sein, daß die Einrichtung das Fahrzeug ledig-lich in dem für eigene Zwecke notwendigen Umfang einsetzt. Die Einrichtung kann aber auch ver-pflichtet sein, an der Werbemaßnahme aktiv mitzuwirken, indem sie das Fahrzeug über den für eigene Zwecke notwendigen Umfang hinaus einsetzt, es z.B. werbewirksam abstellt, Pressekonferenzen ver-anstaltet oder Kontakte zwischen der Werbefirma und den Unternehmern, für die geworben werden soll, herstellt. Je nach Leistungsumfang zahlt die Werbefirma eine Sonderprämie an die Einrichtung. Das Fahrzeug wird auf die Einrichtung zugelassen, sie trägt die laufenden Kosten. Nach Ablauf der be-triebsgewöhnlichen Nutzungsdauer geht das Fahrzeug ohne weitere Zahlung in das Eigentum der Ein-richtung über und sie hat die Werbeaufdrucke zu entfernen. Der Vertrag kann während der betriebsge-wöhnlichen Nutzungsdauer des Fahrzeugs nicht gekündigt werden.“ Umsatzsteuerliche Beurteilung: „Die Werbefirma liefert das Fahrzeug an die Einrichtung, die Einrichtung erbringt mit der Werbeleistung (§ 3 Abs. 9, § 3 a Abs. 4 Nr. 2 UStG) eine sonstige Leistung an die Werbefirma. Es liegt ein tauschähn-licher Umsatz vor (§ 3 Abs. 12 UStG). Fahrzeuglieferung durch die Werbefirma Zeitpunkt der Lieferung: Die Werbefirma liefert das Fahrzeug mit der Übergabe an die Einrichtung. Be-reits zu diesem Zeitpunkt erlangt die Einrichtung Verfügungsmacht an dem Fahrzeug. Denn der Vertrag kann während der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nicht gekündigt werden und mit Ablauf der Nutzungsdauer erlangt die Einrichtung das bürgerlich-rechtliche Eigentum. Bemessungsgrundlage Entgelt für die Lieferung ist der Wert der Werbeleistung (§ 10 Abs. 2 UStG). Der Wert ist zu schätzen auf den Betrag, den die Werbefirma aufwendet, um die Werbeleistung zu erhalten (Abschn. 153 Abs. 1 Sätze 3 und 4 UStR 2000). Das ist der von ihr gezahlte Einkaufspreis für das Fahrzeug. Entstehung der Steuer Die Umsatzsteuer für die Fahrzeuglieferung entsteht mit Übergabe des Fahrzeugs an die Einrichtung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).

Page 201: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 201

Werbeleistung der Einrichtung Unternehmereigenschaft: Handelt es sich bei der Einrichtung um eine steuerbegünstigte Körperschaft führt die Werbeleistung ertragsteuerlich zu einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, wenn die steuer-begünstigte Körperschaft aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt (s.o.). Wirkt sie nicht aktiv mit, ist sie vermögensverwaltend tätig, indem sie die Werbeflächen auf dem Fahrzeug über mehrere Jahre, also nachhaltig zur Verfügung stellt. In beiden Fällen ist die steuerbegünstigte Körperschaft Unternehmer. Handelt es sich bei der Einrichtung um eine jPdöR, ist sie nur Unternehmer, wenn sie im Rahmen eines Betriebes gewerblicher Art tätig wird (§ 2 Abs. 3 UStG). Das ist dann der Fall, wenn sie aktiv an der Werbemaßnahme mitwirkt (s.o.), damit eine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit zur Erzielung von Ein-nahmen ausübt und diese Tätigkeit sich innerhalb der Gesamtbetätigung wirtschaftlich heraushebt so-wie von einigem Gewicht ist. Für die Beurteilung der Umsatzgrenzen (Abschn. 23 Abs. 4 UStR 2000) ist der Wert des Fahrzeugs auf die Laufzeit des Vertrages zu verteilen. Die jPdöR erhält das Fahrzeug zwar zu Beginn des Vertrages. Sie erbringt die Werbeleistung aber über die gesamte Laufzeit des Ver-trages. Das Entgelt ist deshalb entsprechend zu verteilen. § 13 UStG ist insoweit nicht maßgebend. Stellt die jPdöR lediglich die Werbeflächen auf dem Fahrzeug zur Verfügung, wird sie nicht unterneh-merisch tätig. Bemessungsgrundlage Entgelt für die Werbeleistung ist der Wert der Fahrzeuglieferung, also der Einkaufspreis des Fahrzeugs (§ 10 Abs. 2 UStG). Zahlt die Werbefirma zusätzlich eine Sonderprämie bei aktiver Mitarbeit der Ein-richtung an der Werbemaßnahme (s.o.), ist sie zusätzliches Entgelt für die Werbeleistung der Einrich-tung. Steuersatz Ist die Einrichtung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes bzw. eines Betriebes gewerb-licher Art tätig, unterliegt ihre Leistung dem Regelsteuersatz. Liegt bei einer steuerbegünstigten Körper-schaft Vermögensverwaltung vor, ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG). Entstehung der Steuer Die Einrichtung erbringt die Werbeleistung erst mit ihrer Vollendung, also mit Ablauf des Vertrages. Sie erhält das Fahrzeug jedoch bereits zu Beginn des Vertrages. Dies führt bei der Versteuerung nach ver-einbarten Entgelten zur sofortigen Anzahlungsbesteuerung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 b UStG). Versteuert die Einrichtung ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten, entsteht die Umsatzsteuer durch die Verein-nahmung ebenfalls bei Vertragsbeginn und führt zur sofortigen Besteuerung. Vorsteuerabzug Ist eine steuerbegünstigte Körperschaft mit der Werbeleistung vermögensverwaltend tätig, steht ihr kein Vorsteuerabzug aus dem Erwerb des Fahrzeugs zu. Das Fahrzeug ist dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen, weil es nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten kein Kostenelement der Werbelei-stung ist. Entscheidungsunerheblich ist, daß das Fahrzeug notwendige Voraussetzung für die unter-nehmerische Betätigung der Werbeflächenüberlassung ist (BFH vom 15.7.1993, V R 61/89, BStBl 1993 II S. 810 und vom 10.4.1997, V R 26/96, BStBl 1997 II S. 552). Erbringt die Einrichtung die Werbeleistung im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes bzw. eines Betriebes gewerblicher Art, gelten für den Vorsteuerabzug und die ggf. erforderliche Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe (Verwendung des Fahrzeugs für den nichtunternehmerischen Be-reich) die allgemeinen Grundsätze der § 15 Abs. 1 und 1 b sowie § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG. Kleinunternehmerregelung Wird die Einrichtung erst dadurch, daß sie die Werbeleistung erbringt, zum Unternehmer, so ist für die Frage der Kleinunternehmerregelung auf die Umsatzgrenze von 16.620 EUR abzustellen (Abschn. 246 Abs. 4 UStR 2000). Überschreitet der Einkaufspreis des Fahrzeugs diese Grenze, hat die Einrichtung ihre Werbeleistung bei Vertragsbeginn der Regelbesteuerung zu unterwerfen. Liegen ihre Umsätze im Jahr der Leistungserbringung (Vertragsende) unter den Grenzen von § 19 UStG, ist die Umsatzsteuer

Page 202: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 202 Heft 1/2005

aus der Anzahlungsbesteuerung zu erstatten, wenn die Einrichtung über ihre Werbeleistung keine Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt hat (Abschn. 253 Abs. 7 UStR).“ Hinweis: Dies gilt entsprechend für Umsätze im Zusammenhang mit einer sog. Fun Arena. Erweiterung der Steuerschuldnerschaft (§ 13 b UStG) BKPV 72/2005 1) BMF-Schreiben vom 31.3.2004 - IV D 1 - S 7279 - 107/04 (BStBl 2004 I S. 453) Durch Art. 14 Nr. 2 des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 (HBeglG 2004) vom 29.12.2003 (BGBl 2003 I S. 3076, Ber. BGBl 2004 I S. 69; BStBl 2004 I S. 120 sind § 9 Abs. 3 und § 13 b UStG geändert wor-den. „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes: I. Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen

1 (1) Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG gilt seit dem 1.1.2002 ausschließlich für steuerpflichtige Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteige-rungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher.

2 (2) § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG wird mit Wirkung vom 1.4.2004 erweitert. Durch die Erweiterung gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei allen umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Voraussetzung ist, daß der jeweilige Umsatz nach dem 31.3.2004 ausgeführt worden ist (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG) oder das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31.3.2004 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13 b Abs. 1 Satz 3, § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG). In den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem 1.4.2004 vereinnahmt und der Umsatz erst nach dem 31.3.2004 erbracht worden ist, gilt Tz. 22 entsprechend.

3 (3) Zu den Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen (grunderwerbsteuerbare Um-sätze), gehören insbesondere die Umsätze von unbebauten und bebauten Grundstücken. Zu den unter das Grunderwerbsteuergesetz fallenden Umsätzen vgl. im Einzelnen Abschn. 71 UStR.

4 (4) Da die Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind, ist für die Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (Abneh-mers) erforderlich, daß ein wirksamer Verzicht auf die Steuerbefreiung (Option) durch den Lieferer vor-liegt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung bei Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteige-rungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher ist nur bis zur Aufforderung zur Abgabe von Geboten im Zwangsversteigerungstermin zulässig (§ 9 Abs. 3 Satz 1 UStG). Bei anderen - nach dem 31.12.2003 ausgeführten - Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, ist die Option zwingend im notariell zu beurkundenden Vertrag (§ 311 b Abs. 1 BGB) oder einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung zu erklären (§ 9 Abs. 3 Satz 2 UStG).

5 (5) Steuerschuldner für Umsätze nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ist der Leistungsempfänger, wenn dieser ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist (§ 13 b Abs. 2 Satz 1 UStG). II. Bestimmte Bauleistungen 1. Maßgebliche Umsätze

6 (1) Nach dem mit Wirkung vom 1.4.2004 in Kraft tretenden § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG gilt die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auch bei bestimmten Bauleistungen, wenn der lei-stende Unternehmer ein im Inland ansässiger Unternehmer ist. Entsprechende Leistungen von im Ausland ansässigen Unternehmern (§ 13 b Abs. 4 UStG) fallen unter den Anwendungsbereich von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.

Page 203: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 203

7 (2) Unter § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fallen Werklieferungen und sonstige Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen und umfaßt nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden verbundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ru-hende, aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Anlagen (z.B. Brücken, Straßen oder Tunnel). Zu den Leistungen, die unter § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fallen, gehören auch der Einbau von Fenstern und Türen sowie Bodenbelägen, Aufzügen, Rolltreppen und Heizungsanlagen, aber auch von Einrichtungsgegenständen, wenn sie mit einem Gebäude fest verbunden sind, wie z.B. Ladeneinbau-ten, Schaufensteranlagen, Gaststätteneinrichtungen. Ebenfalls zählen hierzu Erdarbeiten im Zusam-menhang mit der Erstellung eines Bauwerks, die Installation einer Lichtwerbeanlage und die Dachbe-grünung eines Bauwerks. Der Hausanschluß durch Versorgungsunternehmen (die Hausanschlußar-beiten umfassen regelmäßig Erdarbeiten, Mauerdurchbruch, Installation der Hausanschlüsse und Ver-legung der Hausanschlußleitungen vom Netz des Versorgungsunternehmens zum Hausanschluß) fällt nur hierunter, wenn es sich um eine eigenständige Leistung handelt.

8 (3) Die Leistung muß sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirken, d.h. es muß eine Substanzerweiterung, Substanzverbesserung, Substanzbeseitigung oder Substanzerhaltung bewirkt werden. Hierzu zählen auch Erhaltungsaufwendungen (z.B. Reparaturleistungen); siehe hierzu aber Tz. 12 letzter Gedankenstrich.

9 (4) Künstlerische Leistungen an Bauwerken gehören ebenfalls zu den Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn sie sich unmittelbar auf die Substanz auswirken und der Künstler auch die Ausführung des Werks als eigene Leistung schuldet. Stellt der Künstler lediglich Ideen oder Planungen zur Verfügung oder überwacht er die Ausführung des von einem Dritten ge-schuldeten Werks durch einen Unternehmer, liegt keine Bauleistung vor.

10 (5) Ein Reinigungsvorgang, bei dem die zu reinigende Oberfläche verändert wird, stellt eine unter § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fallende Leistung dar. Dies gilt z.B. für eine Fassadenreinigung, bei der die Oberfläche abgeschliffen oder mit Sandstrahl bearbeitet wird.

11 (6) Ausgenommen sind nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ausdrücklich Planungs- und Überwachungsleistungen. Hierunter fallen ausschließlich planerische Leistungen (z.B. von Statikern, Architekten, Garten- und Innenarchitekten, Vermessungs-, Prüf- und Bauingenieuren), Labordienstlei-stungen (z.B. chemische Analyse von Baustoffen) oder reine Leistungen zur Bauüberwachung, zur Prüfung von Bauabrechnungen und zur Durchführung von Ausschreibungen und Vergaben.

12 (7) Insbesondere folgende Leistungen fallen nicht unter die in § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannten Umsätze: – Materiallieferungen (z.B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte), auch wenn der liefernde Unter-

nehmer den Gegenstand der Lieferung im Auftrag des Leistungsempfängers herstellt, nicht aber selbst in ein Bauwerk einbaut,

– Anliefern von Beton (demgegenüber stellt das Anliefern und das anschließende fachgerechte Ver-

arbeiten des Betons durch den Anliefernden eine Bauleistung dar), – Lieferungen von Wasser und Energie, – Zurverfügungstellen von Betonpumpen, – Zurverfügungstellen von anderen Baugeräten (es sei denn, es wird zugleich Bedienungspersonal

für substanzverändernde Arbeiten zur Verfügung gestellt), – Aufstellen von Material- und Bürocontainern, mobilen Toilettenhäusern, – Entsorgung von Baumaterialien (Schuttabfuhr durch Abfuhrunternehmer), – Aufstellen von Messeständen, – Gerüstbau,

Page 204: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 204 Heft 1/2005

– Anlegen von Bepflanzungen und deren Pflege (z.B. Bäume, Gehölze, Blumen, Rasen) mit Aus-nahme von Dachbegrünungen,

– die Arbeitnehmerüberlassung, auch wenn die überlassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Baulei-

stungen erbringen, – die bloße Reinigung von Räumlichkeiten oder Flächen, z.B. von Fenstern, – Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken, wenn das (Netto-)

Entgelt für den einzelnen Umsatz nicht mehr als 500 EUR beträgt.

13 (8) Werden im Rahmen eines Vertragsverhältnisses mehrere Leistungen erbracht, bei denen es sich teilweise um Bauleistungen handelt, kommt es darauf an, welche Leistung im Vordergrund steht, also der vertraglichen Beziehung das Gepräge gibt. Die Leistung fällt nur dann - insgesamt - unter § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn die Bauleistung als Hauptleistung anzusehen ist. Die Nebenlei-stungen teilen jeweils das Schicksal der Hauptleistung. Ein auf einem Gesamtvertrag beruhendes Lei-stungsverhältnis ist jedoch aufzuteilen, wenn hierin mehrere ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach selbst-ständige und voneinander unabhängige Einzelleistungen zusammengefaßt werden (vgl. BFH-Urteil vom 24.11.1994, BStBl 1995 II S. 151). 2. Leistungsempfänger als Steuerschuldner

14 (1) Werden Umsätze im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG von einem im Inland ansässigen Unternehmer im Inland erbracht, ist der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner, wenn er Unternehmer ist und selbst Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt (§ 13 b Abs. 2 Satz 2 UStG). Der Leistungsempfänger muß derartige Bauleistungen nachhaltig erbringen oder erbracht haben. Hiervon ist auszugehen, wenn – der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleistungen im Sinne von § 13 b

Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbracht hat, deren Bemessungsgrundlage mehr als 10% der Summe seiner steuerbaren Umsätze betragen hat, oder

– der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Um-

satzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48 b EStG vorlegt. Unternehmer, die im Zeitpunkt der an sie ausgeführten Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG keine nachhaltigen Umsätze nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG er-bracht haben, sind als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, selbst wenn sie im weiteren Verlauf des Kalenderjahres derartige Umsätze erbringen.

15 (2) Es ist nicht erforderlich, daß die an den Leistungsempfänger erbrachten Umsätze, für die er als Leistungsempfänger Steuerschuldner ist, mit von ihm erbrachten Umsätzen nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG unmittelbar zusammenhängen. Beispiel: Der Bauunternehmer A beauftragt den Unternehmer B mit dem Einbau einer Heizungsanlage in sein Bürogebäude. A bewirkt nachhaltig Umsätze nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG. Der Einbau der Heizungsanlage durch B ist eine unter § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fallende Werklieferung. Für diesen Umsatz ist A Steuerschuldner, da er selbst nachhaltig Umsätze nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. Unbeachtlich ist, daß der von B erbrachte Umsatz nicht mit den Ausgangsumsätzen des A in unmittelbarem Zusammenhang steht.

16 (3) Bei Organschaftsverhältnissen ist der Organträger nur insoweit als Leistungsempfänger Steuer-schuldner, als er oder die einzelne Organgesellschaft selbst nachhaltig Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. Tz. 14 Satz 2 bis 4 ist auf den jeweiligen Unterneh-mensteil anzuwenden, der Bauleistungen erbringt.

Page 205: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 205

17 (4) Der Leistungsempfänger ist für an ihn erbrachte, in § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannte Leistungen nicht Steuerschuldner, wenn er nicht nachhaltig Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG selbst erbringt. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungs-empfängers gilt deshalb vor allem nicht für Nichtunternehmer sowie für Unternehmer mit anderen als den vorgenannten Umsätzen, z.B. Bauträger, soweit sie ausschließlich Umsätze erbringen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Wohnungseigentümergemeinschaften sind für Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die einzelnen Wohnungsei-gentümer weiter gegeben werden.

18 (5) Erfüllt der Leistungsempfänger die Voraussetzungen des § 13 b Abs. 2 Satz 2 UStG, ist er auch dann Steuerschuldner, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich erbracht wird (§ 13 b Abs. 2 Satz 3 UStG). Ausgenommen hiervon sind Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die ausschließlich an den hoheitlichen Bereich von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, auch wenn diese im Rahmen von Betrieben gewerblicher Art unternehmerisch tätig sind und nachhaltig Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringen. Tz. 14 Satz 2 bis 4 ist auf den jeweiligen Betrieb gewerblicher Art einer juri-stischen Person des öffentlichen Rechts entsprechend anzuwenden, der Bauleistungen erbringt.

19 (6) Erbringt ein Unternehmer eine Leistung, die keine Bauleistung im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ist, und bezeichnet er sie dennoch in der Rechnung als Bauleistung, ist der Lei-stungsempfänger für diesen Umsatz nicht Steuerschuldner nach § 13 b Abs. 2 UStG.

20 (7) Hat ein Leistungsempfänger für einen an ihn erbrachten Umsatz § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG angewandt, obwohl die Voraussetzungen hierfür fraglich waren oder sich später herausstellt, daß die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen haben, ist diese Handhabung beim Leistenden und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn sich beide Vertragspartner über die Anwendung von § 13 b UStG einig waren und der Umsatz vom Leistungsempfänger in zutref-fender Höhe versteuert wird. 3. Anwendung

21 (1) § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 i.V. mit Abs. 2 Satz 2 und 3 UStG ist auf Umsätze und Teillei-stungen anzuwenden, die nach dem 31.3.2004 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 UStG), sowie in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31.3.2004 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder des Teilentgelts ausgeführt wird (§ 13 b Abs. 1 Satz 3, § 27 Abs. 1 Satz 1 UStG).

22 (2) Wurde das Entgelt oder ein Teil des Entgelts vor dem 1.4.2004 vereinnahmt und die Bauleistung erst nach dem 31.3.2004 ausgeführt, ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steu-erschuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem 1.4.2004 vom leistenden Unter-nehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, daß das vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert werden. III. Weitere Anwendungsregelungen

23 Zu den Fragen der Entstehung der Steuer, der Bemessungsgrundlage und der Berechnung der Steuer, zur Anwendung des allgemeinen Besteuerungsverfahrens bei im Ausland ansässigen Leistungsemp-fängern und zu den Aufzeichnungspflichten bei Anwendung der Regelungen über die Steuerschuldner-schaft des Leistungsempfängers wird auf das BMF-Schreiben vom 5.12.2001, IV D 1 - S 7279 - 5/01 (BStBl 2001 I S. 1013), hinsichtlich der Rechnungserteilung auf das BMF-Schreiben vom 29.1.2004, IV B 7 - S 7280 - 19/04 (BStBl 2004 I S. 258) verwiesen.

Page 206: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 206 Heft 1/2005

IV. Übergangsregelungen

24 (1) Soweit Unternehmer aufgrund der zunächst unzutreffenden Bekanntmachung des HBeglG 2004 davon ausgegangen sind, daß Art. 14 Nr. 2 des HBeglG 2004, durch den § 13 b Abs. 1 und 2 UStG ge-ändert wird, bereits zum 1.1.2004 in Kraft getreten ist, und die vorgenannten Vorschriften bereits ab dem 1.1.2004 angewandt haben, ist dies nicht zu beanstanden, wenn die Rechnung über diesen Um-satz vor dem 17.1.2004 (Tag, der dem Tag der Bekanntmachung der Berichtigung des HBeglG 2004 im BGBl 2004 I folgt) erteilt worden ist.

25 (2) Soweit Unternehmer aufgrund der zunächst unzutreffenden Bekanntmachung des HBeglG 2004 davon ausgegangen sind, daß Art. 14 Nr. 1 des HBeglG 2004, durch den § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG (Er-klärung der Option zur Steuerpflicht im notariell zu beurkundenden Vertrag) eingefügt wird, nicht zum 1.1.2004 in Kraft getreten ist, und die genannte Vorschrift entsprechend nicht angewandt haben, ist dies nicht zu beanstanden, wenn der notariell zu beurkundende Vertrag über den Umsatz vor dem 17.1.2004 (Tag, der dem Tag der Bekanntmachung der Berichtigung des HBeglG 2004 im BGBl 2004 I folgt) abgeschlossen worden ist.

26 (3) Bei steuerpflichtigen Umsätzen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, - mit Ausnahme der steuerpflichtigen Lieferungen von Grundstücken im Zwangsversteigerungsverfahren durch den Vollstreckungsschuldner an den Ersteher - und bei Bauleistungen im Sinne von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die zwischen dem 1.4.2004 und dem 30.6.2004 ausgeführt werden, ist es beim lei-stenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen sind. Voraussetzung hierfür ist, daß der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.

27 (4) Tz. 26 gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31.3.2004 und vor dem 1.7.2004 vereinnahmt wird und die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird. Tz. 22 gilt entsprechend.“ 2) BMF-Schreiben vom 02. 12 2004, IV A 6 - S 7279 - 100/04 „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Ergänzung des BMF-Schreibens vom 31. März 2004, IV D 1 - S 7279 - 107/04 (BStBl 2004 I S. 453) Folgendes: 1. Begriff der Bauleistung (Tz. 6 bis 13 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004; ab 1. Janu-

ar 2005: Abschnitt 182a Abs. 3 bis 9 UStR 2005) § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG nimmt zwar nicht ausdrücklich Bezug auf den Bauleistungsbe-griff des § 48 EStG. Ungeachtet dessen ist der Begriff der Bauleistung bei der Bauabzugsteuer und bei der Anwendung des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG weitgehend gleich auszulegen. Die Grund-sätze zur inhaltlichen Bestimmung der Bauleistung i.S.d. § 48 Abs. 1 EStG sind in Tz. 5 des BMF-Schreibens vom 27. Dezember 2002 zur Bauabzugsteuer (BStBl I S. 1399) aufgeführt. Danach orientie-ren sich die Begriffe der Bauleistung bzw. des Bauwerks an § 211 SGB III und den dazu ergangenen §§ 1 und 2 der Baubetriebe-Verordnung. Insbesondere der Begriff des Bauwerks ist weit auszulegen und umfaßt nicht nur Gebäude, sondern darüber hinaus sämtliche irgendwie mit dem Erdboden ver-bundene oder infolge ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhende, aus Baustoffen oder Bauteilen herge-stellte Anlagen. Entsprechend sind die in § 1 Abs. 2 und § 2 der Baubetriebe-Verordnung genannten Leistungen regel-mäßig Bauleistungen i.S. des § 13b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn sie im Zusammenhang mit einem Bauwerk durchgeführt werden. 1.1. Einrichtungsgegenstände, die mit einem Gebäude fest verbunden sind Eine Abgrenzung, ob die Lieferung eines Einrichtungsgegenstandes, der vom liefernden Unternehmer aufgebaut und/oder fest mit einem Gebäude verbunden wird, eine Bauleistung im Sinne des § 13 b

Page 207: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 207

Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ist, ist weitgehend nur im Einzelfall möglich. Keine Bauleistung liegt aber regelmäßig vor, wenn der gelieferte Gegenstand ohne größeren Aufwand mit dem Bauwerk ver-bunden oder vom Bauwerk getrennt werden kann. 1.2. Negativabgrenzung Tz. 12 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182a Abs. 8 UStR 2005) stellt keine abschließende Aufzählung dar, sondern enthält nur beispielhaft Leistungen, die nicht unter die in § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG genannten Bauleistungen fallen. 1.2.1. Zur Verfügung stellen von Betonpumpen Das zur Verfügung stellen von Betonpumpen ist dann eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn gleichzeitig Personal für substanzverändernde Arbeiten zur Verfügung gestellt wird. 1.2.2. Anliefern von Beton Wird Beton geliefert und durch Personal des liefernden Unternehmers an der entsprechenden Stelle des Bauwerks lediglich abgelassen oder in ein gesondertes Behältnis oder eine Verschalung eingefüllt, liegt eine Lieferung, aber keine Werklieferung, und somit keine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG vor. Dagegen liegt eine Bauleistung vor, wenn der liefernde Unternehmer den Beton mit eigenem Personal fachgerecht verarbeitet. 1.2.3. Begriff "Baugeräte" Zu den "Baugeräten" i.S. der Tz. 12 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Ab-schnitt 182 a Abs. 8 UStR 2005) gehören auch Großgeräte wie Krane oder selbstfahrende Arbeitsma-schinen. 1.2.4. Zur Verfügung stellen von Baukranen Das reine zur Verfügung Stellen (Vermietung) von Kranen - auch mit Personal - stellt keine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG dar. Voraussetzung ist, daß zu dem zwischen dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger vereinbarten Leistungsinhalt keine Leistung zählt, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient. Eine Bauleistung liegt dann nicht vor, wenn Leistungsinhalt ist, einen Kran an die Baustelle zu bringen, diesen aufzubauen und zu bedienen und nach Weisung des Anmietenden bzw. dessen Erfül-lungsgehilfen Güter am Haken zu befördern. Ebenso liegt keine Bauleistung vor, wenn ein Baukran mit Personal vermietet wird und die mit dem Kran bewegten Materialien vom Personal des Auftraggebers befestigt oder mit dem Bauwerk verbunden werden, da nicht vom Personal des Leistungserbringers in die Substanz des Bauwerks eingegriffen wird. 1.2.5. Anlegen von Gärten und Wegen Nicht zu den Bauleistungen im Zusammenhang mit einem Bauwerk gehören das Anlegen von Gärten und von Wegen in Gärten, soweit dabei keine Bauwerke hergestellt, instand gesetzt, geändert oder be-seitigt werden, die als Hauptleistung anzusehen sind. Das Anschütten von Hügeln und Böschungen sowie das Ausheben von Gräben und Mulden zur Land-schaftsgestaltung sind keine Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG.

Page 208: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 208 Heft 1/2005

1.2.6. Arbeitnehmerüberlassung Arbeitnehmerüberlassungen sind regelmäßig keine Bauleistungen, unabhängig davon, ob die Leistun-gen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz erbracht werden oder nicht. 1.2.7. Bagatellgrenze von 500 € bei Reparaturen und Wartungen Die Regelung in Tz. 12 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 8 UStR 2005) legt typisierend in Auslegung von § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG fest, daß derartige Reparatur- und Wartungsleistungen an Bauwerken oder Teilen von Bauwerken bis zu einem (Netto-)Entgelt von bis zu 500 € nicht als Bauleistung anzusehen sind. Auch wenn Tz. 11 des o.a. BMF-Schreibens vom 27. Dezember 2002 eine etwas andere Definition der Wartungsleistung enthält, kann § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG nicht so verstanden werden, daß bei Reparatur- oder Wartungs-leistungen bis zu einem (Netto-) Entgelt von bis zu 500 € ein Wahlrecht besteht, ob die Steuerschuld-nerschaft des Leistungsempfängers anzuwenden ist oder nicht. 1.3. Einzelfälle 1.3.1. Versorgungsleitungen als eigene Bauwerke Versorgungsleitungen sind Bauwerke. Entsprechend können Leistungen im Zusammenhang mit diesen Leitungen Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG sein. 1.3.2. Befestigung von Maschinen auf einem Fundament im Zusammenhang mit der Lieferung Wird eine einzelne Maschine geliefert und vom liefernden Unternehmer im Auftrag des Abnehmers auf ein Fundament gestellt, liegt eine Lieferung, nicht aber eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG vor. Stellt der liefernde Unternehmer das Fundament oder die Befestigungsvorrichtung allerdings vor Ort selbst her, ist nach den Grundsätzen in Tz. 13 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 9 UStR 2005) zu entscheiden, ob es sich um eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG handelt oder nicht. 1.3.3. Installation von EDV- und Telefonanlagen (auch mit Endgeräten) Werden EDV- oder Telefonanlagen fest mit dem Bauwerk verbunden, in das sie eingebaut werden, liegt eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG vor. Die Lieferung von Endgerä-ten selbst ist dagegen keine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG. 1.3.4. Aufhängen und Anschließen von Beleuchtungen sowie Anschließen von Elektrogeräten Grundsätzlich stellt das Aufhängen und Anschließen von Beleuchtungen sowie das Anschließen von Elektrogeräten keine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG dar. Dagegen ist eine Montage und das Anschließen von Beleuchtungssystemen, wie z.B. in Kaufhäusern oder Fabrik-hallen, eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG. 1.3.5. Betriebsvorrichtungen Nach den Grundsätzen unter 1. können auch Arbeiten an Maschinen Bauleistungen i.S.d. § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG darstellen. Eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG liegt immer bei großen Maschinenanlagen vor, die zu ihrer Funktionsfähigkeit aufgebaut werden müssen, sowie dann, wenn ein Gegenstand aufwendig installiert wird.

Page 209: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 209

1.3.6. Verkehrssicherungsleistungen Bei als Verkehrssicherungsleistungen bezeichneten Leistungen (Auf- und Abbau, Vorhaltung, Wartung und Kontrolle von Verkehrseinrichtungen, unter anderem Absperrgeräte, Leiteinrichtungen, Blinklicht- und Lichtzeichenanlagen, Aufbringung von vorübergehenden Markierungen, Lieferung und Aufstellen von transportablen Verkehrszeichen, Einsatz von fahrbaren Absperrtafeln und die reine Vermietung von Verkehrseinrichtungen und Bauzäunen) handelt es sich nicht um Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG. Jedoch sind das Aufbringen von Endmarkierungen (sog. Weißmarkierungen) sowie das Aufstellen von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen, die dauerhaft im öffentlichen Verkehrsraum verbleiben, Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, wenn es sich um jeweils eigen-ständige Leistungen handelt. 1.3.7. Luftdurchlässigkeitsmessungen Luftdurchlässigkeitsmessungen an Gebäuden, die für die Erfüllung der Energieeinsparverordnung (§ 5 EnEV und Anhang 4 hierzu) durchgeführt werden, sind keine Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG. Diese Leistungen wirken sich nicht auf die Substanz eines Gebäudes aus. 2. Leistungsempfänger als Steuerschuldner (Tz. 14 bis 20 des BMF-Schreibens vom

31. März 2004; ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 10 bis 17 UStR 2005) 2.1. Leistungsempfänger als Bauleistender Ein Leistungsempfänger ist nur dann Steuerschuldner, wenn er selbst Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG nachhaltig erbringt. 2.1.1. Umsatzgrenze Die 10%-Grenze in Tz. 14 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182a Abs. 10 UStR 2005) ist eine Ausschlußgrenze. Unternehmer, die Bauleistungen unterhalb dieser Grenze erbringen, sind danach grundsätzlich keine bauleistenden Unternehmer. 2.1.2. Vorlage einer Freistellungsbescheinigung Nach Tz. 14 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 10 UStR 2005) ist davon auszugehen, daß der Leistungsempfänger Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG nachhaltig erbringt, wenn der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vorlegt. Die Verwendung dieser Freistellungsbescheinigung muß durch den Leistungs-empfänger ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgen. Der leistende Unternehmer kann nicht zwingend davon ausgehen, daß sein Leistungsempfänger (Auftraggeber) Unternehmer ist, der nach-haltig Bauleistungen erbringt, wenn dieser ihm zu einem früheren Zeitpunkt als leistender Unternehmer für ertragsteuerliche Zwecke eine Freistellungsbescheinigung nach § 48 b EStG vorgelegt hat. Hat der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer allerdings bereits für einen Umsatz, der nach dem 31. März 2004 ausgeführt worden ist, eine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG für um-satzsteuerliche Zwecke vorgelegt, kann der leistende Unternehmer in der Folgezeit davon ausgehen, daß dieser Leistungsempfänger nachhaltig Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt. Einer erneuten Vorlage der Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG durch den Leistungsempfänger bedarf es insoweit nicht. Dies gilt nicht, wenn die Freistellungsbescheinigung nicht mehr gültig ist. Für diesen Fall muß der Leistungsempfänger erneut darlegen, ob er nachhaltig Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringt oder nicht. Verwendet der Leistungsempfänger eine Freistellungsbescheinigung im Sinne von § 48 b EStG, auch wenn er tatsächlich kein Bauleistender ist, ist er als Leistungsempfänger nach Tz. 14 des BMF-Schrei-bens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 10 UStR 2005) Steuerschuldner.

Page 210: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 210 Heft 1/2005

Dies kann dann nicht gelten, wenn der Leistungsempfänger eine gefälschte Freistellungsbescheinigung verwendet und der leistende Unternehmer hiervon Kenntnis hatte. 2.2. Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen an Ge-

sellschafter einer Personengesellschaft und Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ist von Personengesellschaften (z.B. KG, GbR) und Kapitalgesellschaften (AG, GmbH) nicht anzuwenden, wenn ein Unternehmer eine Bauleistung für den privaten Bereich eines (Mit-)Gesellschafters oder An-teilseigners erbringt, da es sich hierbei um unterschiedliche Personen handelt. 2.3. Arbeitsgemeinschaften (ARGE) als Leistungsempfänger ARGE sind auch dann als Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn sie nur eine Gesamtleistung erbringen. Dies gilt bereits für den Zeitraum, in dem sie noch keinen Umsatz erbracht haben. Soweit Gesellschafter einer ARGE Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG an die ARGE erbringen, ist die ARGE als Leistungsempfänger Steuerschuldner. Bestehen Zweifel, ob die Leistung an die ARGE eine Bauleistung ist, kann von Tz. 20 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 17 UStR 2005) Gebrauch gemacht werden. 2.4. Organschaftsverhältnis Tz. 16 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182a Abs. 12 UStR 2005) enthält eine Vereinfachungsregelung bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft des Lei-stungsempfängers bei Organschaftsverhältnissen. Danach ist die Steuerschuldnerschaft des Lei-stungsempfängers nur beim Organträger bzw. bei den Organgesellschaften anzuwenden, soweit diese nachhaltig Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG erbringen. Erbringt z.B. nur eine Organgesellschaft einer Organschaft nachhaltig Bauleistungen und werden an diesen Unter-nehmensteil und daneben auch an den Organträger Bauleistungen erbracht, ist die Steuerschuldner-schaft des Leistungsempfängers nur bei den Umsätzen an die Organgesellschaft anzuwenden, die nachhaltig Bauleistungen erbringt. Ob eine Organgesellschaft Bauleistungen nachhaltig erbringt, richtet sich nach Tz. 14 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 10 UStR 2005). Bei der Berechnung der 10%-Grenze sind die Bemessungsgrundlagen der Umsätze der jeweiligen Organgesellschaft ins Verhältnis zu den Gesamtumsätzen dieser Organgesellschaft zu set-zen. Erbringt der Organträger selbst keine Bauleistungen, ist bei Bauleistungen an ihn der leistende Unter-nehmer Steuerschuldner. 2.5. Wohnungseigentümergemeinschaften Nach Tz. 17 Unterabs. 2 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 (ab 1. Januar 2005: Abschnitt 182 a Abs. 14 UStR 2005) sind Wohnungseigentümergemeinschaften für Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die ein-zelnen Wohnungseigentümer weiter gegeben werden. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnungseigen-tümergemeinschaft derartige Umsätze nach § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig behandelt. 3. Anwendung (Tz. 21 bis 22 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004) 3.1. Schlußrechnung über nach dem 31. März 2004 erbrachte Bauleistungen bei Abschlagszah-

lungen vor dem 1. April 2004 Bei Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die nach dem 31. März 2004 erbracht werden, ist der Leistungsempfänger Steuerschuldner, wenn er selbst derartige Leistungen

Page 211: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 211

nachhaltig ausführt. Entsprechend hat der leistende Unternehmer eine Rechnung auszustellen, in der das (Netto-)Entgelt anzugeben ist sowie ein Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsemp-fängers (§ 14 a Abs. 5 UStG). Dies ist unabhängig davon, ob der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem 1. April 2004 vereinnahmt hat oder nicht. Hat der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teile des Entgelts vor dem 1. April 2004 vereinnahmt und hierfür auch eine Rechnung mit offenem Steuerausweis erstellt, hat er die Rechnung(en) über diese Zahlungen im Voranmeldungszeitraum der tatsächlichen Ausführung der Bauleistung zu berichti-gen (§ 27 Abs. 1 Satz 3 UStG, § 14 c Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG). In der Schlußrechnung sind die ge-zahlten Abschlagszahlungen nur dann mit ihrem Bruttobetrag (einschließlich Umsatzsteuer) anzurech-nen, wenn die Umsatzsteuer bis zum Zeitpunkt der Erteilung der Schlußrechnung nicht an den Lei-stungsempfänger zurückerstattet wurde. Es kann aber auch von Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 - IV D 1 - S 7279 - 107/04 - Gebrauch gemacht werden. Danach ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der Anwendung der Steuer-schuldnerschaft des Leistungsempfängers nur das um das vor dem 1. April 2004 vom leistenden Un-ternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, daß das vor dem 1. April 2004 vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert (= in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr angemel-det) wurde. In derartigen Fällen ist keine Berichtigung der über geleistete Abschlagszahlungen erteilten Rechnungen durchzuführen. 3.2. Berichtigung einer vor dem 1. April 2004 erstellten Rechnung über Anzahlungen, wenn die

Zahlung erst nach dem 31. März 2004 erfolgt Wurden für die Erbringung von Bauleistungen Abschlagszahlungen oder Anzahlungen vereinnahmt, bevor die Leistung oder die Teilleistung ausgeführt worden ist, entsteht die Steuer mit Ablauf des Vor-anmeldungszeitraums, in dem das Entgelt oder Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, § 13 b Abs. 1 Satz 3 UStG). Entscheidend für die Steuerentstehung ist nicht, wann die Rech-nung erstellt worden ist, sondern der Zeitpunkt der Vereinnahmung des entsprechenden Entgelts oder des Teilentgelts. Vereinnahmt der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teilentgelt für Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG nach dem 31. März 2004, ist hierfür der Leistungsemp-fänger Steuerschuldner (§ 13 b Abs. 1 und 2 Satz 2 UStG). Ist die hierfür vom leistenden Unternehmer erstellte Rechnung vor dem 1. April 2004 erstellt worden und wurde die Umsatzsteuer offen ausgewie-sen, ist die Rechnung entsprechend zu berichtigen. Die Vereinfachungsregelung in Tz. 26 und 27 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 kann in An-spruch genommen werden. 3.3. Abrechnungen nach dem 31. März 2004 über Leistungen, die vor dem 1. April 2004 erbracht

worden sind Für Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG, die von einem im Inland an-sässigen Unternehmer vor dem 1. April 2004 erbracht worden sind, ist der leistende Unternehmer nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner. § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 und Abs. 2 UStG ist nicht anzuwenden. Der leistende Unternehmer muß entsprechend eine Rechnung ausstellen, die die in § 14 Abs. 4 Satz 1 UStG vorgeschriebenen Angaben enthält. Hierzu gehört auch die Angabe des anzuwen-denden Steuersatzes sowie des auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrags (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG). 3.4. Berichtigung einer vor dem 1. April 2004 erstellten und bezahlten Rechnung über Anzahlun-

gen nach diesem Zeitpunkt Hat der leistende Unternehmer für eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG einen Teil des Entgelts vor dem 1. April 2004 vereinnahmt und wurde die Leistung oder die Teil-leistung danach ausgeführt, entsteht die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem das Teilentgelt vereinnahmt worden ist (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG). Steuerschuldner ist der leistende Unternehmer.

Page 212: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 212 Heft 1/2005

Stellt sich nach dem 31. März 2004 heraus, daß die in Rechnung gestellte und vom leistenden Unter-nehmer vereinnahmte Anzahlung in der Höhe unrichtig war, ist die ursprüngliche Rechnung zu berichti-gen (§ 17 Abs. 1 UStG), sofern der überzahlte Betrag zurückgezahlt wurde und insoweit die Grundlage für die Versteuerung der Anzahlung entfallen ist. Hinsichtlich einer berichtigten Anzahlung wird der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner nach § 13 b Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 UStG, soweit ein weiteres Teilentgelt nach dem 31. März 2004 vom lei-stenden Unternehmer vereinnahmt wird. Beispiel 1: Unternehmer A und Unternehmer B führen nachhaltig Bauleistungen im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG aus und geben monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Sie vereinbaren, daß A an B eine Bauleistung im Sinne des § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Satz 1 UStG ausführen soll. A stellt am 2. März 2004 eine Abschlagsrechnung über 10.000 € zuzüglich 1.600 € Umsatzsteuer aus. Die Rechnung wird von B noch im März 2004 bezahlt. Im April 2004 stellt sich heraus, daß der Anzahlung ein falsches Aufmaß zugrunde gelegen hat. Danach hätte nur eine Anzahlung mit einem Entgelt von 4.000 € in Rechnung gestellt werden dürfen. Der überzahlte Betrag wird B zurückerstattet. Die Baulei-stung wird im August 2004 erbracht. A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, daß nur noch ein Entgelt in Höhe von 4.000 € zuzüg-lich 640 € Umsatzsteuer auszuweisen ist. Die Änderungen gegenüber der ursprünglichen Rechnung hat er in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für April 2004 entsprechend zu berücksichtigen. B hat den in der Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2004 geltend gemachten Vorsteuerabzug in der Umsatz-steuer-Voranmeldung für April 2004 entsprechend zu mindern. Beispiel 2: Sachverhalt wie in Beispiel 1, jedoch hätte eine Anzahlung mit einem Entgelt von 11.000 € in Rechnung gestellt werden müssen. B zahlt den Mehrbetrag im Juli 2004. A hat seine Rechnung dergestalt zu korrigieren, daß sie ein Entgelt in Höhe von 11.000 € enthält. Hin-sichtlich der vor dem 1. April 2004 geleisteten Anzahlung bleibt es bei der Steuerschuld des A, so daß insoweit weiterhin eine Umsatzsteuer von 1.600 € auszuweisen ist. Die ursprüngliche Besteuerung (A erklärt den Umsatz in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2004, B hat den Vorsteuerabzug in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für März 2004 geltend gemacht) bleibt unverändert. Für die (Rest-)Anzahlung, die im Juli 2004 geleistet wird, ist in der Rechnung nur das (Netto-)Entgelt von 1.000 € anzugeben. Außerdem muß A den B insoweit auf dessen Steuerschuldnerschaft hinweisen. B muß das (Netto-)Entgelt von 1.000 € sowie die Steuer hierauf von 160 € in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Juli 2004 anmelden und kann gleichzeitig diese Steuer als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG). 4. Weitere Anwendungsregelungen (Tz. 23 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004) 4.1. Rechnungsangaben und Vorsteuerabzug Erteilt der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine Rechnung, in der er entgegen § 14 a Abs. 5 UStG keinen Hinweis auf die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers aufnimmt, ist dem Leistungsempfänger dennoch der Vorsteuerabzug unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG zu gewähren, da nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UStG das Vorliegen einer Rechnung nach §§ 14, 14 a UStG nicht Voraussetzung für den Abzug der nach § 13 b Abs. 2 UStG geschuldeten Steuer als Vorsteuer ist. 4.2. Vorsteuerabzug bei geschätzter Bemessungsgrundlage Liegt dem Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Erstellung der Umsatzsteuer-Voranmeldung bzw. Er-klärung für das Kalenderjahr, in der der Umsatz anzumelden ist, für den der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, keine Rechnung vor, muß er die Bemessungsgrundlage ggf. schätzen. Die von ihm

Page 213: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 213

angemeldete Steuer kann er im gleichen Besteuerungszeitraum unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 UStG als Vorsteuer abziehen. 4.3. Angaben über Ausgangsumsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer schuldet, in

den Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr Unternehmer, die Umsätze ausführen, für die der Leistungsempfänger Steuerschuldner nach § 13 b Abs. 1 und 2 UStG ist, müssen diese Umsätze erst in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Voran-meldungszeiträume ab dem Kalenderjahr 2005 anmelden (Umsatzsteuer-Voranmeldung 2005: Zeile 41, Kennzahl 60). Entsprechende Angaben müssen in der Umsatzsteuererklärung bereits ab dem Ka-lenderjahr 2004 gemacht werden (Umsatzsteuererklärung 2004: Anlage UR, Zeile 53, Kennzahl 209). 5. Übergangsregelung (Tz. 26 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004) Tz. 26 des BMF-Schreibens vom 31. März 2004 enthält eine Übergangsregelung für die betroffenen Unternehmer, wonach es bei den fraglichen Umsätzen, die zwischen dem 1. April 2004 und dem 30. Juni 2004 ausgeführt werden, beim leistenden Unternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zu beanstanden ist, wenn die Vertragspartner einvernehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des lei-stenden Unternehmers nach § 13 a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen sind. Voraussetzung hierfür ist, daß der Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffender Höhe versteuert (= in einer Umsatzsteuer-Voranmeldung oder in einer Steuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet) wird. Machen die betroffenen Unternehmer hiervon Gebrauch, bedarf es einer Einigung der Vertragsparteien. Eine schriftliche Vereinbarung ist nicht zwingend erforderlich.“ Erlaß der Umsatzsteuer wegen unberechtigten Steuerausweises bei Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Empfänger

BKPV 73/2005

BFH-Urteil vom 25.4.2002 - V B 73/01 (BStBl 2004 II S. 343) „1. Eine bei unberechtigtem Steuerausweis in einer Rechnung gemäß § 14 Abs. 3 UStG entstandene

Steuer ist nach § 227 AO 1977 (zwingend) wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen, soweit der von dem Rechnungsempfänger in Anspruch genommene Vorsteuerabzug rückgängig gemacht und der entsprechende Betrag an den Fiskus tatsächlich zurückgezahlt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, V R 61/97, BFHE 194 S. 517)

2. Der Gesichtspunkt der Erlaßunwürdigkeit des Steuerpflichtigen spielt insoweit keine Rolle. Er kann

nur bei der Prüfung eines Erlasses aus persönlichen Billigkeitsgründen Bedeutung haben.“ Art und Umfang einer ordnungsgemäßen Rechnungsstellung, verschärfte Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs

BKPV 74/2005

BMF-Schreiben vom 29.1.2004 - IV B 7 - S 7280 - 19/04 ( BStBl 2004 I S. 258) „Durch Art. 5 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15.12.2003 (Steueränderungsgesetz 2003 - StÄndG 2003), BGBl 2003 I S. 2645, werden die Bestimmungen der Richtlinie 2001/115/EG vom 20.12.2001 (Rechnungsrichtlinie, ABl. EG 2002 Nr. L 15 S. 24) in nationa-les Recht umgesetzt und die damit in Zusammenhang stehende Vorschrift für den Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) neu gefaßt. Zudem wird in Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH und des BFH die Behandlung von Rechnungen mit unrichtigem bzw. unberechtigtem Steuerausweis in § 14 c UStG neu geregelt. Die Änderungen treten am 1.1.2004 in Kraft (Art. 25 Abs. 4 StÄndG 2003). Auf die Übergangsregelung für den Vorsteuerabzug aus nach dem 31.12.2003 und vor dem 1.7.2004 ausgestellten Rechnungen (BMF-Schreiben vom 19.12.2003, IV B 7 - S 7300 - 75/03) wird hingewie-sen. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Län-der gilt Folgendes:

Page 214: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 214 Heft 1/2005

Inhaltsverzeichnis Tz. Inhalt Rz. 1 Ausstellung von Rechnungen 1.1 Rechnung 1 bis 4 1.2 Rechnung in Form der Gutschrift 5 bis 8 2 Elektronisch übermittelte Rechnung 2.1 Grundsätze 9 bis 13 2.2 Erstellung 2.2.1 Qualifizierte elektronische Signatur 14 bis 19 2.2.2 Elektronischer Datenaustausch 20 bis 21 2.2.3 Sonderregelungen 22 2.2.3.1 Per Telefax oder E-Mail übermittelte Rechnung 23 bis 24 2.2.3.2 Online-Fahrausweise 25 2.3 Elektronisch übermittelte Gutschriften 26 2.4 Erstellung und elektronische Übermittlung von Rechnungen durch Dritte 27 bis 30 3 Pflichtangaben in der Rechnung 31 bis 33 3.1 Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers 34 bis 35 3.2 Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unter-

nehmers 36 bis 40

3.3 Fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer) 41 bis 45 3.4 Zeitpunkt der Leistung und Vereinnahmung des Entgelts 46 bis 47 3.5 Entgelt 48 bis 49 3.6 Steuersatz oder Hinweis auf eine Steuerbefreiung 50 bis 51 4 Berichtigung von Rechnungen 52 bis 55 5 Rechnungen über Kleinbeträge 56 bis 58 6 Fahrausweise als Rechnungen 59 bis 63 7 Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen 64 bis 66 8 Aufbewahrung von Rechnungen 67 bis 77 9 Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis 9.1 Unrichtiger Steuerausweis 78 bis 81 9.2 Unberechtigter Steuerausweis 82 bis 85 9.3 Altfälle 86 10 Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug 87 bis 92 11 Anwendungsregelungen 93 1. Ausstellung von Rechnungen 1.1 Rechnung

1 Gemäß § 14 Abs. 1 UStG i.V.m. § 31 Abs. 1 UStDV ist eine Rechnung jedes Dokument oder eine Mehrzahl von Dokumenten, mit denen über eine Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird. Die Bezeichnung der Rechnung im Geschäftsverkehr ist unbeachtlich.

2 Rechnungen können auf Papier oder, vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers, auf elektroni-schem Weg übermittelt werden.

3 Gemäß § 14 Abs. 2 UStG ist der Unternehmer bei Ausführung von Lieferungen oder sonstigen Leistun-gen an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen oder an eine juristische Person, die nicht

Page 215: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 215

Unternehmer ist, stets verpflichtet, eine Rechnung auszustellen. Die Steuerpflicht ist in diesen Fällen nicht Voraussetzung für die Verpflichtung zur Rechnungserteilung. Eine Rechnung kann durch den lei-stenden Unternehmer selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten, der im Namen und für Rechnung des Unternehmers abrechnet (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG), ausgestellt werden. Der Leistungs-empfänger kann nicht Dritter sein. Zur Rechnungsausstellung durch den Leistungsempfänger vgl. Rz. 5 ff. Bedient sich der leistende Unternehmer zur Rechnungserstellung eines Dritten, so hat der leistende Unternehmer sicher zu stellen, daß der Dritte die Einhaltung der sich aus §§ 14 und 14 a UStG ergebenden formalen Voraussetzungen gewährleistet.

4 Das Rechtsverhältnis zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger ist zivilrechtlicher Na-tur. Soweit zwischen den Beteiligten ein schuldrechtlicher Vertrag besteht, handelt es sich bei der Ver-pflichtung des Leistenden zur Abrechnung um eine aus § 242 BGB abgeleitete zivilrechtliche Neben-pflicht. § 14 Abs. 2 UStG kommt insoweit nur deklaratorische Bedeutung zu. Streitigkeiten zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger über die Rechnungsausstellung sind gemäß § 13 GVG vor den ordentlichen Gerichten auszutragen. 1.2 Rechnung in Form der Gutschrift

5 Eine Gutschrift ist eine Rechnung, die vom Leistungsempfänger ausgestellt wird (§ 14 Abs. 2 Satz 3 UStG). Folgende Neuerungen sind für die Ausstellung einer Gutschrift zu beachten: – Eine Gutschrift kann auch durch juristische Personen, die nicht Unternehmer sind, ausgestellt wer-

den. – Der Leistungsempfänger kann mit der Ausstellung einer Gutschrift auch einen Dritten beauftragen,

der im Namen und für Rechnung des Leistungsempfängers abrechnet (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG). – Die am Leistungsaustausch Beteiligten können frei vereinbaren, ob der leistende Unternehmer oder

der in § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG bezeichnete Leistungsempfänger abrechnet - die Vereinbarung hierüber muß vor der Abrechnung getroffen worden sein.

– Eine Gutschrift kann auch ausgestellt werden, wenn über steuerfreie Umsätze abgerechnet wird

oder wenn beim leistenden Unternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG die Steuer nicht erhoben wird. Dies kann dazu führen, daß der Empfänger der Gutschrift unrichtig oder unberechtigt ausgewie-sene Steuer nach § 14 c UStG schuldet.

Keine Gutschrift im vorgenannten Sinne ist die im allgemeinen Sprachgebrauch ebenso bezeichnete Korrektur einer zuvor ergangenen Rechnung.

6 Die Vereinbarung zur Abrechnung mit Gutschrift ist an keine besondere Form gebunden. Sie kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben. Sie kann auch mündlich getroffen werden.

7 Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Gutschrift ist, daß die Gutschrift dem leistenden Unternehmer übermittelt worden ist und dieser dem ihm zugeleiteten Dokument nicht widerspricht (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG). Die Gutschrift ist übermittelt, wenn sie dem leistenden Unternehmer so zugänglich gemacht worden ist, daß er von ihrem Inhalt Kenntnis nehmen kann (vgl. BFH-Urteil vom 15.9.1994, BStBl 1995 II S. 275).

8 Der leistende Unternehmer kann der Gutschrift widersprechen. Der Widerspruch wirkt, auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, erst in dem Besteuerungszeitraum, in dem er erklärt wird. Mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift die Wirkung als Rechnung. Die Wirksamkeit des Wider-spruchs setzt den Zugang beim Gutschriftsaussteller voraus (vgl. BFH-Urteil vom 19.5.1993, BStBl 1993 II S. 779). 2. Elektronisch übermittelte Rechnung 2.1 Grundsätze

9 Rechnungen können - vorbehaltlich der Zustimmung des Empfängers - auch auf elektronischem Weg übermittelt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Page 216: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 216 Heft 1/2005

10 Die Zustimmung des Empfängers der elektronisch übermittelten Rechnung bedarf dabei keiner beson-deren Form; es muß lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger darüber bestehen, daß die Rechnung elektronisch übermittelt werden soll. Die Zustimmung kann z.B. in Form einer Rahmenvereinbarung erklärt werden. Sie kann auch nachträglich erklärt werden. Es genügt aber auch, daß die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.

11 Nach § 14 Abs. 3 UStG sind bei elektronischer Übermittlung der Rechnung die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts zu gewährleisten. Dies kann auf zwei Arten erfolgen: – mit qualifizierter elektronischer Signatur oder mit qualifizierter elektronischer Signatur mit Anbieter-

Akkreditierung nach dem Signaturgesetz (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG) oder – im EDI-Verfahren mit einer zusätzlichen zusammenfassenden Rechnung in Papierform oder in

elektronischer Form, wenn diese zusammenfassende Rechnung mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde (§ 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG).

12 Der Aufbau und der Ablauf des bei der elektronischen Übermittlung einer Rechnung angewandten Ver-

fahrens müssen für das Finanzamt innerhalb angemessener Frist nachprüfbar sein (§ 145 AO). Dies setzt eine Dokumentation voraus, daß das Verfahren den Anforderungen der Grundsätze ordnungsge-mäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) genügt (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7.11.1995, IV A 8 - S 0316 - 52/95, BStBl 1995 I S. 738).

13 Bei der Prüfung elektronisch übermittelter Rechnungen i.S.d. § 14 Abs. 3 UStG sind die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 16.7.2001, IV D 2 - S 0316 - 136/01, BStBl 2001 I S. 415, über die Grund-sätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) zu beachten. Fordert das Fi-nanzamt den Unternehmer zur Vorlage der Rechnung auf, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Un-ternehmer als vorläufigen Nachweis einen Ausdruck der elektronisch übermittelten Rechnung vorlegt. Dies entbindet den Unternehmer allerdings nicht von der Verpflichtung, auf Anforderung nachzuweisen, daß die elektronisch übermittelte Rechnung die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG erfüllt. 2.2 Erstellung 2.2.1 Qualifizierte elektronische Signatur

14 Gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG ist eine elektronisch übermittelte Rechnung mit einer qualifizierten elek-tronischen Signatur (§ 2 Nr. 3 SigG) oder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur mit Anbieter-Akkreditierung (§ 2 Nr. 15 SigG) zu versehen. Zur Erstellung der Signatur wird ein qualifiziertes Zertifi-kat benötigt, das von einem Zertifizierungsdiensteanbieter ausgestellt wird und mit dem die Identität des Zertifikatsinhabers bestätigt wird (§ 2 Nr. 7 SigG).

15 Dieses Zertifikat kann nach § 2 Nr. 7 SigG nur auf natürliche Personen ausgestellt werden. Es ist zuläs-sig, daß eine oder mehrere natürliche Personen im Unternehmen bevollmächtigt werden, für den Un-ternehmer zu signieren. Eine Verlagerung der dem leistenden Unternehmer oder dem von diesem be-auftragten Dritten obliegenden steuerlichen Verpflichtungen ist damit jedoch nicht verbunden.

16 Der Zertifikatsinhaber kann zusätzliche Attribute einsetzen (vgl. § 7 SigG). Ein Attribut kann z.B. lauten „Frau Musterfrau ist Handlungsbevollmächtigte des Unternehmers A und berechtigt, für Unternehmer A Rechnungen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro Gesamtbetrag zu unterzeichnen“. Auch Vertreterre-gelungen und ggf. erforderliche Zeichnungsberechtigungen, die an die Unterzeichnung durch mehrere Berechtigte gekoppelt sind, können durch Attribute abgebildet werden.

17 Nach § 5 Abs. 3 SigG kann in einem qualifizierten Zertifikat auf Verlangen des Zertifikatsinhabers an-stelle seines Namens ein Pseudonym aufgeführt werden. Das Finanzamt hat gemäß § 14 Abs. 2 SigG einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Zertifizierungsdiensteanbieter, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erforderlich ist.

18 Für die Erstellung qualifizierter elektronischer Signaturen sind alle technischen Verfahren (z.B. Smart-Card, „Kryptobox“) zulässig, die den Vorgaben des Signaturgesetzes entsprechen. Der Unternehmer

Page 217: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 217

hat die Voraussetzungen auf Anforderung nachzuweisen. Der Rechnungsaussteller kann die Rechnun-gen auch in einem automatisierten Massenverfahren signieren.

19 Es ist zulässig, mehrere Rechnungen an einen Rechnungsempfänger in einer Datei zusammenzufas-sen und diese Datei mit nur einer qualifizierten elektronischen Signatur an den Empfänger zu übermit-teln. 2.2.2 Elektronischer Datenaustausch (EDI-Rechnungen)

20 Gemäß § 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG ist es zulässig, eine Rechnung im EDI-Verfahren zu übermitteln, wenn zusätzlich eine zusammenfassende Rechnung (Sammelrechnung) in Papierform oder in elektronischer Form, wenn diese mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde, über-mittelt wird. Voraussetzung für die Anerkennung der im EDI-Verfahren übermittelten Rechnungen ist, daß über den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19.10.1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Daten-austausches (ABl EG Nr. L 338 S. 98) besteht, in der der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.

21 Für mehrere getrennte Lieferungen von Gegenständen oder mehrere Dienstleistungen kann periodisch (z.B. Tag, Woche, Monat) eine zusammenfassende Rechnung ausgestellt werden. Diese muß die in § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG aufgeführten Merkmale enthalten. Bei fehlenden Angaben ist auf die er-gänzenden Dokumente hinzuweisen (§ 31 Abs. 1 UStDV). Die zusammenfassende Rechnung muß da-bei für die einzelnen Umsätze eines Übertragungszeitraums die Entgelte in einer Summe zusammen-fassen. Das Gleiche gilt für die darauf entfallenden Steuerbeträge. 2.2.3 Sonderregelungen

22 Auch bei Rechnungen, die per Telefax oder E-Mail übermittelt werden, und bei als Rechnungen geltenden Fahrausweisen i.S.d. § 34 UStDV, die im Online-Verfahren erstellt werden, handelt es sich um elektronisch übermittelte Rechnungen. Hierfür gelten unter der Voraussetzung, daß die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts der Rechnung im Einzelfall gegeben sind, folgende Sonder-regelungen: 2.2.3.1 Per Telefax oder E-Mail übermittelte Rechnung

23 Bei der Übermittlung von Rechnungen per Telefax ist nur die Übertragung von Standard-Telefax an Standard-Telefax zulässig. Voraussetzung für die Anerkennung zum Zweck des Vorsteuerabzuges ist, daß der Rechnungsaussteller einen Ausdruck in Papierform aufbewahrt und der Rechnungsempfänger die eingehende Telefax-Rechnung in ausgedruckter Form aufbewahrt. Sollte das Telefax auf Thermo-papier ausgedruckt sein, ist es durch einen nochmaligen Kopiervorgang auf Papier zu konservieren, das für den gesamten Aufbewahrungszeitraum nach § 14 b Abs. 1 UStG lesbar ist.

24 Bei allen anderen Telefax-Übertragungsformen wie z.B. Übertragung von Standard-Telefax an Compu-ter-Telefax/Fax-Server, Übertragung von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax und Über-tragung von Computer-Telefax/Fax-Server an Computer-Telefax/Fax-Server sowie bei Übermittlung der Rechnung per E-Mail ist entsprechend § 14 Abs. 3 Nr. 1 UStG eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung erforderlich, um die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten zu gewährleisten. 2.2.3.2 Online-Fahrausweise

25 Bei Fahrausweisen (§ 34 UStDV) ist es für Zwecke des Vorsteuerabzuges nicht zu beanstanden, wenn der Fahrausweis im Online-Verfahren abgerufen wird und durch das Verfahren sichergestellt ist, daß eine Belastung auf einem Kunden- oder Kreditkartenkonto erfolgt. Zusätzlich hat der Rechnungsemp-fänger einen Papierausdruck des im Online-Verfahren abgerufenen Dokuments aufzubewahren, das die nach § 34 UStDV erforderlichen Angaben enthält.

Page 218: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 218 Heft 1/2005

2.3 Elektronisch übermittelte Gutschriften

26 Eine Gutschrift auf elektronischem Weg ist zulässig. Dabei ist die Gutschrift durch den Leistungsemp-fänger mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen. Bei Abrechnung durch Gutschrift im EDI-Verfahren hat der Leistungsempfänger zusätzlich eine zusammenfassende Rechnung nach Maßgabe des § 14 Abs. 3 Nr. 2 UStG zu erstellen und zu übermitteln (siehe Rz. 20 f.). Die Son-derregelungen nach Rz. 22 ff. gelten entsprechend. 2.4 Erstellung und elektronische Übermittlung von Rechnungen durch Dritte

27 Eine Rechnung kann im Namen und für Rechnung des Unternehmers oder eines in § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG bezeichneten Leistungsempfängers von einem Dritten ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG). Dies gilt auch für elektronisch übermittelte Rechnungen.

28 Bei der Einschaltung von Dritten werden eine oder mehrere natürliche Personen beim Dritten bevoll-mächtigt, für den leistenden Unternehmer oder im Fall der Gutschrift für den Leistungsempfänger Rechnungen mindestens mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen.

29 Die Anforderungen des § 14 Abs. 3 UStG gelten nicht für die Übermittlung der Daten vom leistenden Unternehmer oder vom Leistungsempfänger zum Zweck der Rechnungserstellung an den Dritten. Der Dritte ist nach § 93 ff. AO verpflichtet, dem Finanzamt die Prüfung des Verfahrens durch Erteilung von Auskünften und Vorlage von Unterlagen in seinen Räumen zu gestatten.

30 Der Empfänger einer elektronisch übermittelten Rechnung, die mit mindestens einer qualifizierten elek-tronischen Signatur versehen wurde, kann die ihm nach den GDPdU vorgeschriebenen Prüfungs-schritte auch auf einen Dritten übertragen. Dies gilt insbesondere für die entsprechende Prüfung einer elektronisch übermittelten Rechnung in Form einer Gutschrift mit mindestens einer qualifizierten elek-tronischen Signatur. 3. Pflichtangaben in der Rechnung

31 Die folgenden Ausführungen gelten nur für Rechnungen an andere Unternehmer oder an juristische Personen, soweit sie nicht Unternehmer sind, sowie an andere Leistungsempfänger, die in § 14 a UStG bezeichnet sind. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um steuerpflichtige oder steuerfreie Leistungen oder um Teilleistungen handelt oder ob die Sonderregelungen nach den §§ 23 bis 25 c UStG ange-wendet werden.

32 Die Pflichtangaben ergeben sich aus § 14 Abs. 4, § 14 a UStG sowie aus den §§ 33 und 34 UStDV.

33 Die Gesamtheit aller Dokumente, die die nach § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG geforderten Angaben ins-gesamt enthalten, bildet die Rechnung. In einem Dokument fehlende Angaben müssen in anderen Do-kumenten enthalten sein. In einem dieser Dokumente müssen mindestens das Entgelt und der Steuer-betrag angegeben werden. Außerdem sind in diesem Dokument alle anderen Dokumente zu bezeich-nen, aus denen sich die nach § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG erforderlichen Angaben insgesamt ergeben (§ 31 Abs. 1 UStDV). Alle Dokumente müssen vom Rechnungsaussteller erstellt werden. Im Fall der Gutschrift muß deshalb der Gutschriftsaussteller alle Dokumente erstellen. Ist ein Dritter mit der Rech-nungserstellung beauftragt (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG), ist auch derjenige, der den Dritten mit der Rech-nungserstellung beauftragt hat, zur Erstellung der fehlenden Dokumente berechtigt. Hinsichtlich der Leistungsbeschreibung ist es zulässig, auf den vom leistenden Unternehmer erstellten Lieferschein Be-zug zu nehmen. 3.1 Name und Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers

34 Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG sind in der Rechnung der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers jeweils vollständig anzugeben. Dabei ist es gemäß § 31 Abs. 2 UStDV wie bisher ausreichend, wenn sich aufgrund der in die Rechnung aufgenommenen Be-zeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungs-empfängers eindeutig feststellen lassen. Verfügt der Leistungsempfänger über ein Postfach oder über

Page 219: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 219

eine Großkundenadresse, ist es ausreichend, wenn diese Daten anstelle der Anschrift angegeben wer-den.

35 Im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft kann der Name und die Anschrift der Organgesellschaft angegeben werden, wenn der leistende Unternehmer oder der Leistungsempfänger unter dem Namen und der Anschrift der Organgesellschaft die Leistung erbracht bzw. bezogen hat. Bei Unternehmern, die über mehrere Zweigniederlassungen, Betriebsstätten oder Betriebsteile verfügen, gilt jede betriebliche Anschrift als vollständige Anschrift. 3.2 Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers

36 Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG muß der leistende Unternehmer in der Rechnung entweder die ihm vom inländischen Finanzamt erteilte Steuernummer oder die vom Bundesamt für Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer angeben. Wurde dem leistenden Unternehmer keine Umsatz-steuer-Identifikationsnummer erteilt, ist zwingend die erteilte Steuernummer anzugeben. Wenn das Fi-nanzamt eine gesonderte Steuernummer für Zwecke der Umsatzbesteuerung erteilt hat (z.B. bei von der Zuständigkeit nach dem Betriebssitz abweichender Zuständigkeit nach § 21 AO), ist diese an-zugeben. Erteilt das Finanzamt dem leistenden Unternehmer eine neue Steuernummer (z.B. bei Verla-gerung des Unternehmenssitzes), ist nur noch diese zu verwenden. Es ist nicht erforderlich, daß der Unternehmer die vom Finanzamt erteilte Steuernummer um zusätzliche Angaben (z.B. Name oder An-schrift des Finanzamts, Finanzamtsnummer oder Länderschlüssel) ergänzt. Im Fall der Gutschrift ist die Steuernummer bzw. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers und nicht die des die Gutschrift erteilenden Unternehmers anzugeben. Zu diesem Zweck hat der leistende Unter-nehmer (Gutschriftsempfänger) dem Aussteller der Gutschrift seine Steuernummer oder Umsatzsteuer Identifikationsnummer mitzuteilen. Dies gilt auch für einen ausländischen Unternehmer, dem von einem inländischen Finanzamt eine Steuernummer oder vom Bundesamt für Finanzen eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde.

37 Leistet ein Unternehmer im eigenen Namen (Eigengeschäft) und vermittelt er einen Umsatz in fremden Namen und für fremde Rechnung (vermittelter Umsatz), gilt für die Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer Folgendes: – Für das Eigengeschäft gibt der leistende Unternehmer seine Steuernummer oder Umsatzsteuer-

Identifikationsnummer an. – Rechnet der Unternehmer über einen vermittelten Umsatz ab (z.B. Tankstellenbetreiber, Reise-

büro), hat er die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unter-nehmers (z.B. Mineralölgesellschaft, Reiseunternehmen) anzugeben.

– Werden das Eigengeschäft und der vermittelte Umsatz in einer Rechnung aufgeführt (vgl. Ab-

schnitt 188 Abs. 3 UStR), kann aus Vereinfachungsgründen der jeweilige Umsatz durch Kennziffern oder durch Symbole der jeweiligen Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zuge-ordnet werden. Diese sind in der Rechnung oder in anderen Dokumenten (§ 31 UStDV) zu erläu-tern.

38 Im Fall der umsatzsteuerlichen Organschaft muß die Organgesellschaft die ihr oder dem Organträger

erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer oder die Steuernummer des Organträgers angeben.

39 Die Angabe der Steuernummer oder der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist vorbehaltlich der §§ 33 und 34 UStDV auch erforderlich, wenn: – beim leistenden Unternehmer die Umsatzsteuer gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird, – ausschließlich über steuerfreie Umsätze abgerechnet wird, – der Leistungsempfänger gemäß § 13 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 UStG i.d.F. des Haushaltsbegleit-

gesetzes 2004 Steuerschuldner ist (vgl. auch § 14 a Abs. 5 UStG).

40 Bei Verträgen über Dauerleistungen ist es unschädlich, wenn vor dem 1.1.2004 geschlossene Verträge keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers enthal-ten. Es ist nicht erforderlich, diese Verträge um die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikati-

Page 220: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 220 Heft 1/2005

onsnummer zu ergänzen. Ein nach dem 31.12.2003 geschlossener Vertrag erfüllt die Anforderung des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG, wenn er die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnum-mer des leistenden Unternehmers enthält. Ist in dem Vertrag die Steuernummer angegeben und erteilt das Finanzamt dem leistenden Unternehmer eine neue Steuernummer (z.B. bei Verlagerung des Un-ternehmenssitzes), ist der Vertragspartner in geeigneter Weise darüber zu informieren. Die leichte Nachprüfbarkeit dieser Angabe muß beim Leistungsempfänger gewährleistet sein. Es ist nicht erforder-lich, daß auf den Zahlungsbelegen die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des leistenden Unternehmers angegeben ist. 3.3 Fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer)

41 Durch die fortlaufende Nummer (Rechnungsnummer) soll ab sichergestellt werden, daß die vom Unternehmer erstellte Rechnung einmalig ist. Bei der Erstellung der Rechnungsnummer ist es zulässig, eine oder mehrere Zahlen- oder Buchstabenreihen zu verwenden. Auch eine Kombination von Ziffern mit Buchstaben ist möglich. Es ist auch zulässig, im Rahmen eines weltweiten Abrechnungssystems verschiedener, in unterschiedlichen Ländern angesiedelter Konzerngesellschaften nur einen fortlaufen-den Nummernkreis zu verwenden.

42 Bei der Erstellung der Rechnungsnummer bleibt es dem Rechnungsaussteller überlassen, wie viele und welche separaten Nummernkreise geschaffen werden, in denen eine Rechnungsnummer jeweils einmalig vergeben wird. Dabei sind Nummernkreise für zeitlich, geographisch oder organisatorisch ab-gegrenzte Bereiche zulässig, z.B. für Zeiträume (Monate, Wochen, Tage), verschiedene Filialen, Be-triebsstätten einschließlich Organgesellschaften oder Bestandsobjekte. Es muss jedoch gewährleistet sein (z.B. durch Vergabe einer bestimmten Klassifizierung für einen Nummernkreis), daß die jeweilige Rechnung leicht und eindeutig dem jeweiligen Nummernkreis zuge-ordnet werden kann und die Rechnungsnummer einmalig ist.

43 Bei Verträgen über Dauerleistungen ist es unschädlich, wenn vor dem 1.1.2004 geschlossene Verträge keine fortlaufende Nummer enthalten. Es ist nicht erforderlich, diese Verträge um eine fortlaufende Nummer zu ergänzen. Bei ab 1.1.2004 geschlossenen Verträgen über Dauerleistungen ist es ausrei-chend, wenn diese Verträge eine einmalige Nummer enthalten (z.B. Wohnungs- oder Objektnummer, Mieternummer). Es ist nicht erforderlich, daß Zahlungsbelege eine gesonderte fortlaufende Nummer erhalten.

44 Im Fall der Gutschrift ist die fortlaufende Nummer durch den Gutschriftsaussteller zu vergeben.

45 Kleinbetragsrechnungen gemäß § 33 UStDV und Fahrausweise gemäß § 34 UStDV müssen keine fort-laufende Nummer enthalten. 3.4 Zeitpunkt der Leistung und der Vereinnahmung des Entgelts

46 Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG ist in der Rechnung der Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung anzugeben. Das gilt auch bei der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts für eine noch nicht ausgeführte Leistung, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung jeweils feststeht und nicht mit dem Rechnungsdatum identisch ist. In den Fällen, in denen der Zeitpunkt nicht feststeht, etwa bei einer Rechnung über Voraus- oder Anzahlungen, ist eine Angabe entbehrlich. Allerdings ist auf der Rechnung kenntlich zu machen, daß über eine noch nicht erbrachte Leistung abgerechnet wird. Gemäß § 31 Abs. 4 UStDV kann als Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung dabei der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung ausgeführt wird.

47 Ist in einem Vertrag - z.B. Miet- oder Pachtvertrag, Wartungsvertrag oder Pauschalvertrag mit einem Steuerberater - der Zeitraum, über den sich die jeweilige Leistung oder Teilleistung erstreckt, nicht an-gegeben, reicht es aus, wenn sich dieser Zeitraum aus den einzelnen Zahlungsbelegen, z.B. aus den Überweisungsaufträgen oder den Kontoauszügen, ergibt. Soweit periodisch wiederkehrende Zahlungen im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in der Höhe und zum Zeitpunkt der vertraglichen Fällig-keiten erfolgen und keine ausdrückliche Zahlungsbestimmung vorliegt, ergibt sich der Zeitpunkt der Leistung aus Vereinfachungsgründen durch die Zuordnung der Zahlung zu der Periode, in der sie ge-

Page 221: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 221

leistet wird. Dabei wird es nicht beanstandet, wenn der Zahlungsbeleg vom Leistungsempfänger aus-gestellt wird. 3.5 Entgelt

48 Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 7 UStG sind in der Rechnung die jeweiligen Entgelte aufgeschlüsselt nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen getrennt anzugeben.

49 Zusätzlich ist jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt be-rücksichtigt ist, anzugeben. Dies bedeutet im Fall der Vereinbarung von Boni, Skonti und Rabatten, bei denen im Zeitpunkt der Rechnungserstellung die Höhe der Entgeltsminderung nicht feststeht, daß in der Rechnung auf die entsprechende Vereinbarung hinzuweisen ist (§ 31 Abs. 1 UStDV). Dies gilt so-wohl im Fall des Steuerausweises in einer Rechnung als auch im Fall des Hinweises auf eine Steuer-befreiung. 3.6 Steuersatz oder Hinweis auf eine Steuerbefreiung

50 Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG ist in der Rechnung der Steuersatz sowie der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag oder im Fall der Steuerbefreiung ein Hinweis auf die Steuerbefreiung anzu-bringen. Bei dem Hinweis auf eine Steuerbefreiung ist es nicht erforderlich, daß der Unternehmer die entsprechende Vorschrift des UStG oder der 6. EG-Richtlinie nennt. Allerdings soll in der Rechnung ein Hinweis auf den Grund der Steuerbefreiung enthalten sein. Dabei reicht regelmäßig eine Angabe in umgangssprachlicher Form aus (z.B. „Ausfuhr“, „innergemeinschaftliche Lieferung“, „steuerfreie Ver-mietung“, „Krankentransport“, usw.).

51 Bei Verträgen über Dauerleistungen ist es unschädlich, wenn vor dem 1.1.2004 geschlossene Verträge keinen Hinweis auf eine anzuwendende Steuerbefreiung enthalten. 4. Berichtigung von Rechnungen

52 Gemäß § 14 Abs. 6 Nr. 5 UStG, § 31 Abs. 5 UStDV kann eine Rechnung berichtigt werden, wenn sie nicht alle Angaben nach § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG enthält oder wenn Angaben in der Rechnung un-zutreffend sind. Dabei müssen nur die fehlenden oder unzutreffenden Angaben ergänzt oder berichtigt werden. Die Berichtigung muß durch ein Dokument erfolgen, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn in diesem Dokument die fortlaufende Num-mer der ursprünglichen Rechnung angegeben ist. Das Dokument, mit dem die Berichtigung durchge-führt werden soll, muß die formalen Anforderungen der §§ 14 und 14 a UStG erfüllen. Dies bedeutet insbesondere bei elektronischer Übermittlung, daß die Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 UStG gege-ben sein müssen.

53 Die Berichtigung einer Rechnung kann nur durch den Rechnungsaussteller selbst vorgenommen werden. Lediglich in dem Fall, in dem ein Dritter mit der Ausstellung der Rechnung beauftragt wurde (§ 14 Abs. 2 Satz 5 UStG), kann die Berichtigung durch den leistenden Unternehmer selbst oder im Fall der Gutschrift durch den Gutschriftsaussteller vorgenommen werden. Im Einzelnen wird zur Ergänzung und Berichtigung von Rechnungsangaben auf Abschnitt 185 Abs. 4 UStR verwiesen.

54 Da der Leistungsempfänger nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG im Besitz einer nach §§ 14, 14 a UStG ausgestellten Rechnung sein muß, kann er vom Rechnungsaussteller eine Berichtigung verlangen, wenn die Rechnung nicht diesen Anforderungen genügt und dadurch der Vorsteuerabzug beim Lei-stungsempfänger gefährdet würde. Zum zivilrechtlichen Anspruch vgl. Rz. 4.

55 Zu den Fällen des unrichtigen oder unberechtigten Steuerausweises vgl. Rz. 78 ff. 5. Rechnungen über Kleinbeträge

56 Gemäß § 33 UStDV sind in Rechnungen, deren Gesamtbetrag 100 Euro nicht übersteigt (Kleinbetrags-rechnungen), abweichend von § 14 Abs. 4 UStG nur folgende Angaben erforderlich:

Page 222: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 222 Heft 1/2005

– der vollständige Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers, – das Ausstellungsdatum, – die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder der Umfang und die Art der sonstigen Lei-

stung und – das Entgelt und der darauf entfallende Steuerbetrag in einer Summe sowie – der anzuwendende Steuersatz oder – im Fall einer Steuerbefreiung ein Hinweis darauf, daß für die Lieferung oder sonstige Leistung eine

Steuerbefreiung gilt. Wird in einer Rechnung über verschiedene Leistungen abgerechnet, die verschiedenen Steuersätzen unterliegen, sind für die verschiedenen Steuersätzen unterliegenden Leistungen die jeweiligen Sum-men anzugeben.

57 Dabei sind die übrigen formalen Voraussetzungen des § 14 UStG zu beachten. Die Grundsätze der §§ 31 (Angaben in der Rechnung) und 32 (Rechnungen über Umsätze, die verschiedenen Steuer-sätzen unterliegen) UStDV sind entsprechend anzuwenden.

58 Wird über Leistungen i.S.d. §§ 3 c (Ort der Lieferung in besonderen Fällen), 6 a (Innergemeinschaftli-che Lieferung) oder 13 b (Leistungsempfänger als Steuerschuldner) UStG abgerechnet, gilt § 33 UStDV nicht. 6. Fahrausweise als Rechnungen

59 Fahrausweise gelten gemäß § 34 UStDV als Rechnungen, wenn sie die folgenden Angaben enthalten: – den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des Unternehmers, der die Beförderungs-

leistung ausführt (§ 31 Abs. 2 UStDV ist entsprechend anzuwenden), – das Ausstellungsdatum, – das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe, – den anzuwendenden Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz

nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unterliegt, – im Fall der Anwendung des § 26 Abs. 3 UStG ein Hinweis auf die grenzüberschreitende Beförde-

rung im Luftverkehr.

60 Auf Fahrausweisen der Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, kann an Stelle des Steuer-satzes die Tarifentfernung angegeben werden.

61 Die übrigen formalen Voraussetzungen des § 14 UStG sind zu beachten. Zur Erstellung von Fahraus-weisen im Online-Verfahren vgl. Rz. 25.

62 Fahrausweise für eine grenzüberschreitende Beförderung im Personenverkehr und im internationalen Eisenbahn-Personenverkehr gelten nur dann als Rechnung i.S.d. § 14 UStG, wenn eine Bescheinigung des Beförderungsunternehmers oder seines Beauftragten darüber vorliegt, welcher Anteil des Beförde-rungspreises auf das Inland entfällt. In der Bescheinigung ist der Steuersatz anzugeben, der auf den auf das Inland entfallenden Teil der Beförderungsleistung anzuwenden ist.

63 Die Ausführungen in den Rz. 59 bis 62 gelten für Belege im Reisegepäckverkehr entsprechend.

Page 223: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 223

7. Zusätzliche Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fällen

64 § 14 a UStG regelt die zusätzlichen Pflichten bei der Ausstellung von Rechnungen in besonderen Fäl-len. § 14 a UStG ergänzt § 14 UStG. Soweit nichts anderes bestimmt ist, bleiben die Regelungen des § 14 UStG unberührt. Dies schließt die nach § 14 Abs. 4 UStG geforderten Angaben ein.

65 Zu den besonderen Fällen gehören:

– Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen und Begutachtung (§ 3 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 3

c UStG), – Vermittlungsleistungen (§ 3 a Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UStG), – innergemeinschaftliche Güterbeförderungen, damit zusammenhängende sonstige Leistungen und

die Vermittlung dieser Leistungen (§ 3 b Satz 2 UStG), – Lieferungen i.S.d. § 3 c UStG, – innergemeinschaftliche Lieferungen (§ 6 a UStG), – innergemeinschaftliche Lieferungen neuer Fahrzeuge (§§ 2 a, 6 a UStG), – Fälle der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13 b UStG), – Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 UStG), – Differenzbesteuerung (§ 25 a UStG) und – innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte (§ 25 b UStG).

66 Darüber hinaus ist Folgendes zu beachten: – Eine Rechnung über eine innergemeinschaftliche Lieferung von neuen Fahrzeugen muß nach

§ 14 a Abs. 4 UStG in jedem Fall die in § 1 b Abs. 2 und 3 UStG bezeichneten Merkmale enthalten. – In den Fällen der Besteuerung von Reiseleistungen (§ 25 UStG) und der Differenzbesteuerung

(§ 25 a UStG) ist nach § 14a Abs. 6 UStG in der Rechnung auf die Anwendung der entspre-chenden Sonderregelungen hinzuweisen (zur Gestaltung des Hinweises vgl. Rz. 50).

8. Aufbewahrung von Rechnungen

67 Gemäß § 14 b Abs. 1 UStG hat der Unternehmer aufzubewahren: – ein Doppel der Rechnung, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und für seine Rechnung

ausgestellt hat, – alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für

dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat.

68 Die Aufbewahrungsfrist beträgt zehn Jahre und beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Rechnung ausgestellt wird . Die Aufbewahrungsfrist läuft jedoch nicht ab, soweit und solange die Un-terlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (§ 147 Abs. 3 Satz 3 AO).

69 Die Aufbewahrungspflichten gelten auch: – für Fahrzeuglieferer (§ 2 a UStG), – in den Fällen, in denen der letzte Abnehmer die Steuer nach § 13 a Abs. 1 Nr. 5 UStG schuldet, für

den letzten Abnehmer und

Page 224: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 224 Heft 1/2005

– in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13 b Abs. 2 UStG schuldet, für den Leistungsempfänger (unabhängig davon, ob die Leistung für den unternehmerischen oder nichtunternehmerischen Bereich bezogen wurde).

70 Bei elektronisch übermittelten Rechnungen hat der Unternehmer neben der Rechnung auch die

Nachweise über die Echtheit und die Unversehrtheit der Daten aufzubewahren (z.B. qualifizierte elek-tronische Signatur), selbst wenn nach anderen Vorschriften die Gültigkeit dieser Nachweise bereits ab-gelaufen ist.

71 Die Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum lesbar sein. Nachträgliche Ände-rungen sind nicht zulässig.

72 Die Rechnungen können unter bestimmten Voraussetzungen als Wiedergaben auf einem Bildträger (z.B. Mikrofilm) oder auf anderen Datenträgern (z.B. Magnetband, Diskette, CD-Rom) aufbewahrt wer-den (vgl. § 147 Abs. 2 AO). Das bei der Aufbewahrung angewandte Verfahren muß den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, insbesondere den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 1.2.1984 (BStBl 1984 I S. 155) und den diesem Schreiben beigefügten „Mikrofilm-Grundsätzen“ sowie den „Grundsätzen DV-gestützter Buchführungssysteme - GoBS -“ (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7.11.1995, BStBl 1995 I S. 738), entsprechen. Unter dieser Voraussetzung können die Originale der Rechnungen grundsätzlich vernichtet werden (vgl. Abschnitt 255 Abs. 2 UStR).

73 Im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete ansässige Unternehmer sind verpflichtet, die Rechnungen im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete aufzu-bewahren (§ 14 b Abs. 2 Satz 1 UStG). Ein im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichne-ten Gebiete ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der in einem dieser Gebiete einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlassung hat (§ 14 b Abs. 3 UStG).

74 Bei elektronisch aufbewahrten Rechnungen (dabei muß es sich nicht um elektronisch übermittelte Rechnungen handeln) kann der im Inland oder der in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete ansässige Unternehmer die Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 UStG ge-nannten Gebiete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland aufbewahren, soweit eine voll-ständige Fernabfrage (Online-Zugriff) der betreffenden Daten und deren Herunterladen und Verwen-dung durch das Finanzamt gewährleistet ist. Bewahrt der Unternehmer in diesem Fall die Rechnungen nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebiete auf, hat er dem für die Um-satzbesteuerung zuständigen Finanzamt den Aufbewahrungsort unaufgefordert und schriftlich mitzu-teilen.

75 Ein nicht im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete ansässiger Unterneh-mer hat die Rechnungen im Gemeinschaftsgebiet, in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Ge-biete, im Gebiet von Büsingen oder auf der Insel Helgoland aufzubewahren. Er ist verpflichtet, dem Fi-nanzamt auf dessen Verlangen alle aufzubewahrenden Rechnungen und Daten oder die an deren Stelle tretenden Bild- und Datenträger unverzüglich zur Verfügung zu stellen. Kommt der Unternehmer dieser Verpflichtung nicht oder nicht rechtzeitig nach, kann das Finanzamt verlangen, daß er die Rech-nungen im Inland oder in einem der in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebiete aufbewahrt. Ist ein nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer nach den Bestimmungen des Staates, in dem er an-sässig ist, verpflichtet, die Rechnungen im Staat der Ansässigkeit aufzubewahren, ist es ausreichend, wenn dieser Unternehmer im Gemeinschaftsgebiet Ablichtungen der aufzubewahrenden Rechnungen aufbewahrt.

76 Für die Archivierung und Prüfbarkeit von Rechnungen sind die Vorschriften der Abgabenordnung (ins-besondere §§ 146, 147, 200 AO) sowie das BMF-Schreiben vom 16.7.2001, IV D 2 - S 0316 - 136/01, BStBl 2001 I S. 415, über die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) zu beachten.

77 Für den Bereich der Ertragsteuern bestimmt sich der Aufbewahrungsort weiterhin nach § 146 Abs. 2 AO.

Page 225: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 225

9. Unrichtiger und unberechtigter Steuerausweis 9.1 Unrichtiger Steuerausweis

78 Weist der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte in einer nach dem 31.12.2003 ausgestellten Rechnung einen höheren Steuerbetrag aus, als der leistende Unternehmer nach dem Gesetz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), schuldet der leistende Unternehmer auch den Mehrbetrag (§ 14 c Abs. 1 UStG). Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG aufgeführten Angaben enthält. Die Angabe des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages ist jedoch unverzichtbar.

79 Der leistende Unternehmer oder der von ihm beauftragte Dritte kann den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger berichtigen. In diesem Fall ist § 17 Abs. 1 UStG entsprechend anzuwenden. Die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrages ist folglich für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung erteilt wurde. Zur Berichtigung von Rechnungen im Übrigen vgl. Rz. 52 bis 54.

80 Hat der Leistungsempfänger entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG einen höheren Betrag als die für die Lieferung oder sonstige Leistung gesetzlich geschuldete Steuer als Vorsteuer geltend gemacht, hat er den Mehrbetrag an das Finanzamt zurückzuzahlen. Die Rückzahlung ist für den Besteuerungszeit-raum vorzunehmen, für den der Mehrbetrag als Vorsteuer abgezogen wurde.

81 In den Fällen eines unrichtigen Steuerausweises bei Umsätzen im Rahmen einer Geschäftsveräuße-rung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen (§ 1 Abs. 1 a UStG) und bei Rückgän-gigmachung des Verzichts auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG ist die Berichtigung des geschulde-ten Betrages jedoch nur zulässig, wenn die Rechnung berichtigt wird und soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt ist (§ 14 c Abs. 1 Satz 3 UStG). Zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens und zum besonderen Berichtigungsverfahren vgl. Rz. 82 bis 85. 9.2 Unberechtigter Steuerausweis

82 Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag ausweist, obwohl er dazu nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag (§ 14 c Abs. 2 Sätze 1 und 2 UStG). Dies betrifft vor allem Kleinunternehmer, bei denen die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben wird, gilt aber auch, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag aus-weist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Die Rechtsfolgen treten unabhängig davon ein, ob die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG auf-geführten Angaben enthält. Die Angabe des Rechnungsausstellers und des Entgelts als Grundlage des gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages sind jedoch unverzichtbar.

83 Soweit der Aussteller der Rechnung den unberechtigten Steuerausweis gegenüber dem Belegempfän-ger für ungültig erklärt hat und die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt wurde, ist dem Schuldner des Steuerbetrages die Möglichkeit zur Berichtigung einzuräumen (§ 14 c Abs. 2 Satz 3 ff. UStG). § 17 Abs. 1 UStG ist entsprechend anzuwenden. Auf den guten Glauben des Ausstellers der betreffenden Rechnung kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil vom 22.2.2001, DB 2001 S. 1126). Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vor-steuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt worden ist.

84 Der Schuldner des unberechtigt ausgewiesenen Betrages hat die Berichtigung des geschuldeten Steu-erbetrages bei dem für seine Besteuerung zuständigen Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen. Diesem Antrag hat er ausreichende Angaben über die Identität des Rechnungsempfängers beizufügen. Das Finanzamt des Schuldners des unberechtigt ausgewiesenen Betrages hat durch Einholung einer Auskunft beim Finanzamt des Rechnungsempfängers zu ermitteln, in welcher Höhe und wann ein un-berechtigt in Anspruch genommener Vorsteuerabzug durch den Rechnungsempfänger zurückgezahlt wurde. Nach Einholung dieser Auskunft teilt das Finanzamt des Schuldners des unberechtigt ausge-wiesenen Betrages diesem mit, für welchen Besteuerungszeitraum und in welcher Höhe die Berichti-gung des geschuldeten Steuerbetrages vorgenommen werden kann. Die Berichtigung des geschulde-ten Steuerbetrages ist in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG für den Besteuerungszeit-raum vorzunehmen, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist (§ 14 c Abs. 2

Page 226: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 226 Heft 1/2005

Satz 5 UStG). Wurde beim Empfänger der Rechnung kein Vorsteuerabzug vorgenommen, ist der we-gen unberechtigten Steuerausweises geschuldete Betrag beim Aussteller der Rechnung für den Zeit-raum zu berichtigen, in dem die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 UStG entstanden ist.

85 Für die Berichtigung des aufgrund des unberechtigten ausgewiesenen Steuerbetrages nach § 14 c Abs. 2 UStG ergangenen Steuerbescheides gelten die allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften der Abgabenordnung. 9.3 Altfälle

86 Die Regelungen der Rz. 82 bis 85 sind sinngemäß auch in allen Fällen anzuwenden, in denen in einer vor dem 1.1.2004 erteilten Rechnung die Steuer unberechtigt ausgewiesen wurde (§ 14 Abs. 3 UStG in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung). Sofern eine Änderung der Festsetzung des Besteuerungszeit-raums der Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens wegen Eintritt der Bestandskraft nicht mehr möglich ist, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen für einen Erlaß gemäß § 227 AO aus sachli-chen Billigkeitsgründen vorliegen. 10. Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug

87 Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist nur die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für das Unternehmen des Leistungsempfän-gers ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehbar. Ein Vorsteuerabzug ist damit nicht zulässig, soweit der die Rechnung ausstellende Unternehmer die Steuer nach § 14 c UStG schuldet. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, daß der Leistungsemp-fänger im Besitz einer nach den §§ 14 und 14 a UStG ausgestellten Rechnung ist und daß die Rech-nung alle in den §§ 14 und 14 a UStG geforderten Angaben enthält, d.h., die Angaben in der Rechnung vollständig und richtig sind. Im Fall der Berichtigung einer Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV (siehe Rz. 52 bis 54) ist ein Vorsteuerabzug erst in dem Zeitpunkt zulässig, in dem alle nach den §§ 14 und 14 a UStG erforderlichen Angaben an den Leistungsempfänger übermittelt wurden.

88 Der Leistungsempfänger hat die in der Rechnung enthaltenen Angaben auf ihre Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Dabei ist allerdings der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

89 Die Überprüfung der Richtigkeit der Steuernummer oder der inländischen Umsatzsteuer-Identifikations-nummer und der Rechnungsnummer ist dem Rechnungsempfänger regelmäßig nicht möglich. Ist eine dieser Angaben unrichtig und konnte der Unternehmer dies nicht erkennen, bleibt der Vorsteuerabzug erhalten, wenn im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind. Unberührt davon bleibt, daß der Unternehmer gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nur die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen eines anderen Unternehmers für sein Un-ternehmen als Vorsteuer abziehen kann. Deshalb ist z.B. der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn die Identität des leistenden Unternehmers mit den Rechnungsangaben nicht übereinstimmt oder über eine nicht ausgeführte Lieferung oder sonstige Leistung abgerechnet wird.

90 Hinsichtlich der übrigen nach den §§ 14, 14 a UStG erforderlichen Angaben hat der Rechnungsempfän-ger dagegen die inhaltliche Richtigkeit der Angaben zu überprüfen. Dazu gehört insbesondere, ob es sich bei der ausgewiesenen Steuer um gesetzlich geschuldete Steuer für eine Lieferung oder sonstige Leistung handelt. Bei unrichtigen Angaben entfällt der Vorsteuerabzug. Zu den unrichtigen Angaben, die eine Versagung des Vorsteuerabzuges zur Folge haben, zählen in einer Rechnung enthaltene Re-chenfehler oder die unrichtige Angabe des Entgelts, des Steuersatzes oder des Steuerbetrages. Im Fall des § 14 c Abs. 1 UStG kann der Vorsteuerabzug jedoch unter den übrigen Voraussetzungen in Höhe der für die bezogene Leistung geschuldeten Steuer vorgenommen werden.

91 Der Vorsteuerabzug kann erst zu dem Zeitpunkt in Anspruch genommen werden, in dem der Rech-nungsaussteller die Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV berichtigt hat und die zu berichtigenden Anga-ben an den Rechnungsempfänger übermittelt hat.

Page 227: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 227

92 Ungenauigkeiten führen unter den übrigen Voraussetzungen nicht zu einer Versagung des Vorsteuer-abzuges, wenn z.B. bei Schreibfehlern im Namen oder der Anschrift des leistenden Unternehmers oder des Leistungsempfängers oder in der Leistungsbeschreibung ungeachtet dessen eine eindeutige und unzweifelhafte Identifizierung der am Leistungsaustausch Beteiligten, der Leistung und des Leistungs-zeitpunkts möglich ist und die Ungenauigkeiten nicht sinnentstellend sind. 11. Anwendungsregelungen

93 Dieses Schreiben tritt mit Wirkung ab 1.1.2004 an die Stelle der BMF-Schreiben vom 25.5.1992, IV A 2 - S 7280 - 8/92 (BStBl 1992 I S. 376) und vom 28.6.2002, IV B 7 - S 7280 - 151/02 (BStBl 2002 I S. 660).“ Umsatzsteuerliche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung, Übergangsregelung für 1. Halbjahr 2004

BKPV 75/2005

BMF-Schreiben vom 19.12.2003 - IV B 7 - S 7300 - 75/03 (BStBl 2004 I S. 62) „Im Hinblick an die verschärften Anforderungen an den Vorsteuerabzug aufgrund des Steuerände-rungsgesetzes 2003 hat das Bundesfinanzministerium Übergangsregelungen für im 1. Halbjahr 2004 ausgestellte Rechnungen erlassen. Durch Art. 5 und 6 des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15.12.2003 (Steueränderungsgesetz 2003), BGBl 2003 I S. 2645 wurden die Bestimmungen der Richtlinie 2001/115/EG des Rates vom 20.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG mit dem Ziel der Vereinfachung, Modernisierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungsstellung (Rechnungsrichtlinie, ABI EG 2002 Nr. L 15 S. 24) in nationales Recht umgesetzt und die damit in Zusammenhang stehende Vorschrift für den Vorsteuerabzug (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) neu gefaßt. Die Änderungen treten am 1.1.2004 in Kraft. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für nach dem 31.12.2003 und vor dem 1.7.2004 ausgestellte Rechnungen Folgendes: Für Zwecke des Vorsteuerabzuges ist es bei einer vor dem 1.7.2004 ausgestellten Rechnung nicht zu beanstanden, wenn diese nicht alle sich aus § 14 Abs. 4 und § 14 a UStG i.d.F. des Steueränderungs-gesetzes 2003 ergebenden Angaben enthält. Dies gilt entsprechend für Rechnungen über Kleinbeträge i.S. des § 33 UStDV und für Fahrausweise i.S. des § 34 UStDV. Eine vor dem 1.7.2004 ausgestellte Rechnung muß für Zwecke des Vorsteuerabzuges jedoch alle sich aus § 14 Abs. 1 und 1 a und § 14 a UStG in der jeweils bis 31.12.2003 geltenden Fassung ergebenden Angaben enthalten. Statt der Steuernummer kann auch die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ange-geben werden. Das Fehlen der Steuernummer bei einer vor dem 1.1.2004 ausgestellten Rechnung führt dagegen nicht zur Versagung des Vorsteuerabzuges (vgl. BMF-Schreiben vom 28.6.2002, IV B 7 - S 7280 - 151/02, BStBl 2002 I S. 660). Rechnungen über Kleinbeträge müssen mindestens alle sich aus § 33 UStDV in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung ergebenen Angaben enthalten. Fahraus-weise, die zur Beförderung von Personen ausgegeben werden, müssen mindestens alle sich aus § 34 UStDV in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung ergebenden Angaben enthalten. Demnach müssen in einer nach dem 31.12.2003 und vor dem 1.7.2004 ausgestellten Rechnung min-destens folgende Angaben enthalten sein: – der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers, – der Name und die Anschrift des Leistungsempfängers, – die dem leistenden Unternehmer vom FA erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundesamt für

Finanzen erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, – die Menge und die handelsübliche Bezeichnung des Gegenstandes der Lieferung oder die Art und

der Umfang der sonstigen Leistung,

Page 228: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 228 Heft 1/2005

– der Zeitpunkt der Lieferung oder der sonstigen Leistung, – das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung, – der auf das Entgelt entfallende Steuerbetrag, der gesondert auszuweisen ist, oder ein Hinweis auf

die Steuerbefreiung, – im Fall des § 14 a UStG die jeweils dort bezeichneten Angaben. Rechnungen über Kleinbeträge i.S. des § 33 UStDV müssen mindestens folgende Angaben enthalten: – den Namen und die Anschrift des leistenden Unternehmers, – die Menge und die handelsübliche Bezeichnung des Gegenstandes der Lieferung oder die Art und

den Umfang der sonstigen Leistung, – das Entgelt und den Steuerbetrag für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe, – den Steuersatz. Fahrausweise, die zur Beförderung von Personen ausgegeben werden, müssen mindestens alle sich aus § 34 Abs. 1 UStDV in der bis 31.12.2003 geltenden Fassung ergebenden Angaben enthalten: – den Namen und die Anschrift des Unternehmers, der die Beförderungsleistung ausführt, – das Entgelt und den Steuerbetrag in einer Summe, – den Steuersatz, wenn die Beförderungsleistung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2

Nr. 10 UStG unterliegt.“ Umsatzsteuerausweis nach Verjährungseintritt BKPV 76/2005 BFH-Urteil vom 13.11.2003 - V R 79/01 (BStBl 2004 II S. 375) Leitsätze: „1. Weist ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert erst zu einem Zeitpunkt aus, in

dem die ursprünglich entstandene Steuer für seine Leistung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr erhoben werden kann, so schuldet er die ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG.

2. In diesem Fall liegt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 vor.“ Unberechtigter Steuerausweis, Rechnungsberichtigung, Billig-keitsmaßnahme

BKPV 77/2005

vgl. BKPV 87/2004 BFH-Urteil vom 8.3.2001 - V R 61/97 (BStBl 2004 II S. 373) Leitsätze: „1. Hat ein Unternehmer Rechnungen mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer ausgestellt und

Dritten übergeben, obwohl er die darin bezeichneten Leistungen nicht ausgeführt hat, und haben die Rechnungsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuerbeträge abgezogen, so schuldet der Aussteller die ausgewiesene Steuer nach § 14 Abs. 3 UStG, auch wenn er seine an-geblichen Leistungen umsatzversteuert hat. - Da aber in diesem Fall keine Gefährdung des Steu-eraufkommens besteht, wenn der Vorsteuerabzug bei den Rechnungsempfängern berichtigt wurde, verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, daß die unberechtigt in Rech-nung gestellte Mehrwertsteuer unabhängig von einem guten Glauben des Rechnungsausstellers

Page 229: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 229

berichtigt werden kann (Anschluß an EuGH-Urteil vom 19.9.2000 Rs. C-454/98, Schmeink & Co-freth und Manfred Strobel, UR 2000, 470)

2. Beantragt der Unternehmer beim FA, ihm diese entrichtete Umsatzsteuer aus sachlichen Billig-

keitsgründen gemäß § 227 AO 1977 zu erstatten, kann sein Antrag nur Erfolg haben, soweit der den Rechnungsempfängern gewährte Vorsteuerabzug rückabgewickelt worden ist.“

Unberechtigter Vorsteuerausweis, Erlaß BKPV 78/2005 vgl. BKPV 87/2004

vgl. 88/2004 BFH-Urteil vom 17.5.2001 - V R 77/99 (BStBl 2004 II S. 370) Leitsätze: „1. Hat der Steuerpflichtige eine Leistung, die er außerhalb seines Unternehmens erbracht hat, als

steuerpflichtigen Umsatz behandelt, indem er sie dem Leistungsempfänger mit gesondertem Aus-weis der Umsatzsteuer in Rechnung gestellt hat, und hat er die Steuer erklärungsgemäß an das FA abgeführt, so verlangt der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer, daß die zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer berichtigt wird, wenn der Vorsteuerabzug beim Leistungs-empfänger rückgängig gemacht worden ist (Anschluß an EuGH-Urteil vom 19.9.2000 Rs. C-454/98, Schmeink & Cofreth und Manfred Strobel, UR 2000, 470)

2. Die Berichtigung der Steuer kann im Billigkeitsverfahren gemäß § 227 AO 1977 erfolgen.“ Vorsteuerabzug, Ausübung der Berechtigung BKPV 79/2005 Urteil des EuGH vom 29.4.2004 - Rs C-152/02 (DStRE 2004 S. 830) „Für den Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist Art. 18 Abs. 2 Unterabs. 1 dieser Richtlinie dahin auszulegen, daß das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklä-rungszeitraum auszuüben ist, in dem die beiden nach dieser Bestimmung erforderlichen Voraussetzun-gen erfüllt sind, daß die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung bewirkt wurde und daß der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten fest-gelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann.“ Rechnung ist keine Voraussetzung zur Ausübung des Vor-steuerabzugsrechts, wenn der Leistungsempfänger Steuer-schuldner ist

BKPV 80/2005

EuGH-Urteil vom 1.4.2004 - Rs C-90/02 (DStRE 2004 S. 1172) Leitsatz: „Steuerschuldnerschaft für Empfänger von Leistungen aus dem Ausland, Vorsteuerabzug: Ein Steuer-pflichtiger, der nach Art. 21 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtli-nien 91/680/EWG des Rates vom 16.12.1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersy-stems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen und 92/111/EWG des Rates vom 14.12.1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388 und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer als Empfänger einer Dienstleistung die darauf entfallende Mehrwertsteuer schuldet, braucht für die Ausübung seines Vorsteuerabzugsrechts keine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung zu besitzen.

Page 230: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 230 Heft 1/2005

1. Mit Beschluß vom 22.11.2001, eingegangen beim Gerichtshof am 15.3.2002, hat der Bundesfi-nanzhof gemäß Art. 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Art. 18 Abs. 1 und 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvor-schriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: ein-heitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der Fassung der Richtlinien 91/680/EWG des Rates vom 16.12.1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersy-stems und zur Änderung der Richtlinie 77/388 im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen (ABl. L 376, S. 1) und 92/111/EWG des Rates vom 14.12.1992 zur Änderung der Richtlinie 77/388 und zur Einführung von Vereinfachungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer (ABl. L 384, S. 47) (im Folgenden: Sechste Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Fragen stellten sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Finanzamt Gummersbach (im Fol-

genden: Finanzamt) und Herrn Bockemühl wegen der Weigerung des Finanzamts, Herrn Bocke-mühl den Abzug der Mehrwertsteuer auf an ihn erbrachte Dienstleistungen zu erlauben. Sie be-treffen im Wesentlichen die Voraussetzungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts nach Art. 18 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie in den Fällen, in denen der betreffende Steuerpflichtige selbst die genannte Steuer schuldet, weil der Erbringer der fraglichen Dienstleistungen nicht in dem betreffenden Staat ansässig ist.

Rechtlicher Rahmen Gemeinschaftsregelung 3. Art. 2 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie sieht vor, daß der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegen-

ständen und Dienstleistungen unterliegen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

4. Für Dienstleistungen bestimmt sich der Ort des steuerbaren Umsatzes nach Art. 9 dieser Richtli-

nie, dessen Abs. 1 vorsieht, daß als solcher der Ort gilt, an dem der Dienstleistende den Sitz sei-ner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, von wo aus die Dienstleistung er-bracht wird, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen festen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort. Als Ausnahme von dieser Regel gilt jedoch nach Art. 9 Abs. 2: a) als Ort einer Dienstleistung im Zusammenhang mit einem Grundstück, einschließlich der Dienstleistung von Grundstücksmaklern und -sachverständigen, und als Ort einer Dienstleistung zur Vorbereitung oder zur Koordinierung von Bauleistungen, wie z.B. die Leistungen von Archi-tekten und Bauaufsichtsbüros, der Ort, an dem das Grundstück gelegen ist; ... e) als Ort der folgenden Dienstleistungen, die an außerhalb der Gemeinschaft ansässige Empfän-ger oder an innerhalb der Gemeinschaft, jedoch außerhalb des Landes des Dienstleistenden an-sässige Steuerpflichtige erbracht werden, der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirt-schaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort ... - Gestellung von Personal, ...

5. Zum Recht auf Vorsteuerabzug bestimmt Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie: ‚Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige befugt, von der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge ab-zuziehen: a) die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistun-gen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. er-bracht wurden oder erbracht werden,

Page 231: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 231

...’

6. Art. 18 dieser Richtlinie über die Einzelheiten der Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug lautet wie folgt: (1) Um das Recht auf Vorsteuerabzug ausüben zu können, muß der Steuerpflichtige a) über die nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a abziehbare Steuer eine nach Art. 22 Abs. 3 ausge-stellte Rechnung besitzen; b) über die nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe b abziehbare Steuer ein die Einfuhr bescheinigendes Dokument besitzen, das ihn als Empfänger oder Importeur ausweist und aus dem sich der ge-schuldete Steuerbetrag ergibt oder aufgrund dessen seine Berechnung möglich ist; c) in Bezug auf die nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe c abziehbare Steuer die von jedem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Formalitäten erfüllen; d) bei der Entrichtung der Steuer als Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger im Falle der An-wendung des Art. 21 Ziffer 1 die von jedem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfül-len; ... (3) Die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen und Einzelheiten fest, nach denen einem Steuer-pflichtigen gestattet werden kann, einen Abzug vorzunehmen, den er nach den Absätzen 1 und 2 nicht vorgenommen hat. ...’

7. Hinsichtlich der Steuerschuldner bestimmt Art. 21 Nr. 1 Buchstabe a Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie, daß der Steuerpflichtige, der eine steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen durch-führt bzw. eine steuerpflichtige Dienstleistung erbringt, mit Ausnahme der Dienstleistungen nach Buchstabe b die Mehrwertsteuer im inneren Anwendungsbereich schuldet. Art. 21 Nr. 1 Buchst. a Unterabsätze 2 und 3 der Sechsten Richtlinie sieht jedoch vor: ‚Wird die steuerpflichtige Lieferung von Gegenständen bzw. die steuerpflichtige Dienstleistung von einem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen bewirkt bzw. erbracht, so können die Mitglied-staaten die erforderlichen Regelungen treffen, nach denen die Steuer von einer anderen Person geschuldet wird. Als solche kann unter anderem ein Steuervertreter oder der Empfänger der steu-erpflichtigen Lieferung von Gegenständen bzw. der steuerpflichtigen Dienstleistung bestimmt wer-den. Die Steuer wird jedoch vom Empfänger der steuerpflichtigen Lieferung geschuldet, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind: ... - Die von dem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellte Rechnung entspricht Art. 22 Absatz 3. ...’

8. Nach Art. 21 Nr. 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie schuldet der Empfänger einer Dienstlei-stung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e dieser Richtlinie die Mehrwertsteuer, wenn die Dienstleistung von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wird.

9. Art. 21 Nr. 1 Buchstabe c bestimmt, daß jede Person, die die Mehrwertsteuer in einer Rechnung

oder einem ähnlichen Dokument ausweist, diese schuldet.

Page 232: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 232 Heft 1/2005

10. Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie sieht vor: ‚(3) a) Jeder Steuerpflichtige hat für die Lieferungen von Gegenständen und die Dienstleistungen, die er an einen anderen Steuerpflichtigen oder an eine nichtsteuerpflichtige juristische Person be-wirkt, eine Rechnung oder ein an deren Stelle tretendes Dokument auszustellen. & b) Die Rechnung muß getrennt den Preis ohne Steuer und den auf die einzelnen Steuersätze entfallenden Steuerbetrag sowie gegebenenfalls die Steuerbefreiung ausweisen. ... c) Die Mitgliedstaaten legen die Kriterien fest, nach denen ein Dokument als Rechnung betrachtet werden kann. ...’ Nationale Regelung

11. Die Bundesrepublik Deutschland hat nach Art. 21 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie in § 51 der Um-satzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (BGBl. 1993. I S. 565, im Folgenden: UStDV 1993) be-stimmt: (1) Für folgende steuerpflichtige Umsätze hat der Leistungsempfänger die Steuer von der Ge-genleistung einzubehalten und an das für ihn zuständige Finanzamt abzuführen. 1. Werklieferungen und sonstige Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers, ... (3) Ein im Ausland ansässiger Unternehmer ist ein Unternehmer, der weder im Inland noch in ei-nem Zollfreigebiet einen Wohnsitz, seinen Sitz, seine Geschäftsleitung oder eine Zweigniederlas-sung hat. Maßgebend ist der Zeitpunkt, in dem die Gegenleistung erbracht wird. Ist es zweifelhaft, ob der Unternehmer diese Voraussetzungen erfüllt, so darf der Leistungsempfänger die Einbehal-tung und Abführung der Steuer nur unterlassen, wenn ihm der Unternehmer durch eine Bescheini-gung des nach den abgabenrechtlichen Vorschriften für die Besteuerung seiner Umsätze zustän-digen Finanzamtes nachweist, daß er kein Unternehmer im Sinne des Satzes 1 ist. (4) Gegenleistung im Sinne des Absatzes 1 ist das Entgelt zuzüglich der Umsatzsteuer.’

12. In § 52 Absätze 2 und 3 UStDV 1993 sind jedoch Ausnahmen von den Verpflichtungen nach § 51 geregelt: ‚(2) Der Leistungsempfänger ist nicht verpflichtet, die Steuer für die Leistung des Unternehmers einzubehalten und abzuführen, wenn 1. der Unternehmer keine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erteilt hat und 2. der Leistungsempfänger im Falle des gesonderten Ausweises der Steuer den Vorsteuerabzug hinsichtlich dieser Steuer voll in Anspruch nehmen könnte. (3) Für die Voraussetzung in Abs. 2 Nr. 2 ist es nicht erforderlich, daß der leistende Unternehmer zum gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung berechtigt ist. ...’

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen 13. Herr Bockemühl betreibt in Deutschland ein Bauunternehmen. Im streitigen Veranlagungszeitraum

setzte er englische Bauarbeiter ein, die ihm von einem Unternehmen unter der Firma “Jaylink Bau Ltd Building Contractors” zur Verfügung gestellt worden waren. Dieses Unternehmen unterhielt eine Kontaktadresse in den Niederlanden.

Page 233: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 233

14. Die von diesen englischen Bauarbeitern verrichteten Arbeiten wurden ihm unter der genannten Firma in Rechnung gestellt; die Rechnungen wiesen eine englische Umsatzsteuer-Identifikations-nummer aus. Die Rechnungen vom 14.12.1994 bis 22.3.1995 und vom 29.3.1995 bis 19.7.1995 gaben zwei unterschiedliche Londoner Adressen an. Sie wiesen außerdem die in Rechnung ge-stellte Leistung als Gewerke aus, obwohl es sich in Wirklichkeit um die Gestellung von Personal handelte.

15. Nach den Ermittlungen des Bundesamts für Finanzen gab es eine Gesellschaft mit der Firma “Jay-

link Building Contractors Ltd”, die am 21.5.1992 in das englische Handelsregister eingetragen worden war und deren eingetragener Sitz sich an der auf den ersten Rechnungen angegebenen Adresse befand. In den lokalen Telefonverzeichnissen war diese Gesellschaft nicht eingetragen.

16. Die Rechnungen wiesen keine Umsatzsteuer aus, sondern enthielten vielmehr den Vermerk “Null-

regelung Par. 52 UStDV vereinbart”. Nach einer Betriebsprüfung ging das Finanzamt allerdings davon aus, daß die in Rechnung gestellten Leistungen nicht von dem darin genannten, sondern von einem unbekannten dritten Unternehmen ausgeführt worden waren. Deshalb verlangte es mit Haftungsbescheid vom 23.8.1996 von Herrn Bockemühl als Empfänger der Dienstleistungen die Zahlung von Mehrwertsteuer in Höhe von 17219,17 DM auf die fraglichen steuerbaren Umsätze.

17. Auf die Klage des Herrn Bockemühl hob das Finanzgericht Köln (Deutschland) diesen Bescheid

sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 27.3.1997 auf und stellte fest, es gebe “keine vernünftigen Zweifel daran, daß die Identität zwischen Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer gegeben ist”.

18. Das Finanzamt legte gegen dieses Urteil Revision zum Bundesfinanzhof ein und machte geltend,

die Voraussetzungen der so genannten Nullregelung des § 52 Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1993 seien nicht erfüllt, da zweifelhaft sei, wer die Leistungen erbracht habe. Herr Bockemühl hafte daher ge-samtschuldnerisch für die Steuer.

19. Laut Vorlagebeschluß wurde das Abzugsverfahren nach den §§ 51 ff. UStDV 1993 ab 1.1.2002

durch ein Verfahren mit einer Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ersetzt, da das Ab-zugsverfahren nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar gewesen sei. Das vorlegende Gericht ist jedoch der Ansicht, daß die genannten Paragraphen des UStDV 1993 für den streitigen Veran-lagungszeitraum weiterhin anwendbar blieben, soweit sie gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden könnten.

20. Vor diesem Hintergrund geht das vorlegende Gericht zum Zwecke einer Auslegung der maßgebli-

chen nationalen Bestimmungen im Einklang mit der Sechsten Richtlinie davon aus, daß die fragli-chen Dienstleistungen, sei es im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie über Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, sei es im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e dieser Richtlinie über die Gestellung von Personal, von einem im Ausland ansässigen Steuerpflichtigen erbracht wurden und der Ort dieser Leistungen in Deutschland lag. Im Falle des Art. 9 Abs. 2 Buchstabe e der Sechsten Richtlinie sei die Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 21 Nr. 1 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie verpflichtet, Herrn Bockemühl als Empfänger der Leistung als Schuldner der Mehrwertsteuer zu behandeln.

21. Was das Recht auf Vorsteuerabzug im Sinne des § 52 Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1993 anbelangt, ist das

vorlegende Gericht der Auffassung, daß Herr Bockemühl, da er die fraglichen Leistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet habe, befugt sein müsse, die Vorsteuer gemäß Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie abzuziehen. Da es gleichwohl Zweifel hinsicht-lich der Voraussetzungen des Rechts auf Vorsteuerabzug hegt, hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: 1. Muß der Empfänger von Dienstleistungen, der gemäß Art. 21 Nr. 1 der Richtlinie 77/388/EWG Steuerschuldner und als solcher in Anspruch genommen worden ist, um das Recht auf Vorsteuer-abzug ausüben zu können, gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 77/388 eine nach Art. 22 Abs. 3 der Richtlinie 77/388 ausgestellte Rechnung besitzen? 2. Falls diese Frage zu bejahen ist: Welche Angaben muß die Rechnung enthalten? Ist es schäd-lich, wenn statt der Gestellung von Personal die mit Hilfe dieses Personals erstellten Gewerke als Leistungsgegenstand bezeichnet werden?

Page 234: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 234 Heft 1/2005

3. Welche Rechtsfolgen hätten nicht behebbare Zweifel daran, daß der Rechnungsaussteller die berechnete Leistung erbracht hat?

Zur ersten und zur zweiten Frage 22. Mit der ersten und der zweiten Frage, die zusammen zu behandeln sind, möchte das vorlegende

Gericht erstens wissen, ob das Recht eines Steuerpflichtigen, der als Empfänger einer Dienstlei-stung die darauf anfallende Mehrwertsteuer schuldet, auf Vorsteuerabzug im Falle einer so ge-nannten “Verlagerung der Steuerschuld” nur ausgeübt werden kann, wenn dieser Steuerpflichtige eine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzt. Für den Fall der Bejahung dieser Frage möchte es zweitens erfahren, welche Angaben diese Rechnung enthalten muß und insbesondere, ob der Mehrwertsteuerbetrag sowie der Name und die Anschrift des Erb-ringers der Dienstleistungen anzugeben sind und ob eine falsche Bezeichnung der Dienstleistung rechtliche Folgen für das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts nach sich zieht.

Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen 23. Nach Ansicht der deutschen Regierung und der Kommission der Europäischen Gemeinschaften,

die als Einzige schriftliche Erklärungen eingereicht haben, steht die Anwendbarkeit des Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie auf den vorliegenden Fall außer Frage. Sie betonen, daß diese Bestimmung ausdrücklich das Erfordernis des Besitzes einer nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellten Rechnung vorsehe, von dem es keine Ausnahme gebe.

24. Die deutsche Regierung ist der Auffassung, auch in den Fällen, in denen der Leistungsempfänger

die Mehrwertsteuer schulde, sei diese Verlagerung der Schuldnerschaft zu dessen Lasten nicht mehr als eine andere Art der Erhebung der Mehrwertsteuer und könne keine Auswirkungen auf die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs haben.

25. Die Kommission trägt außerdem vor, diese Ansicht entspreche der Systematik des Art. 21 Nr. 1

der Sechsten Richtlinie. Danach werde die Mehrwertsteuer nämlich bei Lieferungen von Gegen-ständen durch einen nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen nur dann vom Empfänger ge-schuldet, wenn die Rechnung Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie entspreche.

26. Sie verweist ferner auf die Änderungen, die inzwischen durch die Richtlinie 2001/115/EG des Ra-

tes vom 20.12.2001 zur Änderung der Richtlinie 77/388 mit dem Ziel der Vereinfachung, Moderni-sierung und Harmonisierung der mehrwertsteuerlichen Anforderungen an die Rechnungstellung (ABl. L 15, S. 24) eingeführt worden seien. Der neue Wortlaut des Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie bestimme, daß bei Steuerbefreiung oder wenn der Kunde Steuerschuldner sei, die Rechnung den Verweis auf die einschlägige Bestimmung der Sechsten Richtlinie oder die ent-sprechende einzelstaatliche Bestimmung oder einen Hinweis darauf enthalten müsse, daß für die Leistung eine Steuerbefreiung gelte bzw. diese der Verlagerung der Steuerschuld unterliege.

27. Die deutsche Regierung bemerkt im Übrigen, daß die Rechnung aus der Sicht der Steuerverwal-

tung eine wichtige Dokumentationsfunktion habe, da sie nachprüfbare Angaben darüber enthalte, in welcher Höhe der Vorsteuerabzug zulässig sei, wenn der Mitgliedstaat Vorsteuerabzugsaus-schlüsse für bestimmte Leistungen geregelt habe.

28. Auf eine schriftliche Frage des Gerichtshofes haben sowohl das Finanzamt als auch die deutsche

Regierung und die Kommission geantwortet, daß Art. 18 Abs. 1 Buchstaben a und d der Sechsten Richtlinie kumulativ anzuwenden seien, so daß der Steuerpflichtige bei einer Verlagerung der Steuerschuld die zusätzlichen Förmlichkeiten erfüllen müsse, die die Mitgliedstaaten in Wahrneh-mung der ihnen nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d der Richtlinie eröffneten Möglichkeit vorschrie-ben. Diese Vorschrift ermächtige die Mitgliedstaaten also nicht zu Ausnahmen im Sinne von Er-leichterungen gegenüber den in Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie verlangten Voraussetzungen.

29. Die Kommission stellt fest, daß Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d der Sechsten Richtlinie jedenfalls aus-

drücklich auf die Anwendung des Art. 21 Nr. 1 dieser Richtlinie verweise, wonach die Steuer-schuldverlagerung voraussetze, daß “[d]ie von dem nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen ausgestellte Rechnung ... Art. 22 Abs. 3 [entspreche]”. Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d halte damit un-verändert am Erfordernis des Besitzes einer Rechnung fest.

Page 235: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 235

30. Zur Frage, ob die Rechnung den fraglichen Mehrwertsteuerbetrag ausweisen müsse, sind sowohl die deutsche Regierung als auch die Kommission der Ansicht, daß Sinn und Zweck des Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie dafür sprächen, diesen in dem Fall, daß der Lei-stungsempfänger Steuerschuldner sei, eng auszulegen und auf das Erfordernis eines getrennten Ausweises der Mehrwertsteuer zu verzichten.

31. Die deutsche Regierung führt dafür verschiedene Gründe an. Erstens müsse der Leistungsemp-

fänger als Steuerschuldner den von ihm abzuführenden Mehrwertsteuerbetrag selbst berechnen, ohne auf entsprechende Angaben des leistenden Unternehmers angewiesen zu sein. Zweitens würde der leistende Unternehmer im Falle eines gesonderten Ausweises der Mehrwertsteuer nach Art. 21 Nr. 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie neben dem Leistungsempfänger Mehrwertsteuer schulden, was dem Grundgedanken der Sechsten Richtlinie zuwiderliefe. Drittens macht die deut-sche Regierung unter Verweisung auf den Wortlaut des Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie in der inzwischen durch die Richtlinie 2001/115 geänderten Fassung geltend, daß das dadurch geschaffene System Regeln enthalte, die einen getrennten Ausweis des Mehrwertsteuer-betrags überflüssig machten.

32. Nach Auffassung der Kommission behandelt Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie

eine derartige Verlagerung der Steuerschuld wie eine Steuerbefreiung. Andernfalls würde der Rechnungsaussteller die Mehrwertsteuer gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten Richtli-nie allein wegen ihres Ausweises schulden, ohne daß der Leistungsempfänger hinsichtlich dieser Mehrwertsteuer den Vorsteuerabzug geltend machen könnte. Sei der Leistungsempfänger Steuer-schuldner, genüge es also, in der Rechnung auf diesen Umstand oder auf die einschlägige Be-stimmung hinzuweisen, nach der dies der Fall sei.

33. Zum Namen und zur Adresse des Leistungserbringers verweist die deutsche Regierung zunächst

auf die Urteile des Gerichtshofes vom 14.7.1988 in den Rechtssachen 123/87 und 330/87 (Jeune-homme, Slg. 1988, 4517, Randnr. 17) und vom 17.9.1997 in der Rechtssache C-141/96 (Lang-horst, Slg. 1997, I-5073, Randnr. 17). Sie ist der Ansicht, wenn Art. 22 Abs. 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie und die Rechtsprechung des Gerichtshofes die Mitgliedstaaten nicht ver-pflichteten, diese Angaben zu verlangen, hätten diese auch nicht das Recht, zusätzliche Angaben zu fordern.

34. Die Kommission ist der Meinung, aus dem Urteil vom 13.12.1989 in der Rechtssache 342/87 (Ge-

nius Holding, Slg. 1989, 4227), nach dem das Vorliegen eines steuerpflichtigen Umsatzes über-prüfbar sein müsse, ergebe sich, daß die Rechnung die Identifizierung des Steuerpflichtigen mit Namen und Anschrift sowie des betroffenen Umsatzes ermöglichen müsse.

35. Nach Ansicht der deutschen Regierung sollten die Mitgliedstaaten eine präzise Angabe der Art der

Leistung auf der Rechnung verlangen dürfen, um die genaue Erhebung der Mehrwertsteuer si-cherzustellen und Steuerhinterziehung zu verhindern.

36. Die Kommission vertritt die Auffassung, da die Rechnung das wesentliche Mittel zur Kontrolle der

korrekten Handhabung der Mehrwertsteuer darstelle, müsse die Beschreibung der Umsätze hin-reichend genau sein, um die Art, die Steuerbarkeit und den Ort der Umsätze und damit gegebe-nenfalls den Steuerschuldner bestimmen zu können.

Antwort des Gerichtshofes 37. Zunächst kann ein die Mehrwertsteuer schuldender Steuerpflichtiger, wie der Generalanwalt in

Nummer 37 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, als Empfänger von Gegenständen oder Dienst-leistungen das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie geltend machen. Die späteren Änderungen dieser Bestimmung durch die Richtlinie 95/7/EG des Rates vom 10.4.1995 zur Änderung der Richtlinie 77/388 und zur Einführung weiterer Vereinfa-chungsmaßnahmen im Bereich der Mehrwertsteuer - Geltungsbereich bestimmter Steuerbefreiun-gen und praktische Einzelheiten ihrer Durchführung (ABl. L 102, S. 18), mit der die in dieser Hin-sicht bestehenden Unterschiede zwischen einigen Sprachfassungen beseitigt wurden, bestätigen diese Ansicht.

38. Nach ständiger Rechtsprechung ist ferner das in Art. 17 der Sechsten Richtlinie geregelte Recht

auf Vorsteuerabzug integrierender Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Dieses Recht kann für die gesamte Steuerbelastung der

Page 236: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 236 Heft 1/2005

vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden (vgl. u.a. Urteile vom 6.7.1995 in der Rechtssache C-62/93, BP Soupergaz, Slg. 1995, I-1883, Randnr. 18, und vom 21.3.2000 in den Rechtssachen C-110/98 bis C-147/98, Gabalfrisa u.a., Slg. 2000, I-1577, Randnr. 43).

39. Durch die Regelung über den Vorsteuerabzug soll der Unternehmer vollständig von der im Rah-

men seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlastet werden. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher, daß alle wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis in neutraler Weise steuerlich bela-stet werden, sofern diese Tätigkeiten selbst der Mehrwertsteuer unterliegen (vgl. u.a. Urteile vom 14.2.1985 in der Rechtssache 268/83, Rompelman, Slg. 1985, 655, Randnr. 19, vom 15.1.1998 in der Rechtssache C-37/95, Ghent Coal Terminal, Slg. 1998, I-1, Randnr. 15, und vom 21.3.2000, Gabalfrisa u.a., Randnr. 44).

40. Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie sieht hinsichtlich der Voraussetzungen des

Vorsteuerabzugsrechts als allgemeine Regel vor, daß der Steuerpflichtige für den Vorsteuerabzug im Sinne des Art. 17 Abs. 2 Buchstabe a dieser Richtlinie eine nach Art. 22 Abs. 3 dieser Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzen muß.

41. Für den Fall, daß die Mehrwertsteuer nach Art. 21 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie vom Leistungs-

empfänger geschuldet wird, bestimmt Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d dieser Richtlinie jedoch, daß die-ser die von jedem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllen muß.

42. Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich, daß Herr Bockemühl im vorliegenden Fall grundsätzlich be-

rechtigt ist, als Mehrwertsteuerschuldner das Vorsteuerabzugsrecht auszuüben. Er besitzt jedoch keine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung.

43. Daher stellt sich die Frage, ob bei einer Verlagerung der Steuerschuld wie im vorliegenden Fall nur

Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d der Sechsten Richtlinie oder, wie die deutsche Regierung, das Finanz-amt und die Kommission vortragen, auch Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a anwendbar ist.

44. In dieser Hinsicht ist erstens darauf hinzuweisen, daß Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie in der

im Ausgangsverfahren maßgebenden Fassung das Verfahren der Steuerschuldverlagerung nicht ausdrücklich regelte. Wie die deutsche Regierung und die Kommission in ihren Erklärungen dar-gelegt haben, ergeben sich bei der Anwendung dieser Vorschrift im Rahmen dieses Verfahrens Auslegungsschwierigkeiten insbesondere hinsichtlich der Bestimmung, wonach die Angabe des Mehrwertsteuerbetrags Voraussetzung für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts ist (vgl. Randnrn. 30 bis 32 des vorliegenden Urteils). Außerdem wird zwar, wie in Randnummer 26 des vorliegenden Urteils ausgeführt, in den Änderungen des Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie durch die Richtlinie 2001/115 die Verlagerung der Steuerschuld genannt, Art. 22 der Sechsten Richtlinie über die Pflicht zur Ausstellung einer Rechnung regelt jedoch als solcher nicht die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs.

45. Zweitens ist zum Vorbringen der Kommission hinsichtlich der Systematik des Art. 21 Nr. 1 Buch-

stabe a Unterabsatz 3 der Sechsten Richtlinie, diese Bestimmung sehe für Lieferungen von Ge-genständen durch einen nicht im Inland ansässigen Steuerpflichtigen vor, daß die Mehrwertsteuer nur dann vom Empfänger geschuldet werde, wenn die Rechnung Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie entspreche, festzustellen, daß Art. 21 Nr. 1 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Sechsten Richtlinie lediglich die Voraussetzungen nennt, unter denen der Empfänger einer Lieferung von Gegenständen zum Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt werden kann.

46. Drittens kann aus einem ähnlichen Grund dem Vorbringen der Kommission, Art. 18 Abs. 1 Buch-

stabe d der Sechsten Richtlinie halte unverändert am Erfordernis des Besitzes einer Rechnung fest, nicht gefolgt werden, denn diese Bestimmung verweist ausdrücklich auf die Anwendung des Art. 21 Nr. 1 dieser Richtlinie, und dessen Buchstabe a Unterabsatz 3 verlangt als Voraussetzung für eine Verlagerung der Steuerschuld, daß “[d]ie von dem nicht im Inland ansässigen Steuer-pflichtigen ausgestellte Rechnung ... Art. 22 Abs. 3 [entspricht]”. Wie nämlich in der vorstehenden Randnummer festgestellt wurde, nennt Art. 21 Nr. 1 Buchstabe a Unterabsatz 3 der Sechsten Richtlinie lediglich die Voraussetzungen, unter denen der Empfänger einer Lieferung von Gegen-ständen zum Schuldner der Mehrwertsteuer bestimmt werden kann.

Page 237: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 237

47. Art. 18 Abs. 1 Buchstaben a und d der Sechsten Richtlinie sind folglich dahin auszulegen, daß nur Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d auf das Verfahren der Steuerschuldverlagerung wie das im vorliegen-den Fall anwendbar ist. Ein Steuerpflichtiger, der als Empfänger einer Dienstleistung die darauf anfallende Mehrwertsteuer schuldet, braucht für die Ausübung seines Vorsteuerabzugsrechts keine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung zu besitzen und muß nur die Förmlichkeiten erfüllen, die der betreffende Mitgliedstaat in Wahrnehmung der ihm nach Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d dieser Richtlinie eröffneten Möglichkeit vorgeschrieben hat.

48. Diese Auslegung wird im Übrigen durch den Wortlaut des Art. 18 Abs. 1 Buchstabe c der Sechsten

Richtlinie bestätigt, wo mit derselben Formulierung wie in Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d zur Voraus-setzung gemacht wird, daß der Steuerpflichtige die von jedem Mitgliedstaat vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt. Art. 18 Abs. 1 Buchstabe c ist auf Situationen der Zuordnung zum eigenen Unternehmen anwendbar, in denen das Vorsteuerabzugsrecht folgerichtig nicht an das Erfordernis gebunden ist, eine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung zu besitzen.

49. Die den Mitgliedstaaten durch Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d der Sechsten Richtlinie eröffnete Mög-

lichkeit erlaubt diesen zwar, die Förmlichkeiten für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts bei einer Steuerschuldverlagerung vorzuschreiben, diese Befugnis muß jedoch im Einklang mit einem der Ziele der Sechsten Richtlinie ausgeübt werden, das darin besteht, die Erhebung der Mehr-wertsteuer und ihre Überprüfung durch die Steuerverwaltung sicherzustellen (vgl. zu Art. 22 Abs. 3 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie das Urteil Langhorst, Randnr. 17). Außerdem kann diese Be-fugnis nur ausgeübt werden, soweit die Auferlegung dieser Förmlichkeiten nicht wegen deren Zahl oder deren technischem Charakter die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (vgl. zu Art. 22 Abs. 3 Buchstabe b der Sechsten Richtlinie in Verbindung mit Art. 18 Abs. 1 Buchstabe a dieser Richtlinie das Urteil Jeunehomme, Randnr. 17).

50. Was Art. 18 Abs. 1 Buchstabe d der Sechsten Richtlinie anbelangt, darf daher weder die Zahl noch

der Umfang der für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts zu erfüllenden Förmlichkeiten über das zur Gewährleistung der korrekten Anwendung des betreffenden Verfahrens der Steuerschuld-verlagerung absolut Notwendige hinausgehen.

51. In diesem Zusammenhang erfüllt eine Rechnung zwar eine wichtige Dokumentationsfunktion, da

sie überprüfbare Angaben enthalten kann. Im Falle einer Steuerschuldverlagerung müßte jedoch die Feststellung, daß und in welcher Höhe der Steuerpflichtige, der Empfänger einer Lieferung oder einer Dienstleistung ist, Mehrwertsteuer schuldet, gerade auf der Grundlage überprüfbarer Angaben getroffen worden sein. Verfügt die Steuerverwaltung über die Angaben, die für die Fest-stellung erforderlich sind, daß der Steuerpflichtige als Empfänger der fraglichen Leistung die Mehrwertsteuer schuldet, so darf sie hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Abzug der Mehrwertsteuer keine zusätzlichen Voraussetzungen festlegen, die die Ausübung dieses Rechts verhindern können.

52. Wenn also ein Steuerpflichtiger als Empfänger einer Dienstleistung zum Schuldner der darauf ent-

fallenden Mehrwertsteuer bestimmt wird, kann die Steuerverwaltung nicht als zusätzliche Voraus-setzung für das Vorsteuerabzugsrecht verlangen, daß er eine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung besitzt. Ein derartiges Erfordernis würde nämlich dazu führen, daß der Steuerpflichtige einerseits als Dienstleistungsempfänger die entsprechende Mehr-wertsteuer schuldet, andererseits aber Gefahr läuft, diese nicht abziehen zu können.

53. Daher ist auf die erste Frage zu antworten, daß ein Steuerpflichtiger, der nach Art. 21 Nr. 1 der

Sechsten Richtlinie als Empfänger einer Dienstleistung die darauf entfallende Mehrwertsteuer schuldet, im Rahmen eines Verfahrens der Steuerschuldverlagerung für die Ausübung seines Vor-steuerabzugsrechts keine nach Art. 22 Abs. 3 der Sechsten Richtlinie ausgestellte Rechnung zu besitzen braucht.

Zur zweiten und dritten Frage 54. Angesichts der Antwort auf die erste Frage sind die zweite und die dritte Frage nicht zu beantwor-

ten.“

Page 238: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 238 Heft 1/2005

Gemischt genutzte Fahrzeuge, Vorsteuerabzug BKPV 81/2005 BMF-Schreiben vom 27.8.2004 - IV B 7 - S 7300 - 70/04 (BStBl 2004 I S. 864) „Durch Art. 5 Nr. 19 Buchst. c des Zweiten Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 15.12.2003 (Steueränderungsgesetz 2003 - StÄndG 2003), BGBl 2003 I S. 2645, BStBl 2003 I S. 710, wurde § 15 Abs. 1 b UStG zum 1.1.2004 aufgehoben. Die Ermächtigung des Rates der Europäischen Union vom 28.2.2000 (2000/186/EG, ABl EG 2000 Nr. L 59/12), auf die die Einschränkung des Vor-steuerabzugs ab 1.4.1999 gestützt worden ist, ist zum 31.12.2002 ausgelaufen. Für die Zeit ab 1.1.2003 kann sich der Unternehmer daher unmittelbar auf das für ihn günstigere Recht des Art. 17 der 6. EG-Richtlinie berufen. Mit Urteil vom 29.4.2004 (Anmerkung: Das EuGH-Urteil wird gleichzeitig mit diesem BMF-Schreiben im Anhang des BStBl Teil II veröffentlicht) hat der EuGH in der Rechtssache C-17/01 entschieden, daß Artikel 3 der Entscheidung des Rates insoweit unwirksam ist, als er regelt, daß die Ratsentscheidung rückwirkend ab 1.4.1999 gilt. Das bedeutet, daß die Ratsermächtigung für den Zeitraum vom 1.4.1999 bis zum 4.3.2000 (Tag der Veröffentlichung der Ratsermächtigung im Amtsblatt der EG) ungültig ist und § 15 Abs. 1 b i.V.m. § 27 Abs. 5 UStG insoweit keine EG-rechtliche Grundlage hat. In allen anderen Punkten hat der EuGH die Gültigkeit und damit die Wirksamkeit der Ratsermäch-tigung ausdrücklich bestätigt. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Frage des Vorsteuerabzuges und der Umsatzbesteuerung bei unternehmerisch genutzten Fahr-zeugen ab 1.1.2004 Folgendes: 1. Vorsteuerabzug für ein dem Unternehmen zugeordnetes Fahrzeug Ein angeschafftes, eingeführtes oder innergemeinschaftlich erworbenes Fahrzeug, welches von dem Unternehmer (insbesondere von einem Einzelunternehmer oder einem Personengesellschafter) sowohl unternehmerisch als auch für nichtunternehmerische (private) Zwecke genutzt wird (sog. gemischt ge-nutztes Fahrzeug), kann - unabhängig von der ertragsteuerlichen Behandlung als Betriebs- oder Privat-vermögen - dem Unternehmen zugeordnet werden. Voraussetzung für die Zuordnung zum Unterneh-men ist, daß das Fahrzeug zu mindestens 10 % für das Unternehmen genutzt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UStG). Maßgebend ist bei einem Fahrzeug das Verhältnis der Kilometer unternehmerischer Fahrten zu den Jahreskilometern des Fahrzeugs. Wenn danach die 10 %ige Mindestnutzung für unternehmerische Zwecke nicht erreicht wird, kann das Fahrzeug nicht dem Unternehmen zugeordnet werden. In Zwei-felsfällen muß der Unternehmer dem FA die mindestens 10 %ige unternehmerische Nutzung glaubhaft machen, z.B. durch Aufzeichnung der Jahreskilometer des betreffenden Fahrzeugs und der unterneh-merischen Fahrten (mit Fahrtziel und gefahrenen Kilometern). Bei sog. Zweit- oder Drittfahrzeugen von Einzelunternehmern oder sog. Alleinfahrzeugen bei einer nebenberuflichen Unternehmertätigkeit ist re-gelmäßig davon auszugehen, daß diese Fahrzeuge zu weniger als 10 % unternehmerisch genutzt wer-den. Das gleiche gilt bei Personengesellschaften, wenn ein Gesellschafter mehr als ein Fahrzeug privat nutzt, für die weiteren privat genutzten Fahrzeuge. Zur Frage der Zuordnung eines Gegenstandes zum Unternehmen vgl. ansonsten BMF-Schreiben vom 30.3.2004, BStBl 2004 I S. 451. Kann der Unternehmer ein Fahrzeug dem Unternehmen nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht zuordnen, weil er es zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, steht ihm aus den Anschaffungs- oder Her-stellungskosten kein Vorsteuerabzug zu. Die Zuordnungsbeschränkung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG erstreckt sich jedoch nicht auf die Leistungen, die der Unternehmer im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs bezieht. Der Unternehmer kann deshalb unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG z.B. Vorsteuerbeträge aus Benzin- und Wartungskosten im Verhältnis der unternehmerischen zur nichtunternehmerischen Nutzung abziehen. Vorsteuerbeträge, die unmittelbar und ausschließlich auf die unternehmerische Verwendung des Fahrzeugs entfallen, z.B. Vorsteuerbeträge aus Reparaturauf-wendungen in Folge eines Unfalls während einer unternehmerisch veranlaßten Fahrt, können unter den übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG in voller Höhe abgezogen werden. Hat der Unternehmer ein erworbenes Fahrzeug, welches sowohl für unternehmerische als auch für nichtunternehmerische Zwecke genutzt wird, zulässigerweise insgesamt seinem Unternehmen zuge-ordnet, kann er die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeugs entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG). Die nichtunternehmerische Nutzung unterliegt unter den Vorausset-zungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung.

Page 239: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 239

Wenn ein Unternehmer ein gemischt genutztes Fahrzeug nur teilweise (z.B. zu 60 %) dem Unterneh-men zuordnet (vgl. Abschnitt 192 Abs. 18 Buchst. c UStR), mindert sich der Vorsteuerabzug entspre-chend. Der Unternehmer, der auch Umsätze ausführt, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG führen, hat eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG vorzuneh-men. Die Veräußerung eines Fahrzeugs, das der Unternehmer dem Unternehmen zugeordnet hat, unterliegt insgesamt der Umsatzsteuer; die Entnahme eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs unter-liegt unter der Voraussetzung des § 3 Abs. 1 b Satz 2 UStG der Besteuerung. 2. Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten

Fahrzeugs Die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu un-terwerfen. Als Bemessungsgrundlage sind dabei gem. § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die Kosten anzu-setzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Zur Ermittlung der Ko-sten vgl. grundsätzlich BMF-Schreiben vom 13.4.2004, BStBl 2004 I S. 468. Zur Ermittlung der Kosten, die auf die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zuge-ordneten Fahrzeugs entfallen, hat der Unternehmer die Wahl zwischen drei Methoden: 2.1.1 %-Regelung Ermittelt der Unternehmer für Ertragsteuerzwecke den Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1-%-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, kann er von diesem Wert aus Vereinfachungsgründen bei der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung ausgehen. Für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten kann er einen pauschalen Abschlag von 20 % vornehmen. Der so ermittelte Betrag ist ein sog. Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuer-satz aufzuschlagen ist. 2.2 Fahrtenbuchregelung Setzt der Unternehmer für Ertragsteuerzwecke die private Nutzung mit den auf die Privatfahrten entfal-lenden Aufwendungen an, indem er die für das Fahrzeug insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweist (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG), ist von diesem Wert auch bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung auszugehen. Aus den Gesamtaufwendungen sind für Umsatzsteuerzwecke die nicht mit Vorsteuern belasteten Ko-sten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden. 2.3 Schätzung des nichtunternehmerischen Nutzungsanteils Macht der Unternehmer von der 1-%-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wert-ansätze durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten begrenzt (vgl. Randzahl 13 des BMF-Schreibens vom 12.5.1997, BStBl 1997 I S. 562) und liegen die Voraussetzun-gen der Fahrtenbuchregelung nicht vor (z.B. weil kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird), ist der private Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Liegen geeignete Unterlagen für eine Schätzung nicht vor, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu schätzen, soweit sich aus den besonderen Verhält-nissen des Einzelfalls nichts Gegenteiliges ergibt. Aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der belegmäßig nachgewiesenen Höhe auszuscheiden. Konnte der Unternehmer bei der Anschaffung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs kei-nen Vorsteuerabzug vornehmen (z.B. Erwerb von einem Nichtunternehmer), sind nur die vorsteuerbe-lasteten Unterhaltskosten zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

Page 240: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 240 Heft 1/2005

3. Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte Die Fahrten des Unternehmers zwischen Wohnung und Betriebsstätte sowie Familienheimfahrten we-gen einer aus betrieblichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung sind der unternehmeri-schen Nutzung des Fahrzeugs zuzurechnen. Es ist auch keine Vorsteuerkürzung nach § 15 Abs. 1 a UStG vorzunehmen. 4. Überlassung von Fahrzeugen an das Personal 4.1 Vorsteuerabzug aus den Fahrzeugkosten Überläßt ein Unternehmer (Arbeitgeber) seinem Personal (Arbeitnehmer) ein erworbenes Fahrzeug auch zur privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Famili-enheimfahrten aus Anlaß einer doppelten Haushaltsführung), ist dies regelmäßig als entgeltliche Lei-stung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG (vgl. Tz. 4.2.1.1) anzusehen. Derartige Fahrzeuge werden, wenn sie nicht ausnahmsweise zusätzlich vom Unternehmer nichtunternehmerisch verwendet werden, durch die entgeltliche umsatzsteuerpflichtige Überlassung an das Personal ausschließlich un-ternehmerisch genutzt. Somit kann der Vorsteuerabzug sowohl aus den Anschaffungskosten als auch aus den Unterhaltskosten der sog. Dienst- oder Firmenwagen in voller Höhe in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für die Überlassung von Fahrzeugen an Gesellschafter-Geschäftsführer von Ka-pitalgesellschaften (z.B. GmbH), wenn sie umsatzsteuerlich dem Personal zugeordnet werden. Die spätere Veräußerung und die Entnahme derartiger Fahrzeuge unterliegen insgesamt der Umsatz-steuer. 4.2 Besteuerung der Fahrzeugüberlassung an das Personal 4.2.1 Entgeltliche Fahrzeugüberlassung 4.2.1.1 Merkmale für Entgeltlichkeit Die Gegenleistung des Arbeitnehmers für die Fahrzeugüberlassung besteht regelmäßig in der anteili-gen Arbeitsleistung, die er für die Privatnutzung des gestellten Fahrzeugs erbringt. Die Überlassung des Fahrzeugs ist als Vergütung für geleistete Dienste und damit als entgeltlich anzusehen, wenn sie im Arbeitsvertrag geregelt ist oder auf mündlichen Abreden oder sonstigen Umständen des Arbeitsver-hältnisses (z.B. der faktischen betrieblichen Übung) beruht. Von Entgeltlichkeit ist stets auszugehen, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer und nicht nur gelegentlich zur Privatnut-zung überlassen wird. 4.2.1.2 Besteuerung auf der Grundlage einer Kostenschätzung Bei einer entgeltlichen Fahrzeugüberlassung zu Privatzwecken des Personals liegt ein tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 12 Satz 2 UStG) vor. Die Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG der Wert der nicht durch den Barlohn abgegoltenen Arbeitsleistung. Es beste-hen keine Bedenken, den Wert anhand der Gesamtkosten des Arbeitgebers für die Überlassung des Fahrzeugs zu schätzen. Aus den Gesamtkosten dürfen allerdings keine Kosten ausgeschieden werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist, weil entgeltliche sonstige Leistungen nicht unter Artikel 6 Abs. 2 Buchstabe a, sondern unter Artikel 6 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie fallen. Der so ermittelte Wert ist ein sog. Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist. Treffen die Parteien Aussagen zum Wert der Arbeitsleistungen, so ist dieser Wert als Bemessungs-grundlage für die Überlassung der Fahrzeuge zugrunde zu legen, wenn er die Kosten für die Fahrzeug-überlassung übersteigt. 4.2.1.3 Besteuerung auf der Grundlage der sog. 1 %-Regelung Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungs-grundlage anstelle der Kosten von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Diese Werte sind dann als Bruttowerte anzusehen, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist (vgl. Abschnitt 12 Abs. 8 UStR).

Page 241: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 241

Wird danach der lohnsteuerliche Wert der entgeltlichen Fahrzeugüberlassung für Privatfahrten und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit dem vom Listenpreis abgeleiteten Pauschalwert angesetzt (vgl. R 31 Abs. 9 Nr. 1 LStR 2002), kann von diesem Wert auch bei der Umsatzbesteuerung ausgegangen werden. Der umsatzsteuerliche Wert für Familienheimfahrten kann aus Vereinfachungsgründen für jede Fahrt mit 0,002 % des Listenpreises im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG für jeden Kilometer der Entfernung zwischen dem Ort des eigenen Hausstands und dem Beschäftigungsort angesetzt werden. Der Umsatzsteuer unterliegen die auf die Familienheimfahrten entfallenden Kosten auch dann, wenn ein lohnsteuerlicher Wert nach § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG nicht anzusetzen ist. Aus dem so ermittelten Betrag ist die Umsatzsteuer herauszurechnen. Ein pauschaler Abschlag von 20 % für nicht mit Vorsteuern belastete Kosten ist in diesen Fällen unzulässig. Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer mit einer am 1.1.2003 begründeten doppelten Haushaltsführung nutzt einen sog. Firmenwagen mit einem Listenpreis einschließlich USt von 30.000 Euro im gesamten Kalenderjahr 2004 zu Privatfahrten, zu Fahrten zur 10 km entfernten Arbeitsstätte und zu 20 Familienheimfahrten zum 150 km entfernten Wohnsitz der Familie. Die Umsatzsteuer für die Firmenwagenüberlassung ist nach den lohnsteuerlichen Werten wie folgt zu ermitteln: a) für die allgemeine Privatnutzung 1 % von 30.000 Euro x 12 Monate = 3.600 Euro b) für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 0,03 % von 30.000 Euro x 10 km x 12 Monate = 1.080 Euro c) für Familienheimfahrten 0,002 % von 30.000 Euro x 150 km x 20 Fahrten = 1.800 Euro Der Bruttowert der sonstigen Leistung an den Arbeitnehmer beträgt damit insgesamt 6.480 Euro. Die darin enthaltene USt beträgt 16/116 von 6.480 Euro = 893,79 Euro. 4.2.1.4 Besteuerung auf der Grundlage der sog. Fahrtenbuchregelung Wird bei einer entgeltlichen Fahrzeugüberlassung der lohnsteuerliche private Nutzungswert mit Hilfe ei-nes ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs anhand der durch Belege nachgewiesenen Gesamtkosten er-mittelt (vgl. R 31 Abs. 9 Nr. 2 LStR 2002), ist das aufgrund des Fahrtenbuchs ermittelte Nutzungsver-hältnis auch bei der Umsatzsteuer zugrunde zu legen. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie die Familienheimfahrten aus Anlaß einer dop-pelten Haushaltsführung werden umsatzsteuerlich den Privatfahrten des Arbeitnehmers zugerechnet. Aus den Gesamtkosten dürfen keine Kosten ausgeschieden werden, bei denen ein Vorsteuerabzug nicht möglich ist. Beispiel 2: Ein sog. Firmenwagen mit einer Jahresfahrleistung von 20.000 km wird von einem Arbeitnehmer lt. ordnungsgemäß geführtem Fahrtenbuch an 180 Tagen jährlich für Fahrten zur 10 km entfernten Ar-beitsstätte benutzt. Die übrigen Privatfahrten des Arbeitnehmers belaufen sich auf insgesamt 3.400 km. Die gesamten Kraftfahrzeugkosten (Nettoaufwendungen einschließlich der auf den nach § 15 a UStG maßgeblichen Berichtigungszeitraum verteilten Anschaffungs- oder Herstellungskosten - zur Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten vgl. BMF-Schreiben vom 13.4.2004, BStBl 2004 I S. 468) betragen 9.000 Euro. Von den Privatfahrten des Arbeitnehmers entfallen 3.600 km auf Fahrten zwischen Wohnung und Ar-beitsstätte (180 Tage x 20 km) und 3.400 km auf sonstige Fahrten. Dies entspricht einer Privatnutzung von insgesamt 35 % (7.000 km von 20.000 km). Für die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ist von einem Betrag von 35 % von 9.000 Euro = 3.150 Euro auszugehen. Die Umsatzsteuer beträgt 16 % von 3.150 Euro = 504 Euro.

Page 242: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 242 Heft 1/2005

4.2.2 Unentgeltliche Fahrzeugüberlassung 4.2.2.1 Merkmale für Unentgeltlichkeit Von einer unentgeltlichen Überlassung von Fahrzeugen an das Personal im Sinne des § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG (vgl. Abschnitt 12 Abs. 2 UStR) kann ausnahmsweise ausgegangen werden, wenn die ver-einbarte private Nutzung des Fahrzeugs derart gering ist, daß sie für die Gehaltsbemessung keine wirt-schaftliche Rolle spielt, und nach den objektiven Gegebenheiten eine weitergehende private Nut-zungsmöglichkeit ausscheidet (vgl. BFH-Urteil vom 4.10.1984, BStBl 1984 II S. 808). Danach kann Un-entgeltlichkeit nur angenommen werden, wenn dem Arbeitnehmer das Fahrzeug aus besonderem An-laß oder zu einem besonderen Zweck nur gelegentlich (von Fall zu Fall) an nicht mehr als fünf Kalen-dertagen im Kalendermonat für private Zwecke überlassen wird (vgl. Abschnitt I Nr. 3 Buchst. b des BMF-Schreibens vom 28.5.1996, BStBl 1996 I S. 654). 4.2.2.2 Besteuerung auf der Grundlage einer Kostenschätzung Bemessungsgrundlage für die unentgeltliche Fahrzeugüberlassung für den privaten Bedarf des Perso-nals sind die Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (§ 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG). Aus der Bemessungsgrundlage sind somit die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten auszuscheiden. Der so ermittelte Wert ist ein sog. Nettowert, auf den die Umsatzsteuer mit dem allgemeinen Steuersatz aufzuschlagen ist. 4.2.2.3 Besteuerung auf der Grundlage von lohnsteuerlichen Werten Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn für die umsatzsteuerliche Bemessungs-grundlage von den lohnsteuerlichen Werten ausgegangen wird. Diese Werte sind dann als Bruttowerte anzusehen, aus denen die Umsatzsteuer herauszurechnen ist (vgl. Abschnitt 12 Abs. 8 UStR). Falls in diesen Fällen die Nutzung des Fahrzeugs zu Privatfahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und Ar-beitsstätte je Fahrtkilometer mit 0,001 % des inländischen Listenpreises des Fahrzeugs bewertet wird (vgl. Abschnitt I Nr. 3 Buchst. b des BMF-Schreibens vom 28.5.1996, BStBl 1996 I S. 654, kann für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten ein Abschlag von 20 % vorgenommen werden. 5. Miete oder Leasing von Fahrzeugen Die auf die Miete, Mietsonderzahlung, Leasingraten und Unterhaltskosten eines angemieteten oder geleasten Fahrzeugs entfallenden Vorsteuern, welches der Unternehmer sowohl unternehmerisch als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet, sind grundsätzlich nach dem Verhältnis von unter-nehmerischer und nichtunternehmerischer Nutzung in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Anteil aufzuteilen. In diesem Fall entfällt eine Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung. Aus Vereinfachungsgründen kann der Unternehmer jedoch auch den Vorsteuerabzug aus der Miete bzw. den Leasingraten und den Unterhaltskosten in voller Höhe vornehmen und die nichtunternehmerische Nutzung nach den Regelungen in Tz. 2 besteuern. 6. Zwischen dem 1.4.1999 und dem 31.12.2003 angeschaffte Fahrzeuge Für den Vorsteuerabzug und die Versteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe gilt unter Bezug auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für den Zeitraum vom 1.4.1999 bis zum 4.3.2000 und ab 1.1.2003 Folgendes: 6.1 Zwischen dem 1.4.1999 und dem 4.3.2000 angeschaffte Fahrzeuge Mit Urteil vom 29.4.2004 hat der EuGH in der Rechtssache C-17/01 entschieden, daß die § 15 Abs. 1 b UStG zugrunde liegende Ermächtigung des Rates der Europäischen Union vom 28.2.2000 (2000/186/EG, ABl. EG 2000 Nr. L 59/12) gültig und damit wirksam ist. Dies gilt jedoch nicht für Arti- kel 3 der Ratsermächtigung, soweit er regelt, daß die Ratsentscheidung rückwirkend ab 1.4.1999 gilt.

Page 243: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 243

Das bedeutet, daß die Ratsermächtigung für den Zeitraum vom 1.4.1999 bis zum 4.3.2000 (Tag der Veröffentlichung der Ratsermächtigung im Amtsblatt der EG) ungültig ist und damit § 15 Abs. 1 b i.V.m. § 27 Abs. 5 UStG insoweit keine EG-rechtliche Grundlage hat. Für nach dem 31.3.1999 und vor dem 5.3.2000 angeschaffte oder hergestellte Fahrzeuge kann der Unternehmer daher unter direkter Berufung auf die für ihn günstigere Regelung des Art. 17 der 6. EG-Richtlinie den Vorsteuerabzug aus den Anschaffungs- oder Herstellungskosten in voller Höhe vorneh-men. Dies gilt auch für Kfz-Betriebskosten. Der Unternehmer muß die nichtunternehmerische Verwen-dung gemäß § 3 Abs. 9 a UStG als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzsteuer unterwerfen. § 3 Abs. 9 a Satz 2 UStG greift insoweit nicht. Der Unternehmer muß auch nach dem 4.3.2000 eine Be-steuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9 a UStG vornehmen. Eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG für die Zeit nach dem 4.3.2000 ist in analo-ger Anwendung des § 27 Abs. 5 UStG nicht vorzunehmen. Durch § 27 Abs. 5 UStG sollten Fahrzeuge, die vor dem 1.4.1999 angeschafft oder hergestellt wurden, u.a. von der zum 1.4.1999 normierten Ein-schränkung des Vorsteuerabzugsrechts und der daraus folgenden Verpflichtung zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG ausgenommen werden. Durch die Entscheidung des EuGH vom 29.4.2004, a.a.O., wurde das erstmalige richtlinienkonforme In-Kraft-Treten auf den 5.3.2000 verscho-ben. 6.2 Unbeschränkter Vorsteuerabzug ab 1.1.2003 Die § 15 Abs. 1 b UStG zugrunde liegende Ermächtigung des Rates der Europäischen Union vom 28.2.2000 (2000/186/EG, ABl EG 2000 Nr. L 59/12) ist nicht über den 31.12.2002 hinaus verlängert worden. Der Unternehmer kann daher für Fahrzeuge, die er zwischen dem 1.1.2003 und dem 31.12.2003 angeschafft, hergestellt, eingeführt, innergemeinschaftlich erworben oder gemietet und dem Unternehmen zugeordnet hat, abweichend von § 15 Abs. 1 b UStG den vollen Vorsteuerabzug in An-spruch nehmen. Dabei sind die vorstehenden Grundsätze (Tz. 1 bis 5) anzuwenden. Die Anschaf-fungskosten fließen ab 1.7.2004 entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13.4.2004, BStBl 2004 I S. 468, in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltli-chen Wertabgabe ein. Für nach dem 31.3.1999 und vor dem 1.1.2003 angeschaffte Fahrzeuge kann der Unternehmer unter Berufung auf Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie abweichend von § 15 Abs. 1 b UStG ab 1.1.2003 den un-beschränkten Vorsteuerabzug für die laufenden Kosten in Anspruch nehmen. Für Fahrzeuge, die zwischen dem 5.3.2000 und dem 31.12.2002 angeschafft worden sind, ist ab 1.1.2003 für die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern nur wegen des nunmehr unbeschränkt möglichen Vorsteuerabzuges keine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG vorzunehmen. Jedoch wird es in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn der Unternehmer eine Berichti-gung des Vorsteuerabzuges aus den Anschaffungskosten wegen Änderung der für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse durchführt. Die nichtunternehmerische Nutzung hat er dann der Besteuerung zu unterwerfen. Dabei fließen die Anschaffungskosten entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13.4.2004, BStBl 2004 I S. 468, in die Ermittlung der Bemes-sungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe ein. Beispiel 3: U hat am 1.7.2001 ein Fahrzeug angeschafft, das er zu 70 % unternehmerisch nutzt. Der Kaufpreis be-trug 31.250 Euro zzgl. 5.000 Euro Umsatzsteuer. Entsprechend § 15 Abs. 1 b UStG hat U 2.500 Euro als Vorsteuer geltend gemacht. Auch aus den laufenden Kosten hat U in den Jahren 2001 und 2002 jeweils 50 % Vorsteuerabzug geltend gemacht. In den Jahren 2001 und 2002 hat U dementsprechend keine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9 a UStG versteuert. Ab 1.1.2003 nimmt U unter Beru-fung auf Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie aus den laufenden Kosten den unbeschränkten Vorsteuerabzug vor. U steht wegen der Berufung auf Artikel 17 der 6. EG-Richtlinie abweichend von § 15 Abs. 1 b UStG ab 1.1.2003 der volle Vorsteuerabzug aus den laufenden Kosten zu. Daneben hat er ab dem 1.1.2003 für den Rest des Berichtigungszeitraums nach § 15 a UStG hinsichtlich der Berichtigung des Vorsteuerab-zuges aus den Anschaffungskosten zwei Möglichkeiten:

Page 244: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 244 Heft 1/2005

– Er unterläßt eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG. In die Bemessungsgrund-lage der unentgeltlichen Wertabgabe sind nur 30 % der laufenden Kosten einzubeziehen.

– U macht von seinem Wahlrecht Gebrauch und nimmt ab 1.1.2003 bis zum Ende des Berichtigungs-

zeitraums am 30.6.2006 gemäß § 15 a UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor. Für die Jahre 2003, 2004 und 2005 ergibt sich jeweils ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 500 Euro; für das Jahr 2006 ergibt sich ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 250 Euro. In die Bemessungs-grundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind neben 30 % der laufenden Kosten auch 30 % von 1/5 der Anschaffungskosten (1.875 Euro jährlich) einzubeziehen.

6.3 Beschränkter Vorsteuerabzug nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 b UStG Hat der Unternehmer für Fahrzeuge, die er nach dem 31.3.1999 und vor dem 1.1.2004 angeschafft und dem Unternehmen zugeordnet hat, § 15 Abs. 1 b UStG angewendet - das ist zwingend für die zwischen dem 5.3.2000 und dem 31.12.2002 angeschafften Fahrzeuge -, ist ab 1.1.2004 für die auf die An-schaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern nur wegen des nunmehr unbeschränkt möglichen Vorsteuerabzuges keine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG vorzunehmen, soweit der Berichtigungszeitraum noch nicht abgelaufen ist. In die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 9 a Nr. 1 UStG fließen ab 1.1.2004 nur die laufenden vor-steuerbelasteten Unterhaltskosten ein. Es wird nicht beanstandet, wenn der Unternehmer hinsichtlich der vor dem 1.1.2004 angeschafften Fahrzeuge ab 1.1.2004 für die auf die Anschaffungskosten des Fahrzeuges entfallenden Vorsteuern eine Berichtigung nach § 15 a UStG des bisher vom Abzug ausgeschlossenen Teils zu seinen Gunsten vornimmt und zum Ausgleich die gesamten auf das Fahrzeug entfallenden Kosten als Bemessungs-grundlage der Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe (abweichend von § 3 Abs. 9 a Satz 2 UStG) unterwirft. Dabei fließen die Anschaffungskosten entsprechend den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 13.4.2004, BStBl 2004 I S. 468, in die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe ein. Beispiel 4: U hat am 1.7.2001 ein Fahrzeug angeschafft, das er zu 70 % unternehmerisch nutzt. Der Kaufpreis be-trug 31.250 Euro zzgl. 5.000 Euro Umsatzsteuer. Entsprechend § 15 Abs. 1 b UStG hat U 2.500 Euro als Vorsteuer abgezogen. Auch aus den laufenden Kosten hat U in den Jahren 2001 bis 2003 50 % der Vorsteuer abgezogen. In den Jahren 2001 bis 2003 hat U dementsprechend keine unentgeltliche Wert-abgabe nach § 3 Abs. 9 a UStG versteuert. Ab 1.1.2004 nimmt U aus den laufenden Kosten den vollen Vorsteuerabzug in Anspruch. U steht ab 2004 aus den laufenden Kosten der volle Vorsteuerabzug zu. U hat hinsichtlich der auf die Anschaffungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten: – Er unterläßt eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG. In die Bemessungsgrund-

lage der unentgeltlichen Wertabgabe sind nur 30 % der laufenden Kosten einzubeziehen. – U macht von seinem Wahlrecht Gebrauch und nimmt ab 1.1.2004 bis zum Ende des Berichtigungs-

zeitraums am 30.6.2006 gemäß § 15 a UStG eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vor. Für die Jahre 2004 und 2005 ergibt sich jeweils ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 500 Euro; für das Jahr 2006 ergibt sich ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 250 Euro. In die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind neben 30 % der laufenden Kosten auch 30 % von 1/5 der Anschaffungskosten (1.875 Euro jährlich) einzubeziehen.

Beispiel 5: U hat am 1.7.2003 ein Fahrzeug angeschafft, das er zu 30 % unternehmerisch nutzt. Der Kaufpreis be-trug 31.250 Euro zzgl. 5.000 Euro Umsatzsteuer. Entsprechend § 15 Abs. 1 b UStG hat U aus den An-schaffungskosten einen Vorsteuerabzug von 2.500 Euro geltend gemacht. Auch aus den laufenden Kosten hat U im Jahr 2003 entsprechend § 15 Abs. 1 b UStG 50 % der Vorsteuern abgezogen. U hat im Jahr 2003 demzufolge keine unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9 a UStG versteuert. Ab 1.1.2004 nimmt U aus den laufenden Kosten den vollen Vorsteuerabzug vor.

Page 245: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 245

U steht ab 2004 aus den laufenden Kosten der volle Vorsteuerabzug zu. U hat hinsichtlich der auf die Anschaffungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge zwei Möglichkeiten: – U nimmt keine Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG vor. In die Bemessungs-

grundlage der unentgeltlichen Wertabgabe sind 70 % der laufenden Kosten einzubeziehen. – U nimmt ab 1.1.2004 bis zum Ende des Berichtigungszeitraums am 30.6.2008 eine Berichtigung

des Vorsteuerabzuges vor. Für die Jahre 2004 bis 2007 ergibt sich jeweils ein Vorsteuerberichti-gungsbetrag von 500 Euro; für das Jahr 2008 ergibt sich ein Vorsteuerberichtigungsbetrag von 250 Euro. In die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe sind jährlich neben 70 % der laufenden vorsteuerbelasteten Kosten auch 70 % von 1/5 der Anschaf-fungskosten (4.375 Euro jährlich) einzubeziehen.

Das BMF-Schreiben vom 29.5.2000 (BStBl 2000 I S. 819) ist auf gemischt genutzte Fahrzeuge anzu-wenden, die nach dem 31.3.1999 und vor dem 1.1.2004 angeschafft und dem Unternehmen zugeord-net worden sind, und für die die Einschränkung des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 b UStG greift. Das gilt insbesondere für zwischen dem 5.3.2000 und dem 31.12.2002 angeschaffte und dem Unter-nehmen zugeordnete Fahrzeuge.“ Eine juristischen Person des öffentlichen Rechts kann sich hin-sichtlich der Frage ihrer Unternehmereigenschaft nur dann auf die 6. EG-Richtlinie berufen (und den Vorsteuerabzug beanspru-chen), wenn sie den allgemeinen Unternehmerbegriff gem. Art 4 Abs. 1 und 2 erfüllt.

BKPV 82/2005

Urteil des BFH vom 28.10.2004, V R 19/04 (BFH/NV 2005 S. 725) Der Entscheidung sind folgende Leitsätze vorangestellt: „1. § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG begründen nicht die Umsatz-

steuerpflicht der öffentlichen Hand, sondern schränken sie ein. 2. Die Gestattung der Mitbenutzung eines Anschlußgleises ist - ähnlich wie die Vermietung - eine

wirtschaftliche Tätigkeit, wenn sie als Nutzung des Gegenstands (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Richtlinie 77/ 388/EWG) zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird. Eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit reicht nicht aus.“

Sachverhalt: „Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine Stadtgemeinde, eröffnete im Jahre 1904 eine Kleinbahn für Personen- und Güterverkehr auf einer Streckenlänge von 8 km. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts stellte die Klägerin die Personenbeförderung auf der Schiene zu-gunsten eines Schienenersatzverkehrs mit Omnibussen ein. Den Betrieb dieser Kraftomnibuslinie über-trug sie auf ein privates Busunternehmen gegen Zahlung einer monatlichen Pacht. Im Jahre 1977 stellte sie auch die Güterbeförderung ein. Danach überließ die Klägerin die Gleise mit allen dazugehörigen bau- und signaltechnischen Anlagen kostenlos der Deutschen Bundesbahn (DB) zur Güterbeförderung. Mit Vertrag vom 10.12.1992 regelten die Klägerin und die DB die Nutzungsverhältnisse neu. Sie ver-einbarten, die Gleisanlage an den Bahnhof X anzuschließen. Dabei behandelten die Vertragspartner die Klägerin als Inhaberin eines Privatgleisanschlusses und vereinbarten die grundsätzliche Geltung der “Allgemeinen Bedingungen für Privatgleisanschlüsse” der DB. Die Klägerin und die DB stimmten der “Mitbenutzung” des Anschlusses durch die an das Industriestammgleis angeschlossenen Firmen zu. Auf dem Gleisanschluß werden seither mit Fahrzeugen der DB Güter im Übergang zur DB beför-dert. Genutzt wird dieser Gleisanschluß durch ein Landhandelsunternehmen und eine Genossenschaft,

Page 246: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 246 Heft 1/2005

deren Betriebsgelände in Y neben dem früheren Bahnhof liegt und dort unmittelbar an die Gleise an-grenzt. Für das Streitjahr 1995 gab die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung ab, in der sie als Art des Unter-nehmens angab “Kleinbahnverwaltung”. Darin erklärte sie steuerpflichtige Umsätze zum Regelsteuer-satz in Höhe von 6.083 DM und steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug in Höhe von 14.918 DM, die aus Zinseinnahmen und Pachtzinsen bestanden. Ferner machte die Klägerin Vorsteuerbeträge in Höhe von 23.076,46 DM geltend, die aus Erhaltungsaufwendungen für die Gleisanlagen resultieren. Die von der Klägerin erklärten steuerpflichtigen Umsätze in Höhe von 6.083 DM setzen sich dabei wie folgt zu-sammen: Anschlußgebühren für den Gleisanschluß 79,73 DM, Pacht der Buslinie 3.017,28 DM, Erlöse aus Anlageverkäufen 521,74 DM und Unfallentschädigung 2.464,58 DM. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung kam der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zu dem Ergebnis, die Klägerin sei mit dem Betrieb der Kleinbahn keine Unternehmerin mehr. Ein Be-trieb gewerblicher Art i.S. des § 4 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) liege nicht vor, da die Gleisanlagen nur noch für einen Industriebetrieb genutzt würden. Deshalb handele es sich nicht um ei-nen öffentlichen Verkehr i.S. des § 4 Abs. 3 KStG. Auch handele es sich nicht um einen Betrieb ge-werblicher Art im Sinne der allgemeinen Definition des § 4 Abs. 1 Satz 1 KStG. Ein derartiger Betrieb gewerblicher Art setze eine gewisse Selbständigkeit voraus, d.h. eine Organisation mit personellen und sachlichen Betriebsmitteln. Ferner müsse die Betätigung nachhaltig sein, also von einigem Gewicht. Und es müsse eine Einnahme-Erzielungsabsicht vorliegen. Die Kleinbahn dagegen beschäftige kein ei-genes Personal. Auch handele es sich nicht um eine Tätigkeit von einigem Gewicht, da der Jahresum-satz weder nachhaltig den Betrag von 60.000 DM übersteige noch die Kleinbahn zu anderen Unter-nehmern unmittelbar in Wettbewerb trete. Da die Klägerin der DB ihr einziges Betriebsmittel kostenlos überlasse, fehle es an der Absicht, Einnahmen zu erzielen. Die Klägerin schulde allerdings Umsatz-steuer nach § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG), soweit sie in ihren Ausgangsrech-nungen Umsatzsteuer offen ausgewiesen habe. Dementsprechend versagte das FA der Klägerin den geltend gemachten Vorsteuerabzug und setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 912 DM fest (Umsatzsteuerbescheid vom 11.6.1998). Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in EFG 2004, 943 veröffentlicht ist, gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt. Es verneinte zwar einen Betrieb gewerblicher Art i.S. des § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG; es meinte jedoch, die Klägerin gelte nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechts-vorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) als Steuerpflichtige; hierauf könne sie sich berufen; ihr stehe deshalb der Vorsteuerabzug zu. Hiergegen wendet sich das FA mit der vorliegenden Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts rügt. Es meint, die Klägerin sei mit der Unterhaltung der Gleisanlagen nicht wirtschaftlich tätig gewor-den. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG seien zwar Leistungen, die die Nutzung von körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfaßten, grundsätzlich als wirtschaftliche Tätigkeiten anzuerkennen, die zu besteuerten Umsätzen i.S. von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG führten. Die von der Klägerin erzielten Einnahmen von jährlich etwa 100 DM seien jedoch bei weitem nicht gewichtig genug, um von einer wirtschaftlichen Tätigkeit sprechen zu können (Hinweis auf Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften - EuGH - vom 26.9.1996 Rs. C-230/94 - Enkler -, Slg. 1996, I-4517, UR 1996, 418). Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.“ Entscheidungsgründe: „1. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverwei-

sung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat sich bei der Frage, ob die streitbefangenen Leistungen für das Unternehmen der Klä-gerin bezogen worden sind, zu Unrecht auf die Prüfung beschränkt, ob die Klägerin mit den von ihr

Page 247: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 247

als steuerpflichtig behandelten Aktivitäten gemäß § 2 Abs. 3 UStG im Rahmen eines Betriebs ge-werblicher Art oder gemäß Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG tätig wurde; es hätte zuvor vielmehr prüfen müssen, inwieweit die allgemeinen Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 UStG bzw. Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 77/388/EWG für eine unternehmerische Tätigkeit vorlagen. § 2 Abs. 3 UStG und Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG begründen nämlich nicht die Umsatz-steuerpflicht der öffentlichen Hand, sondern schränken sie ein (vgl. Lange, UR 2000, 1, unter c).

2. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG geson-dert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unterneh-mern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen.

3. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig

ausübt. Gewerblich oder beruflich ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personen-vereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Bei richtlinienkonformer Anwendung muß dabei eine wirtschaftliche Tätigkeit (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 77/388/EWG) aus-geübt werden (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 12.12.1996 V R 23/93, BFHE 182, 388, BStBl II 1997, 368). Die Gestattung der Mitbenutzung eines Anschlußgleises ist - ähnlich wie die Vermietung - eine derartige wirtschaftliche Tätigkeit, wenn sie als Nutzung des Gegenstands (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG) zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird; eine nur gelegentlich ausgeübte Tätigkeit reicht nicht aus (EuGH-Urteil in Slg. 1996, I-4517, UR 1996, 418, Rdnr. 20 ff.). Nach den Grundsätzen dieses vom FA herangezogenen EuGH-Urteils ist die Feststellung, ob die Vermietung eines körperlichen Gegenstands wie eines Wohnmobils i.S. von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen vorgenommen wird, von dem nationalen Gericht aufgrund der Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH-Urteil in Slg. 1996, I-4517, UR 1996, 418, Rdnr. 30). Wird ein Gegenstand vermietet, der seiner Art nach sowohl für wirtschaftliche als auch für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden kann, sind dabei alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsäch-lich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen verwendet wird (EuGH-Urteil in Slg. 1996, I-4517, UR 1996, 418, Rdnr. 27). Eine der Methoden, mit denen geprüft werden kann, ob die betreffende Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird, ist der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird (EuGH-Urteil in Slg. 1996, I-4517, UR 1996, 418, Rdnr. 28). Ferner sind die tatsächliche Dauer der Vermietung des Gegenstands, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen Gesichtspunkte, die zur Ge-samtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls gehören und daher neben anderen Gesichtspunkten bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können (EuGH-Urteil in Slg. 1996, I-4517, UR 1996, 418, Rdnr. 29). Dem entspricht es, daß nach der Rechtsprechung des Senats im Einzelfall aufgrund des Gesamt-bildes der Verhältnisse zu beurteilen ist, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Dabei ist eine Reihe verschiedener (nicht abschließend festgelegter) Kriterien zu würdigen, die je nach dem Ein-zelfall in unterschiedlicher Gewichtung für oder gegen die Nachhaltigkeit der Einnahmeerzielung sprechen können. Der tatsächlichen Würdigung der Einzelheiten durch die Tatsacheninstanz kommt insoweit besondere Bedeutung zu. Der BFH prüft als Revisionsinstanz nur, ob dem FG bei der tatsächlichen Würdigung Rechtsverstöße unterlaufen sind (BFH-Urteil in BFHE 182, 388, BStBl II 1997, 368). Ohne eine derartige Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls durch das FG ist dem BFH eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Im Streitfall kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Klägerin das Anschlußgleis nicht “zur Er-zielung von Einnahmen”, sondern zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur der Gemeinde und damit für unternehmensfremde Zwecke unterhielt. Die Förderung der kommunalen Wirtschaft gehört grundsätzlich zu den nichtunternehmerischen Aufgaben einer Gemeinde. Feststellungen dazu, aufgrund welcher Rechtsgrundlage die Klägerin von den Mitbenutzern der Gleisanlage die gering-fügige Vergütung erhielt und wie diese bemessen wurde, fehlen. Nach den vorgenannten Grund-sätzen macht jedenfalls nicht jedes Nutzungsentgelt unabhängig von seiner Höhe die Nutzungs-überlassung zur wirtschaftlichen Tätigkeit. Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin die Gleise in-stand hielt, um sie einmal möglichst vorteilhaft zu veräußern, enthält der vom FG festgestellte

Page 248: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 248 Heft 1/2005

Sachverhalt nicht. Es kommt deshalb ernsthaft in Betracht, daß die Klägerin die Leistungen für die Instandhaltung der Gleise nicht gemäß § 15 Abs. 1 UStG für ihr Unternehmen bezog. Da das FG diesen Gesichtspunkt nicht geprüft hat, ist es dem Senat nicht möglich, selbst in der Sache zu entscheiden.

4. Sollte das FG bei der Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zum Ergebnis gelangen,

daß die Gestattung der Mitbenutzung des Anschlußgleises eine wirtschaftliche Tätigkeit war und die Klägerin die Leistungen für die Instandhaltung der Gleise für ihr Unternehmen bezog, ist zu er-wägen, ob ein Eigenverbrauch für unternehmensfremde Zwecke gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1993 (Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG) vorlag, soweit die Gestattung der Mitbenutzung des Anschlußgleises zu einem Entgelt unterhalb der Selbstkosten erfolgte. Insoweit wird auf die beim EuGH anhängige Rechtssache C-412/03 - Hotel Scandic Gsabäck - verwiesen.“

Der teilwesie Ausschluß des Vorsteuerabzugs für betrieblich veranlaßte Bewirtungskosten verstößt gegen EU-Recht

BKPV 83/2005

Urteil des BFH vom 10.2.2005, V R 76/03 Die Leitsätze der Entscheidung lauten wie folgt: „1. Betrieblich veranlasste Bewirtungskosten berechtigen unter den allgemeinen Voraussetzungen

des Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (§ 15 Abs. 1 UStG 1999) zum Vorsteuerabzug. 2. Die Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug durch § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 ist mit

Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG nicht vereinbar. 3. Der Steuerpflichtige kann sich auf das ihm günstigere Gemeinschaftsrecht berufen.“ Sachverhalt: „Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Baumanagementunternehmen. Im Rahmen dieser Tätigkeit und zur Förderung von Vertragsabschlüssen bewirtete sie gelegentlich Ge-schäftskunden bei Vertragsverhandlungen und bei Baubesichtigungen vor Ort in Gaststätten. In ihrer Umsatzsteuererklärung für 1999 (Streitjahre) machte die Klägerin die auf die Bewirtungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge in vollem Umfang geltend, da sie der Auffassung war, dass der teilweise Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Bewirtungsaufwendungen gemäß § 15 Abs. 1 a Nr. 1 des Um-satzsteuergesetzes (UStG 1999) nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) ließ jedoch gemäß § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 20 v.H. der auf die Bewirtungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge (601 DM) nicht zum Abzug zu (Steueränderungsbescheid vom 23.7.2001). Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Ent-scheidung in EFG 2004, 377 veröffentlicht ist, setzte die Umsatzsteuer entsprechend dem Klagebegeh-ren um 601 DM herab. Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 i.V.m. Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17.5.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Zur Begründung führt das FA u.a. aus, § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 sei inhaltlich ein Vorsteuerausschluss i.S. des Art. 17 Abs. 6 Un-terabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG und habe deshalb beibehalten werden können; so gesehen seien sowohl nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 als auch nach § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 die nach § 4 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähigen Bewirtungsaufwendungen vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen; die inhaltliche Änderung des § 4 Abs. 5 EStG sei ohne Bedeu-tung. Im Übrigen sollten nach Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG auf jeden Fall die Ausgaben, die keinen strengen geschäftlichen Charakter besitzen, vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden; hierunter fielen auch Bewirtungskosten. Es liege deshalb trotz Nichtbeachtung des Ermächtigungsver-

Page 249: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 249

fahrens nach Art. 27 der Richtlinie 77/388/EWG kein Verstoß gegen Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG vor, solange sich die nationale Regelung inhaltlich im Rahmen der beabsichtigten gemeinschaftsrechtli-chen Regelung bewege. Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Sache dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vorzulegen. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Fi-nanzgerichtsordnung - FGO - ). Es stützt die Rechtsauffassung des FA.“ Entscheidungsgründe: „Die Revision ist unbegründet. Die Vorentscheidung hält den Revisionsangriffen stand. 1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG ge-

sondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unter-nehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Diese Voraussetzungen sind unstreitig erfüllt; die Klägerin hat im Zusammenhang mit den betrieb-lich veranlassten Bewirtungen umsatzsteuerpflichtige Leistungen für ihr Unternehmen bezogen, für die ihr die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt worden ist.

2. § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 lässt zwar den Vorsteuerabzug nicht in vollem Umfang zu.

Nach dieser Vorschrift sind u.a. Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Ab-zugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG gilt, nicht abziehbar. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung dürfen Aufwendungen für die Bewirtung von Perso-nen aus geschäftlichem Anlass den Gewinn nicht mindern, soweit sie 80 v.H. der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Demnach wäre der Vorsteuerabzug für die streitbefangenen Bewirtungsaufwendungen um 20 v.H. zu kürzen.

3. Das FG hat die Vorschrift des § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 aber zu Recht nicht angewandt, da sie mit Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG nicht vereinbar ist.

a) Nach Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG ist der Steuerpflichtige befugt, die

Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht wurden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen, soweit die Gegenstände oder Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet wer-den. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des Bundesfinanzhofs (BFH) kann das Recht auf Vorsteuerabzug wegen seiner Bedeutung für das System der Mehrwertsteuer grundsätz-lich nicht eingeschränkt werden (EuGH-Urteil vom 19.9.2000 Rs. C-177/99 - Ampafrance -, Rs. C-181/99 - Sanofi Synthelabo -, Slg. 2000, I-7013, UR 2000, 474 Rdnr. 61, 62). Ausnah-men sind nur zugelassen, wenn sie in der Richtlinie 77/388/EWG selbst vorgesehen sind (vgl. EuGH-Urteil vom 6.7.1995 Rs. C-62/93 - Soupergaz -, Slg. 1995, I-1883, UR 1995, 404 Rdnr. 18; BFH-Urteile vom 23.11.2000 V R 49/00, BFHE 193, 170, BStBl II 2001, 266, und vom 11.12.2003 V R 48/02, BFH/NV 2004, 595). Eine Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug entsprechend der Vorschrift des § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 kennt Art. 17 der Richtlinie 77/388/EWG nicht.

b) Eine derartige Einschränkung des Rechts auf Vorsteuerabzug ist auch nicht nach Art. 17

Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG erlaubt.

Page 250: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 250 Heft 1/2005

Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG enthält eine Stillhalteklausel, die die Beibehaltung der innerstaatlichen Ausschlüsse des Rechts auf Vorsteuerabzug erlaubt, die vor dem In-Kraft-Treten der Richtlinie 77/388/EWG galten. Diese Bestimmung lautet: ‚Der Rat legt auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraums von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist. Auf jeden Fall werden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen. Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in den in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind.’ Bis heute sind die in Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehenen Gemeinschaftsbestimmungen mangels einer Einigung im Rat über die Ausgaben, bei denen ein Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug in Betracht kommt, noch nicht erlassen wor-den. Die Mitgliedstaaten sind somit nur berechtigt, ihre zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden Regelungen über den Ausschluss des Vorsteuerabzugs-rechts beizubehalten, bis der Rat die in Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehe-nen Bestimmungen erlässt. Sie dürfen auch bis zu diesem Zeitpunkt ihre nationalen Aus-schlusstatbestände einschränken. Dagegen ist eine nationale Regelung, die die bestehenden Ausschlusstatbestände erweitert, nicht nach Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG zuläs-sig; sie verstößt vielmehr gegen Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG (EuGH-Urteil vom 8.1.2002 Rs. C-409/99 - Metropol und Stadler -, Slg. 2002, I-81, UR 2002, 220 Rdnr. 44 bis 45, m.w.N.). Denn es ist allein Sache des Gemeinschaftsgesetzgebers, eine Gemeinschafts-regelung der Ausschlusstatbestände vom Vorsteuerabzugsrecht zu erlassen und so die schrittweise Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften im Bereich der Mehr-wertsteuer zu verwirklichen (vgl. EuGH-Urteil Metropol und Stadler in Slg. 2002, I-81, UR 2002, 220 Rdnr. 44, m.w.N.); entgegen der Ansicht des FA dürfen die Mitgliedstaaten dem Gemeinschaftsgesetzgeber insoweit nicht vorgreifen. Insofern ist auch unerheblich, ob ein neuer Vorschlag der Kommission für die in Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehene Richtlinie vorliegt. Repräsentationsaufwendungen i.S. des Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG sind auch - unternehmerisch veranlasste - Bewirtungsaufwendungen. Dementsprechend geht auch der EuGH in seinem Urteil Ampafrance und Sanofi Synthelabo in Slg. 2000, I-7013, UR 2000, 474 davon aus, dass Ausgaben für Bewirtung unter den allgemeinen Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zum Vorsteuerabzug berechtigen, obwohl sie keinen streng geschäftlichen Charakter i.S. des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ha-ben, und dass der Vorsteuerabzug für sie nur dann gemäß Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG eingeschränkt werden kann, wenn das Recht des betroffenen Mit-gliedstaates bei In-Kraft-Treten der Richtlinie 77/388/EWG den Vorsteuerabzug ausschloss. aa) Das UStG 1973 schloss bei In-Kraft-Treten der Richtlinie 77/388/EWG den Vorsteuerab-

zug für die streitigen Bewirtungsaufwendungen nicht aus. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973 konnte der Unternehmer “die ihm von anderen Unter-nehmern gesondert in Rechnung gestellte Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistun-gen, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind” als Vorsteuer abziehen. Hierun-ter fielen auch betrieblich veranlasste Bewirtungsaufwendungen. Demgegenüber unterlag der Eigenverbrauch nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 der Umsatzsteuer. Diese Regelung wirkte zwar wie eine Einschränkung des Vorsteuer-abzugs (vgl. BFH-Urteil vom 12.8.2004 V R 49/02, BFH/NV 2004, 1612, DStR 2004, 1828), betraf jedoch Bewirtungsaufwendungen der streitigen Art nicht. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG 1973 lag Eigenverbrauch vor, “soweit ein Unternehmer im Inland Aufwendungen tätigt, die nach § 4 Abs. 5 Ziff. 1 - 7 des Einkommensteuergesetzes bei der Gewinnermittlung ausscheiden.”. In § 4 Abs. 5 EStG 1977 hieß es:

Page 251: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 251

‚Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern: … 2. Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuer-

pflichtigen sind, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unange-messen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind. ...’.

Die Bewirtungsaufwendungen, um die es hier geht, betrafen nicht die Arbeitnehmer der Klägerin und waren nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzuse-hen; ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung sind nachgewiesen. Sie unterlagen somit nicht der Besteuerung als Eigenverbrauch. Eine Beschränkung des Vorsteuerab-zugs aus den Bewirtungskosten durch deren Besteuerung als Eigenverbrauch war also nicht vorgesehen.

bb) Durch Art. 1 Nr. 5 des Steuerreformgesetzes 1990 (BGBl I 1988, 1093, BStBl I 1988, 224) wurde der Betriebsausgabenabzug für Bewirtungsaufwendungen mit Wirkung ab dem nach dem 31.12.1989 endenden Wirtschaftsjahr (§ 52 Abs. 5 EStG 1990) weiter eingeschränkt. Die Vorschrift lautete nunmehr:

‚Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern: … 2. Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass, soweit

sie 80 vom Hundert der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Ver-kehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Ver-anlassung nachgewiesen sind. ...’.

Diese Einschränkung des Betriebsausgabenabzugs wurde jedoch umsatzsteuerrechtlich zunächst nicht nachvollzogen. Vielmehr wurde § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c UStG durch Art. 7 Nr. 1 des Wohnungsbauförderungsgesetzes vom 22.12.1989 (BGBl I 1989, 2408, BStBl I 1989, 505) neu gefasst. § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 UStG lautete nunmehr: ‚Eigenverbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmer … c) im Rahmen seines Unternehmens Aufwendungen tätigt, die unter das Abzugsverbot

des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 7 oder Abs. 7 oder § 12 Nr. 1 des Ein-kommensteuergesetzes fallen. Dies gilt nicht für Geldgeschenke und für Bewirtungs-aufwendungen, soweit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes den Abzug von 20 v.H. der angemessenen und nachgewiesenen Aufwendungen aus-schließt.’

Demnach berechtigten auch nach 1990 die - wie im Streitfall - angemessenen und nach-gewiesenen Bewirtungsaufwendungen in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug; sie un-terlagen auch nicht in Höhe von 20 v.H. der Besteuerung als Eigenverbrauch, so dass der Vorsteuerabzug in voller Höhe erhalten blieb.

cc) Erst durch § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG 1999 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG wurde der Vorsteuerabzug auf 80 v.H. der angemessenen und nachgewiesenen Bewirtungsauf-wendungen beschränkt. Diese Beschränkung gilt erst seit dem 1.4.1999 (vgl. Art. 7 Nr. 11 und Art. 18 Abs. 2 des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) und ist deshalb durch Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG nicht gedeckt.

4. Der Senat teilt nicht die Auffassung des FA und des BMF, dass § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c UStG

1973 bereits deshalb den Anforderungen des Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG an eine vor In-Kraft-Treten der Richtlinie bestehende nationale Rechtsvorschrift über den Ausschluss des Vorsteuerabzugs genügt, weil “der Verweis auf das ertragsteuerliche Abzugs-

Page 252: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 252 Heft 1/2005

verbot gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG” geblieben sei. Nach Auffassung des Senats kommt es nämlich nicht auf den Wortlaut dieses Verweises, sondern auf seine Wirkung an. Diese hat sich - wie dargelegt - zu Lasten der Steuerpflichtigen verändert. Außerdem ist auch der Wortlaut dieses Verweises nicht unverändert geblieben; vielmehr war der Verweis zwischenzeitlich durch § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. c Satz 2 UStG i.d.F. des Wohnungsbauförderungsgesetzes vom 22.12.1989 eingeschränkt worden (vgl. oben unter 3. bb).

5. Eine Vorlage an den EuGH gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Ge-

meinschaft (EG) ist nicht erforderlich. Nach dieser Vorschrift entscheidet der EuGH im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft, zu denen auch die EG-Richtlinien gehören. Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaates gestellt und hält dieses Gericht eine Ent-scheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem EuGH zur Entscheidung vorlegen. Ein Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, ist zur Anrufung des EuGH verpflichtet (Art. 234 Abs. 3 EG). Zu diesen Gerichten zählt auch der BFH. Die in Art. 234 Abs. 3 EG genannten innerstaatlichen Gerichte beurteilen aber in eigener Zustän-digkeit, ob für den Erlass ihrer eigenen Entscheidung eine Entscheidung des EuGH über eine ge-meinschaftsrechtliche Frage erforderlich ist. Insbesondere dann, wenn die gestellte Frage bereits Gegenstand einer Vorabentscheidung gewesen war und der EuGH sie in einer gesicherten Recht-sprechung gelöst hat, kann eine Vorlage entfallen. Dies gilt auch dann, wenn die strittigen Fragen nicht vollkommen identisch sind (grundlegend EuGH-Urteil vom 6.10.1982 Rs. 283/81, SR C.I.L.F.I.T., Slg. 1982, 3415, NJW 1983, 1257). Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, war die Vorschrift des Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG bereits Gegenstand mehrerer Urteile des EuGH; es besteht eine gesicherte Recht-sprechung des EuGH, dass betrieblich veranlasste Bewirtungsaufwendungen unter die in Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie 77/388/EWG genannten Aufwendungen fallen und der Vorsteuerabzug für sie nach Inkrafttreten der Richtlinie nicht mehr ohne gemeinschaftsrechtliche Ermächtigung durch den nationalen Gesetzgeber eingeschränkt werden darf. Damit ist eine erneute Vorlage zu diesen Fra-gen entbehrlich.

6. Das FG hat demnach zu Recht entschieden, dass sich die Klägerin auf das ihr günstigere Gemein-schaftsrecht berufen kann (zum Berufungsrecht vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.2.2004 V R 39/02, BFHE 205, 329, BStBl II 2004, 672, BFH/NV 2004, 1049 m.w.N.).“

Vorsteuerabzug und Berichtigung des Vorsteuerabzugs BKPV 84/2005 BMF 24.4.2003 - IV B 7 - S 7300 - 15/03/IV B 7 - S 7316 - 1/03 (BStBl 2003 I S. 313) „Zu der Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes - EuGH - (Urteile vom 8.6.2000, Rs C-396/98, BStBl 2003 II S. 446 und C-400/98, BStBl 2003 II S.) und des BFH (Urteile vom 22.2.2001, V R 77/96, BStBl 2003 II S. 426,vom 8.3.2001, V R 24/98, BStBl 2003 II S.430, vom 22.3.2001, V R 46/00, BStBl 2003 II S. 433, vom 17.5.2001, V R 38/00, BStBl 2003 II S. 434 und vom 25.4.2002, V R 58/00, BStBl 2003 II S. 435 ) zu dem Vorsteuerabzug sowie der Änderung des § 15 a UStG durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 20.12.2001 (BGBl 2001 I S. 3794, BStBl 2002 I S. 4) gilt unter Bezugnahme auf die Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgen-des: 1. Vorsteuerabzug 1.1 Leistungsbezug und Verwendung Die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 UStG bezeichneten Vorsteuern können nicht abgezogen werden, wenn der Unternehmer bestimmte steuerfreie oder bestimmte nicht steuerbare Umsätze ausführt. Zu diesen Umsätzen gehören auch die entsprechenden unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 Abs. 1 b und Abs. 9 a UStG. Der Ausschluß vom Vorsteuerabzug erstreckt sich nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG

Page 253: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 253

auf die Steuer für die Lieferungen, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegen-ständen, die der Unternehmer zur Ausführung der dort bezeichneten Umsätze verwendet sowie auf die Steuer für sonstige Leistungen, die er für diese Umsätze in Anspruch nimmt. Der Begriff der Verwen-dung einer Lieferung oder sonstigen Leistung umfaßt auch die Verwendungsabsicht. Das Recht auf Vorsteuerabzug des Unternehmers entsteht dem Grunde und der Höhe nach bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezuges. Im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 UStG kommt es entscheidend darauf an, ob der Unternehmer im Zeitpunkt des Leistungsbezuges die Absicht hat, die Eingangsumsätze für solche Aus-gangsumsätze zu verwenden, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (BFH-Urteil vom 22.3.2001, a.a.O.). Bei jedem Leistungsbezug muß der Unternehmer über die beabsichtigte Verwendung der Lei-stung sofort entscheiden. Das gilt auch für jeden Leistungsbezug im Zeitraum der Herstellung eines Wirtschaftsgutes. Maßgeblich ist regelmäßig die erste Leistung oder die erste unentgeltliche Wertab-gabe, in die die bezogene Leistung Eingang finden soll. Bei der Zurechnung sind grundsätzlich nur Um-sätze zu berücksichtigen, die nach Inanspruchnahme der vorsteuerbelasteten Leistungen ausgeführt werden sollen. Es reicht aus, daß der Unternehmer die Absicht hat, auf die Steuerfreiheit der Verwen-dungsumsätze zu verzichten (BFH-Urteil vom 8.3.2001, a.a.O.). Die Verwendungsabsicht muß objektiv belegt und in gutem Glauben erklärt werden. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bleibt auch dann be-stehen, wenn es später nicht zu den beabsichtigten Verwendungsumsätzen kommt (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2001, a.a.O.). Bei Anzahlungen für Leistungen, die später nicht bezogen werden, ist die Ver-wendungsabsicht im Zeitpunkt der Anzahlung maßgeblich (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2001, a.a.O.). Än-derungen in der Verwendungsabsicht wirken sich nur auf nachfolgende Leistungsbezüge oder Anzah-lungen und den sich daraus ergebenden Vorsteuerabzug aus. Eine Änderung der Verwendungsabsicht ist regelmäßig nur dann anzunehmen, wenn die geänderte Absicht tatsächlich umgesetzt wird. In die-sem Fall kann davon ausgegangen werden, daß die ursprüngliche Absicht vollständig aufgegeben oder durch die neue überlagert wurde. Zum Vorsteuerabzug nach der Änderung der Verwendungsabsicht vgl. BFH-Urteil vom 8.3.2001, a.a.O. Vor der erstmaligen Verwendung ist eine Vorsteuerberichtigung nach § 15 a UStG nicht vorzunehmen (siehe die Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ur-sprünglichen Vorsteuerabzuges zum Vorsteuervolumen insgesamt unter 2.1). 1.2 Belegung der Verwendungsabsicht Die objektiven Anhaltspunkte (z.B. Mietverträge, Zeitungsinserate, Beauftragung eines Maklers, Schriftwechsel mit Interessenten, Vertriebskonzepte, Kalkulationsunterlagen), die die Verwendungsab-sicht belegen, sind regelmäßig einzelfallbezogen zu betrachten. Dabei ist das Gesamtbild der Verhält-nisse entscheidend; Behauptungen reichen nicht aus. Es sind vielmehr konkrete Nachweise erforder-lich, die einem strengen Prüfungsmaßstab unterliegen. Dabei gehen Unklarheiten zu Lasten des Unter-nehmers. Sind Leistungen bezogen worden, deren tatsächliche Verwendung ungewiss ist, weil die Verwen-dungsabsicht nicht durch objektive Anhaltspunkte belegt wird, scheidet der Vorsteuerabzug aus. Für den Vorsteuerabzug sind ausschließlich die Erkenntnisse im Zeitpunkt des Leistungsbezuges zu Grunde zu legen. Spätere Erkenntnisse über den Leistungsbezug wirken sich auf die ursprüngliche Entscheidung nicht aus. Ein zunächst vorgenommener Vorsteuerabzug ist deshalb nach § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 oder § 173 Abs. 1 AO durch Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung rückgängig zu machen, wenn später festgestellt wird, daß objektive Anhaltspunkte für die erklärte Verwendungsab-sicht im Zeitpunkt des Leistungsbezuges nicht vorlagen. Dies gilt auch, wenn die Verwendungsabsicht nicht in gutem Glauben erklärt wurde oder ein Fall von Betrug oder Mißbrauch vorliegt. 2. Berichtigung des Vorsteuerabzuges nach § 15 a UStG Das Recht auf Vorsteuerabzug des Unternehmers entsteht bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezuges (siehe 1.1). Als Folge dieser EG-richtlinienkonformen Auslegung des § 15 UStG ist § 15 a UStG durch das Steueränderungsgesetz 2001 mit Wirkung ab dem 1.1.2002 angepaßt worden. Für die Anwendung des § 15 a UStG ist die Nutzung ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung mit den für den ur-sprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnissen zu vergleichen. Erstmalige Verwendung im Sinne des § 15 a UStG ist die erstmalige tatsächliche Nutzung des Wirtschaftsgutes. Zu diesem Zeit-punkt beginnt auch der Berichtigungszeitraum des § 15 a UStG. Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeben-den Verhältnisse, ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen.

Page 254: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 254 Heft 1/2005

Bei der Berichtigung des Vorsteuerabzuges ist von den gesamten Vorsteuerbeträgen auszugehen, die auf die Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsgutes entfallen (Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ursprünglichen Vorsteuerabzuges zum Vorsteuervolumen insgesamt). Führt die Berichtigung nach § 15 a UStG zu einem erstmaligen Vorsteuerabzug, weil der Vorsteuerab-zug beim Leistungsbezug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausgeschlossen war, dürfen nur die Vorsteuer-beträge angesetzt werden, für die die allgemeinen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 UStG vorliegen. Vorsteuerbeträge, für die der Abzug zu versagen ist, weil keine ordnungsgemäße Rechnung oder kein zollamtlicher Einfuhrbeleg vorliegt, sind von der Berichtigung ausgenommen. 2.1 Änderung der Verhältnisse Eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 15 a UStG liegt vor, wenn sich im Berichtigungszeit-raum nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug ergäbe, als er ur-sprünglich zulässig war. Hierbei sind die Verhältnisse in den einzelnen Kalenderjahren für sich zu be-urteilen. Beispiel 1: Ein Unternehmer errichtet ein Bürogebäude. Die im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes insgesamt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer beträgt in den Jahren 01 und 02 insgesamt 400.000 EUR. Die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG belaufen sich vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (Investitionsphase) auf 400.000 EUR. Das Gebäude wird, wie bereits wäh-rend der zweijährigen Investitionsphase beabsichtigt, ab dem 1.1.03 (Jahr der erstmaligen Verwendung zu 100 % für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze verwendet, in den Jahren 04 und 05 zu 60 % und ab Jahr 06 zu 40 %. Insgesamt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer: 400.000 EUR Ursprünglicher Vorsteuerabzug (Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ursprünglichen Vor-steuerabzugs zum Vorsteuervolumen insgesamt): 400.000 EUR (100 % von 400.000 EUR) Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung: 1.1.03 Dauer des Berichtigungszeitraums: 1.1.03 bis 31.12.12 Tatsächliche zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung im Berichtigungszeitraum: Jahr 03 = 100 %, Jahre 04 und 05 = 60 % und ab Jahr 06 = 40 % Änderung der Verhältnisse: Jahr 03: 0 % (ohne Änderung) Jahre 04 und 05: 40 % (60 % statt 100 %) ab Jahr 06: 60 % (40 % statt 100 %) Vorsteuerberichtigung pro Jahr: (400.000 EUR/10 Jahre = 40.000 EUR pro Jahr) Jahr 03: 0 EUR (40.000 EUR x 0 %) Jahre 04 und 05: 16.000 EUR (40.000 EUR x 40 %) zurückzuzahlende Vorsteuer ab Jahr 06: 24.000 EUR (40.000 EUR x 60 %) zurückzuzahlende Vorsteuer. Diese Berichtigungen sind in den Voranmeldungszeiträumen durchzuführen. Als Verwendung sind auch die Veräußerung und die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1 b UStG anzusehen. Voraussetzung ist jedoch, daß das Wirtschaftsgut im Zeitpunkt dieser Umsätze ob-jektiv noch verwendungsfähig ist. Veräußerung und unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1 b UStG sind hierbei so anzusehen, als ob das Wirtschaftsgut bis zum Ablauf des maßgeblichen Berichtigungs-zeitraums entsprechend der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung dieser Umsätze weiterhin innerhalb des Unternehmens verwendet worden wäre.

Page 255: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 255

Beispiel 2: Ein Unternehmer errichtet ein Bürogebäude. Die im Zusammenhang mit der Herstellung des Büroge-bäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer beträgt in den Jahren 01 100.000 EUR und 02 300.000 EUR (insgesamt 400.000 EUR). Die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG belaufen sich vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung (Investitionsphase) auf 100.000 EUR (Jahr 01 = 100.000 EUR, Jahr 02 = 0 EUR), da der Unternehmer im Jahr 01 eine zu 100 % und im Jahr 02 eine zu 0 % zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung des Gebäudes beabsichtigte. Das Gebäude wird ab dem 1.1.03 (Jahr der erstmaligen Verwendung) zu 100 %, im Jahr 04 zu 50 % und im Jahr 05 zu 0 % für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze verwendet. Am 1.1.06 wird das Bürogebäude steuerfrei nach § 4 Nr. 9 a UStG an eine Bank veräußert (kein Fall des § 1 Abs. 1 a UStG). Insgesamt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer: 400.000 EUR Ursprünglicher Vorsteuerabzug (Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ursprünglichen Vorsteuerabzuges zum Vorsteuervolumen insgesamt): 100.000 EUR (25 % von 400.000 EUR) Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung: 01.01.03 Dauer des Berichtigungszeitraums: 01.01.03 bis 31.12.12 Tatsächliche zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung im Berichtigungszeitraum: Jahr 03 = 100 %, Jahr 04 = 50 %, Jahr 05 = 0 % und ab Jahr 06 = 0 % Änderung der Verhältnisse: Jahr 03: 75 % (100 % statt 25 %) Jahr 04: 25 % (50 % statt 25 %) Jahr 05: 25 % (0 % statt 25 %) ab Jahr 06: 25 % (0 % statt 25 %) Vorsteuerberichtigung pro Jahr: (400.000 EUR/10 Jahre = 40.000 EUR pro Jahr) Jahr 03: 30.000 EUR (40.000 EUR x 75 %) nachträgliche Vorsteuer Jahr 04: 10.000 EUR (40.000 EUR x 25 %) nachträgliche Vorsteuer Jahr 05: 10.000 EUR (40.000 EUR x 25 %) zurückzuzahlende Vorsteuer im Jahr 06: 70.000 EUR (40.000 EUR x 25 % x 7 Jahre) zurückzuzahlende Vorsteuer Diese Berichtigungen sind in den Voranmeldungszeiträumen durchzuführen. Steht ein Gebäude vor der erstmaligen Verwendung leer, beginnt der Berichtigungszeitraum nach § 15 a UStG erst mit der erstmaligen tatsächlichen Verwendung. Beispiel 3: Ein Unternehmer errichtet ein Bürogebäude. Die im Zusammenhang mit der Herstellung des Gebäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer beträgt in den Jahren 01 100.000 EUR und 02 300.000 EUR (ins-gesamt 400.000 EUR). Die abziehbaren Vorsteuerbeträge nach § 15 UStG belaufen sich vor dem Zeit-punkt der erstmaligen Verwendung (Investitionsphase) auf 100.000 EUR, da der Unternehmer im Jahr 01 eine zu 100 % und im Jahr 02 eine zu 0 % zum Vorsteuerabzug berechtigte Verwendung des Ge-bäudes beabsichtigte. Das Gebäude steht nach der Investitionsphase zwei Jahre leer (Jahr 03 und Jahr 04). Ab dem Jahr 05 wird das Gebäude zu 100 % für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze verwendet. Insgesamt in Rechnung gestellte Umsatzsteuer: 400.000 EUR Ursprünglicher Vorsteuerabzug (Ermittlung eines prozentualen Verhältnisses des ursprünglichen Vor-steuerabzuges zum Vorsteuervolumen insgesamt): 100.000 EUR (25 % von 400.000 EUR) Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung: 1.1.05 Dauer des Berichtigungszeitraums: 1.1.05 bis 31.12.14 Tatsächliche zum Vorsteuerabzug berechtigte Verwendung im Berichtigungszeitraum: ab Jahr 05 = 100 % Änderung der Verhältnisse: ab Jahr 05: 75 % (100 % statt 25 %)

Page 256: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 256 Heft 1/2005

Vorsteuerberichtigung pro Jahr: (400.000 EUR/10 Jahre = 40.000 EUR pro Jahr) ab Jahr 05: 30.000 EUR (40.000 EUR x 75 %) nachträgliche Vorsteuer Diese Berichtigungen sind in den Voranmeldungszeiträumen durchzuführen. Auch für Leistungsbezüge während des Leerstandes vor der erstmaligen Verwendung richtet sich der Vorsteuerabzug nach der im Zeitpunkt des Leistungsbezuges gegebenen Verwendungsabsicht (siehe 1.2). Steht ein Gebäude im Anschluss an seine erstmalige Verwendung für eine bestimmte Zeit ganz oder teilweise leer, ist bis zur tatsächlichen erneuten Verwendung des Wirtschaftsgutes anhand der Verwen-dungsabsicht (siehe 1) zu entscheiden, ob sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeben-den Verhältnisse ändern werden. Keine Änderung der Verhältnisse liegt vor, wenn im Anschluss an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung auch künftig zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ausgeführt werden sollen (vgl. BFH-Urteil vom 25.4.2002, a.a.O.). Dagegen kann die Ände-rung der Verwendungsabsicht oder die spätere erneute tatsächliche Verwendung zur Vorsteuerberich-tigung führen. 2.2 Anwendung Dieses Schreiben ist auf Besteuerungszeiträume ab dem Kalenderjahr 2002 anzuwenden. Wird für einen Zeitraum vor dem 1.1.2002 der Vorsteuerabzug unter Berufung auf die unter 1 wieder-gegebenen Grundsätze geltend gemacht, ist § 15 a UStG in der Fassung des Steueränderungsgeset-zes 2001 für Zeiträume vor dem 1.1.2002 nach Treu und Glauben sinngemäß anzuwenden. Die Regelungen in den UStR 2000 sind nicht mehr anzuwenden, soweit sie den in diesem Schreiben dargelegten Grundsätzen entgegenstehen.“ Kommune als Vermieter von Ladenlokalen, Vorsteuerabzug BKPV 85/2005 vgl. BKPV 29/98 Urteil des Finanzgerichts München vom 20.3.2003 - 14 K 4111/00 (EFG 2003 Nr. 14, S. 1054) Leitsätze: „1. Eine Gemeinde unterhält in einem gemischtgenutzten Gebäude durch die Verpachtung einer Gast-

stätte einen Betrieb gewerblicher Art, nicht aber durch drei an private Unternehmer vermietete Lä-den sowie Wohnungen, da es sich insoweit um Vermögensverwaltung handelt. Die Gemeinde ist auch unter Berücksichtigung der 6. EG-Richtlinie hinsichtlich der Vermietung der drei Läden nicht eigenständig als Unternehmer anzusehen.

2. Daher steht ihr hinsichtlich der grundlegenden Sanierung des Gebäudes, bei der die Bauleistun-

gen für die Läden und die Wohnungen einerseits und die Gaststätte andererseits getrennt bezo-gen werden, der Vorsteuerabzug nur bezüglich der Gaststätte zu.

3. Größere Wettbewerbsverzerrungen als Kriterium dafür, ob die unternehmerische Tätigkeit einer ju-

ristischen Person des öffentlichen Rechts als hoheitlich anzusehen ist, sollen den privaten Unter-nehmer vor der öffentlichen Hand schützen, nicht aber die öffentliche Hand vor dem privaten Wettbewerb.“

Sachverhalt: „I. Streitig ist, ob die Klägerin, eine Stadt, die auf Vermietung von Läden in einem grundlegend sa-

nierten und umgebauten Gebäude entfallenden Vorsteuern abziehen kann.

Page 257: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 257

Die Klägerin sanierte in den Jahren 1989 bis 1997 ein in ihrem Eigentum stehendes, am „Stadt-platz“ gelegenes Wohn- und Geschäftsgebäude von Grund auf. Der gesamte Aufwand betrug rd. 5 Mio. DM. Das Gebäude war vorher in einem baufälligen Zustand und nicht mehr bewohnbar oder sonst nutzbar. Nach Abschluß der Sanierung wurde das Gebäude wie folgt genutzt: eine verpachtete Gaststätte drei vermietete Läden drei vermietete Wohnungen. Die Sanierung war in zwei Bauabschnitten erfolgt, wobei im Bauabschnitt I die Wohnungen und Läden erstellt wurden (Flächenanteil 452 qm, davon 50,2% Läden; Fertigstellung am 1.11.1994, vgl. Bl. 63 Rbh) und im Bauabschnitt II die Gaststätte (435 qm - vgl. Schreiben der Klägerin vom 8.10.1996, Bl. 52 Rbh). Bei den Mietern der Läden handelt es sich um umsatzsteuerpflichtige Unternehmer (Blumenge-schäft, Reisebüro, Kindermodengeschäft). Die Läden wurden ab Mitte 1995 mit Umsatzsteuer-ausweis und ohne Inventar vermietet (Mietverträge siehe „Dauerunterlagen“). Die Gaststätte wurde mit dem zum Betrieb notwendigen Inventar verpachtet (Pachtvertrag siehe „Dauerunterla-gen“). Mit Änderungsbescheiden vom 22.12.1995, 12.12.1996, 8.1.1997 und 5.6.1998 setzte der Be-klagte (Finanzamt) die Umsatzsteuer für 1990 auf -16.445 DM, für 1991 auf -7.814 DM, für 1992 auf 6.646 DM, für 1993 auf -41.948 DM, für 1994 auf 197.701 DM und für 1996 auf -358.102 DM fest und versagte dabei insbesondere den Vorsteuerabzug auf die Kosten für die drei vermieteten Läden (sowie unstreitig für die Wohnungen) und setzte davon (bedeutsam nur für 1994 und 1996) die Umsatzsteuer auf die Mieten ab. Die dagegen eingelegten Einsprüche wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8.8.2000 als unbegründet zurück. Dagegen ist die am 8.9.2000 eingegangene Klage gerichtet. Mit Änderungsbescheid vom 22.12.2000 hat das FA die Umsatzsteuer für 1991 auf -22.815 DM festgesetzt. Die Klägerin hat diesen Bescheid am 2.1.2001 gemäß § 68 FGO (a.F.) in das gericht-liche Verfahren übergeleitet. Mit Änderungsbescheid für 1990 vom 22.1.2001 hat das FA die Um-satzsteuer für 1990 auf -41.943 DM festgesetzt. Mit diesen Änderungsbescheiden hat das FA weitere Vorsteuern aus der Gaststättenverpachtung berücksichtigt. Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor, da die Verpachtung der darin befindlichen Gaststätte unstreitig ein Betrieb gewerblicher Art sei, könne sie das gesamte Gebäude ihrem Unternehmen zuordnen, da dieses ein einheitliches Wirtschaftsgut darstelle, und damit den Vorsteuerabzug für das ganze Gebäude mit Ausnahme des auf die steuerfreie Vermietung der drei Wohnungen ent-fallenden Anteil beanspruchen. Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Kläger vom 6.9.2000 und 17.2.2003 verwiesen. Die Klägerin beantragt, die Umsatzsteuer für 1990 auf - 42.552 DM, für 1991 auf -30.588 DM, für 1992 auf 5.155 DM, für 1993 auf -117.014 DM, für 1994 auf -283.448 DM und für 1996 auf -361.812 DM festzusetzen. Das FA beantragt, die Klage abzuweisen. Beide Beteiligten haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Klage ist unbegründet.

Page 258: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 258 Heft 1/2005

Die Klägerin kann die auf die drei vermieteten Läden entfallende Vorsteuer nicht abziehen. Der Abzug der auf die drei vermieteten Wohnungen entfallenden Vorsteuerbeträge ist ohnehin unstrei-tig gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 9, § 4 Nr. 12a UStG ausgeschlossen. Nach § 15 Abs. 1 UStG (in der in den Streitjahren geltenden Fassung) kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen als Vorsteuer abziehen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. 1. Die entsprechenden Leistungen zur Herstellung der drei Läden wurden nicht für das Unter-

nehmen der Klägerin ausgeführt, das sie mit der Gaststättenverpachtung unterhält. Entgegen ihrer Auffassung konnte die Klägerin die Herstellungskosten nicht schon aus diesem Grund insgesamt ihrem Unternehmen i.S. des § 2 Abs. 3 UStG zuordnen.

a) Die Klägerin ist zwar mit der Verpachtung der Gastwirtschaft und auch mit der Vermie-

tung der drei Läden sowie der drei Wohnungen Unternehmer im allgemeinen Sinn (§ 2 Abs. 1 UStG). Der Unternehmer kann nach ständiger Rechtsprechung einen gemischt genutzten (ein-heitlichen) Gegenstand in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnen und damit den vollen Abzug der auf dem Erwerb lastenden Vorsteuer erreichen (vgl. EuGH-Urteile vom 4.10.1995 Rs. C-291/92 - Armbrecht, EuGHE 1995, I-2775, BStBl II 1996, 392 und vom 8.3.2001 Rs. C-415/98 - Bakcsi, UR 2001, 149 sowie BFH-Beschluß vom 24.9.1998 V R 61/96-Bakcsi, BFHE 187, 70, BFH/NV 1999, 571, Rn. 25 f, 29; Abschn. 192 Abs. 18 Nr. 2 a UStR 2000).

b) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG sind indes die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (hier: die Klägerin als Gebietskörperschaft) - außer im Falle des hier nicht maß-geblichen Satzes 2 des § 2 Abs. 3 UStG - nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 KStG) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe Unterneh-mer (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UStG) und unterhalten nur insoweit im Rahmen des § 2 Abs. 1 UStG ein Unternehmen. Bezogen auf den Streitfall unterhält die Klägerin mit der Ver-pachtung eines Teils des streitgegenständlichen Gebäudes samt Inventar als Gastwirt-schaft unstreitig einen Betrieb gewerblicher Art. Jedoch unterhält die Klägerin mit der Vermietung der drei Läden und der drei Woh-nungen, die sich außerdem noch in dem Gebäude befinden, keinen Betrieb gewerbli-cher Art i.S. des § 4 KStG, da es sich hierbei um Vermögensverwaltung handelt, und ist demnach insoweit kein Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 3 UStG (Klenk in Sölch/Ringleb, UStG, Kommentar, § 2 Rn. 232). Insoweit wird gemäß § 105 Abs. 5 FGO ergänzend auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Die Vermietung der drei Läden und der drei Wohnungen gehört auch - mangels enger wechselseitiger technischer wirtschaftli-cher Verflechtung - nicht zu dem Betrieb gewerblicher Art der Gaststättenverpachtung (vgl. BFH-Beschluß vom 16.1.1967 GrS 4/66, BStBl III 1967, 240 und BFH-Urteil vom 4.9.2002 I R 42/01 JURIS Nr: STRE200251253). Die Vermietung stellt weder eine Ne-bentätigkeit zur Gaststättenverpachtung dar, noch entspricht eine Einheit zwischen den beiden Betätigungen Vermietung einerseits und Gaststättenverpachtung anderseits der Verkehrsauffassung (vgl. Abschn. 5 Abs. 2 KStR). Umsatzsteuerrechtlich ist ohnehin je-der Betrieb eigenständig zu beurteilen.

c) Wird ein (einheitlicher) Gegenstand sowohl für den unternehmerischen Bereich, wie er sich nach Anwendung des § 2 Abs. 3 UStG ergibt (das ist hier der Betrieb der Gaststät-tenverpachtung) als auch für den nichtunternehmerischen Bereich erworben, so sind die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge in entsprechender Anwendung der oben unter a) genannten Grundsätze in vollem Umfang im Rahmen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG ab-ziehbar (BFH-Urteil vom 18.8.1988 V R 18/83, BStBl II 1988, 971; Abschn. 212 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 UStR 2000). Jedoch geht es vorliegend - anders als die Klägerin meint - nicht um die Zuordnung eines (erworbenen) einheitlichen Gegenstandes, des streitbefangenen Gebäudes, zum Unter-nehmen der Klägerin. Denn dieses Gebäude stand bereits im Eigentum der Klägerin.

Page 259: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 259

Vielmehr geht es lediglich um die Zuordnung der zur Sanierung desselben bezogenen Bauleistungen. Diese Bauleistungen sind aber für die Sanierung der Läden und Wohnungen einerseits und der Gaststätte andererseits jeweils getrennt bezogen worden. Dies ergibt sich dar-aus, daß beide Sanierungen jeweils in gesonderten Bauabschnitten (sog. Bauabschnitte I und II) ausgeführt wurden, die auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten fertiggestellt wa-ren (die Läden und Wohnungen am 1.11.1994 und die Gaststätte im Oktober 1996). Der getrennte Bezug wird dadurch bestätigt, daß die Kosten aufgetrennten Haushaltsstellen verbucht (vgl. Bl. 63 Rbh) und die angefallenen Vorsteuern ohne weiteres trennbar waren (vgl. z.B. S. 5 des Schriftsatzes der Klägerin vom 6.9.2000). Die Klägerin hat denn auch - trotz entsprechender gerichtlicher Anfrage in der Aufklärungsanordnung vom 20.1.2003 - nicht geltend gemacht, daß die Bauleistung für alle Bauabschnitte im Rahmen einer ein-heitlichen Werklieferung bezogen worden seien.

2. Die Klägerin ist auch nicht eigenständig hinsichtlich der Vermietung der drei Läden als Unter-nehmer anzusehen. Die Vermietung der drei Läden ist insoweit mangels wirtschaftlichen oder funktionellen Zusammenhangs von der Wohnungsvermietung getrennt zu behandeln. Der der Wohnungsvermietung zuzuordnende Vorsteuerabzug ist - wie ausgeführt - jedenfalls nach § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 9, § 4 Nr. 12 Buchstabe a UStG ausgeschlossen.

a) Zwar gelten juristische Personen des öffentlichen Rechts, die eine unternehmerische Tä-

tigkeit ausüben, gemäß Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der 6. EG-USt-Richtlinie nicht als Un-ternehmer, soweit sie Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (hoheitliche Tätigkeiten). Dies ist indessen vor-liegend nicht der Fall, da die Klägerin die Vermietung unter den gleichen rechtlichen Be-dingungen (per Mietvertrag) ausübt wie private Wirtschaftsteilnehmer (EuGH-Urteil vom 14.12.2000 Rs. C-446/98 - Camera Municipal do Porto, EuGHE 2000, I-11435, Rn. 17; BFH-Urteil vom 9.10.2002 V R 64/99, BFH/NV 2003, 128 m.w.N.). Jedoch erlaubt es Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der 6. EG-USt-Richtlinie unter die Befrei-ungsvorschrift des Art. 13 der 6. EG-USt-Richtlinie fallende Tätigkeiten als solche zu be-handeln, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen (hoheitliche Tätigkeiten), sofern eine solche Behandlung nicht i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-USt-Richtlinie zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. EuGH-Urteil vom 6.2.1997 Rs. C-247/95 - Marktgemeinde Welden, UVR 1997, 130; BFH-Urteil vom 11.6.1997 XI R 33/94, BStBl II 1999, 418). Die Vermietung der drei Läden fällt aber unter Art. 13 der 6. EG-USt-Richtlinie, nämlich als Vermietung von Grundstücken unter Art. 13 Teil B Buchst. b der 6. EG-USt-Richtlinie. Die Bundesrepublik Deutschland behandelt auch die streitbefangene Vermietung der drei Läden als hoheitliche Tätigkeiten, da sie nach nationalem Recht als Vermögensverwal-tung keinen Betrieb gewerblicher Art darstellen (siehe oben).

b) Damit scheint es darauf anzukommen, ob eine Behandlung der Ladenvermietung durch die Klägerin als hoheitliche und damit nichtunternehmerische Tätigkeit (ohne Recht zum Vorsteuerabzug) i.S. des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-USt-Richtlinie zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. BFH-Beschluß vom 21.3.1995 XI R 33/94, BFHE 177, 534 unter Nr. 3. a). Entscheidend soll dafür sein, ob im Tätigkeitsbereich der Klägerin private Wirtschaftsteil-nehmer in gleicherweise wie die Klägerin Läden vermieten (aber umsatzsteuerpflichtig und mit dem Recht zum Vorsteuerabzug) und ob eine unterschiedliche (umsatz-)steuerli-che Belastung intensive und nachhaltige negative Auswirkungen in dieser Branche zur Folge haben könnte (vgl. BFH-Urteil vom 11.6.1997 XI R 65/95, BStBl II 1999, 420). aa) Stellt man isoliert nur darauf ab, ob die dann fehlende Belastung der Leistungen der

öffentlichen Hand mit Ausgangsumsatzsteuer zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde, so sind solche Wettbewerbsverzerrungen bezüglich der vorliegenden Laden-verpachtungen an Unternehmer für deren Unternehmen zu verneinen, da die Steu-erbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG einen konkurrierenden privaten Laden-

Page 260: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 260 Heft 1/2005

verpächter ebenso von der Ausgangsumsatzsteuer entlastet. Verzichtet der konkur-rierende private Ladenverpächter unter den Voraussetzungen des § 9 UStG auf die Steuerbefreiung, dann hat er ebenfalls keinen Wettbewerbsnachteil gegenüber der öffentlichen Hand, da der Ladenpächter die Umsatzsteuer zusätzlich übernehmen wird, weil er sie als Vorsteuer wieder abziehen kann.

bb) Offenkundig geht es vorliegend auch nicht um die wettbewerbsverzerrende Wirkung

der Belastung mit Ausgangsumsatzsteuer sondern um die Wettbewerbsbeeinflus-sung durch den Vorteil des Vorsteuerabzugs auf die Bauleistungen, der der Klägerin versagt bliebe, wenn sie als Nichtunternehmer zu behandeln wäre. Dieser Vorteil dürfte im Streitfall selbst ohne Berücksichtigung von Liquiditäts- und Zinsvorteilen die voraussichtlich über die Dauer von 10 Jahren (vgl. § 15a UStG) anfallende Aus-gangsumsatzsteuer erheblich übersteigen. Davon ausgehend müßte im Streitfall darauf abgestellt werden, ob größere Wettbe-werbs Verzerrungen zu Lasten der Klägerin einträten, weil diese - wie sie denn auch mit Schriftsatz vom 17.2.2003 vorbringt - mangels Vorsteuerabzug als Nichtunter-nehmerin die auf den Bauleistungen lastende Vorsteuer überwälzen und daher hö-here Mieten verlangen muß, während ihre privaten Konkurrenten (bei Ladenmieten) weder die Vorsteuer noch die (Ausgangs-)Umsatzsteuer wirtschaftlich belastet, weil erstere vom (privaten) Vermieter und letztere vom Mieter als Vorsteuer abgezogen werden kann. Indes kann sich nach Auffassung des Senats die Klägerin dafür nicht auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-USt-Richtlinie berufen, wonach die öffentlichen Hände für hoheitliche Tätigkeiten als Steuerpflichtige (Unternehmer) gelten, „sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen füh-ren würde.“ Denn diese Einschränkung des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der 6. EG-USt-Richtlinie will nach ihrer Zielrichtung nicht die öffentliche Hand sondern den privaten Wettbewerb schützen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn - wie im Streitfall - Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der 6. EG-USt-Richtlinie nur mittelbar über die Verweisung des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 4 der 6. EG-USt-Richtlinie auf Unterabs. 1 Bedeutung erlangt. Der private Unternehmer bedarf des Schutzes vor der öffentlichen Hand als Unter-nehmer, da sich diese - anders als der private Unternehmer - aus öffentlichen Ab-gaben finanzieren kann, nicht aber die öffentliche Hand des Schutzes vor dem pri-vaten Wettbewerb. Überdies ist das Gericht der Auffassung, daß die Versagung des Vorsteuerabzugs bezüglich der Sanierungskosten von lediglich drei Ladeneinheiten für einen einzigen Vermieter, nämlich die Klägerin, nicht zu „größeren“ Wettbewerbsverzerrungen führt. Eine unterschiedliche (umsatz)steuerliche Belastung wird insoweit keine inten-siven und nachhaltigen negativen Auswirkungen in dieser Branche zur Folge ha-ben (vgl. BFH-Urteil vom 11.6.1997 XI R 65/95, BStBl II 1999, 420). Ob eine konkrete Wettbewerbssituation im Einzelfall vorliegt, d.h. ob im Einzugsbe-reich der Läden der Klägerin ein Wettbewerb mit privaten Vermietern vergleichba-rer Läden besteht, die Umsatzsteuer ausweisen (vgl. FG München vom 16.7.1998 14 K 3310/97, UVR 1998, 358) und welche Ladenmieten einschließlich Nebenko-sten (netto) pro Quadratmeter/Monat von diesen verlangt werden, konnte die Kläge-rin auf die gerichtliche Aufklärungsanordnung hin nicht vortragen. Dem Angebot der Klägerin, die Namen und Anschriften der maßgeblichen Ladenvermieter und Mieter zu beschaffen, ist der Senat nicht nähergetreten. Er ist der Auffassung, daß die In-formationen zur Wettbewerbssituation der konkreten Mitbewerber (insbesondere die Höhe der verlangten Mieten und, ob und in welcher Höhe diese insoweit den Vor-steuerabzug in Anspruch genommen haben) von diesen nicht zu offenbaren sind (vgl. § 30 AO und BFH-Urteil vom 17.10.2001 I R 103/00, BFHE 197, 68, BFH/NV 2002, 134).

3. Die Kostentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.“

Page 261: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 261

Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Aus-gangsumsätze

BKPV 86/2005

Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 29.4.2003 - 1 K 134/00, rkr. (DStRE 2003, S. 1052) Leitsatz: „Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge durch den Unternehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsum-sätze ist als sachgerechte Schätzung i.S. von § 15 Abs. 4 UStG auch in Hinblick auf die gegenteilige Auffassung des BMF im Schreiben vom 19.11.2002 (IV B 7 - S 7306 - 25/02, BStBl 2002 I S. 1368) an-zuerkennen.“ Sachverhalt: „Der Kläger ist selbstständiger Vermessungsingenieur. Im Jahr 1996 erwarb er in L *** eine Immobilie, die er in der Folgezeit renovieren ließ. Nach der Fertigstellung nutzte der Kläger Büroräume und eine Wohnung selbst. Die übrigen Räume vermietete er zu Wohnzwecken und zu gewerblichen Zwecken. In der Umsatzsteuererklärung 1997 errechnete der Kläger zunächst eine Umsatzsteuer in Höhe von 111.680,30 DM. Abzüglich der geleisteten Vorauszahlungen verblieb ein Erstattungsbetrag in Höhe von 50.973,10 DM. Bei der Ermittlung der Vorsteuerbeträge nahm der Kläger hinsichtlich der nicht eindeutig zuzuordnenden Aufwendungen eine Aufteilung nach dem Verhältnis der umsatzsteuerpflichtig genutz-ten Flächen zur Gesamtnutzungsfläche der Immobilie vor. Dabei ergaben sich folgende Werte: Eigengenutzte Büroräume: 18,80 %, Vermietete Büroräume: 12,20 %, Eigengenutzte Wohnung: 12,20 %, Vermietete Wohnungen: 56,80 % Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung 1997 durch Bescheid vom 15.2.1999 zu. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Er begehrte nunmehr die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Ertragswerte zueinander. Danach ergebe sich folgender Aufteilungsmaßstab: Eigengenutzte Büroräume: 28,34 %, Vermietete Büroräume: 18,38 % Eigengenutzte Wohnung: 9,42 % Vermietete Wohnungen: 43,86 % Der Beklagte wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 29.9.1999 als unbegründet zu-rück. Er vertrat im Wesentlichen die Auffassung, daß nur eine Aufteilung anhand des Verhältnisses der Nutzungsflächen zueinander sachgerecht sei. Mit der Klage beruft sich der Kläger auf die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Der Kläger beantragt, die Umsatzsteuer 1997 unter Änderung des Bescheides vom 15.2.1999 und Auf-hebung der Einspruchsentscheidung vom 29.9.1999 auf 101.733,80 DM festzusetzen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte verweist auf den Nichtanwendungserlaß des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.11.2002 (IV B 7 - S 7306 - 25/02, BStBl I 2002, 1368). Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzich-tet.“

Page 262: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 262 Heft 1/2005

Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG - kann der Unter-nehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG unter anderem die Steuer für die Lieferung von Gegenständen sowie für die sonstigen Leistun-gen, die der Unternehmer zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet. Verwendet der Unter-nehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genom-mene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug aus-schließen, so ist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abzieh-bar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach Satz 2 der zitierten Norm kann der Unternehmer die nichtabziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Der Kläger hat die nichtabziehbaren Teilbeträge der Vorsteuer im Wege einer sachgerechten Schät-zung ermittelt. Der Bundesfinanzhof - BFH - hat die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen durch den Unter-nehmer nach dem Verhältnis der Ausgangsumsätze zueinander im Urteil vom 17.8.2001 (V R 75/00, BFH/NV 2002, 227) als sachgerechte Schätzung im Sinne von § 15 Abs. 4 UStG anerkannt. Diese Auffassung hat der erkennende Senat bereits vor der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vertreten (vergleiche Urteil vom 16.10.2000, 1 K 1388/99 U, EFG 2001, 242). Es sind keine Gründe ersichtlich, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf die in dem Nicht-anwendungserlaß des Bundesministeriums der Finanzen vom 19.11.2002 (IV B 7 - S 7306 - 25/02, BStBl I 2002, 1368). genannten Argumente. Das Bundesministerium der Finanzen verweist dort unter anderem darauf, daß die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab durch die Sechste Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (- Sechste Richtlinie - vom 17.5.1977, Amtsblatt der EG Nr. L 145, 1) nicht zwingend vorgeschrieben sei. Die in Art. 17 Abs. 5 in Verbindung mit Art. 19 der Sechsten Richtlinie vorgesehene Pro-rata-Regelung sei für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich, weil sie nach Art. 17 Abs. 5 Unterab- satz 3 der Sechsten Richtlinie davon abweichende Aufteilungsmaßstäbe anwenden könnten. Dem ist entgegenzuhalten, daß die Schätzung der nicht abziehbaren Vorsteuerbeträge und damit auch die Wahl der Schätzungsmethode nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG dem Unternehmer obliegt und nicht der Finanzverwaltung, und daß nach nationalem Recht auch keine gesetzliche Regelung besteht, wonach bei gemischter Verwendung eines Gebäudes die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Flächen oder Raumvolumina aufzuteilen wären (ebenso BFH am angegebenen Ort). Darüber hinaus geht auch der Hinweis des Bundesministeriums der Finanzen fehl, daß die Anwendung des Umsatzschlüssels als Regel-Aufteilungsmaßstab im Hinblick auf § 15a UStG bei einem sich ändernden Umsatzschlüssel nicht praktikabel sei. Zum einen sind Praktikabilitätsgesichtspunkte allein nicht geeignet, dem Unter-nehmer die Ausübung eines ihm von Gesetzes wegen zustehenden Wahlrechts zu versagen. Zum an-deren ergeben sich die Praktikabilitätsprobleme im Hinblick auf § 15a UStG auch bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Nutzflächen zueinander, wenn sich dieses Verhältnis im Nachhinein ändert. Einwendungen gegen die von dem Kläger vorgenommene Berechnung hat der Beklagte nicht erhoben. Auch aus den beigezogenen Steuerakten ergeben sich für den Senat insoweit keine Beanstandungen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozeßordnung - ZPO -. Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen, weil die Rechtssache angesichts der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 17.8.2001 (am angegebenen Ort) keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat und es insofern auch zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheit-lichen Rechtsprechung keiner weiteren Entscheidung des Bundesfinanzhofs bedarf.“ Übermittlung von Steuererklärungen per Telefax BKPV 87/2005 BMF-Schreiben vom 20.1.2003 - IV D 2 - S 0321 - 4/03 (BStBl 2003 I S. 74)

Page 263: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 4

Heft 1/2005 Seite 263

„Nach dem BFH-Urteil vom 4.7.2002, V R 31/01 (BStBl 2003 II S. 45 ) kann eine Umsatzsteuer-Voran-meldung per Telefax wirksam übermittelt werden. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze dieses Urteils zur Telefax-Übermittlung auf sämtliche Steuererklärungen anzuwenden, für die das Gesetz keine eigenhändige Unterschrift des Steuerpflichtigen vorschreibt. Somit können beispielsweise Lohnsteuer-Anmeldungen und Kapitalertragsteuer-Anmeldungen per Telefax wirksam übermittelt werden, nicht jedoch beispielsweise Einkommensteuererklärungen und Umsatzsteuererklä-rungen für das Kalenderjahr oder für den kürzeren Besteuerungszeitraum.“ Altbauten, Umbau als Errichtung, Option zur USt BKPV 88/2005 BFH-Urteil vom 5.6.2003 - V R 32/02 (BStBl 2004 II S. 28) Leitsätze: „1. Der grundlegende Umbau eines Altbaus steht dann der Errichtung eines (neuen) Gebäudes i.S.

der Übergangsregelung in § 27 Abs. 2 UStG 1993 gleich, wenn die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes geben, oder wenn der Altbau durch den Umbau eine wesentliche Funktions- und Zweckveränderung erfährt.

2. Für vermietete Altbauten, die vor dem 11.11.1993 errichtet worden sind, ist der Verzicht auf die

Steuerbefreiung von Vermietungsumsätzen nach § 9 Abs. 2 UStG 1993 ohne zeitliche Beschrän-kung auch dann möglich, wenn der Vermieter den Altbau nach dem 11.11.1993 erworben und Herstellungsaufwendungen getätigt hat, die zu sonstigen nachträglichen Herstellungskosten ge-führt haben.“

Page 264: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 4 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 264 Heft 1/2005

Page 265: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 5

Heft 1/2005 Seite 265

Einheitsbewertung Bodenrichtwert bei der Bedarfsbewertung von Versorgungs-grundstücken

BKPV 89/2005

Verfügung der OFD Koblenz vom 12.11.2002 - S 3014 A - St 51 1 (Fachnachrichten IDW Nr. 1-2/2003, S. 51) „Bei der Bedarfsbewertung von Versorgungsgrundstücken ist regelmäßig der vom Gutachterausschuß nach § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG festgelegte lagetypische Bodenrichtwert anzusetzen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht besteht außerhalb des Verkehrswertnachweises im Einzelfall nach Maßgabe des § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG keine Möglichkeit, eine Wertermittlung vorzunehmen, die von einem anderen Wert als dem Bodenrichtwert ausgeht; denn nach § 138 Abs. 3 Satz 3 BewG i.V.m. § 20 Satz 2 BewG sind Billigkeitsmaßnahmen bei der Bedarfsbewertung nicht zulässig. Es obliegt dem Steuerpflichtigen, von den jeweiligen Gutachterausschüssen spezielle Bodenrichtwerte für die betroffenen Grundstücke ermitteln zu lassen. Führt dieser Weg zu keinem Erfolg, ist für die in der Ortslage belegenen Versorgungsgrundstücke nach folgendem Schema zu prüfen, ob nach R 161 Abs. 5 ErbStR die Schätzung eines abweichenden Bo-denrichtwerts in Betracht kommt. Fehlende Plausibilität des lagetypischen Bodenrichtwerts für das Versorgungsgrundstück Versorgungsgrundstücke sind aufgrund ihrer Nutzung dem allgemeinen Grundstücksverkehr entzogen. Ihre Wertigkeit kann deshalb nur unter der Annahme des Wegfalls der derzeitigen Nutzung beurteilt werden. Aufgrund ihrer Größe können sie in diesem angenommenen Fall als Arrondierungsfläche be-zogen auf Nachbargrundstücke beurteilt werden. Der lagetypische Bodenrichtwert, der bezogen auf das konkrete Bewertungsobjekt dessen Wert ohnehin nur unscharf abbildet, ist aber so gesehen nur dann nicht plausibel, wenn bei einer Arrondierung der Nachbargrundstücke durch Zugang der Versorgungs-fläche unter keinem Gesichtspunkt dessen Gebrauchswert je Quadratmeter Grundstücksfläche mit dem des arrondierten Grundstücks annähernd gleichwertig ist. Danach ist der lagetypische Bodenrichtwert für die Versorgungsfläche regelmäßig – plausibel, wenn die Versorgungsfläche Nachbargrundstücke anschneidet, wodurch diese gegen-

über anderen einen unregelmäßigen Zuschnitt erhalten, – nicht plausibel, wenn die Versorgungsfläche im Wesentlichen gleichmäßig zugeschnitten und orts-

üblich großen Bauplätzen nachgelagert ist. – Schätzung eines niedrigeren Bodenrichtwerts. Liegt für ein Grundstück kein brauchbarer plausibler Bodenrichtwert vor, hat das FA diesen selbst zu schätzen (vgl. FG München vom 21.8.2002, 4 K 1068/99 n.v.). Im Hinblick auf den ohnehin vorzuneh-menden Abschlag von 20 % (§ 145 Abs. 3 Satz 1 BewG) ist für die Versorgungsfläche der Bodenricht-wert dann mit 90 % des lagetypischen Werts anzunehmen. Die Möglichkeit des Verkehrswertnachwei-ses bleibt unbenommen. Für im Außenbereich belegene Versorgungsflächen sind die für die Ortslage maßgebenden Bodenricht-werte nicht plausibel. Der Bodenrichtwert ist dann ausgehend von dem für Gewerbe-/Industrieflächen der nächstgelegenen Ortslage maßgebenden Bodenrichtwert zu schätzen. Eine Orientierung für die wegen der Lage im Außenbereich notwendige Reduzierung bietet der Richtwert für Landwirtschaftsflä-chen. Ich bitte um Beachtung. Soweit in der vorstehenden Rechtsfrage die Bearbeitung von Einspruchsver-fahren zurückgestellt wurde, sind die Verfahren wieder aufzunehmen.“

Page 266: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 5 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 266 Heft 1/2005

Page 267: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 6

Heft 1/2005 Seite 267

Gewerbesteuer Gewerbesteuerliche Organschaft BKPV 90/2005 vgl. BKPV 37/2003 OFD Koblenz 28.10.2002 - S 2742 A - St 34 1 (Finanz-Rundschau 2003 S. 96) „Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer gewerbesteuerlichen Organschaft entsprechen ab dem Veranlagungszeitraum 2002 den Voraussetzungen für die körperschaftsteuerliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG in der ab 2002 gültigen Fassung). Eine bisher bestehende nur-gewerbe-steuerliche Organschaft endet daher mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 2001. Nach dem BMF-Schreiben vom 12.9.2002, IV A 2 - S 2742 - 58/02 hat die (bisherige) Organgesellschaft somit im Ver-anlagungszeitraum 2001 ggf. einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Organträger zu aktivieren. Bei der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2001 soll den mit diesem Zeitraum endenden Fällen der nur gewerbesteuerlichen Organschaft deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.“ Gewinnerzielungsabsicht bei einem Betrieb gewerblicher Art BKPV 91/2005 vgl. BKPV 82/2003 Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 10.7.2003 - 10 K 2561/00 G; Revision eingelegt (Az. des BFH: I R 8/04) (ZKF 2004 S. 130) Leitsätze: „1. Ein bislang dauerdefizitärer Betrieb gewerblicher Art (BgA) wird durch die Einlage einer gewinn-

trächtigen Beteiligung nur dann zum Gewerbebetrieb, wenn absehbar ist, daß die Beteiligungser-träge die aufgelaufenen Verluste auf Dauer übersteigen und ein Totalgewinn erzielt werden kann.

2. Die Zuführung einer Finanzanlage zum gewillkürten Betriebsvermögen bewirkt mangels grundle-

gender Änderung der Geschäftstätigkeit des Betriebes gewerblicher Art nicht die Gründung eines neuen Betriebs.“

Der Sachverhalt und die Entscheidungsgründe sind unter BKPV 5/2005 abgedruckt. Gewerbesteuerliche Organschaft durch rückwirkende Umwand-lung

BKPV 92/2005

1. BFH-Urteil vom 17.9.2003 - I R 55/02 (BStBl II 2004 S. 534) Leitsatz: „Eine durch übertragende Umwandlung aus einer Personengesellschaft entstandene Kapitalgesell-schaft kann jedenfalls dann rückwirkend vom Beginn des Wirtschaftsjahres an gewerbesteuerliche Or-gangesellschaft sein, wenn der steuerliche Übertragungsstichtag gemäß § 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG 1995 auf den Beginn des Wirtschaftsjahres zurückverlegt wird und die Eingliederungsvoraussetzungen gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Nr. 1 und 2 KStG 1999 tatsächlich bereits zu Be-ginn des Wirtschaftsjahres erfüllt waren (gegen BMF-Schreiben vom 25.3.1998, BStBl 1998 I S. 268, Tz. Org. 05, Org. 13, Org. 18).“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war ursprünglich eine GmbH & Co. KG. Sie wurde

durch Gesellschafterbeschluß vom 5.5.1999 mit Wirkung zum 31.12.1998 gemäß §§ 190 ff., §§ 214 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG 1995) formwechselnd in eine GmbH umgewandelt. Ihr Wirtschaftsjahr entsprach vor wie nach der Umwandlung dem Kalenderjahr. Der Formwechsel wurde aufgrund der Anmeldung vom 5.5.1999 am 9.9.1999 in das Handelsregister eingetragen.

Page 268: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 6 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 268 Heft 1/2005

Beherrschende Gesellschafterin der Klägerin ist seitdem mit einer Beteiligung von ca. 94 v.H. eine AG, die zuvor sowohl ca. 94 v.H. des Kommanditkapitals der GmbH & Co. KG als auch 94 v.H. der Anteile der Komplementär-GmbH hielt. Geschäftsführer der Klägerin wurde der bisherige Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, der zugleich Vorstandsmitglied der AG war, sowie ein weiteres Vorstandsmitglied der AG. Alle Gesell-schaften - die AG, die GmbH & Co. KG ebenso wie die nunmehrige GmbH - sind in derselben Branche tätig. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, daß die Klägerin im gesamten Streitjahr 1999 die Voraus-setzungen der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999) i.V.m. § 14 Nr. 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) erfüllte. Streitig ist aber, ob die Klägerin infolge des von ihr gestellten Antrages auf Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtages gemäß § 25 i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG 1995) be-reits mit Wirkung vom 1.1.1999 an als Organgesellschaft der AG anzusehen ist. Abweichend von der Klägerin wird dies vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA - ) - unter Berufung auf die Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25.3.1998 (BStBl I 1998, 268, dort Tz. Org. 05, Org. 13, Org. 18) und vom 19.5.1999 (DB 1999, 1300) - verneint. Die Klage gegen den hiernach ergangenen Gewerbesteuermeßbescheid hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) Hamburg vom 30.5.2002 VI 55/01 ist in EFG 2002, 1318 abgedruckt. Das FA stützt seine Revision auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist unbegründet.

Die Vorinstanz ist zu Recht vom Vorliegen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der AG im Streitjahr ausgegangen. 1. Ist eine Kapitalgesellschaft in ein anderes inländisches Unternehmen in der Weise eingeglie-

dert, daß die Voraussetzungen des § 14 Nr. 1 bis 3 KStG 1999 erfüllt sind, so gilt sie nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 als Betriebsstätte des anderen Unternehmens. Die Eingliede-rungsvoraussetzungen des § 14 Nr. 1 bis 3 KStG 1999 sind nach den Feststellungen des FG, die den erkennenden Senat binden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ), im Streitfall erfüllt. Die Klägerin war danach i.S. des § 14 Nr. 1 KStG 1999 finanziell und i.S. des § 14 Nr. 2 KStG 1999 wirtschaftlich und organisatorisch in die AG als Organträgerin einge-gliedert. Entgegen der Annahme des FA war sie dies auch - wie nach § 14 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 KStG 1999 erforderlich - ununterbrochen “vom Beginn des Wirtschaftsjahres” an.

2. Die Klägerin ist als GmbH infolge formwechselnder Umwandlung gemäß §§ 190 ff., §§ 214 ff.

UmwG 1995 aus der GmbH & Co. KG hervorgegangen. Der Formwechsel wurde am 5.5.1999 beschlossen. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte aufgrund der Anmeldung vom selben Tage der Beschlußfassung am 9.9.1999. Dennoch wurden die organschaftlichen Ein-gliederungsvoraussetzungen in die AG von der Klägerin nicht erst ab dem 5.5.1999 bzw. ab dem 9.9.1999, sondern “vom Beginn des Wirtschaftsjahres” an erfüllt.

a) Grund hierfür ist § 25 i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 UmwStG 1995. Da-

nach ist in den Fällen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalge-sellschaft das Einkommen und das Vermögen der formwechselnden “übertragenden” (s. § 25 Satz 2 UmwStG 1995) Personengesellschaft und der “übernehmenden” (s. § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 1995) Kapitalgesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Umwandlungsstichtags auf die Überneh-merin übergegangen wäre. Eine Ausnahme davon besteht hinsichtlich des Einkommens

Page 269: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 6

Heft 1/2005 Seite 269

und des Gewerbeertrages lediglich für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerli-chen Umwandlungsstichtag erfolgen (§ 20 Abs. 7 Satz 2 UmwStG 1995; vgl. auch Se-natsurteil zum UmwStG 1977 vom 29.4.1987 I R 192/82, BFHE 150, 412, BStBl II 1987, 797). Als steuerlicher Umwandlungsstichtag darf nach § 25 i.V.m. § 20 Abs. 8 Satz 1 UmwStG 1995 jener Stichtag angesehen werden, für den die Schlußbilanz jedes der übertragenden Unternehmen i.S. des § 17 Abs. 2 UmwG 1995 aufgestellt ist; dieser Stichtag darf höchstens acht Monate vor der Anmeldung der formwechselnden Um-wandlung zur Eintragung in das Handelsregister liegen. Nach den Feststellungen des FG wurde im Streitfall ein Antrag nach § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 1995 gestellt. Da die Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister am 5.5.1999 angemeldet wurde, durfte der maßgebliche Umwandlungsstichtag deshalb in Einklang mit den umwandlungssteuerrechtlichen Vorschriften auf den 31.12.1998 zu-rückverlegt werden.

b) Diese Rückbeziehung wirkt sich jedenfalls unter den im Streitfall vorliegenden Gegeben-heiten sowohl auf die Behandlung der Klägerin als Kapitalgesellschaft als auch auf die organschaftlichen Eingliederungsvoraussetzungen aus. Zwar sind letztere Voraussetzungen, jedenfalls was die wirtschaftliche und organisatori-sche Eingliederung gemäß § 14 Nr. 2 Satz 1 KStG 1999 betrifft, tatsächlicher und nicht rechtlicher Natur. Die erforderlichen Eingliederungen müssen nach dem Regelungswort-laut und -zweck tatsächlich gegeben sein. Die Rückbeziehung des Umwandlungsstichta-ges gemäß § 25 i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 UmwStG 1995 beruht dem-gegenüber nur auf einer Fiktion, die dazu führt, daß das Einkommen und Vermögen der übernehmenden Kapitalgesellschaft so zu ermitteln ist, als ob das Vermögen der über-tragenden Gesellschaft bereits am steuerlichen Umwandlungsstichtag übergegangen wäre. Diese Fiktion macht nur dann Sinn, wenn man sie - was allgemeiner Auffassung entspricht (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268, Tz. Org. 02.06; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 2 UmwStG Rz. 9 und 18; Wid-mann in Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG Rz. 614) - dahin versteht, daß - bezogen auf das übergehende Vermögen - die Steuerpflicht des übertragenden Unternehmens (hier: GmbH & Co. KG) mit dem Ablauf des steuerlichen Übertragungs-stichtages (hier: 31.12.1998) endet. Gleichzeitig beginnt die Steuerpflicht des neu ge-gründeten übernehmenden Rechtsträgers (hier: GmbH). Damit wird die Klägerin ab dem 1.1.1999 als körperschaftsteuer- und gewerbesteuerpflichtig behandelt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999, § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG 1999 setzt dies ihre zumindest fiktive Be-handlung als Kapitalgesellschaft voraus. Ist aber die Klägerin gemäß § 20 Abs. 7 Satz 1 UmwStG 1995 fiktiv als Kapitalgesellschaft i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 zu be-handeln, so schlägt dies auf die Anwendung des § 17 Abs. 1 KStG 1999 durch. Es ist kein Grund zu erkennen, daß der Ausdruck “Kapitalgesellschaft” in § 17 Abs. 1 KStG 1999 anders als in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1999 zu verstehen ist. Die fiktive Rückbezie-hung wirkt für alle einkommens- und vermögensbezogenen Steuern. Dazu gehört die Gewerbesteuer, was durch § 20 Abs. 7 Satz 2 UmwStG 1995 mittelbar belegt wird. § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 verweist wegen der körperschaftsteuerlichen Eingliede-rungsvoraussetzungen auf § 17 Abs. 1 i.V.m. § 14 KStG 1999. Allerdings müssen die Eingliederungsvoraussetzungen dieser Vorschrift tatsächlich vorliegen. Die Fiktion er-streckt sich nicht auf ihre Existenz. Danach ist auch im Streitfall von einer gewerbesteuerlichen Organschaft auszugehen: Sieht man davon ab, daß die GmbH & Co. KG als Personengesellschaft keine Organge-sellschaft sein konnte (vgl. § 14 1. Halbsatz, § 17 KStG 1999), war auch sie zu Beginn des Wirtschaftsjahres 1999 bereits nach Maßgabe des § 14 Nr. 1 Satz 1 und Nr. 2 Satz 1 KStG 1999 finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in die AG eingegliedert. Die Ein-gliederungsvoraussetzungen waren also erfüllt; sie wurden nicht “rückbezogen”. Bis zur formwechselnden Umwandlung fehlte zur Anerkennung der gewerbesteuerrechtlichen Organschaft deshalb lediglich die subjektive Eignung der GmbH & Co. KG, Organ zu sein. Dieser tatbestandliche rechtliche Mangel wurde jedoch durch die fiktive Rückbezie-hung der Umwandlung nach § 25 i.V.m. § 20 Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8 Satz 1 UmwStG 1995 auf den 31.12.1998 behoben.

Page 270: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 6 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 270 Heft 1/2005

Der Umstand, daß die Klägerin als Kapitalgesellschaft zu diesem Zeitpunkt tatsächlich noch nicht existent war und als solche in die AG nicht i.S. des § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG 1999 i.V.m. § 14 Nr. 1 und 2 KStG 1999 eingegliedert sein konnte, erweist sich demge-genüber als unbeachtlich. Eine solche - formale - Argumentation zöge Wertungswider-sprüche nach sich. Führt die fiktive Behandlung der umgewandelten Personengesell-schaft als Kapitalgesellschaft aus steuerrechtlicher Sicht nämlich zur Fiktion einer inso-weit vorhandenen Selbständigkeit und werden alle ertragsteuerlich relevanten Vorgänge nach dem Umwandlungsstichtag der umgewandelten Gesellschaft unabhängig von ihrer zivilrechtlichen Existenz zugeordnet, dann muß sich dies auch auf die Beurteilung der subjektiven Anforderungen niederschlagen, die an die Organgesellschaft zu stellen sind. Andernfalls liefe die Rückwirkungsfiktion partiell leer. Das gewerbesteuerliche Organ-schaftsverhältnis zwischen der Klägerin und der AG war folglich vom Beginn des Streit-jahres als des maßgeblichen Erhebungszeitraumes (vgl. § 14 Satz 2 GewStG 1999) an anzuerkennen (im Ergebnis jedenfalls für den hier vorliegenden Sachverhalt ebenso z.B. Walter/Götz, GmbHR 2001, 619; Krause, BB 1999, 1246, 1250; Haun/Reiser, BB 2002, 2257; Herlinghaus, EFG 2002, 1320; Niehaves/Thiemer, DStR 2002, 1703; Witt in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a.a.O., § 14 KStG Rz. 43; Walter in Ernst & Young, Körper-schaftsteuergesetz, § 14 Rz. 351; Renner, Die Rückwirkung im Umwandlungssteuerge-setz, 2002, S. 205 f.; - el -, DB 1972, 997; vgl. auch Oberfinanzdirektion Magdeburg, Verfügung vom 25.7.2002, GmbHR 2002, 940, zur finanziellen Eingliederung; anders BMF-Schreiben in BStBl I 1998, 268, Tz. Org. 13, Org. 05, und in DB 1999, 1300; Frotscher in Frotscher/Maas, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rz. 117; s. auch Sinewe, GmbHR 2002, 481; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, Umwandlungsgesetz/Umwand-lungssteuergesetz, 3. Aufl., § 20 UmwStG Rz. 229).“

2. BMF-Schreiben vom 24.5.2004, IV A 2 - S 2770 - 15/04, BStBl 2004 I S. 549 Das Schreiben lautet: „In seinem Urteil vom 17.9.2003, I R 55/02 hat der BFH die rückwirkende Begründung eines Organ-schaftsverhältnisses anerkannt. In dem entschiedenen Fall war die zukünftige Organgesellschaft, eine GmbH & Co. KG, mit Vertrag vom 5.5.1999 rückwirkend zum 1.1.1999 formwechselnd in eine GmbH umgewandelt worden. Nach Auffassung des BFH hat die GmbH & Co. KG die Eingliederungsvoraus-setzungen seit dem Beginn des Wirtschaftsjahres tatsächlich erfüllt. Der Mangel, dass die GmbH & Co. KG als Personengesellschaft selbst nicht Organgesellschaft sein konnte, werde durch die Rückwir-kungsfiktion des § 25 i.V.m. § 20 Abs. 7 und Abs. 8 UmwStG behoben. Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Grundsätze des Urteils über den entschiedenen Einzelfall hinaus nur anzuwenden, wenn der Sachverhalt dem Sachverhalt entspricht, der dem Urteil zugrunde lag. Die Aussagen der Rdnrn. Org. 05, Org. 13 und Org. 18 des BMF-Schreibens vom 25.3.1998, BStBl 1998 I S. 268 und der Rdnr. 12 des BMF-Schreibens vom 25.8.2003, BStBl 2003 I S. 437, wonach das Tatbestandsmerkmal der finanziellen Eingliederung nicht zurückbezogen werden kann, bleiben im Üb-rigen unberührt. So bleibt es insbesondere dabei, dass bei einer Abspaltung, Ausgliederung oder Ein-bringung eines Teilbetriebs des Organträgers unter Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages mit der neu gegründeten Tochtergesellschaft die rückwirkende Begründung eines Organschaftsverhältnis-ses nicht möglich ist.“ Wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der Organ-gesellschaft

BKPV 93/2005

BFH-Urteil vom 7.8.2002 - I R 83/01 (BFH/NV 2003 S. 345) Leitsätze: „1. Die wirtschaftliche Eingliederung als Organgesellschaft setzt voraus, dass das beherrschende Un-

ternehmen (Organträger) eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet, die durch den Betrieb der

Page 271: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 6

Heft 1/2005 Seite 271

Organgesellschaft gefördert wird und die im Rahmen des Organkreises nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss nach dem Gesamtbild der tatsächli-chen Verhältnisse beurteilt werden, wobei vorrangig ein Umsatzvergleich anzustellen ist. Das schließt nicht aus, dass auch andere Kriterien und Anhaltspunkte einbezogen werden können, wie z.B. die erzielten Gewinne oder die absolute Größenordnung der Umsätze des beherrschenden Unternehmens.

2. Die organisatorische Eingliederung des beherrschten Unternehmens als Organgesellschaft schei-

tert nicht daran, dass die maßgeblichen unternehmerischen Entscheidungen nicht beim Organträ-ger, sondern bei dessen ausländischer Muttergesellschaft getroffen werden.“

Hinzurechnung von als Herstellungskosten aktivierten Fremd-kapitalzinsen als Dauerschuldzinsen

BKPV 94/2005

Verfügung der OFD Düsseldorf vom 17.2.2004 - G 1422 A (DB 2004 S. 462) „Der BFH hat mit Urteil vom 30.4.2003, I R 19/02 entschieden, daß als Herstellungskosten aktivierter Fremdkapitalzinsen auch dann nicht als Dauerschuldzinsen i.S. des § 8 Nr. 1 GewStG dem Gewerbe-ertrag hinzuzurechnen sind, wenn auf die aktivierten Fremdkapitalzinsen Absetzungen für Abnutzungen vorgenommen werden. Er hat damit entgegen der bisherigen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung entschieden. Da das o.g. Urteil nunmehr allgemein angewendet und im BStBl II veröffentlicht werden soll, wird hiermit die an-derslautende Verfügung der OFD Düsseldorf vom 20.10.2000, G 1422 A - St 131 aufgehoben.“ Hinzurechnungen gem. § 8 Nr. 5 GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts

BKPV 95/2005

Verfügung der OFD Frankfurt vom 6.8.2003 - G 1422 A - 35 - St II 2.03 (DB 2003 S. 1878) „Zu Fragen der Auslegung bzw. erstmaligen Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts im Bereich der Sparkassen und Landesbanken wird wie folgt Stellung genommen: 1. Erstmalige Anwendung des geänderten § 8 Nr. 5 GewStG Die geänderte Hinzurechnungsvorschrift ist nach § 36 Abs. 4 GewStG i.d.F. des Gesetzes zur Fortent-wicklung des Unternehmenssteuerrechts (§ 36 Abs. 6 GewStG 2002) erstmals ab dem Erhebungszeit-raum 2001 anzuwenden. Eine Hinzurechnung setzt nach § 8 Nr. 5 GewStG aber voraus, daß im Ge-winn aus Gewerbebetrieb Vermögensmehrungen (z.B. Dividenden) enthalten sind, die infolge des § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8 b Abs. 1 KStG ganz oder teilweise außer Ansatz geblieben sind. Soweit derartige Vermögensmehrungen nicht unter den Regelungsbereich des § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8 b Abs. 1 KStG fallen (z.B. im Erhebungszeitraum 2001 zugeflossenen Dividenden aus der Beteiligung an einer inländi-schen Kapitalgesellschaft, bei der Wirtschaftsjahr gleich Kalenderjahr ist), scheidet eine Anwendung des § 8 Nr. 5 GewStG aus. 2. Zufluß von Erträgen i.S. des § 8 b Abs. 6 Satz 2 KStG Nach § 8 b Abs. 6 Satz 2 KStG ist u.a. die Vorschrift des § 8 b Abs. 1 KStG entsprechend anzuwenden, wenn die dort genannten Bezüge einem Betrieb gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentli-chen Rechts mittelbar über andere juristische Personen des öffentlichen Rechts zufließen und bei der die mittelbare Beteiligung vermittelnden Person nicht zu einem Betrieb gewerblicher Art gehört. In den genannten Fällen wird die mittelbar bezogene Dividende der unmittelbar bezogenen gleichgestellt. Diese Gleichstellung hat zur Folge, daß beim empfangenden Betrieb gewerblicher Art die Vorschrift des § 8 Nr. 5 GewStG grundsätzlich Anwendung findet. Hinsichtlich der nach § 8 Nr. 5 GewStG zu prüfen-den Frage, ob an der ausschüttenden Gesellschaft eine Beteiligung von mindestens 10% besteht (An-

Page 272: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 6 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 272 Heft 1/2005

wendung des § 9 Nr. 2 a GewStG), ist in den in § 8 b Abs. 6 Satz 2 KStG genannten Fällen auf den Umfang der mittelbar über die die Beteiligung vermittelnden juristischen Personen des öffentlichen Rechts bestehenden Beteiligung abzustellen. Die Regelung des Abschn. 61 Abs. 1 Satz 1 GewStR, wonach nur auf unmittelbare Beteiligungen abzustellen ist, ist im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 17.5.2000 (BStBl 2001 II S. 685) überholt.“ Dauerschuld bei Forderungserlaß unter Besserungsvorbehalt BKPV 96/2005 BFH-Urteil vom 29.1.2003 - I R 50/02 (BStBl 2003 II S. 768) Leitsatz: „Erläßt ein Gläubiger dem Steuerpflichtigen eine Forderung, die als Dauerschuld zu behandeln ist, un-ter dem Vorbehalt der Besserung, so handelt es sich bei der Forderung nach Bedingungseintritt um eine neue Forderung, die nur dann eine Dauerschuld darstellt, wenn sie ihrerseits die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 8 Nr. 1 GewStG 1991 erfüllt.“ Entscheidungsgründe: „Im Ergebnis bleibt es deshalb im Streitfall dabei, daß die ursprünglichen, von der Klägerin seinerzeit ausgebuchten Darlehensverbindlichkeiten infolge des Bedingungseintritts nicht wiederauflebten, son-dern auf Grund der Besserungsabrede und Eintritt der in ihr vereinbarten Bedingung neue Darlehens-verbindlichkeiten zu passivieren waren. Dieser ertragsteuerrechtlichen Behandlung ist auch in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht Rechnung zu tragen. Eine Gesamtbetrachtung der ursprünglichen und der nunmehrigen Darlehensverbindlichkeiten und deren Behandlung als Dauerschulden der zweiten Tatbestandsgruppe scheidet unter den im Streit-fall gegebenen Umständen aus. Der Bedingungseintritt löste vielmehr neue Darlehensschulden aus, die als solche auch gewerbesteuerrechtlich zu beurteilen sind. Das schließt es indes nicht aus, daß die neu begründeten Darlehensverbindlichkeiten dennoch die tat-bestandlichen Anforderungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 8 Nr. 1 GewStG 1991 erfüllten.“

Page 273: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 273

Lohnsteuer Lohnsteuer, Änderungen 2004 BKPV 97/2005 BMF-Schreiben vom 27.1.2004 - IV C 5 - S 2000 - 2/04 (BStBl 2004 I S. 173) „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu Änderungen im Bereich der Lohnsteuer durch das Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) vom 15.12.2003 (BGBl 2003 I S. 2645, BStBl 2003 I S. 710) und durch das Haushaltsbegleitge-setz 2004 (HBeglG 2004) vom 29.12.2003 (BGBl 2003 I S. 3076) wie folgt Stellung: I. Betragsmäßige Änderungen In den folgenden Vorschriften mit lohnsteuerlichem Bezug haben sich die Freibeträge bzw. Freigrenzen oder Steuersätze verändert; es betragen – die steuerfreien Höchstbeträge für Abfindungen (§ 3 Nr. 9 EStG) 7.200, 9.000 und 11.000 Euro

(bisher 8.181, 10.226 und 12.271 Euro), – der Steuerfreibetrag für Übergangsgelder und Übergangsbeihilfen wegen Entlassung aus einem

Dienstverhältnis (§ 3 Nr. 10 EStG) 10.800 Euro (bisher 12.271 Euro), – der Steuerfreibetrag für Heirats- und Geburtsbeihilfen (§ 3 Nr. 15 EStG) 315 Euro (bisher

358 Euro), – der Steuerfreibetrag für Sachprämien aus Kundenbindungsprogrammen (§ 3 Nr. 38 EStG)

1.080 Euro (bisher 1.224 Euro), – die Berechnungsbasis (Grundlohn je Stunde) für die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-,

Feiertags- oder Nachtarbeit (§ 3 b Abs. 2 EStG) 50 Euro (bisher unbegrenzt), – die monatliche Freigrenze für bestimmte Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG) 44 Euro (bisher

50 Euro), – der Steuerfreibetrag für Belegschaftsrabatte (§ 8 Abs. 3 EStG) 1.080 Euro (bisher 1.224 Euro), – die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Entfernungspau-

schale bei einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 EStG) für jeden vollen Kilometer der Entfernung 0,30 Euro (bisher 0,36 Euro für die ersten 10 Kilometer und 0,40 Euro für jeden weiteren Kilometer bzw. bei Familienheimfahrten 0,40 Euro für jeden vollen Kilometer); dazu auch Tz. II 1. und 2.,

– der Höchstbetrag der Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 9

Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) 4.500 Euro (bisher 5.112 Euro; bei Benutzung eines Kraftwagens wie bisher höhere Entfernungspauschale möglich),

– der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG) 920 Euro (bisher 1.044 Euro), – der Steuerfreibetrag für die unentgeltliche/verbilligte Überlassung von bestimmten Vermögensbetei-

ligungen (§ 19 a Abs. 1 EStG) 135 Euro (bisher 154 Euro), – der maßgebende Steuersatz bei der Pauschalierung der Einkommensteuer bei Prämien aus Kun-

denbindungsprogrammen (§ 37 a Abs. 1 EStG) 2,25 % (bisher 2 %). In den LStR 2004 genannte Beträge, die hiervon abweichen, da sie auf der Rechtslage vor den Ände-rungen des EStG durch das StÄndG 2003 und das HBeglG 2004 beruhen, sind ab 2004 nicht mehr an-zuwenden.

Page 274: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 274 Heft 1/2005

II. Weitere Änderungen 1. Fahrtkostenzuschüsse, Job-Ticket (§ 3 Nr. 34 EStG) (Steuerpflicht, Pauschalierungsmöglichkeit, Bescheinigungspflichten) Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 34 EStG (Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Ar-beitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Lini-enverkehr, auch entsprechende unentgeltliche oder verbilligte Nutzung und sog. Job-Ticket) ist weg-gefallen. R 21 b LStR ist damit ab 2004 überholt. Derartige Vorteile sind demnach grundsätzlich steuerpflichtig. Ein geldwerter Vorteil ist nicht anzuneh-men, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern ein sog. Job-Ticket für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu dem mit dem Verkehrsträger vereinbarten Preis eines Job-Tickets überläßt (die Tarifermäßigung des Verkehrsträgers für das Job-Ticket gegenüber dem üblichen Endpreis ist also kein geldwerter Vorteil). Der zu versteuernde geldwerte Vorteil ist der Preis für das Job-Ticket abzüglich Zahlbetrag des Arbeitnehmers. Überläßt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern solche Job-Tickets für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln unentgeltlich oder verbilligt, so kommt die Anwendung von § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG in Betracht. Danach bleiben Sachbezüge außer Ansatz, wenn die sich nach An-rechnung der vom Arbeitnehmer gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 Euro im Kalen-dermonat nicht übersteigen (monatliche Freigrenze). Bei der Freigrenze sind andere Sachbezüge zu berücksichtigen; liegen solche nicht vor, so scheidet die Anwendung der Vorschrift gleichwohl aus, wenn der geldwerte Vorteil für den Sachbezug Job-Ticket allein 44 Euro überschreitet (dann ist also der gesamte Sachbezug Job-Ticket steuerpflichtig). Gilt das Job-Ticket für einen längeren Zeitraum (z.B. Jahresticket), so fließt der Vorteil insgesamt bei Überlassung des Job-Tickets zu. Bei Arbeitnehmern eines Verkehrsträgers kann der Vorteil aus der Nutzung der öffentlichen Verkehrs-mittel im Rahmen des § 8 Abs. 3 EStG (Rabattfreibetrag) steuerfrei bleiben. Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer für diese nunmehr steuerpflichtigen - zusätzlich zum ohnehin ge-schuldeten Arbeitslohn geleisteten - Fahrtkostenzuschüsse für Fahrten zwischen Wohnung und Ar-beitsstätte mit öffentlichen Verkehrsmitteln und etwaige geldwerten Vorteile bei Job-Tickets sowie et-waige den Rabattfreibetrag (§ 8 Abs. 3 EStG) übersteigende geldwerte Vorteile nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG mit 15 % pauschal erheben. Die Regelung in R 127 Abs. 5 Satz 4 LStR, wonach bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Linienverkehr eine Pauschalierung nicht in Betracht kommt, ist durch die Gesetzesänderung überholt. Die Pauschalierung ist auf den Betrag beschränkt, den der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG). Da die tatsächlichen Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel nach § 9 Abs. 2 Satz 2 EStG grundsätzlich in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar sind, können sie in voller Höhe pauschaliert werden. Der Arbeitgeber braucht also die Höhe der Entfernungspauschale nicht zu ermitteln, da für Fahrtkosten öffentlicher Verkehrsmittel die Begrenzung durch die Entfernungspau-schale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nicht ein-greift. Die etwaigen steuerfreien Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 Satz 9 EStG - Job-Ticket - oder § 8 Abs. 3 EStG - Verkehrsträger -) und die etwaigen pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen sind auf die Entfer-nungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzurechnen (§ 3 c EStG -Job-Ticket-, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 5 EStG - Verkehrsträger -, § 40 Abs. 2 Satz 3 EStG - pauschal besteuerte Beträge -). Daher sind die etwaigen steuerfreien Bezüge in der Lohnsteuerbescheinigung einzutragen (§ 41 b Abs. 1 Nr. 6 EStG), ebenso die pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen (§ 41 b Abs. 1 Nr. 7 EStG). Wenn der Arbeitnehmer bei einem Verkehrsträger beschäftigt ist, so ist der Sachbezug mit dem Preis anzusetzen, den ein dritter Arbeitgeber (Nichtverkehrsträger) an den Verkehrsträger (z.B. für ein Job-Ticket) zu entrichten hätte (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 5 zweiter Halbsatz EStG).

Page 275: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 275

2. Entfernungspauschalen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und 5 EStG) (Absenkung, Sammelbeförderung, Bescheinigungspflichten) Die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die Entfernungspau-schale bei doppelter Haushaltsführung betragen einheitlich für jeden vollen Entfernungskilometer 0,30 Euro. Der jährliche Höchstbetrag der Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beträgt 4.500 Euro. Wie bisher gilt dieser Höchstbetrag nicht, soweit der Arbeitnehmer einen eigenen oder ihm zur Nutzung überlassenen Kraftwagen benutzt. Durch die Absenkung der Entfernungspauschale auf 0,30 Euro verringert sich auch der Betrag, der vom Arbeitgeber bei Zuschüssen zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem Kraftwagen pauschal versteuert werden kann (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG). Für Strecken mit einer steuerfreien Sammelbeförderung durch den Arbeitgeber für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 3 Nr. 32 EStG gilt die Entfernungspauschale nicht mehr (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 3 EStG). Damit die Finanzverwaltung diesen Sachverhalt erkennen kann, hat der Ar-beitgeber in der Lohnsteuerbescheinigung bei unentgeltlicher oder verbilligter Sammelbeförderung den Großbuchstaben F zu bescheinigen (§ 41 b Abs. 1 Nr. 9 EStG). Flugstrecken sind bei den Entfer-nungspauschalen wie bisher ausgenommen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 3 EStG - Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG - doppelte Haushaltsführung -). Auf die Entfernungspauschale für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind steuerfreie und pau-schal besteuerte Arbeitgeberleistungen anzurechnen und zu bescheinigen (siehe Tz. II 1. letzter Ab-satz). 3. Streichung der Zweijahresfrist bei einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung

(§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) Die 1996 eingeführte gesetzliche Zweijahresfrist für die steuerliche Berücksichtigung von Mehraufwen-dungen wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung ist bei Arbeit-nehmer mit eigenem Hausstand ab 1.1.2003 weggefallen. Darüber hinaus gilt dies auch in Fällen, in denen die Einkommensteuer noch nicht formell bestandskräftig oder hinsichtlich der Aufwendungen für eine beruflich veranlaßte doppelte Haushaltsführung vorläufig festgesetzt ist (§ 52 Abs. 23 b EStG i.d.F. StÄndG 2003) oder unter einem wirksamen Nachprüfungsvorbehalt steht (BMF-Schreiben vom 22.12.2003, BStBl 2004 I S. 36). Mit der Streichung der Zweijahresfrist ist die steuerliche Anerkennung von Mehraufwendungen wegen einer aus beruflichem Anlaß begründeten doppelten Haushaltsführung nunmehr grundsätzlich zeitlich unbefristet möglich. Zu den Voraussetzungen der doppelten Haushalts-führung sind die LStR mit Ausnahme etwaiger Äußerungen zur Zweijahresfrist anzuwenden. Zu mögli-chen Folgerungen aus der Gesetzesänderung bei Arbeitnehmern ohne eigenen Hausstand (R 43 Abs. 5 LStR) wird in einem gesonderten BMF-Schreiben Stellung genommen. Der Wegfall der Zweijahresfrist bei doppelter Haushaltsführung hat zur Folge, daß der Arbeitgeber steuerlich abziehbare Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung zeitlich unbefristet steuerfrei zahlen kann (§ 3 Nrn. 13, 16 EStG). Hat der Arbeitgeber die Vergütung bisher aufgrund der Zweijah-resfrist versteuert, so kann er den Lohnsteuerabzug berichtigen, solange er (z.B. für 2003) noch keine Lohnsteuerbescheinigung ausgeschrieben hat (§ 41 c Abs. 3 Satz 1 EStG). 4. Lohnsteuerklasse II (Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, § 24 b EStG) Der Haushaltsfreibetrag (§ 32 Abs. 7 EStG a.F.) wurde aufgehoben und ein Entlastungsbetrag für Al-leinerziehende in Höhe von 1.308 Euro jährlich eingeführt (§ 24 b EStG). Der Entlastungsbetrag für Al-leinerziehende ermäßigt sich (anders als beim früheren Haushaltsfreibetrag) für jeden vollen Kalender-monat, in dem seine Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, um je ein Zwölftel (109 Euro, § 24 b Abs. 3 EStG). Voraussetzung für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist, daß – der Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind i.S.d. § 32 Abs. 1 EStG eine Haushaltsgemein-

schaft in einer gemeinsamen Wohnung bildet,

Page 276: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 276 Heft 1/2005

– das Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und – der Steuerpflichtige und sein Kind in der gemeinsamen Wohnung mit Hauptwohnsitz gemeldet sind. Als alleinstehend i.S.d. Vorschrift gelten Steuerpflichtige, die – nicht die Voraussetzungen für eine Ehegattenbesteuerung erfüllen und – mit keiner anderen Person eine Haushaltsgemeinschaft bilden, es sei denn, für diese steht ihnen

ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu. Eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person wird in der Regel angenommen, wenn die andere Person mit Haupt- oder Neben-wohnsitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist (§ 24 b Abs. 2 EStG).

Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird - wie der frühere Haushaltsfreibetrag - beim Lohnsteu-erabzug mit der Steuerklasse II berücksichtigt (§ 24 b i.V.m. § 38 b Satz 2 Nr. 2 EStG). Bei Ausstellung der Lohnsteuerkarten 2004 von Amts wegen durch die Gemeinden (im Herbst 2003) wurde die Steuer-klasse II nach dem damals geltenden Recht (Haushaltsfreibetrag) eingetragen. Durch die Gesetzesän-derung (Neuregelung Entlastungsbetrag für Alleinerziehende durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004) ist die Steuerklasse II in einer Vielzahl von Fällen unzutreffend geworden, da die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende enger sind als für den früheren Haushaltsfreibetrag. In die-sen Fällen ist der Arbeitnehmer verpflichtet, die Lohnsteuerkarte berichtigen zu lassen (Gemeinde oder FA). Das gilt (aufgrund der neuen Zwölftelung - Monatsprinzip) auch dann, wenn sich die Verhältnisse erst im Laufe des Jahres zu seinen Ungunsten ändern (§ 39 Abs. 4 Satz 1 EStG). Der Arbeitgeber hat nicht zu überprüfen, ob die ihm vorliegende Lohnsteuerkarte 2004 zutreffend die Steuerklasse II aus-weist. Bei der Erstausstellung einer Lohnsteuerkarte 2004 im Laufe des Kalenderjahres 2004 haben die Ge-meinden die Steuerklasse II zu bescheinigen, wenn die Voraussetzungen von § 24 b EStG vorliegen. Bei Ausstellung der Lohnsteuerkarten 2005 von Amts wegen (Herbst 2004) dürfen die Gemeinden die Steuerklasse II nur in den Fällen bescheinigen, in denen der Arbeitnehmer gegenüber der Gemeinde (vor dem 20.9.2004) schriftlich versichert hat, daß die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende vorliegen und ihm seine Verpflichtung bekannt ist, die Eintra-gung der Steuerklasse umgehend ändern zu lassen, wenn diese Voraussetzungen (für einen vollen Kalendermonat) wegfallen (§ 52 Abs. 51 Satz 2 EStG). Gibt ein Arbeitnehmer, auf dessen Lohnsteuer-karte 2004 die Steuerklasse II bescheinigt worden ist, eine solche Versicherung nicht ab, so hat die Gemeinde dies dem FA mitzuteilen (§ 52 Abs. 51 Satz 3 EStG). Besteht (ganz oder teilweise) kein An-spruch auf den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende für 2004, so kommt eine Lohnsteuernachforde-rung (§ 39 Abs. 4 Satz 4 EStG) oder die Berichtigung im Veranlagungsverfahren in Betracht. III. Steuerabzugsverfahren 1. Steuerabzugsverpflichtung bei Arbeitnehmerentsendung (§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG) Zwischen international verbundenen Gesellschaften werden regelmäßig Arbeitnehmer entsandt (s.a. BMF-Schreiben vom 9.11.2001, BStBl 2001 I S. 796). Hat ein in Deutschland ansässiges Unternehmen einen vom ausländischen Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer aufgenommen (Entsendung vom Ausland in das Inland), so war im Allgemeinen das deutsche Unternehmen nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, obgleich das Besteuerungsrecht für die in Deutschland ausgeübte Tätigkeit nach Abkom-mensrecht regelmäßig Deutschland zusteht. Nunmehr ist bei internationaler Arbeitnehmerentsendung das in Deutschland ansässige aufnehmende Unternehmen, das den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, zum Steuerabzug verpflichtet (§ 38 Abs. 1 Satz 2 EStG). Hierfür ist es nicht erforderlich, daß das deutsche Unternehmen den Arbeitslohn im eigenen Namen und für eigene Rech-nung auszahlt. Durch diese Neuregelung kann auch ein deutsches Unternehmen, das lediglich wirtschaftlicher Arbeit-geber i.S. d. Doppelbesteuerungsabkommen, nicht aber arbeitsrechtlicher Arbeitgeber ist, zum Lohnsteuerabzug verpflichtet sein. Wirtschaftlicher Arbeitgeber nach Abkommensrecht ist derjenige, der einen Arbeitnehmer in seinen Geschäftsbetrieb integriert, weisungsbefugt ist und die Vergütungen für die ihm geleistete unselbständige Arbeit wirtschaftlich trägt, sei es, daß er die Vergütung unmittelbar dem betreffenden Arbeitnehmer auszahlt oder daß ein anderes Unternehmen für ihn mit der Arbeits-

Page 277: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 277

vergütung in Vorlage tritt (BFH vom 21.8.1985, BStBl 1986 II S. 4; BMF-Schreiben vom 9.11.2001 zu 2.2. „Arbeitgeber“, BStBl 2001 I S. 796 ). Die Voraussetzung des wirtschaftlichen Tragens ist insbeson-dere auch dann erfüllt, wenn die von dem anderen Unternehmen gezahlte Arbeitsvergütung dem deut-schen Unternehmen weiterbelastet wird. Als inländischer Arbeitgeber ist das deutsche Unternehmen zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer verpflichtet. Die Höhe des Arbeitslohns hat es zu ermitteln. 2. Lohnsteuerabzug bei Lohnzahlungen Dritter (§ 38 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 EStG) Dem Lohnsteuerabzug unterliegt auch der im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten ge-währte Arbeitslohn, wenn der Arbeitgeber weiß oder erkennen kann, daß derartige Vergütungen er-bracht werden. Hiervon wird insbesondere ausgegangen, wenn Arbeitgeber und Dritter verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 AktG sind (§ 38 Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach langjähriger Verwaltungs-auffassung unterliegen Preisvorteile (Rabatte) von dritter Seite dem Lohnsteuerabzug, wenn der Ar-beitgeber an der Verschaffung der Preisvorteile mitgewirkt hat (BMF-Schreiben vom 27.9.1993, BStBl 1993 I S. 814). Die Gesetzesänderung dient im Wesentlichen der gesetzlichen Absicherung der beste-henden Verwaltungspraxis. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die von einem Dritten gewährten Bezüge am Ende des jeweili-gen Lohnzahlungszeitraums anzugeben (§ 38 Abs. 4 Satz 3 erster Halbsatz EStG). Wenn er der Anga-bepflicht nicht nachkommt, ist der objektive Tatbestand der Steuerverkürzung (§ 370 AO) erfüllt. Kann der Arbeitgeber erkennen, daß Drittvergütungen i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 3 EStG geleistet werden, ist er gehalten, seine Arbeitnehmer auf die Angabepflicht und die Folgen eines Pflichtverstoßes hinzuweisen. Macht der Arbeitnehmer keine oder eine erkennbar unrichtige Angabe, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen (§ 38 Abs. 4 Satz 3 zweiter Halbsatz EStG). Eine solche Mittei-lung an das Betriebsstättenfinanzamt hat unverzüglich zu erfolgen, wenn Drittvergütungen vorliegen und der Arbeitgeber bei der (sich aus seiner qualifizierten Mitwirkung oder der Unternehmensverbun-denheit abzuleitenden) gebotenen Sorgfalt erkennen kann, daß die Angaben des Arbeitnehmers unzu-treffend sind. 3. Lohnsteuerabzug durch einen Dritten (§ 38 Abs. 3 a EStG) 3.1. Gesetzliche Verpflichtung bei Erfüllung tarifvertraglicher Geldansprüche (§ 38 Abs. 3 a Satz 1,

§ 39 c Abs. 5 EStG) Ein Dritter, der unmittelbar gegen sich gerichtete tarifvertragliche Arbeitslohnansprüche erfüllt, ist zum Lohnsteuerabzug verpflichtet, wenn es sich um Geldleistungen handelt (§ 38 Abs. 3 a Satz 1 EStG). Damit wird für Sonderfälle die Steuerabzugsverpflichtung eingeführt, in denen z.B. ein drittes Unter-nehmen zentral tarifliche Teilleistungen zahlt, die Arbeitslohn (aus gegenwärtigen oder früheren Dienst-verhältnissen bei zahlreichen Arbeitgebern) sind (z.B. Sozialkassen des Baugewerbes). Die Neurege-lung sichert die steuerliche Erfassung dieser Arbeitslöhne. Der Dritte hat die Pflichten des Arbeitgebers. Die Lohnsteuer für sonstige Bezüge kann er mit einem fe-sten Steuersatz von 20 % erheben. Voraussetzung ist, daß der von dem Dritten für den Arbeitnehmer gezahlte Jahresarbeitslohn einschließlich des sonstigen Bezugs 10.000 Euro nicht übersteigt (§ 39 c Abs. 5 EStG). Der Dritte meldet die Lohnsteuer bei seinem Betriebsstättenfinanzamt an. Der Dritte hat die Lohnsteuerbescheinigung zu erteilen. In den Fällen des § 39 c Abs. 5 EStG kommt es zu einer Pflichtveranlagung des Arbeitnehmers zur Einkommensteuer (§ 46 Abs. 2 Nr. 5 EStG), bei der die Ab-zugsbeträge angerechnet werden. 3.2. Erfüllung der Arbeitgeberpflichten auf Antrag (§ 38 Abs. 3 a Sätze 2 ff. EStG) Das FA kann auf (formlosen schriftlichen) Antrag zulassen, daß ein Dritter die Pflichten des Arbeitge-bers im eigenen Namen erfüllt (§ 38 Abs. 3 a Satz 2 EStG). Die Lohnsteuerabzugsverpflichtung kann damit vom Arbeitgeber auf einen Dritten übertragen werden, wenn der Dritte sich hierzu gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet hat, er den Lohn auszahlt oder er die Arbeitgeberpflichten für von ihm vermittelte Arbeitnehmer übernimmt und die Steuererhebung nicht beeinträchtigt wird (§ 38 Abs. 3 a

Page 278: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 278 Heft 1/2005

Satz 3 EStG). Voraussetzung für die Übertragung ist, daß das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten im Einvernehmen mit dem Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers zustimmt. Diese Zustimmung wird nur erteilt, wenn der Dritte für den gesamten Arbeitslohn die Lohnsteuerabzugsverpflichtung übernimmt. Die das Lohnsteuerverfahren betreffenden Vorschriften (z.B. Lohnsteuer-Anmeldung, Lohnsteuerbe-scheinigung) sind dann auf den Dritten mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Dritte an die Stelle des Arbeitgebers tritt (§ 38 Abs. 3 a Satz 6 EStG). Die Regelung ermöglicht es, daß der Dritte die Arbeits-löhne zusammenfassen kann (§ 38 Abs. 3 a letzter Satz EStG). Diese Neuregelung dient im wesentlichen dazu, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen für die in be-stimmten Fällen zum Teil seit langem geübte und den Finanzämtern bekannte Handhabung (z.B. zu-sammengefaßte Lohnabrechnung von Mehrfacharbeitsverhältnissen eines Arbeitnehmers im Konzern-verbund, studentische Arbeitsvermittlungen, zentrale Abrechnungsstellen bei den Kirchen, Arbeitneh-mern von Wohneigentümergemeinschaften). In solchen bereits praktizierten Fällen der Übernahme der Arbeitgeberpflichten durch einen Dritten ist daher ein (neuer) Antrag nicht erforderlich. Die gesamte Neuregelung, insbesondere die Haftung, ist auch in diesen Altfällen anzuwenden. Der Dritte haftet in beiden Fallgruppen neben dem Arbeitgeber gemäß § 42 d Abs. 9 EStG. Es besteht eine Gesamtschuldnerschaft zwischen Arbeitgeber, dem Dritten und dem Arbeitnehmer. Eine Haf-tungsinanspruchnahme des Arbeitgebers unterbleibt, wenn beim Arbeitnehmer selbst eine Nachforde-rung unzulässig ist, weil der Mindestbetrag von 10 Euro nicht überschritten ist (§ 42 d Abs. 5 EStG). Für die Lohnsteuer-Außenprüfung ist in Fällen des § 38 Abs. 3 a EStG das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten zuständig; eine Außenprüfung ist aber auch noch beim Arbeitgeber möglich (§ 42 f Abs. 3 EStG). 4. Permanenter Lohnsteuer-Jahresausgleich (§ 39 b Abs. 2 Satz 13 EStG) Nach § 39 b Abs. 2 Satz 13 EStG kann zugelassen werden, die Lohnsteuer nach dem voraussichtli-chen Jahresarbeitslohn zu ermitteln (sog. permanenter Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeit-geber). Die Zustimmung ist nicht mehr von der Oberfinanzdirektion, sondern vom Betriebsstättenfi-nanzamt einzuholen. Die Einzelheiten zum Verfahren ergeben sich aus R 121 LStR. 5. Freistellungsbescheinigung für ausländische Verleiher (§ 39 b Abs. 6 EStG) In § 39 b Abs. 6 Satz 1 EStG wird nunmehr auf den Arbeitgeber (§ 38 EStG) verwiesen (bisher „inländi-schen Arbeitgeber“). Das bedeutet, daß das Betriebsstättenfinanzamt jedem zum Lohnsteuerabzug Verpflichteten (wie z.B. einem ausländischen Verleiher) eine Freistellungsbescheinigung erteilen kann, wenn hierfür die Voraussetzungen nach einem Doppelbesteuerungsabkommen vorliegen. Es bestehen keine Bedenken, ggf. auch für Zeiträume vor 2004 dementsprechend zu verfahren. 6. Lohnsteuer-Anmeldung (§ 41 a EStG) Für nach dem 31.12.2004 endende Anmeldungszeiträume hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer-Anmel-dungen elektronisch zu übermitteln (§ 41 a Abs. 1, § 52 Abs. 52 b EStG i.d.F. StÄndG 2003). Zur Ver-meidung von unbilligen Härtefällen kann das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag die Abgabe in Pa-pierform weiterhin zulassen. Ein Härtefall kann vorliegen, wenn und solange es dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, die technischen Voraussetzungen einzurichten, die für die Übermittlung der elektroni-schen Lohnsteuer-Anmeldung nach der Steuerdaten-Übermittlungsverordnung vom 28.1.2003 (BGBl 2003 I S. 139, BStBl 2003 I S. 162) erforderlich sind. Ab 1.1.2004 entfällt die bisher bei verspäteter Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung eingeräumte Abga-beschonfrist von 5 Tagen (BMF-Schreiben vom 1.4.2003, BStBl 2003 I S. 239; derzeit noch abrufbar unter www.bundesfinanzministerium.de/Aktuelles/BMF-Schreiben). Für alle Steuern, zurückzuzahlende Steuervergütungen und Haftungsschulden wurde die sog. Zah-lungs-Schonfrist gem. § 240 Abs. 3 Satz 1 AO 1977 von bisher 5 auf nunmehr 3 Tage verkürzt. Danach werden Säumniszuschläge in Höhe von 1 v.H. des rückständigen Betrags erhoben, wenn die Abfüh-rung der Steuerabzugsbeträge nicht bis zum Ablauf von 3 Tagen nach Fälligkeit erfolgt. Bei Überwei-

Page 279: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 279

sung oder Einzahlung auf ein Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gilt die Zahlung an dem Tag als wirksam geleistet, an dem der Betrag gutgeschrieben wird. Bei erteilter Einzugsermächtigung an das FA ist die Verkürzung der Zahlungs-Schonfrist ohne Bedeutung. Die Regelung, daß bei Zahlung durch Übersendung eines Schecks an das FA die Zahlungsschonfrist nicht gilt, behält weiterhin Gültigkeit, so daß auch zukünftig bei Verwendung dieses Zahlungsmittels sofort Säumniszuschläge anfallen, wenn der Eingang beim FA erst nach Ablauf des Fälligkeitstages erfolgt. 7. Bescheinigungspflichten (§ 41 b EStG) In der Lohnsteuerbescheinigung gab es bisher Pflichtbescheinigungen und freiwillige Bescheinigungen (wie z.B. Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, R 135 Abs. 7 LStR und die ent-sprechenden Vordrucke). Die Gruppe der freiwilligen Bescheinigungen ist weggefallen und - automati-onsgerecht - zu Pflichtbescheinigungen geworden (Erweiterung der Aufzählung in § 41 b Abs. 1 Satz 2 EStG). R 135 Abs. 7 LStR ist damit durch Gesetzesänderung überholt. Auf folgende Änderungen wird besonders hingewiesen: – amtlicher Schlüssel der Gemeinde, die die Lohnsteuerkarte ausgestellt hat (§ 41 b Abs. 1 Nr. 1

EStG). Der amtliche Gemeindeschlüssel ist auch im Lohnkonto einzutragen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LStDV i.d.F. StÄndG 2003,

– der Großbuchstabe S, wenn der sonstige Bezug nach § 39 b Abs. 3 Satz 2 EStG versteuert wurde

(§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG, Tz. IV 2.), – die auf die Entfernungspauschale anzurechnenden steuerfreien Arbeitgeberleistungen für Fahrten

zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und die pauschal besteuerten Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und 7 EStG, Tz. II 1. und 2.),

– der Großbuchstabe F bei steuerfreier Sammelbeförderung (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 EStG,

Tz. II 2.), – die nach § 3 Nrn. 13 und 16 EStG steuerfrei gezahlten Verpflegungszuschüsse und Vergütungen

bei doppelter Haushaltsführung (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 10 EStG; nach der Einleitung in § 41 b Abs. 1 Satz 2 EStG ist „Auf Grund der Eintragungen im Lohnkonto“ zu bescheinigen, so daß eine Bescheinigung nicht zwingend ist, wenn das Betriebsstättenfinanzamt nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 LStDV eine andere Aufzeichnung als im Lohnkonto zugelassen hat),

– die nach § 3 Nr. 62 steuerfrei gezahlten Zuschüsse zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversiche-

rung (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 EStG), – der Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 EStG). Dabei ist der Großbuchstabe S in der Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung vor dem Arbeitslohn zu vermerken, der Großbuchstabe F in der Zeile 17 (vgl. BMF-Schreiben vom 21.10.2003, BStBl 2003 I S. 559 zur Besonderen Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2004). 8. Betrieblicher Lohnsteuer-Jahresausgleich (§ 42 b Abs. 1 EStG) Der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber darf nur für unbeschränkt einkommensteuer-pflichtige Arbeitnehmer durchgeführt werden, die während des gesamten Ausgleichjahres in einem Dienstverhältnis gestanden (§ 42 b Abs. 1 Satz 1 EStG) und bei Arbeitgeberwechsel dem Arbeitgeber neben der Lohnsteuerkarte auch Lohnsteuerbescheinigungen aus vorangegangenen Dienstverhältnis-sen vorgelegt haben (§ 42 b Abs. 1 Satz 3 EStG). Verzichtet der Arbeitnehmer künftig bei elektroni-scher Lohnsteuerbescheinigung (Tz. V) auf die Vorlage des Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuer-bescheinigung, so ist ein betrieblicher Jahresausgleich nicht zulässig. Der Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber ist auch nicht mehr zulässig, wenn bei der Lohnsteuerberechnung ein auf der Lohnsteuerkarte eingetragener Freibetrag (§ 39 a EStG) zu berück-

Page 280: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 280 Heft 1/2005

sichtigen war (§ 42 b Abs. 1 Satz 4 Nr. 3 a EStG); Gleiches gilt wie bisher für den Hinzurechnungsbe-trag. 9. Abfindungsentschädigungen als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte (§ 49 Abs. 1 Nr. 4

Buchstabe d EStG) Entlassungsentschädigungen i.S.d. § 24 Nr. 1 EStG an beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeit-nehmer sind inländische Einkünfte i.S.d. § 49 EStG, soweit die Einkünfte, die für die zuvor ausgeübte Tätigkeit bezogenen werden, der inländischen Besteuerung unterlegen haben (§ 49 Abs. 1 Nr. 4 Buch-stabe d EStG). Die Lohnsteuerabzugsverpflichtung hierfür ergibt sich aus § 39 d Abs. 3 EStG. Beispiel: Das Dienstverhältnis von Arbeitnehmer A (60 Jahre) wird nach einer Beschäftigung (über 20 Jahre) für den Arbeitgeber B in Deutschland zum 1.4.2004 vorzeitig gegen Abfindung aufgelöst. A zieht am 1.3.2004 in die Schweiz um. Am 10.4.2004 erhält er eine Abfindung wegen der Auflösung des Dienst-verhältnisses von 36.000 Euro. Die bisherigen Einkünfte (Arbeitslohn) haben der inländischen Besteuerung unterlegen, so daß die Ab-findung als inländische Einkünfte gem. § 49 Abs. 1 Nr. 4 d EStG i.H.v. 25.000 Euro (36.000 Euro - 11.000 Euro höchster Freibetrag nach § 3 Nr. 9 EStG) der beschränkten Einkommensteuerpflicht unter-liegt. Eine ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG im Lohnsteuerabzugsverfahren kommt nicht in Be-tracht (§ 39 d Abs. 2, § 50 Abs. 1 Sätze 3 und 4 EStG). Ob der Bundesrepublik Deutschland für die inländischen Einkünfte das Besteuerungsrecht zusteht, ist dann im Weiteren unter Beachtung eines ggf. anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen zu ent-scheiden (vgl. auch das BFH-Urteil vom 10.7.1996, BStBl 1997 II S. 341 und das BMF-Schreiben vom 20.5.1997, BStBl 1997 I S. 560). 10. Steuerfreistellung ausländischer Einkünfte (§ 50 d Abs. 8 EStG) Nach § 50 d Abs. 8 EStG sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit, für die das Besteuerungsrecht nach einem Doppelbesteuerungsabkommen einem anderen Staat zusteht, gleichwohl in Deutschland zu besteuern, soweit der Steuerpflichtige nicht nachweist, daß der (ausländische) Tätigkeitsstaat auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder daß die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern tatsächlich entrichtet wurden. Dies gilt auch dann, wenn nach dem einschlägigen DBA eine Rückfallklausel nicht vorgesehen ist. Diese Nachweispflicht betrifft das Veranlagungsverfahren; sie ist im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht anzuwenden. Das Betriebsstättenfinanzamt kann daher weiterhin auf Antrag des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers eine Freistellungsbescheinigung erteilen (§ 39 b Abs. 6 Satz 1 EStG). Das Betriebs-stättenfinanzamt soll dann in der Freistellungsbescheinigung auf die Nachweispflicht im Veranlagungs-verfahren hinweisen. Hat der Arbeitgeber den Antrag auf Freistellungsbescheinigung gestellt, sollte er seinem Arbeitnehmer einen solchen Hinweis auf die Nachweispflicht im Veranlagungsverfahren weiter-geben. Einen Einkommensteuerbescheid, in dem solche Einkünfte der deutschen Besteuerung unter-worfen wurden, kann zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert werden, sobald dieser die tatsächliche Besteuerung im Ausland nachweist. Dadurch ist sichergestellt, daß eine Doppelbesteuerung vermieden wird. Da § 175 Abs. 1 Satz 2 AO anzuwenden ist, beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalen-derjahres, in dem das rückwirkende Ereignis (= Zahlung der festgesetzten Steuer im Ausland) eintritt (§ 50 d Abs. 8 Satz 3 EStG). IV. Lohnsteuerberechnung, Programmablaufplan 2004 1. Wegfall der 150 Euro-Grenze (§ 39 b Abs. 3 Satz 2 EStG a.F.) Bisher wurden sonstige Bezüge bis zu 150 Euro dem laufenden Arbeitslohn hinzugerechnet (§ 39 b Abs. 3 Satz 8 EStG). Diese Ausnahme wurde aufgehoben, weil sie bei der heute üblichen maschinellen Lohnabrechnung überholt ist. Die Änderung ist im Programmablaufplan 2004 (Tz. IV 4.) berücksichtigt.

Page 281: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 281

2. Berechnung bei sonstigem Bezug und Arbeitgeberwechsel (§ 39 b Abs. 3 Satz 2 EStG), Großbuchstabe S (§ 41 Abs. 1 Satz 7 EStG)

Die Versteuerung des sonstigen Bezugs richtet sich nach dem voraussichtlichen Jahresarbeitslohn (§ 39 b Abs. 3 Satz 1 EStG). Bei einem Arbeitgeberwechsel ist der für diese Ermittlung notwendige Ar-beitslohn aus einem vorangegangenen Dienstverhältnis bzw. mehreren vorangegangenen Dienstver-hältnissen dem neuen Arbeitgeber nicht mehr zwingend bekannt, wenn der Vorarbeitgeber eine elek-tronische Lohnsteuerbescheinigung übermittelt (vgl. dazu Tz. V) und der Arbeitnehmer dem neuen Ar-beitgeber den früheren Arbeitslohn nicht mitteilt. In einem solchen Fall kann der neue Arbeitgeber den Arbeitslohn für die vom Arbeitnehmer anzugebenden früheren Beschäftigungszeiten des laufenden Kalenderjahres mit dem Betrag ansetzen, der sich aus der Hochrechnung des laufenden Arbeitslohns im Monat der Zahlung des sonstigen Bezugs entsprechend der Beschäftigungsdauer bei früheren Ar-beitgebern ergibt (§ 39 b Abs. 3 Satz 2 EStG; R 119 Abs. 3 Satz 6 LStR i.d.F. LStÄR 2004 vom 8.10.2003, BStBl 2003 I S. 455). Da diese Hochrechnung zu einer ungenaueren Lohnsteuer für den sonstigen Bezug führen kann, hat der Arbeitgeber bei Anwendung dieser Methode im Lohnkonto den Großbuchstaben S einzutragen (§ 41 Abs. 1 Satz 7 EStG) und auch zu bescheinigen (§ 41 b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG). Es kommt zu einer Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer (§ 46 Abs. 2 Nr. 5 a EStG). 3. Fünftelungsregelung bei negativem Arbeitslohn (§ 39 b Abs. 3 Satz 9 EStG) Bei der Ermittlung der Lohnsteuer für einen begünstigten sonstigen Bezug ist nunmehr § 34 Abs. 1 Satz 3 EStG sinngemäß anzuwenden (§ 39 b Abs. 3 Satz 9 zweiter Halbsatz EStG), damit Einkommen-steuernachzahlungen vorgebeugt wird. Die Neuregelung betrifft die Sonderfälle, in denen bei Anwen-dung der Fünftelungsregelung das zu versteuernde Einkommen (= steuerpflichtige Arbeitslohn) negativ ist (z.B. wegen eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte) und erst durch Hinzurechnung der außeror-dentlichen Einkünfte (z.B. steuerpflichtiger Teil einer Abfindung) positiv wird. Diese Gesetzesänderung ist in dem Programmablaufplan 2004 (Tz. IV 4.) noch nicht berücksichtigt. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Arbeitgeber mit maschineller Lohnabrechnung bis zur Veröf-fentlichung einer entsprechenden Ergänzung des Programmablaufplans die Gesetzesänderung nicht berücksichtigt. 4. Programmablaufplan 2004 Auf den aktuellen Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzube-haltenden Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Maßstabsteuer für die Kirchenlohnsteuer in 2004 vom 18.12.2003 (BStBl 2003 I S. 750) wird hingewiesen. Der Programmablaufplan steht unter http://www.bundesfinanzministerium.de/lohnsteuer;621/htm zur Verfügung. Zur (anstehenden) Ergän-zung wegen der Fünftelungsregelung bei negativem Arbeitslohn siehe Tz. IV 3. Die Änderung bei der Grenzgängerregelung nach dem Zusatzabkommen zum DBA-Belgien (BGBl 2003 II S. 1615) ab 2004 wird in dem Programmablaufplan nicht berücksichtigt. Im Lohnsteuerabzugs-verfahren ist in diesen Fällen die nach dem Programmablaufplan 2004 berechnete Lohnsteuer um 8 % zu mindern und die geminderte Lohnsteuer zu bescheinigen. Gleiches gilt für den Solidaritätszuschlag. V. Elektronische Lohnsteuerbescheinigung (§ 41 b EStG), Übergangsregelung 1. Einführung, Übergangsregelung Arbeitgeber mit maschineller Lohnabrechnung sind ab dem Kalenderjahr 2004 verpflichtet, die Lohnsteuerbescheinigung spätestens bis zum 28.2. des Folgejahres nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung an die amtlich bestimmte Stelle elektronisch zu übermitteln (elektronische Lohnsteuerbescheinigung; § 41 b EStG), bei ganzjähriger Beschäftigung eines Arbeit-nehmers also erstmals bis 28.2.2005. Das Verfahren (vgl. dazu Tz. V 2.) wird derzeit für die flächen-deckende Anwendung vorbereitet (es soll dafür noch eine nach allgemeiner Automationspraxis gebo-tene „Anmeldung des Arbeitgebers“ erarbeitet werden). Dann soll ein BMF-Schreiben gemäß der Steu-

Page 282: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 282 Heft 1/2005

erdaten-Übermittlungsverordnung vom 28.1.2003 (BGBl 2003 I S. 139, BStBl 2003 I S. 162) veröffent-licht werden („Startschreiben“ etwa Sommer 2004). Daher und weil es einer gewissen Zeit bedarf, bis das neue Verfahren von den Arbeitgebern allgemein in den Lohnabrechnungsverfahren berücksichtigt werden kann, ist bei unterjähriger Beendigung des Dienstverhältnisses eines Arbeitnehmers im Jahr 2004 nicht zu beanstanden, wenn dabei nach bisheri-ger Praxis verfahren wird: Erteilung einer maschinellen Lohnsteuerbescheinigung und deren fester Ver-bindung mit der Lohnsteuerkarte. Die zusätzlichen Bescheinigungen aufgrund der Gesetzesänderun-gen (vgl. Tz. III 7.) sind dabei zu berücksichtigen, soweit sie sich nicht bereits (wie z.B. der amtliche Gemeindeschlüssel) aus der Lohnsteuerkarte ergeben. Bei ganzjähriger Beschäftigung im Kalenderjahr 2004 ist bei maschineller Lohnabrechnung die Lohnsteuerbescheinigung elektronisch zu übermitteln. Auf Verlangen eines beschränkt einkommens-teuerpflichtigen Arbeitnehmers ist auch die besondere Lohnsteuerbescheinigung als elektronische Lohnsteuerbescheinigung zu übermitteln (§ 39 d Abs. 3 Satz 5 EStG). 2. Verfahrensbeschreibung Für die Datenfernübertragung hat der Arbeitgeber aus dem Namen, Vornamen und Geburtsdatum des Arbeitnehmers ein Ordnungsmerkmal nach amtlich festgelegter Regel für den Arbeitnehmer zu bilden und zu verwenden. Die Finanzverwaltung stellt die zur Bildung dieses lohnsteuerlichen Ordnungs-merkmals (sog. eTIN) notwendigen Informationen zur Verfügung. Dieses lohnsteuerliche Ordnungs-merkmal (sog. eTIN) ist in die elektronische Lohnsteuerbescheinigung aufzunehmen. (Die eTIN wird durch das einheitliche und dauerhafte steuerliche Ordnungsmerkmal - § 139 a ff. Abgabenordnung - nach dessen Einrichtung abgelöst werden.) Die Datenübermittlung an die Clearingstelle der Finanzver-waltung erfolgt auf Basis des vorgegebenen amtlichen Übermittlungssatzes unter Nutzung des amtlich vorgegebenen Verschlüsselungsverfahrens. Die zur Datenfernübertragung der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung notwendigen Informatio-nen, insbesondere – die Verfahrensbeschreibung, – den Algorhythmus für die Bildung des für die Datenübermittlung zu verwendenden amtlichen Ord-

nungsmerkmals nach dem Namen, Vornamen und Geburtsdatum des Arbeitnehmers, – die Datensatzbeschreibung, – das Muster für den Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer, – die zur Übersendung an die Clearingstelle notwendigen IP-Adressen, – die Vorgaben für die Verschlüsselung der Daten sowie – Muster und Beispiele zur Einrichtung des Verfahrens sind im Internet unter www.elsterlohn.de abrufbar. Die Internetadresse lautet für bisher nicht registrierte Benutzer des ElsterLohn-Verfahrens: https://www.elster.de/ssl/main-ent-teil-01.htm und für bereits registrierte Benutzer: https://www.elster.de/ssl/secure/main-ent-mit-elo-down-01.htm. (Für Privathaushalte soll ab dem Kalenderjahr 2005 im Rahmen des ELSTER-Konzepts ein kostenlo-ses Übertragungsprogramm für die elektronische Übermittlung von Lohnsteuerbescheinigungen ange-boten werden.) Der Arbeitgeber hat die elektronische Lohnsteuerbescheinigung nach Ablauf des Kalenderjahres bis zum 28.2. des Folgejahres zu übermitteln; bei unterjähriger Beendigung des Dienstverhältnisses ist die Übermittlung im Laufe des Kalenderjahres zulässig. Ab 2006 ist nur noch für Privathaushalte in be-

Page 283: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 283

stimmten Fällen eine Ausnahme von der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung vorgesehen (§ 52 Abs. 52 c Satz 3 EStG). Dem Arbeitnehmer ist ein nach amtlich vorgeschriebenem Muster gefertigter Ausdruck der elektroni-schen Lohnsteuerbescheinigung mit Angabe des lohnsteuerlichen Ordnungsmerkmals auszuhändigen oder elektronisch bereitzustellen (§ 41 b Abs. 1 Satz 3 EStG). Das Muster soll mit dem „Startschreiben“ (Tz. V 1.) veröffentlicht werden. Hat der Arbeitgeber die elektronische Lohnsteuerbescheinigung übermittelt, ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr möglich (§ 41 c Abs. 3 Satz 1 EStG). Dies gilt nicht für die bloße Korrek-tur eines zunächst unrichtig übermittelten Datensatzes. Die Anzeigeverpflichtung nach § 41 c Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG bleibt unberührt. 3. Behandlung der Lohnsteuerkarten Die Lohnsteuerkarten werden bis auf weiteres wie bisher ausgestellt (geprüft wird derzeit in Verbindung mit dem neuen steuerlichen Identifikationsmerkmal - §§ 139 a ff. Abgabenordnung - der mögliche Übergang auf eine zentrale Datenbank mit den Besteuerungsmerkmalen des Arbeitnehmers, sog. elektronische Lohnsteuerkarte). Der Arbeitnehmer muss seine Lohnsteuerkarte wie bisher dem Arbeit-geber vorlegen, dieser hat die Lohnsteuerkarte während des laufenden Kalenderjahres aufzubewahren (§ 39 b Abs. 1 EStG, R 114 LStR). Wenn das Dienstverhältnis vor Ablauf des Kalenderjahres beendet wird (unterjähriges Dienstverhältnis), hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Lohnsteuerkarte aus-zuhändigen (§ 41 b Abs. 1 Satz 4 EStG). Der Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung für den Arbeitnehmer ist nicht mit der Lohnsteuerkarte zu verbinden. Nach Ablauf des Kalenderjahres hat der Arbeitgeber die Lohnsteuerkarten, die keine Lohnsteuerbe-scheinigungen enthalten, entweder aufzubewahren (§ 147 AO) oder zu vernichten (§ 41 b Abs. 1 Satz 6 EStG). Lohnsteuerkarten ohne Lohnsteuerbescheinigung dürfen vom Arbeitgeber nach Ablauf des Kalender-jahres nicht an seine Arbeitnehmer ausgegeben werden. Lohnsteuerkarten, die (künftig) ausnahms-weise eine Lohnsteuerbescheinigung enthalten (z.B. weil der Arbeitnehmer zu Beginn des Jahres bei einem Arbeitgeber ohne maschinelle Lohnabrechnung gearbeitet hat), sind den Arbeitnehmern auszu-händigen (§ 41 b Abs. 1 Satz 5 EStG). VI. Anwendung Diese Änderungen sind nach den allgemeinen Regeln beim Steuerabzug vom laufenden Arbeitslohn erstmals für einen nach dem 31.12.2003 endenden Lohnzahlungszeitraum anzuwenden und beim Steuerabzug auf sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2003 zufließen. Handelt es sich danach um Ar-beitslohn des Kalenderjahres 2004, sind z.B. bei den Abfindungen und Zuschlägen nach § 3 b EStG die neuen Obergrenzen (Tz. I) maßgebend, auch wenn die Abfindung im Jahr 2003 vereinbart oder die zu-schlagsbegünstigte Arbeit im Jahr 2003 geleistet wurde (§ 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG).“ Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer BKPV 98/2005 BMF-Schreiben vom 7.1.2004 - IV A 6 - S 2145 - 71/03 (BStBl 2004 I S. 143) „Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b, § 9 Abs. 5 und § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG Folgendes: I. Grundsatz

1 Die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist durch das Jahressteuergesetz 1996 (BGBl 1995 I S. 1250, BStBl 1995 I S 438) von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht worden. Unverändert muß zunächst geprüft werden,

Page 284: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 284 Heft 1/2005

ob ein häusliches Arbeitszimmer vom Grundsatz her steuerlich anzuerkennen ist. Auch wenn danach ein häusliches Arbeitszimmer vorliegt, kann der Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeits-zimmer als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG ausgeschlossen oder eingeschränkt sein. Durch das Jahressteuergesetz 1997 (BGBl 1996 I S. 2049, BStBl 1996 I S. 1523) wurden die Einschränkungen auf den Sonderausgabenbereich ausge-dehnt (Aufwendungen für die Berufsausbildung in einem nicht ausgeübten Beruf, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). II. Inhalt der gesetzlichen Regelung

2 Unter die Regelungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b und § 9 Abs. 5 EStG fällt die Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zur Erzielung von Einkünften aus sämtlichen Einkunftsarten, also auch z.B. im Rahmen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, von Kapitaleinkünften oder von sonsti-gen Einkünften. Eine Mitbenutzung zu eigenen Ausbildungszwecken ist unbeachtlich. Danach sind drei Fallgruppen zu unterscheiden: 1. Unbegrenzter Abzug

3 Steuerpflichtige, bei denen das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, dürfen die Aufwendungen unbegrenzt als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen. 2. Auf 1.250 EUR begrenzter Abzug

4 Ist das Arbeitszimmer nicht Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, dürfen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer insgesamt nur bis zu 1.250 EUR je Wirtschaftsjahr oder Veranlagungszeitraum als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers a) mehr als die Hälfte der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beansprucht (Zeitgrenze)

oder b) für die betriebliche oder für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

5 Der Betrag von 1.250 EUR ist kein Pauschbetrag. Die Aufwendungen dürfen daher nur bis zu 1.250 EUR als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie - bis zu dieser Höhe - nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Es handelt sich um einen personenbezogenen Höchstbetrag, der nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten in Anspruch genommen werden kann, sondern ggf. auf die unterschiedlichen Tätigkeiten aufzuteilen ist (Rn. 14 - 16). 3. Abzugsverbot

6 In allen anderen Fällen dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausga-ben oder Werbungskosten abgezogen werden. III. Begriff des häuslichen Arbeitszimmers

7 Ein häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist, vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient (BFH-Urteile - VI R 70/01 - vom 19.9.2002, BStBl 2003 II S. 139 und - XI R 89/00 - vom 16.10.2002, BStBl 2003 II S. 185) und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zu betrieblichen und/oder beruflichen Zwecken genutzt wird. Es muß sich aber nicht zwingend um Arbeiten büromäßiger Art handeln; ein häusliches Arbeitszimmers kann auch bei geistiger, künstlerischer oder schriftstellerischer Betätigung gegeben sein. In die häusli-che Sphäre eingebunden ist ein als Arbeitszimmer genutzter Raum regelmäßig dann, wenn er zur pri-

Page 285: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 285

vaten Wohnung oder zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehört. Dies betrifft nicht nur die Wohn-räume, sondern ebenso Zubehörräume (BFH-Urteil vom 26.2.2003, VI R 130/01, BStBl 2004 II S. 74, und BFH-Urteil vom 19.9.2002, VI R 70/01). So kann auch ein Raum z.B. im Keller oder unter dem Dach (Mansarde) des Wohnhauses, in dem der Steuerpflichtige seine Wohnung hat, ein häusliches Ar-beitszimmer sein. Dagegen kann es sich bei einem im Keller eines Mehrfamilienhauses befindlichen Raum, der nicht zur Privatwohnung des Steuerpflichtigen gehört, sondern zusätzlich angemietet wurde, um ein außerhäus-liches Arbeitszimmer handeln (BFH-Urteil vom 26.2.2003, VI R 160/99, BStBl 2003 II S. 515). Maßge-bend ist, ob eine innere häusliche Verbindung des Arbeitszimmers mit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen besteht. Dabei ist das Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall entscheidend. Für die Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b, des § 9 Abs. 5 und des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist es ohne Bedeutung, ob die Wohnung, zu der das häusliche Arbeitszimmer gehört, gemietet ist oder ob sie sich im Eigentum des Steuerpflichtigen befindet. Auch mehrere Räume können als ein häusliches Arbeits-zimmer anzusehen sein; die Abtrennung der Räumlichkeiten vom übrigen Wohnbereich ist erforderlich. Beispiele: a) Ein häusliches Arbeitszimmer liegt in folgenden Fällen regelmäßig vor: – häusliches Büro eines selbstständigen Handelsvertreters, eines selbstständigen Übersetzers oder

eines selbstständigen Journalisten – bei Anmietung einer unmittelbar angrenzenden oder unmittelbar gegenüberliegenden Zweitwoh-

nung in einem Mehrfamilienhaus (BFH-Urteile vom 26.2.2003, VI R 124/01 und VI R 125/01, BStBl 2004 II S. 72).

– häusliches ausschließlich beruflich genutztes Musikzimmer der freiberuflich tätigen Konzertpiani-

stin, in dem diese Musikunterricht erteilt. b) Ein häusliches Arbeitszimmer liegt in folgenden Fällen regelmäßig nicht vor: – Arzt-, Steuerberater- oder Anwaltspraxis grenzt an das Einfamilienhaus an oder befindet sich im

selben Gebäude wie die Privatwohnung, wenn diese Räumlichkeiten für einen intensiven und dau-erhaften Publikumsverkehr geöffnet und z.B. bei häuslichen Arztpraxen für Patientenbesuche und -Untersuchungen eingerichtet sind (BFH-Urteil vom 5.12.2002, IV R 7/01, BStBl 2003 II S. 463 zu einer Notfallpraxis und Negativabgrenzung im BFH-Urteil vom 23.1.2003, IV R 71/00, BStBl 2004 II S. 43 zur Gutachtertätigkeit einer Ärztin).

– In einem Geschäftshaus befindet sich neben der Wohnung des Bäckermeisters die Backstube, der

Verkaufsraum, ein Aufenthaltsraum für das Verkaufspersonal und das Büro, in dem die Buchhal-tungsarbeiten durchgeführt werden. Das Büro ist in diesem Fall aufgrund der Nähe zu den übrigen Betriebsräumen nicht als häusliches Arbeitszimmer zu werten.

– Im Keller ist ein Arbeitsraum belegen, der - anders als z.B. ein Archiv (BFH-Urteil - VI R 70/01 -

vom 19.9.2002, BStBl 2003 II S. 139) - keine (Teil-)Funktionen erfüllt, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen, z.B. Lager für Waren und Werbematerialien (BFH vom 19.3.2003, VI R 40/01, BFH/NV 2003 S. 1163).

IV. Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit

8 Ein häusliches Arbeitszimmer ist der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen, wenn er nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse und der Tätigkeits-merkmale dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeüb-ten Betrieb oder Beruf wesentlich und prägend sind. Der Tätigkeitsmittelpunkt i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 EStG bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der be-trieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt im Rahmen dieser Würdigung lediglich eine indizielle Bedeutung zu; das zeitliche Überwiegen der außerhäuslichen Tätigkeit schließt einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer

Page 286: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 286 Heft 1/2005

nicht von vornherein aus (BFH-Urteile vom 13.11.2002, VI R 82/01, BStBl 2004 II S. 62; VI R 104/01, BStBl 2004 II S. 65; VI R 28/02, BStBl 2004 II S. 59). Übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus oder um-faßt eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit mehrere unterschiedliche Aufgabenbereiche, bildet das Arbeitszimmer nur dann den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, wenn sich der Mittelpunkt jeder einzelnen betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit oder jedes einzelnen Auf-gabenbereichs im Arbeitszimmer befindet (BFH-Urteil vom 23.9.1999, VI R 74/98, BStBl 2000 II S. 7 ). Der unbegrenzte Abzug der Aufwendungen scheidet daher aus, wenn neben einer Haupttätigkeit, de-ren Mittelpunkt sich im häuslichen Arbeitszimmer befindet, eine weitere Tätigkeit oder ein weiterer Auf-gabenbereich mit anderweitigem Mittelpunkt wahrgenommen wird. Das gilt nicht, wenn alle weiteren Tätigkeiten mit anderweitigem Mittelpunkt zusammen von ganz untergeordneter Bedeutung sind. Das häusliche Arbeitszimmer und der Außendienst können nicht gleichermaßen „Mittelpunkt" der berufli-chen Betätigung eines Steuerpflichtigen i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 2. Halbsatz EStG sein (BFH vom 21.2.2003, VI R 14/02, BStBl 2004 II S. 68). Beispiele, in denen das häusliche Arbeitszimmer Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und berufli-chen Betätigung bilden kann: – Bei einem Verkaufsleiter, der zur Überwachung von Mitarbeitern und zur Betreuung von Großkun-

den auch im Außendienst tätig ist, kann das häusliche Arbeitszimmer Tätigkeitsmittelpunkt sein, wenn er dort die für den Beruf wesentlichen Leistungen (z.B. Organisation der Betriebsabläufe) er-bringt (BFH-Urteil vom 13.11.2002, VI R 104/01, BStBl 2004 II S. 65).

– Bei einem Ingenieur, dessen Tätigkeit durch die Erarbeitung theoretischer, komplexer Problemlö-

sungen im häuslichen Arbeitszimmer geprägt ist, kann dieses auch dann der Mittelpunkt der beruf-lichen Betätigung sein, wenn die Betreuung von Kunden im Außendienst ebenfalls zu seinen Auf-gaben gehört (BFH-Urteil vom 13.11.2002, VI R 28/02, BStBl 2004 II S. 59).

– Bei einem Praxis-Consultant, der ärztliche Praxen in betriebswirtschaftlichen Fragen berät, betreut

und unterstützt, kann das häusliche Arbeitszimmer auch dann den Mittelpunkt der gesamten beruf-lichen Tätigkeit bilden, wenn er einen nicht unerheblichen Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst verbringt (BFH-Urteil vom 29.4.2003, VI R 78/02, BStBl 2004 II S. 76).

Beispiele, in denen das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und berufli-chen Betätigung bildet: – Bei einem - freien oder angestellten - Handelsvertreter liegt der Tätigkeitsschwerpunkt außerhalb

des häuslichen Arbeitszimmers, wenn die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durch die Arbeit im Außendienst geprägt ist, auch wenn die zu Hause verrichteten Tätigkeiten zur Erfül-lung der beruflichen Aufgaben unerläßlich sind (BFH-Urteil vom 13.11.2002, VI R 82/01, BStBl 2004 II S. 62).

– Ein kaufmännischer Angestellter eines Industrieunternehmens ist nebenbei als Mitarbeiter für einen

Lohnsteuerhilfeverein selbstständig tätig und nutzt für letztere Tätigkeit sein häusliches Arbeits-zimmer als „Beratungsstelle“, in dem er Steuererklärungen erstellt, Beratungsgespräche führt und Rechtsbehelfe bearbeitet. Für diese Nebentätigkeit ist das Arbeitszimmer zwar der Tätigkeitsmittel-punkt. Aufgrund der erforderlichen Gesamtbetrachtung ist das Arbeitszimmer jedoch nicht Mittel-punkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung (BFH-Urteil vom 23.9.1999, VI R 74/98, BStBl 2000 II S. 7).

– Bei einer Ärztin, die Gutachten über die Einstufung der Pflegebedürftigkeit erstellt und dazu ihre

Patienten ausschließlich außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers untersucht und dort (vor Ort) alle erforderlichen Befunde erhebt, liegt der qualitative Schwerpunkt nicht im häuslichen Arbeits-zimmer, in welchem lediglich die Tätigkeit begleitende Aufgaben erledigt werden (BFH-Urteil vom 23.1.2003, IV R 71/00, BStBl 2004 II S. 43).

– Einem Architekten, der neben der Planung auch mit der Ausführung der Bauwerke (Bauüberwa-

chung) betraut ist, kann diese Gesamttätigkeit keinem konkretem Tätigkeitsschwerpunkt zugeord-net werden. das häusliche Arbeitszimmer bildet in diesem Fall nicht den Mittelpunkt der gesamten

Page 287: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 287

beruflichen und betrieblichen Betätigung (BFH-Urteil vom 26.6.2003, IV R 9/03, BStBl 2004 II S. 50).

V. Die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beträgt mehr als die Hälfte der

gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit (Zeitgrenze)

9 Bei der Beurteilung, ob die betriebliche oder berufliche Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers mehr als die Hälfte der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung beträgt, ist jeweils die tatsächliche zeitliche Dauer der Nutzung in dem Zeitraum (Wirtschafts- oder Kalenderjahr) maßgebend, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird. Eine qualitative Beurteilung ist nicht vorzunehmen. So ist es z.B. ohne Bedeu-tung, welcher Anteil am Gesamtumsatz oder an den Gesamteinnahmen im Arbeitszimmer erwirtschaf-tet wurde. Die Beurteilung, ob die Nutzung des Arbeitszimmers für eine betriebliche oder berufliche Tä-tigkeit mehr als 50 % der gesamten Tätigkeit beträgt, ist tätigkeitsbezogen vorzunehmen (z.B. die Nut-zung des häuslichen Arbeitszimmers entfällt zu 40 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätig-keit auf die Erzielung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit, zu 20 % auf die Erzielung von Ein-künften aus Gewerbebetrieb, zusammen entfallen in diesem Fall [40 + 20] = 60 % der gesamten be-trieblichen und beruflichen Tätigkeit auf die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers mit der Folge, daß Betriebsausgaben bis zu 1.250 EUR abgezogen werden können). Hierbei sind auch verschiedenen Tä-tigkeiten einer Einkunftsart (z.B. aus zwei Dienstverhältnissen) getrennt zu beurteilen (vgl. Rn. 15). Es ist nicht erforderlich, daß jede der einkunftsrelevanten Tätigkeiten des Steuerpflichtigen - anteilig - im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird. Es genügt, wenn er einer seiner einkunftsrelevanten Tätig-keiten im häuslichen Arbeitszimmer nachgeht und der zeitliche Anteil dieser Tätigkeit im häuslichen Ar-beitszimmer 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen über-steigt. Hierbei ist die Zeit, die auf betriebliche oder berufliche Fahrten, wie z.B. auf Fahrten zwischen Wohnung und Arbeits- oder Betriebsstätte, entfällt, nicht in die Ermittlung der Zeit der gesamten be-trieblichen und beruflichen Tätigkeit einzubeziehen. Beispiel: Einem angestellten Rechtsanwalt steht ein Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber zur Verfügung. Er ar-beitet dennoch überwiegend in seinem häuslichen Arbeitszimmer und fährt zu den Verhandlungen ins Gericht. Seine wöchentliche Arbeitszeit entfällt im Durchschnitt wie folgt auf die verschiedenen Tätig-keiten: – Verhandlungen und Besprechungen im Gericht 10 Stunden – Besprechungen in der Kanzlei des Arbeitgebers 10 Stunden – Vorbereitung im häuslichen Arbeitszimmer 30 Stunden Die Nutzung des Arbeitszimmers zur Vorbereitung der Gerichtsverhandlungen (30 Stunden) beträgt mehr als die Hälfte der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit (50 Stunden). Damit können die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer bis zu 1.250 EUR/Jahr als Werbungskosten abge-zogen werden, obwohl dem Anwalt für diese Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

10 Der Steuerpflichtige muß konkret darlegen, daß das häusliche Arbeitszimmer zu mehr als der Hälfte der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit dient. Dabei kann das Berufsbild einen Anhaltspunkt für oder gegen eine mehr als hälftige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers bieten. VI. Für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung

11 Anderer Arbeitsplatz i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist (BFH-Urteil vom 7.8.2003, VI R 17/01, BStBl 2004 II S. 78). Weitere Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes werden nicht gestellt; unbeachtlich sind mithin grundsätzlich die konkreten Arbeitsbedingungen und Umstände wie beispiels-weise Lärmbelästigung oder Publikumsverkehr (BFH-Urteil vom 7.8.2003, VI R 162/00, BStBl 20043 II S. .83).Voraussetzung ist auch nicht das Vorhandensein eines eigenen, räumlich abgeschlossenen Ar-beitsbereichs oder eines individuell zugeordneten Arbeitsplatzes, so daß auch ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro oder in der Schalterhalle einer Bank ein anderer Arbeitsplatz i.S.d. o.g. Vorschrift ist (BFH-Urteile vom 7.8.2003, VI R 17/01, BStBl 2004 II S. 78 und VI R 162/00, BStBl 2004 II S.83). Die Ausstattung des häuslichen Arbeitszimmers mit Arbeitsmitteln, die in dem vom Arbeitgeber zur Verfü-

Page 288: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 288 Heft 1/2005

gung gestellten Raum nicht vorhanden sind, ist ohne Bedeutung. Ob ein anderer Arbeitsplatz vorliegt, ist nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Subjektive Erwägungen des Steuerpflichtigen zur Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes sind unbeachtlich.

12 Ein anderer Arbeitsplatz steht dem Steuerpflichtigen dann zur Verfügung, wenn dieser ihn in dem kon-kret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Die Erforderlichkeit des häuslichen Arbeitszimmers entfällt nicht bereits dann, wenn dem Steuerpflichtigen irgendein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sondern nur dann, wenn dieser Arbeitsplatz grundsätzlich so beschaffen ist, daß der Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist (BFH-Urteil vom 7.8.2003, VI R 17/01, BStBl 2004 II S. 78). Die Beurteilung, ob für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist jeweils tätigkeitsbezogen vorzunehmen. Ein anderer Arbeitsplatz steht auch dann zur Verfü-gung, wenn er außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, wie z.B. am Wochenende oder in den Ferien, nicht zugänglich ist. Ändern sich die Nutzungsverhältnisse des Arbeitszimmers innerhalb eines Veranla-gungszeitraumes, ist auf den Zeitraum der begünstigten Nutzung abzustellen. Werden in einem Ar-beitszimmer sowohl Tätigkeiten, für die ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, als auch Tätig-keiten, für die ein anderer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht, ausgeübt, so sind die Aufwendungen dem Grunde nach nur zu berücksichtigen, soweit sie auf Tätigkeiten entfallen, für die ein anderer Ar-beitsplatz nicht zur Verfügung steht. Übt ein Steuerpflichtiger mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten nebeneinander aus, ist daher für jede Tätigkeit zu prüfen, ob ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Dabei kommt es nicht dar-auf an, ob ein für eine Tätigkeit zur Verfügung stehender Arbeitsplatz auch für eine andere Tätigkeit genutzt werden kann (z.B. Firmenarbeitsplatz auch für schriftstellerische Nebentätigkeit). Geht ein Steuerpflichtiger nur einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit nach, muß ein vorhandener anderer Arbeitsplatz auch tatsächlich für alle Aufgabenbereiche dieser Erwerbstätigkeit genutzt werden können. Ist ein Steuerpflichtiger aufsein häusliches Arbeitszimmer angewiesen, weil er dort einen nicht unerheblichen Teil seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit verrichten muß, ist der andere Ar-beitsplatz unschädlich. Es genügt allerdings nicht, wenn er im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten ver-richtet, die er grundsätzlich auch an einem anderen Arbeitsplatz verrichten könnte (BFH vom 7.8.2003, VI R 17/01, BStBl 2004 II S. 78). Beispiele (kein anderer Arbeitsplatz vorhanden): – Ein Lehrer hat für seine Unterrichtsvorbereitung in der Schule keinen Schreibtisch. Das jeweilige

Klassenzimmer oder das Lehrerzimmer stellt keinen Arbeitsplatz im Sinne der Abzugsbeschrän-kung dar.

– Ein angestellter oder selbstständiger Orchestermusiker hat im Konzertsaal keine Möglichkeit zu

üben. Hierfür hat er sich ein häusliches Arbeitszimmer eingerichtet. – in angestellter Krankenhausarzt übt eine freiberufliche Gutachtertätigkeit aus. Dafür steht ihm im

Krankenhaus kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Beispiele (vorhandener anderer Arbeitsplatz steht nicht für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung) – Ein EDV-Berater übt außerhalb seiner regulären Arbeitszeit vom häuslichen Arbeitszimmer aus Be-

reitschaftsdienst aus und kann dafür den Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber tatsächlich nicht nut-zen (BFH vom 7.8.2003, VI R 41/98, BStBl 2004 II S. 80).

– Einer Schulleiterin mit einem Unterrichtspensum von 18 Wochenstunden steht im Schulsekretariat

ein Schreibtisch nur für die Verwaltungsarbeiten zur Verfügung. Für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts kann dieser Arbeitsplatz nach objektiven Kriterien wie Größe, Ausstattung und Nut-zung nicht genutzt werden; diese Arbeiten müssen im häuslichen Arbeitszimmer verrichtet werden (BFH vom 7.8.2003, VI R 118/00, BStBl 2003 II S. 82).

– Einem Grundschulleiter, der zu 50 % von der Unterrichtsverpflichtung freigestellt ist, steht für die

Verwaltungstätigkeit ein Dienstzimmer von 11 qm zur Verfügung. Das Dienstzimmer bietet keinen

Page 289: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 289

ausreichenden Platz zur Unterbringung der für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts erfor-derlichen Gegenstände (BFH vom 7.8.2003, VI R 16/01, BStBl 2004 II S. 77).

– Muß ein Bankangestellter in einem nicht unerheblichen Umfang Büroarbeiten auch außerhalb der

üblichen Bürozeiten verrichten und steht ihm hierfür sein regulärer Arbeitsplatz nicht zur Verfügung, können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich (bis zu einer Höhe von 1.250 EUR) als Werbungskosten zu berücksichtigen sein (BFH vom 7.8.2003, VI R 162/00, BStBl 2004 II S. 83).

13 Der Steuerpflichtige muß konkret darlegen, daß ein anderer Arbeitsplatz für die jeweilige betriebliche

oder berufliche Tätigkeit nicht zur Verfügung steht. Die Art der Tätigkeit kann hierfür Anhaltspunkte bieten. Zusätzliches Indiz kann eine entsprechende Bescheinigung des Arbeitgebers sein. VII. Nutzung des Arbeitszimmers durch mehrere Steuerpflichtige

14 Die Abzugsbeschränkung ist personenbezogen anzuwenden (vgl. auch Rn. 5). Daher kann jeder Nutzende die Aufwendungen, die er getragen hat, je nach Fallgruppe unbegrenzt, bis zu 1.250 EUR oder gar nicht abziehen. Nutzen mehrere Personen, wie z.B. Ehegatten, ein Arbeitszimmer gemeinsam, sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG bezogen auf die einzelne steuerpflichtige Person zu prüfen. VIII. Nutzung des Arbeitszimmers zur Erzielung unterschiedlicher Einkünfte

15 Nutzt ein Steuerpflichtiger sein häusliches Arbeitszimmer für mehrere Tätigkeiten im Rahmen mehrerer Einkunftsarten, muß die Abzugsmöglichkeit oder -begrenzung zunächst für jede Tätigkeit selbstständig geprüft werden. Ist danach für die im Arbeitszimmer ausgeübten Tätigkeiten ein Abzug dem Grunde nach möglich, können die auf diese Nutzungen entfallenden Aufwendungen, je nach Fallgruppe unbe-grenzt, bis zu 1.250 EUR oder gar nicht abgezogen werden.

16 Ist nur ein beschränkter Abzug der Aufwendungen möglich, erfaßt die gesetzliche Abzugsbeschränkung von 1.250 EUR personenbezogen die gesamte betriebliche und berufliche Tätigkeit des Steuerpflichti-gen. Dabei sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang den darin ausgeübten Tätigkeiten zuzuordnen. Soweit der Kostenabzug für eine oder mehrere Tätigkeiten möglich ist, kann der Steuerpflichtige diese anteilig insgesamt bis zum Höchstbetrag abziehen. Eine Vervielfachung des Höchstbetrages ist ausgeschlossen. Beispiele: – Ein Angestellter nutzt sein Arbeitszimmer zu 40 % für seine nichtselbstständige Tätigkeit und zu

60 % für eine unternehmerische Nebentätigkeit. Nur für die Nebentätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. An Aufwendungen sind für das Arbeitszimmer insgesamt 2.500 EUR entstanden. Diese sind nach dem Nutzungsverhältnis aufzuteilen. Auf die nichtselbstständige Tätig-keit entfallen 40 % von 2.500 EUR = 1.000 EUR, die nicht abgezogen werden können. Auf die Ne-bentätigkeit entfallen 60 % von 2.500 EUR = 1.500 EUR, die bis zu 1.250 EUR als Betriebsausga-ben abgezogen werden können.

– Ein Universitätsprofessor ist nebenbei schriftstellerisch tätig. Er hält sich zu mehr als 50 % seiner

gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit in seinem Arbeitszimmer auf (Anteil der berufli-chen Tätigkeit an der Nutzung des Arbeitszimmers 80 %). Für seine schriftstellerische Tätigkeit steht ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (Anteil an der Nutzung des Arbeitszimmers 20 %). Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer betragen 2.250 EUR, die anteilig bis zum Höchst-betrag von 1.250 EUR und zwar 1.000 EUR (= 80 % von 1.250 EUR) als Werbungskosten und 250 EUR (= 20 % von 1.250 EUR) als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

IX. Nicht ganzjährige Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers und zeitliche Zuordnung des Ar-beitszimmers zu der jeweiligen Tätigkeit

17 Bei der zeitlichen Bewertung der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit ist ausschließlich auf den Zeitraum der begünstigten Nutzung oder der Zuordnung des Arbeitszimmers zu der jeweiligen Tä-

Page 290: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 290 Heft 1/2005

tigkeit abzustellen. Ändern sich die Nutzungsverhältnisse innerhalb eines Wirtschafts- oder Kalender-jahres, können die auf den Zeitraum der Tätigkeit, für die das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der ge-samten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, entfallenden Aufwendungen in voller Höhe abge-zogen werden. Für den übrigen Zeitraum kommt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 EStG ein Abzug bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR in Betracht. Der Höchst-betrag von 1.250 EUR ist auch bei nicht ganzjähriger Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers in vol-ler Höhe zum Abzug zuzulassen. Beispiele: – Ein Arbeitnehmer hat im 1. Halbjahr den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen

Tätigkeit in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Im 2. Halbjahr übt er die Tätigkeit am Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber aus. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer, die auf das 1. Halbjahr entfal-len, sind in voller Höhe als Werbungskosten abziehbar. Für das 2. Halbjahr kommt ein Abzug nicht in Betracht.

– Ein Arbeitnehmer hat ein häusliches Arbeitszimmer, das er nur nach Feierabend und am Wochen-

ende auch für seine nichtselbstständige Tätigkeit nutzt. Seit 15.6.2002 ist er in diesem Raum auch schriftstellerisch tätig. Aus der schriftstellerischen Tätigkeit erzielt er Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Fortan nutzt der Steuerpflichtige sein Arbeitszimmer zu 30 % für die nichtselbstständige Tä-tigkeit und zu 70 % für die schriftstellerische Tätigkeit, wofür ihm kein anderer Arbeitsplatz zur Ver-fügung steht. Die Gesamtaufwendungen für das Arbeitszimmer betrugen 2002 5.000 EUR. Davon entfallen auf den Zeitraum ab 15.6.2002 (6,5/12 =) 2.708 EUR. Der auf die nichtselbstständige Tä-tigkeit entfallende Kostenanteil ist insgesamt nicht abziehbar. Auf die selbstständige Tätigkeit ent-fallen 70 % von 2.708 EUR = 1.896 EUR, die bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR als Be-triebsausgaben abgezogen werden können. Eine zeitanteilige Kürzung des Höchstbetrages ist nicht vorzunehmen.

X. Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers zu Ausbildungszwecken

18 Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 Satz 5 EStG ist die Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG auch für Auf-wendungen für ein häusliches Arbeitszimmer anzuwenden, das für die Berufsausbildung und Weiterbil-dung in einem nicht ausgeübten Beruf genutzt wird. Im Rahmen der Ausbildungskosten können jedoch in jedem Fall Aufwendungen nur bis zu insgesamt 920 EUR oder 1.227 EUR als Sonderausgaben ab-gezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 Sätze 1 und 2 EStG).

19 (unbesetzt) XI. Betroffene Aufwendungen

20 Zu den Aufwendungen, die unter die Begrenzung in Höhe von 1.250 EUR oder unter das Abzugsverbot fallen, gehören insbesondere die anteiligen Aufwendungen für – Miete, – Schuldzinsen für Kredite, die zur Anschaffung, Herstellung oder Reparatur des Gebäudes oder der

Eigentumswohnung verwendet worden sind, – Reinigungskosten, – Grundsteuer, Müllabfuhrgebühren, Schornsteinfegergebühren, Gebäudeversicherungen, – Renovierungskosten sowie die Aufwendungen für die Ausstattung des Zimmers. Hierzu gehören z.B. Tapeten, Teppiche, Fenstervorhänge, Gardinen und Lampen; nicht dagegen Luxusgegenstände, die vorrangig der Aus-schmückung des Arbeitszimmers dienen (§ 12 Nr. 1 EStG).

Page 291: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 291

Nicht zur Ausstattung gehören Arbeitsmittel (BFH-Urteil - VI R 4/97 - vom 21.11.1997, BStBl 1998 II S. 351). XII. Besondere Aufzeichnungspflichten

21 Nach § 4 Abs. 7 EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei der Gewinnermitt-lung nur berücksichtigt werden, wenn sie besonders aufgezeichnet sind. Es bestehen keine Bedenken, wenn die auf das Arbeitszimmer anteilig entfallenden Finanzierungskosten im Wege der Schätzung er-mittelt werden und nach Ablauf des Wirtschafts- oder Kalenderjahres eine Aufzeichnung aufgrund der Jahresabrechnung des Kreditinstituts erfolgt. Entsprechendes gilt für die verbrauchsabhängigen Kosten wie z.B. Wasser- und Energiekosten. Es ist ausreichend, Abschreibungsbeträge einmal jährlich - zeit-nah nach Ablauf des Kalender- oder Wirtschaftsjahres - aufzuzeichnen.“ Dieses Schreiben ersetzt das BMF-Schreiben vom 16.6.1998 (BStBl 1998 I S. 863). Der Rabattfreibetrag gem. § 8 Abs. 3 EStG ist auch bei ver-billigter Überlassung einer Schulhausmeisterwohnung, anwend-bar, wenn der Arbeitgeber zumindest in gleichem Umfang an Dritte vermietet. Ob Nutzungsbeeinträchtigungen ggf. Abschlä-ge rechtfertigen ist Tatfrage.

BKPV 99/2005

1. Urteil des Finanzgerichts Münster vom 15.5.2003 - 3 K 1125/00 E ; Revision eingelegt (Az.

des BFH: VI R 46/03) (DB 2003, S. 1931) Sachverhalt: „Die Parteien streiten über die Anwendung des § 8 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Kläger sind Eheleute. Im Streitjahr 1996 waren beide bei der Stadt F beschäftigt, der Kl. als Schul-hausmeister. Für die ihnen von der Stadt zur Verfügung gestellte Dienstwohnung, ein Einfamilienhaus mit 85 m² Wohnfläche, zahlten die Kl. eine unter der ortsüblichen Miete liegende Miete. Den sich aus der verbilligten Überlassung der Dienstwohnung ergebenden geldwerten Vorteil i.H.v. 3.387,24 DM rechnete die Stadt F dem Bruttoarbeitslohn des Kl. als Sachbezug hinzu und führte die dementspre-chende Lohnsteuer ab. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 1996 beantragten die Kl., den geldwerten Vorteil nach § 8 Abs. 3 EStG unter Gewährung eines 4 %-igen Abschlags sowie des Freibetrags i.H.v. 2.400 DM zu ermitteln. Neben ihrer Berechnung legten die Kl. eine Bescheinigung der Stadt F vor, aus der sich er-gibt, daß im Jahr 1996 Hausmeisterwohnungen auch an fremde Dritte vermietet waren. Zu den Einzel-heiten wird auf die mit der Einkommensteuererklärung 1996 eingereichten Unterlagen in den Steuer-akten Bezug genommen. Der Bekl. sah die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG nicht als gegeben an und setzte durch Bescheid vom 27.8.1997 die Einkommensteuer 1996 ohne Berücksichtigung der Ver-günstigungen des § 8 Abs. 3 EStG fest. Den dagegen erhobenen Einspruch der Kl. vom 2.9.1997 wies der Bekl. durch Einspruchsentscheidung vom 1.2.2000 zurück. Weitere Ermittlungen des Bekl. bei der Stadt F hätten ergeben, daß 1996 ledig-lich eine Hausmeisterwohnung an fremde Dritte vermietet gewesen sei. Im Übrigen seien alle Schul-hausmeisterwohnungen den Arbeitnehmern der Stadt F als Dienstwohnungen zugewiesen gewesen (auf das Schreiben der Stadt F vom 22.9.1999 in den Steuerakten wird Bezug genommen). Daraus er-gebe sich, daß die Wohnungsgestellung überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer erfolgt sei. Das gesetzliche Tatbestandsmerkmal „überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer“ sei dahin gehend zu verstehen, daß das Verhältnis maßgeblich sei, in welchem der Arbeitgeber Leistungen sowohl an fremde Dritte als auch an seine Arbeitnehmer erbringe. Unmaßgeblich sei dagegen, daß die Stadt F ein Eigeninteresse an der Zuweisung von Dienstwohnungen habe. Insoweit halte er die Interpretation der Vorschrift in dem Urteil des FG Münster vom 17.6.1999 (3 K 6128/97 E) nicht für zutreffend. Mit der Klage vom 22.2.2000 verfolgen die Kl. ihr Begehren weiter und beantragen, den ESt-Bescheid 1996 vom 27.8.1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.2.2000 dahin gehend zu ändern,

Page 292: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 292 Heft 1/2005

daß die Besteuerung des Sachbezugswerts aus der verbilligten Überlassung der Dienstwohnung unter Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG erfolgt. Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen. Zur Begründung bezieht er sich auf seine Einspruchsentscheidung. Die Parteien haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Der sich aus der verbilligten Wohnungsüberlassung ergebende Lohnvorteil des Kl. ist nach der Vor-schrift § 8 Abs. 3 EStG in der ab 1990 geltenden Fassung zu ermitteln. Die Anwendbarkeit der Sonder-regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt voraus, daß ein Arbeitnehmer auf Grund seines Dienstver-hältnisses Waren oder Dienstleistungen erhält, die vom Arbeitgeber nicht überwiegend für den Bedarf seiner Arbeitnehmer hergestellt, vertrieben oder erbracht werden und deren Bezug nicht nach § 40 EStG pauschal versteuert wird. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. In seinem Urteil vom 4.11.1994 VI R 81/93, BStBl II 1995, 338, hat der BFH klar gestellt, daß als Dienstleistungen i.S. des § 8 Abs. 3 EStG auch Nutzungsüberlassungen anzusehen sind. Hierunter fällt nach dem o.g. Urteil auch die Vermietung von Wohnungen. Nicht erforderlich ist, daß die erbrachte Dienstleistung zum üblichen Geschäftsgegenstand des Arbeitgebers gehört. Ein derartiges zusätzliches Tatbestandsmerkmal sieht das Gesetz nicht vor (BFH-Urteil vom 7.2.1997 VII R 17/94, BStBl II 1997, 363). Im Streitfall sind keine Gesichtspunkte dafür erkennbar, daß die Dienstleistung vom Arbeitgeber über-wiegend für den Bedarf des Kl. als Arbeitnehmer erbracht worden ist. Mit der zur Verfügungstellung von verbilligten Hausmeisterdienstwohnungen verfolgt die Stadt als Arbeitgeber in erster Linie Eigeninteres-sen. Die sachgemäße Nutzung und Unterhaltung von öffentlichen Gebäuden sowie die Behebung von Störungen wird durch die schnelle Erreichbarkeit von Hausmeistern in ihrer Dienstwohnung gefördert und erleichtert. An dieser bereits in seinem Urteil vom 17.6.1999 (3 K 6128/97 E) vertretenen Auffassung hält der Se-nat auch für den vorliegenden Fall fest. Für die Anwendung von § 8 Abs. 3 EStG auf den vorliegenden Fall ist es unerheblich, daß 1996 lediglich eine weitere Hausmeisterwohnung fremdvermietet war. Es ist richtig, daß die Häufigkeit der Erbringung der Arbeitgeberleistung auch an fremde Dritte ein Indiz dafür ist, daß die Leistung nicht überwiegend für den Bedarf der Arbeitnehmer erbracht wird. Ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist insoweit aber nicht gegeben. Bestehen, wie bereits dargelegt, im vorliegenden Fall gewichtige Eigeninteressen des Arbeitgebers an der Erbringung der Leistung, so tritt die Häufigkeit der Erbringung der Leistung an fremde Dritte in ihrer Indizwirkung dahinter zurück. Eine pauschale Besteuerung des Bezuges nach § 40 EStG ist im vorliegenden Fall unstreitig nicht er-folgt. Weitere Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 3 EStG sind nach dem Gesetzes-wortlaut nicht erforderlich. Die Berechnungen der sich bei Anwendung der Vorschrift des § 8 Abs. 3 EStG ergebenen Einkom-mensteuer wird dem Bekl. gem. § 100 Abs. 2 FGO übertragen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts zugelassen, § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO.“ 2. Urteil des BFH vom 16.02.2005 - VI R 46/03 (Steuereildienst 2005, 324) Der BFH entscheid im Revisionsverfahren wie folgt:

Page 293: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 293

„1. Kann eine Hausmeisterwohnung auch an Dritte vermietet werden, kommt der Rabattfreibetrag zum Zuge, wenn der Arbeitgeber zumindest in gleichem Umfang an Dritte vermietet. 2. Ob es für den Ausgangsbetrag der Rabattbesteuerung bei einer verbilligt überlassenen Hausmei-sterwohnung gerechtfertigt ist, wegen Zugangseinschränkungen oder sonstigen Nutzungsbeeinträch-tigungen Abschläge vorzunehmen, ist Tatfrage.“ Doppelte Haushaltsführung, Änderung durch StÄndG 2003 BKPV 100/2005 Verfügung der OFD Chemnitz vom 22.12.2003 - S 2352 - 26/10 - St 22 (DB 2004 S. 111) „Der Bundesrat hat am 28.11.2003 dem Steueränderungsgesetz 2003 (StÄndG 2003) zugestimmt. Das zuvor vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz sieht insbes. den Wegfall der Zweijahresfrist bei einer beruflich veranlaßten doppelten Haushaltsführung vor. Hierzu ist Folgendes zu beachten: 1. Wegfall der Zweijahresfrist (Art. 1 Nr. 7 a StÄndG 2003) In § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 werden die Sätze 1 bis 3 durch folgende Sätze 1 und 2 ersetzt: „notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlaß begrün-deten doppelten Haushaltsführung entstehen, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.“ 2. Zeitlicher Anwendungsbereich (Art. 1 Nr. 34 f StÄndG 2003) In § 52 wird folgender Abs. 23 b eingefügt: „§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 15.12.2003 (BGBl 2003 I S. 2645) ist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2003 anzuwenden und in Fällen, in denen die Ein-kommensteuer noch nicht formell bestandskräftig oder hinsichtlich der Aufwendungen für eine beruflich veranlaßte doppelte Haushaltsführung vorläufig festgesetzt ist.“ 3. Wegfall der doppelten Haushaltsführung ohne eigenen Hausstand Durch den neuen Gesetzeswortlaut des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 („liegt nur vor“) entfällt die bisher mögliche doppelte Haushaltsführung ohne eigenen Hausstand nach R 43 Abs. 5 LStR; diese Änderung greift allerdings erst ab dem VZ 2004.“ Empfang des Arbeitgebers anläßlich Geburtstag eines Arbeit-nehmers

BKPV 101/2005

vgl. BKPV 101/2003 Erlaß des Finanzministerium Hessen vom 24.2.2004, S 2332 A - 110 - II 3 b (DB 2004 S. 571) „Zur Anwendung der Neuregelung in R 70 Abs. 2 Nr. 3 LStR 2004 wird im Einvernehmen mit den ober-sten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder folgende Auffassung vertreten: Lädt ein Arbeitgeber anlässlich eines Geburtstags eines Arbeitnehmers Geschäftsfreunde, Repräsen-tanten des öffentlichen Lebens, Vertreter von Verbänden und Berufsorganisationen sowie Mitarbeiter zu einem Empfang ein, so ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob es sich um ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung, aber keine Betriebsveranstaltung i.S. von R 72 LStR) oder um ein privates Fest des Arbeitnehmers handelt (BFH-Urteil vom 28.1.2003, VI R 48/99, BStBl 2003 II S. 724). Dieser Grundsatz gilt sowohl für Veranstaltungen (Empfänge) privater als auch öffentlicher Arbeitgeber.

Page 294: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 294 Heft 1/2005

1. Bei einem privaten Fest des Arbeitnehmers sind sämtliche vom Arbeitgeber getragenen Aufwen-dungen dem steuerpflichtigen Arbeitslohn dieses Arbeitnehmers zuzurechnen.

2. Bei einem Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) anläßlich eines runden Geburtstags

eines Arbeitnehmers (z.B. Vollendung des 50., 60. oder 65. Lebensjahres) sind die anteiligen Auf-wendungen des Arbeitgebers, die auf den Arbeitnehmer selbst, seine Familienangehörigen sowie private Gäste des Arbeitnehmers entfallen, dem steuerpflichtigen Arbeitslohn des Arbeitnehmers hinzuzurechnen, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers einschl. USt mehr als 110 EUR je teil-nehmender Person betragen (R 70 Abs. 2 Nr. 3 LStR 2004). Beispiel a: Die Bruttoaufwendungen bei einem Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) für einen Empfang anläßlich des 60. Geburtstags des Arbeitnehmers A betragen 8.000 EUR. Unter den 80 teilnehmenden Gästen sind neben dem Arbeitnehmer auch seine Ehefrau, seine beiden Kinder und vier weitere private Gäste. Da die Aufwendungen je teilnehmender Person 100 EUR betragen (8.000 EUR : 80 Gäste = 100 EUR), sind sie nicht - auch nicht anteilig - dem Arbeitslohn des A hinzuzurechnen. Beispiel b: Die Bruttoaufwendungen des Arbeitgebers betragen 9.600 EUR. Je teilnehmender Person betra-gen die Bruttoaufwendungen des Arbeitgebers 120 EUR (9.600 EUR : 80 Gäste). Die auf A, seine Ehefrau, seine beiden Kinder und die auf seine vier privaten Gäste entfallenden Aufwendungen i.H. von 960 EUR (8 Personen á 120 EUR) sind dem Arbeitslohn des A hinzuzurechnen. Für die auf die übrigen 72 teilnehmenden Personen entfallenden Aufwendungen ist kein geldwerter Vorteil anzusetzen (R 31 Abs. 8 Nr. 1 LStR). Die gesamten Aufwendungen unterliegen beim Arbeitgeber der Abzugsbeschränkung für Bewirtungsaufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG. Für ein Fest des Arbeitgebers (betriebliche Veranstaltung) spricht, daß – dieser als Gastgeber auftritt, – er die Gästeliste nach geschäftsbezogenen Gesichtspunkten bestimmt, – er in seine Geschäftsräume einlädt und – das Fest den Charakter einer betrieblichen Veranstaltung und nicht einer privaten Feier des

Arbeitnehmers hat. Der Geburtstag des Arbeitnehmers darf also nicht das tragende Element der Veranstaltung sein, sondern lediglich den „Aufhänger“ für die ansonsten im Vordergrund stehende Repräsentation des Unternehmens bilden. Unschädlich ist, wenn der Arbeitnehmer einen begrenzten Kreis der teil-nehmenden Personen selbst benennen kann (sog. private Gäste).

3. Handelt es sich nicht um eine betriebliche Veranstaltung, weil der Arbeitgeber nicht in erster Linie Geschäftsfreunde, Repräsentanten des öffentlichen Lebens oder Verbandsvertreter eingeladen hat, und ist die Veranstaltung auf Grund ihrer Ausgestaltung auch nicht als privates Fest des Ar-beitnehmers anzusehen, kann es sich um eine Betriebsveranstaltung i.S. von R 72 LStR handeln.“

Energielieferungen an Arbeitnehmer BKPV 102/2005 vgl. BKPV 90/2001 Verfügung der OFD Frankfurt vom 10.10.2003, S 2334 A - 42 - St II 3.04 (Steuereildienst 2004, 108) „Verbändevereinbarung II Auf Grund der Verbändevereinbarung II vom 13.12.1999 (VV II), die die Verbändevereinbarung I vom 22.5.1998 konkretisiert, wird bei den Leistungen auf dem Energiemarkt strikt zwischen der Netznutzung

Page 295: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 295

und der Stromlieferung getrennt. Deshalb muß jeder Kunde grundsätzlich zwei Verträge abschließen: nämlich einen Netzzugangsvertrag mit dem Netzbetreiber und einen Stromlieferungsvertrag mit dem Energielieferanten/Händler. Als Folge dieser Verträge handelt es sich bei dem Strom, den der Kunde an seiner Zählerklemme abnehmen wird, um solchen des Energielieferanten, den dieser im eigenen Namen und auf eigene Rechnung an den Kunden veräußert. Der Netzbetreiber (z.B. das örtliche Ver-sorgungsunternehmen) stellt lediglich die Netznutzung sicher. Das vom Kunden zu zahlende Gesamt-entgelt setzt sich deshalb u.a. aus einem Entgelt für die Stromlieferung sowie einem Entgelt für die Netznutzung zusammen. Bei einer entsprechenden Umsetzung des Verfahrens sind zwei Leistungen lohnsteuerlich gesondert zu beurteilen, nämlich zum einen die eigentliche Stromlieferung und zum anderen die Leistung in Form der Netznutzung. Bei der eigentlichen Stromlieferung kann der Sachverhalt immer so gestaltet werden, daß in allen Fäl-len eine unmittelbare Stromlieferung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer erfolgt. Voraussetzung ist lediglich, daß von der neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, zwischen dem stromliefernden Ar-beitgeber und dem Arbeitnehmer einen Stromlieferungsvertrag abzuschließen. Der Strom, der auf Grund des Stromlieferungsvertrags an der Zählerklemme vom Arbeitnehmer abgenommen wird, steht im Eigentum des stromliefernden Arbeitgebers und wird von diesem im eigenen Namen und auf eigene Rechnung veräußert. Damit ist aber eine Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG bei der verbilligten Überlassung von Energie erfüllt, denn der Arbeitnehmer erhält den Strom unmittelbar von seinem Arbeitgeber. Liegen die übrigen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 EStG vor, so ist der Ra-battfreibetrag zu gewähren. Die gesonderte Leistung, die der Netzbetreiber in Form der Netznutzung erbringt, ist ggf. ebenfalls nach § 8 Abs. 3 EStG zu bewerten. Voraussetzung hierfür ist, daß der örtliche Netzbetreiber Arbeitgeber des Kunden ist. Denn in diesem Fall erhält der Arbeitnehmer die Dienstleistung, die auch nicht überwiegend für Arbeitnehmer erbracht wird, unmittelbar von seinem Arbeitgeber. Ist der örtliche Netzbetreiber je-doch nicht Arbeitgeber des Kunden, kann § 8 Abs. 3 EStG für die Leistung „Netznutzung“ nicht in Be-tracht kommen. Dies gilt auch, wenn der Stromlieferant das vom Arbeitnehmer hierfür zu erbringende Netzentgelt im Namen und für Rechnung des Netzbetreibers vereinnahmen sollte. Demzufolge können Arbeitnehmer eines örtlichen Versorgungsunternehmens, das sowohl Strom her-stellt oder vertreibt als auch als Netzbetreiber tätig ist, Vergünstigungen bei der Stromlieferung und auch bei der Netznutzung nach § 8 Abs. 3 EStG begünstigt erhalten. Hierbei ist allerdings nach dem Wohnort zu unterscheiden. Bei Stromlieferungen können Mitarbeiter, die inner- und außerhalb des ei-genen Versorgungsgebiets wohnen, den Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG in Anspruch nehmen. Hingegen kann bei Vorteilen aus der Netznutzung der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG nur bei solchen Arbeitnehmern zur Anwendung kommen, wenn sie innerhalb des Versorgungsgebiets (= Netz-gebiet) wohnen. Verbändevereinbarung II plus Die in der Verbändevereinbarung II festgelegte Trennung hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. Vielmehr haben Stromhändler schon bald auch außerhalb des eigenen Netzgebiets „All-inclusive-Ver-träge“ einschließlich Netznutzung angeboten. Diese Entwicklung ist in der Verbändevereinbarung vom 13.12.2001 (VV II plus) mit Wirkung zum 1.1.2002 umgesetzt worden. Danach hat der Stromlieferant bei Vorlage eines „All-inclusive-Vertrags“ zur Stromversorgung eines Einzelkunden in einem anderen Netzgebiet Anspruch auf den zeitnahen Abschluß eines Netznutzungs-vertrags mit dem örtlichen Netzbetreiber, d.h. zwischen Netzbetreiber und Kunden bestehen keine ver-traglichen Beziehungen. Beim „All-inclusive-Vertrag“ enthält der Stromlieferungsvertrag des Energie-versorgungsunternehmens mit seinem Endkunden (auch Arbeitnehmer) bereits die Netznutzung auch für den Fall, daß der Endkunde (oder der Arbeitnehmer) in einem anderen Netzgebiet wohnt. Wird die W II plus entsprechend umgesetzt, kommt für den Arbeitnehmer eines Energieversorgungsunterneh-mens als Endkunde der Rabattfreibetrag nach § 8 Abs. 3 EStG für alle Leistungen in Betracht, auch wenn er außerhalb des Netzgebiets seines Arbeitgebers wohnt oder dessen Arbeitgeber als reiner Stromhändler kein eigenes Versorgungsnetz betreibt. Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 3 EStG ist jedoch, daß der Arbeitgeber entsprechende „All-inclusive-Verträge“ nicht ausschließlich mit seinen Arbeitnehmern abschließt.“

Page 296: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 296 Heft 1/2005

Aufwendungen für Autotelefon BKPV 103/2005 Verfügung der OFD Frankfurt vom 4.3.2003 - S 2354 A - 39 - St II 30 (Steuereildienst 2003, 426) „Zur lohnsteuerlichen Behandlung der Aufwendungen im Zusammenhang mit der Benutzung eines Au-totelefons gilt Folgendes: 1. Telefon in einem Fahrzeug des Arbeitgebers Bei der Ermittlung des privaten Nutzungswerts eines dem Arbeitnehmer überlassenen Kfz bleiben die Aufwendungen für ein Autotelefon einschließlich Freisprechanlage außer Ansatz (vgl. R 31 Abs. 9 Nr. 1 Satz 6 LStR). Führt der Arbeitnehmer vom Autotelefon des Firmenwagens aus Privatgespräche, so ist dieser geldwerte Vorteil nach § 3 Nr. 45 EStG steuerfrei. Dabei ist es ohne Bedeutung, in welchem Umfang der Arbeitnehmer das Autotelefon im Geschäftswagen privat nutzt. Selbst bei einer 100%igen privaten Nutzung entsteht kein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil (vgl. R 21 e Satz 1 LStR). 2. Telefon in einem Fahrzeug des Arbeitnehmers a) Stellt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Aufwendungen für die Anschaffung, den Einbau und

den Anschluß eines Autotelefons sowie die laufenden Gebühren für die Telefongespräche in Rechnung, so sind die Ersatzleistungen nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei, wenn das Autotelefon so gut wie ausschließlich für betrieblich veranlaßte Gespräche genutzt wird; andernfalls können die Gesprächsgebühren nach § 3 Nr. 50 EStG nur steuerfrei ersetzt werden, wenn die Aufwendungen für die beruflichen Gespräche im Einzelnen nachgewiesen werden. Der Auslagenersatz kann pauschal ermittelt werden, wenn er regelmäßig wiederkehrt und der Ar-beitnehmer für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten den Einzelnachweis führt. Der Durchschnittsbetrag kann als pauschaler Auslagenersatz beibehalten werden, bis eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eintritt (z.B. Änderung der Berufstätigkeit). Entstehen dem Arbeitneh-mer erfahrungsgemäß beruflich veranlaßte Telefonkosten, kann der Arbeitgeber 20% der vom Ar-beitnehmer vorgelegten Telefonrechnung, höchstens jedoch 20 EUR monatlich, als Auslagener-satz nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei ersetzen (vgl. R 22 Abs. 2 LStR).

b) Soweit die Ausgaben für betrieblich veranlaßte Telefongespräche nicht nach Buchstabe a) vom Ar-beitgeber steuerfrei ersetzt werden, können sie als Werbungskosten berücksichtigt werden. Weist der Arbeitnehmer den Anteil der beruflich veranlaßten Aufwendungen an den Gesamtaufwendun-gen für einen repräsentativen Zeitraum von drei Monaten im Einzelnen nach, kann der Durch-schnittsbetrag als beruflicher Anteil für den gesamten Veranlagungszeitraum zugrunde gelegt wer-den. Wenn dem betreffenden Arbeitnehmer erfahrungsgemäß beruflich veranlaßte Telefonkosten entstehen, können alternativ aus Vereinfachungsgründen ohne Einzelnachweis bis zu 20 % des Rechnungsbetrags, jedoch höchstens 20 EUR monatlich als Werbungskosten anerkannt werden (vgl. R 33 Abs. 5 LStR). Zu den Werbungskosten gehört auch der beruflich veranlaßte Anteil der Absetzungen für Abnut-zung (AfA) des Autotelefons. Bemessungsgrundlage für die AfA sind die Aufwendungen für die Anschaffung, den Einbau und den Anschluß des Autotelefons; als Nutzungsdauer ist ein Zeitraum von fünf Jahren zugrunde zu legen. Dabei kann für die Aufteilung der AfA derselbe Aufteilungs-maßstab angewandt werden, der bei der Aufteilung der laufenden Telefongebühren zugrunde ge-legt wird. Betragen die Anschaffungskosten des Autotelefons ohne USt bis zu 410 EUR, kann der beruflich veranlaßte Anteil an den Anschaffungskosten des Autotelefons in voller Höhe im Jahr der Anschaffung als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Vorstehendes gilt sinngemäß für andere Mobiltelefone.“ An Arbeitgeber vermieteter Raum, Arbeitszimmer BKPV 104/2005 BFH-Urteil vom 20.3.2003 - VI R 147/00 (BStBl 2003 II S. 519)

Page 297: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 297

Leitsatz: „Vermietet der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber einen Raum, der als dessen Büro zu qualifizieren ist und in dem der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt, so handelt es sich nicht um ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG. Die Abzugsbeschränkung dieser Vorschrift greift deshalb nicht ein.“ Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist als Steuersachbearbeiter für die Buchstelle L GmbH

(Buchstelle) tätig. Diese hat ihre Zentrale in X und unterhält zwei Außenstellen. Die Buchstelle hat zur Betreuung ihrer Mandanten ca. 150 „Außendienstmitarbeiter“ eingesetzt. Diese verfügen ebenso wie der Kläger nicht über einen Arbeitsplatz in den Räumen der Zentralstelle bzw. einer Außenstelle. Die Buchstelle hat vielmehr für die Außendienstmitarbeiter jeweils einen Büroraum angemietet, der sich im räumlichen Bezirk der betreuten Mandanten befindet. Vermieter dieser Räumlichkeiten sind, wie im Streitfall, in ca. 50 Fällen „die Außendienstmitarbeiter“ selbst. Im Jahre 1993 mietete die Buchstelle vom Kläger einen im Kellergeschoß seines Hauses gelege-nen Büroraum mit ca. 35 qm Nutzfläche. Die vereinbarte Miete belief sich im Streitjahr 1997 auf 200 DM monatlich. Die Buchstelle stattete den Büroraum mit der erforderlichen „Technik“ (PC, Drucker, Fax, ISDN-Telefonanlage, DFÜ, Rechenmaschine) aus. In dem Büroraum wurden u.a. die Unterlagen der vom Kläger betreuten Mandanten der Buchstelle aufbewahrt. Die berufliche Nutzung des Büroraums durch den Kläger betrug vom zeitlichen Umfang mehr als 50 v.H. seiner gesamten beruflichen Tätigkeit. In seiner Einkommensteuererklärung für 1997 setzte der Kläger die von der Buchstelle vereinnahmte Miete von insgesamt 2.400 DM als Einnahmen bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Die Werbungskosten betrugen 8.221 DM, so daß sich der auf den Büroraum entfallende Werbungskostenüberschuß auf 5.821 DM belief. Der Be-klagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) vertrat im Einkommensteuerbescheid 1997 sowie in der Einspruchsentscheidung die Auffassung, die von der Buchstelle gezahlten Mieten seien gemäß § 21 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei den vom Kläger erzielten Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu erfassen. Der Abzug der dem Kläger für das Arbeits-zimmer entstandenen Aufwendungen sei nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 EStG auf 2.400 DM beschränkt. Den Einnahmen in Höhe von 2.400 DM stünden somit beschränkt abzugsfähige Werbungskosten in gleicher Höhe gegenüber. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen gerichteten Klage mit den in EFG 2000, 1314 veröffent-lichten Gründen statt. Zur Begründung führte das FG aus, es könne dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger aufgrund des Mietvertrages bezogenen Einnahmen in Höhe von 2.400 DM bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder bei denen aus nichtselbständiger Arbeit zu er-fassen seien. Da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung des Klägers bilde, finde die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 letzter Halbsatz EStG keine Anwendung. Mit seiner Revision machte das FA zunächst geltend, das finanzgerichtliche Urteil verstoße gegen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG. Das Arbeitszimmer sei nicht Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers. Nachdem das Urteil des erken-nenden Senats vom 19.10.2001 VI R 131/00 (BFHE 197, 98, BStBl II 2002, 300) veröffentlicht worden ist, trägt das FA vor, das FG habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger bei der Vermietung des Außendienst-Mitarbeiterbüros mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt habe. Ferner fehlten Feststellungen dazu, daß der zwischen dem Kläger und der Buchstelle abgeschlos-sene Mietvertrag dem Üblichen entsprochen habe. Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Zur Begründung trägt er vor, der eigentliche Kernbereich seiner Tätigkeit sei die Erstellung der Buchführung und vor allem die der Bilanz. Im Übrigen habe der Senat mit Urteil in BFHE 197, 98, BStBl II 2002, 300 - inzident - entschieden, daß der zwischen dem Kläger und der Buchstelle über den Büroraum geschlossene Mietvertrag steuerlich anzuerkennen sei.“

Page 298: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 298 Heft 1/2005

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision des FA ist unbegründet, sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzge-

richtsordnung - FGO -).

1. Auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen ist der vom Kläger geltend ge-machte Werbungskostenüberschuß bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Der zwischen dem Kläger und der Buchstelle bestehende Mietvertrag über das Außendienst-Mitarbeiterbüro ist steuerlich anzuerkennen. Insoweit verweist der Se-nat auf die Ausführungen im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in BFHE 197, 98, BStBl II 2002, 300. Dort hat der Senat entschieden, daß die Zahlungen der Buchstelle aufgrund der Mietverträge mit ihren Arbeitnehmern nicht als Arbeitslohn zu erfassen sind. Dem Urteil ist zu entnehmen, daß es sich bei den angemieteten Räumen um Büros des Arbeitgebers handelt.

2. Aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen und den dem Senat aus dem Verfahren VI

R 131/00 gerichtsbekannten Tatsachen ergibt sich, daß auch im Streitfall die von der Buch-stelle gezahlten Mieten beim Kläger zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ge-hören. Insoweit hat das FG festgestellt, daß nur ca. 50 der insgesamt 150 Außendienst-Mitar-beiterbüros von den Arbeitnehmern an die Buchstelle vermietet worden sind. In den ca. 100 anderen Fällen sind demnach die Mietverträge nicht mit den Arbeitnehmern, sondern mit an-deren Personen geschlossen worden. Daß der zwischen dem Kläger und der Buchstelle ge-schlossene Mietvertrag dem Inhalt und der Höhe der Miete nach dem entspricht, was die Buchstelle auch in den anderen, mit fremden Dritten geschlossenen Mietverträgen vereinbart hat, ist dem erkennenden Senat aufgrund des Revisionsverfahrens VI R 131/00 gerichtsbe-kannt. Davon sind die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2003 unterrichtet worden.

3. Entgegen der Auffassung des FA bedurfte es keiner weiteren Feststellungen zum Vorliegen

der Einkunftserzielungsabsicht beim Kläger. Daraus, daß Gegenstand des Mietvertrages zwi-schen dem Kläger und der Buchstelle das im Hause des Klägers gelegene Außendienst-Mit-arbeiterbüro ist, ergeben sich in Bezug auf die Überschusserzielungsabsicht keine besonde-ren Anforderungen. Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich davon auszugehen, daß der Steuer-pflichtige auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks beabsichtigt, letztlich einen Einnahmenüberschuß zu erwirtschaften, solange der Mietzins nicht weniger als 75 v.H. der ortsüblichen Marktmiete beträgt, selbst wenn sich über längere Zeiträume Werbungsko-stenüberschüsse ergeben (BFH-Urteile vom 30.9.1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771, und vom 5.11.2002 IX R 48/01, BFH/NV 2003, 253). Eine Vermietungstätigkeit ist auf Dauer angelegt, wenn sie nach den bei Beginn der Vermietung ersichtlichen Umständen keiner Befristung unterliegt (BFH-Urteil vom 9.7.2002 IX R 57/00, BFH/NV 2002, 1394). Von einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit ist auch dann auszugehen, wenn ein Arbeitnehmer, hier der Kläger, ein in seinem Haus gelegenes Außendienst-Mitarbeiterbüro an seinen Arbeitgeber vermietet. Der Mietvertrag zwischen dem Kläger und der Buchstelle ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von jedem Teil auf den Schluß eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. Der Mietvertrag enthält keine Koppelung an das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der Buchstelle. Da die vereinbarte Miete dem entspricht, was die Buchstelle auch mit fremden Dritten vereinbart hat, bestehen am Vor-liegen der Einkunftserzielungsabsicht keine Zweifel.

4. Eine Beschränkung der für das Außendienst-Mitarbeiterbüro geltend gemachten Werbungs-kosten auf 2.400 DM in (entsprechender) Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG ist nicht vorzunehmen. Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG gilt zwar nach § 9 Abs. 5 EStG auch für die Ermittlung der Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Danach unterliegen aber nur diejenigen Aufwendungen eines Steuerpflichtigen der Abzugsbeschränkung, wenn Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und im Zusammenhang damit Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend gemacht werden (z.B. zur Verwaltung der Mietobjekte).

5. Nutzt der Vermieter - wie im Streitfall der Kläger - den ihm vom Arbeitgeber (rück-)überlasse-

nen Raum selbst im Rahmen seines Dienstverhältnisses, findet die Abzugsbeschränkung des

Page 299: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 299

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 und § 19 EStG dann keine Anwendung, wenn es sich bei dem Raum um ein Büro des Arbeitgebers handelt. Handelt es sich um ein Büro des Arbeitgebers, ist kein häusliches Arbeitszimmer i.S. der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG gegeben. Vom Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers werden solche Räume nicht erfaßt, die der Arbeitgeber mit einem steuerlich anzuerkennen-den, neben dem Dienstvertrag bestehenden Mietvertrag vom Arbeitnehmer mietet und an diesen im Rahmen des Dienstverhältnisses (rück-)überläßt.“

Beherrschender GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, Vor-wegabzug bei zugesagter Altersversorgung

BKPV 105/2005

Verfügung der OFD Hannover vom 25.2.2003, S 2221 - 285 - StO 211/S 2221 - 410 - StH 215 (BB 2003 S. 1263) „Beim beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH ist der Vorwegabzug für Sonder-ausgaben zu kürzen, wenn eine betriebliche Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Bei-tragsleistung zugesagt worden ist (§ 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchstabe a i.V. mit § 10 c Abs. 3 Nr. 2 EStG, R 120 Abs. 3 Nr. 7 LStR 2002). Nunmehr hat der BFH mit seinem Urteil vom 16.10.2002 XI R 25/01 (BFH/NV 2003 S. 252) entschie-den, daß der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer GmbH nicht zu kürzen ist, wenn diese ihm eine Altersversorgung zugesagt hat. Dabei geht der BFH davon aus, daß die von der GmbH zugesagte Altersrente ausschließlich durch ei-gene Beiträge des Geschäftsführers, nämlich durch einen entsprechenden Verzicht auf Gewinnaus-schüttung bzw. auf Auskehrung des Liquidationsergebnisses erworben worden ist. Beitragsleistung i.S. des § 10 c Abs. 3 Nr. 2 EStG sei nicht nur die Zahlung, sondern jede Minderung eines Vermögensan-spruchs gegen eine Versorgungszusage. Dies soll auch dann gelten, wenn die Pensionszusage eine verdeckte Gewinnausschüttung ist und als solche das Einkommen der GmbH erhöht hat. Das Urteil weicht von der bisherigen Verwaltungsauffassung ab. Zurzeit wird auf Bundesebene erörtert, ob das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus angewendet werden soll und welche Auswir-kungen es ggf. für Gesellschafter-Geschäftsführer hat, die nicht Alleingesellschafter einer GmbH sind (vgl. BFH-Urteil vom 14.6.2000, BStBl 2001 II S. 28 ). Das Urteil ist deshalb vor der amtlichen Veröf-fentlichung im BStBl 2001 II nicht anzuwenden (AO-Kartei Anhang F Karte 1). Es soll daher zunächst an der bisherigen Verwaltungsauffassung festgehalten werden, die Veranlagun-gen sollen aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO durchgeführt werden. Über Anträge auf Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO und über Einsprüche, die die Kürzung des Vorwegabzugs bei Gesellschafter-Geschäftsführern zum Gegenstand haben, soll insoweit nicht entschieden werden. In Verfahren vor dem Niedersächsischen FG sollte vorerst von außergericht-lichen Erledigungen auf der Grundlage des o.a. Urteils abgesehen werden. Aussetzung der Vollziehung kann bei GmbH-Geschäftsführern, die Alleingesellschafter sind, gewährt werden. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, daß der maschinelle Vorläufigkeitsvermerk zur beschränkten Ab-ziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3 EStG) nicht den vom BFH entschiedenen Fall umfaßt. Denn von dem Vorläufigkeitsvermerk ist nur die Frage erfaßt, ob die Verwaltungsauffassung gegen das GG verstößt, nicht aber die „einfachgesetzliche" Auslegung des § 10 Abs. 3 EStG.“ Steuerliche Behandlung der an ehrenamtliche Wahlhelfer ge-zahlten Erfrischungsgelder

BKPV 106/2005

vgl. BKPV 58/2000 Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt, Erlass vom 15. März 2002 - 42 - S 2337 - 40 - (DStZ 2002, S. 342)

Page 300: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 300 Heft 1/2005

Bezug: Erlaß vom 19. April 1999 - 42 - S 2337 - 40 -. „Durch Änderung der R 13 Lohnsteuerrichtlinien 2002 (LStR 2002) hat sich u.a. der Mindestbetrag für die steuerfreie Berücksichtigung von Aufwandsentschädigungen auf 154 € monatlich erhöht. Diese Er-höhung hat sich auch auf die steuerliche Behandlung der an ehrenamtliche Wahlhelfer gezahlten Erfri-schungsgelder ausgewirkt. Aus diesem Grund sind die Absätze l und 2 des o.g. Bezugserlasses ab dem Veranlagungszeitraum 2002 entsprechend den neuen Lohnsteuerrichtlinien 2002 anzuwenden. Die Absätze l und 2 ändern sich wie folgt: Die steuerliche Behandlung der bei politischen Wahlen an ehrenamtlich Mitwirkende gezahlten Erfri-schungsgelder richtet sich nach § 3 Nr. 12 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in Verbindung mit R 13 LStR 2002. Danach ist ein Drittel der gezahlten Aufwandsentschädigung, jedoch mindestens 154 € monatlich, steuerfrei. Wird ein Betrag von weniger als 154 € monatlich gezahlt, ist der tatsächlich gezahlte Betrag steuerfrei. Werden für mehrere Wahlen am selben Tag für jede Wahl Erfrischungsgelder gezahlt oder innerhalb eines Monats mehrere Wahlen durchgeführt, sind nach R 13 Abs. 3 Satz 6 LStR 2002 für die Anwen-dung der steuerfreien Mindestbeträge die gezahlten Aufwandsentschädigungen zusammenzurechnen. In diesem Fall sind, wenn die o.g. Drittelregelung nicht zu einem höheren Betrag führt, nur 154 € steu-erfrei und der übersteigende Betrag ist steuerpflichtig.“ Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei Stromableser BKPV 107/2005 Finanzgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 22. Oktober 2003 2 K 1792/02 - rechtskräftig. (EFG 2004, S. 34) Leitsatz: „Sind Unternehmerrisiko und -initiative in hinreichendem Umfang zu bejahen, erzielt ein Stromableser Einkünfte aus gewerblicher Tätigkeit.“ Sachverhalt: „Seit Juni 1997 erbringt der Kl. - zwischenzeitlich mit Hilfe eigener Arbeitnehmer - Dienstleistungen für verschiedene Unternehmen. Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob der Kl. im Jahre 1Q98 hin-sichtlich seiner Leistungen als Zählerableser für ein Stromerzeugungsunternehmen, denen ein sog. „Freier-Mitarbeiter-Vertrag" zu Grunde lag, Einkünfte aus gewerblicher oder aus nichtselbständiger Tä-tigkeit erzielt hat.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist begründet. Zu Unrecht hat der Bekl. im Hinblick auf die Tätigkeit des Kl. als Zählerableser Einkünfte aus nichtselb-ständiger Arbeit bejaht. Insoweit sind die Voraussetzungen des § 19 Abs. l Satz l Nr. l EStG nicht erfüllt. Der Kl. stand zu dem Energieversorgungsunternehmen in keinem Dienstverhältnis (Arbeitsverhältnis), aus diesem Grunde führte diese Tätigkeit zu Einkünften aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG. Ein Dienstverhältnis i. S. von § l Abs. 2 Satz l LStDV ist nur zu bejahen, wenn ein Stpfl. im Hinblick auf den Inhalt, den Ort sowie die Ausgestaltung der Tätigkeit im Wesentlichen fremdbestimmt ist. Nach zu-treffender Auffassung in der Rspr. bestimmen sich diese Voraussetzungen danach, ob der Stpfl. seine Arbeitskraft schuldet, weisungsgebunden handelt und organisatorisch in einer Weise eingegliedert ist, daß ein Unternehmerrisiko entfällt. Dabei ist das Gesamtbild der Tätigkeit ausschlaggebend, einzelne Merkmale oder Kriterien gewinnen in diesem Zusammenhang regelmäßig keine ausschlaggebende Bedeutung (vgl. mit zahlreichen Hinweisen aus der Rspr. Eisgruber in Kirchhof, EStG, 3, Aufl. 2003, § 19 Rdnr. 25f).

Page 301: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 301

Zwar erzielen Stromableser im Regelfall Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit In diesem Zusammenhang hat der BFH entschieden, daß Stromableser auch dann Arbeitnehmer sein können, wenn die Vertragsparteien eine so genannte freie Mitarbeit vereinbart haben (BFH-Urteil vom 24. Juli 1992 VIR 126/88, BFHE 169, 154, BStBl. II 1993, 155, 157). Dabei ging der BFH zutreffend da-von aus, daß die Tätigkeit eines Stromablesers als untergeordnete Arbeit anzusehen ist, bei der eher von einer Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers auszugehen sei als bei so genannten geho-benen Tätigkeiten. Soweit ein Stpfl. den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft und nicht vorrangig im Rahmen eines Auftragsverhältnisses einen bestimmten Erfolg schuldet, spricht auch dieser Umstand für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses (in diesem Sinne BFH-Urteil vom 24. Oktober 1995 VIII R 2/92, BFH/NV 1996, 325, 326). Die erforderliche Gesamtwürdigung kann jedoch ergeben, ... Im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung kommt allerdings der Frage, ob nicht zumindest ein gewisses Unternehmerrisiko i. S. des § 15 Abs. l Nr. l EStG zu bejahen ist (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 14. Juni 1985 VIR 150-152/82, BFHE 144, 225, BStBl. II 1985, 661, 663; vom 2. Dezember 1998 XR 83/96, BFHE 188, 101, BStBl. II 1999, 534, 536), besonderes Gewicht zu. Hiernach sind im Einzelfall auch Stromableser i. S. des § 15 Abs. l Nr. l EStG gewerblich tätig (ebenso Eisgruber in Kirchhof, a.a.O., § 19 Rdnr. 100 Stichwort „Stromableser"). Nach diesen Grundsätzen ist der Kl. im Streitjahr für das Energieversorgungsunternehmen nicht als Ar-beitnehmer tätig geworden. Durch den Vertrag vom 5. Juni 1997 schuldete der Kl. zwar im Grundsatz seine Arbeitskraft i. S. von § l Abs. 2 Satz l LStDV. Auf Grund der im Einzelnen beschriebenen Lei-stungsverpflichtungen des Kl. stand auch nicht der Arbeitserfolg im Vordergrund. Denn gem. § l des Mitarbeitervertrages hatte der Kl. die Zählerstände abzulesen und kundenbedeutsame Veränderungen (Kunden- oder Zählerwechsel sowie Meßstellenhinweise) dem Energieversorgungsunternehmen zu melden. Insoweit handelte es sich jedenfalls im Wesentlichen um Tätigkeiten einfacher Art, bei denen der Kl. keine eigene Initiative entfalten konnte. Denn nicht eigene Ermittlungen waren erforderlich, viel-mehr beschränkte sich die Tätigkeit des Kl. auf das Ablesen von Zahlen sowie vergleichbare offenkun-dige Feststellungen. Weiterhin bestand für den Kl. eine weitgehende berufliche Abhängigkeit von dem Energieversorgungs-unternehmen i. S. des § 19 EStG. Der Kl. unterlag in weitem Umfang den Weisungen des Unterneh-mens. Zwar enthielt der Vertrag vom 5. Juni 1997 keine präzisen zeitlichen Vorgaben für die Tätigkeit des KL. Jedoch übergab das Versorgungsunternehmen gem. Nr. 4 des Vertrages wöchentlich die zu bearbeitenden Ablesebelege, die der Kl. innerhalb einer Woche abzuarbeiten hatte. Insoweit bestimmte das Unternehmen im Kern den Inhalt wie auch den äußeren (zeitlichen) Rahmen der Tätigkeit. Denn der Vertrag legte wesentliche Einzelheiten der Aufgabenstellung für den Kl. fest, auch wenn nicht jeder Gesichtspunkt des Arbeitsablaufs ausdrücklich betroffen war. Schließlich war der Kl. i. S. eines Arbeitsverhältnisses auch organisatorisch bis zu einem gewissen Grade in das Energieversorgungsunternehmen eingegliedert. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, daß das Vertragsverhältnis auf Dauer angelegt war. Zudem erhielt der Kl. wöchentlich die von ihm ab-zuarbeitenden Ablesebelege. Weiterhin hatte der Kl. gern, Nr. l des Vertrages eine Einweisung sowie eine Belehrung über Arbeits- und Datenschutz durch die kaufmännische Abteilung des von dem Ener-gieversorgungsunternehmen betriebenen Regionalzentrums erhalten. Im Übrigen spricht für eine dies-bezügliche Eingliederung i. S. von § 19 Abs. l EStG der Umstand, daß das Unternehmen dem Kl. einen Ablesebezirk zugewiesen und den zeitliche Rahmen, innerhalb dessen das Ablesen zu erfolgen hatte, vorgegeben hatte (vgl. hierzu: BFH-Urteil BFHE 169, 154, BStBl. II 1993, 157). ... daß nach den konkreten Besonderheiten ... Allerdings weist die Tätigkeit des Kl. für das Stromversorgungsunternehmen im Streitjahr zahlreiche Besonderheiten auf, die ihn von einem gängigen Stromableser in einem Ausmaß unterscheiden, daß die Merkmale eines Arbeitnehmers i. S. des § 19 Abs. l Satz l EStG i. V. m. § l LStDV an Bedeutung verlieren. Tatsächlich beteiligte sich der Kl. im Streitjahr gem. § 15 Abs. 2 Satz l EStG selbständig am Wirtschaftsgeschehen. Denn seit 1997 entfaltete der Kl. in nennenswertem Umfang eigene Unterneh-merinitiative und trug ein beachtliches Unternehmerrisiko (zu diesen Merkmalen vgl. BFH-Urteil BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 536).

Page 302: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 302 Heft 1/2005

Keine entscheidende Bedeutung gewinnt in diesem Zusammenhang der Umstand, daß der Vertrag vom 5. Juni 1997 als „freier Mitarbeitervertrag" überschrieben war und gem. Nr. 6 des Vertrages die geleisteten Dienste kein Arbeitnehmerverhältnis begründen sollten. Die privatrechtlichen Bezeichnun-gen oder Einschätzungen erweisen sich für die steuerrechtliche Einordnung als nicht durchschlagend (ebenso BFH-Urteile BFHE 144, 225, BStBl. II 1985, 663; BFHE 169, 154, BStBl II1993, 157). Der diesbezügliche Wille der Vertragsparteien kann allenfalls in Grenzfällen ausschlaggebende Bedeutung gewinnen. ... Unternehmerinitiative und -risiko zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen Die unternehmerische Initiative des Kl. wird dagegen an dem Umstand erkennbar, daß der Kl. sich nicht auf die Ablesetätigkeit für ein Versorgungsunternehmen beschränkte. Vielmehr verfolgte er von Beginn seiner Tätigkeit an die Vorstellung, unterschiedliche Dienstleistungen für verschiedene Unternehmen anzubieten. Der Kl. hat nämlich seit 1997 den Einsatz für zahlreiche Versorgungsunternehmen ange-strebt und im Laufe der Jahre auch realisiert. Dies betraf einerseits seinen Einsatz in verschiedenen Ablesebezirken und andererseits eine Ablesetätigkeit für verschiedene Versorgungsunternehmen (Strom und Wasser) in denselben Bezirken. Entsprechend dem in der m. V. ausführlich erläuterten Unternehmenskonzept hat der Kl. seit 1997 sy-stematisch seine Dienstleistungen ausgeweitet und unter Effizienzgesichtspunkten ausgestaltet. So war er bemüht, die Ablesevorgänge bei einzelnen Kunden zugleich für verschiedene Versorgungsunter-nehmen vorzunehmen. Vor allem setzte der Kl. entsprechend seiner ursprünglichen Konzeption im Laufe der Zeit verstärkt Mitarbeiter ein, um seinen Ableseverpflichtungen nachzukommen. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse trug der Kl. auch ein beachtliches Unternehmerrisiko. Systema-tisch hat sich der Kl. bemüht, seine Verdienstmöglichkeiten zu steigern. Dies gelang ihm vor allem durch den zunehmenden Einsatz seiner Mitarbeiter sowie eine Optimierung der Ablesevorgänge. Letz-teres erreichte der Kl. in der Weise, daß er gleichzeitig für verschiedene Versorgungsunternehmen tätig wurde oder zumindest die Ablesebezirke und die jeweiligen Wegstrecken aufeinander abzustimmen suchte. Insbesondere aber seine Stellung als Arbeitgeber beinhaltete ein Risiko, das im Rahmen des § 15 Abs. l EStG zu berücksichtigen ist. Denn mit seinen Arbeitnehmern hatte der Kl. Arbeitsverträge geschlossen, in denen feste monatliche Bezüge und nicht etwa nur eine erfolgsabhängige Entlohnung vereinbart waren. Somit war der Kl. mit einem Kostenrisiko auch für den Fall belastet, daß einer der Verträge mit den betreffenden Versorgungsunternehmen beendet würde. An dieser Einschätzung ändert der Umstand nichts, daß der Kl. im Streitjahr noch nicht über eigene Ar-beitnehmer verfügte. Zwar hat der Senat allein die zutreffende steuerliche Einordnung der Tätigkeit für das Energieversorgungsunternehmen im Streitjahr zu beurteilen. Angesichts der von 1997 an verfolg-ten Unternehmenskonzeption verweist der Kl. aber zutreffend auf seine sonstigen beruflichen Aktivitä-ten insbesondere in den Jahren nach 1998. Im Übrigen hatte der Kl. bereits im Jahre 1997 alle ein-schlägigen Versicherungen eines selbständigen Unternehmers abgeschlossen. Weiterhin war der Kl. schon im Streitjahr für andere Versorgungsunternehmen - wenn auch nur in geringem Umfang - tätig gewesen. Denn der Kl. führte im Jahre 1998 nicht nur wie in 1997 Ableseaufträge für drei Regionalzen-tren aus, sondern ein Stadtwerk beauftragte ihn im Streitjahr mit zusätzlichen Stichtagsablesungen.“ Erstattung von Instandsetzungskosten für arbeitnehmereigene Musikinstrumente nach dem Tarifvertrag für Musiker in Kultur-orchestern

BKPV 108/2005

Nicht rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts des Landes Brandenburg vom 30. März 2000 5 K 346/99 H - Revision eingelegt (Az. des BFH: VI R 24/03) (EFG 2003, S. 1694) „An Orchestermitglieder neben dem steuerpflichtigen Instrumentengeld erstattete Instandsetzungsko-sten für arbeitnehmereigene Musikinstrumente nach dem Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern stellen steuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. l Nr. l, § 8 Abs. l EStG und nicht nicht steuerba-ren Auslagenersatz gem. § 3 Nr. 50,2. Alternative EStG dar.“

Page 303: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 303

Sachverhalt: „Die Klin. ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die bis einschließlich 1995 für ihr städtisches Theater Musiker als Arbeitnehmer beschäftigte. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung wurde u. a. festgestellt, daß die Klin. einzelnen Musikern in den Jahren 1994 und 1995 Instandhaltungskosten für deren eigene Musikinstrumente steuerfrei ersetzt hatte. Zum Ersatz dieser Kosten war die Klin. nach § 12 Abs. 2 Satz 3 1. Halbs. des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern -TVK - i. V. m. § l des Tarifvertrages über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld verpflichtet. Auf Grund eines Urteils des Arbeitsgerichts Brandenburg war die Klin. zudem verpflichtet, die Instandsetzungskosten steuerfrei an die Arbeitnehmer auszuzahlen, da nach Auffassung des Arbeitsgerichts in dem Instrumentengeld ein steuerfreier Auslagenersatz i. S. des § 3 Nr. 50 EStG zu sehen sei. Abweichend von der Rspr. des Arbeitsgerichts beurteilte der Lohnsteueraußenprüfer das gezahlte In-strumentengeld als steuerpflichtigen Netto-Arbeitslohn, so daß die Klin. für die darauf entfallende und nicht abgeführte LSt in Haftung genommen wurde.“ Entscheidungsgründe: „Die Klage ist nicht begründet. Die Klin. haftet gem. § 42d Abs. l Nr. l EStG für die eingeforderten Lohnsteuerbeträge, da sie ihrer Ver-pflichtung, von den an ihre Musiker gezahlten Instandsetzungskosten gem. § 38 Abs. 3 Satz l EStG LSt einzubehalten und nach § 41a.Abs. l EStG abzuführen, nicht nachgekommen ist. Vom Arbeitgeber erstattete Instandsetzungskosten für arbeitnehmereigene Musikinstrumente nach dem Tarifvertrag für Musiker in Kulturorchestern ... Bei den von der Klin. an ihre Musiker nach § 12 Abs. 2 Satz 3 TVK i. V. m. § l des Tarifvertrages über Instrumentengeld und Rohr-, Blatt- und Saitengeld erstatteten Instandsetzungskosten für Musikinstru-mente handelt es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn i. S. der § § 19 Abs. l Nr. l, 8 Abs. l EStG und nicht um nicht steuerbaren Auslagenersatz gem. § 3 Nr. 50, 2. Alternative EStG. Zahlungen eines Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer werden gem. § 3 Nr. 50, 2. Alternative EStG dann nicht im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gezahlt und stellen somit keinen Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar, wenn dadurch Auslagen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber ersetzt werden. Bei der Beurteilung, ob es sich bei einzelnen Zahlungen seitens des Arbeitgebers um nicht steuerbaren Auslagenersatz im Sinne der genannten Vorschrift oder um steuerbaren WK-Ersatz han-delt, ist vom allgemeinen Lohnbegriff auszugehen (vgl. dazu Schmidt/Drenseck, EStG, 17 Aufl., § 19 Rz. 23). Dabei ist nach der Rspr. Auslagenersatz jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer im ganz überwiegenden Interesse des Arbeitgebers Aufwendungen tätigt, die der Arbeitsausführung dienen und die nicht zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers führen. Liegen diese Voraussetzungen vor, so wird auch zivilrechtlich zumindest in analoger Anwendung des § 670 BGB ein Erstattungsan-spruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber bejaht, sofern im Einzelfall keine abweichenden Vereinbarungen getroffen werden (vgl. zur Kostenerstattung ständig verschleißender Hilfsmittel BFH-Urteil vom 21. August 1995 VI R 30/95, BFHE 178, 350, BStBl. II 1995, 906). WK-Ersatz liegt demge-genüber dann vor, wenn der Arbeitnehmer nach allgemein arbeitsrechtlichen Regeln die Kosten eigent-lich selbst hätte tragen müssen. ... stellen wegen der damit einhergehenden Bereicherung des Arbeitnehmers keinen Auslagen-ersatz, ... In Anwendung dieser Begriffsbestimmungen handelt es sich bei den hier zu beurteilenden Instandset-zungsaufwendungen, die seitens der Klin. für die von den Musikern zur Verfügung gestellten Instru-mente erstattet werden, nicht um Auslagenersatz. Es ist der Klin. zwar zuzugeben, daß der Verschleiß der Instrumente eine notwendige Folge der Arbeitsausführung für die Klin. als Arbeitgeber darstellt, da-bei ist aber zu berücksichtigen, daß nach § 12 Abs. 2 Satz 3 TVK die Klin. die als erforderlich nachge-wiesenen Instandsetzungskosten nur insoweit zu tragen hat, als diese in einem angemessenen Ver-hältnis zum Zeitwert des Instrumentes stehen. Es handelt sich somit um Leistungen der Klin. auf Ge-genstände von nicht geringem Wert mit mehrjähriger Nutzungsdauer, die im Eigentum ihrer Arbeitneh-

Page 304: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 304 Heft 1/2005

mer stehen und die bei diesen, anders als beim Ersatz von Hufs- und Betriebsstoffen, zu einer Berei-cherung führen. Bei Ersatzleistungen eines Arbeitgebers auf derartige Gegenstände spricht eine gene-relle Vermutung dafür, daß es sich um steuerbaren Arbeitslohn in Form von WK-Ersatz handelt (vgl. BFH-Urteil BFHE 178, 350, BStBl. II 1995, 906; Bergkemper in FR 1995, 370, 371), da der Arbeitneh-mer über sein längerfristig nutzbares Eigentum frei verfügen, es z. B. veräußern, verleihen oder ver-schenken kann. Entgegen der Auffassung der Klin. sind die erstatteten Aufwendungen für die Instandsetzung der Mu-sikinstrumente steuerlich nicht ebenso zu behandeln wie erstattete Aufwendungen für verbrauchte Saiten, Rohre und Blätter, die wegen ihrer, Eigenschaft als Hufs- und Betriebsstoffe nach der Rspr. als nicht steuerbarer Auslagenersatz eingestuft werden (vgl. BFH-Urteil BFHE 178, 350, BStBl II1995, 906). Der 6. Senat des BFH hat in seinem Urteil vom 21. August 1995 ausgeführt, daß beim Ersatz von Rohr-, Blatt- und Saitengeld wegen der kurzen Nutzungsdauer dieser Hilfsmittel die Eigentumsverhält-nisse an ihnen keine Rolle spielen, da beim jeweiligen Arbeitnehmer durch die Anschaffung dieser sich ständig verschleißenden Hilfsmittel keine Bereicherung eintritt. Gleichzeitig hat der 6. Senat in seinem Urteil hinsichtlich des nach § 12 Abs. 2 Satz 2 TVK zu zahlenden monatlichen Instrumentengeldes aus-geführt, daß Leistungen eines Arbeitgebers auf längerfristig nutzbare Gegenstände von nicht geringem Wert, die im Eigentum des Arbeitnehmers stehen, grundsätzlich zu einer Bereicherung des Arbeitneh-mers führen und daher als steuerbarer Arbeitslohn in Form von WK-Ersatz anzusehen sind. ... sondern steuerpflichtigen Arbeitslohn dar Ausgehend von diesem Rechtsgrundsatz können die Instandsetzungskosten, die die Klin. ihren Arbeit-nehmern erstattet hat, ebenso wie das Instrumentengeld nur als steuerbarer Arbeitslohn eingestuft werden, da sie stets zu einer Bereicherung des jeweiligen Arbeitnehmers führen. Die Klin. geht insoweit fehl in der Annahme, daß es trotz Instandsetzung wegen einer möglichen Wertminderung eines bei Ar-beitsausführung beschädigten Instruments nicht zwingend zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers kommen müsse. Während eine mögliche Wertminderung durch Beschädigung des Instruments bei der Arbeitsausführung grundsätzlich immer zu Lasten des Arbeitnehmers als Eigentümer des Instruments geht, ist seine Leistungsfähigkeit demgegenüber jedenfalls dadurch gesteigert, daß er bei Erstattung der Instandsetzungskosten entsprechende eigene Aufwendungen erspart. Insoweit ist der Arbeitneh-mer stets durch Erlangung dieses geldwerten Vorteils bereichert. Die somit steuerbaren Instandsetzungsaufwendungen sind auch nicht nach § 3 Nr. 30 EStG steuerbe-freit. Nach dieser Vorschrift sind die Entschädigungen für die betriebliche Benutzung und Erhaltung von Werkzeugen eines Arbeitnehmers steuerfrei, soweit sie die entsprechenden Aufwendungen des Arbeit-nehmers nicht offensichtlich übersteigen. Der Senat schließt sich insoweit der zutreffenden Auffassung des 6. Senats des BFH an, daß Musikinstrumente wegen ihrer langfristigen Nutzungsdauer und ihrem nicht geringen Wert kerne Werkzeuge i. S. des § 3 Nr. 30 EStG sind (vgl. hierzu ausführlich BFH-Urteil BFHE 178, 350, BStBl II1995, 906). Dieser steuerrechtlichen Einstufung der Instandsetzungskosten als Arbeitslohn i. S. des § 19 Abs. l Nr. l EStG steht auch nicht die anders lautende Entscheidung des Arbeitsgerichts Brandenburg an der Havel vom 13. Juli 1995 (l Ca 420/95) entgegen. Abgesehen davon, daß die Klin. es trotz ausdrücklich zuge-lassener Berufung versäumt hat, den Rechtsweg auszuschöpfen, bindet die Rspr. des Arbeitsgerichts weder die Finanzbehörden noch die FGe. Gebunden ist durch diese zivilrechtliche Entscheidung inso-weit lediglich die Klin., die auf Grund des Urteils an den konkret klagenden Arbeitnehmer die Instand-setzungsaufwendungen steuerfrei zu erstatten hatte.“ Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, EU-Recht BKPV 109/2005 EuGH-Urteil vom 12.6.2003 - Rs C-234/01 (BStBl 2003 II S. 859) Leitsätze: „1. Die Art. 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 49 EG) und 60 EG-Vertrag (jetzt Art. 50 EG) ste-

hen einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, nach der in der Regel bei Gebietsfremden die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der Betriebsausgaben, besteuert wer-

Page 305: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 305

den, während bei Gebietsansässigen die Nettoeinkünfte, nach Abzug der Betriebsausgaben, be-steuert werden.

2. Dagegen stehen diese Artikel des EG-Vertrags einer solchen nationalen Regelung nicht entgegen,

soweit nach ihr in der Regel die Einkünfte Gebietsfremder einer definitiven Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 % durch Steuerabzug unterliegen, während die Einkünfte Gebiets-ansässiger nach einem progressiven Steuertarif mit einem Grundfreibetrag besteuert werden, so-fern der Steuersatz von 25 % nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den Betroffenen tat-sächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Nettoeinkünfte zuzüglich eines Betrages in Höhe des Grundfreibetrags ergeben würde.“

Sachverhalt: „1. Das Finanzgericht Berlin hat mit Beschluß vom 28.5.2001, beim Gerichtshof eingegangen am

19.6.2001, gemäß Art. 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Art. 52 EG-Vertrag (nach Än-derung jetzt Art. 43 EG) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Herrn Gerritse (nachstehend: Kläger) und

dem Finanzamt Neukölln-Nord (nachstehend: Beklagter) über die Besteuerung von Einkünften, die der Kläger in Deutschland als Gebietsfremder erzielte.

Nationales Recht 3. § 50 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung von 1996 regelt die Besteuerung

von beschränkt Steuerpflichtigen, d.h. Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und dort nur mit ihren inländischen Einkünften besteuert werden. § 50 a Abs. 4 lautet: ‚Die Einkommensteuer wird bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs erhoben 1. bei Einkünften, die durch künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen im Inland oder durch deren Verwertung im Inland erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus an-deren mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Ein-nahmen zufließen ... ... Der Steuerabzug beträgt 25 vom Hundert der Einnahmen ...’

4. Gemäß § 50 Abs. 5 Satz 4 EStG in der Fassung von 1997, rückwirkend anwendbar auf 1996 zu-geflossene Vergütungen, sind Abzüge von Werbungskosten oder Betriebsausgaben grundsätzlich nicht zulässig, es sei denn, sie sind höher als die Hälfte der Einnahmen.

5. Der Steuerabzug stellt grundsätzlich die definitive Besteuerung dar, wie aus § 50 Abs. 5 EStG

1996 hervorgeht, wo es heißt: ‚Die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug ... unterliegen, gilt bei beschränkt Steuer-pflichtigen durch den Steuerabzug als abgegolten.’ 6. Gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1996 können jedoch bestimmte Personen, die in den Anwendungsbereich

von § 50 a fallen, einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Einkommensteuerpflichtige stel-len. Ihre Besteuerung wird dann nach einer Einkommensteuererklärung in einem Veranlagungs-verfahren nachträglich derjenigen eines unbeschränkt Steuerpflichtigen angeglichen.

7. Beschränkt Steuerpflichtige haben diese Möglichkeit jedoch nur unter einer der folgenden Voraus-

setzungen: entweder wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Ein-kommensteuer unterliegen oder wenn die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte im Kalenderjahr höchstens 12.000 DM betragen.

8. Wird, wie im Allgemeinen bei unbeschränkt Steuerpflichtigen der Fall, eine Einkommensteuerver-

anlagung durchgeführt, so dient bei Einkünften aus einer selbständigen Tätigkeit als Besteue-

Page 306: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 306 Heft 1/2005

rungsgrundlage der Nettogewinn, wie er sich nach Abzug der Betriebsausgaben ergibt (vgl. § 50 Absätze 1 und 2 EStG). Außerdem findet der progressive Steuertarif nach § 32a EStG 1996 An-wendung, der einen Grundfreibetrag umfasst, der für 1996 12.095 DM beträgt.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage 9. Der Kläger, ein in den Niederlanden wohnhafter niederländischer Staatsangehöriger, erhielt im

Jahr 1996 für einen Auftritt als Schlagzeuger bei einem Radiosender in Berlin 6.007,55 DM. Aus den Akten geht hervor, daß er für diesen Auftritt Betriebsausgaben in Höhe von 968 DM hatte.

10. Im gleichen Jahr hatte der Kläger außerdem Einkünfte in Höhe von insgesamt brutto 55.000 DM in

seinem Wohnsitzstaat und in Belgien. 11. Vom Honorar von 6.007,55 DM wurde entsprechend dem Abkommen vom 16.6.1959 zwischen der

Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbe-steuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (BGBl. 1960 II, S. 1782, nachstehend: Doppelbesteuerungsabkommen) und gemäß § 50a Abs. 4 EStG 1996 ein Anteil von 25 % (d.h. 1.501,89 DM) als pauschale Einkommensteuer abgezogen.

12. Im September 1998 reichte der Kläger beim Beklagten gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1996 eine Einkom-

mensteuererklärung ein, um als unbeschränkt Steuerpflichtiger behandelt zu werden. Der Beklagte lehnte jedoch eine Veranlagung zur Einkommensteuer mit der Begründung ab, die angegebenen weiteren Einkünfte überschritten die Obergrenze von 12.000 DM. Der Einspruch des Klägers wurde ebenfalls zurückgewiesen.

13. Der Kläger erhob gegen diesen abschlägigen Bescheid beim Finanzgericht Berlin Klage und berief

sich auf den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Nichtdiskriminierung. Er machte geltend, ein unbeschränkt steuerpflichtiger Gebietsansässiger in vergleichbarer Situation müsse wegen des Grundfreibetrags in Höhe von 12.095 DM keine Steuer entrichten.

14. Nach Auffassung des Beklagten würde der Kläger bei Anwendung der Einkommensteuer-Grundta-

belle der Progression des deutschen Einkommensteuertarifs entgehen, obwohl die durch das Welteinkommen manifestierte Leistungsfähigkeit die Anwendung eines höheren Steuersatzes ge-bieten würde. Der Kläger würde auf diese Weise gegenüber unbeschränkt steuerpflichtigen Ge-bietsansässigen bevorzugt, für die der Steuersatz gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 3 EStG 1996 unter Be-rücksichtigung des Welteinkommens bestimmt werde.

15. Das vorlegende Gericht fragt sich, ob die in § 50 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 EStG 1996 vor-

gesehene definitive Besteuerung zum Satz von 25 % mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. 16. Die Befugnis des Wohnsitzstaats aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens, die im Tätig-

keitsstaat erzielten Einkünfte in die Besteuerung des restlichen Welteinkommens miteinzubezie-hen, könne zu einer zusätzlichen Belastung des Steuerpflichtigen führen, da etwaige Sprünge im Einkommensteuertarif durch den Steuerabzug im Wohnsitzstaat, der sich rein abstrakt nach dem Verhältnis der in Deutschland erzielten Einkünfte zum Welteinkommen des Steuerpflichtigen er-rechne, nicht völlig ausgeglichen würden.

17. Die definitive Besteuerung des Klägers mit einem Steuersatz von 25 % sei auch nicht durch den

Grundsatz der Kohärenz des Steuersystems gerechtfertigt, denn es fehle an dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Steuervorteil - hier der Gewährung des Grundfreibetrags - und der definitiven Besteuerung, wie er in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes gefordert werde.

18. Außerdem führt das vorlegende Gericht aus, die Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes von

25 % könne im Einzelfall zu einer krassen Benachteiligung des beschränkt Steuerpflichtigen ge-genüber dem Steuerinländer führen. So habe im Jahr 1996 ein allein stehender Steuerpflichtiger mit Wohnsitz in den Niederlanden und dortigen Nettoeinkünften in Höhe von umgerechnet 12.001 DM sowie Einkünften in Deutschland aus selbständiger künstlerischer Betätigung in Höhe von brutto 100.000 DM bzw. netto 50.001 DM einem definitiven Steuerabzug von 25.000 DM Einkom-mensteuer zuzüglich des anteiligen Solidaritätszuschlags unterlegen. Dies entspreche - bezogen

Page 307: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 307

auf sein Nettoeinkommen in der Bundesrepublik - einem durchschnittlichen Steuersatz von 49,99 %, wie er sonst nur für Spitzenverdiener gelte (der Grenzsteuersatz habe 1996 bei Ledigen 53 % für das oberhalb von 120.042 DM liegende zu versteuernde Einkommen betragen).

19. Hätte sich der Wohnsitz des Steuerpflichtigen in Deutschland befunden und hätte er dort sein

Weltnettoeinkommen von 62.002 DM erzielt, so hätte er nach der Grundtabelle nur eine Einkom-mensteuer in Höhe von 15.123 DM entrichten müssen. In diesem Fall hätte der durchschnittliche Einkommensteuersatz nur 24,4 % betragen, d. h. knapp die Hälfte des in der vorstehenden Rand-nummer genannten Satzes.

20. Das vorlegende Gericht räumt jedoch ein, daß die im Ausgangsverfahren fraglichen Bestimmun-

gen in einer Vielzahl von Fällen, insbesondere bei hohen inländischen Einkünften und geringen Betriebsausgaben oder Werbungskosten, zu einer tariflichen Begünstigung des dem Steuerabzug unterliegenden beschränkt Steuerpflichtigen gegenüber dem in Deutschland ansässigen Steuer-pflichtigen oder dem nach § 50 EStG 1996 zu veranlagenden beschränkt Steuerpflichtigen führten. Der Kläger gehöre aber nicht zu diesen Begünstigten, da seine Veranlagungsteuer für die im In-land bezogenen Einkünfte im Falle der unbeschränkten Steuerpflicht 0,00 DM betragen würde.

21. Im vorliegenden Fall könne eine Lösung des Rechtskonflikts darin liegen, dem Kläger einen An-

spruch auf Einkommensteuerveranlagung mit Anwendung der Grundtabelle, jedoch ohne Berück-sichtigung des Grundfreibetrags, zu gewähren, was eine geringfügig niedrigere Einkommensteuer als die festgesetzte ergeben würde. Insoweit stelle sich die Frage, ob geringfügige Besteuerungs-unterschiede eine effektive Hürde für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in einem anderen Mit-gliedstaat darstellten.

22. Das Finanzgericht Berlin hat deshalb das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende

Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: ‚Verstößt es gegen Art. 52 EG-Vertrag, daß nach § 50 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 sowie Satz 2 EStG 1996 ein niederländischer Staatsangehöriger, der in Deutschland steuerpflichtige Nettoeinkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Kalenderjahr in Höhe von rund 5.000 DM erzielt, einem Steuerab-zug in Höhe von 25 v. H. der (Brutto-) Einnahmen von rund 6.000 DM zuzüglich Solidaritätszu-schlag durch den Schuldner der Honorarvergütung unterliegt und er keine Möglichkeit hat, die ge-zahlten Abgaben im Wege eines Erstattungsantrags oder eines Antrags auf Steuerveranlagung ganz oder teilweise zurückzuerlangen?’

Zur Vorlagefrage 23. Vorab ist festzustellen, daß der in den Niederlanden wohnhafte Kläger in Deutschland eine vor-

übergehende Leistung erbrachte und damit Einkünfte erzielte, über deren Besteuerung vor dem vorlegenden Gericht gestritten wird. Unter diesen Umständen ist, wie der Kläger und die Kommis-sion ausgeführt haben, die Vorlagefrage so zu verstehen, daß sie den freien Dienstleistungsver-kehr und nicht die Niederlassungsfreiheit betrifft.

24. Daher ist davon auszugehen, daß das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Art. 59 EG-Ver-

trag (nach Änderung jetzt Art. 49 EG) und Art. 60 EG-Vertrag (jetzt Art. 50 EG) einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, nach der in der Regel zum einen bei Gebietsfremden die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der Betriebsausgaben, besteuert wer-den, während bei Gebietsansässigen die Nettoeinkünfte, nach Abzug der Betriebsausgaben, be-steuert werden, und nach der zum anderen die Einkünfte Gebietsfremder einer definitiven Be-steuerung zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 % durch Steuerabzug unterliegen, während die Einkünfte Gebietsansässiger nach einem progressiven Steuertarif mit einem Grundfreibetrag besteuert werden.

Zur Abziehbarkeit der Betriebsausgaben 25. Der Kläger und die Kommission tragen vor, während im Fall selbständiger Arbeit eines unbe-

schränkt Steuerpflichtigen nur der Gewinn der Einkommensteuer unterliege und Betriebsausgaben im Allgemeinen nicht in die Besteuerungsgrundlage eingingen, werde im Fall eines beschränkt Steuerpflichtigen die 25%ige Steuer auf die Einnahmen erhoben, und die Betriebsausgaben seien nicht abziehbar (es sei denn, sie seien höher als die Hälfte der Einnahmen, in welchem Fall die

Page 308: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 308 Heft 1/2005

Steuer erstattet werde, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen Einnahmen und Be-triebsausgaben übersteige).

26. Der Kläger weist insbesondere auf die schwerwiegenden Folgen für gebietsfremde Künstler auf

Tournee in Deutschland hin, die im Allgemeinen hohe Betriebsausgaben hätten. 27. Zunächst ist festzustellen, daß die fraglichen Betriebsausgaben unmittelbar mit der Tätigkeit zu-

sammenhängen, aus der die in Deutschland zu versteuernden Einkünfte erzielt wurden, so daß Gebietsansässige und Gebietsfremde sich insoweit in einer vergleichbaren Situation befinden.

28. Daher besteht die Gefahr, daß sich nationale Rechtsvorschriften, die Gebietsfremden bei der Be-

steuerung den Abzug von Betriebsausgaben verweigern, der Gebietsansässigen hingegen ge-währt wird, hauptsächlich zum Nachteil der Angehörigen anderer Mitgliedstaaten auswirken und damit zu einer grundsätzlich gegen die Art. 59 und 60 EG-Vertrag verstoßenden mittelbaren Dis-kriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit führen.

29. Da vor dem Gerichtshof keine konkrete Rechtfertigung für eine solche Ungleichbehandlung vorge-

tragen wurde, ist festzustellen, daß die Art. 59 und 60 EG-Vertrag einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, soweit sie für beschränkt Steuerpflichtige die Möglichkeit, von ihren zu versteuernden Einkünften die Betriebsausgaben abzuziehen, aus-schließt, während unbeschränkt Steuerpflichtigen diese Möglichkeit zugestanden wird.

Zum Steuerabzug in Höhe von 25 % Beim Gerichtshof eingereichte Erklärungen 30. Nach Auffassung des Klägers sind die abgeltende Wirkung der Einkommensbesteuerung durch

Steuerabzug und der damit verbundene Ausschluß Gebietsfremder von jeglicher Form der Erstat-tung zu viel gezahlter Steuern mit Art. 60 Abs. 3 EG-Vertrag unvereinbar. Insbesondere führe die Nichtberücksichtigung des Grundfreibetrags zu einer gemeinschaftsrechtswidrigen Diskriminie-rung, da dies auf die Anwendung eines Mindeststeuersatzes hinauslaufe, die der Gerichtshof im Urteil vom 27.6.1996 in der Rechtssache C-107/94 (Asscher, Slg. 1996, I-3089, Randnr. 49) ab-gelehnt habe.

31. Es gebe keinen objektiven Rechtfertigungsgrund für eine solche Ungleichbehandlung von Gebiets-

ansässigen. Insbesondere greife das Argument der Kohärenz des Steuersystems nicht durch, denn es bestehe kein Vorteil, durch den ein steuerlicher Nachteil kompensiert würde, wie es in der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes gefordert werde.

32. Der Beklagte und die finnische Regierung machen dagegen geltend, das im Ausgangsverfahren

fragliche Steuersystem stehe mit dem Gemeinschaftsrecht im Einklang. 33. Zunächst sei der Steuerabzug ein legitimes und sachgerechtes Mittel, um im Ausland ansässige

beschränkt Steuerpflichtige steuerlich zu erfassen. 34. Sodann würde eine uneingeschränkte Anwendung der Grundtabelle im vorliegenden Fall dazu füh-

ren, daß keine deutsche Einkommensteuer erhoben würde und daß der Kläger der Progression des deutschen Einkommensteuertarifs entginge, obwohl sein Welteinkommen einen höheren Ein-kommensteuertarif gebiete. Der beschränkt Steuerpflichtige würde auf diese Weise gegenüber un-beschränkt Steuerpflichtigen bevorzugt, bei denen das Welteinkommen bei der Bemessung des Steuersatzes einzubeziehen sei.

35. Der Beklagte und die finnische Regierung fügen hinzu, nach der Rechtsprechung des Gerichtsho-

fes (Urteile vom 14.2.1995 in der Rechtssache C-279/93, Schumacker, Slg. 1995, I-225, Randnrn. 31 bis 33, vom 14.9.1999 in der Rechtssache C-391/97, Gschwind, Slg. 1999, I-5451, Randnr. 22, und Asscher, Randnr. 44) falle die Pflicht zur Berücksichtigung persönlicher Verhältnisse eines Steuerpflichtigen grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Wohnsitzstaates und nicht den des Staates der Einkunftsquelle, es sei denn, der Wohnsitzstaat könne mangels ausreichender dort zu versteuernder Einkünfte dieser Besteuerungspflicht nicht nachkommen, so daß im wirt-schaftlichen Ergebnis letztlich keiner der beiden Staaten der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen bei der Veranlagung Rechnung tragen würde.

Page 309: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 309

36. Zweck der Anwendung eines Grundfreibetrags sei der Schutz des Existenzminimums von Steuer-pflichtigen mit niedrigem Einkommen; dafür sei grundsätzlich der Wohnsitzstaat zuständig, in dem der Steuerpflichtige in der Regel den größten Teil seines Einkommens erziele. Die deutschen Steuerbehörden berücksichtigten bei beschränkt Steuerpflichtigen das Existenzminimum, da diese, wenn ihre ausländischen Einkünfte unter 12.000 DM lägen, einer Steuerveranlagung nach den allgemeinen Bestimmungen unterlägen.

37. Schließlich entspricht nach Auffassung der finnischen Regierung der Steuersatz von 25 % oft dem

tatsächlichen Steuersatz des Betroffenen in seinem Wohnsitzstaat, so daß der fragliche Steuerab-zug kein ungewöhnliches Hindernis für die Freizügigkeit darstelle.

38. Die Kommission argumentiert ähnlich. Angesichts der Umstände des vorliegenden Falles sei der

Grundfreibetrag außer Betracht zu lassen, also der Satz für die Besteuerung oberhalb des Freibe-trags heranzuziehen.

39. Sie schlägt daher vor, die Nettoeinkünfte (A) zu dem Freibetrag (B) hinzuzählen, um eine Gesamt-

summe (C) zu bilden. Den Steuerbetrag (D), den die einschlägige Steuertabelle für diese Gesamt-summe (C) ausweise, könne man als angemessene Steuer auf die genannten Nettoeinkünfte (A) ansehen. Der durchschnittliche Steuersatz, der als Referenz für eine nichtdiskriminierende Be-handlung gelten könne, ergebe sich dann aus dem Verhältnis zwischen dem Steuerbetrag (D) ge-mäß der Tabelle und den Nettoeinkünften (A).

40. Im Fall des Klägers stelle sich die Rechnung wie folgt dar: Die Gesamtsumme (C) setze sich aus

den Nettoeinkünften (A) in Höhe von 5.039,55 DM und dem Grundfreibetrag (B) von 12.095 DM zusammen, belaufe sich also auf 17.134,55 DM. Die einschlägige Steuertabelle weise für ein sol-ches Einkommen einen Steuerbetrag (D) von 1.337 DM aus. Im Verhältnis zum Nettoeinkommen (A) ergebe sich für diesen Betrag ein durchschnittlicher Steuersatz von 26,5 %, der nahe an dem Steuersatz von 25 % liege, der auf den Kläger angewandt worden sei.

41. Nach Auffassung der Kommission liegt bis zur Höhe dieses Satzes keine Diskriminierung vor. Im

vorliegenden Fall sei es daher nicht zu beanstanden, wenn die deutschen Behörden auf be-schränkt Steuerpflichtige den einheitlichen Satz von 25 % anwendeten.

42. Sie schließt sich auch hinsichtlich der Anwendung des Grundfreibetrags den Auffassungen des

Beklagten und der finnischen Regierung an. Dem Staat, der die umfassende Besteuerung des Be-troffenen mit Rücksicht auf dessen gesamtes Weltnettoeinkommen vornehme, stehe es frei, so-ziale Gesichtspunkte, die einen Grundfreibetrag rechtfertigten, in sein System der Steuerprogres-sion zu integrieren.

Antwort des Gerichtshofes 43. Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, befinden sich Gebietsansässige und Gebietsfremde

im Hinblick auf die direkten Steuern in einem Staat in der Regel nicht in einer vergleichbaren Si-tuation, denn das Einkommen, das ein Gebietsfremder im Hoheitsgebiet eines Staates erzielt, stellt meist nur einen Teil seiner Gesamteinkünfte dar, deren Schwerpunkt an seinem Wohnort liegt, und die persönliche Steuerkraft des Gebietsfremden, die sich aus der Berücksichtigung sei-ner Gesamteinkünfte sowie seiner persönlichen Lage und seines Familienstands ergibt, kann am leichtesten an dem Ort beurteilt werden, an dem der Mittelpunkt seiner persönlichen Interessen und seiner Vermögensinteressen liegt; dieser Ort ist in der Regel der Ort des gewöhnlichen Auf-enthalts der betroffenen Person (Urteile Schumacker, Randnrn. 31 und 32, Gschwind, Randnr. 22, und vom 16.5.2000 in der Rechtssache C-87/99, Zurstrassen, Slg. 2000, I-3337, Randnr. 21).

44. Versagt ein Mitgliedstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen, die er Gebietsansäs-

sigen gewährt, so ist dies in Anbetracht der objektiven Unterschiede zwischen der Situation der Gebietsansässigen und derjenigen der Gebietsfremden sowohl hinsichtlich der Einkunftsquelle als auch hinsichtlich der persönlichen Steuerkraft sowie der persönlichen Lage und des Familien-stands im Allgemeinen nicht diskriminierend (Urteile Schumacker, Randnr. 34, und Gschwind, Randnr. 23).

45. Auch das geltende internationale Steuerrecht, und zwar insbesondere das Muster-Doppelbesteue-

rungsabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) (Musterabkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein-

Page 310: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 310 Heft 1/2005

kommen und vom Vermögen, Bericht des Fiskalausschusses der OECD, 1977, Fassung vom 29.4.2000), knüpft für die Aufteilung der Steuerhoheit in Fällen mit Auslandsbeziehungen grund-sätzlich an den Wohnsitz an.

46. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, daß der Kläger, der in den Niederlanden wohnt, im

deutschen Hoheitsgebiet nur einen geringen Teil seiner Gesamteinkünfte erzielt. 47. Es stellt sich demnach die Frage, ob der objektive Unterschied zwischen der Situation eines sol-

chen Gebietsfremden und derjenigen eines Gebietsansässigen es erlaubt, eine nationale Rege-lung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, nach der die Einkünfte Gebietsfremder zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 % durch Steuerabzug endgültig besteuert werden, während die Einkünfte Gebietsansässiger einem progressiven Steuertarif mit einem Grundfreibetrag unterwor-fen werden, als nicht diskriminierend anzusehen.

48. Was zum einen den Grundfreibetrag angeht, ist es legitim, diese Vergünstigung Personen, die ihr

zu versteuerndes Einkommen im Wesentlichen im Besteuerungsstaat erzielt haben, also in der Regel Inländern, vorzubehalten, denn sie dient, wie das Finanzgericht Berlin, die finnische Regie-rung und die Kommission hervorgehoben haben, einer sozialen Zielsetzung, da sie die Möglichkeit bietet, den Steuerpflichtigen ein von jeder Einkommensbesteuerung freies Existenzminimum zu si-chern.

49. Zu beachten ist jedoch, daß ein beschränkt Steuerpflichtiger, der seine Einkünfte im Wesentlichen

in Deutschland erzielt hat und eine der beiden oben in Randnummer 7 erwähnten Voraussetzun-gen erfüllt, nach der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung genauso wie ein unbe-schränkt Steuerpflichtiger besteuert wird, indem seine Einkünfte einem progressiven Steuertarif mit einem Grundfreibetrag unterworfen werden.

50. Dies ist aber beim Kläger nicht der Fall. 51. Die niederländische Regierung hat hierzu auf eine Frage des Gerichtshofes ausgeführt, in einem

Fall wie dem des Ausgangsverfahrens komme dem Steuerpflichtigen in seinem Wohnsitzstaat, den Niederlanden, der Einkommensfreibetrag zugute, der von den Gesamteinkünften abgezogen werde. Dem Kläger würde, mit anderen Worten, eine ähnliche Vergünstigung wie die von ihm in Deutschland beanspruchte in seinem Wohnsitzstaat gewährt, dessen Sache es grundsätzlich ist, die persönliche Lage und den Familienstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen.

52. Was zum anderen die Besteuerung Gebietsfremder zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 %

angeht, während Gebietsansässige einem progressiven Steuertarif unterworfen werden, so ist festzustellen, daß die Niederlande, wie die Kommission hervorgehoben hat, gemäß dem Doppel-besteuerungsabkommen als Wohnsitzstaat die Einkünfte, für die Deutschland das Besteuerungs-recht hat, gemäß der Progressionsregel in die Besteuerungsgrundlage einbeziehen. Sie berück-sichtigen jedoch die in Deutschland erhobene Steuer, indem sie von der niederländischen Steuer einen Bruchteil abziehen, der dem Verhältnis zwischen den in Deutschland besteuerten Einkünften und den Welteinkünften entspricht.

53. Demnach befinden sich, was die Progressionsregel angeht, Gebietsfremde und Gebietsansässige

in einer vergleichbaren Situation, so daß es eine nach dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 60 EG-Vertrag, verbotene mittelbare Diskriminierung darstellen würde, wenn auf Gebietsfrem-de ein höherer Einkommensteuersatz angewandt würde, als er für Gebietsansässige und diesen gleichgestellte Personen gilt (vgl. entsprechend Urteil Asscher, Randnr. 49).

54. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob im vorliegenden Fall der auf die Einkünfte

des Klägers angewandte Steuersatz von 25 % höher ist als derjenige, der sich bei Anwendung des progressiven Steuertarifs ergeben würde. Um vergleichbare Situationen zu vergleichen, ist hier, wie die Kommission zu Recht hervorgehoben hat, zu den in Deutschland erzielten Nettoeinkünften des Betroffenen ein Betrag in Höhe des Grundfreibetrags hinzuzuzählen. Nach der Berechnung der Kommission würde die Anwendung des progressiven Steuertarifs in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens zu einem Steuersatz von 26,5 %, also einem höheren als dem tatsächlich angewandten Satz, führen.

55. Nach alledem ist dem Finanzgericht Berlin wie folgt zu antworten:

Page 311: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 8

Heft 1/2005 Seite 311

– Die Art. 59 und 60 EG-Vertrag stehen einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfah-ren fraglichen entgegen, nach der in der Regel bei Gebietsfremden die Bruttoeinkünfte, ohne Abzug der Betriebsausgaben, besteuert werden, während bei Gebietsansässigen die Netto-einkünfte, nach Abzug der Betriebsausgaben, besteuert werden.

– Dagegen stehen diese Art. des EG-Vertrags einer solchen nationalen Regelung nicht entge-

gen, soweit nach ihr in der Regel die Einkünfte Gebietsfremder einer definitiven Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 % durch Steuerabzug unterliegen, während die Ein-künfte Gebietsansässiger nach einem progressiven Steuertarif mit einem Grundfreibetrag be-steuert werden, sofern der Steuersatz von 25 % nicht höher ist als der Steuersatz, der sich für den Betroffenen tatsächlich aus der Anwendung des progressiven Steuertarifs auf die Netto-einkünfte zuzüglich eines Betrages in Höhe des Grundfreibetrags ergeben würde.“

Page 312: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 8 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 312 Heft 1/2005

Page 313: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 9

Heft 1/2005 Seite 313

Grunderwerbsteuer Grundsätzlich keine Einbeziehung der Erschließungskosten in die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage beim Er-werb eines noch nicht erschlossenen Grundstücks

BKPV 110/2005

Urteil des Finanzgerichts Münster vom 14.8.2003 - 8 K 6709/01 GrE - rechtskräftig (EFG 2003 Nr. 23, S. 1098) Leitsätze: „1. Ist das Grundstück im Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses noch nicht erschlossen, kann ein

auf die Erschließung entfallender Anteil des Kaufpreises nur dann als Entgelt für den Grunderwerb und damit als Gegenleistung i.S. des GrEStG angesehen werden, wenn sich der Veräußerer ge-genüber dem Erwerber (privatschriftlich) verpflichtet, dem Erwerber das Grundstück im erschlos-senen Zustand zu verschaffen.

2. Die Erschließungskosten gehören beim Erwerb eines noch unerschlossenen Grundstücks regel-

mäßig auch dann nicht zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage, wenn die Erschlie-ßungsbeiträge vom Veräußerer gegenüber der Gemeinde abgegolten und ihm von dem späteren Erwerber anteilig erstattet werden.“

Page 314: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 9 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 314 Heft 1/2005

Page 315: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.6

Heft 1/2005 Seite 315

Grundsteuer Krankenhaus, Grundsteuerbefreiung, Gesellschafteridentität BKPV 111/2005 BFH-Urteil vom 26.2.2003 - II R 64/00 (BStBl 2003 II S. 485) Leitsatz: „Die Grundsteuerbefreiung für Grundbesitz, der für die Zwecke eines Krankenhauses benutzt wird, ist gemäß § 4 Nr. 6 Satz 2 GrStG auch dann nicht zu gewähren, wenn der Grundstückseigentümer und der Klinikbetreiber - bei fehlender Identität - durch Identität ihrer Gesellschafter oder der hinter ihnen stehenden Personen miteinander verbunden sind.“ Grundsteuererlaß bei denkmalgeschützten Grundbesitz BKPV 112/2005 Bayerischer VGH, Beschluß vom 3.7.2002, 4 ZB 02.648, rkr. (DStRE 3/2004, S. 148) Leitsatz: „Bei der Prüfung des Erlasses von Grundsteuer nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 GrStG für denkmalgeschützten Grundbesitz sind Schuldzinsen nicht als Aufwand und Abschreibungen nur in üblicher Höhe ohne Be-rücksichtigung von Sonderabschreibungen zu erfassen.“ Entscheidungsgründe: „Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 23.1.2002 hat keinen Erfolg. Zulassungsantrag bezüglich des rückwirkenden Erlasses der Grundsteuer für die Jahre 1982 bis 1995 unzulässig 1. Soweit der Zulassungsantrag die verwaltungsgerichtliche Entscheidung bezüglich der Kalender-

jahre 1982 bis 1995 betrifft, ist er bereits unzulässig. Insoweit sind Berufungszulassungsgründe nicht ausreichend dargelegt worden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Verpflichtung der Beklagten (Bekl.) zum „rückwirkenden" Erlaß der für diesen Zeitraum festgesetzten Grundsteuer (insbesondere) mit der Begründung abgewiesen, daß die Kläger (Kl.) die Erlaßanträge erst nach Ablauf der Ausschlußfrist des § 34 Abs. 2 Satz 2 GrStG gestellt hätten und ihnen keine Wiedereinsetzung gewährt werden könne; § l Abs. 2 i. V. m. § 175 Abs. l Satz l Nr. 2 AO sei nicht anwendbar, weil es den Kl. nicht um die Überwindung der Bestandskraft der Grundsteuerbescheide, sondern um die Überwindung der versäumten Antragsfrist des § 34 GrStG gehe. Der „Hinweis" der Kl. darauf, daß das Verwaltungsgericht das Klagebegehren mißverstan-den habe und daß die Frage der Versäumung der Antragsfrist mit der Frage der Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen nach § 173 AO nichts zu tun habe, ge-nügt auch nicht ansatzweise, um - sinngemäß -ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwal-tungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. l VwGO) oder besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) darzulegen. Damit wird weder ein entscheidungstra-gender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt noch eine schwierige Rechts- oder Tatsachen-frage plausibel aufgeworfen (vgl. BVerfG v.' 23. 6. 2000, NVwZ 2000, 1163, 1164). Im Übrigen be-gegnet die Auffassung des Verwaltungsgerichts keinerlei Bedenken. Die in der Klagebegründung angeführte Bestimmung des § 175 Abs. l Satz l Nr. 2 AO kann offenkundig keine Anwendung fin-den. Sie regelt die Berichtigung eines Steuerbescheides -wegen eines rückwirkenden Ereignisses, betrifft also das Festsetzungsverfahren. Der begehrte Erlaß nach § 32 GrStG zielt aber nicht auf eine Änderung des Grundsteuerbescheides, sondern betrifft - wie sich aus dem Wortlaut des § 34 GrStG ergibt - die Frage, ob die (unverändert festgesetzte) Grundsteuer erhoben wird oder nicht.

Page 316: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.6 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 316 Heft 1/2005

Für Grundsteuer des Jahres 1996 Erlaßgrund der „Unwirtschaftlichkeit" nicht erfüllt 2. Soweit der Zulassungsantrag sich gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung zum Kalender-

jahr 1996 richtet, ist er zulässig, aber unbegründet. Die dargelegten Zulassungsgründe liegen nicht vor ,(§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat einen Erlaßanspruch nach § 32 Abs. l Nr. l Satz l GrStG mit der Begründung verneint, es fehle am Tatbestandsmerkmal der Un-wirtschaftlichkeit. Der Zulassungsantrag hält dem entgegen, daß bestimmte, von den Kl. in der Wirtschaftlichkeitsberechnung vom 26.1. 2000 geltend gemachte Ausgabepositionen zu Unrecht nicht als Kosten im Sinne dieser Bestimmung anerkannt worden seien. Diese Einwände begrün-den weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils noch besondere Schwierigkeiten, die in einem Berufungsverfahren geklärt werden müßten.

Darlehenszinsen sind wie Eigenkapitalzinsen nicht zu berücksichtigen a) Dem Verwaltungsgericht ist zunächst in der Annahme beizupflichten, daß auf der Ausgabenseite

die Position „Darlehenszinsen etc." nicht zu berücksichtigen ist. Das BVerwG (BVerwGE 88, 46/51) hat entschieden, daß Schuldzinsen keine Kosten i. S. von § 32 Abs. l Nr. l Satz l GrStG darstellen, weil diese ebenso wie Eigenkapitalzinsen zu behandeln seien und sich insoweit ent-scheidend auswirke, daß der Gesetzgeber die Grundsteuer als Objektsteuer ausgestaltet habe; es würde sich - so das BVerwG -nämlich als in hohem Maße bedenklich erweisen, wenn der in § 32 GrStG zwingend angeordnete Steuererlaß in seinem Tatbestand danach differenzierte, ob der Ei-gentümer den Erwerb unter Verzicht auf die anderenfalls erzielbaren Zinsen mit eigenen Mitteln fi-nanziere oder dafür Fremdmittel eingesetzt habe. Der Zulassungsantrag weist zwar zutreffend daraufhin, daß diese Entscheidung Schuldzinsen betroffen hat, die auf die Anschaffungskosten angefallen sind. Die Erwägungen des BVerwG treffen aber in gleicher Weise für Schuldzinsen bei der Fremdfinanzierung von Er-haltungs-, Umbau oder Modernisierungsmaßnahmen zu, mögen diese nun aus Gründen des Denkmalschutzes aufwendiger gewesen sein oder nicht. Das BVerwG hat mit Blick auf Abschreibungen für Abnutzung oder Substanzverringerungen ausdrücklich eine Differenzierung zwischen Erwerbsaufwand und Aufwand für die Erhaltung denkmalgeschützter Gebäude verworfen (a.a.O., S. 50). Gleiches muß für Schuldzinsen gelten.

Berücksichtigung der Zuführung zur Rückstellung oder der tatsächlichen Reparaturkosten als Aufwand b) Ernstliche Zweifel ergeben sich auch nicht daraus, daß das Verwaltungsgericht das Vorbringen der

Kl. zur Beachtlichkeit von Rückstellungen für Reparaturen größeren Ausmaßes mangels hinrei-chender Substanziierung außer Betracht gelassen hat. Zwar zählen Rückstellungen für realistisch zu erwartende größere Reparaturen zu den berücksichtigungsfähigen Kosten (BVerwGE107,133, 137). Derartige „Ansparleistungen" haben die Kl. aber mit ihrem Erlaßantrag überhaupt nicht und mit ihrer Klagebegründung vom 14.3.2001, wie mit dem Zulassungsantrag allenfalls abstrakt gel-tend gemacht. Statt dessen haben sie in ihre Wirtschaftlichkeitsberechnung die jährlichen Aufwen-dungen für- auch größere - Reparaturen in voller Höhe eingestellt (etwa für 1994:118.839 DM und für 1995: 100.434 DM). Es liegt jedoch auf der Hand, daß bei einer größeren Reparatur nicht zu-gleich die tatsächlichen Kosten und (kumulativ) Ansparleistungen hierauf als Kostenfaktoren be-rücksichtigt werden können. Werden Rückstellungen gebildet, müssen diese vielmehr im Falle ei-ner größeren Reparatur mit der Folge „aufgelöst" werden, daß sie die Reparaturkosten über einen längeren Zeitraum verteilen, aber nicht erhöhen. Vor diesem Hintergrund bestand kein Anlaß für das Verwaltungsgericht, dem lediglich allgemeinen - und unschlüssigen - Hinweis auf die Berück-sichtigungsfahigkeit von Rückstellungen weiter nachzugehen.

Nur lineare Gebäudeabschreibung zu berücksichtigen c) Der Vorwurf der Kl., die Anerkennung von Abschreibungen als Kosten sei nicht erörtert worden

und das von der Widerspruchsbehörde errechnete und vom Verwaltungsgericht übernommene „bereinigte Jahresergebnis" sei insbesondere mit Blick auf die Position „Abschreibung, Einrichtun-gen" nicht nachvollziehbar, begründet ebenfalls keinen Zulassungsgrund. Die vom Verwaltungsgericht im Wesentlichen gebilligte Berechnung durch die Widerspruchsbe-hörde ist auch hinsichtlich der geltend gemachten Abschreibungen klar und eindeutig. Ausgangs-punkt war die von den Kl. vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung vom 26.1.2000. Die dort an-geführten Abschreibungen auf die Einrichtung blieben zu Recht außer Betracht, weil diese nicht in

Page 317: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.6

Heft 1/2005 Seite 317

unmittelbarem Zusammenhang mit dem Grundbesitz steht (vgl. BVerwGE 107, 133, 134 f.). Das ist offenkundig und bedurfte keiner weiteren Begründung. Die Abschreibungen auf das Gebäude wurden zutreffend nur in „normaler" Höhe berücksichtigt und nicht in Höhe der Sonderabschrei-bung (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 137 f.). Maßgeblich für die weitere Berechnung des „bereinigten Jahresergebnisses" war für die Widerspruchsbehörde und das Verwaltungsgericht mithin nicht das „steuerliche Ergebnis", sondern das „Ergebnis bei linearer Gebäudeabschreibung i.H. von 82.598 DM", das die Kl. hilfsweise angegeben hatten.

d) Ohne Erfolg bleibt schließlich das Vorbringen, dem Verwaltungsgericht sei verborgen geblieben, daß von dem im Widerspruchsbescheid festgestellten Jahresergebnis Nebenkosten von etwa 20.000 DM jährlich hätten abgezogen werden müssen. Selbst wenn das zutreffen sollte, ergäbe sich lediglich für das Jahr 1990 ein (weiterer) Verlust. In den Jahren 1985, 1986,1988, 1991,1992, 1993 und 1996 verbliebe es hingegen bei einem Gewinn, sodaß auch in diesem Fall keine Unwirt-schaftlichkeit des Grundbesitzes prognostiziert werden könnte.“

Page 318: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.6 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 318 Heft 1/2005

Page 319: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.11

Heft 1/2005 Seite 319

Kapitalertragsteuer Erstattung von Kapitalertragsteuer zur Vermeidung von sach-licher Härten - Änderungen durch das Steueränderungsgesetz 2003

BKPV 113/2005

Nach § 44 c EStG konnten KdöR vom Bundesamt für Finanzen auf Antrag des Gläubigers die Hälfte der auf Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 7a EStG einbehaltenen und abge-führten Kapitalertragsteuer zurück erstattet bekommen. Diese Regelung wurde durch das Zweite Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steuerände-rungsgesetz 2003 - StÄndG 2003) aufgehoben und ist nur für den Zeitraum 1.1.2001 bis zum 31.12.2003 anzuwenden. 1) OFD Chemnitz, Verfügung vom 4.2.2004, S 2405 - 15/1 - St 21 (DB 2004 S. 461) Die Neuregelungen in § 44 a Abs. 7 und 8 EStG sehen zusätzlich zu den bisherigen Kapitalerträgen für folgende weitere Kapitalerträge die Möglichkeit zur Abstandnahme vom Steuerabzug vor: „Absatz 7 Gläubiger der Kapitalerträge ist eine inländische – Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG (gemein-

nützige/mildtätige/kirchliche Körperschaften) oder – Stiftung des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen oder mildtäti-

gen Zwecken dient oder – juristische Person des öffentlichen Rechts, die ausschließlich und unmittelbar kirchlichen Zwecken

dient. Abstandnahme vom Steuerabzug bei Kapitalerträgen i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 – Nr. 1 (= § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG), soweit es sich um Erträge aus GmbH-Anteilen handelt, – Nr. 2 (= Zinsen aus Teilschuldverschreibungen), wenn die die Kapitalerträge auszahlende Stelle

nicht sammelantragsberechtigt i.S. des § 45 b EStG ist und – Nr. 3 (= Einnahmen aus typisch stiller Beteiligung/partiarischem Darlehen, § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG) Absatz 8 Gläubiger der Kapitalerträge ist eine nicht in Abs. 7 aufgeführte – von der KSt befreite Körperschaft – inländische juristische Person des öffentlichen Rechts. Hälftige Abstandnahme vom Steuerabzug bei Kapitalerträgen i.S. des § 43 Abs. 1 Satz 1 – Nr. 1 (= § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG), soweit es sich um Erträge aus GmbH-Anteilen handelt und – Nr. 7 a (= gewinnausschüttungsähnliche Erträge, die von Versicherungsvereinen auf Gegenseitig-

keit, von rechtsfähigen oder nichtrechtsfähigen Vereinen, Anstalten, Stiftungen und anderen Zweckvermögen des privaten Rechts geleistet werden, § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG)

Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist die Vorlage einer NV-Bescheinigung (§ 44 a Abs. 7 Satz 4 f und Abs. 8 Satz 3 f EStG i.d.F. des StÄndG 2003).

Page 320: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 320 Heft 1/2005

Die Neuregelungen gelten für Ausschüttungen, die nach dem 31.12.2003 erfolgen (§ 52 Abs. 55 a EStG i.d.F. des StÄndG 2003). Ist in o. g. Fällen ein Steuerabzug vom Kapitalertrag deswegen einbehalten worden, weil dem Schuld-ner der Kapitalerträge oder der auszahlenden Stelle die NV-Bescheinigung nicht vorlag und der Schuldner oder die auszahlende Stelle von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44 b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch machen, bestehen keine Bedenken, auch in diesen Fällen die KapSt in analoger Anwendung der Rdn. 36, 37 des BMF-Schreibens vom 5.11.2002 (BStBl 2002 I S. 1346) zu erstatten. KdöR sollten daher rechtzeitig vor einer Durchführung von Ausschüttungen die Gesellschaft darauf hinweisen, daß nur ein hälftiger Abzug zu erfolgen hat.“ 2) OFD Münster, Verfügung vom 21.10.2002 - S 2706 - 107 - St 13 - 33 (DB 2002 S. 2410) Zu dem BMF-Schreiben vom 11.9.2002 betreffend Auslegungsfragen zu § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG wird auf Folgendes hingewiesen: Nach dem Systemwechsel im KSt-Recht (Abschaffung des Anrechnungsverfahrens und Einführung des Halbeinkünfteverfahrens) wurde aus Gründen der steuerlichen Gleichbehandlung auf Vermögensüber-tragungen von Betrieben gewerblicher Art (BgA) an ihre Gewährträger (z.B. Städte, Kreise etc.) ein 10-prozentiger KapSt-Abzug eingeführt (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 10 EStG, § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 b und 7 c EStG i.V. mit § 43 a Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 EStG). Die KSt für diese Einkünfte ist gem. § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG durch den KapSt-Abzug abgegolten und kann weder angerechnet noch vom Bundesamt für Finanzen zur Hälfte erstattet werden. Es sei zu beachten, daß die KapSt auf Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 a EStG in dem Zeitpunkt entsteht, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger (i.d.R. der Gewährträger) zufließen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 EStG). Die KapSt auf Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG entstehe im Zeitpunkt der Bilanzerstel-lung; spätestens acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres. Sei eine Bilanzerstellung des BgA auch acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres noch nicht möglich, weil z.B. Beteiligungserträge des BgA noch nicht bekannt sind, so sei der Gewinn für Zwecke der Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 10 b EStG zu schätzen und die entsprechende KapSt-Anmeldung einzureichen. Bei einer späteren Änderung des geschätzten Gewinns ist eine geänderte KapSt-Anmel-dung zum 10. des Folgemonats einzureichen.“

Page 321: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.13

Heft 1/2005 Seite 321

Stromsteuer Stromsteuerbefreiung, Kraft-Wärme-Kopplung BKPV 114/2005 Urteil des BFH vom 20.4.2004 - VII R 44/03 (Versorgungswirtschaft 2004, S. 238) Leitsätze: „1. Dem in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verwendeten Begriff des räumlichen Zusammenhangs läßt sich

nicht entnehmen, daß bereits die Einspeisung des in einer begünstigten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage erzeugten Stroms in das öffentliche Stromnetz in jedem Fall zu einem Ausschluß der Steu-erbefreiung führt.

2. Von einer Entnahme des Stroms in räumlichem Zusammenhang zu der von § 9 Abs. 1 Nr. 3

StromStG begünstigten Anlage kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn mit dem in der Anlage erzeugten Strom ausschließlich innerhalb einer kleinen Gemeinde gelegene kommunale Abnahmestellen versorgt werden.“

Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in der Gemeinde S eine Kraft-Wärme-Kopp-

lungs-Anlage (KWK-Anlage) mit einer installierten elektrischen Leistung von 0,12 MW und einer Wärmeleistung von ca. 0,2 MW. Die Anlage, die aus einem Motorheizkraftwerk und Wärmepum-pen einschließlich autarken Regelanlagen besteht, befindet sich auf dem Gelände der Grund-schule. Von der KWK-Anlage werden mit eigenen Stromleitungen die Grundschule nebst Turnhalle und Hausmeisterwohnung sowie das Freibad mit Schwimmmeisterwohnung mit Strom versorgt. Soweit mit dem von der Anlage erzeugten Strom andere kommunale Abnahmestellen, wie z.B. das Rathaus, das Straßenbeleuchtungssystem oder die Kläranlage, versorgt werden, wird zum Trans-port der elektrischen Energie das allgemeine Stromnetz der Überlandwerke L verwendet. Die kommunalen Abnahmestellen, die höchstens 4,5 km von der KWK-Anlage entfernt liegen, werden durch den Mittelspannungsring erreicht, wobei der Strom auf Niederspannung umgespannt wird. Der in der KWK-Anlage erzeugte Strom deckt den Bedarf aller kommunalen Stromabnahmestellen zu etwa 75 bis 85 v.H.; den darüber hinaus benötigten Strom erwarb die Klägerin von einem Ver-sorger und bezog ihn aus dem allgemeinen Stromnetz. Durch die von der Klägerin installierte und verwendete Mess-, Steuer- und Regeltechnik wurde sichergestellt, daß von der KWK-Anlage nur der von der Gemeinde S gerade benötigte Strom erzeugt wurde. Grundlage für die Stromlieferung durch die Klägerin war ein zwischen ihr und der Gemeinde S ab-geschlossener Vertrag, nach dem sich die Klägerin verpflichtete, für die Gemeinde S ein Investiti-onsvorhaben durchzuführen und auch zu finanzieren, das u.a. die Errichtung der KWK-Anlage und deren Betrieb für einen Zeitraum von 20 Jahren umfasste. Als Gegenleistung hatte die Gemeinde S ein jährliches Nutzungsentgelt zu zahlen, das auch die Stromleistungen für die Grundschule und das Freibad umfasste. Das Entgelt für die Stromleistungen an die anderen kommunalen Stromab-nahmestellen hatte die Klägerin mit der Gemeinde S nach einem zuvor vereinbarten Schlüssel ab-zurechnen. Gegenüber dem Bundesland Niedersachsen trat die Gemeinde S als Investor auf und erhielt auch Landeszuschüsse, die sie an die Klägerin weitergab. Nach Ablauf der Vertragslaufzeit sollte die Gemeinde S Eigentümerin der von der Klägerin errichteten Anlagen werden. Mit insgesamt drei Vorauszahlungsbescheiden setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt - HZA - ) gegenüber der Klägerin für die Jahre ... die von ihr zu entrichtende Stromsteuer fest und forderte die Klägerin zu monatlichen Vorauszahlungen auf. Bei der Berech-nung der Vorauszahlungen ging das HZA davon aus, daß eine Steuerbefreiung nur für die mit ei-genen Stromleitungen durchgeführte Stromversorgung der Grundschule, der Turnhalle und der Hausmeisterwohnung gewährt werden könne. Bei der Versorgung der anderen kommunalen Ent-nahmestellen sei der Strom zwar in der KWK-Anlage der Klägerin erzeugt, jedoch nicht im räumli-chen Zusammenhang zu dieser Anlage entnommen worden, wie dies § 9 Abs. 1 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) in der Fassung von Art. 2 des Gesetzes zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16.12.1999 (BGBl I, 2432) erfordere. Denn nach einer Verwal-tungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - (veröffentlicht in Vorschriften-

Page 322: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.13 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 322 Heft 1/2005

sammlung der Bundesfinanzverwaltung - VSF - N 62 2001 Nr. 453) entfalle der räumliche Zusam-menhang unabhängig von der zu überbrückenden Entfernung, sobald das öffentliche Stromnetz berührt werde und damit nicht mehr gewährleistet sei, daß der erzeugte Strom objektbezogen ent-nommen werde. Gegen die drei Vorauszahlungsbescheide legte die Klägerin Einspruch ein, den das HZA als un-begründet zurückwies. Die daraufhin erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, daß die Bescheide insoweit rechtswidrig seien, als sie auf der Annahme beruhten, daß auch für den von der Klägerin erzeugten und geleisteten Strom Stromsteuer anfallen würde. Eine Pflicht zur Entrichtung der Stromsteuer bestehe nur hinsichtlich des von einem Dritten bezogenen und an die Gemeinde S geleisteten Stroms. Der von der Klägerin in der KWK-Anlage selbst erzeugte Strom sei indes im räumlichen Zusammenhang mit der Anlage entnommen worden, so daß die tatbe-standlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG im Streitfall erfüllt seien. Der Wortlaut der Vorschrift bestimme weder eine genaue Obergrenze für die Entfernung zwischen der Stromer-zeugungsanlage und dem Ort der Stromentnahme, noch stelle er das Erfordernis auf, den so er-zeugten Strom unter Ausschluss des öffentlichen Stromnetzes durch ausschließlich dafür vorge-sehene Leitungen zum Ort der Stromentnahme zu leiten. Über die Gestaltung des Stromtransports treffe die Vorschrift keine Aussage. Auch aus dem Zweck der Begünstigung und aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergebe sich die vom HZA der Vorschrift beigemessene Deutung nicht. Eine mit der Vorschrift verfolgte de-zentrale örtliche Energieversorgung erfordere nicht zwingend die Nutzung eines ausschließlich dafür vorgehaltenen Leitungsnetzes, noch verbiete sie den Stromtransport über Strecken, bei de-nen wie im Streitfall 4,5 km nicht überschritten würden. Aufgrund der Größe der Anlage, deren Lei-stung zur Versorgung von bis zu 2.750 Haushalten ausreichen würde, und des damit verbundenen Umfangs der Entnahmestellen müßten sich die Entnahmestellen über eine gewisse Fläche vertei-len. Aus den übrigen Bestimmungen des StromStG ergebe sich keine vergleichbare Regelung, nach der steuerbegünstigter Strom nicht über das öffentliche Stromnetz geleitet werden dürfe. Le-diglich Strom aus erneuerbaren Energieträgern sei nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG nur dann be-günstigt, wenn er aus einem mit solchen Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechen-den Leitung entnommen werde. Diese Einschränkung beruhe auf gemeinschaftsrechtlichen und GATT-rechtlichen Vorgaben; sie diene jedoch nicht der Nämlichkeitssicherung des begünstigten Stroms. Im Streitfall sei die geforderte Netzbindung nicht gerechtfertigt. Mit seiner Revision rügt das HZA die seiner Ansicht nach rechtsfehlerhafte Interpretation des Be-griffes “räumlicher Zusammenhang” in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG. Die grammatikalische Ausle-gung der Vorschrift lasse den Schluß zu, daß neben der Entfernung zwischen zwei Orten auch andere Kriterien, wie die Verwendung eines eigenen Leitungsnetzes, herangezogen werden könnten. Auch die teleologische Auslegung anhand der Gesetzesmaterialien deute darauf hin, daß eine breite Anwendung des Befreiungstatbestandes nicht gewollt war. Der Begriff des “räumlichen Zusammenhangs” sei eng verbunden mit der Objektbezogenheit im Sinne einer räumlichen Funk-tionsgemeinschaft. Abzustellen sei auf den objektiven Gesamteindruck. Im Streitfall ließen sich Anhaltspunkte für die Objektbezogenheit aus dem Vertrag der Klägerin mit der Gemeinde S ent-nehmen, der zwischen der Versorgung der auf einer Liegenschaft der Gemeinde S befindlichen Grundschule und des Freibades und der Versorgung der sog. übergeordneten Verbraucher über das öffentliche Netz unterscheide. Schließlich gehe der Hinweis des FG auf § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG fehl. Aus der gemeinschafts- und GATT-rechtlich motivierten Beschränkung der Steuer-befreiung für den aus erneuerbaren Energieträgern erzeugten Strom lasse sich nicht der Umkehr-schluß ziehen, daß in anderen Fällen eine eigene Leitung als Voraussetzung für die Inanspruch-nahme der steuerlichen Begünstigung nicht gefordert werden dürfe. Das HZA beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie schließt sich im Wesentlichen den Aus-führungen des FG an.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß sich dem in § 9 Abs. 1 Nr. 3

StromStG verwendeten Begriff des räumlichen Zusammenhangs nicht entnehmen lässt, daß eine

Page 323: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.13

Heft 1/2005 Seite 323

Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz zu einem Ausschluss der Steuerbefreiung führt, ohne daß es auf weitere Umstände ankäme. Das Erfordernis, den begünstigten Strom zur Ent-nahmestelle durch eigene Stromleitungen zu transportieren, ist in der gesetzlichen Bestimmung selbst nicht angelegt und kann deshalb auch nicht durch eine bloße Verwaltungsanweisung be-gründet werden.

1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist Strom von der Steuer befreit, wenn er in Anlagen mit einer

Nennleistung bis zu 2 MW erzeugt und in räumlichem Zusammenhang zu dieser Anlage ent-nommen und von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, geleistet wird. Eine nähere Begriffsbestimmung in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal des räumlichen Zu-sammenhangs enthält das Gesetz nicht. Die Bedeutung der Vorschrift erschließt sich erst durch eine Auslegung der Bestimmung, die mit Wirkung zum 1.1.2000 erst nachträglich in das am 1.4.1999 in Kraft getretene StromStG eingefügt worden ist. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesvorschrift und dem Sinnzusam-menhang ergibt, in den diese hineingestellt ist.

a) Die grammatikalische Auslegung der Vorschrift ergibt keinen Hinweis darauf, daß eine

Begünstigung in jedem Fall ausgeschlossen ist, wenn der Strom in ein öffentliches Lei-tungsnetz eingespeist wird. Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich jedoch entnehmen, daß nicht jeder Strom, der in der Anlage erzeugt und von einem Letztverbraucher ent-nommen wird, in den Genuss der Steuerbefreiung kommen soll. Die Entnahme muss in einem gewissen Zusammenhang mit der Anlage stehen, der durch das Merkmal “räum-lich” näher bestimmt und eingegrenzt wird. Im allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet das Adjektiv “räumlich” eine Bezugnahme auf ein Gebiet, das eine Ausdehnung nach Länge, Breite und Höhe aufweist. Der Begriff “räumlich” ist demnach gebietsbezogen zu verstehen. Ihm kann indes nicht entnommen werden, daß die Annahme eines räumlichen Zusammenhangs nur durch eine bestimmte direkte Verbindung zwischen zwei Objekten, wie z.B. durch eine Leitung, begründet oder durch die Verwendung einer als ungeeignet zu erachtenden Verbindung ausgeschlossen werden könnte. Eine solche Verbindung, die nicht naturgegeben besteht, sondern erst geschaffen werden müsste, wird jedoch von der Verwaltung in der angegebenen Verwaltungsanweisung gefordert. Denn danach entfällt der räumliche Zusammenhang - unabhängig von der zu überbrückenden Entfer-nung -, sobald das öffentliche Stromnetz berührt, d.h. keine eigene Stromleitung verwen-det wird. Dies würde z.B. bedeuten, daß in einem Fall, in dem eine KWK-Anlage auf demselben Grundstück wie die Entnahmestelle (z.B. Industrieanlage) und in unmittelba-rer Entfernung zu dieser liegt und beide Objekte evtl. durch Wege oder Gleise miteinan-der verbunden wären, ein räumlicher Zusammenhang dennoch nicht angenommen wer-den könnte, wenn der Strom an die Entnahmestelle durch das öffentliche Stromnetz ge-leitet würde. Eine solche Deutung des Begriffes “räumlich” würde sich vom allgemeinen Sprachgebrauch so weit entfernen, daß sie nach Auffassung des Senats außer Betracht bleiben muss.

b) Auch eine an der Entstehungsgeschichte orientierte teleologische Auslegung der streit-

befangenen Vorschrift führt nach Auffassung des Senats zu keinem anderen Ergebnis. Nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - (vgl. Urteil vom 21.5.1952 2 BvH 2/52, BVerfGE 1, 299, 312, und Beschluss vom 17.5.1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, 131) und des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 14.5.1991 VIII R 31/88, BFHE 164, 516, 525; 526) ist für die Auslegung von Steuergesetzen der objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und aus dem Sinnzusammenhang der Vorschrift ergibt. Der subjektive Wille der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Personen kann für die Aus-legung nur insofern von Bedeutung sein, als er die Richtigkeit einer nach den sonstigen Grundsätzen ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die sonst nicht ausge-räumt werden könnten. Dabei können die Motive und Vorstellungen der Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie im Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden haben (BVerfG in BVerfGE 11, 126, 130; Urteil des BVerfG vom 19.12.1961 2 BvL 6/59, BVerfGE 13, 261, 268).

aa) Nach der Gesetzesbegründung sollten mit der Vorschrift die Fälle des sog. Contrac-

ting geregelt werden, in denen gerade nicht eine flächendeckende oder regionale Versorgung erfolgt, sondern Strom objektbezogen erzeugt und zur Verfügung ge-

Page 324: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.13 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 324 Heft 1/2005

stellt wird (BTDrucks 14/2044, 11). Die Intention des Gesetzgebers, die Fälle des sog. Contracting zu erfassen, hat in der streitbefangenen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG insoweit ihren ausdrücklichen Niederschlag gefunden, als die Steu-erbefreiung auch dann gewährt wird, wenn der Strom vom Anlagenbetreiber nicht selbst verbraucht, sondern an andere Letztverbraucher geleistet wird. Ohne die Re-gelung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG wäre der Betreiber der Energieerzeugungsan-lage als Versorger anzusehen, mit der Folge, daß der von ihm geleistete Strom der Stromsteuer unterliegen würde (§ 2 Nr. 1 i.V.m. § 5 StromStG). Neben der Bezugnahme auf Contracting-Fälle findet sich in der Begründung auch der Hinweis, daß mit dieser Regelung der in Anlagen mit einer Nennleistung bis zu 2 MW erzeugte Strom von der Stromsteuer freigestellt wird, wenn sich die Anlage im räumlichen Zusammenhang mit der Stromentnahme befindet. Durch die Heraufset-zung der Erzeugergrenze von 0,7 MW auf 2 MW wurde erreicht, daß Anlagen in den Genuss der Steuervergünstigung kommen, die im Vergleich zur ursprünglichen Re-gelung eine nahezu dreifache Nennleistung aufweisen und geeignet sind, den Strombedarf von ca. 2.000 bis 3.000 Haushalten abzudecken, legt man einen durchschnittlichen Stromverbrauch eines Haushaltes von jährlich 3.500 bis 4.000 kWh zugrunde (vgl. Schiebold/Otto, Der Stromsteuerbefreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz, Zeitschrift für Neues Energierecht, 2002, S. 14, 16 Fn. 21). Ausgangspunkt für diese Änderungen war die Regelung in § 2 Nr. 2 StromStG in der Fassung von Art. 1 des Gesetzes zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24.3.1999 (BGBl I 1999, 378), der über die Definition des “Eigen-erzeugers” eine Steuerbefreiung für den in Stromerzeugungsanlagen mit einer Nennleistung von jeweils bis zu 0,7 MW erzeugten Strom vorsah. Der Selbstver-brauch des von kleinen Eigenerzeugern erzeugten Stroms sollte aus Gründen der Verwaltungsökonomie und zur energiepolitisch motivierten Förderung von Kleinan-lagen von der Steuer befreit werden.

bb) Durch die neun Monate nach dem In-Kraft-Treten des StromStG erfolgte Gesetzes-

änderung beabsichtigte der Gesetzgeber, nachträglich bestimmte Fallkonstellatio-nen den Fällen der Eigenerzeugung in Kleinanlagen zumindest gleichzustellen bzw. durch den Verzicht auf das Merkmal des Eigenverbrauchs einer großzügigeren Re-gelung zuzuführen. Der Begriff “Contracting” leitet sich vom englischen Begriff con-tract (Vertrag) ab und bezeichnet das Vergabewesen, d.h. die Vergabe von Aufträ-gen, z.B. Bauaufträgen (vgl. Zahn, Glossarium der Wirtschaft, Englisch-Deutsch, 4. Aufl. 2002). Im Bereich der Energieversorgung handelt es sich im Wesentlichen um Fälle, in denen der Betreiber der Anlage (z.B. ein Investor und/oder ein Energie-versorgungsunternehmen) den Strom nicht selbst verbraucht, sondern ihn aufgrund vertraglicher Beziehungen mit dem Letztverbraucher diesem zur Verfügung stellt. Der Vertragspartner erspart sich durch diese Konstruktion den Bau von Energiever-sorgungsanlagen und damit hohe Anfangs-Investitionen und ein entsprechendes In-vestitionsrisiko. Auch die Verwaltungsanweisung zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG geht von diesen Erwägungen aus. Dort wird ausgeführt: “Es findet eine Arbeitsteilung zwischen dem Contractor und dem Dritten statt. Dadurch sollen Investitionen in die Energieversorgung, die beim Nutzer bisher aus verschiedenen Gründen unterblie-ben sind (fehlendes Know-how, Kapitalmangel etc.), durch den Contractor realisiert werden. Es wird dabei davon ausgegangen, daß sich durch die Spezialisierung des Contractors auf dieses Geschäftsfeld und die dadurch möglichen optimierten Lö-sungskonzepte besondere Vorteile für den Kunden ergeben.” Wie der Streitfall be-legt, finden Gemeinden in dieser Form der Vertragsgestaltung eine offenbar anspre-chende Möglichkeit zur Einsparung von Investitionen und Energiekosten. Die ausdrückliche Bezugnahme auf Contracting-Fälle in der Gesetzesbegründung lässt den Schluss zu, daß der Gesetzgeber davon ausging, daß durch die objektbe-zogene Erzeugung des Stroms eine Versorgung in der Fläche nicht erfolgen könne. Nicht beabsichtigt war jedenfalls eine regionale und flächendeckende Versorgung, d.h. die Einspeisung des Stroms in das allgemeine Stromnetz ohne jegliche Begren-zung der Entnahmestellen. Aus der Gesetzesbegründung lässt sich dagegen nicht entnehmen, daß der Gesetzgeber die Contracting-Fälle selbst begrenzen wollte. Die nahezu Verdreifachung der begünstigten Strommenge, die zur Versorgung von bis

Page 325: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.13

Heft 1/2005 Seite 325

zu 3.000 Haushalten ausreicht, deutet vielmehr darauf hin, daß eine großzügige Regelung des Contracting unter gleichzeitiger Förderung von KWK-Anlagen beab-sichtigt war. Darüber hinaus kann aus dem vom Gesetzgeber beabsichtigen Aus-schluss einer regionalen und flächendeckenden Versorgung nicht zwangsläufig ge-folgert werden, daß damit auch die Versorgung einer Gemeinde mit einer genau de-finierten Anzahl von Entnahmestellen und einem in der räumlichen Ausdehnung be-grenzten Gemeindegebiet ausgeschlossen werden sollte. Denn der Begriff der Re-gion deutet eher auf ein größeres Landschaftsgebiet im Sinne eines Landstrichs hin, denn auf das Gebiet einer Gemeinde. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ge-langt der Senat zu der Auffassung, daß den Motiven der gesetzgebenden Körper-schaften zumindest nicht eindeutig entnommen werden kann, daß der Gesetzgeber bestimmte Contracting-Fälle von der Begünstigung ausschließen wollte.

cc) Die gesetzgeberischen Motive geben darüber hinaus auch keinen Anhaltspunkt da-

für, daß in die Vorschrift ein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in dem Sinne aufgenommen werden sollte, daß eine Berührung des öffentlichen Stromnet-zes zum Ausschluss der Steuerbegünstigung führt. Eine solche Beschränkung würde vielmehr den Anwendungsbereich der Vorschrift derart einengen, daß eine Gefährdung des Normzweckes nicht ausgeschlossen werden könnte. Denn eine durch die Heraufsetzung der Erzeugungsmenge nunmehr möglich gewordene Ver-sorgung von bis zu 3.000 Haushalten würde durch das Erfordernis des Aufbaues ei-nes eigenständigen Versorgungsnetzes, das neben dem öffentlichen Netz bestehen würde, wesentlich erschwert, wenn nicht sogar aus Kostengründen unmöglich ge-macht. In jedem Fall würden zusätzliche Investitionen erforderlich, die evtl. zu ent-richtende Stromdurchleitungsgebühren, die an den Betreiber eines öffentlichen Net-zes abzuführen wären, deutlich übersteigen könnten. Aber auch die Versorgung eines Industrieparks oder einer Großwohnanlage durch ein Blockheizkraftwerk würde durch das Erfordernis eines eigenen Leitungsnetzes beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Verwal-tungsanweisung des BMF bei diesen Anlagen selbst einen Wertungswiderspruch aufweist. Einerseits wird ausgeführt, daß in Ausnahmefällen auch in einem Gewer-bepark mit mehreren dort ansässigen Unternehmen oder in einem mehrere Wohn-häuser umfassenden Objekt der räumliche Zusammenhang noch gegeben sein kann, andererseits soll die Annahme des räumlichen Zusammenhangs und damit der Gebiets- und Objektbezogenheit ausnahmslos wieder entfallen, sobald das öf-fentliche Stromnetz berührt wird. Im konkreten Einzelfall wird damit eine zunächst als durchaus möglich erachtete Deutung des Begriffes wieder rückgängig gemacht. Im Ergebnis werden dem Begriff des “räumlichen Zusammenhangs” zwei unter-schiedliche Bedeutungsinhalte beigemessen, die sich danach ausrichten, in wessen Eigentum das den geleisteten Strom führende Leitungsnetz steht (öffentliches oder betreibereigenes Netz). Wie bereits ausgeführt, findet dies keine Stütze im Wortlaut des Gesetzes. In Anbetracht dieser Sachlage erscheint auch eine teleologische Re-duktion des Befreiungstatbestandes im Sinne der vom BMF erlassenen Verwal-tungsvorschrift nicht geboten.

dd) Ursprünglich sollten die Fälle des Contracting in der Verordnung zur Durchführung

des Stromsteuergesetzes (Stromsteuer-Durchführungsverordnung - StromStV -) ge-regelt werden. Hierzu sah § 2 Abs. 1 des Entwurfes zur StromStV vom 11.5.1999 vor, daß das HZA auf Antrag zulassen kann, daß Betreiber von Kleinanlagen bis 0,7 MW, die den mit der Anlage erzeugten Strom an Letztverbraucher leisten, inso-weit nicht als Versorger gelten, wenn der erzeugte Strom durch Letztverbraucher in räumlicher Nähe zu der Anlage entnommen wird (Wortlaut des Entwurfs abgedruckt in Friedrich/Meißner, Kommentar zur ökologischen Steuerreform, Anhang Teil B 2.1). Das Tatbestandsmerkmal der räumlichen Nähe wurde in die Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG jedoch nicht übernommen, sondern durch den Begriff des räumlichen Zusammenhangs ersetzt. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, daß der Gesetzgeber bei der Konzeption der Vorschrift nicht auf ein besonderes Näheverhältnis abstellen, sondern den Befreiungstatbestand zumindest hinsichtlich der räumlichen Begrenzung offener anlegen wollte. Aber selbst wenn dem HZA darin zu folgen wäre, daß durch diese Formulierung andere Abgrenzungskriterien als die bloße Entfernung zwischen zwei Orten eingeführt werden sollten, so müssen

Page 326: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.13 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 326 Heft 1/2005

auch diese Kriterien einen räumlichen Bezug, d.h. einen gebietsbezogenen An-knüpfungspunkt, aufweisen. Insofern genügt nicht irgendein herzustellender Zu-sammenhang zwischen der Stromerzeugungsanlage und den Entnahmestellen. Im Übrigen finden sich in der Gesetzesbegründung keinerlei Hinweise darauf, daß der Gesetzgeber eine Einschränkung des Befreiungstatbestandes über die Art und Weise des Stromtransportes herbeiführen wollte.

ee) Entgegen der Auffassung des HZA können Vorschriften des Mineralölsteuerrechts

nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Zwar findet sich die Bezugnahme auf ei-nen räumlichen Zusammenhang auch in § 3 1. Halbsatz Nr. 2 und 5 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV), doch können aus dieser Vorschrift, die der Definition des Mineralölherstellungsbetriebes dient, keine Rück-schlüsse auf die einschränkende Auslegung einer Befreiungsvorschrift des StromStG gezogen werden. Denn bei der Festlegung der räumlichen Ausdehnung eines Mineralölherstellungsbetriebes stellt sich die im Streitfall entscheidungserheb-liche Frage überhaupt nicht, ob die Benutzung des öffentlichen Stromnetzes den räumlichen Zusammenhang aufhebt und damit die Steuervergünstigung ausschließt. Im Übrigen ist der Begriff des räumlichen Zusammenhangs im Lichte der Besonder-heiten des jeweiligen Steuergesetzes unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Intentionen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers auszulegen. Bei identischem Wortlaut können Bestimmungen, die sich in unterschiedlichen Gesetzen zur Rege-lung unterschiedlicher Sachverhalte finden, auch voneinander abweichende Be-deutungsinhalte beizumessen sein. Dies ist vorliegend der Fall.

c) Auch Gründe der Gesetzessystematik erfordern keine einschränkende Interpretation der

streitbefangenen Vorschrift. Denn aus einer Zusammenschau der übrigen Begünsti-gungstatbestände des StromStG lässt sich kein systemimmanenter Grundsatz der Strombesteuerung ableiten, nach dem die Gewährung einer Stromsteuervergünstigung von der Verwendung eines eigenen Stromnetzes durch den Betreiber einer begünstigten Stromerzeugungsanlage oder durch den Versorger abhinge. Vielmehr weist die Aus-nahmeregelung für den aus erneuerbaren Energieträgern erzeugten Strom in eine an-dere Richtung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG ist Strom von der Steuer befreit, wenn er aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und aus einem ausschließlich aus solchen Energieträgern gespeisten Netz oder einer entsprechenden Leitung entnommen wird. Es mag dahinstehen, ob die Einschätzung des FG zutrifft, daß die restriktive Regelung auf gemeinschafts- und GATT-rechtlichen Erwägungen beruht, um durch die Schaffung ei-nes sicheren Nämlichkeitsnachweises die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung erst zu ermöglichen (vgl. hierzu Jatzke, Die Stromsteuer - eine Anomalie im bundesge-setzlich geregelten Verbrauchsteuerrecht, DStZ 1999, 520, 526). Jedenfalls deutet die ausdrückliche Normierung einer bestimmten Netzbindung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG darauf hin, daß in anderen Fällen eine solche Bindung nicht zu bestehen braucht, wenn das Gesetz hierzu schweigt. Der Umstand allein, daß nach Ansicht des HZA für eine sol-che Beschränkung auch im Streitfall nachvollziehbare Gründe bestehen, vermag, wie be-reits oben dargelegt, nicht zu einer zwingend notwendigen Deutung des Begriffes des räumlichen Zusammenhangs in der vom HZA vorgenommenen Weise zu führen. Es wäre dem Gesetzgeber unbenommen gewesen, eine ausdrückliche - § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG vergleichbare - Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG aufzunehmen und in-soweit klare Rechtsverhältnisse zu schaffen. Indessen hat die Exekutive die Einschrän-kung in einer Verwaltungsvorschrift vorgenommen, die in der gesetzlichen Regelung je-doch keine Stütze findet und daher unbeachtlich ist.

2. Entgegen der Auffassung des HZA lassen sich aus den konkreten Vereinbarungen zwischen

der Klägerin und der Gemeinde S, insbesondere aus der im Vertrag vorgenommenen Tren-nung zwischen der Versorgung der Liegenschaft, auf der sich die Grundschule und das Frei-bad befinden, und der Versorgung von sog. übergeordneten Verbrauchern keine verbindli-chen Anhaltspunkte für oder gegen die Annahme eines räumlichen Zusammenhangs i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG gewinnen. Denn die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des räumlichen Zusammenhangs wird durch die objektive Anschauung belegt und kann nicht durch vertragliche Absprachen herbeigeführt oder ausgeschlossen werden. Diese können al-lenfalls als Indiz oder Bestätigung für eine anhand der tatsächlichen Gegebenheiten getrof-fene Beurteilung gewertet werden. Entscheidend für den Streitfall ist allein der Umstand, daß

Page 327: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 10.13

Heft 1/2005 Seite 327

das HZA die Nichtgewährung der Steuerbefreiung damit begründet hat, daß Strom in das öf-fentliche Netz gespeist würde. Andere evtl. für die Beurteilung eines räumlichen Zusammen-hangs und einer Objektbezogenheit in Betracht kommende Kriterien, wie z.B. die tatsächliche Entfernung der Entnahmestellen zu der von der Klägerin betriebenen KWK-Anlage, die An-zahl der Entnahmestellen und ihre Verteilung in der Fläche oder die von der Klägerin einge-setzte Mess- und Regeltechnik, wurden nicht zur Begründung der den Antrag auf Steuerbe-freiung ablehnenden Entscheidungen herangezogen. Vielmehr ist das HZA der Verwaltungs-anweisung gefolgt und hat das Vorliegen eines räumlichen Zusammenhangs i.S. von § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG allein deshalb verneint, weil die Klägerin den streitbefangenen Strom an die auf dem Gemeindegebiet gelegenen Entnahmestellen über das öffentliche Netz geleistet hat. Wie bereits ausgeführt, ist das Erfordernis, den begünstigten Strom über eigene Stromleitun-gen zu transportieren, in der gesetzlichen Bestimmung nicht angelegt und kann daher nicht zum Ausschluss der Steuerbefreiung herangezogen werden. Im Streitfall gelangt der Senat zu der Auffassung, daß eine Würdigung des objektiven Ge-samteindrucks der konkreten Umstände die Annahme rechtfertigt, daß der in der Anlage er-zeugte Strom auch in räumlichem Zusammenhang zu der Anlage entnommen wird. Ein sol-cher Zusammenhang besteht jedenfalls dann, wenn mit dem in einer begünstigten Anlage er-zeugten Strom ausschließlich innerhalb einer kleinen Gemeinde gelegene kommunale Ab-nahmestellen versorgt werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, daß die Entnahmestellen in einem Umkreis von 4,5 km innerhalb des in seiner räumlichen Ausdehnung genau definierten Gebietes der Gemeinde S liegen und daß nach den Feststellungen des FG die von der Kläge-rin installierte Mess-, Steuer- und Regeltechnik sicherstellt, daß nur der von der Gemeinde benötigte Strom erzeugt und an von vornherein festgelegte Entnahmestellen geleitet wird. Bei dieser Betrachtung steht der Umstand, daß der in der Anlage erzeugte Strom über das öffent-liche Netz geleistet und auf die Mittelspannung umgespannt wird, einer Gewährung der Steu-ervergünstigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG nicht entgegen. Das FG hat damit zu Recht entschieden, daß die Vorauszahlungsbescheide in der Gestalt der Einspruchsentscheidung keinen Bestand haben können.“

Page 328: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 10.13 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 328 Heft 1/2005

Page 329: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 329

Abgabenordnung Sachspenden, Anerkennung von Zuwendungsbestätigungen: Eine Anweisung der Finanzverwaltung regelt die Voraussetzun-gen für die Anerkennung von Zuwendungsbestätigungen bei Sachspenden

BKPV 115/2005

vgl. BKPV 123/2003 Verfügung der OFD Frankfurt vom 6.11.2003 - S 2223 A - 22 - St II 2.06 (DB 2003 S. 2624) „Bei Sachspenden muß aus der Zuwendungsbestätigung der Wert und die genaue Bezeichnung der gespendeten Sache i.S. des § 10 b Abs. 3 EStG ersichtlich sein (BFH-Urteil vom 22.10.1971, BStBl 1972 II S. 55; H 111 - Gebrauchte Kleidung als Sachspende - Abziehbarkeit und Wertermittlung - EStH 2002). Werden mehrere Gegenstände zugewendet, muß der Aussteller der Zuwendungsbestätigung die Ge-genstände einzeln auf ihren Wert untersuchen, denn nach § 10 b Abs. 3 Satz 3 EStG ist die Höhe der Zuwendung mit dem gemeinen Wert, d.h. dem Einzelveräußerungspreis (§ 9 Abs. 2 BewG) anzuset-zen. Zu diesem Zweck ist der Marktwert jedes einzelnen Gegenstands zu ermitteln (BFH-Urteil vom 23.5.1989, BStBl 1989 II S. 879) und in der Zuwendungsbestätigung auszuweisen, sofern jedes ein-zelne Wirtschaftsgut einen Wert beinhaltet und es sich nicht um Massenware handelt. Nicht zulässig ist eine unabhängig vom Alter und Neuwert durchgeführte Gruppenbewertung (Pau-schalbewertung) der zugewendeten Gegenstände; eine Bewertung anhand von Preisgruppen reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 23.5.1989, a.a.O.). Beispiel: Ein Universitätsprofessor spendet seine Fachbüchersammlung an eine Universität. Seines Erachtens hat diese Zuwendung einen Wert von ca. 40.000 EUR. Die Universität hat nun zwei Möglichkeiten für die Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen: a) Sie stellt für jedes einzelne Buch eine Zuwendungsbestätigung aus. b) Sie stellt eine Sammelzuwendungsbestätigung aus; dieser muß dann aber eine Anlage beigefügt sein, aus welcher der Titel und die Bewertung jedes einzelnen Buchs ersichtlich ist. Eine Sammelzuwendungsbestätigung ohne eine detaillierte Auflistung und ohne Bewertung der einzel-nen zugewendeten Gegenstände kann nicht anerkannt werden. Wurde die Sachspende aus dem Privatvermögen des Zuwendenden getätigt, so hat der Zuwendungs-empfänger anzugeben, welche Unterlagen er zur Ermittlung des angesetzten Werts herangezogen hat. In Betracht kommt in diesem Zusammenhang z.B. ein Gutachten über den aktuellen Kaufpreis unter Berücksichtigung einer Absetzung für Abnutzung. Diese Unterlagen hat der Zuwendungsempfänger zu-sammen mit der Zuwendungsbestätigung in seine Buchführung aufzunehmen. Stammt die Sachzuwendung nach den Angaben des Zuwendenden aus dessen Betriebsvermögen, so ist sie mit dem Entnahmewert anzusetzen; dies ist grundsätzlich der Teilwert. Wird ein Wirtschaftsgut jedoch unmittelbar nach der Entnahme für steuerbegünstigte Zwecke gespendet, kann die Entnahme auch mit dem Buchwert angesetzt werden (sog. Buchwertprivileg, § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). In diesem Fall muß der Zuwendungsempfänger zur Wertermittlung keine zusätzlichen Unterlagen in seine Buch-führung aufnehmen, ebenso sind Angaben über die Unterlagen, die zur Wertermittlung gedient haben, nicht erforderlich. Sind die zur steuerlichen Berücksichtigung einer Spende erforderlichen Angaben in der Zuwendungs-bestätigung nicht enthalten, so ist eine nachträgliche Bescheinigung der fehlenden Angaben in einem formlosen Schreiben nicht ausreichend. Ein Abzug als Spende wäre nur möglich, wenn der Stpfl. eine geänderte und hinreichend aufgeschlüsselte Zuwendungsbestätigung nachreicht. Anderenfalls hat der

Page 330: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 330 Heft 1/2005

Stpfl. den Nachteil der Nichterweislichkeit des gemeinen Werts der Spende zu tragen (BFH-Urteil vom 23.5.1989, a.a.O., unter 2. b)).“ Gemeinnützigkeit, Verfolgung eigenwirtschaftlicher Zwecke BKPV 116/2005 Verfügung der OFD Frankfurt 6.8.2003 - S 0174 A - 20 - St II 1.03 (DB 2003 S. 1932) „Nach § 55 Abs. 1 Satz 1 AO darf eine steuerbegünstigte Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirt-schaftliche Zwecke - z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke - verfolgen. Zur Beurtei-lung der Frage, ob die vorgenannten Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung erfüllt sind, ist zwi-schen der steuerbegünstigten und der wirtschaftlichen Tätigkeit der Körperschaft zu gewichten (BMF-Schreiben vom 15.2.2002, IV C 4 - S 0174 - 2/01, BStBl 2002 I S. 267). Gibt eine wirtschaftliche Tätig-keit der Körperschaft bei einer Gesamtbetrachtung das Gepräge, ist die Steuerbegünstigung insgesamt zu versagen. In diese vorzunehmende Gesamtbetrachtung sind nicht nur die durch die verschiedenen Tätigkeitsbe-reiche erzielten Einnahmen einzubeziehen. Entscheidend ist vielmehr, welche Tätigkeit der Körper-schaft das Gepräge gibt (AEAO Rdn. 2 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1). Maßgebend sind dabei der Zeit- und Per-sonalaufwand, den die Körperschaft für die steuerbegünstigten Bereiche einerseits gegenüber den Be-reichen der steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe und der Vermögensverwaltung ande-rerseits aufwendet. Somit können auch solche Körperschaften als steuerbegünstigte Körperschaft i.S. der §§ 51 ff. AO anerkannt werden, die ihre Einnahmen nahezu ausschließlich durch die Unterhaltung von wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben erzielen, wenn die steuerbegünstigte, satzungsmäßige Tätig-keit einen entsprechend gewichtigen Teil der Aktivitäten der Körperschaft ausmacht. Beispiel: Ein Verein bezweckt nach seiner Satzung die Erziehung und Bildung von ausländischen Kindern. Er erteilt zu diesem Zweck ausländischen Schülern unentgeltlich Hausaufgabenbetreuung und Nachhilfe-stunden. Einmal im Jahr veranstaltet der Verein ein Sommerfest. Den Überschuß hieraus verwendet er zur Abdeckung der Kosten im ideellen Bereich. Obwohl der Verein allein aus dem wirtschaftlichen Ge-schäftsbetrieb Einnahmen erzielt, kann er als gemeinnützig anerkannt werden. Die ideelle Tätigkeit gibt dem Verein das Gepräge. Die Unterscheidung, ob eine Körperschaft in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, ist auch bei Förderkörperschaften i.S. des § 58 Nr. 1 AO vorzunehmen. Auch in diesen Fällen ist zu überprüfen, welche Tätigkeit der Körperschaft nach den vorstehenden Grundsätzen das Gepräge gibt. Beispiel 1: Ein Schulförderverein veranstaltet einmal im Jahr ein Schulfest mit Speisen- und Getränkeverkauf: Den hieraus erzielten Gewinn i.H. von 5.000 EUR wendet er dem öffentlich-rechtlichen Schulträger zum Kauf von Lehrmaterialien zu. Darüber hinaus wirbt der Verein nachweislich während des ganzen Jahres mit besonderen Spendenaktionen, Spendensammlungen und durch schriftliche Spendenaufrufe, z.B. durch Anzeigen in der Presse. Die Spendeneinnahmen betragen 3.000 EUR. Zwar überwiegen die Mittel aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, dennoch ist der ganzjährige Zeit- und Personalaufwand für die Mittelbeschaffung durch Spendensammlungen prägend. Diese Akquisition der Spenden erfolgt im ideellen satzungsmäßigen Bereich des Vereins. Der Förderverein kann daher als gemeinnützig anerkannt werden. Beispiel 2: Der Förderverein einer als gemeinnützig anerkannten Kinderkrippe veranstaltet einmal im Jahr ein Sommerfest und darüber hinaus im Frühjahr und Herbst je einen Kleiderbasar. Weitere Aktivitäten ent-faltet der Verein nicht. Die aus dem Fest und den Basaren erzielten Überschüsse wendet er dem als gemeinnützig anerkannten Träger der Kinderkrippe zum Kauf von Spielsachen zu. Der Förderverein kann nicht als steuerbegünstigte Körperschaft i.S. von §§ 51 ff. AO anerkannt werden, da die wirt-schaftlichen Geschäftsbetriebe dem Verein das Gepräge geben. Der Verein führt weder unmittelbar eine steuerbegünstigte Aktivität durch noch beschafft er Mittel im ideellen Bereich durch Spendenwer-bung.“

Page 331: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 331

Gemeinnützlichkeitsrechtliche Beurteilung der Überlassung von einem Zweckbetrieb gewidmeten Räumlichkeiten einschl. Inven-tar an eine von der gemeinnützigen Körperschaft beherrschte Dienstleistungs-GmbH

BKPV 117/2005

Verfügung der OFD Koblenz vom 7.10.2003 - S 0174 A - St 33 1 (DB 2003 S. 2413) „Es ist gefragt worden, ob es schädlich für die Gemeinnützigkeit einer Krankenhaus-GmbH ist, wenn sie nichtmedizinische Leistungen (Reinigungsdienst, Küche, technischen Dienst, Nähstube, Bettenzentrale, Hol- und Bringdienst, z.B. bei der Abfallbeseitigung) im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in eine steu-erpflichtige Dienstleistungs-GmbH ausgliedert und dieser entgeltlich Personal und Räume einschl. des Inventars zur Verfügung stellt. Die KSt-Referatsleiter waren mit großer Mehrheit der Auffassung, daß die Überlassung der Räume einschl. Inventar an die Dienstleistungs-GmbH gegen angemessenes Ent-gelt als Vermögensverwaltung anzusehen und damit unschädlich für die Gemeinnützigkeit der Kran-kenhaus-GmbH ist. Diese Entscheidung betrifft jedoch nur die gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorausset-zungen für die Steuerbegünstigung der Körperschaft. Nur hierzu wurde entschieden, daß die Vermie-tung von Räumen einschl. Inventar keine für die Gemeinnützigkeit der Körperschaft schädliche Ver-wendung von Mitteln darstellt. Die Wirtschaftsgüter verbleiben im Eigentum der Körperschaft und wer-den von ihr - durch Vermietung an einen Dritten - weiter genutzt. Die Vermietung von Wirtschaftsgütern ist zwar grundsätzlich eine vermögensverwaltende Tätigkeit. Wenn die Voraussetzungen einer Be-triebsaufspaltung erfüllt sind, wird aber auch bei der Besteuerung gemeinnütziger Körperschaften eine der Art nach vermögensverwaltende Tätigkeit als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb behandelt. Dies gilt unverändert fort.“ Gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Gartenschauen BKPV 118/2005 Verfügung der OFD Frankfurt vom 15.5.2002 - S 0171 A - 141 - St II 12 (DB 2002 S. 1246) „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen des BMF mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Gartenschauen Folgendes: 1. Durch die Veranstaltung einer Gartenschau werden gemeinnützige Zwecke gefördert (Umwelt-

und Landschaftsschutz). Eine GmbH, die nach ihrer Satzung und ihrer tatsächlichen Geschäftsfüh-rung selbstlos ausschließlich und unmittelbar diese Zwecke fördert, ist als gemeinnützig zu behan-deln.

2. Überträgt eine Gartenschau-GmbH ihr Vermögen bzw. ihre Anlagen nach Beendigung der Garten-

schau in den hoheitlichen Bereich einer Kommune, die auch Gesellschafterin der GmbH ist, so stellt dies keine für die Gemeinnützigkeit der GmbH schädliche Zuwendung, sondern eine nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AO zulässige Verwendung von Vermögen bei der Auflösung der Körperschaft dar. Voraussetzungen dafür sind jedoch, dass die Satzung der GmbH eine entsprechende Vor-schrift über die Vermögensbindung enthält und das übertragene Vermögen - bei einem späteren Verkauf der Gewinn - von der Kommune auf Dauer zur Förderung gemeinnütziger Zwecke einge-setzt wird.“

Satzungsanforderungen gemeinnütziger Körperschaften BKPV 119/2005 BFH-Urteil vom 18.12.2002 - I R 15/02 (BStBl 2003 II S. 384) Leitsatz: „Die Steuervergünstigungen wegen Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke werden nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die Satzung der Körperschaft das Unterhalten eines Nichtzweckbetriebes ausdrücklich erlaubt.“

Page 332: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 332 Heft 1/2005

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist eine Körperschaft in der Rechtsform des eingetrage-

nen Vereins und Kreisverband eines Wohlfahrtsverbandes. Er verfolgte u.a. im Jahr 1999 (Streit-jahr) gemeinnützige und mildtätige Zwecke. § 3 seiner Satzung in der Fassung von 13.3.1998 lautete auszugsweise: ‚§ 3 Sicherung der Steuerbegünstigung 1. Der Verein verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige beziehungsweise mildtätige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der Abgabenordnung. ... 2. Der Verein ist selbstlos tätig; er verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann er sich auch Einrichtungen anderer Rechtsformen bedienen oder solche Einrichtungen schaffen. 3. ...’ Durch Beschluß vom 28.5.1999 wurde der Satz 2 des § 3 Nr. 2 aus der Satzung gestrichen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) veranlagte den Kläger für das Streitjahr zur Körperschaftsteuer und setzte diese auf 0 DM fest (Bescheid vom 14.7.2000). Er vertrat die Auffassung, der Kläger sei im Streitjahr nicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 des Körperschaftsteu-ergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit, da § 3 Nr. 2 Satz 2 der Satzung in der Fas-sung vom 13.3.1998 den Unterhalt steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe nicht aus-geschlossen habe. Der Einspruch des Klägers war erfolglos. Das Finanzgericht (FG) beurteilte den Inhalt von § 3 Nr. 2 Satz 2 der Satzung nicht als Verstoß gegen §§ 59 und 60 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) und verpflichtete das FA, den Kläger für das Streitjahr von der Körperschaftsteuer freizustellen. Das FG-Urteil ist in EFG 2002, 519 ver-öffentlicht. Mit der Revision beantragt das FA, das FG-Urteil wegen Verletzung der §§ 59 und 60 AO 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger ist der Revision entgegengetreten und beantragt, sie zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision war als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung

- FGO -). Der Kläger erfüllte im Streitjahr die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuerbe-freiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG.

1. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG sind Körperschaften, die nach ihrer Satzung und nach

der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtäti-gen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 AO 1977), von der Körperschaftsteuer befreit. Die Steuerbefreiung ist jedoch insoweit ausgeschlossen, als wirtschaftliche Ge-schäftsbetriebe - ausgenommen selbst bewirtschaftete Forstbetriebe - unterhalten werden, die keine Zweckbetriebe sind (sog. Nichtzweckbetriebe; § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO 1977). Nach § 59 AO 1977 ist satzungsmäßige Voraussetzung der Steuerbefreiung, daß sich aus der Satzung ergibt, welche Zwecke die Körperschaft verfolgt (= welchen Zwecken sie dient), daß diese Zwecke den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO 1977 entsprechen und daß sie von der Körperschaft ausschließlich und unmittelbar verfolgt werden. Gemäß § 60 Abs. 1 AO 1977 müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, daß bereits auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Vorausset-zungen für Steuervergünstigungen gegeben sind. Hinsichtlich der Körperschaftsteuerbefrei-ung müssen die satzungsmäßigen Voraussetzungen während des ganzen Veranlagungszeit-raums erfüllt sein (§ 60 Abs. 2 AO 1977).

Page 333: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 333

2. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt: Die im Streitjahr geltende Satzung des Klägers in den Fassungen vom 13.3.1988 und 28.5.1999 bestimmte in § 2 ausführlich die Aufgaben (= Zwecke) des Klägers. Diese Zwecke sind - was das FG festgestellt hat und auch das FA zu Recht nicht bestreitet - gemeinnützige und mildtätige i.S. der §§ 52 und 53 AO 1977. § 3 Nr. 1 Satz 1 der Satzung legte fest, daß der Kläger diese Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgte. Auf welche Weise (= welche Art) der Kläger seine Satzungszwecke verwirklichen sollte, war in § 3 Nr. 1 Satz 2 der Sat-zung geregelt. § 3 Nr. 2 Satz 1 der Satzung bestimmte, daß der Kläger selbstlos tätig war und nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgte. Daraus folgt, daß die §§ 2 und 3 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 1 der Satzung im Streitjahr den Anforde-rungen der §§ 59 und 60 Abs. 1 AO 1977 genügten.

3. § 3 Nr. 2 Satz 2 der Satzung in der Fassung vom 13.3.1988 - der bis zur Eintragung der Sat-zungsänderung vom 28.5.1999 in das Vereinsregister galt (s. Senatsurteil vom 25.4.2001 I R 22/00, BFHE 194, 354, BStBl II 2001, 518) - gestattete es dem Kläger, sich zur Erfüllung sei-ner Aufgaben auch Einrichtungen anderer Rechtsformen zu bedienen oder solche Einrichtun-gen zu schaffen. Dies verstößt entgegen der Auffassung des FA nicht gegen §§ 59 und 60 AO 1977.

a) Die zu dem Rechtsstreit führende Satzungsbestimmung wäre zwar ein Verstoß gegen

§§ 59 und 60 Abs. 1 AO 1977, wenn sie den Kreis der vom Kläger verfolgten Satzungs-zwecke erweitert hätte. Denn ein Satzungszweck „Schaffung und Unterhalten von Ein-richtungen anderer Rechtsformen“ wäre so unbestimmt, daß sich nicht bereits aus der Satzung ergeben würde, ob dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO 1977 genügt. Der Wortlaut der umstrittenen Satzungsbestimmung und der Kontext, in dem sie stand, lassen aber erkennen, daß durch § 3 Nr. 2 Satz 2 der Satzung nicht die Satzungs-zwecke gemäß § 2 erweitert, sondern nur mögliche Modalitäten ihrer Verwirklichung ge-nannt und somit nicht ausgeschlossen wurden. Die Bestimmung beschränkte die Schaf-fung und das sich anschließende Unterhalten von Einrichtungen anderer Rechtsformen auf Einrichtungen zur Erfüllung der Aufgaben des Klägers und somit auf solche, mit de-ren Hilfe der Kläger seine in § 2 festgelegten steuerbegünstigten Satzungszwecke hätte wahrnehmen können.

b) Zwar wäre nach der umstrittenen Bestimmung auch die Schaffung und das Unterhalten

von Nichtzweckbetrieben satzungsgemäß gewesen, mit denen der Kläger der Besteue-rung unterlegen hätte (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG i.V.m. § 64 Abs. 1 AO 1977). Derar-tige Einrichtungen hätte der Kläger nach § 3 Nr. 2 Satz 2 der Satzung aber nur dann schaffen und unterhalten dürfen, wenn sie - und sei es als Mittelbeschaffungsbetriebe - der Erfüllung der in § 2 der Satzung festgelegten Aufgaben gedient hätten. Die Bestim-mung wäre daher - anders als das FA meint - keine Satzungsgrundlage dafür gewesen, Nichtzweckbetriebe um ihrer selbst willen zu betreiben. Durch sie wurde der Kreis der Satzungszwecke nicht um den Zweck „Unterhalten von Nichtzweckbetrieben“ erweitert, was nach Verwaltungsauffassung ein Verstoß gegen § 59 AO 1977 gewesen wäre (s. Anwendungserlaß zur Abgabenordnung i.d.F. vom 10.9.2002, „Zu § 59“ Tz. 1, BStBl I 2002, 867, 880).

c) § 3 Nr. 2 Satz 2 der Satzung in der Fassung vom 18.3.1998 stand entgegen der Auffas-

sung des FA auch nicht in Widerspruch zu der Regelung in § 3 Nr. 1 Satz 1 der Satzung, nach der der Kläger seine satzungsmäßigen Zwecke unmittelbar - d.h. selbst (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) - verfolgt. Er besagte lediglich, daß sich der Kläger bei der un-mittelbaren Verfolgung seiner satzungsmäßigen steuerbegünstigten Zwecke der Unter-stützung Dritter als Hilfspersonen bedienen durfte und nahm somit sinngemäß nur die Regelung in § 57 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 in die Satzung auf.

d) Bei der Auslegung der Satzungen von Vereinen, die Steuervergünstigungen wegen Ver-

folgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke beanspruchen, ist auch zu berücksichtigen, daß die Satzungen nicht lediglich den Zweck haben, die satzungsmäßi-gen Voraussetzungen der Steuervergünstigungen zu erfüllen. Sie dienen auch und oft sogar vorrangig dazu, die Organisation der Vereine und die Befugnisse ihrer Organe

Page 334: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 334 Heft 1/2005

festzulegen. Aus Gründen der Satzungsklarheit ist es daher eher geboten als - wie das FA meint - zu beanstanden, wenn die Satzung ausdrücklich regelt, ob der Verein zur Er-füllung seiner steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke einen Nichtzweckbetrieb unterhalten darf oder nicht. Daß ein Satzungszweck „Unterhalten eines Nichtzweckbe-triebs“ die Steuervergünstigungen ausschließt, führt keinesfalls dazu, daß schon jede Satzungsbestimmung über das Unterhalten von Nichtzweckbetrieben diese Rechtsfolge auslöst (ähnlich Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichts-ordnung, § 59 AO Rz. 8, m.w.N.).

4. Der Kläger erfüllte im Streitjahr nach den Feststellungen des FG, die das FA nicht angegriffen

hat, auch die übrigen Voraussetzungen der begehrten Steuerfreistellung.“ Gemeinnützigkeit von Hilfspersonen, Übergangsregelung bis 2003

BKPV 120/2005

vgl. BKPV 118/2003 BMF-Schreiben vom 21.1.2003 - IV C 4 - S 0171 - 6/03 (BStBl 2003 I S. 107) „Die (Neu-)Regelung in Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 zu § 57 AO in AEAO i.d.F. des BMF-Schreibens vom 10.9.2002 (BStBl 2002 I S. 867), wonach ein Handeln als Hilfsperson keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit begründet, ist für die Befreiung von der Körperschaftsteuer erst ab VZ 2004 anzuwenden. Nach dem Anwendungserlaß zur Abgabenordnung, Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 zu § 57 AO, in der Fassung meines Schreibens vom 10.9.2002 (BStBl 2002 l S. 867) begründet ein Handeln als Hilfsperson keine eigene steuerbegünstigte Tätigkeit. Diese Auffassung ist neu. Im Hinblick darauf gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder zur Anwendung dieser Anweisung Folgendes: Bei Körperschaften, die bisher ausschließlich aufgrund einer Tätigkeit als Hilfsperson im Sinne des § 57 Abs. 1 Satz 2 AO nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit waren, reicht die Tä-tigkeit als Hilfsperson bis zum Veranlagungszeitraum 2003 einschließlich zur Begründung der Steuer-begünstigung aus. Vom Veranlagungszeitraum 2004 an ist auch bei diesen Körperschaften nach der o.a. Anweisung im Anwendungserlaß zur Abgabenordnung zu verfahren.“ Gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Freiwilligenagen-turen

BKPV 121/2005

BMF-Schreiben vom 15.9.2003 - IV C 4 - S 0171 - 97/03 (BStBl 2003 I S. 446) „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung von Freiwilligenagenturen Folgendes: Eine Freiwilligenagentur ist eine Körperschaft, die Menschen für freiwilliges, unentgeltliches Engage-ment bei steuerbegünstigten Körperschaften oder Körperschaften des öffentlichen Rechts qualifiziert und ihnen die entsprechenden Tätigkeiten vermittelt. Sie tritt auch unter anderen Bezeichnungen auf, z.B. Freiwilligenzentrum oder Ehrenamtsbörse. Freiwilligenagenturen können regelmäßig wegen der Förderung der Bildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO) als gemeinnützig behandelt werden, weil das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt. Die Vermittlung der Freiwilligen in das gewünschte Betätigungsfeld ist lediglich Endpunkt und Abschluß eines Qualifizierungsprozesses, nicht jedoch der vorrangige und überwiegende Tätigkeitsbereich. Erhält eine Freiwilligenagentur im Zusammenhang mit der Vermittlung von Freiwilli-gen ein Entgelt für ihre Leistungen, liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb i.S. des § 14 AO vor, der sowohl die Ausbildungsleistung als auch die Vermittlung umfaßt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist als Zweckbetrieb (§ 65 AO) zu behandeln, weil das Entgelt für die Gesamtleistung - mit Schwerge-wicht bei der Ausbildung - gezahlt wird.“

Page 335: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 335

Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen bei steuerbe-günstigten Körperschaften

BKPV 122/2005

Verfügung der OFD Frankfurt vom 6.8.2003 - S 0177 A - 1 - St II 1.03 (DB 2003 S. 2255) I. Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung Das Gebot der Selbstlosigkeit beinhaltet, daß eine steuerbegünstigte Körperschaft, Personenvereini-gung oder Vermögensmasse (Körperschaft) ihre Mittel grundsätzlich zeitnah für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwenden muß (§ 55 Abs. 1 Nr. 5 AO). Eine zeitnahe Verwendung ist ge-geben, wenn die Mittel spätestens in dem auf den Zufluß folgenden Kalender- oder Wirtschaftsjahr für die steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden. Verwendung in diesem Sinn ist auch die Verwen-dung der Mittel für die Anschaffung oder Herstellung von Vermögensgegenständen, die satzungsge-mäßen Zwecken dienen. II. Rücklagenbildung und Vermögenszuführungen 1. Allgemeines Als Ausnahmeregelung zum Gebot der zeitnahen Mittelverwendung läßt § 58 Nr. 6, 7, 11 und 12 AO zu, daß eine Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage bzw. ihrem Vermögen zuführt. Hierfür ist keine Ermächtigung durch die Satzung der Körper-schaft erforderlich. Auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung können die folgenden Ausnahme-tatbestände verwirklicht werden (vgl. AEAO, Rdn. 23 zu § 58 Nr. 2 bis 12). 2. Rücklagenbildung Ob die Voraussetzungen für die Bildung einer Rücklage gegeben sind, hat die steuerbegünstigte Kör-perschaft dem FA im Einzelnen darzulegen. Die Rücklagen müssen in der Rechnungslegung der Kör-perschaft gesondert - ggf. getrennt nach dem jeweiligen Rechtsgrund - ausgewiesen werden, damit eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand möglich ist (vgl. AEAO, Rdn. 18 zu § 58 Nr. 6 und 7). Bilanzierende Körperschaften haben daher die Rücklagen in ihrer Bilanz offen (getrennt vom übrigen Kapital) auszuweisen. Nicht bilanzierende Körperschaften haben die Rücklagen neben ihren Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben (§ 63 Abs. 3 AO) in einer gesonderten Aufstellung auszuweisen. Hat die Körperschaft, ohne daß die Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 und 7 AO vorliegen, Mittel ange-sammelt, so entspricht die tatsächliche Geschäftsführung nicht dem Erfordernis des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO. Das FA kann der Körperschaft gem. § 63 Abs. 4 AO eine Frist für die Verwendung der Mittel set-zen. Die Frist ist nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessen, sollte jedoch regelmäßig 2 bis 3 Jahre nicht übersteigen. 2.1 Rücklagen i.S. des § 58 Nr. 6 AO Nach § 58 Nr. 6 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Körper-schaft ihre Mittel ganz oder teilweise einer Rücklage zuführt, soweit dies erforderlich ist, um ihre steu-erbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig erfüllen zu können (zweckgebundene Rücklage). Die Mittel müssen für bestimmte Zweckverwirklichungsmaßnahmen angesammelt werden. Für die Durchführung müssen konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Kann für ein bestimmtes Vorhaben noch kein genauer Zeitpunkt für die Durchführung festgelegt werden, ist eine Rücklagenbildung nur zulässig, wenn die Durchführung glaubhaft und bei den finanziellen Verhältnissen der Körperschaft in einem an-gemessenen Zeitraum möglich ist (vgl. AEAO, Rdn. 10 zu § 58 Nr. 6). Grundsätzlich sollte ein Zeitraum von 4 bis 5 Jahren nicht überschritten werden. Das Merkmal „erforderlich“ ist - hinsichtlich Grund, Höhe und zeitlichem Umfang - nach objektiven Kriterien des konkreten Falls zu überprüfen (vgl. BFH-Urteil vom 13.9.1989, I R 19/85, BStBl 1990 II S. 28). Nicht ausreichend ist das Bestreben, ganz allgemein die Leistungsfähigkeit der Körperschaft zu erhalten. Desgleichen ist die erstmalige Bildung einer ertrag-bringenden Vermögenssubstanz aus den Mitteln der Körperschaft zur nachhaltigen Zweckerfüllung nicht erforderlich (vgl. BFH-Urteil vom 13.9.1989, a.a.O.).

Page 336: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 336 Heft 1/2005

Zu den nach § 58 Nr. 6 AO zulässigen Rücklagen gehört auch die sog. Betriebsmittelrücklage für peri-odisch wiederkehrende Ausgaben in Höhe des Mittelbedarfs für eine angemessene Zeitspanne. Die Berechnung der Höhe der Rücklage ist davon abhängig, in welchem Umfang die Körperschaft regel-mäßige Einnahmen erzielt. Insoweit bestimmt sich die Zeitspanne (höchstens bis zu einem Geschäfts-jahr) nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls. Ebenfalls unschädlich ist die vorsorgliche Bildung einer Rücklage zur Bezahlung von Steuern außerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, solange Unklarheit darüber besteht, ob die Körperschaft insoweit in Anspruch genommen wird. Soweit die Voraussetzungen des § 58 Nr. 6 AO erfüllt sind, stehen sämtliche Mittel der Körperschaft für die Rücklagenbildung zur Verfügung. Auf die Herkunft der Mittel kommt es nicht an. Soweit die Körperschaft mehrere Vorhaben gleichzeitig beabsichtigt, sind nebeneinander mehrere Rücklagen nach § 58 Nr. 6 AO zulässig. Desgleichen gilt, wenn neben einer Rücklage nach § 58 Nr. 6 AO eine Rücklage nach § 58 Nr. 7 AO (vgl. Abschn. II. 2.2) gebildet wird. Die Voraussetzungen für die Rücklage nach § 58 Nr. 6 AO sind in jedem Prüfungszeitraum erneut zu prüfen. Stellt sich in der Folgezeit heraus, daß die Berechtigung nicht mehr besteht, weil z.B. der Grund für die Rücklagenbildung im nachhinein weggefallen ist oder die Körperschaft ihr Vorhaben aufgegeben hat, ist die Rücklage aufzulösen. Die frei werdenden Mittel unterliegen nunmehr wieder dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. 2.2 Rücklagen i.S. des § 58 Nr. 7 AO 2.2.1 Freie Rücklagen (§ 58 Nr. 1 a AO) Nach § 58 Nr. 7 a AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Körper-schaft höchstens ein Drittel des Überschusses der Einnahmen über die Unkosten aus Vermögensver-waltung und darüber hinaus höchstens 10 % ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu ver-wendenden Mittel einer freien Rücklage zuführt. Die Rücklagenbildung nach § 58 Nr. 7 a AO ist mithin für alle Körperschaften möglich. Die Rücklagen-bildung in Höhe bis zu einem Drittel des Überschusses aus Vermögensverwaltung setzt voraus, daß entsprechende Einnahmen erzielt werden. Auf § 14 Satz 3 AO wird hingewiesen. Zu den Einnahmen zählen z.B. neben Zinserträgen aus Spareinlagen und Dividenden aus Wertpapieren auch Miet- und Pachteinnahmen der Körperschaft. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sind die Ergebnisse aus den einzelnen Bereichen der Vermögensverwaltung zusammenzurechnen. Ergibt sich hierbei ein Kostenüberhang (Unterdeckung), ist eine Rücklagenbildung in diesem Jahr nicht zulässig. Darüber hin-aus ist der Unkostenüberschuß in nachfolgende Jahre vorzutragen und dort zunächst mit Überschüs-sen aus Vermögensverwaltung zu verrechnen, sodaß eine Unterdeckung auch die Möglichkeiten der Bildung freier Rücklagen in den nachfolgenden Jahren einschränkt. Erstmals ab dem VZ 2000 ist darüber hinaus die Bildung oder Aufstockung einer freien Rücklage bis zu 10 % der sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel zulässig. Zu den sonsti-gen Mitteln zählen Überschüsse bzw. Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrie-ben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich (AEAO Rdn. 14 zu § 58 Nr. 7). Zur Vermeidung einer doppelten Begünstigung dürfen die Mittel aus der Vermögensverwaltung nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Werden die Höchstgrenzen (ein Drittel, 10 %) nicht voll ausgeschöpft, ist eine Nachholung in späteren Jahren nicht zulässig (vgl. AEAO, Rdn. 15 zu § 58 Nr. 7). Die Gesamthöhe der freien Rücklage ist un-begrenzt. Während der Dauer des Bestehens braucht die Körperschaft die freie Rücklage nicht aufzu-lösen. Die angesammelten Mittel unterliegen zwar nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung, sind jedoch auf Dauer für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden. Eine Verwendung im Rahmen ei-nes steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist unzulässig. Die Mittel können jedoch - so-lange die Rücklage fortbesteht - im Rahmen der Vermögensverwaltung angelegt werden und stehen für Vermögensumschichtungen zur Verfügung. Steuerbegünstigte Stiftungen dürfen die Beträge der freien Rücklage daher ihrem Dotationskapital zuführen.

Page 337: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 337

2.2.2 Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 58 Nr. 7 b AO) Nach § 58 Nr. 7 b AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Körper-schaft Mittel zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Ka-pitalgesellschaften ansammelt oder im Jahr des Zuflusses verwendet. Nicht von dieser Vorschrift erfaßt ist der erstmalige Erwerb eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft sowie der Erwerb von Anteilen zur Erhöhung der prozentualen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Eine steuerbegünstigte Körper-schaft darf aber ihr Vermögen, das nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt (z.B. die in der freien Rücklage nach § 58 Nr. 7 a AO angesammelten Beträge), für eine Erhöhung der Beteili-gungsquote verwenden (AEAO Rdn. 16 zu § 58 Nr. 7). Für die Rücklagenbildung stehen sämtliche Mittel der Körperschaft zur Verfügung. Die Herkunft der Mittel ist unbedeutend (AEAO Rdn. 16 zu § 58 Nr. 7). Die Bildung der Rücklage ist jedoch nur zulässig, wenn ein hinreichend konkreter Anlaß für eine Kapitalerhöhung gegeben ist. Die Kapitalerhöhung muß sich daher bereits konkret abzeichnen. Die Verwendung bzw. Ansammlung von Mitteln i.S. des § 58 Nr. 7 b AO ist der Höhe nach grundsätz-lich unbegrenzt möglich, findet ihre Grenze jedoch in dem zu erwartenden Anteil am Kapitalerhöhungs-betrag. Darüber hinaus ist zu beachten, daß der Betrag i.S. des § 58 Nr. 7 b AO auf die nach § 58 Nr. 7 a AO in demselben Jahr oder künftig zulässigen Rücklagen anzurechnen ist. Übersteigt der für die Er-haltung der Beteiligungsquote verwendete oder bereitgestellte Betrag die Höchstgrenze für die Bildung der Rücklage nach § 58 Nr. 7 a AO des laufenden Jahrs, ist auch in den Folgejahren eine Zuführung erst wieder möglich, wenn die für eine freie Rücklage verwendbaren Mittel insgesamt die für die Erhal-tung der Beteiligungsquote verwendeten oder bereitgestellten Mittel übersteigen (AEAO Rdn. 17 zu § 58 Nr. 7). 2.3 Sonstige Rücklagen 2.3.1 Rücklagen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Neben den in § 58 Nr. 6 und 7 AO geregelten Ausnahmetatbeständen zum Gebot der zeitnahen Mittel-verwendung dürfen im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs Rücklagen gebildet werden, die bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet sind. Für die Bildung einer Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb muß ein konkreter Anlaß gegeben sein, der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung der Rücklage rechtfertigt. Eine fast voll-ständige Zuführung des Gewinns zu einer Rücklage im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist nur dann unschädlich für die Steuerbegünstigung, wenn die Körperschaft nachweist, daß die betriebliche Mittel-verwendung zur Sicherung ihrer Existenz geboten war (AEAO Rdn. 3 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1). Voraus-setzung ist jedoch, daß die Mittel für diese Rücklage aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Ge-schäftsbetrieb stammen. 2.3.2 Rücklagen im Rahmen der Vermögensverwaltung Auch im Bereich der Vermögensverwaltung sind Rücklagen nicht ausgeschlossen (AEAO Rdn. 3 zu § 55 Abs. 1 Nr. 1). Sie dürfen jedoch nur für die Durchführung konkreter Reparatur- oder Erhaltungs-maßnahmen an Vermögensgegenständen i.S. des § 21 EStG gebildet werden. Die Maßnahmen müs-sen notwendig sein, um den ordnungsgemäßen Zustand des Vermögensgegenstands zu erhalten oder wiederherzustellen und in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden können. 3. Vermögenszuführungen 3.1 Zulässige Vermögenszuführungen für alle Körperschaften (§ 58 Nr. 11 AO) Nach § 58 Nr. 11 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Körper-schaft folgende Mittel ihrem Vermögen zuführt: – Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Auf-

wand der Körperschaft vorgeschrieben hat,

Page 338: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 338 Heft 1/2005

– Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, daß sie zur Ausstattung der Kör-perschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind,

– Zuwendungen aufgrund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf er-

sichtlich ist, daß Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden, – Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören. Die Aufzählung ist abschließend. Werden Mittel nach dieser Vorschrift dem Vermögen zugeführt, sind sie aus der Bemessungsgrundlage für Zuführungen von sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln nach § 58 Nr. 7 a AO herauszurechnen (AEAO Rdn. 21 zu § 58 Nr. 11). 3.2 Vermögenszuführungen bei Stiftungen (§ 58 Nr. 12 AO) Nach § 58 Nr. 12 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Stiftung im Jahr ihrer Einrichtung und in den zwei folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensver-waltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (§ 14 AO) ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführt. Schädlich ist hingegen die Zuführung von sonstigen Mitteln, z.B. Zuwendungen und Zuschüsse (AEAO Rdn. 22 zu § 58 Nr. 12). Positive und negative Ergebnisse aus der Vermögensverwaltung, aus den Zweckbetrieben und dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb sind zunächst zu saldieren. Eine Zufüh-rung zum Vermögen ist nur in Höhe des positiven Betrags unschädlich, der nach der Verrechnung ver-bleibt. Die Regelung ist auf Stiftungen begrenzt. Auf die Bezeichnung der Körperschaft als Stiftung kommt es dabei nicht an, entscheidend ist die tatsächliche Rechtsform. Dabei ist es unmaßgeblich, ob es sich um eine rechtsfähige oder nicht-rechtsfähige Stiftung handelt (AEAO Rdn. 23 zu § 58 Nr. 2 bis 12). Die Rücklagenbildung und Vermögenszuführung bei den steuerbegünstigten Körperschaften soll regelmä-ßig nach den vorstehenden Grundsätzen überprüft werden und ggf. sollen die notwendigen Konse-quenzen (Versagung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG) gezogen werden.“ Steuerbegünstigung bei Mittelbeschaffung; Änderung von § 58 Nr. 1 AO

BKPV 123/2005

vgl. BKPV 122/2003 „Nach § 58 Nr. 1 AO sind auch Körperschaften, die ausschließlich Mittel für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke einer anderen Körperschaft oder für die Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beschaffen, als gemeinnützig zu behandeln. Seit 1.1.2001 setzt die Steuerbegünstigung in derartigen Fällen voraus, dass die Körperschaft, für die die Mittel beschafft werden, selbst steuerbegünstigt ist (§ 58 Nr. 1 AO i.d. Fassung des Art. 5 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des InvZulG 1999 vom 20.12.2000, BStBl 2000 I S. 2001 S. 28, i.V. mit Art. 97 EGAO i.d.F. des Art. 6 Nr. 1 des genannten Änderungsgesetzes). Eine Körperschaft ist grundsätzlich nur dann nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der KSt und nach § 3 Nr. 6 GewStG von der GewSt befreit, wenn die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuerbefreiung vom Beginn bis zum Ende des Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraums erfüllt waren. Dies bedeutet, dass bereits zu Beginn des Ver-anlagungszeitraums eine ordnungsgemäße Satzung vorliegen muß. Für Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts war es gem. BMF-Schreiben vom 02.04.2002 unschädlich, wenn diese bereits vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung zum 1.1.2001 gemeinnützig tätig waren und es lediglich an der nunmehr erforderlichen Gemeinnützigkeitssatzung fehlte, wenn die erforderliche Satzung bis zum 31.12.2002 verabschiedet wurde. Diese Frist wurde mehrmals verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2004. Mit Gesetz vom 21.07.2004 wurde nunmehr geregelt, daß die Beschaffung von Mitteln für eine unbe-schränkt steuerpflichtige Körperschaft nur dann voraussetzt, daß diese selbst steuerbegünstigt ist, wenn es sich dabei um eine Körperschaft des privaten Rechts handelt. Die Mittelbeschaffung für eine

Page 339: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 339

gemeinnützig tätige Körperschaft des öffentlichen Rechts setzt keine entsprechende Gemeinnützig-keitssatzung voraus. Die Gesetzesänderung gilt rückwirkend zum 1.1.2001.“ Zusammenfassung mehrerer Veranstaltungen eines nicht von der Körperschaftssteuer befreiten Vereins als ein Betrieb

BKPV 124/2005

BFH-Urteil vom 19.11.2003 - I R 33/02 (DStR 2004, S. 16) Leitsätze: „1. Mehrere Motorsportveranstaltungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Vereins sind

als ein einheitlicher Betrieb zu beurteilen, wenn sie gleichartig sind und der Verein für sie keine voneinander getrennten Organisationen unterhält.

2. Die Tatsache, daß der Verein durch einige der Veranstaltungen Gewinne und durch andere Veran-

staltungen Verluste erzielt, schließt die Beurteilung der Veranstaltungen als einen einheitlichen und ohne Gewinnerzielungsabsicht unterhaltenen Betrieb nicht aus.“

Vom Abdruck des Sachverhalts und der Urteilsgründe wurde abgesehen. Steuerbegünstigung bei Mittelbeschaffung und Zuwendung von Mitteln

BKPV 125/2005

vgl. BKPV 121/2003 Verfügung der OFD Frankfurt vom 4.12.2003 - S 0177 A - 6 - St II 12/S 0177 A - 7 - St II 12 (Steuereil-dienst 2004, 157) „Eine steuerbegünstigte Körperschaft kann ihrer Pflicht, sämtliche Mittel für ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu verwenden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 AO), auf folgende Arten nachkommen: – Die Körperschaft muß ihre steuerbegünstigten Zwecke grundsätzlich selbst verwirklichen, also ihre

Mittel unmittelbar dafür verwenden (§ 57 AO). – Die Körperschaft darf ihre Mittel (in vollem Umfang) an eine andere Körperschaft für die Verwirkli-

chung der steuerbegünstigten Zwecke dieser Körperschaft oder an eine Körperschaft des öffentli-chen Rechts zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke weitergeben, wenn die Beschaffung von Mitteln für die andere Körperschaft ihr Satzungszweck ist (§ 58 Nr. 1 AO - sog. Förder- oder Spendensammelkörperschaft).

– Wenn die Beschaffung von Mitteln für andere Körperschaften nicht Satzungszweck ist, darf die Kör-

perschaft ihre Mittel teilweise, höchstens zur Hälfte, an eine andere steuerbegünstigte Körperschaft oder an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke weitergeben (§ 58 Nr. 2 AO).

– Auch ist es gemeinnützlichkeitsrechtlich unschädlich, wenn eine Körperschaft sowohl Mittel zur un-

mittelbaren Zweckerfüllung verwendet als auch Mittel nach § 58 Nr. 1 und 2 AO vergibt. 1. § 58 Nr. 1 AO: 1.1 Empfängerkörperschaft Durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 wurde § 58 Nr. 1 AO geändert. Danach setzt die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft ab 1.1.2001 voraus, daß die Empfängerkörperschaft selbst steuerbegünstigt ist. Hingegen ist die Weiter-gabe von Mitteln an eine ausländische Körperschaft (die nach deutschem Recht nicht als steuerbegün-stigte Körperschaft i.S. des §§ 51 ff. AO anerkannt werden kann) zulässig, wenn die Mittel tatsächlich für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wurden.

Page 340: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 340 Heft 1/2005

Die Gesetzesänderung hat u.a. auch Auswirkungen auf die bislang als steuerbegünstigt anerkannten Körperschaften, die einen bisher nicht steuerbegünstigten Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine bisher nicht steuerbegünstigte privatrechtliche Körperschaft fördern. Auch in diesen Fällen ist nunmehr Voraussetzung, daß die Empfängerkörperschaft selbst steuerbegün-stigt ist. Hiervon betroffen sind auch die Einrichtungen der öffentlichen Hand, die nicht zu deren Ho-heitsbereich gehören und als Betrieb gewerblicher Art zu beurteilen sind (z.B. Kindergärten, Theater, Museen und Büchereien). Sie müssen selbst als steuerbegünstigte Körperschaft anerkannt sein. Dies gilt nicht für Kindergärten, die von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften unterhalten werden (Rdvfg. vom 17.10.2002, S 2706 A - 69 - St II 13). Die Gesetzesänderung erfordert, daß bei den Empfängerkörperschaften bereits zu Beginn des Veran-lagungszeitraums eine ordnungsgemäße Satzung vorliegen muß. Nach dem Erlaß des FinMin Hessen vom 13.11.2002, S 0177 A - 2 - II A 1 a, der dem BMF-Schreiben vom 13.11.2002, IV C 4 - S 0177 - 24/02 entspricht, sind jedoch die bisher als steuerbegünstigt behandelten Körperschaften, die einen nicht steuerbegünstigten Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine nicht steuerbegünstigte privatrechtliche Körperschaft fördern, in den Veranlagungszeiträumen bis 2003 weiterhin als steuerbegünstigte Körperschaft zu behandeln, wenn die Anerkennung der Steuerbegün-stigung lediglich daran scheitern würde, daß bei der geförderten Körperschaft am Beginn des Veranla-gungszeitraums keine oder keine ausreichende Satzung vorhanden war bzw. ist, und der geförderte Betrieb gewerblicher Art oder die geförderte privatrechtliche Körperschaft bis zum 30.6.2003 eine Sat-zung erhält, die den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts genügt. Die Frist, bis zu deren Ablauf die geförderte Körperschaft eine den Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts entsprechende Sat-zung erhalten haben muß, wird nach dem Erlaß des FinMin Hessen vom 27.11.2003, S 0177 A - 2 - II A 1 a, der dem BMF-Schreiben vom 27.11.2003, IV C 4 - S 0177 - 31/03 entspricht, für Betriebe gewerbli-cher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts bis zum 30.6.2004 verlängert. Darüber hinaus wird die Übergangsregelung auf den Veranlagungszeitraum 2004 ausgedehnt. Anmerkung der Redaktion: Siehe hierzu BKPV 123/2005 1.2 Wechsel der Verwendungsarten Zu der Frage, ob die Mittelverwendungsarten jährlich wechseln dürfen, wird gebeten die Auffassung zu vertreten, daß es grundsätzlich nicht schädlich ist für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, die mehrere steuerbegünstigte Satzungszwecke hat und in jedem Jahr mindestens einen davon verfolgt, wenn sie einen oder mehrere andere Satzungszwecke auch über einen längeren Zeitraum hinweg nicht fördert. Als steuerbegünstigter Satzungszweck ist dabei auch die Beschaffung von Mitteln i.S. des § 58 Nr. 1 AO anzusehen. Eine Satzungsänderung ist erst dann erforderlich, wenn die Körperschaft einen Zweck auf Dauer (endgültig) aufgibt. 1.3 Benennung der Körperschaft Eine Förderkörperschaft i.S. des § 58 Nr. 1 AO braucht die Körperschaft, für die sie Mittel beschafft, nicht namentlich in ihrer Satzung zu nennen. Die Angabe des Zwecks, für dessen Verwirklichung (durch andere Körperschaften) die Mittel beschafft werden, reicht aus. Wenn die unterstützte Körperschaft al-lerdings in der Satzung angegeben ist, darf die Förderkörperschaft ihre Mittel erst nach einer entspre-chenden Satzungsänderung an eine andere oder weitere Körperschaft weitergeben. 2. § 58 Nr. 2 AO 2.1 Zuwendungsabzug Eine teilweise Weitergabe von Mitteln entsprechend § 58 Nr. 2 AO ist grundsätzlich für alle nach §§ 52 bis 54 AO steuerbegünstigten Zwecke möglich. Dies gilt auch für Förderkörperschaften. Weder die Weitergabe der Mittel noch der steuerbegünstigte Zweck, für den die Mittel von der Empfängerkörper-schaft verwendet werden, braucht Satzungszweck der Körperschaft, die die Mittel weitergibt, zu sein. Einschränkungen bestehen insoweit nur wegen der unterschiedlichen Spendenhöchstsätze. Es muß si-chergestellt sein, daß Spenden, die beim Zuwendenden mit dem erhöhten Abzugssatz von 10 % des

Page 341: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 341

Gesamtbetrages der Einkünfte steuerlich abziehbar sind, auch bei der Weitergabe an eine andere Kör-perschaft für den in der Zuwendungsbestätigung angegebenen Zweck verwendet werden. Bei der Weitergabe einer Zuwendung z.B. zur Förderung mildtätiger Zwecke an eine andere Körperschaft, die ausschließlich mildtätige Zwecke fördert, kann der Verbleib der Zuwendung im mildtätigen Bereich von der Körperschaft, die die Zuwendungsbestätigung ausgestellt hat, durch eine Kopie des Körper-schaftsteuerfreistellungsbescheides der anderen Körperschaft nachgewiesen werden. Weitere Nach-weise über die zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung durch die andere Körperschaft brau-chen vom Erstempfänger nicht erbracht zu werden. Entsprechendes gilt auch bei Zuwendungen für an-dere mit dem erhöhten Abzugssatz von 10 % begünstigte Zwecke. 2.2 Teilweise Mittelweitergabe Nach § 58 Nr. 2 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, daß eine Körper-schaft ihre Mittel teilweise einer begünstigten Empfängerkörperschaft zur Verwendung zu steuerbegün-stigten Zwecken zuwendet. Der Begriff “Mittel” beschränkt sich nicht nur auf die der Körperschaft in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum zufließenden Mittel. Vielmehr sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft in die Berechnung mit einzubeziehen. Dieser Rundverfügung liegen die Erlasse des FinMin Hessen vom 8.7.1994, S 0177 A - 1 - II A 11, 15.7.1997, S 0177 A - 2 - II A 11, 15.4.2002, S 0177 A - 2 - II A 1 a (entspricht dem BMF-Schreiben vom 2.4.2002, IV C 4 - S 0177 - 6/02, BStBl 2002 l S. 491), 13.11.2002, S 0177 A - 2 - II A 1 a (ent-spricht dem BMF-Schreiben vom 13.11.2002, IV C 4 - S 0177 - 24/02), 7.3.2003, S 0177 A - 2 - II A 1 a (entspricht dem BMF-Schreiben vom 4.3.2003, IV C 4 - S 0177 - 12/03) und 27.11.2003, S 0177 A - 2 - II A 1 a (entspricht dem BMF-Schreiben vom 27.11.2003, IV C 4 - S 0177 - 31/03) zugrunde.“ Ertragsteuerliche Behandlung des Sponsoring bei steuerbe-günstigten Empfängern

BKPV 126/2005

vgl. BKPV 71/98 Verfügung der OFD Frankfurt vom 7.5.2003 - S 2741 A - 86 - St II 12 (DStR 2003 S. 1206) „Für die ertragsteuerliche Behandlung des Sponsoring bei steuerbegünstigten Empfängern gelten - un-abhängig von dem gesponserten Bereich (z.B. Sport-, Kultur-, Sozio-, Öko- und Wissenschaftssponso-ring) - folgende Grundsätze: Die im Zusammenhang mit dem Sponsoring erhaltenen Leistungen können steuerfreie Einnahmen im ideellen Bereich, steuerfreie Einnahmen aus der Vermögensverwaltung oder Einnahmen eines steuer-pflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs sein. Die steuerliche Behandlung der Leistungen beim Empfänger hängt grundsätzlich nicht davon ab, wie die entsprechenden Aufwendungen beim leisten-den Unternehmen behandelt werden. Für die Abgrenzung gelten die allgemeinen Grundsätze (vgl. AEAO, Tz. 7 ff. zu § 64 Abs. 1). Danach liegt kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, wenn die steuerbegünstigte Körperschaft dem Sponsor nur die Nutzung ihres Namens zu Werbezwecken in der Weise gestattet, daß der Sponsor selbst zu Werbezwecken oder zur Imagepflege auf seine Leistungen an die Körperschaft hinweist. Ein wirtschaftliche Geschäftsbetrieb liegt auch dann nicht vor, wenn der Empfänger der Leistungen z.B. auf Plakaten, Veranstaltungshinweisen, in Ausstellungskatalogen oder in anderer Weise auf die Unter-stützung durch einen Sponsor lediglich hinweist. Dieser Hinweis kann unter Verwendung des Namens, Emblems oder Logos des Sponsors, jedoch ohne besondere Hervorhebung, erfolgen. Entsprechende Sponsoringeinnahmen sind nicht als Einnahmen aus der Vermögensverwaltung anzusehen. Eine Zu-führung zur freien Rücklage nach § 58 Nr. 7 AO ist daher lediglich i.H. von 10 % der Einnahmen, nicht aber i. H. von einem Drittel des daraus erzielten Überschusses möglich. Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb liegt dagegen vor, wenn die Körperschaft an den Werbemaßnah-men mitwirkt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kann kein Zweckbetrieb (§ 65 bis 68 AO) sein. So-weit Sponsoringeinnahmen unmittelbar in einem aus anderen Gründen steuerpflichtigen wirtschaftli-chen Geschäftsbetrieb anfallen, sind sie diesem zuzurechnen.

Page 342: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 342 Heft 1/2005

Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung des Sponsoring wird auf die Rdvfg. vom 14.1.2003, S 7100 A - 203 - St I 10 hingewiesen.“ Betriebsausgabenpauschale bei der Gewinnermittlung aus Wer-bemaßnahmen im Zusammenhang mit sportlichen Veranstal-tungen

BKPV 127/2005

Verfügung der OFD Hannover 16.5.2002, S 0183 - 16 - StO 214/S 2729 - 326 - StH 233 (DB 2002 S. 1244) „Nach § 64 Abs. 6 Nr. 1 AO in der durch das Gesetz zur Änderung des Investitionszulagengesetzes 1999 vom 19.12.2000 (BStBl 2000 I S. 28) geänderten Fassung können steuerbegünstigte Körper-schaften bei Werbung für Unternehmen im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäfts-betriebs wählen, ob sie in der Besteuerung den tatsächlichen Gewinn oder 15 % der Einnahmen aus dem Betrieb zu Grunde legen wollen, wenn die Werbung im Zusammenhang mit der steuerbegünstig-ten Tätigkeit oder einem Zweckbetrieb stattfindet. Die Neuregelung gilt ab 1.1.2000. Bei gemeinnützigen Sportvereinen ist die pauschalierte Gewinnermittlung für Werbung im Rahmen ei-nes wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs, die bei sportlichen Veranstaltungen durchgeführt wird, nur zu-lässig, wenn die sportliche Veranstaltung nach § 76 a AO als Zweckbetrieb einzuordnen ist. Sie findet keine Anwendung, wenn die sportliche Veranstaltung z.B. wegen der Teilnahme bezahlter Sportler selbst einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellt. Die bisherige Kostenpauschale von 25 % der Werbeeinnahmen nach dem Anwendungserlaß zur Ab-gabenordnung (AOAE zu § 67 a AO Nr. 1.1 i.V. mit § 64 Abs. 1 AO Nr. 4) ist mit Wirkung ab 1.1.2000 nicht mehr anzuwenden. Diese Regelung bezog sich nur auf Werbung im Rahmen wirtschaftlicher Ge-schäftsbetriebe bei sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen, die bei der steuerbegünstigten Kör-perschaft Zweckbetriebe sind. Durch die günstigere gesetzliche Regelung ist die Verwaltungsregelung entbehrlich geworden.“ Zweckbetrieb bei einem gemeinnützigen Verein BKPV 128/2005 Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 27.2.2002 - II 374/98 - vorläufig nicht rechts-kräftig - I R 25/02 (EFG 2002 S. 739) Leitsätze: „1. Keine Zweckbetriebseigenschaft einer Süßmosterei bei einem Verein zur Förderung von Lebens-

und Arbeitsgemeinschaften für Behinderte wegen Verstoßes gegen die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO.

2. Auch bei einem Zweckbetrieb nach § 68 Nr. 3 AO ist die Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO im

Rahmen einer restriktiven Auslegung zu beachten.“ Tatsächliche Verständigung über den der Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Sachverhalt

BKPV 129/2005

vgl. BKPV 80/93 Verfügung der OFD Nürnberg vom 17.7.2003 - S 0223 - 20 - St 24 (Steuereildienst 2003, 524) „In Fällen erschwerter Sachverhaltsermittlung dient es unter bestimmten Voraussetzungen der Effekti-vität der Besteuerung und dem Rechtsfrieden, wenn sich die Beteiligten über die Annahme eines be-stimmten Sachverhalts und über eine bestimmte Sachbehandlung einigen können (AEAO, Nr. 1 zu § 88 AO). Diese tatsächliche Verständigung kann nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 30.1.1985, BStBl 1985 II S. 345, vom 5.10.1990, BStBl 1991 II S. 45 und vom 6.2.1991, BStBl 1991 II S. 673) in jedem Stadium des Veranlagungsverfahrens, insbesondere auch anläßlich einer Außenprüfung und

Page 343: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 343

während eines anhängigen Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelverfahrens (z.B. im Rahmen einer Erörte-rung nach § 364 a AO) getroffen werden. Beabsichtigen die Beteiligten, sich auf diese Weise über eine bestimmte Sachbehandlung zu verständigen, sind folgende Grundsätze zu beachten: 1. Zulässigkeit Die tatsächliche Verständigung ist ausschließlich im Bereich der Sachverhaltsermittlung zulässig. Die tatsächliche Verständigung ist nicht zulässig – zur Klärung zweifelhafter Rechtsfragen, – über den Eintritt bestimmter Rechtsfolgen, – über die Anwendung bestimmter Rechtsvorschriften und – wenn sie zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. Eine tatsächliche Verständigung ist aber insoweit möglich, als im Rahmen einer rechtlichen Beurteilung über eine Vorfrage zum Sachverhalt zu entscheiden ist. (vgl. BFH-Urteile vom 13.8.1997, BFH/NV 1998 S. 498 und vom 1.2.2001, BStBl 2001 II S. 520). 2. Voraussetzungen Voraussetzung für eine tatsächliche Verständigung ist das Vorliegen eines Sachverhalts, der nur unter erschwerten Umständen ermittelt werden kann. Das ist z.B. der Fall, wenn sich einzelne Sachverhalte nur – mit überdurchschnittlichem Arbeits- und Zeitaufwand und/oder – mit überdurchschnittlicher Zeitdauer ermitteln lassen. Bei der Frage, ob eine erschwerte Sachverhaltsermittlung vorliegt, kann auch auf das Verhältnis zwi-schen voraussichtlichem Arbeitsaufwand und steuerlichem Erfolg abgestellt und ferner berücksichtigt werden, in welchem Maß das FA durch ein zu erwartendes finanzgerichtliches Verfahren belastet wird, sofern es bei vorhandenen tatsächlichen Zweifeln dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht entspricht und zu seinem Nachteil entscheidet. 3. Anwendungsbereich Die tatsächliche Verständigung kommt insbesondere in Fällen in Betracht, in denen ein – Schätzungsspielraum, – Bewertungsspielraum, – Beurteilungsspielraum oder – Beweiswürdigungsspielraum besteht. Die tatsächliche Verständigung unterscheidet sich von der verbindlichen Auskunft dadurch, daß sie sich ausschließlich auf abgeschlossene Sachverhalte bezieht. 4. Durchführung Die tatsächliche Verständigung dient der Herstellung des Rechtsfriedens und der Vermeidung von Rechtsbehelfen, indem der Arbeits- und Zeitaufwand für die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts auf ein vertretbares Maß beschränkt werden soll. In Fällen, denen keine wesentliche Bedeutung zu-kommt, soll eine Einigung außerhalb einer tatsächlichen Verständigung angestrebt werden. Es kann z.B. eine (ggf. auch fernmündliche) Einigung in Form einer Absprache für die Behandlung im Besteue-rungsverfahren mit anschließendem Aktenvermerk getroffen werden. Die Abgrenzung hat sich an der Bedeutung des Gesamtsteuerfalles zu orientieren; hierbei ist nicht kleinlich zu verfahren.

Page 344: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 344 Heft 1/2005

Bei der Durchführung der tatsächlichen Verständigung ist Folgendes zu beachten: 4.1 Wird der Steuerpflichtige vertreten, muß eine entsprechende Vollmacht vorliegen. Eine uneinge-schränkte Vollmacht gemäß § 80 Abs. 1 Satz 2 AO umfaßt auch die Befugnis zu einer tatsächlichen Verständigung. 4.2 Auf Seiten des Finanzamts muß ein für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung zuständiger Amtsträger beteiligt sein (vgl. BFH-Urteil vom 5.10.1990, BStBl 1991 II S. 45). Das sind z.B. neben dem Amtsleiter der zuständige Sachgebietsleiter des Veranlagungsbereichs und der Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfstelle und der BNV, falls die Verständigung im Rahmen eines bei diesem Arbeitsbereich anhängigen Verfahren getroffen wird (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.1997, BFH/NV 1998 S. 580, für den Rechtsbehelfsstellenleiter). Diese Beschränkung auf den Sachgebietsleiter ergibt sich aus der Zeich-nungsrechtsregelung für die Finanzämter (vgl. Verfügungen OFD München vom 15.4.1999, O 1543 - 100/5 und OFD Nürnberg vom 14.4.1999, O 1543 - 53/St 11, jeweils Anlage 2 Tz. 1.4). Die Vereinba-rung einer tatsächlichen Verständigung betrifft stets Fälle erschwerter Sachverhaltsermittlung und fällt deshalb unter den Zeichnungsrechtsvorbehalt des Sachgebietsleiters (“Vorgänge von tatsächlicher Schwierigkeit"). 4.3 War an dem Abschluß einer tatsächlichen Verständigung ein für die Entscheidung über die Steuer-festsetzung zuständiger Amtsträger nicht beteiligt, kann dieser Mangel nicht durch nachträgliche Zu-stimmung geheilt werden (vgl. Rechtssatz in BFH-Urteil vom 28.7.1993, BFH/NV 1994 S. 290). Von ei-ner wirksamen Beteiligung kann auch nicht ausgegangen werden, wenn der zuständige Veranlagungs-sachgebietsleiter die auf Grund der Verständigung ergehenden Steuerbescheide nur abzeichnet (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.1997, BFH/NV 1998 S. 580). 4.4 Eine tatsächliche Verständigung soll sich nach Möglichkeit nur auf einen einzelnen Sachverhalt beziehen. Sollen tatsächliche Verständigungen über mehrere Sachverhalte herbeigeführt werden, sind in der Regel auch mehrere, voneinander unabhängige tatsächliche Verständigungen anzustreben. Im Hinblick auf den denkbaren Einwand des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sollten “Paketlösungen" (Einzelregelungen, die in ihrem Bestand voneinander abhängig gemacht werden) nur dann erwogen werden, wenn eine Klärung der offenen Sachverhaltsfragen nur auf diesem Wege erreicht werden kann. 4.5 Der Inhalt der tatsächlichen Verständigung sollte in einfacher, aber beweissicherer Form unter Darstellung der Sachlage schriftlich festgehalten und von den Beteiligten unterschrieben werden. In dieser Niederschrift sind die Beteiligten auf die Bindungswirkung der tatsächlichen Verständigung hin-zuweisen. Ihnen ist eine Ausfertigung der Vereinbarung auszuhändigen. Für die Erstellung der Nieder-schrift steht die UNIFA-Vorlage “Niederschrift tatsächliche Verständigung (OFD und FA/Allgemein)" zur Verfügung. 5. Rechtsfolgen 5.1 Die Bindungswirkung ergibt sich nicht erst durch die Berücksichtigung der tatsächlichen Verständi-gung im Steuerbescheid (vgl. BFH vom 31.7.1996, BStBl 1996 II S. 625). Vielmehr sind die Beteiligten durch den Abschluß der tatsächlichen Verständigung an die vereinbarte Tatsachenbehandlung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gebunden, wenn sie wirksam und unanfechtbar zustande ge-kommen ist. Insoweit ist das Rechtsschutzbedürfnis für einen Rechtsbehelf bzw. ein Rechtsmittel ge-gen die entsprechende Steuerfestsetzung entfallen. 5.2 Die Vereinbarung ist dem Verwaltungsakt zugrunde zu legen, für den die tatsächliche Verständi-gung bestimmt ist (Verwirklichung der tatsächlichen Verständigung). Ihre Bindungswirkung bleibt auch dann bestehen, wenn dieser Verwaltungsakt nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung oder nach § 165 AO vorläufig ergangen ist. 5.3 Eine Änderung des die tatsächliche Verständigung enthaltenden Verwaltungsaktes läßt die Bin-dungswirkung der Vereinbarung grundsätzlich unberührt. Der geänderte Verwaltungsakt muß daher in-soweit regelmäßig von denselben Tatumständen ausgehen.

Page 345: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 345

6. Aufhebung/Änderung der tatsächlichen Verständigung 6.1 Die tatsächliche Verständigung kann von den Beteiligten einvernehmlich aufgehoben oder geän-dert werden. Im Hinblick auf den Zweck dieses Rechtsinstituts sollte dies jedoch auf Ausnahmefälle be-schränkt bleiben. 6.2 Die Aufhebung oder Änderung des Verwaltungsaktes, dem eine tatsächliche Verständigung zugrunde liegt, kommt nur dann in Betracht, wenn dies nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen zulässig ist. 7. Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung 7.1 Eine tatsächliche Verständigung kann unwirksam sein, wenn sie unter unzulässigem Druck auf den Steuerpflichten oder durch dessen unzulässige Beeinflussung zustande gekommen ist. Eine unzu-lässige Beeinflussung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn für den Fall des Nichtabschlusses ei-ner Vereinbarung mit Konsequenzen für ein anhängiges Steuerstrafverfahren gedroht wird. Anderer-seits kann eine Willenserklärung des Steuerpflichtigen, die zu einer tatsächlichen Verständigung mit dem FA geführt hat, nicht deshalb angefochten werden, weil die Erklärung nur aus Sorge vor weiteren lästigen Ermittlungen und unter dem Druck eines laufenden Steuerstrafverfahrens abgegeben worden ist (siehe Urteil des FG Berlin vom 13.1.1987, EFG 1987 S. 439). Eine tatsächliche Verständigung ist außerdem unwirksam, wenn sie zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt (BFH vom 6.2.1991, BStBl 1991 II S. 673), d.h. wenn die Vereinbarung gegen die Regeln der Logik oder gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt. Eine tatsächliche Verständigung entfaltet auch dann keine Wirk-samkeit, wenn der für die Steuerfestsetzung zuständige Amtsträger nicht beteiligt ist (vgl. Tz. 4.2). 7.2 Als weitere Gründe für die Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung kommen die im BGB über die Willenserklärung aufgeführten Nichtigkeitsgründe zum Tragen: – Scheingeschäft, § 117 BGB – Anfechtung, §§ 119,120, 123 BGB – offener Einigungsmangel, § 154 BGB – Vertretungsmängel, z.B. nach §§ 164 ff. BGB (vgl. Tz. 4.1) – Wegfall der Geschäftsgrundlage, § 242 BGB. 7.3 Macht einer der Beteiligten geltend, die tatsächliche Verständigung sei unwirksam, so ist für ihre weitere Behandlung von Bedeutung, ob diese bereits in einem Verwaltungsakt verwirklicht worden ist oder nicht. 7.3.1 Die tatsächliche Verständigung ist noch nicht in einem Verwaltungsakt verwirklicht: Das FA kann ohne weiteres von der Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung ausgehen, wenn es die Sachverhaltsvereinbarung noch nicht der Steuerfestsetzung zugrunde gelegt hat. Macht der Steuerpflichtige die Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung mit zutreffenden Grün-den geltend, so teilt ihm das FA mit, daß sie einvernehmlich als aufgehoben anzusehen ist. Bestreitet das FA die Unwirksamkeit der Sachverhaltsvereinbarung, so teilt es dies dem Steuerpflichtigen mit und berücksichtigte die Vereinbarung bei der entsprechenden Steuerfestsetzung. Hält das FA die tatsächli-chen Verständigung für unwirksam und bestreitet dies der Steuerpflichtige, so wird sie nicht Gegen-stand der nachfolgenden Steuerfestsetzung. 7.3.2 Die tatsächliche Verständigung ist bereits in einem Verwaltungsakt verwirklicht: Die Unwirksamkeit der tatsächlichen Verständigung kann sich nur dann steuerlich auswirken, wenn die betreffende Steuerfestsetzung verfahrensrechtlich noch geändert werden kann. Die nach Ergehen eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes festgestellte Unwirksamkeit einer tatsäch-lichen Verständigung ist - für sich betrachtet - weder eine nachträglich bekanntgewordene Tatsache i.S. des § 173 AO noch ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Sie wirkt sich deshalb nicht auf die Steuerfestsetzung aus.

Page 346: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 346 Heft 1/2005

7.4 Nach Wegfall der tatsächlichen Verständigung (Abschnitt 6.1, 7.1 und 7.2) sind jedoch regelmäßig weitere Ermittlungen zur Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erforderlich. Die hierbei erstmalige bekanntgewordenen Tatsachen und Beweismittel können z.B. eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 AO zur Folge haben.“ Verlängerung der Dreitagesfrist bei Ablauf am Wochenende oder Feiertag

BKPV 130/2005

Urteil des BFH vom 23.9.2003 - IX R 68/98 (BStBl 2003 II S. 875) Leitsatz: „Der Vorlagebeschluß an den Großen Senat vom 17.9.2002 IX R 68/98 (BFHE 199 S. 493, BStBl 2003 II S. 2) wird aufgehoben.“ Entscheidungsgründe: „Der Vorlagebeschluß ist aufzuheben, weil während der Anhängigkeit des Verfahrens beim Großen Se-nat (Az. GrS 1/02) der Grund für seine Anrufung entfallen ist. Der erkennende Senat hatte mit seinem Vorlagebeschluß vom 17.9.2002 IX R 68/98 (BFHE 199, 493, BStBl II 2003, 2) dem Großen Senat gemäß § 11 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt: Verlängert sich die Dreitagesfrist zwischen der Aufgabe eines Verwaltungsakts zur Post und seiner vermuteten Bekanntgabe (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - ), wenn das Fristende auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt, bis zum nächstfolgenden Werktag? Der erkennende Senat bejaht diese Rechtsfrage. Wegen der Begründung wird auf den genannten Vor-lagebeschluß Bezug genommen. Die Anrufung des Großen Senats war seinerzeit gemäß § 11 Abs. 3 FGO geboten, weil der erkennende Senat mit seiner Auffassung von der Rechtsprechung mehrerer Senate abweicht und nur der II. und der XI. Senat, nicht aber der III., der IV. und der X. Senat der Ab-weichung zugestimmt hatten. Das Bundesministerium der Finanzen ist gemäß § 122 Abs. 2 FGO dem Verfahren vor dem Großen Senat beigetreten und hat sich der Auffassung des vorlegenden Senats angeschlossen. Nunmehr ha-ben auch der III., der IV. und der X. Senat der Abweichung von ihrer Rechtsprechung zugestimmt. Da-mit sind die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 FGO für die Anrufung des Großen Senats nicht mehr gegeben.“ Voraussetzungen einer Teilanfechtung BKPV 131/2005 BFH-Urteil vom 23.4.2003 - IX R 28/00 (NV) (BFH/NV 2003 S. 1140) Leitsätze: „1. Die Anfechtung umfaßt in der Regel den gesamten Einkommensteuerbescheid, so daß auch die

Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AO 1977 a.F. in vollem Umfang eintritt.

2. Für den Ausnahmefall, in dem nur eine Teilanfechtung anzunehmen ist, muß der Wille, von einem

weiteren Begehren abzusehen, deutlicher zum Ausdruck kommen als in der bloßen Anfechtung des Steuerbescheides wegen bestimmter Streitpunkte. Nur wenn der Steuerpflichtige eindeutig zu erkennen gegeben hat, er werde von einem weitergehenden Begehren absehen, wird der Steuer-bescheid im ausdrücklich nicht angefochtenen Teil bestandskräftig.“

Page 347: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 347

Entscheidungsgründe: „Die Revision ist begründet und führt nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das FG hat unzutreffend eine Änderung des Einkommensteuerbe-scheides nach § 164 Abs. 2 AO 1977 wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist abgelehnt. 1. Nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 kann die Steuerfestsetzung, solange der Vorbehalt nach § 164

Abs. 1 AO 1977 - wie hier - wirksam ist, aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 2 AO 1977 jederzeit beantragen, und zwar nach § 132 AO 1977 auch im Rechtsbehelfsverfahren. Nach § 164 Abs. 4 AO 1977 entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist abläuft.

2. Entgegen der Auffassung des FG ist im Streitfall die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen, so

daß die Voraussetzungen des § 164 Abs. 4 AO 1977 nicht gegeben sind und der Vorbehalt der Nachprüfung nicht entfallen ist. Denn der Ablauf der Festsetzungsfrist wurde durch den Einspruch vom 4.1.1990 gehemmt.

a) § 171 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AO 1977 a.F. läßt eine Ablaufhemmung der Festsetzungs-

frist nur insoweit zu, als der Steuerbescheid angefochten worden ist. Zwar kann es folglich zu einer Teilfestsetzungsverjährung kommen (BFH-Urteil vom 7.2.1992 III R 61/91, BFHE 167, 279, BStBl II 1992, 592), allerdings nur in Ausnahmefällen. Satz 2 des § 171 Abs. 3 AO 1977 stellt - anders als Satz 1 - nicht auf den Antrag, sondern auf den Umfang der Anfechtung ab (BFH-Urteil vom 7.9.2000 III R 33/96, BFH/NV 2001, 415), der indessen wiederum vom Um-fang des Rechtsbehelfsantrags abhängt (vgl. BFH-Urteile vom 10.3.1993 I R 93/92, BFHE 175, 481, BStBl II 1996, 165, und in BFHE 167, 279, BStBl II 1992, 592). Als Prozeßerklärung ist der Rechtsbehelfsantrag durch Auslegung entsprechend § 133 des Bürgerlichen Gesetz-buches - BGB - (vgl. BFH-Beschluß vom 15.5.2002 I B 8/02, I S 13/01, BFH/NV 2002, 1312, Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 29.10.1975 2 BvR 630/73, HFR 1976, 70; BFH-Urteil vom 8.6.2000 IV R 37/99, BFHE 193, 85, BStBl II 2001, 162) anhand der Grundsätze des Beschlusses des Großen Senats des BFH (in BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327) zu ermitteln.

b) Danach ist bei der Anfechtung eines Steuerbescheides, auch wenn dies wegen eines be-

stimmten Betrages oder eines bestimmten Sachverhalts geschieht, nicht von einer bloßen Teilanfechtung auszugehen (Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327). Die Anfechtung umfaßt in der Regel den gesamten Einkommensteuerbescheid und die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist tritt in vollem Umfang ein. Ein Ausnahmefall, in dem nur eine Teilanfechtung anzunehmen ist, setzt voraus, daß der Wille, von einem weiteren Begehren abzusehen, deutlicher zum Ausdruck kommt als in der bloßen Anfechtung des Steuerbescheides wegen eines bestimmten Streitpunktes. Nach der ständigen Rechtspre-chung kann einem Rechtsbehelfsführer der Wille zu einer bindenden Beschränkung des An-trags ohne Vorliegen besonderer Umstände nicht unterstellt werden (vgl. u.a. BFH-Urteile in BFHE 168, 1, BStBl II 1992, 995, und in BFH/NV 2001, 415; m.w.N.).

c) Die Auslegung von prozessualen Willenserklärungen ist grundsätzlich Gegenstand der vom

FG zu treffenden tatsächlichen Feststellungen, an die das Revisionsgericht gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), soweit im Revisionsverfahren keine zulässigen und begründeten Revi-sionsrügen erhoben werden. Das Revisionsgericht kann indes die Auslegung durch das FG daraufhin überprüfen, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln (vgl. oben zu a und b) beachtet und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen hat (BFH-Urteil vom 22.8.1990 I R 119/86, BFHE 162, 464, BStBl II 1991, 415, und in BFHE 168, 1, BStBl II 1992, 995; BFH-Beschluß vom 26.6.2002 IX B 119/01, BFH/NV 2002, 1469).

3. Nach diesen Maßstäben hat das FG unzutreffend allein aus dem Einspruchsschreiben der Kläger

vom 4.1.1990 geschlossen, daß die Kläger ihren Rechtsbehelfsantrag beschränkt haben. Es hat nämlich entgegen der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. zu 2. a und b) das Regel-Aus-nahme-Verhältnis umgekehrt und bereits dann eine Einschränkung des Antrags gesehen, wenn - wie hier - der Rechtsbehelfsführer im Einspruchsschreiben lediglich einige Streitpunkte aufführt. Für den Ausnahmefall einer Teilanfechtung müssen aber deutliche Anhaltspunkte gegeben sein, die darüber hinausgehen. Nur wenn die Kläger eindeutig zu erkennen gegeben haben, sie werden von einem weiter gehenden Begehren absehen, wird der Steuerbescheid im ausdrücklich nicht

Page 348: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 348 Heft 1/2005

angefochtenen Teil bestandskräftig. Das FG hat derartige Umstände aber nicht festgestellt. Im Gegenteil: Der Zusammenhang mit den Einspruchsverfahren der Jahre 1985, 1987 und 1989 und die Nämlichkeit der Streitpunkte in Bezug auf das Objekt A-Straße sprechen eindeutig dafür, daß die Frage, wie das ZFH zu besteuern sei, auch Gegenstand des Rechtsbehelfsbegehrens für das Streitjahr werden sollte. Ferner ergibt sich aus den vom FG in Bezug genommenen Vermerken über ein fernmündliches Gespräch des Klägers mit dem Sachbearbeiter des FA, daß auch das Objekt A-Straße Gegen-stand des Gesprächs war. Die gegenteilige Würdigung des FG ist in sich widersprüchlich und ver-stößt damit bereits gegen Denkgesetze: Denn einerseits ist nach Auffassung des FG “nach diesem Vermerk über die Berücksichtigung eines Verlustes aus Vermietung und Verpachtung aus einem Objekt A-Straße nicht gesprochen worden”. Andererseits hebt das FG im gleichen Urteilsabsatz hervor, der Sachbearbeiter habe hiernach (nach dem Vermerk) “geäußert, über Werbungskosten werde erst entschieden, wenn auch über den Verlust aus Vermietung und Verpachtung A-Straße entschieden würde”. Es ist aber unerfindlich, warum das die Art und Weise der Besteuerung des Objekts A-Straße betreffende Verfahren vor dem 15. Senat des FG abgewartet werden sollte, wenn im Streitjahr gar nicht um diese Einkünfte gestritten wurde.

4. Ist das Urteil der Vorinstanz danach aufzuheben, so ist die Sache aber nicht spruchreif. Der BFH kann als Revisionsinstanz mangels zureichender Feststellungen des FG nicht entscheiden, ob der Anspruch der Kläger nach § 164 Abs. 2 AO 1977 besteht und die negativen Einkünfte aus Ver-mietung und Verpachtung der Klägerin aus dem Objekt A-Straße in der beantragten Höhe ange-setzt werden können. Dies wird das FG in einer neuen Verhandlung und Entscheidung nachzuho-len haben.“

Ablauf der Festsetzungsfrist bei Ergehen eines Änderungs-bescheides aufgrund eines Teilbetriebsprüfungsberichts

BKPV 132/2005

BFH-Urteil vom 20.8.2003 - I R 10/03 (NV) (BFH/NV 2004 S. 7) Leitsatz: „Der Ablauf der Festsetzungsfrist bleibt nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 wegen des Beginns einer Außenprüfung auch dann gehemmt, wenn das FA während der Prüfung einen geänderten Steuerbe-scheid aufgrund eines Teilbetriebsprüfungsberichts erläßt, die Prüfung sodann aber fortführt oder wie-der aufnimmt, bevor die reguläre Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977 abgelaufen ist. Die fortgeführte oder wieder aufgenommene Prüfung bedarf keiner erneuten Prüfungsanordnung.“ Bestandskraft, Wahlrechte BKPV 133/2005 Verfügung der OFD Frankfurt 3.11.2003, S 0350 A - 5 - St II 4.01 (Steuereildienst 2004, 14) Bezug: BMF-Schreiben vom 15.10.2003, IV A 4 - S 0062 - 9/03, BStBl 2003 l S. 483 „1. Die §§ 172 ff. regeln die Durchbrechung der materiellen Bestandskraft (Verbindlichkeit einer Ver-

waltungsentscheidung). Sie ist von der formellen Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) zu unterschei-den. Diese liegt vor, soweit ein Verwaltungsakt nicht oder nicht mehr mit Rechtsbehelfen ange-fochten werden kann. Unanfechtbarkeit bedeutet nicht Unabänderbarkeit. Dementsprechend kön-nen auch Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung unanfechtbar werden (vgl. BFH-Urteil vom 19.12.1985, BStBl 1986 II S. 420).

2. Die Vorschriften über die materielle Bestandskraft gelten für Steuerfestsetzungen i.S. des § 155

sowie für alle Festsetzungen, für die die Vorschriften über das Steuerfestsetzungsverfahren anzu-wenden sind. Keine Anwendung finden sie bei der Rücknahme eines rechtswidrigen und dem Wi-derruf eines rechtmäßigen begünstigenden oder nicht begünstigenden sonstigen Verwaltungsak-tes (vgl. zu §§ 130, 131 (AO-Kartei, § 130 AO, Allgemeines, Karte 1, und AO-Kartei, § 131 AO, Allgemeines, Karte 1).

Page 349: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 349

3. Die materielle Bestandskraft wird nur durchbrochen, soweit es das Gesetz zuläßt. Die Zulässigkeit ergibt sich nicht nur aus der AO selbst (z.B. §§ 164, 165, 172 bis 175 a), sondern auch aus ande-ren Steuergesetzen (z.B. § 10 d Abs. 1 EStG; § 35 b GewStG, §§ 24 und 24 a BewG, § 20 GrEStG).

4. Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung sowie Vorauszahlungsbescheide (§ 164

Abs. 1 Satz 2) und Steueranmeldungen (§ 150 Abs. 1 Satz 2, § 168), die kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachprüfung stehen, sind unabhängig von der formellen Bestandskraft nach § 164 Abs. 2 dem Umfang nach uneingeschränkt änderbar, solange der Vorbehalt nicht aufgehoben worden oder entfallen ist; § 176 bleibt unberührt.

5. Wegen der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten Hinweis auf § 129. 6. Zeitlich ist die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung einer Steuerfestsetzung nur innerhalb der

Festsetzungsfrist zulässig (§ 169). 7. Bei Änderung oder Berichtigung von Steuerfestsetzungen sind die Vorschriften der KBV zu beach-

ten. Danach unterbleibt i.d.R. eine Änderung oder Berichtigung, wenn die Abweichung von der bisherigen Festsetzung nicht mindestens 10 EUR beträgt.

8. Ein steuerliches Wahlrecht liegt vor, wenn ein Steuergesetz für einen bestimmten Tatbestand

- ausnahmsweise - mehr als eine Rechtsfolge vorsieht und es dem Steuerpflichtigen überlassen bleibt, sich für eine dieser Rechtsfolgen zu entscheiden. Übt der Steuerpflichtige dieses Wahlrecht nicht oder nicht wirksam aus, tritt die vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehene Rechtsfolge ein. Die Ausübung des Wahlrechts („Antrag“) ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Soweit im Gesetz keine besondere Form (z.B. Schriftform oder amtlicher Vordruck, vgl. § 13 a Abs. 2 Satz 3, § 36 b Abs. 3 Satz 2 EStG, § 4 a Abs. 1 UStG) vorgeschrieben ist, kann das Wahlrecht auch durch schlüssiges Verhalten ausgeübt werden (vgl. BFH-Urteil vom 11.12.1997, BStBl 1998 II S. 420). Setzt die Ausübung des Wahlrechts die Zustimmung des Finanzamtes oder Dritter (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) voraus, treten die Rechtswirkungen der vom Steuerpflichtigen getroffenen Wahl erst mit dieser Zustimmungserklärung ein. Dies gilt entsprechend, wenn das Wahlrecht von mehre-ren Steuerpflichtigen einheitlich ausgeübt werden muß (vgl. z.B. § 33 Abs. 2 Satz 6, § 33 b Abs. 5 Satz 3 EStG). Soweit das Gesetz im Einzelfall keine bestimmte Frist (vgl. z.B. § 5 a Abs. 3, § 36 b Abs. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 8, § 50 Abs. 5 Nr. 3 Satz 4 EStG, § 23 Abs. 3 Satz 1 UStG) zur Ausübung des Wahl-rechtes („Antragsfrist“) vorsieht, kann das Wahlrecht grundsätzlich bis zum Ablauf der Festset-zungsfrist ausgeübt werden. Die Bestandskraft des Steuerbescheides, in dem sich das Wahlrecht auswirkt, schränkt allerdings die Wahlrechtsausübung ein (s.u.). Umfang und Zeitpunkt des Eintritts der Bindungswirkung der Wahlrechtsausübung richten sich da-nach, ob der Gesetzgeber diesbezüglich ausdrückliche Regelungen getroffen hat (vgl. z.B. § 23 Abs. 3 Satz 1 UStG: Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, siehe dazu Nr. 1). Sieht das Gesetz einen unwiderruflichen Antrag vor (vgl. z.B. § 5 a Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG), wird die Willenserklärung bereits mit ihrem Zugang beim FA wirksam und kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zurückgenommen oder widerrufen werden (vgl. BFH-Urteil vom 17.1.1995, BStBl 1995 II S. 410). Ausnahme: Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB. Anderenfalls richtet sich die Bindungswirkung der ausgeübten Wahl nach der Bestandskraft des Verwaltungsaktes, in dem sie sich ausgewirkt hat. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung können Wahlrechte grundsätzlich nur noch ausgeübt oder widerrufen werden, soweit die Steuerfestsetzung nach §§ 129, 164, 165, 172 ff. oder nach entsprechenden Regelungen in den Einzelsteuergesetzen (vgl. dazu Nr. 3) korri-giert werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 30.8.2001, BStBl 2002 II S. 49 m.w.N.); dabei sind die §§ 177 und 351 Abs. 1 zu beachten. Eine Ausnahme gilt für Wahlrechte, für deren Ausübung das Gesetz keine Frist vorsieht und für die es grundsätzlich auch keine Bindung an die einmal getrof-fene Wahl gibt, wenn ihre Ausübung die Besteuerungsgrundlagen unberührt läßt (z.B. das Veran-lagungswahlrecht nach § 26 EStG); diese Wahlrechte können grundsätzlich bis zur Unanfechtbar-

Page 350: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 350 Heft 1/2005

keit eines Änderungsbescheides (erneut) ausgeübt werden (vgl. BFH-Urteil vom 19.5.1999, BStBl 1999 II S. 762). Die steuerrechtliche Wirkung von Wahlrechten, die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, kann nach Eintritt dieses Zeitpunktes nicht nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a beseitigt werden (vgl. BFH-Urteil vom 18.12.1973, BStBl 1974 II S. 319). Die Wahlrechtsausübung kann auch nicht durch einen Austausch gegen bisher nicht be-rücksichtigte Besteuerungsgrundlagen rückgängig gemacht werden; infolge der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ist der Steuerpflichtige an seine Wahl gebunden (vgl. BFH-Urteil vom 25.2.1992, BStBl 1992 II S. 621). Die nachträgliche Ausübung eines Wahlrechts oder der Widerruf eines bereits ausgeübten Wahl-rechts ist auch keine neue Tatsache i.S. des § 173, sondern Verfahrenshandlung (vgl. BFH-Urteil vom 25.2.1992, a.a.O.). Sie ist ausnahmsweise rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, wenn sie selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands ist (vgl. BFH-Urteil vom 12.7.1989, BStBl 1989 II S. 957, zum durch die Zustimmungserklärung des Empfängers qualifizier-ten Antrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG). Zur Änderung von Steuerfestsetzungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bei nachträglichem Antrag auf Anwendung des § 33 b EStG vgl. BFH-Ur-teil vom 13.12.1985 (BStBl 1986 II S. 245) und H 194 EStH.“

Nachträgliches Bekanntwerden von Umsätzen und Vorsteuern BKPV 134/2005 BFH-Urteil vom 10.4.2003 - V R 26/02 (BStBl 2003 II S. 785) Leitsatz: „Werden nachträglich sowohl steuererhöhende Tatsachen (Umsätze) als auch steuermindernde Tatsa-chen (Vorsteuerbeträge) bekannt und führen die steuererhöhenden Tatsachen zur Änderung eines Steuerbescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977, so können die steuermindernden Tatsachen sowohl gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 als auch gemäß § 177 AO 1977 zu berücksichtigen sein (Fortent-wicklung des Senatsurteils vom 19.10.1995 V R 60/92, BFHE 179 S. 1, BStBl 1996 II S. 149).“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt eine Galerie. Da sie für das Streitjahr

(1998) keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) in dem Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 2.2.2000 die Besteuerungs-grundlagen unter Anlehnung an die Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Das FA setzte Umsätze (zu verschiedenen Steuersätzen) in Höhe von insgesamt 873.000 DM (darauf entfallende Steuer: 87.150 DM) an und berücksichtigte die von der Klägerin in ihren Umsatzsteuer-Voranmeldungen erklärten Vorsteuerbeträge in Höhe von 74.153,46 DM. Daraus ergab sich eine Umsatzsteuer 1998 in Höhe von (gerundet) 12.996 DM. Der Bescheid wurde bestandskräftig. Am 11.5.2000 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung 1998 beim FA ein. Danach betru- gen die steuerpflichtigen Umsätze insgesamt 1.412.107 DM (darauf entfallende Steuer: 154.901,14 DM) und die Vorsteuerbeträge 129.185,33 DM. Daraufhin änderte das FA in einem auf das nachträgliche Bekanntwerden neuer Tatsachen gemäß § 173 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützten Bescheid vom 25.7.2000 die Umsatz-steuerfestsetzung 1998. Es setzte gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 die von der Klägerin er-klärten Umsätze mit der darauf entfallenden Steuer in Höhe von 154.901,14 DM an und berück-sichtigte nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 Vorsteuerbeträge in Höhe von (nur) 95.159,12 DM nach folgender Berechnung:

Page 351: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 351

„Steuerpflichtige Umsätze lt. Erklärung 1.412.107,00 DM Vorsteuern lt. Umsatzsteuerbescheid 1998 vom 02.02.00 zuzüglich Differenz geschätzter Vorsteuern 74.153,46 DM zur tatsächlichen Vorsteuer im Verhältnis der geschätzten Umsätze zu den tatsächlich steuerpflichtigen Umsätzen: 1.412.107,00DM geschätzte Umsätze: 873.000,00DM Differenz: 539.107,00DM = 38,17 % nachträglich bekannt gewordene Umsätze Vorsteuer erklärt: 129.185,33DM Vorsteuer geschätzt: 74.153,46DM Differenz = nachträglich bekannt gewordene Vorsteuer 55.031,87DM davon 38,17 % = 21.005,66 DM tatsächlich abziehbare Vorsteuern 95.159,12 DM “ Dies führte zu einer Umsatzsteuerfestsetzung 1998 in Höhe von 59.742 DM. Das Finanzgericht (FG) gab der dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt und ließ - entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung reduzierten Klageantrag - die Berücksich-tigung von Vorsteuerbeträgen in Höhe von 123.476,12 DM zu. Das FG berief sich dabei auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19.10.1995 V R 60/92 (BFHE 179, 1, BStBl II 1996, 149) und legte seiner Entscheidung folgende Berechnung zugrunde: „Die im Streitjahr erzielten Umsätze in Höhe von 1.412.107 DM = 100 v.H. entfallen zu 873.000 DM = 61,82 v.H. auf geschätzte und zu 539.107 DM = 38,18 v.H. auf nachträglich bekannt gewordene Umsätze. Entsprechend dem Anteil der nachträglich bekannt gewordenen Umsätze von 38,18 v.H. sind die mit ihnen in Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge in Höhe von 38,18 v.H. von 129.185,33 DM = 49.322,96 DM zusätzlich, insgesamt also 123.476,12 DM“ (richtig: 123.476, 42 DM), „zu berücksichtigen“. Das Urteil ist in EFG 2001, 1259 veröffentlicht. Mit der Revision, die der Senat durch Beschluß vom 19.6.2002 V B 122/01 (BFH/NV 2002, 1354) zugelassen hat, rügt das FA fehlerhafte Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO 1977 und Abweichung des FG-Urteils von dem Senatsurteil in BFHE 179, 1, BStBl II 1996, 149. Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage insoweit als unbegründet ab-zuweisen, als die Klägerin höhere abziehbare Vorsteuerbeträge als 95.159,12 DM begehrt. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten. Sie hält die Vorentscheidung für zutreffend.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision des FA ist zurückzuweisen.

Das FG hat zwar - wie das FA mit Recht rügt - § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 nicht richtig angewen-det. Die Vorentscheidung ist gleichwohl im Ergebnis richtig, so daß die Revision zurückzuweisen ist (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung - FGO - ). Im Streitfall sind die von der Klägerin mit der Klage begehrten Vorsteuerbeträge gemäß § 177 Abs. 1 AO 1977 zu berücksichtigen.

Page 352: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 352 Heft 1/2005

1. Ein Steuerbescheid ist nach § 173 Abs. 1 AO 1977 zu ändern,

– soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen (Nr. 1),

– soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrige-

ren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, daß die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden (Nr. 2 Satz 1). Das Ver-schulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln i.S. der Nummer 1 stehen (Nr. 2 Satz 2).

2. Im Streitfall sind nach dem Umsatzsteuer-Schätzungsbescheid für 1998 vom 2.2.2000 durch

die Umsatzsteuererklärung 1998 der Klägerin vom 11.5.2000 nachträglich sowohl Tatsachen bekannt geworden, die zu einer höheren Steuer i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 führen (steuerpflichtige Umsätze) als auch Tatsachen, die i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 zu ei-ner niedrigeren Steuer führen (Vorsteuerbeträge). Die von der Klägerin in der Umsatzsteuererklärung angegebenen Umsätze beruhen nur inso-weit auf nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977, als sie die vom FA in dem Schätzungsbescheid bereits erfaßten Umsätze übersteigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 1, BStBl II 1996, 149, unter II. 2.). Entsprechendes gilt für die von der Klägerin in der Umsatzsteuererklärung angegebenen Vor-steuerbeträge. Sie beruhen nur insoweit auf nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977, als sie die vom FA in dem Schätzungsbescheid bereits er-faßten Vorsteuerbeträge (es handelt sich dabei um die vorangemeldeten Vorsteuerbeträge) übersteigen. Nachträglich bekannt geworden sind mithin im Streitfall Vorsteuerbeträge in Höhe von (129.185,33 DM ./. 74.153,46 DM =) 55.031,87 DM. a) Die nachträglich bekannt gewordenen Vorsteuerbeträge können grundsätzlich nicht nach

§ 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden, weil sie im Sinne des Satzes 1 dieser Vorschrift ein grobes Verschulden daran trifft, daß die zugrunde liegenden Tatsachen erst nachträglich bekannt geworden sind (vgl. BFH-Urteil vom 8.8.1991 V R 106/88, BFHE 165, 424, BStBl II 1992, 12, unter II. 2. a).

b) Dieses Verschulden ist aber nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO 1977 unbeachtlich, wenn

die den nachträglich bekannt gewordenen Vorsteuerbeträgen zugrunde liegenden Tatsa-chen in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit nachträglich bekannt gewordenen Tatsachen stehen, die zu einer höheren Steuer führen. Zwischen nachträglich bekannt gewordenen vorsteuerbelasteten Leistungen an den Un-ternehmer und nachträglich bekannt gewordenen steuerpflichtigen Umsätzen besteht dieser Zusammenhang nur insoweit, als diese Leistungsbezüge zur Ausführung der nachträglich bekannt gewordenen Umsätze verwendet wurden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 1, BStBl II 1996, 149, unter II. 1.). Kann nicht festgestellt werden, daß die nachträg-lich bekannt gewordenen Leistungsbezüge (unmittelbar) bestimmten nachträglich be-kannt gewordenen Umsätzen zuzurechnen sind, ist der Zusammenhang nach dem Ver-hältnis der geschätzten Umsätze zu den nachträglich erklärten Umsätzen zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil in BFHE 179, 1, BStBl II 1996, 149, unter II. 3.). Das FG ist in der Vorentscheidung zwar hiervon ausgegangen und hat zu Recht erkannt, daß die im Streitjahr erzielten Umsätze in Höhe von 1.412.107 DM mit 539.107 DM, also 38,18 % auf nachträglich bekannt gewordene Umsätze entfallen. Es hat aber diesen Anteil der nachträglich bekannt gewordenen Umsätze von 38,18 % auf sämtliche von der Klägerin in der Umsatzsteuererklärung vom 11.5.2000 geltend gemachten Vorsteuerbe-träge in Höhe von 129.185,33 DM angewendet, und nicht - wie geboten - nur auf die nachträglich bekannt gewordenen Vorsteuerbeträge in Höhe von (129.185,33 DM ./. 74.153,46 DM =) 55.031,87 DM.

Page 353: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 353

3. Gleichwohl erweist sich das FG-Urteil im Ergebnis als richtig. Denn die mit der Klage begehr-ten Vorsteuerbeträge sind nach § 177 Abs. 1 AO 1977 zu berücksichtigen.

a) Liegen die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids

zuungunsten des Steuerpflichtigen vor, so sind, soweit die Änderung reicht, zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen, die nicht Anlaß der Aufhebung oder Änderung sind (§ 177 Abs. 1 AO 1977). Materielle Fehler in diesem Sinne sind alle Fehler einschließlich offenbarer Unrichtigkeiten i.S. des § 129 AO 1977, die zur Festsetzung einer Steuer führen, die von der kraft Gesetzes entstandenen Steuer abweicht (§ 177 Abs. 3 AO 1977). Zweck des § 177 AO 1977 ist es, eine größere Einzelfallgerechtigkeit zu erreichen; das formale Element der Bestandskraft wird zurückgedrängt, um den objektiv zutreffenden materiellen Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe kommen zu können (vgl. BFH-Urteil vom 5.8.1986 IX R 13/81, BFHE 148, 394, BStBl II 1987, 297, unter 2.b.) Werden nachträglich sowohl steuererhöhende als auch steuermindernde Tatsachen oder Beweismittel bekannt und führen die steuererhöhenden Tatsachen oder Beweismittel zur Berichtigung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977, so sind unabhängig von einem groben Verschulden des Steuerpflichtigen im Rahmen der Änderung die steuermindernden Tat-sachen gemäß § 177 AO 1977 zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 148, 394, BStBl II 1987, 297; von Wedelstädt in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 177 AO 1977 Rz. 115; Looks/Jünger, DStR 2003, 529).

b) Die Voraussetzungen des § 177 Abs. 1 AO 1977 liegen im Streitfall vor. Gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 war eine Änderung der ursprünglichen Umsatzsteu-ersteuerfestsetzung für 1998 vom 2.2.2000 zuungunsten der Klägerin durch Ansatz der von ihr erklärten höheren Umsätze mit der darauf entfallenden Steuer in Höhe von nun-mehr 154.901,14 DM (vorher: 87.150 DM) gerechtfertigt. Soweit diese Änderung reicht, also in Höhe von (154.901,14 DM ./. 87.150 DM =) 67.751,14 DM, sind gemäß § 177 Abs. 1 AO 1977 solche materiellen Fehler zu berichti-gen, die nicht Anlaß der Änderung sind. Zu diesen materiellen Fehlern würde auch die Nichtberücksichtigung der nachträglich von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuer-beträge in Höhe von 55.031,87 DM gehören. Der Nichtansatz dieser Vorsteuerbeträge - über deren Abziehbarkeit nach § 15 des Umsatzsteuergesetzes 1993 zwischen den Be-teiligten kein Streit besteht - würde zur Festsetzung einer Steuer führen, die von der kraft Gesetzes entstandenen Steuer abweicht (§ 177 Abs. 3 AO 1977).

c) Deshalb ist der (an sich) nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu Lasten der Klägerin anzu-setzende Änderungsbetrag von 67.751,14 DM gemäß § 177 Abs. 1 AO 1977 um die nachträglich von der Klägerin geltend gemachten Vorsteuerbeträge in Höhe von 55.031,87 DM zu vermindern. Der Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 1998 durfte mithin nur zu einer Steuererhöhung von (67.751,14 DM ./. 55.031,87 DM =) 12.719,27 DM füh-ren. Allerdings kann die Klägerin die danach gebotene (vollständige) Anerkennung von Vor-steuerbeträgen in Höhe von 129.185,33 DM als Revisionsbeklagte im vorliegenden Ver-fahren nicht mehr erreichen, weil sie ihren dahin gehenden ursprünglichen Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem FG auf die Berücksichtigung von Vorsteuerbe-trägen in Höhe von nur noch 123.476,12 DM eingeschränkt hat.“

Änderung bei Organgesellschaft, Folgeänderung bei Organ-träger

BKPV 135/2005

BFH-Urteil vom 28.1.2004 - I R 84/03 (BStBl 2004 II S. 539)

Page 354: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 354 Heft 1/2005

Leitsatz: „Die Änderung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft und eines dieser gegenüber ergangenen Körperschaftsteuerbescheids erfüllt bezogen auf die dem Organträger gegenüber festgesetzte Körperschaftsteuer weder die Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 noch die des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977.“ Sachverhalt: „I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war im Streitjahr 1989 als Organträge-

rin im Rahmen einer körperschaftsteuer- und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft einer anderen GmbH, H-GmbH, als Organgesellschaft verbunden. Aufgrund einer “Mitteilung für den Organträger” des für die Besteuerung der H-GmbH zuständigen FA-C vom 10.7.1995, welche dort aus Anlaß einer Betriebsprüfung bei der Organgesellschaft ge-fertigt wurde, ging der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) davon aus, daß der Klägerin - als Organträgerin - ein gegenüber der bisherigen Veranlagung höheres Einkommen der Organgesellschaft zuzurechnen sei. Er erließ deshalb am 21.8.1995 und am 13.9.1995 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderte Bescheide; der Vorbehalt der Nachprü-fung wurde aufgehoben. Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 1999 ging dem FA erneut eine “Mitteilung für den Organträger” des FA-C vom 30.6.1999 zu, aus der sich ergab, daß das der Klägerin als Organträgerin im Streitjahr zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft um 247.586 DM ge-ringer anzusetzen sei. Grund für die geänderte Mitteilung vom 30.6.1999 war, daß die Organge-sellschaft erfolgreich die im Jahr 1995 getroffenen Feststellungen der Betriebsprüfung des FA-C angegriffen hatte und deswegen ihr gegenüber am 14.7.1999 ein geänderter Körperschaftsteuer-bescheid ergangen war. Die Klägerin beantragte am 14.9.1999, die bestandskräftigen Steuerbescheide vom 21. August und vom 13.9.1995 gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 zu ändern und ihr das mitgeteilte geringere Einkommen der H-GmbH zuzurechnen. Das FA lehnte den Änderungsantrag ab. Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) München gab ihr mit Urteil vom 13.8.2003 7 K 5147/00, abgedruckt in EFG 2003, 1667, statt. Es nahm an, daß in der geänderten Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft und der daraufhin dieser gegenüber geänderten Steuerfestsetzung ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 liege. Seine Revision stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung.

Der Vorinstanz ist nicht darin zu folgen, daß die gegenüber der Klägerin für das Streitjahr festge-setzten Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheide mit Rücksicht auf die Herabset-zung des Einkommens der Organgesellschaft zu ändern sind.

1. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, daß die Klägerin mit der H-GmbH

im Streitjahr im Rahmen einer körperschaft- und gewerbesteuerrechtlichen Organschaft ver-bunden war. Der festgestellte Sachverhalt gibt keinen Anlaß, an der Richtigkeit dieses Ein-vernehmens zu zweifeln.

2. a) Nach § 14 Satz 1 (im Streitfall i.V.m. § 17) des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist

- vorbehaltlich des hier nicht einschlägigen § 16 KStG - bei Bestehen einer körperschaft-steuerlichen Organschaft das Einkommen der Organgesellschaft dem Organträger zuzu-

Page 355: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 355

rechnen. Das von der Organgesellschaft erwirtschaftete Einkommen wird zwar bei dieser selbst ermittelt, jedoch steuerlich beim Organträger im Rahmen der diesem gegenüber vorzunehmenden Steuerveranlagung erfaßt. Soweit die Organgesellschaft selbst über kein weiteres, nicht an den Organträger abzuführendes Einkommen verfügt, wird die Körperschaftsteuer ihr gegenüber auf Null festgesetzt.

b) In gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht gelten nach § 2 Abs. 2 Satz 2 des Gewerbesteuer-

gesetzes (GewStG) Kapitalgesellschaften, die derart in ein anderes inländisches ge-werbliches Unternehmen eingegliedert sind, daß die Voraussetzungen des § 14 Nrn. 1 und 2 KStG erfüllt sind, als Betriebsstätten des anderen Unternehmens. Trotz dieser Fik-tion bilden die eingegliederten Kapitalgesellschaften (die Organgesellschaften) und das andere Unternehmen (der Organträger) kein einheitliches Unternehmen. Sie bleiben vielmehr selbständige Gewerbebetriebe, die einzeln für sich bilanzieren und deren Ge-werbeerträge getrennt zu ermitteln sind (sog. gebrochene oder eingeschränkte Einheits-theorie; siehe zur insoweit ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH -, vgl. z.B. Senatsurteil vom 22.4.1998 I R 109/97, BFHE 186, 443, BStBl II 1998, 748, m.w.N.). Die Organschaft führt jedoch dazu, daß die persönliche Gewerbesteuerpflicht der Organ-gesellschaften für die Dauer der Organschaft dem Organträger zugerechnet wird (s. Se-natsurteil vom 27.6.1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, 160, BStBl II 1990, 916, 918). Ab-weichend von der körperschaftsteuerlichen Organschaft ist der einheitliche Gewerbe-steuermeßbetrag für die zum Organkreis gehörenden Gewerbebetriebe - das sind die Gewerbebetriebe des Organträgers und der Organgesellschaft(en) - deshalb allein ge-genüber dem Organträger festzusetzen.

c) Auf die vorgenannte Weise wurde auch im Streitfall vorgegangen. Das von der H-GmbH

im Streitjahr an die Klägerin abzuführende Einkommen ist zunächst isoliert ermittelt und sodann der Klägerin zugerechnet und bei dieser besteuert worden. Gleichermaßen wurde bei der Ermittlung des Gewerbeertrages für das Streitjahr verfahren. Sowohl die Festsetzung der Körperschaftsteuer vom 21.8.1995 als auch die Festsetzung des ein-heitlichen Gewerbesteuermeßbetrages vom 13.9.1995 sind bestandskräftig.

3. Eine Rechtsgrundlage für eine Änderung dieser Bescheide infolge der geänderten Mitteilung

des FA-C vom 30.6.1999 über das nunmehr ermittelte, um 247.586 DM geringere Einkommen der H-GmbH ist nicht ersichtlich:

a) § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 ist hierfür, wovon auch das FG ausgegangen ist, nicht

einschlägig. Der Steuerbescheid gegenüber der Organgesellschaft entfaltet für den Steuerbescheid des Organträgers keine Grundlagenfunktion (i.S. von § 171 Abs. 10 AO 1977). Zwar wird das für die Besteuerung des Organträgers zuständige FA das von dem für die Besteuerung der Organgesellschaft für diese ermittelte und ihm mitgeteilte Ein-kommen gemeinhin ungeprüft übernehmen. Dennoch gehen die (Teil-)Einkommen der Organgesellschaft und des Organträgers (nur) als unselbständige Besteuerungsmerk-male in ein einheitliches Gesamteinkommen ein, welches vom Organträger zu versteuern ist. Die Ermittlung des Einkommens bei der Organgesellschaft ist für den Organträger ebenso wenig wie ein etwaiger der Organgesellschaft gegenüber ergangener Steuerbe-scheid bindend. Es fehlt an einer dafür erforderlichen gesetzgeberischen Verfahrensent-scheidung (vgl. zu diesem Erfordernis § 179 Abs. 1 AO 1977 und allgemein z.B. Ruban in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 171 AO Rz. 111, m.w.N.). § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG kann eine derartige gesetzgeberische Ent-scheidung nicht ersetzen; hierdurch wird lediglich materiell-rechtlich bestimmt, daß das Einkommen der Organgesellschaft an den Organträger abzuführen und diesem zuzu-rechnen ist (ebenso z.B. Pache in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, § 16 KStG Rz. 13; Witt in Dötsch/Eversberg/Jost/ Witt, Die Körperschaftsteuer, § 14 KStG Rz. 2; Frotscher in Frotscher/Maas, Körper-schaftsteuergesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 14 KStG Rz. 301; Olbing in Streck, Körperschaftsteuergesetz, 6. Aufl., § 14 Anm. 99; R 57 Abs. 8 Satz 1 der Körperschafts-teuer-Richtlinien; anders Walter in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, § 14 Rz. 805; Jesse, DStZ 2001, 113, 116 f.). Für die Ermittlung des Gewerbeertrages und des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages gilt im Ergebnis Gleiches.

b) Entgegen der Annahme der Vorinstanz kann eine Änderung der dem Organträger gegen-

über ergangenen Steuerfestsetzung auch nicht auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977

Page 356: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 356 Heft 1/2005

gestützt werden. Denn danach ist ein Steuerbescheid (nur dann) zu erlassen, aufzuhe-ben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergan-genheit hat (rückwirkendes Ereignis). Ein solches Ereignis liegt unter den im Streitfall zu beurteilenden Gegebenheiten nicht vor. Die geschilderten Zusammenhänge bei der Er-mittlung des Einkommens von Organträger und Organgesellschaft im (körperschaft- ebenso wie im gewerbesteuerrechtlichen) Organkreis verdeutlichen vielmehr, daß das Einkommen der Organgesellschaft trotz seiner für sich genommen selbständigen Ermitt-lung nach Zurechnung zum Einkommen des Organträgers nur als unselbständiges Be-steuerungsmerkmal in dessen Veranlagung eingeht. Spätere Änderungen dieses zuge-rechneten Einkommens wirken sich also nicht anders als sonstige Änderungen der Be-steuerungsmerkmale beim Organträger aus. Sie offenbaren möglicherweise einen Er-mittlungsfehler, der jedoch steuerlich nicht zurückwirkt. Daß es sich bei steuerlichen Ne-benleistungen, wie z.B. bei Stundungszinsen, anders verhalten kann, weil diese vom Be-stehen des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis abhängig sind (sog. Akzessorie-tät; vgl. Senatsurteile vom 18.7.1990 I R 165/86, BFH/NV 1991, 212; vom 22.5.1991 I R 26/89, BFH/NV 1992, 150), ist insofern für das Verhältnis zwischen Organträger und Or-gangesellschaft unbeachtlich. Die Klägerin befürchtet auch zu Unrecht einen Verstoß gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes, weil ein Organträ-ger keine Möglichkeit habe, die Berücksichtigung nachträglich festgestellter, von dritter Seite ermittelter und von ihm verfahrensrechtlich nicht angreifbarer Besteuerungsgrund-lagen im Rechtswege durchzusetzen. Er hat diese Möglichkeit; es ist ihm unbenommen, den gegen ihn ergangenen Steuerbescheid anzufechten und die Höhe des ihm zuge-rechneten Einkommens bzw. Gewerbeertrages der Organgesellschaft zu beanstanden.

c) Schließlich stellt die geänderte Einkommensermittlung bei der Organgesellschaft keine

neue Tatsache dar, welche eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977 rechtfertigen könnte.

d) Der Senat geht bei seiner Entscheidung nach den - in diesem Punkt allerdings nicht ganz

eindeutigen - Feststellungen des FG davon aus, daß auch eine Änderung nach § 174 AO 1977 mangels Tatbestandsmäßigkeit ausscheidet.

4. Da die Vorinstanz eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, war ihr Urteil aufzuhe-

ben. Die Klage war abzuweisen.“ Rückabwicklung einer Anteilsveräußerung als rückwirkendes Ereignis

BKPV 136/2005

BFH-Urteil vom 19.8.2003 - VIII R 67/02 (BStBl 2004 II S. 107) Leitsatz: „Wird der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft (wesentliche Beteiligung i.S. von § 17 EStG) nach Übertragung des Anteils und vollständiger Bezahlung des Kaufpreises durch den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleiches, mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit über den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten auflösenden Bedingung beilegen, rückgängig gemacht, so ist dies ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Veräußerung.“ Keine Feststellungsverjährung für gesonderte Verlustfeststel-lung

BKPV 137/2005

BFH-Urteil vom 12.6.2002 - XI R 26/01 (BStBl 2002 II S. 681) Leitsatz: „Dem Erlaß eines Verlustfeststellungsbescheides nach § 10 d EStG steht solange keine Feststellungs-verjährung entgegen, als diese Feststellung für künftige Einkommensteuerfestsetzungen oder Verlust-feststellungen nach § 10 d EStG von Bedeutung ist.“

Page 357: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 357

Sachverhalt: „I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb von 1985 bis Oktober 1990 einen Gewerbe-

betrieb. Im Veranlagungszeitraum 1989 betrug der Gesamtbetrag der Einkünfte des Klägers ./. 625.974 DM, wovon der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA - ) gemäß § 10d Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 77.474 DM auf die Veranlagungszeiträume 1987 und 1988 zurücktrug. Die Einkommensteuer 1989 wurde zuletzt mit Bescheid vom 21.11.1994 auf 0 DM festgesetzt. Die Einkommensteuer 1990 wurde aufgrund geschätzter Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.000 DM auf 0 DM festgesetzt. Eine gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustab-zugs zum 31.12.1990 nach § 10d Abs. 3 EStG unterblieb. Für die Jahre 1991 bis 1996 wurden keine Einkommensteuerveranlagungen durchgeführt. Am 12.3.1998 beantragte der Kläger Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkom-mensteuer zum 31.12.1990. Dies lehnte das FA unter Hinweis auf den Ablauf der Feststellungsfrist am 31.12.1997 ab. Auch dem Antrag des Klägers vom 5.5.1998 auf Feststellung des verbleiben-den Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1991 entsprach es nicht; es fehle an einer Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1990. Die gegen die Ablehnungsbe-scheide erhobenen Einsprüche blieben erfolglos. Der auf Verlustfeststellung zum 31.12.1990 und 31.12.1991 gerichteten Klage gab das Finanzge-richt (FG) statt (EFG 2001, 1532). Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung der §§ 181 Abs. 5, 171 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) und beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage als unbegründet abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.“

Entscheidungsgründe: „II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung

- FGO - ). Das FG hat das FA zu Recht dazu verpflichtet, den verbleibenden Verlustabzug zur Einkommensteuer zum 31.12.1990 und 31.12.1991 gesondert festzustellen.

1. Gemäß § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG in der in den Streitjahren 1990 und 1991 geltenden Fas-

sung ist der am Schluß eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustabzug i.S. des § 10 d Abs. 3 Satz 2 EStG gesondert festzustellen. Hierzu ist das FA von Amts wegen ver-pflichtet (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9.5.2001 XI R 25/99, BFHE 195, 545, BFH/NV 2001, 1627; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 179 AO 1977 Tz. 6; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsord-nung, § 179 AO 1977 Rdnr. 11). In die (erstmalige) Feststellung des verbleibenden Verlustab-zugs zum 31.12.1990 ist auch der aus dem Veranlagungszeitraum 1989 verbliebene, wenn auch seinerzeit nicht festgestellte Verlustabzug, mit einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 31.7.1996 XI R 4/96, BFH/NV 1997, 180).

2. Der zum 31.12.1990 verbliebene Verlustabzug kann trotz eines möglichen Ablaufs der gemäß

§ 181 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 169 ff. AO 1977 geltenden Feststellungsfristen (vgl. z.B. Tipke/ Kruse, a.a.O., § 181 AO 1977 Tz. 5 ff., 19) noch gesondert festgestellt werden.

a) Nach § 181 Abs. 5 AO 1977 kann eine gesonderte Feststellung auch nach Ablauf der für

sie geltenden Feststellungsfrist insoweit erfolgen, als die gesonderte Feststellung für eine Steuerfestsetzung von Bedeutung ist, für die die Festsetzungsfrist im Zeitpunkt der ge-sonderten Feststellung noch nicht abgelaufen ist. Das Gleiche gilt, wenn die gesonderte Feststellung Grundlagenbescheid für einen weiteren Feststellungsbescheid ist. Denn gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 gelten für die gesonderte Feststellung die Vor-schriften über die Durchführung der Besteuerung und damit auch § 181 Abs. 5 AO 1977 sinngemäß (BFH-Urteil vom 13.7.1999 VIII R 76/97, BFHE 189, 309, BStBl II 1999, 747).

Page 358: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 358 Heft 1/2005

b) Gemäß § 181 Abs. 5 AO 1977 steht einer Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1990 Feststellungsverjährung nicht entgegen.

aa) Die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1990 ist

- zumindest - von Bedeutung i.S. des § 181 Abs. 5 AO 1977 für die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1991 sowie der Folge-jahre. Im Streitfall kann daher offen bleiben, ob, ggf. inwieweit die Verlustfeststellung zum 31.12.1990 für die Festsetzung der Einkommensteuer 1991 ff. (hier: keine Ver-anlagungen für 1991 ff.) von Bedeutung ist. Daß eine Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1990 für spätere Verlustfeststellungsbescheide von Bedeutung ist, ergibt sich aus der Definition des verbleibenden Verlustabzugs in § 10d Abs. 3 Satz 2 EStG. Danach ist verbleibender Verlustabzug der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausge-glichene Verlust, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 und 2 EStG abgezogenen Beträge und vermehrt um den auf den Schluß des vorangegangenen Veranla-gungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustabzug. Ein auf den Schluß ei-nes Veranlagungszeitraums festgestellter verbleibender Verlustabzug ist damit von - teils unmittelbarer, teils mittelbarer - Bedeutung für die Einkommensteuerfestset-zungen und Feststellungen des verbleibenden Verlustabzugs künftiger Veranla-gungszeiträume i.S. des § 182 Abs. 1 Satz 1, § 181 Abs. 5 AO 1977.

bb) „Von Bedeutung“ i.S. des § 181 Abs. 5 AO 1977 sind Feststellungsbescheide nicht nur für Steuerfestsetzungs- oder Feststellungsbescheide desselben oder des un-mittelbar anschließenden Veranlagungszeitraums. Eine solche Einschränkung ent-hält weder § 181 Abs. 5 AO 1977 noch der die Bindungswirkung der Feststellungs-bescheide umschreibende § 182 Abs. 1 Satz 1 AO 1977. In diesem Sinne ist für den vergleichbaren Fall eines nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO 1977 einheitlich und geson-dert festgestellten Verlusts - jedenfalls für die Zeit vor Einführung der gesonderten Feststellung nach § 10d Abs. 3 EStG - die Verlustfeststellung nicht nur für das Jahr der Entstehung des Verlustes, sondern auch für die folgenden Jahre hinsichtlich des Verlustvortrags bindend (vgl. § 10d Satz 4 EStG a.F.; BFH-Urteile vom 17.3.1961 VI 67/60, BFHE 73, 441, BStBl III 1961, 427; vom 4.7.1989 VIII R 217/84, BFHE 157, 427, BStBl II 1989, 792; vom 27.10.1989 III R 38/88, BFH/NV 1990, 369). Auch diese Bindung ist nur eine mittelbare, denn die Höhe des endgültigen Verlustvor-trags bestimmt sich nicht unmittelbar aus der Verlustfeststellung, sondern danach, ob, ggf. inwieweit der festgestellte Verlust im Jahr der Feststellung bei der Veranla-gung ausgeglichen oder in Vorjahren nach § 10d EStG abgezogen wurde. Eine ent-sprechende mittelbare Bindung entfaltet ein Verlustfeststellungsbescheid nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 - auch nach Einführung des gesonderten Feststellungs-verfahrens nach § 10d Abs. 3 EStG - für den zweijährigen Verlustrücktrag (BFH-Ur-teil vom 16.11.2000 XI R 31/00, BFH/NV 2001, 1026).

cc) Weder Sinn und Zweck des § 181 Abs. 5 AO 1977 noch des § 10d Abs. 3 EStG

schließen es aus, die gleichermaßen mittelbare Bindung der Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs für spätere Veranlagungszeiträume unberücksichtigt zu lassen. Feststellungsbescheide haben keinen Selbstzweck. § 181 Abs. 5 AO 1977 ist Aus-fluß ihrer dienenden Funktion (vgl. Gesetzesbegründung BTDrucks VI/1982, S. 157; vgl. z.B. auch BFH-Urteil vom 31.10.2000 VIII R 14/00, BFHE 193, 392, BStBl II 2001, 156). Nach § 181 Abs. 5 AO 1977 hat die verfahrensmäßige Verselbständi-gung des Feststellungsverfahrens hinter der materiellen Richtigkeit der Folgebe-scheide zurückzutreten, für die noch keine Festsetzungs- oder Feststellungsverjäh-rung eingetreten ist. Durch die Technik der separaten Feststellung von Besteue-rungsgrundlagen dürfen dem Steuerpflichtigen weder Vorteile noch Nachteile ent-stehen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.12.1992 IV R 118/90, BFHE 170, 336, BStBl II 1994, 381, m.w.N.; Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 181 AO 1977 Rdnr. 39; Tipke/Kruse, a.a.O., § 181 AO 1977 Tz. 19, m.w.N.). Dieses gesetzliche Vorverständnis von Sinn und Zweck der Feststellungsbescheide verbietet es, die „Bedeutung“ der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach

Page 359: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 359

§ 10 d Abs. 3 EStG auf den folgenden Veranlagungszeitraum zu beschränken und auf diese Weise vortragsfähige Verluste allein wegen der Feststellungsverjährung untergehen zu lassen. Wollte man - wie das FA - dem Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nur „Bedeutung“ für die Bescheide des folgenden Veranlagungszeit-raumes zukommen lassen, wäre zudem das mit der Änderung des § 10 d EStG ver-folgte gesetzgeberische Ziel ins Gegenteil verkehrt. Vor Einführung einer geson-derten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs entsprach es ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, über den Verlustabzug jeweils im Jahr des Verlustrück- oder -vortrags zu entscheiden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12.12.2000 VIII R 34/94, BFH/NV 2001, 757, m.w.N.). Ab dem Veranlagungszeitraum 1990 sollte durch den Wegfall der zeitlichen Begrenzung des Verlustvortrages die Möglichkeit des Verlustabzugs mit dem Ziel der Verbesserung der Liquidität der Unternehmen erweitert werden (vgl. Bericht des Finanzausschusses BTDrucks 11/2536, S. 78). Mit diesem gesetzgeberischen Anliegen wäre es nicht zu vereinbaren, vortragsfä-hige Verluste bereits mit Ablauf der Verjährung des Feststellungsbescheides für den der Verlustentstehung folgenden Veranlagungszeitraum untergehen zu lassen. Darin lag auch nicht Sinn und Zweck der Einführung der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs ab 1990. Diese sollte lediglich den zeitlich unbe-grenzten Verlustvortrag praktikabel machen. Dabei ist auch zu bedenken, daß die Finanzbehörden zur Feststellung nach § 10 d Abs. 3 Satz 1 EStG von Amts wegen verpflichtet sind und die Folgen einer pflichtwidrigen Unterlassung nicht den Steuer-pflichtigen treffen dürfen. Mit einer pflichtgemäßen zeitnahen Nachholung der Fest-stellung nach § 10d Abs. 3 Satz 1 EStG hätte das FA zudem jederzeit den vom ihm befürchteten praktischen Schwierigkeiten begegnen können.

dd) Die Urteile des erkennenden Senats vom 9.12.1998 XI R 62/97 (BFHE 187, 523, BStBl II 2000, 3) und in BFHE 195, 545, BFH/NV 2001, 1627 sind im Streitfall nicht einschlägig. Sie betrafen Fälle, in denen der Steuerpflichtige in Abweichung von dem im Einkommensteuerbescheid ermittelten positiven Gesamtbetrag der Ein-künfte im gesonderten Feststellungsverfahren nach § 10d Abs. 3 EStG die Fest-stellung eines Verlustes begehrte.

3. Mit der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1990 steht auch der bean-

tragten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1991 nichts mehr entgegen (vgl. auch § 56 Satz 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung).“

Verbindliche Auskunft BKPV 138/2005 vgl. BKPV 72/91 BMF-Schreiben vom 29.12.2003 - IV A 4 - S 0430 - 7/03 (BStBl 2003 I S. 742) „Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für verbindliche Auskünfte Folgendes: Die Finanzämter können nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteile vom 4.8.1961, BStBl 1961 III S. 562, vom 19.3.1981, BStBl 1981 II S. 538 und vom 16.3.1983, BStBl 1983 II S. 459) auch außerhalb der Regelungen der §§ 204 ff. AO und des § 42 e EStG verbindliche Auskünfte über die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten Sachverhalten erteilen, wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht. 1. Zuständigkeit 1.1 Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist bei dem FA zu stellen, das bei Verwirkli-chung des Sachverhalts voraussichtlich zuständig sein würde. Wird der Antragsteller noch nicht steuer-lich geführt, ist auf die nach dem geschilderten Sachverhalt sich künftig ergebende Zuständigkeit abzu-stellen.

Page 360: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 360 Heft 1/2005

1.2 Dies gilt auch, wenn der Antragsteller steuerlich bereits geführt wird, er aber beabsichtigt, den zu beurteilenden Sachverhalt im Zuständigkeitsbereich eines anderen Finanzamts zu verwirklichen (z.B. Aufnahme einer Tätigkeit mit gleichzeitigem Wohnsitzwechsel; Beibehaltung des bisherigen Wohnsit-zes, aber Verwirklichung des Sachverhalts im Zuständigkeitsbereich eines anderen Finanzamts im Rahmen einer gesonderten Feststellung). In diesen Fällen hat sich das künftig zuständige FA mit dem bisher zuständigen FA abzustimmen. 1.3 Die Bindungswirkung einer erteilten Auskunft bleibt auch im Falle eines späteren Zuständigkeits-wechsels bestehen. 2. Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft 2.1 Der Antrag muß schriftlich gestellt werden und folgende Angaben enthalten: – Die genaue Bezeichnung des Antragstellers (Name, Wohnort, ggf. Steuernummer), eine umfas-

sende und in sich abgeschlossene Darstellung eines ernsthaft geplanten, im Wesentlichen noch nicht verwirklichten Sachverhalts (keine unvollständige, alternativ gestaltete oder auf Annahmen beruhende Darstellung, Verweisung auf Anlagen nur als Beleg),

– die Darlegung des besonderen steuerlichen Interesses, – eine ausführliche Darlegung des Rechtsproblems mit eingehender Begründung des eigenen

Rechtsstandpunktes, – die Formulierung konkreter Rechtsfragen (wobei globale Fragen nach den eintretenden Rechtsfol-

gen nicht ausreichen), – die Erklärung, daß über den zur Beurteilung gestellten Sachverhalt bei keiner anderen Finanzbe-

hörde eine verbindliche Auskunft beantragt wurde sowie – die Versicherung, daß alle für die Erteilung der Auskunft und für die Beurteilung erforderlichen An-

gaben gemacht wurden und der Wahrheit entsprechen. 2.2 Das FA ist nicht verpflichtet, eigens für die zu erteilende Auskunft Ermittlungen durchzuführen. 2.3 Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist ausgeschlossen, wenn der Sachverhalt im Wesentli-chen bereits verwirklicht ist. Über Rechtsfragen, die sich aus einem bereits abgeschlossenen Sachver-halt ergeben, ist ausschließlich im Rahmen des Veranlagungs- oder Feststellungsverfahrens zu ent-scheiden. Denn in diesem Fall kann aufgrund der angestrebten Auskunft keine Disposition mehr ge-troffen werden. Das gilt auch, wenn der Sachverhalt erst nach Antragstellung, aber vor der Entschei-dung über den Antrag verwirklicht wird. 2.4 Eine Auskunft kann auch erteilt werden, wenn der Antragsteller eine Auskunft für die ernsthaft ge-plante Umgestaltung eines bereits vorliegenden Sachverhalts begehrt. Das gilt insbesondere bei Sach-verhalten, die wesentliche Auswirkungen in die Zukunft haben (z.B. Dauersachverhalte). 2.5 Verbindliche Auskünfte werden nicht erteilt in Angelegenheiten, bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht (z.B. Prüfung von Steuersparmodellen, Feststellung der Grenz-punkte für einen Gestaltungsmißbrauch oder für das Handeln eines ordentlichen Geschäftsleiters). 2.6 Die Befugnis, nach pflichtgemäßem Ermessen auch in anderen Fällen die Erteilung verbindlicher Auskünfte abzulehnen, bleibt unberührt (z.B. wenn zu dem Rechtsproblem eine gesetzliche Regelung, eine höchstrichterliche Entscheidung oder eine Verwaltungsanweisung in absehbarer Zeit zu erwarten ist). 3. Erteilung einer verbindlichen Auskunft Bei der schriftlich zu erteilenden Auskunft hat das FA ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß

Page 361: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 361

– die Auskunft nach Treu und Glauben Bindungswirkung nur entfaltet, wenn der später verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht abweicht;

– das FA bis zu der von der Auskunft abhängigen Disposition einen anderen rechtlichen Standpunkt

einnehmen und die Auskunft entsprechend widerrufen kann; – die Auskunft außer Kraft tritt, – wenn die Rechtsvorschriften, auf denen die Auskunft beruht, geändert werden, – wenn das FA die Auskunft zulässigerweise mit Wirkung für die Zukunft widerruft oder – wenn das FA die Auskunft rückwirkend aufhebt, weil sie von einer sachlich unzuständigen Behörde

erlassen oder durch unlautere Mittel wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist.

4. Bindungswirkung 4.1 Für das FA tritt eine Bindungswirkung aufgrund von Treu und Glauben ein, wenn der Antragsteller die von der Auskunft abhängig gemachte Disposition getroffen hat. Bis dahin kann das FA die Auskunft widerrufen oder einen anderen rechtlichen Standpunkt einnehmen. Gegenüber Dritten, denen die Aus-kunft selbst nicht erteilt wurde, tritt keine Bindungswirkung ein (vgl. BFH-Urteil vom 9.8.1989, BStBl 1989 II S. 990). 4.2 Um einen Vertrauenstatbestand zu schaffen, muß die Auskunft vor der Verwirklichung des Sach-verhalts erteilt und ursächlich für seine Verwirklichung gewesen sein. Dabei wird nicht nur das Ver-trauen der Antragsteller im Hinblick auf die Verwirklichung des Steuertatbestands, sondern auch hin-sichtlich eines verfahrensrechtlichen Besitzstands geschützt. Insoweit bindet auch eine dem Gesetz wi-dersprechende Auskunft das FA, es sei denn, der Antragsteller hat die Gesetzeswidrigkeit erkannt oder erkennen können. 4.3 Die Bindungswirkung tritt jedoch nur ein, wenn der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt mit dem bei der Beantragung der verbindlichen Auskunft vorgetragenen Sachverhalt in allen wesentlichen Punkten übereinstimmt. 4.4 Hat das FA eine für den Antragsteller negative Auskunft erteilt und stellt es bei der späteren Ver-anlagung oder Feststellung fest, daß diese Auskunft unzutreffend war, ist es an die Auskunft nicht ge-bunden. Vielmehr hat es bei der Veranlagung oder Feststellung die zutreffende, für den Antragsteller möglicherweise günstigere Entscheidung zu treffen. 4.5 Die Bindungswirkung nach Treu und Glauben tritt nur dann ein, wenn die Auskunft von dem im Zeitpunkt der Auskunftserteilung zuständigen Beamten erteilt wurde. „Zuständiger Beamter" in diesem Sinne ist der zur Vertretung des Finanzamts berufene, also der zur abschließenden Zeichnung berech-tigte Beamte (vgl. BFH-Urteil vom 13.12.1989, BStBl 1990 II S. 274). 4.6 Das FA kann – eine unrichtige Auskunft mit Wirkung für die Zukunft widerrufen oder – eine Auskunft rückwirkend aufheben, wenn sie von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen

oder durch unlautere Mittel wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist. 4.7 Im Einzelfall kann es aus Billigkeitsgründen gerechtfertigt sein, von einem Widerruf der verbindli-chen Auskunft abzusehen oder die Wirkung des Widerrufs zu einem späteren Zeitpunkt eintreten zu lassen. Eine solche Billigkeitsmaßnahme wird in der Regel jedoch nur dann geboten sein, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw. unter beträchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Auskunft getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu lösen vermag. Der Steuerpflichtige ist vor einer Aufhebung oder Änderung zu hören (§ 91 Abs. 1 AO).

Page 362: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 362 Heft 1/2005

5. Rechtsbehelfsmöglichkeiten 5.1 Wird die verbindliche Auskunft antragsgemäß erteilt, so handelt es sich hierbei nicht um einen Ver-waltungsakt (vgl. BFH vom 13.12.1989, BStBl 1990 II S. 274). 5.2 Sind die für eine verbindliche Auskunft erforderlichen formellen Voraussetzungen zwar erfüllt, wird aber der Rechtsstandpunkt des Antragstellers nicht geteilt, so ist die Erteilung der Auskunft nicht abzu-lehnen. Die Auskunft ist mit dem vom FA als zutreffend erachteten Inhalt zu erteilen. Diese - für den Antragsteller negative - Auskunft ist ebenfalls kein Verwaltungsakt. Eine Rechtsbehelfsmöglichkeit ist damit nicht gegeben. Der Antragsteller muss deshalb auf das Festsetzungs- oder Feststellungsverfah-ren verwiesen werden, wenn er mit einer Auskunft nicht einverstanden ist und eine Klärung in einem Rechtsbehelfsverfahren anstrebt. 5.3 Wird der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abgelehnt, weil die formellen Voraus-setzungen nicht erfüllt sind oder weil die Auskunft aus anderen Gründen nicht erteilt werden kann (z.B. wegen einer zu erwartenden gesetzlichen Regelung, höchstrichterlichen Entscheidung oder Verwal-tungsanweisung), so stellt diese Ablehnung einen Verwaltungsakt dar. Sie enthält die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Regelung, daß der Antragsteller keinen Anspruch auf verbindli-che Auskunft hat. Gegen die Ablehnung ist der Einspruch gegeben (§ 347 AO). Mit dem Rechtsbehelf kann der Antragsteller lediglich geltend machen, daß die Erteilung der Auskunft in ermessensfehler-hafter Weise abgelehnt worden sei.“ Dieses Schreiben tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 24.7.1987 (BStBl 1987 I S. 474) in der Fassung der Änderung durch das BMF-Schreiben vom 21.2.1990 (BStBl 1990 I S. 146). Verkürzung der Zahlungs-Schonfrist von 5 auf 3 Tage BKPV 139/2005 Mitteilung des BMF vom 19.12.2003 (UR 2/2004; S. 68) „Die Zahlungs-Schonfrist wird durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15.12.2003 (BGB1. I 2003, 2645) für alle Steuern, die nach dem 31.12.2003 fällig weiden, von fünf auf drei Tage verkürzt. Wenn eine nach dem 31.12.2003 fällige Steuerzahlung nicht bis zum Ablauf von drei Tagen nach Fäl-ligkeit geleistet wird, werden daher nach §240 AO bereits Säumniszuschläge erhoben. Bisher wurden Säumniszuschläge erst erhoben, wenn die Zahlung mehr als fünf Tage verspätet erfolgte. Die Zahlungs-Schonfrist gilt wie bisher bei Überweisung des fälligen Betrags, aber nicht bei Scheck-zahlung. Bei der Bestimmung des Zahlungszeitpunktes hat sich nichts geändert. Wie bisher gilt nach § 224 AO Folgendes: – Bei Überweisung oder Einzahlung auf ein Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gilt die Zahlung an

dem Tag als wirksam geleistet, an dem der Betrag dem Konto des Finanzamts (Finanzkasse) gut-geschrieben wird.

– Bei Scheckzahlung gilt die Zahlung als an dem Tag geleistet, an dem der Scheck dem Finanzamt

(Finanzkasse) zugegangen ist. In diesem Fall wird - wie bisher - keine Zahlungs-Schonfrist ge-währt. Säumniszuschläge entstehen daher, wenn der Scheck bei der zuständigen Finanzkasse erst nach Ablauf des Fälligkeitstags eingegangen ist.

– Bei erteilter Lastschrift-Einzugsermächtigung an das Finanzamt ist die Verkürzung der Zahlungs-

Schonfrist ohne Bedeutung, da bei Vorlage einer Einzugsermächtigung die Steuerschuld als am Fälligkeitstag entrichtet gilt. Die Teilnahme an diesem Verfahren wird daher empfohlen.

Wegen der ab 1.1.2004 wirksamen Abschaffung der sog. Abgabe-Schonfrist verweise ich auf meine Mitteilung vom 7.4.2003."

Page 363: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 363

Erstattung des Zinsabschlages zur Vermeidung sachlicher Härten

BKPV 140/2005

Verfügung der OFD Magdeburg vom 13.5.2003 - S 0458 - 1 - St 251 (DB 2003 S. 1477) „I. Allgemeines Gem. Rdn. 36, 37 des BMF-Schreibens vom 5.11.2002, IV C 1 - S 2400 - 27/02 (BStBl 2002 I S. 1346) ist im Hinblick auf die durch § 32 Abs. 1 KStG normierte Abgeltung der KSt durch den Steuerabzug vom Kapitalertrag ein einbehaltener und abgeführter Zinsabschlag zur Vermeidung sachlicher Härten zu er-statten, wenn der Zinsabschlag auf Kapitalerträge, die steuerbefreiten inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen oder inländischen juristischen Personen des öffentli-chen Rechts zufließen, deswegen einbehalten worden ist, weil dem Schuldner der Kapitalerträge bzw. der die Kapitalerträge auszahlenden Stelle die Bescheinigung nach § 44 a Abs. 4 Satz 3 EStG nicht vorlag und der Schuldner von der Möglichkeit der Änderung der Steueranmeldung nach § 44 b Abs. 5 EStG keinen Gebrauch macht. Der Zinsabschlag (zuzüglich des hierauf ggf. erhobenen SolZ) ist in den vorgenannten Fällen auf An-trag der betroffenen Organisation von dem für sie zuständigen Betriebsfinanzamt zu erstatten, soweit sich nicht aus gesetzlichen Regelungen, wie z.B. § 38 Abs. 2 Satz 2 KAGG, eine andere Zuständigkeit ergibt. II. Antragsfrist Für die zeitliche Befristung der unter I. geregelten Erstattung des Zinsabschlags in besonderen Fällen ist auf die allgemeinen Grundsätze über die Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO) abzustellen. Hierzu gilt Folgendes: Gem. § 229 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Zahlungsverjährung mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist. Die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis richtet sich gem. § 220 Abs. 1 AO grundsätzlich nach den Vorschriften der Steuergesetze. Fehlt es - wie für den Fall der antragsgebunde-nen Erstattung des Zinsabschlags im Billigkeitsweg - an einer besonderen gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit, so wird der Erstattungsanspruch mit seiner Entstehung fällig (§ 220 Abs. 2 Satz 1 AO). Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden oder fällt der rechtliche Grund für die Zahlung später weg (§ 37 Abs. 2 AO), entsteht der Erstattungsanspruch in dem Zeitpunkt, in dem die den mate-riell-rechtlichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis übersteigende Leistung erbracht wurde oder der rechtliche Grund für die Leistung entfallen ist (AEAO zu § 38 Nr. 1). In den Fällen der Erstattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen besteht die Besonderheit darin, daß durch die positive Entscheidung des FA über den Erstattungsantrag der Rechtsgrund für die Zah-lung - der sich aus den o.g. Vorschriften des EStG ergibt - nicht nachträglich wegfällt, sondern bestehen bleibt. § 37 Abs. 2 AO ist daher für die Frage, wann der Erstattungsanspruch entstanden ist und wann somit die Zahlungsverjährung beginnt und endet, nicht einschlägig. Der Erstattungsanspruch entsteht - wie auch in den Fällen der Erstattung bereits entrichteter Beträge durch Erlaß gem. § 227 AO - mit Zugang der stattgebenden behördlichen Entscheidung beim An-tragsteller (Inhaltsadressaten). Die Zahlungsverjährung beginnt mit Ablauf des betreffenden Jahres (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre (§ 228 Satz 2 AO). Der Antrag auf Erstattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen ist weder nach dem Gesetz noch nach dem BMF-Schreiben vom 5.11.2002, IV C 1 - S 2400 - 27/02 (a.a.O.) fristgebunden. Die Ableh-nung eines solchen Antrags kann jedoch rechtmäßig sein, wenn er mit Rücksicht auf den Zeitablauf zwischen Zahlung des Zinsabschlags und Antragstellung unverhältnismäßig spät gestellt worden ist. Anhaltspunkte für die Unverhältnismäßigkeit dieses Zeitraums können den gesetzlichen Fristen ent-nommen werden, deren Versäumung zu Rechtsverlusten führt (BFH-Urteil vom 8.10.1980, II R 8/76, BStBl 1981 II S. 82; vom 17.3.1987, VII R 26/84, BFH/NV 1987 S. 620). Bei der Bemessung des Zeit-raums, bis zu dessen Ablauf der Antrag gestellt werden kann, darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß

Page 364: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 364 Heft 1/2005

der Antragsteller insoweit nicht besser gestellt werden darf als eine stpfl. Körperschaft, bei der die Er-stattung des Zinsabschlags nur durch Anrechnung auf die festzusetzende Steuer möglich wäre (§§ 31 KStG, 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG), wobei der Erstattungsanspruch gem. § 38 AO mit Ablauf des Veranla-gungszeitraums entstehen würde (BFH-Urteil vom 6.2.1996, VII R 116/94, BStBl 1996 II S. 557). III. Beispiel Beispiel: Das Kreditinstitut behält von den Kapitalerträgen, die einer steuerbefreiten inländischen Körperschaft am 31.12.2001 zufließen, Zinsabschlag i.H. von 5.000 EUR ein, weil die Körperschaft keine Bescheini-gung gem. § 44 a Abs. 4 Satz 3 EStG vorgelegt hat. Am 1.4.2008 beantragt die Körperschaft die Er-stattung des Zinsabschlags aus Billigkeitsgründen. Lösung: Wäre die Körperschaft nicht von der KSt befreit, wäre sie gem. § 149 Abs. 1 Satz 1 AO i.V. mit §§ 31 KStG, 25 Abs. 2 Satz 1 EStG verpflichtet, für das Jahr 2001 eine KSt-Erklärung abzugeben. Die ge-setzliche Abgabefrist für diese Erklärung würde gem. § 149 Abs. 2 Satz 1 AO mit Ablauf des 31.5.2002 enden. Die Festsetzungsfrist begänne gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO mit Ablauf des 31.12.2002 und endete gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO mit Ablauf des 31.12.2006. Würde das FA den KSt-Bescheid im ehest möglichen Jahr, also im Jahr 2002, bekannt geben, wäre der aus der Anrechnung des Zinsabschlags auf die festzusetzende KSt sich ergebende Erstattungsan-spruch gem. § 31 KStG i.V. mit § 36 Abs. 4 Satz 2 EStG der Körperschaft “nach Bekanntgabe des Steuerbescheids auszuzahlen”, würde also mit der Bekanntgabe des Bescheids erstmals fällig (vgl. BFH-Urteil vom 6.2.1990, VII R 86/88, BStBl 1990 II S. 523). Die Zahlungsverjährung würde dann mit Ablauf des 31.12.2002 beginnen (§ 229 Abs. 1 Satz 1 AO) und gem. § 228 Satz 2 AO nach Ablauf von fünf Jahren enden. Fristende wäre somit der 31.12.2007. Durch die Verjährung erlischt der Anspruch (des Stpfl.) aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 232 AO). Der An-trag vom 1.4.2008 ist nach Eintritt der Zahlungsverjährung gestellt worden. Es wäre daher ermessens-gerecht, ihn abzulehnen. IV. Unterbrechung der Verjährung Wird der Antrag vor Eintritt der Zahlungsverjährung gestellt, wird die Verjährung gem. § 231 Abs. 1 Satz 1 AO unterbrochen. Die Unterbrechung endet dann nicht, bevor über den Antrag rechtskräftig ent-schieden worden ist (§ 231 Abs. 2 Satz 2 AO). V. Organisatorische Abwicklung Soweit eine Erstattung des Zinsabschlags (und des hierauf ggf. erhobenen SolZ) in Betracht kommt, ist wie folgt zu verfahren: Der zuständige Veranlagungsbereich hat die Finanzkasse mit Vordruck ERH 24 (Erstattungsverfügung und Auszahlungsanordnung) anzuweisen, die Erstattung über die Sachkosten “Zinsabschlag” (StNr. 970/00160) und “Solidaritätszuschlag zum Zinsabschlag” (StNr. 970/91030) ab-zuwickeln.“ Untätigkeitsklage nach § 48 FGO BKPV 141/2005 Verfügung der OFD Frankfurt vom 4.11.2003´- FG 2020 A - 1 - St II 4.01 (Steuereildienst 2003 S. 773) „1. Gegenstand der Klage Die Klage ist u.a. zulässig, wenn über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist (sog. Untätigkeits-klage).

Page 365: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 11

Heft 1/2005 Seite 365

Verfahrensgegenstand ist der durch Einspruch angefochtene Verwaltungsakt. Die Klage ist nicht darauf gerichtet, eine Untätigkeit der Behörde zu beseitigen, also z.B. eine Einspruchsentscheidung zu er-zwingen. Sie dient vielmehr dazu, dem Rechtsbehelfsführer eine gerichtliche Entscheidung in der Sa-che selbst zu verschaffen (BFH-Urteil vom 28.10.1975, BStBl 1976 II S. 116, 117). Mit der Klage ist deshalb die Aufhebung oder Änderung des angefochtenen oder der Erlaß des abgelehnten Verwal-tungsakts zu beantragen (Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage). Für eine Klage, die nur darauf ab-zielt, das FA zum Erlaß einer Einspruchsentscheidung zu verpflichten, besteht kein Rechtsschutzbe-dürfnis (BFH-Urteil vom 25.10.1973, BStBl 1974 II S. 116; BFH-Beschluß vom 29.8.1985, BFH/NV 1987 S. 271). Allerdings kann eine auf §§ 46, 40 FGO gestützte Klage mit dem Antrag, das FA zu verpflichten, über den Einspruch zu entscheiden, in eine Anfechtungsklage umgedeutet werden (BFH-Beschluß vom 21.8.1974, BStBl 1975 II S. 38; Urteil Hess. FG vom 5.11.1974, EFG 1975 S. 121). Auf Feststellungsklagen (§ 41 FGO) ist § 46 FGO nicht anzuwenden, da Feststellungsklagen eines Vorverfahrens nicht bedürfen (BFH-Urteil vom 9.5.1985, BStBl 1985 II S. 579). Eine Untätigkeitsklage, die zu einem Zeitpunkt erhoben wird, zu dem wegen eines vor dem Bundes-verfassungsgericht anhängigen Musterverfahrens weder die Rechtsbehelfsbehörde noch das Finanzge-richt eine Entscheidung in der Sache treffen können, ist unzulässig (BFH-Beschlüsse vom 8.5.1992, BStBl 1992 II S. 673 und vom 30.6.1995, BFH/NV 1996 S. 412 m.w.N.). Dies gilt unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 46 FGO im Einzelnen vorliegen oder nicht. Die Klage ist deshalb selbst dann unzulässig, wenn die Finanzbehörde dem Kläger den Grund für die Untätigkeit nicht mitgeteilt hatte. Eine rechtsmißbräuchlich erhobenen Untätigkeitsklage kann nicht in die Zulässigkeit hineinwach-sen. 2. Vorliegen eines zureichenden Grundes Ein zureichender Grund liegt vor, wenn infolge dieses Grundes bei objektiver Betrachtungsweise eine Entscheidung nicht zu erwarten war. Hierbei sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hat z.B. das FA die erforderlichen Ermittlungen trotz zügiger Bearbeitung nicht abschließen können oder der Rechtsbehelfsführer die zur Aufklärung des Sachverhalts angeforderten Nachweise und Un-terlagen nicht beigebracht oder sich mit einer Aussetzung oder dem Ruhen des Verfahrens einverstan-den erklärt (BFH-Beschluß vom 13.5.1971, BStBl 1971 II S. 492), so ist ein zureichender Grund gege-ben. Ein zureichender Grund für eine Untätigkeit des FA liegt auch vor, wenn das FA die Durchführung einer Veranlagung vorübergehend ablehnt, da es noch festzustellen hat, welchem Ehegatten bei ge-trennter Veranlagung die Einkünfte zuzurechnen sind (BFH-Beschluß vom 27.4.2001, BFH/NV 2001 S. 1416). Auch die Mitteilung des FA, daß die Entscheidung von dem Ausgang eines anderen Verfah-rens abhängig und gemäß § 363 Abs. 1 AO ausgesetzt sei (BFH-Beschlüsse vom 31.8.1971, BStBl 1972 II S. 20 und vom 14.10.2002, BFH/NV 2003 S. 197) oder daß es das Ergebnis der vom Rechtsbe-helfsführer angeregten Außenprüfung abwarten wolle (BFH-Beschluß vom 9.4.1968, BStBl 1968 II S. 471), ist als zureichender Grund anzusehen. Dagegen kann Arbeitsüberlastung (vgl. Urteil des FG Baden-Württemberg vom 20.9.1989, EFG 2000 S. 1021, 1022) oder Aussetzung der Vollziehung für sich allein nicht als entschuldbarer Hinderungsgrund gelten. 3. Mitteilung eines zureichenden Grundes Für die Mitteilung des zureichenden Grundes an den Rechtsbehelfsführer ist eine besondere Form nicht vorgeschrieben. Es reicht aus, wenn das FA in klarer Weise bekannt gibt, aus welchem Grund es über den Rechtsbehelf noch nicht entscheidet. Da jedoch etwaige Unklarheiten in der Erklärung einer Behörde zu ihren Lasten gehen, ist dem Rechtsbehelfsführer der zureichender Grund stets schriftlich mitzuteilen. Kann über den vorliegenden Rechtsbehelf wegen laufender Ermittlungen oder aus anderen Gründen nicht alsbald entschieden werden, so ist dem Rechtsbehelfsführer rechtzeitig vor Beginn der Frist für die Erhebung der Klage i.S. des § 46 Abs. 1 FGO unaufgefordert Zwischennachricht zu erteilen, aus der ersichtlich ist, weshalb eine Sachentscheidung noch nicht getroffen worden und wann mit ihr zu rechnen ist.

Page 366: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 11 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 366 Heft 1/2005

Wenn sich die Entscheidung über den mitgeteilten Zeitpunkt hinaus verzögert, muß erneut Zwischen-nachricht gegeben werden. 4. Angemessene Frist für die Entscheidung über den Rechtsbehelf Welche Frist für die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf angemessen ist, hängt von den Verhältnissen des Einzelfalles ab. Die Bedeutung sowie die tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit der Streitsache, aber auch die Arbeitslage der für die Entscheidung zuständigen Dienst-stelle sind zu berücksichtigen. Die Klage kann jedoch nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Einle-gung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs erhoben werden, es sei denn, daß wegen besonderer Um-stände in der Person des Rechtsbehelfsführers oder in der Sache eine kürzere Frist geboten ist. Solche Umstände können z.B. vorliegen, wenn der Rechtsbehelfsführer auswandern will oder Vollstreckungs-maßnahmen gegen ihn ergriffen werden oder das FA die Rechtsbehelfsbearbeitung innerhalb einer be-stimmten Frist zugesagt hatte (BFH-Beschluß vom 9.12.1987, BStBl 1988 II S. 471). Hat der Rechtsbehelfsführer die Klage vor Ablauf der Klagefrist von sechs Monaten erhoben, ohne daß besondere Umstände für eine kürzere Frist sprechen, so ist die Klage gleichwohl zulässig, wenn die Sechsmonatsfrist bis zur gerichtlichen Entscheidung verstrichen ist (BFH-Urteile vom 29.10.1981, BStBl 1982 II S. 150, 152 und vom 28.9.1990, BStBl 1991 II S. 363 m.w.N.). Entfällt der mitgeteilte zureichende Grund, so endet die angemessene Frist nicht gleichzeitig, sondern grundsätzlich erst nach Ablauf eines Monats seit Wegfall des Hinderungsgrundes. 5. Entscheidung der Rechtsbehelfsbehörde Durch die Erhebung der Klage wird die Befugnis des FA, das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren durchzuführen und über den vorliegenden Rechtsbehelf zu entscheiden, nicht berührt. Etwaige Form-mängel des angefochtenen Verwaltungsakts i.S. von § 125 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AO können deshalb auch noch nach Erhebung der Untätigkeitsklage gemäß § 126 Abs. 2 AO durch eine Einspruchsentschei-dung geheilt werden (BFH-Urteile vom 26.9.2001, BStBl 2002 II S. 120 und vom 5.6.2002, BFH/NV 2002 S. 1419). Erläßt das FA vor Ablauf der Sechsmonatsfrist oder innerhalb der vom Gericht gesetz-ten Frist einen Abhilfebescheid, der dem Antrag des Rechtsbehelfsführers voll entspricht, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache als erledigt anzusehen. Die Kostenfolge zu Lasten des FA ergibt sich aus § 138 Abs. 2 FGO. Soweit allerdings die von dem Rechtsbehelfsführer erhobene Untätigkeitsklage unzulässig war, da ein zureichender Grund für die Untätigkeit des FA vorlag, findet § 138 Abs. 2 FGO keine Anwendung. Die Kostenentscheidung richtet sich in solchen Fällen nach § 138 Abs. 1 FGO (BFH-Beschluß vom 14.10.2002, BFH/NV 2003 S. 197). Gibt das FA dem Begehren des Rechtsbehelfsführers nicht oder nicht in vollem Umfang statt, so wird das gerichtliche Verfahren fortgesetzt, ohne daß eine erneute Klage erforderlich oder zulässig wäre (BFH-Beschlüsse vom 28.10.1989, BStBl 1988 II S. 107 und vom 9.1.2001, BFH/NV 2001 S. 800) und ohne daß es eines Antrags des Rechtsbehelfsführers bedarf. Gegenstand des Verfahrens ist nunmehr der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Form, die er durch die Entscheidung über den außergerichtli-chen Rechtsbehelf gefunden hat. Eine Rechtsbehelfsbelehrung braucht daher der Einspruchsentschei-dung nicht mehr beigefügt zu worden , (BFH-Urteil vom 30.1.1976, BStBl 1976 II S. 428). Die gleichen Grundsätze gelten, wenn das FA erst nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist aber vor Ergehen eines Urteils über den außergerichtlichen Rechtsbehelf entscheidet.“

Page 367: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 367

Handels- und Gesellschaftsrecht Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag, Berechnung des Steuererstattungsanspruchs des Organträgers an die Organge-sellschaft

BKPV 142/2005

Urteil des BGH vom 1.12.2003 - II ZR 202/01 (HFR 2004 S. 480) Leitsätze: „a) Bei einer (steuerrechtlichen) Organschaft mit Ergebnisabführungsvertrag (§ 291 Abs. 1 AktG) be-

stimmen sich Umfang und Grenzen eines etwaigen Steuererstattungsanspruchs des Organträgers gegenüber der Organgesellschaft nach den für den Ergebnisabführungsvertrag geltenden Grund-sätzen (Ergänzung zu BGHZ 120 S. 50).

b) Mit der Abführung des Jahresüberschusses einer Organgesellschaft an den Organträger sind im

Verhältnis zu ihm auch Steuerzahlungen ausgeglichen, welche er später für die Organgesellschaft nachentrichten muß.“

Sachverhalt: „Die seit 1990 mit der Klägerin verschmolzene B. E. AG (künftig: BE-AG) hielt ursprünglich sämtliche Aktien an ihrer Tochtergesellschaft, der B. K. AG (künftig: BK-AG). Diese hatte sich gegenüber der Be-klagten durch einen “Geschäftsbesorgungsvertrag” vom 3.4.1978 verpflichtet, ihre Erzeugnisse nach den Weisungen der Beklagten im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Beklagten zu fertigen und zu vertreiben. Als Entgelt dafür hatte die Beklagte der BK-AG u.a. die kalkulatorischen Abschreibungen auf ihr Anlagevermögen sowie “alle übrigen Aufwendungen wie Instandhaltung, Steuern (Grundsteuer, Vermögenssteuer, Vermögensabgabe, Kfz-Steuer, Gewerbekapitalsteuer) und Versicherungen” zu er-statten, die im Zusammenhang mit der Nutzung des Anlagevermögens der BK-AG für Rechnung der Beklagten entstanden. Ab 1.1.1981 übernahm die BE-AG aufgrund entsprechenden Vertrages mit der BK-AG deren jährliche Handelsbilanzergebnisse (Gewinn oder Verlust) zum jeweiligen Abschlußstich-tag und hatte in ihrer Eigenschaft als Organträgerin auch die auf die BK-AG entfallenden Gewerbe- und Umsatzsteuern zu zahlen, die sie dann regelmäßig auf die BK-AG umlegte. Durch Vertrag vom 23.12.1988 veräußerte die BE-AG ihre Anteile an der BK-AG unter Aufhebung des mit ihr geschlosse-nen Ergebnisabführungsvertrages an die Beklagte, welche die BK-AG im Mai 1990 mit sich verschmolz. Aufgrund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung vom Juni 1993 mußte die Klägerin als Rechtsnachfol-gerin der BE-AG für den Veranlagungszeitraum 1985 bis 1988 auf die frühere BK-AG entfallende Um-satzsteuern in Höhe von 1.215.764,00 DM sowie Gewerbesteuern von 256.420,00 DM nachentrichten. Mit der Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten Erstattung dieser Beträge. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr entsprochen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.“ Entscheidungsgründe: „Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. 1. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist allerdings die Feststellung des Berufungsgerichts,

daß sich aus der zwischen der BE-AG und der BK-AG geübten Steuerumlagepraxis eine von dem Ergebnisabführungsvertrag zwischen beiden unabhängige vertragliche Verpflichtung der BK-AG gegenüber der BE-AG zur Erstattung der auf die BK-AG entfallenden und von der BE-AG als Or-ganträgerin zu zahlenden Steuern nicht hinreichend entnehmen läßt. Ein Erstattungsanspruch der BE-AG bzw. der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin aus § 670 BGB scheidet schon deshalb aus, weil die BE-AG als Organträgerin aufgrund der organschaftlichen Eingliederung der BK-AG in ihr Unternehmen (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG; § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG i.V.m. § 14 Nr. 1-3 KStG) selbst Steuerschuldnerin war und die BK-AG für deren Steuerschuld gemäß §§ 73, 219 AO ledig-lich subsidiär haftete. Die BE-AG leistete daher die Steuerzahlungen nicht “im Auftrag” der BK-AG, sondern aufgrund eigener Verpflichtung. Da jedoch die BK-AG aufgrund des Ergebnisabführungs-

Page 368: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 368 Heft 1/2005

vertrages mit ihrer Muttergesellschaft ohnehin ihren gesamten Jahresüberschuß an ihre Mutterge-sellschaft abzuführen hatte, spielte es im wirtschaftlichen Ergebnis keine Rolle, ob sie eine Steu-erumlage oder statt ihrer einen entsprechend höheren Gewinn abführte. Auch aus Sicht des Or-ganträgers (Klägerin) stellt sich die Steuerumlage in solchem Fall wirtschaftlich - mit entsprechen-der Auswirkung auf die Bilanzierung gemäß § 277 Abs. 3 Satz 2 HGB - als “Vorweg-Gewinnabfüh-rung” dar (vgl. Förschle in: Beck'scher Bilanzkommentar, 5. Aufl. § 275 Rdn. 258 m.N.; im Ergeb-nis ebenso Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen 6. Aufl. § 275 Rdn. 192 f.). Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, daß die Steuerumlagepraxis der Rechtsvorgänge-rinnen der Prozeßparteien aufgrund sowie im Rahmen des Ergebnisabführungsvertrages und nicht aufgrund einer zusätzlich übernommenen vertraglichen Verpflichtung der BK-AG zur Steuerer-stattung erfolgt ist.

2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin aber auch kein gesetzlicher Erstat-tungsanspruch entsprechend § 426 Abs. 2 BGB zum Ausgleich der nachentrichteten Steuern zu.

a) Zwar schließt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die gemäß § 219 AO nur

subsidiäre Haftung der Organgesellschaft (hier: BK-AG) für die Steuerschulden des Organträ-gers gemäß § 73 AO ein zwischen beiden bestehendes Gesamtschuldverhältnis gegenüber dem Steuerfiskus (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 2 AO) mit der Folge eines Innenausgleichs entspre-chend § 426 BGB für die auf das Unternehmen der Organgesellschaft entfallende Steuer-schuld des Organträgers nicht aus (BGHZ 120, 50; Senat, BGHZ 141, 79). Ein Ausgleichsanspruch des Organträgers gemäß § 426 BGB kommt jedoch nur in Betracht, “soweit nicht ein anderes bestimmt ist” (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB). Ob deshalb bei Bestehen eines Unternehmensvertrages eine entsprechende Anwendung des § 426 BGB schlechthin ausscheidet, wie in BGHZ 120, 50, 55 offenbar angenommen, kann dahinstehen. Denn unab-hängig davon richten sich Umfang und Grenzen eines Ausgleichsanspruchs gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB nach dem Innenverhältnis der Gesamtschuldner (vgl. BGHZ 103, 72, 76). Besteht - wie hier - ein Ergebnisabführungsvertrag, so kann der Organträger z.B. einen zu ei-nem Fehlbetrag der Organgesellschaft führenden oder diesen vertiefenden Regreßanspruch nicht geltend machen, weil er den entsprechenden Betrag gemäß § 302 Abs. 1 AktG sogleich zurückgewähren müßte (§ 242 BGB). Deckt oder übersteigt dagegen - wie offenbar im vorlie-genden Fall - der sonstige Ertrag der Organgesellschaft die auf sie entfallenden Steuern, so könnte der Organträger entweder - bei Fehlen einer Ausgleichspflicht gemäß § 426 BGB - die Abführung des gesamten Gewinns vor Steuern fordern und daraus seine durch die Organge-sellschaft verursachte Steuerbelastung decken oder anderenfalls die Steuerbelastung geson-dert auf die Organgesellschaft umlegen und die Abführung des danach verbleibenden Ge-winns verlangen. Insgesamt kann er auch hier im Ergebnis nicht mehr als den Gewinn vor Steuern beanspruchen. Dementsprechend konnte auch die BE-AG von der BK-AG für den Zeitraum von 1985 bis 1988 unabhängig von etwaigen späteren Steuernachforderungen nicht mehr verlangen als die bereits bezahlte Steuer und den darüber hinaus abgeführten Gewinn, mit dem der von der Klägerin geltend gemachte Steuermehrbetrag bereits abgegolten ist. Der von dem Beru-fungsgericht herangezogenen Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch we-gen zuviel abgeführten Gewinns bedarf es nicht.

b) Ein noch bestehender Steuererstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich - entgegen der An-sicht des Berufungsgerichts - auch nicht daraus, daß die Beklagte aufgrund des Geschäftsbe-sorgungsvertrages vom 3.4.1978 der BK-AG gegenüber zur Steuererstattung verpflichtet war. Diese Verpflichtung umfaßte zwar - entgegen der Ansicht der Revision - gemäß § 13 Nr. 3 des Vertrages auch die Umsatzsteuer, soweit die in dem Vertrag vereinbarten Leistungen umsatzsteuerpflichtig waren. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war jedoch weder Partei dieses Vertrages noch wurde er gemäß § 328 BGB zu ihren Gunsten abgeschlossen, zumal er aus der Zeit vor Abschluß des Ergebnisabführungsvertrages datiert. Soweit das Beru-fungsgericht die Klage gleichwohl für begründet hält, weil die von der Klägerin für den Zeit-raum 1985 bis 1988 nachentrichteten Steuern bei rückschauender Betrachtung von der Be-klagten (aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrages) an die BK-AG und von dieser ohne Schmälerung des tatsächlichen abgeführten Gewinns an die BE-AG zu erstatten gewesen

Page 369: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 369

wären, geht dies fehl. Zwar haftet die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der BK-AG für deren Schulden. Diese hatte aber gemäß § 301 AktG höchstens den in ihren damaligen Gewinn- und Verlustrechnungen ausgewiesenen Gewinn abzuführen, der die streitige Steuernachfor-derung gegenüber der Beklagten nicht enthielt. Selbst wenn man materiell-rechtlich einen in den Jahren 1985 bis 1988 entstandenen Anspruch der BK-AG gegen die Beklagte auf Steu-ernachzahlung annähme, wäre dieser durch Konfusion infolge der Verschmelzung der BK-AG mit der Beklagten erloschen und könnte daher nicht mehr zur (mittelbaren) Begründung eines Steuernachzahlungsanspruchs der Klägerin gegenüber der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der BK-AG herangezogen werden. Wollte die Klägerin bzw. die BE-AG sich etwaige Ansprüche gegen die Beklagte wegen nach-zuentrichtender Steuern sichern, so hätten sie dies in dem Vertrag über den Verkauf der BK-Anteile an die Beklagte regeln müssen. Dieser Vertrag enthält eine Schiedsklausel und ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits.“

Betriebsübergang - Begründung eines Arbeitsverhältnisses BKPV 143/2005 Urteil des BAG vom 13.2.2003 - 8 AZR 654/01 (LAG Köln) (NJW 2003, Heft 34, S. 2473) Leitsatz: „Der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers geht nicht nach § 613 a BGB auf einen Be-triebserwerber über. § 613 a BGB erfaßt nur Arbeitsverhältnisse.“ Sachverhalt: „Die Parteien streiten darüber, ob und mit welchen Bedingungen zwischen ihnen im Wege eines Be-triebsübergangs ein Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen ist und zu welchem Zeitpunkt dieses Ar-beitsverhältnis durch arbeitgeberseitige Kündigung vom 5.2.2001 wirksam aufgelöst wurde bzw. wird. Der Kl. war seit dem 1.1.1995 einer von zwei Geschäftsführern einer Firma M-GmbH, die in H. einen Computerhandelsbetrieb mit ca. 75 Mitarbeitern unterhielt. Seit 1998 handelte es sich bei der M-GmbH um eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der C-Ltd. in Hongkong. Der Tätigkeit des Kl. lag der Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 1.1.1995 zu Grunde. Am 26.8.1999 schloß die M-GmbH mit der F-Computer GmbH als aufnehmendem Unternehmen einen Verschmelzungsvertrag. Bei der F-Computer GmbH handelte es sich um ein Computerhandelsunternehmen mit Sitz in B., welches ebenfalls der C-Gruppe angehörte und im Zeitpunkt des Abschlusses des Verschmelzungsvertrags ca. 400 Arbeitnehmer beschäftigte. Zugleich erwarb die F-Computer GmbH mit Kauf- und Abtretungsver-trag vom gleichen Tage von der Firma C-Ltd. sämtliche Geschäftsanteile der M-GmbH. Ab dem 1.9.1999 wurde die Betriebsstätte der M-GmbH in H. nunmehr als Niederlassung K. der F-Computer GmbH weiterbetrieben. Während der bisherige weitere Geschäftsführer der M-GmbH ausschied, wurde der Kl. ab dem 1.9.1999 als Leiter der Niederlassung K. der F-Computer GmbH geführt und war als solcher tätig. Er wurde von der F-Computer GmbH zur Sozialversicherung angemeldet. Zum Abschluß eines schriftlichen Anstellungsvertrags kam es nicht. Ausweislich der vom Kl. zu den Akten gereichten Verdienstabrechnungen bezog der Kl. ab September 1999 von der F-Computer GmbH Gehalt in der-selben Höhe wie zuletzt als Geschäftsführer der M-GmbH, nämlich 24310,13 DM brutto monatlich zu-züglich Nebenleistungen, insgesamt 25 638,13 DM brutto monatlich. Der Kl. behielt seinen Dienstwa-gen, ein Fahrzeug des Typs BMW 540 i Touring mit Vollausstattung, welches ihm weiterhin auch zur uneingeschränkten Privatnutzung zur Verfügung stand. Am 25.10.1999 stellte die F-Computer GmbH einen Insolvenzantrag. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde der Streithelfer bestellt. Dieser stellte Anfang Dezember 1999 neben den anderen Mitarbeitern auch den Kl. von der Verpflichtung zur Ar-beitsleistung frei und verlangte die Herausgabe seines Dienstwagens. Am 3.12.1999 kam es in der Be-triebsstätte H. zu einer Betriebsversammlung, auf welcher der Vorstandsvorsitzende der jetzigen Bekl. auftrat und ankündigte, daß die Bekl. per 1.1.2000 ihre Geschäftstätigkeit in den Räumen in H. auf-nehmen und den Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge anbieten werde. Zum 1.1.2000 wurde über das Vermögen der F-Computer GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Insolvenzverwalter ist der Streit-helfer des Kl. Am 3.1.2000 nahm die jetzige Bekl. die Geschäftstätigkeit im Vertriebs- und Servicebe-reich in den Räumen der Betriebsstätte H. auf. Sie beschäftigte 49 ehemalige Mitarbeiter der Nieder-lassung K. der F-Computer GmbH, denen sie neue Arbeitsverträge angeboten hatte. 18 weitere ehe-malige Mitarbeiter der Niederlassung schieden aus eigenem Entschluß aus. Lediglich vier Mitarbeitern

Page 370: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 370 Heft 1/2005

einschließlich des Kl., die sämtlich den Bereichen Buchhaltung/Personalleitung zuzuordnen waren, hatte die Bekl. kein Beschäftigungsangebot gemacht. Hinsichtlich der Geschäftsräumlichkeiten in H. schloß die Bekl. einen Mietvertrag mit dem Insolvenzverwalter der F-Computer GmbH. Außerdem er-warb sie durch Kaufvertrag von diesem die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung der Nieder-lassung K. Am 19.1.2000 wurde die Verschmelzung der M-GmbH mit der F-Computer GmbH in das Handelsregister des für H. zuständigen AG Brühl eingetragen. Zu einer Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des für die Gemeinschuldnerin zuständigen AG B. kam es nicht mehr. Mitte Au-gust 2000 stellte die Bekl. ihre Geschäftstätigkeit am Standort H. ein und schloß die dortige Betriebs-stätte. Die Bekl. kündigte mit Schreiben vom 26.1.2001 vorsorglich ein etwaiges Arbeitsverhältnis mit dem Kl. zum 28.2.2001, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Das Kündigungsschreiben ging dem Kl. am 31.1.2001 zu. Mit der Klage hat der Kl. zunächst die Feststellung begehrt, daß zwischen ihm und der Bekl. seit dem 3.1.2000 ein Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Vertrags vom 1.1.1995 zu Stande gekommen sei. Ferner hat er die Gestellung eines Dienstfahrzeugs vom Typ BMW 540 i Tou-ring auch zur uneingeschränkten privaten Nutzung verlangt. Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Das BerGer. hat über den Inhalt der Vereinbarungen zwischen dem Kl. und den Vertretern der F-Computer GmbH sowie über die tatsächliche Stellung des Kl. ab 1.9.1999 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R und S. Das LAG hat die Kündigung der Bekl. wegen der Betriebsstillegung für wirksam gehalten, den Weiterbeschäftigungsantrag des Kl. des-halb abgewiesen, im Übrigen aber der Berufung des Kl. stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Bekl. die vollständige Abweisung der Klage. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.“ Entscheidungsgründe: „Der Kl. steht bis zum 31.12.2003 in einem Arbeitsverhältnis zu der Bekl. Er hat Anspruch auf Erfüllung der materiellen Verpflichtungen nach den Bedingungen seines ursprünglichen Geschäftsführervertrags zur M-GmbH. I. Das LAG hat ausgeführt, zwischen dem Kl. und der Firma F-Computer GmbH sei ab dem 1.9.1999

ein Arbeitsverhältnis begründet worden, wonach der Kl. als weisungsabhängiger Niederlassungs-leiter tätig geworden sei. Dies sei auf Grund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung erfolgt. Der Kl. sei auch in einer für ein Arbeitsverhältnis typischen Weise weisungsabhängig beschäftigt wor-den. Die F-Computer GmbH habe den Kl. zur Sozialversicherung angemeldet und die vormaligen vertraglichen Leistungen erbracht. Der Stellung als Angestellter bei der F-Computer GmbH stehe die fortdauernde formalrechtliche Organstellung des Kl. bei der nach wie vor rechtlich bestehenden M-GmbH nicht entgegen. Das somit entstandene Arbeitsverhältnis sei nach § 613 a BGB auf die Bekl. übergegangen. Die Bekl. habe sich mit dem Insolvenzverwalter der M-GmbH über eine Fortführung des Betriebs geeinigt, der sodann in denselben Geschäftsräumen fortgeführt worden sei. Die Bekl. habe die Betriebsausstattung und 2/3 des Personals übernommen, das aus dem identitätsbildenden Bereich gestammt habe. Eine eventuelle Stillegungsabsicht sei nicht verwirk-licht worden. Die Bekl. habe auch nicht nur einen Teilbetrieb ohne Verwaltung übernommen. Das Arbeitsverhältnis sei nach der durch die Beweisaufnahme bestätigten Vereinbarung zu den Bedin-gungen des Geschäftsführervertrags fortgeführt worden. Es sei zwar durch die Kündigung der Bekl. vom 26.1.2001 wegen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit beendet worden, ende aber auf Grund der Vereinbarungen erst mit dem Ablauf der langen Kündigungsfrist des Geschäftsfüh-rervertrags am 31.12.2003. Die Klage ist begründet, soweit das LAG ihr stattgegeben hat. Der Kl. befand sich ab 1.9.1999 bei der F-Computer GmbH in einem Arbeitsverhältnis, welches nach § 613 a BGB auf die Bekl. über-gegangen ist, ohne daß der Betrieb stillgelegt worden ist. Inhalt des Arbeitsvertrags war unter an-derem die Fortzahlung des Geschäftsführergehalts, die Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge zu den Versicherungen des Kl. und die Zurverfügungstellung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung. Die Bekl. war außerdem verpflichtet, bei der (im Übrigen wirksamen) Kündigung die ver-tragliche Kündigungsfrist einzuhalten, so daß das Arbeitsverhältnis zu der Bekl. durch deren Kün-digung vom 26.1.2001 erst zum 31.12.2003 endet.

Page 371: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 371

1. Der Kl. hat mit der F-Computer GmbH einen Arbeitsvertrag abgeschlossen.

a) Das LAG hat zutreffend erkannt, daß das Geschäftsführerdienstverhältnis des Kl. zu der M-GmbH weder auf Grund einer Verschmelzung noch auf Grund eines Betriebsüber-gangs auf die F-Computer GmbH übergegangen ist.

aa) Der Kl. wurde als Geschäftsführer der M-GmbH nicht auf Grund der Verschmelzung

Dienstnehmer der F-Computer GmbH. Die Verschmelzung selbst ist - wie das LAG zutreffend festgestellt hat - wegen der Nichteintragung in das Handelsregister des für das aufnehmende Unternehmen zu-ständigen Amtsgerichts nach § 20 UmwG unwirksam. Eine wirksame Verschmel-zung hätte nach § 20 I Nr. l UmwG dazu geführt, daß das Vermögen des übertra-genden Rechtsträgers einschließlich seiner Verbindlichkeiten auf den übernehmen-den Rechtsträger übergegangen wäre. Hierzu gehören auch die Verbindlichkeiten aus einem Dienstvertrag mit einem Organ des übertragenden Rechtsträgers, wäh-rend die Organstellung mit der Verschmelzung erlischt (Lutter, UmwG, 2. Aufl., § 20 Rdnr. 28; Kalimeyer, UmwG, § 20 Rdnr. 13, ebenso zur Vorläuferregelung § 25 II l KapErhG; BAG, NJW 1995, 675 = NZA 1994, 905 = AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 17 = EzA ArbGG 1979 §2 Nr. 28 m.w. Nachw.; Hockemeier, Die Auswirkung der Ver-schmelzung von Kapitalgesellschaften auf die Anstellungsverhältnisse der Ge-schäftsleiter, S. 28). Selbst bei rechtswirksamer Verschmelzung hätte sich das als freies Dienstverhältnis begründete Anstellungsverhältnis also nicht mit dem Verlust der Organstellung infolge einer Fusion in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt (BGH, NZA 2000, 376 = DB 2000, 813; BAG, Urt. v. 20. 8. 1998 - 2 AZR 12/98, unveröff.; Lutter, § 20 Rdnr. 28; Kallmeyer, UmwG, § 20 Rdnr. 13). Im Streitfall ist die M-GmbH als juristische Person aber wegen der Nichteintragung nach wie vor existent. Der Kl. ist weiterhin rechtlich Geschäftsführer der M-GmbH, wenn er auch insoweit nach dem 1. 9.1999 nicht mehr tätig geworden ist.

bb) Das Geschäftsführeranstellungsverhältnis ist nicht nach § 613 a BGB auf die F-Computer GmbH übergegangen. Anläßlich der fehlgeschlagenen Verschmelzung ist es zwar zu einem Betriebsübergang gekommen, denn sämtliche Arbeitnehmer der M-GmbH wurden von der F-Computer GmbH mit gleichem Betriebszweck unter Nutzung der bisherigen Betriebsmittel weiterbeschäftigt. Die beiden Parteien des Verschmelzungsvertrags sind nach § 7 I des Verschmelzungsvertrags auch davon ausgegangen, daß es sich hierbei um einen Betriebsübergang handelt. § 613 a BGB bleibt von einer (fehlgeschlagenen) Verschmelzung unberührt. § 613 a BGB erfaßt jedoch nur bestehende Arbeitsverhältnisse, nicht Dienstverhältnisse eines Organ-mitglieds. § 613 a BGB ist insoweit auch nicht analog anwendbar. Soweit es das Anstellungsverhältnis erfordert und die Organstellung nicht verbietet, wendet die Rechtsprechung zwar einzelne Bestimmungen aus dem Recht der abhängigen Ar-beitnehmer auch auf den GmbH-Geschäftsführer an (BGHZ 49, 30 = NJW 1968, 396, zum Zeugnisanspruch; BGH, NJW 1963, 535 = AP BGB § 611 Urlaubsrecht Nr. 89 zum Urlaubsanspruch; Senne, in: Kasseler Hdb., 2. Aufl., Kap. 4.1 Rdnr. 8). Das gilt allgemein dann, wenn das Bedürfnis der Sicherung der persönlichen oder wirtschaftlichen Existenz höher anzusiedeln ist als die Stellung als Unternehmens-leiter (Lutter/Hommel-hoff, GmbHG, 15. Aufl., Anh. § 6 Rdnr. 3; Oberrath, MDR 1999,134).

Die entsprechende Anwendung des § 613 a BGB auf Organe juristischer Personen wird jedoch übereinstimmend abgelehnt (OLG Hamm, GmbHR 1991, 466 = DStR 1991, 884, bei Anstellung bei der KG, vgl. Nichtannahmebeschluss des BGH, Urt. v. 15.4.1991 - II ZR 197/90; OLG Celle, OLGZ 1978,199 = DB 1977,1840). Auch das Schrifttum ist dieser Auffassung (Marsch-Barner/Diekmann, Münchener Hdb. d. Ge-sellschaftsR, III, GmbHG, § 43 Rdnr. 28; Bauer, DB 1979, 2178 [2181]; Schwab, NZA 1987, 839 [842]; Schaub, in: Münch Komm, 3. Aufl., | 613 a Rdnr. 13; ders., in: ArbeitsR-Hdb., 9. Aufl., § 118 Rdnr. 10; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 613 a Rdnr. 2; Soergel/Raab, BGB, 12. Aufl., §613 a Rdnr. 16; ErfKJPreis, 2. Aufl., § 613 a BGB Rdnr. 67; Erman/Hanau, BGB, 10. Aufl., § 613 a Rdnr. 42; Pfeiffer, in: KR, 5. Aufl., § 613 a BGB Rdnr. 14; Oberrath, MDR 1999,139; Henssler, RdA 1992, 289

Page 372: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 372 Heft 1/2005

[296]; Hattesen, in: Kasseler Hdb., Kap. 6.7. Rdnr. 98; Wank, in: Münchener Hdb. z. ArbeitsR, 2. Aufl., § 124 Rdnr. 28; a.A. Annuß, ZinsO 2001, 344 [346 ff.], im Falle des Übergangs der den Arbeitsplatz tatsächlich bestimmenden betrieblichen Struk-tur und Nichtvorhandensein einer beim Erwerber schon bestehenden „Leitungs-macht"). Eine entsprechende Anwendung kommt regelmäßig nur in Betracht, wenn die ge-setzliche Regelung planwidrig lücken- haft erscheint und zur Ausfüllung der Lücke die Übertragung der Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen ver-gleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand erforderlich ist (BAGE 95, 240 = NZA 2001, 516 = AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 44), insbesondere der allge-meine Gleichheitssatz sie gebietet (vgl. BAGE 71, 355 = NZA 1993, 409 = AP Eini-gungsvertrag Anl. I Kap. XIX Nr. 6; BAGE 78, 244 = NZA 1995, 781 = AP GG Art. 33 II Nr. 33; BAGE 52, 238 = NZA 1987, 275 = AP HAG § 29 Nr. 2; BAG, NZA 1998, 1001 = AP BGB § 613 a Nr. 178 = EzA BGB § 613 a Nr. 165). Dabei muss eine dem Plan des Gesetzgebers widersprechende Lücke bestehen oder sich jedenfalls spä-ter durch eine Veränderung der Lebensverhältnisse ergeben haben. Der dem Ge-setz zu Grunde liegende Regelungsplan ist aus ihm selbst im Wege der historischen und teleologischen Auslegung zu schließen und es ist zu fragen, ob das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Regelungsabsicht, unvollständig ist (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., S. 191 ff. [194]). § 613 a BGB enthält keine planwidrige Lücke hinsichtlich der im Dienstverhältnis stehenden Organmitglieder juristischer Personen. § 613 a BGB wurde bereits durch das Gesetz vom 15.1.1972 - BGB 11, 13, eingefügt. Diese Norm ist danach sowohl durch das Gesetz vom 13.8.1980 - BGB 11, 1308, und vom 28.10.1994 - BGB 11, 3210, geändert worden, ohne daß hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereichs Veränderungen vorgenommen wurden. Der Zweck des § 613 a I BGB, mit dem die EG-Richtlinie Nr. 77/187 vom 14.2.1977 (AB1EG Nr. L 61 v. 5.3.1977) umgesetzt wurde, besteht neben der Gewährleistung der Kontinuität des Betriebsrats und der Klärung der Haftung des Betriebsveräußerers und -erwerbers in erster Linie in der Schließung einer Lücke im Kündigungsschutzrecht bei bestehenden Arbeitsverhält-nissen (ausf. BAGE 32, 326 = NJW 1980, 1124 = AP BGB § 613 a Nr. 18; Ricbardi, RdA 1976, 56; Ermanl Hanau, BGB, 10. Aufl., § 613 a Rdnrn. 3-5). Die Beschrän-kung auf Arbeitsverhältnisse lässt sich den Materialien eindeutig entnehmen (vgl. Begr. des RegE BT-Dr VI/1786, S. 59). Der Geschäftsführer ist nach § 14 1 Nr. 1 KSchG nicht gegen Kündigungen ge-schützt. Die Anwendung des § 613 a BGB würde damit nicht eine Lücke im Kündi-gungsschutz schließen, sondern einen solchen Schutz erst schaffen. Eine darüber hinausgehende extensive Anwendung kann auch nicht damit begründet werden, daß nach § 613 a BGB auch nicht dem Kündigungsschutzgesetz unterfallende Ar-beitsverhältnisse auf den Erwerber übergehen und der Schutz des § 613 a BGB damit weiter als der des § 1 KSchG ist (so aber Annuß, ZinsO 2001, 344 [346]). Daß der Gesetzgeber in einem Teilgebiet den Kündigungsschutz verstärkt hat, führt nicht dazu, daß nunmehr alle Nichtarbeitnehmer im Falle des Betriebsübergangs einen stärkeren Kündigungsschutz genießen als sonst. Die Einbeziehung der Arbeitneh-mer ohne Kündigungsschutz in den Geltungsbereich des § 613 a BGB ist bloße Ne-benfolge der für Arbeitsverhältnisse grundsätzlich geltenden Bestandsschutzvor-schriften. Sie ist überdies durch das Gemeinschaftsrecht zwingend vorgegeben. Denn zu den Arbeitnehmern im Sinne der Richtlinie 77/187 gehören alle Personen, die nach nationalem Recht Kündigungsschutz als Arbeitnehmer haben (vgl. auch BAG, NZA 1998, 1001; BAGE 34, 34 = NJW 1981, 1399 = AP BGB § 613 a Nr. 23 zum Heimarbeitsverhältnis). Eine entsprechende Anwendung von § 613 a IV BGB auf Organvertreter, die nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, ist auch nicht nach Art. 3 I GG geboten. Dienstneh-mer und Geschäftsführer sind nicht schutzlos willkürlichen Kündigungen ausgesetzt. Vielmehr sind die Generalklauseln in den §§ 134, 138 und 242 BGB maßgeblich.

Page 373: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 373

Gegen eine analoge Anwendung des § 613 a BGB auf Organvertreter spricht schließlich die Stellung, die ein Geschäftsführer im Verhältnis zu den Gesellschaf-tern innehat. Zwischen ihm und den bestellenden Personen muß ein Vertrauen be-stehen. Es ist für den Betriebserwerber nicht zumutbar, an die Besetzung der Lei-tungsfunktion gebunden zu sein und hier nicht eine Person seines Vertrauens aus-wählen zu können. Dem kann auch nicht entgegnet werden, daß die Arbeitsverhält-nisse von Prokuristen oder anderer leitender Angestellter übergehen, die angesichts ihrer Stellung ebenfalls auf ein erhebliches Vertrauen der Gesellschafter angewie-sen sind und in Anspruch nehmen (vgl. Erman/Hanau, § 613 a Rdnr. 42; Wank, in: Münchener Hdb. z. ArbeitsR, § 124 Rdnr. 28).

b) Das LAG hat zutreffend ausgeführt, daß der Kl. mit der F-Computer GmbH durch Rechts-geschäft ein Arbeitsverhältnis begründet hat. Es hat nach Durchführung der Beweisauf-nahme festgestellt, daß der Kl. nach dem rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragspar-teien ab 1.9.1999 als weisungsabhängiger Niederlassungsleiter bei der P-Computer GmbH beschäftigt werden sollte und auch als solcher beschäftigt worden ist.

aa) Diese Würdigung ist für den Senat bindend (§ 561 ZPO). Eine vom BerGer. gem.

§ 286 I ZPO vorgenommene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist durch das RevGer. nur beschränkt nachprüfbar. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das BerGer. die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 I ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist deshalb nur, ob das BerGer. tatsächlich den gesamten Inhalt der Verhandlungen berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei sowie frei von Verstößen gegen Denkge-setze und allgemeine Erfahrungssätze ist und ob sie rechtlich möglich ist. Dabei verlangt die Berücksichtigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nicht eine Würdigung jeder Einzelausführung eines Zeugen oder Sachverständigen. Es reicht aus, daß insgesamt widerspruchsfrei und umfassend zum Ergebnis der Beweisauf-nahme Stellung genommen wird (BAG, Urt. v. 25. 2. 1998 -2 AZR 327/97, unveröff. [zu II l m.w. Nachw.]; BAGE 97, 215 = NJW 2002, 235 = NZA 2001, 1017 = AP MuSchG 1968, § 3 Nr. 16; BAG, NJW 2003, 308 = NZA 2003, 217; NJW 2002, 3271 = NZA 2002, 1081; BA-GE 86, 347 = NJW 1998, 3439 = NZA 1998, 194 = AP MuSchG 1968 § 3 Nr. 11 m.w. Nachw.; BAG, NJW 2002, 235 = NZA 2001, 1017). Diesem Prüfungsmaßstab hält die Beweiswürdigung stand. Zulässige Verfahrensrü-gen hat die Revision nicht erhoben. Auch sind keine Widersprüche in der Beweis-würdigung ersichtlich. Das LAG hat das Ergebnis der Beweisaufnahme umfassend verwertet. Dabei hat das LAG auch die Tatsache gewürdigt, daß die formalrechtliche Fortexistenz der M-GmbH nicht vom Vorstellungsbild der Vertragsschließenden er-faßt war. Dabei hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, daß der Kl. bereits ab 1.9.1999 als Niederlassungsleiter tätig geworden ist und die Verschmelzung im Üb-rigen - unabhängig von ihrer rechtlichen Wirksamkeit - tatsächlich vollzogen wurde, was die Bekl. schriftsätzlich ausdrücklich eingeräumt hat. Die Bekl. hatte bis zur Beweisaufnahme immer gänzlich bestritten, daß der Kl. mit den Vertretungsberechtigten der F-Computer GmbH überhaupt eine Tätigkeit als weisungsabhängiger Niederlassungsleiter vereinbart hat und daß dies auch ab 1.9.1999 tatsächlich praktiziert worden ist. Wenn die Bekl. nunmehr erstmals in der Revision vorträgt, daß die rechtswirksame Verschmelzung im Rechtssinne Bedin-gung (§ 154 BGB) oder zumindest Geschäftsgrundlage für die Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses gewesen sei, stellt die Bekl. die Behauptungen des Kl. und das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr insgesamt in Abrede, sondern trägt - als neue Tatsache - eine rechtsvernichtende Einwendung vor. Ein solcher neuer - dazu auch nicht hinreichender konkreter - Sachvortrag ist in der Revisionsinstanz unbe-achtlich. Daß der Arbeitsvertrag rechtlich im Sinne einer Bedingung an die Wirksamkeit der Verschmelzung geknüpft werden sollte, folgt entgegen der Ansicht der Bekl. auch nicht aus der Aussage des Zeugen R, wonach zu klären war, wie „nach" der Fusion mit dem Kl. umgegangen werden sollte. Diese Aussage ist lediglich vor dem Hinter-grund zu würdigen, daß die Fusion unabhängig von der Eintragung tatsächlich als

Page 374: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 374 Heft 1/2005

vollzogen behandelt wurde, kennzeichnet daher nur einen zeitlichen Ablauf, sie be-stätigt aber nicht die Vereinbarung einer Bedingung i.S. des § 154 BGB. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht auch nicht der Umstand entgegen, daß die F-Computer GmbH sämtliche Anteile der M-GmbH erworben und somit im Namen der M-GmbH dem Kl. in dessen Eigenschaft als Geschäftsführer der M-GmbH Weisungen habe erteilen können. Das LAG hat zutreffend darauf hingewie-sen, daß nach dem Inhalt der Beweisaufnahme feststeht, daß der Kl. als abhängiger Niederlassungsleiter der F-Computer GmbH tätig werden sollte. Letztere meldete den Kl. bei der Sozialversicherung an, sie zahlte das Gehalt, Weisungen erhielt der Kl. in deren Namen.

bb) Das LAG geht des Weiteren zutreffend davon aus, daß es rechtlich unerheblich ist, daß die Organstellung des Kl. und das Dienstverhältnis zu der nach wie vor rechtlich bestehenden M-GmbH fortbesteht. Eine fortbestehende Organstellung in einem Unternehmen steht der rechtsgeschäftlichen Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Drittunternehmen nicht entgegen, selbst wenn die Willenserklärungen anläßlich der geplanten Verschmelzung beider Unternehmen abgegeben werden und die Verschmelzung scheitert. Der Abschluß mehrerer Dienst- und Arbeitsver-träge nebeneinander ist auf Grund der Privatautonomie nicht ausgeschlossen, auch nicht im Zusammenhang mit dem Verlust einer Organstellung. Ein Dienstvertrag verwandelt sich zwar bei einem (hier nicht vorliegenden) Verlust der Organstellung nicht automatisch in einen Arbeitsvertrag, weder bei einer Ver-schmelzung (BAG, NJW 1995, 675 = NZA 1994, 905) noch in sonstigen Fällen des Verlusts, zum Beispiel bei einer Abberufung (SAG, NJW 1998, 260 = NZA 1997, 1363 = AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 36 = EzA ArbGG 1979 § 2 Nr. 37). Die bisherige rechtliche Zuordnung eines schuldrechtlichen Vertrags zu den Vertragstypen des BGB bleibt hiervon unberührt. Das BAG hat aber sowohl im Falle der Fusion (SAG, NJW 1974, 1243 = AP ArbGG 1953 § 5 Nr. 19 = EzA ArbGG § 2 Nr. 3) als auch in sonstigen Fällen des Verlusts der Organstellung darauf hingewiesen, daß mit der Vereinbarung der Weiterbeschäftigung auf einen anderen Dienstposten das Anstel-lungsverhältnis in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt wird. Dies gilt sogar dann, wenn dieser andere Dienstposten die Organstellung bei einer abhängigen Gesell-schaft beinhaltet. Wird etwa ein bei einer Konzernobergesellschaft beschäftigter Ar-beitnehmer zum Geschäftsführer einer konzernabhängigen Gesellschaft bestellt, so kann der mit der Konzernobergesellschaft abgeschlossene Arbeitsvertrag nach wie vor die Rechtsgrundlage für die Geschäftsführerbestellung bei der Tochtergesell-schaft sein (BAG, NJW 1998, 260 = NZA 1997,13 653). Damit hat das BAG letztlich nur einen Ausfluß des allgemeinen Grundsatzes der Privatautonomie dargestellt, wonach es der Begründung eines Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht, daß ein Dienstnehmer zugleich als Organ in einem Dienstverhält-nis steht. Genauso wenig hindert die Organstellung des Kl. bei der M-GmbH eine Begründung eines Arbeitsverhältnisses bei der F-Computer GmbH. Ob tatsächlich ein Arbeitsverhältnis mit Weisungsgebundenheit zu Stande gekommen ist, hängt allein vom rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien und der tatsächlichen Handha-bung ab und stellt lediglich eine Tatsachenfrage dar, die hier vom LAG in revisions-rechtlich nicht zu beanstandender Weise beantwortet wurde.

2. Das so entstandene Arbeitsverhältnis ist im Wege des Betriebsübergangs von der F-Com-

puter GmbH auf die Bekl. übergegangen.

a) Nach § 613 a I l BGB tritt ein Erwerber in die Rechte und Pflichten eines Arbeitsverhält-nisses ein, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil übergeht. Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identi-tät fortführt. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Ge-samtheit „Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Um-ständen des konkreten Falls. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbeson-dere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der

Page 375: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 375

immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbe-legschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer ei-ner eventuellen Unterbrechung der Betriebstätigkeit (st. Rspr. des Senats im Anschluß an EuGH, Slg. 1997, 1259 = NJW 1997, 2039 = NZA 1997, 433 - Ayse Süzen; vgl. nur BAGE95, l = NZA 2000, 1115 = AP BGB § 613 a Nr. 209 [zu II l a]; BAGE 92, 251 = NJW 2000, 1730 = NZA 2000, 371 = AP BGB § 613 a Nr. 197 [zu I 3 a, c] m. w. Nachw.). Der Übergang eines Betriebsteils steht für dessen Arbeitnehmer dem Betriebsübergang gleich. Auch bei dem Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, daß die wirtschaftliche Einheit ihre Identität bewahrt (BAG, NJW 2000, 1589 = NZA 2000, 144 = AP BGB § 613 a Nr. 196 = EzA BGB § 613 a Nr. 185 [zu B II 1]). Betriebsteile sind Teileinheiten (Teilorganisationen) des Betriebs. Es muß sich um eine selbstständige abtrennbare orga-nisatorische Einheit handeln, die innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks einen Teil-zweck erfüllt. Das Merkmal des Teilzwecks dient dabei zur Abgrenzung der organisatori-schen Einheit. Im Teilbetrieb müssen nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden (BAG, NJW 2000, 1589 = NZA 2000, 144; Urt. v. 14.12.2000 - 8 AZR 220/00, unveröff.; Soergel/Raab, BGB, § 613 a Rdnr. 20; Staudinger/Richardi/Annuß, BGB, 13. Bearb., § 613 a Rdnr. 51). Bei übertragenen sächlichen und immateriellen Be-triebsmitteln muß es sich um eine organisatorische Untergliederung handeln^ mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613 a BGB setzt für den Teilbe-triebsübergang voraus, daß die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (Senat, NZA 1998, 253 [zu II 2baa]; BAGE 86, 271 [277 f.] = NJW 1998, 1253 = NZA 1998, 31 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 16 [zu B 3 b]; BAG, EzA BGB § 613 a Nr. 166 [zu BI2a]; BAGE 87, 303 [305 ff.] = NJW 1998, 2306 = NZA 1998, 534 = AP BGB § 613 a Nr. 172 [zu BI2a]; BAG, NJW 2000, 1589 = NZA 2000, 144; Urt. v. 25.5.2000 - 8 AZR 335/99, unveröff.).

b) Das LAG hat unter Beachtung dieser Rechtsgrundsätze zutreffend festgestellt, daß die

Bekl. von dem Insolvenzverwalter der F-Computer GmbH durch Rechtsgeschäft einen Betrieb übernommen hat. Am 3.1.2000 nahm die Bekl. laut den bindenden Feststellun-gen des LAG die Geschäftstätigkeit im Vertriebs- und Servicebereich in den Räumen der Betriebsstätte H. auf. Sie beschäftigte 49 ehemalige Mitarbeiter der Niederlassung K. der F-Computer GmbH, denen sie neue Arbeitsverträge angeboten hatte. Lediglich vier Mit-arbeitern einschließlich des Kl., die sämtlich den Bereichen Buchhaltung/Personalleitung zuzuordnen waren, hatte die Bekl. kein Beschäftigungsangebot gemacht. Hinsichtlich der Geschäftsräumlichkeiten in H. schloß die Bekl. einen Mietvertrag mit dem Streithelfer. Außerdem erwarb sie durch Kaufvertrag von diesem die gesamte Betriebs- und Ge-schäftsausstattung der Niederlassung K.

Auf Grund dieser Feststellungen und der oben angeführten Rechtsgrundsätze ist von ei-nem Betriebsübergang auszugehen. Das LAG hat des Weiteren festgestellt, daß das Ar-beitsverhältnis des Kl. nicht zu einem abgrenzbaren und gegebenenfalls nicht überge-gangenen Betriebsteil gehörte. Hinsichtlich dieser Feststellungen sowie zu dem Komplex Betriebsübergang überhaupt hat die Bekl. in der Revision auch keinerlei Einwendungen mehr erhoben.

3. Der Streithelfer hat den Betrieb nicht stillgelegt.

a) Unter Betriebsstillegung ist die Auflösung der zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeit-nehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, daß der Arbeitge-ber die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, den bishe-rigen Betriebszweck dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen. Der Arbeitgeber muß endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen (BAG, Urt. v. 22.1.1998 - 8 AZR 358/95, un-veröff.; BAGE 85, 194 = NJW 1997,2257 = NZA 1997, 757 = AP KSchG 1969 § l Wie-dereinstellung Nr. 1). Bei der Prüfung, ob eine wirtschaftliche Einheit übergegangen ist, ist die Dauer einer eventuellen Unterbrechung der betrieblichen Tätigkeit zu berücksich-tigen. Bei aisbaldiger Wiedereröffnung des Betriebs oder bei alsbaldiger Wiederauf-nahme der Produktion durch einen Erwerber spricht eine tatsächliche Vermutung gegen die ernsthafte Absicht, den Betrieb stillzulegen (vgl. BAGE 86, 20 =NJW 1997, 3188 =

Page 376: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 376 Heft 1/2005

NZA 1997, 1050 = AP BGB § 613 a Nr. 154; BAGE 80, 74 = NJW 1995, 3404 = NZA 1995,1155 = AP BGB § 613 a Nr. 128).

b) Das LAG hat unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ebenfalls zutreffend festgestellt,

daß der Insolvenzverwalter keinen Entschluß zur endgültigen Betriebsstillegung gefaßt hatte. Die widerrufliche Freistellung des Kl. und der weiteren Mitarbeiter am 1.12.

1999 war nicht Bestandteil eines solchen Entschlusses. Dies folgt schon daraus, daß am 3.12.1999 der Vorstandsvorsitzende der jetzigen Bekl. auf einer Betriebsversammlung auftrat und ankündigte, daß die jetzige Bekl. per 1.1.2000 ihre Geschäftstätigkeit in den Räumen in H. aufnehmen werde und den Arbeitnehmern neue Arbeitsverträge anbieten werde. Tatsächlich nahm die Bekl. den Betrieb am 3.1.2000 wieder auf, so daß allenfalls eine kurzfristige Unterbrechung vorlag.

c) Auch hinsichtlich dieser Feststellungen des LAG sowie zu dem Komplex Betriebsstille-

gung überhaupt hat die Bekl. in der Revision keinerlei Einwendungen mehr erhoben.

4. Der Feststellungsantrag zu l mit dem im Tenor bezeichneten Inhalt des Arbeitsverhältnisses ist begründet. Das Arbeitsverhältnis richtete sich in den materiellen Bedingungen nach dem Geschäftsführeranstellungsvertrag. Das LAG hat festgestellt, daß der Personalleiter dem Kl. telefonisch zugesagt hat, die Rechte und Pflichten des Anstellungsvertrags sollten im Rah-men eines Arbeitsvertrags mit der F-Computer GmbH weiter gelten, auch das Gehalt sollte l zu l gezahlt werden. Der Kl. habe in materieller Hinsicht bei der F-Computer GmbH genauso behandelt werden sollen wie bei der M-GmbH. Diese Beweiswürdigung ist für das RevGer. bindend. Soweit die Bekl. dagegen einwendet, daß sich die Abreden auf die Zeit „nach" der Fusion beziehen sollten und daß nunmehr das Gesetz und damit nach § 612 BGB eine übliche Vergütung als vereinbart gelte, da die Fusion nicht rechtswirksam zu Stande ge-kommen sei, so ist unklar, ob die Bekl. damit wiederum die Vereinbarung einer aufschieben-den Bedingung vorträgt oder lediglich die Beweiswürdigung des LAG angreift. Ein neuer Sachvortrag hinsichtlich einer aufschiebenden Bedingung ist für den Senat unbeachtlich und die Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Bekl. kann insbeson-dere nicht erfolgreich geltend machen, daß nach § 20 UmwG die Bedingungen des Anstel-lungsvertrags bei wirksamer Verschmelzung ohnehin fortgegolten hätten. Die Bekl. macht in-soweit wohl das Fehlen eines Rechtsfolgewillens geltend. Dem steht aber schon entgegen, daß Gegenstand der Vereinbarungen auch die Umwandlung bzw. Begründung eines Arbeits-verhältnisses war. Auch sollte der Kl. eine andere Funktion, nämlich die eines Niederlas-sungsleiters einnehmen. Deshalb waren die Erklärungen insgesamt auf eine Rechtsgestal-tung ausgerichtet, unabhängig von den gesetzlichen Folgen einer Verschmelzung. Damit steht dem Kl. 14 mal jährlich das zuletzt gezahlte Gehalt zu (§ 5 Nr. l Geschäftsführervertrag}. Die Bekl. ist weiter verpflichtet, Beiträge zu einer Lebensversicherung im Jahresvolumen von 4500 DM (§ 5 Nr. 4 des Geschäftsführervertrags) und zu einer Direktversicherung mit 3408 DM jährlich (§ 5 Nr. 3 des Geschäftsführervertrags) zu erbringen. Außerdem ist die Bekl. verpflichtet, jährlich das Gehalt um 5% zum 1.1. des Folge Jahres zu erhöhen (§ 5 Nr. 6 des Geschäftsführervertrags). Hieraus folgt auch die Begründetheit des Leistungsantrags des Kl. Die Bekl. ist nach § 6 Nr. l des Geschäftsführervertrags verpflichtet, dem Kl. einen angemes-senen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen. Die Parteien streiten nicht darüber, daß der im landesarbeitsgerichtlichen Tenor zu 3 genannte Dienstwagentyp als solcher angemessen ist.

5. Die Bekl. hat das Arbeitsverhältnis am 26.1.2001 zum 28.2.2001 gekündigt. Das LAG hat

diese Kündigung für wirksam gehalten, aber nur mit einer Kündigungsfrist bis zum 31.12.2003. Auch insoweit ist die Revision der Bekl. unbegründet. Legt man den Geschäfts-führervertrag zu Grunde, konnte die Bekl. nach dessen § 2 Nr. 2 überhaupt erst nach Ablauf der ab 1.1.1995 beginnenden Grundvertragsdauer von sechs Jahren ordentlich kündigen. Die Grundvertragsdauer endete am 31.12.2000. Nach § 2 Nr. 3 des Geschäftsführervertrags verlängerte sich der Vertrag um jeweils drei Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von zwölf Mo-naten zum Ende der jeweiligen Verlängerung gekündigt wurde. Daraus ergibt sich, daß der Vertrag somit erstmalig zum 31.12.2003 ordentlich kündbar war.

Das LAG hat den Sachvortrag widerspruchsfrei und umfassend dahin gehend gewürdigt, daß auch in Bezug auf die Kündigungsfristen der Geschäftsführervertrag gelten sollte. Die Fort-

Page 377: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 377

geltung des Geschäftsführervertrags war dem Kl. mehrfach zugesichert worden, ohne daß in-sofern Einschränkungen gemacht worden sind. Bei diesen vom LAG gewürdigten Absprachen der Parteien handelt es sich um die Auslegung von Willenserklärungen individueller Art, die grundsätzlich Sache der Tatsacheninstanz ist. In diesen Fällen ist eine Überprüfung durch das RevGer. nur dahin möglich, ob das BerGer. eine Auslegung völlig unterlassen hat, ob diese unzureichend ist oder gegen ein Gesetz verstößt oder wesentlicher Auslegungsstoff nicht herangezogen worden ist (BAGE 95, 62 = NJW 2000, 3732 = NZA 2000, 1013 = AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 49; BAG, AP BGB § 133 Nr. 30; NZA 1994, 212 = AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 9). Die der Auslegung des LAG zu Grunde liegenden Tat-sachenfeststellungen, die das RevGer. binden, sofern dagegen keine durchgreifenden Revi-sionsangriffe erhoben sind (§ 561 II ZPO), sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sind keine begründeten Revisionsrügen i.S. von § 554 III Nr. 3 lit. b ZPO erhoben worden. Das LAG hat in seine Auslegung auch auf die nunmehr von der Bekl. gerügte Formulierung des Zeugen R, daß man sich in einem schriftlichen Vertrag daran habe „anlehnen" wollen, was in dem alten Vertrag des Kl. gestanden hat, einbezogen und darauf hingewiesen, daß der Zeuge weiter hinzugefügt hätte, daß auch ein „Zehnjahresvertrag" von der P-Computer GmbH übernommen worden wäre. Angesichts der Zusage der Fortgeltung sämtlicher Bedingungen des Geschäftsführervertrags hat das LAG diese Aussage nicht als Dissens zu einem Punkt angesehen. Auch dies ist nicht zu beanstanden. Die Revision will lediglich die Vertragsab-sprachen anders gewürdigt sehen und setzt ihre Würdigung an die Stelle derer des LAG, ohne revisible Rechtsfehler aufzuzeigen.“

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nicht grundbuchfähig BKPV 144/2005 Beschluß des BayObLG vom 31.10.2002 - 2Z BR 70/02 (BB, 57. Jg., Heft 49, 4.12.2002, S. 2518) Leitsatz: „Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist nicht grundbuchfähig; sie kann nicht unter ihrem Namen als Eigentümerin eines Grundstücks oder als Berechtigte eines beschränkten dinglichen Rechts in das Grundbuch eingetragen werden.“ Sachverhalt: „Die drei Beteiligten sind die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die den Namen „Verwaltungsgesellschaft bürgerlichen Rechts, F.-straße 1/4 GbR" führt. Die Beteiligten sind im Grund-buch als Eigentümer mehrerer Grundstücke mit dem Zusatz „als Gesellschafter bürgerlichen Rechts" eingetragen. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 11.3.2002 beantragten die Beteiligten, das Grundbuch in Abteilung I dahin zu berichtigen, daß als Eigentümer nunmehr die Verwaltungsgesell-schaft bürgerlichen Rechts eingetragen wird. Das AG hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen ge-richtete Beschwerde hat das LG zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde der Beteiligten hatte keinen Erfolg.“ Entscheidungsgründe: „Der Grundbuchfähigkeit der GbR stehen die Besonderheiten des Grundbuchrechts entgegen II. 2. a) Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 146, 342 = BB 2001, 374 = NJW 2001, 1056) kann

eine BGB-Gesellschaft im Rechtsverkehr grundsätzlich jede Rechtsposition einnehmen. Jedoch können spezielle Gesichtspunkte, d. h. besondere Rechtsvorschriften und die Eigenart des zu be-urteilenden Rechtsverhältnisses, der Fähigkeit der BGB-Gesellschaft zur Einnahme einer be-stimmten Rechtsposition entgegenstehen. Der BGH hat es deshalb nicht ausgeschlossen, daß z.B. die Arbeitgeberfähigkeit der BGB-Gesellschaft weiterhin verneint wird (BGH NJW 2002, 1207 f.). Aus denselben Gründen steht die Rechtsprechung des BGH einer Verneinung der Grund-buchfähigkeit der BGB-Gesellschaft nicht entgegen.

Page 378: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 378 Heft 1/2005

Nach Ansicht des Senats kann die BGB-Gesellschaft nicht als solche unter ihrem Namen im Grundbuch eingetragen werden. Der Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft stehen die Beson-derheiten des Grundbuchrechts und die Eigenart dinglicher Rechtspositionen entgegen. Diese be-stehen darin, daß das Eigentum an einem Grundstück und die Berechtigung an einem dinglichen Recht grundsätzlich nur durch Eintragung im Grundbuch erlangt werden können (§ 873 Abs. l BGB) und die Eintragung im Einzelnen durch die grundbuchrechtlichen Vorschriften festgelegt ist. Im Schrifttum ist seit der Entscheidung des BGH vom 29.1.2002 die Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft umstritten (verneinend: Demharter GBO 24. Aufl. § 19 Rn. 108; derselbe Rpfleger 2001, 329 und Rpfleger 2002, 538; Stöber MDR 2001, 544; Heil NZG 2001, 300/ 305 und NJW 2002, 2158; Ann MittBayNot 2001, 197; Münch-DNotZ 2001, 535; a. A. Eickmann ZfIR 2001, 433; Ulmer/Steffek NJW 2002, 330; Dümig Rpfleger 2002, 53 und ZfIR 2002, 796; Wertenbruch NJW 2002, 324; Pohlmann WM 2002, 1421; Demuth BB 2002, 1555). Der angeführten Entscheidung des BGH vom 29.1.2001 lassen sich für die Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft direkte Forderungen nicht entnehmen (Demharter Rpfleger 2002, 538; Ulmer/Steffek NJW 2002, 330/332). In der Rechtsprechung wird die Grundbuchfähigkeit vom LG Dresden (NotBZ 2002, 384 mit ablehnender Anmerkung von Hammer) verneint.

Die Grundbuchordnung und die Grundbuchverfügung enthalten für die Eintragung einer GbR keine Vorschriften b) Die Grundbuchordnung und die Grundbuchverfügung enthalten für die Eintragung einer BGB-Ge-

sellschaft keine Vorschriften. Die BGB-Gesellschaft ist keine juristische Person und auch keine Handels- oder Partnerschaftsgesellschaft im Sinn des § 15 Abs. l Buchst, b GBV. Aus § 15 Abs. 3 GBV ergibt sich vielmehr, daß die BGB-Gesellschaft nicht als solche im Grundbuch eingetragen wird, sondern daß das Eigentum oder ein beschränktes dingliches Recht den Mitgliedern einer BGB-Gesellschaft zur gesamten Hand zusteht. Dies entspricht der bisher herrschenden Meinung (vgl. BayObLGZ 1985, 212 f.). Nach ihr werden die einzelnen Gesellschafter gemäß § 15 Abs. l Buchst, a GBV als Rechtsträger in das Grundbuch eingetragen. Im Hinblick auf § 47 GBO ist dabei ein Hinweis auf die gesamthänderische Verbundenheit erforderlich, die durch den Zusatz „als Ge-sellschafter bürgerlichen Rechts" zum Ausdruck kommt. Eingetragen ist damit nicht die BGB-Ge-sellschaft. Der auf die gesamthänderische Verbundenheit hinweisende Zusatz ist erforderlich, um eine Beurteilung der Verfügungsbefugnis durch das Grundbuchamt zu ermöglichen (§ 719 Abs. l BGB). Bei Berechtigten, bei denen es sich nicht um natürliche Personen handelt, die also nach § 15 Abs. l Buchst. b GBV im Grundbuch einzutragen sind, regelt § 32 GBO, wie die Verfugungs-befugnis durch das Grundbuchamt nachzuweisen ist. Dies betrifft juristische Personen sowie Han-dels- und Partnerschaftsgesellschaften. Der Nachweis kann durch ein öffentliches Register, z. B. das Handels- oder Partnerschaftsregister, geführt werden, in dem die juristische Person oder Han-dels- oder Partnerschaftsgesellschaft eingetragen ist. Das Zeugnis des Registergerichts erbringt zunächst den Beweis für das Bestehen der Gesellschaft und darüber hinaus für die Vertretungs-befugnis (BayObLG NJW-RR 1989, 977%). Ein entsprechender Nachweis des Bestehens und der Verfügungsbefugnis kann mangels einer Eintragung in einem öffentlichen Register für eine BGB-Gesellschaft nicht geführt werden. Würde die Gesellschaft unter ihrem Namen eingetragen, dann könnte die Verfügungsbefugnis nur an eine organschaftliche Vertretung anknüpfen. Dies gilt auch, wenn die Gesellschaft unter dem Namen der Gesellschafter eingetragen würde. Die Vermutung des § 891 BGB würde dann nicht an die eingetragenen Gesellschafter anknüpfen, sondern an die Gesellschaft. Im Übrigen würde ein guter Glaube an die Verfügungs- und Vertretungsbefugnis nicht geschützt sein.

Die für die oHG geltenden Vorschriften können nicht entsprechend angewendet werden c) Trotz der Parallelen, die der BGH (BGHZ 146, 342 = BB 2001, 374 = NJW 2001, 1056) in Teilbe-

reichen zur offenen Handelsgesellschaft gezogen hat, können die für diese geltenden Vorschriften nicht entsprechend angewendet werden. Für die Eintragung der offenen Handelsgesellschaft im Grundbuch findet sich bereits im materiel-len Recht eine Grundlage. Nach § 124 Abs. l HGB kann die offene Handelsgesellschaft unter ihrer Firma Eigentum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben. Dem trägt § 15 Abs. l Buchst. b GBV dadurch Rechnung, daß die Handelsgesellschaft mit Firma und Sitz im Grundbuch einzutragen ist (vgl. Westermann NZG 2001, 289/293). Eine entsprechende Anwendung der für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften scheitert daran, daß es bei der BGB-Ge-

Page 379: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 12

Heft 1/2005 Seite 379

sellschaft an der Registerpublizität fehlt. Zwar kann sich eine BGB-Gesellschaft einen Namen ge-ben (vgl. statt aller Demharter Rpfleger 2001, 329/330). Dieser Name unterscheidet sich jedoch wesentlich von einer Firma. Das Firmenrecht hat in §§ 17 ff. HGB eine eingehende Ausprägung erfahren, für die es im Namensrecht keine Parallelen gibt. Insbesondere muss die Firma nach § 29 HGE zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden. Damit vermittelt die Grundbuch-eintragung in Verbindung mit der Handelsregistereintragung die erforderliche Publizität. Das ist bei einer BGB-Gesellschaft nicht der Fall. Entsprechendes gilt für die Vertretungsbefugnis. Da die BGB-Gesellschaft nicht in ein Register eingetragen ist, kann der Nachweis der Vertretungsbefugnis nicht nach § 32 GBO durch ein Zeug-nis des Registergerichts geführt werden. Die fehlende Eintragung der BGB-Gesellschaft in ein Re-gister führt zu nicht überwindbaren Problemen hinsichtlich Identität und Vertretungsbefugnis, da die Nachweise über das Bestehen der Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis häufig nicht in der Form des § 29 Abs. l S. 2 GBO erbracht werden können (Demharter Rpfleger 2001, 329/330 und Rpfleger 2002, 538; Heil NZG 2001, 300/305 und NJW 2002, 2158/2159). Im Einzelfall können erforderliche Nachweise durch Vorlage eines der Form des § 29 GBO entsprechenden Gesell-schaftsvertrags geführt werden. Dies setzt aber voraus, daß der Gesellschaftsvertrag wenigstens schriftlich geschlossen worden ist, und die Form des § 29 GBO nachträglich herbeigeführt werden kann, wenn der Vertrag nicht von vornherein in dieser Form errichtet wurde (Demharter Rpfleger 2002, 538). Abgesehen davon könnte das Grundbuchamt nicht zweifelsfrei feststellen, ob die in einem vorgelegten Gesellschaftsvertrag genannte Gesellschaft der im Grundbuch eingetragenen namensgleichen BGB-Gesellschaft identisch ist. Auch könnte nie ausgeschlossen werden, daß der Gesellschaftsvertrag in der Zwischenzeit geändert wurde, insbesondere hinsichtlich der Vertre-tungsbefugnis. Für die Entgegennahme und Behandlung von ergänzenden Mitteilungen durch das Grundbuchamt, wie sie Dümig (ZflR 2002, 796 f.) vorschlägt, gibt es in den grundbuchrechtlichen Vorschriften keine Grundlage (vgl. Demharter Anh. zu § 13 Rn. 32); dasselbe gilt für die von Ham-mer (NotBZ 2002, 385) vorgeschlagenen ergänzenden Eintragungen der Gesellschafter und zur Geschäftsführungsbefugnis. Insbesondere ist das Grundbuchamt im Eintragungsverfahren zu Er-mittlungen weder berechtigt noch verpflichtet (BayObLG Rpfleger 1982, 467). Im Bereich des formellen Konsensprinzips (§ 19 GBO) könnte das Grundbuchamt bei Bewilligung eines dinglichen Rechts für eine BGB-Gesellschaft die Vorlage eines Gesellschaftsvertrags nicht verlangen. Das Gleiche gilt, wenn eine BGB-Gesellschaft unter ihrem Namen einen Vollstrek-kungstitel erwirkt und die Eintragung einer Zwangshypothek verlangt. In diesem Fall hat das Grundbuchamt ohne weitere Prüfung den Vollstreckungsgläubiger in das Grundbuch so einzutra-gen, wie er sich aus dem Titel ergibt (vgl. BGH FGPrax 2002, 7).

Ein fehlendes Register kann weder durch das Grundbuch noch durch die Grundakten ersetzt werden d) Weder das Grundbuch selbst noch die Grundakten können als Ersatz für ein fehlendes Register

dienen (Demharter Rpfleger 2002, 538; a.A. Ulmer/Steffek NJW 2002, 330/336 f.). Gesetzliche Vorschriften, die solches ermöglichen würden, bestehen nicht. Solche Regelungen können auch nicht im Wege der Rechtsfortbildung geschaffen werden. Dem stehen die vorhandenen grundbuchrechtlichen Bestimmungen entgegen, die festlegen, was und auf welche Weise im Grundbuch eingetragen werden kann und welche Urkunden zu den Grund-akten zu nehmen sind. Zusätzliche Schwierigkeiten ergäben sich, wenn eine BGB-Gesellschaft als Eigentümerin oder Berechtigte eines dinglichen Rechts in die Grundbücher verschiedener Grund-buchämter einzutragen wäre. Der mit der Eintragung einer BGB-Gesellschaft unter ihrem Namen verfolgte Zweck einer Vereinfachung dadurch, daß die Eintragung aller Gesellschafter unterbleiben könnte, würde wieder aufgehoben, wenn zwar die BGB-Gesellschaft unter ihren Namen eingetra-gen werden könnte, aber gleichwohl stets der aktuelle Gesellschafterstand und die jeweiligen Ver-tretungsbefugnisse aus dem Grundbuch oder den Grundakten ersichtlich sein müßten. Abgesehen davon fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage dafür, Gesellschaftsverträge und Gesellschafterli-sten zu den Grundakten zu nehmen (vgl. § 10 GBO). Auch ist die Einsicht in das Grundbuch oder die Grundakten anders als die in das Handelsregister nicht uneingeschränkt für jedermann zuläs-sig (§ 12 GBO, § 46 GBV). Auch der Umstand, daß der BGH (MittBayNot 2001, 574) vor Einfügung des § 162 Abs. l S. 2 HGB die Anmeldung und Eintragung der Mitglieder einer BGB-Gesellschaft, die Gesellschafterin einer Kommanditgesellschaft ist, im Handelsregister verlangt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Page 380: Beratungsdienst für kommunale Unternehmen · Beratungsdienst für kommunale Unternehmen Fach 1 Schnellübersicht Fach 2 Körperschaftsteuer BKPV 1/2005 Die Zugehörigkeit einer Stiftung

Fach 12 Beratungsdienst für kommunale Unternehmen

Seite 380 Heft 1/2005

Diese Rechtsprechung und die anschließenden gesetzgeberischen Maßnahmen sprechen viel-mehr dafür, daß die Eintragung der BGB-Gesellschaft in einem Register unentbehrlich ist. In dem behandelten Fall bot sich die Eintragung im Handelsregister bei der Kommanditgesellschaft an. An einer solchen Anknüpfungsmöglichkeit fehlt es jedoch in anderen Fällen.

Der Gesetzgeber hat die Voraussetzungen für die Grundbuchfähigkeit der GbR zu schaffen e) Der Senat verkennt nicht, daß die fehlende Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft den Schluß

nahe legt, die Gesellschaft könne als solche kein Eigentum und keine beschränkten dinglichen Rechte erwerben. Dies kann materialrechtlich zu Schwierigkeiten führen, wenn die BGB-Gesell-schaft grundstücksbezogene Rechtsgeschäfte vornimmt (vgl. K. Schmidt NJW 2001, 993/1002; LG Berlin NZM 2002, 780). Wenn die Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft herbeigeführt werden soll, wird es Sache des Gesetzgebers sein, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Dazu er-scheint es unverzichtbar, die Eintragung der BGB-Gesellschaft in einem öffentlichen Register für den Fall vorzusehen, daß sie beabsichtigt, sich am Grundbuchverkehr zu beteiligen. Zusammenfassend scheitert die Eintragung einer BGB-Gesellschaft unter ihrem Namen in das Grundbuch daran, daß die grundbuchrechtlichen Vorschriften hierfür keinen Raum geben. Im Üb-rigen würden dadurch Eintragungen vorgenommen, von denen die Gefahr besteht, daß Rechte verlautbart werden, die nicht verkehrsfähig sind, weil sich die Identität der betroffenen Gesellschaft und die Verfügungsbefugnis vom Grundbuchamt nicht zuverlässig beurteilen lassen.