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Linienstraße 23 10178 Berlin-Germany Tel +49.30.24 34 24 62 [email protected] www.dittrich-schlechtriem.com Öffnungszeiten: Mo–Sa 11–18 Uhr und nach Vereinbarung Die Galerie freut sich, in Folge 6 unserer wöchentlichen Reihe Berliner Luft vom Dienstag, 2. Juni bis Samstag, 6. Juni Andrej Dúbravský vorzustellen. Der Künstler bringt seine Gedan- ken mittels Figuren-, Landschafts- und gele- gentlich auch abstrakter Malerei in einfühlsamen, aber ungeschönten Studien der Umwelt und der Verheerungen zum Ausdruck, die Natur wie Mensch erleiden. In Berliner Luft zeigt der Künstler eine für sein Werk grundlegende Serie mit dem Titel Chem Farmers (2016), die noch nie in Berlin zu sehen war, sowie eine Installation von Keramikarbeiten aus sei- ner Reihe Vases (2015). In den Jahren 2015 und 2016 verlegte Dúbravský seinen Wohnsitz und sein Atelier in das Dorf Rastislavice im slowakischen Hinterland, wo er sich einen Bauernhof mit Garten aufbaute. Die Leidenschaft, mit der er sich der Landwirtschaft widmete, zwang ihn zu einer Auseinanderset- zung mit seinem neuen Umfeld und der örtlichen Bevölkerung. Es war eine Zeit, die ihn unglaub- lich inspirierte, aber auch einen Wandel in seiner Kunst herbeiführte, in der sich die Entzauberung einer zuvor idealisierten Natur und wachsen- de Spannungen zwischen Mensch und Natur spiegeln. Chem Farmers (2016) zeigt junge Bauernbur- schen mit Zahnlücken in klassischen Porträts: Oberkörper, Kopf und Strohhut, der Blick ins Leere gerichtet. Die mit Tusche auf handgeschöpf- tem Papier gezeichneten Figuren grinsen dem Betrachter aus einer gelblich-braunen Aura aus Pestiziden, Eisensulfat und Wurstfett entgegen. Zigarettenstummel, Kronkorken, Teebeutel und Samen sind auf die klebrigen Flecken collagiert. Die vermüllten Oberflächen und weggetretenen Figuren verweisen auf den harten Bruch mit romantischen Vorstellungen von Landwirtschaft, wo toxische Chemikalien und Rauschgifte in großen Mengen eingesetzt und konsumiert werden. Trotz dieser Verdorbenheit haben die Porträts etwas Traumhaf- tes, sind sexy, beinahe wie Heiligenbilder. Die Chem Farmers halten auch unter dystopischen Bedingun- gen an utopischen Idealen fest. Dieselbe Verbindung von Derbheit und Empfindsamkeit ist in einer Serie von drei skulptu- ralen Keramikvasen zu erkennen, die neben den Zeichnungen auf einem Sockel und dem Boden stehen. Grob geformte Gesichter mit weitoffenen Mündern und kleinen Hörnern tragen langgezoge- ne Gefäße, in denen Blumen stehen. Werke von tragisch-romantischer Qualität mit einem Hauch von Jugendstil, deren Glasuren mit ihren Tropfna- sen „durchaus an Körperflüssigkeiten nach dem Verkehr denken lassen“ (Sir Norman Rosenthal, On the Work of Andrej Dúbravský, 2015). +Dúbravský produziert derzeit im Monatsrhythmus ein Zine mit dem Titel ANDREJ über sein Leben als Künstler und schwuler Mann zwischen der länd- lichen Slowakei und New York City. Entstanden als Antwort auf die derzeitige wirtschaftliche und ökologische Krise und die Pandemie, wirft ANDREJ mit Originalbeiträgen über Landwirtschaft, Garten- bau, Kochen, Sex, Kreativität, Kunstmachen, globa- le Unsicherheit und Selbstzweifel ein Schlaglicht auf seine ungewöhnlichen Lebensumstände. ANDREJ erscheint in begrenzter Auflage und ist über den Onlineshop der Galerie und die Instagramseite des Künstlers zu beziehen. Sichern Sie sich jetzt ihr Exemplar! Berliner Luft belebt nicht nur die Galerie als physischen Raum neu; mit ihr bekräftigen wir auch unsere Verantwortung für Kunst und für unsere Künstler und vor allem unsere Beziehung zu Ihnen, unseren Berliner Kunstfreunden. In einer Zeit, in der wir alle nach neuen Wegen suchen, ist diese Reihe ganz Ihnen gewidmet. Eine neue Textilarbeit von Simon Mullan mit dem Titel Alles wird gut (Everything Will Be Alright) emp- fängt über der Tür die Besucher. Die geläufige Re- densart ist hier auch ein Statement des Künstlers. Die einzeln von Hand ausgeschnittenen Buchsta- ben hat Mullan auf einen leuchtend grünen Hinter- grund aufgenäht, dessen Farbe auf seine irischen Wurzeln verweist und in der Geschichte für Hoff- nung, Revolution und Brüderlichkeit stand. Die Aussage fasst die Situation zusammen, in der Künstler seit jeher arbeiten: mit ihren Händen, auf sich allein gestellt, mit beharrlichem Optimismus auch angesichts eines oft schwankenden Kunst- markts. Heute, da die ganz Gesellschaft sich in dieser Lage findet, da der Warennachschub knapp wird und die Stimmung zu bröckeln droht, kann diese Botschaft unseren Zusammenhalt stärken. Wir nähen Masken, arbeiten von zuhause, experi- mentieren mit neuen Kommunikationswegen und Wirtschaftsformen und verlieren bei aller Unsicher- heit nicht die Hoffnung. Alles wird gut weist darauf hin, dass wir diese Prüfung nur zusammen beste- hen werden. BERLINER LUFT, ANDREJ DÚBRAVSKY 02. – 06. Juni 2020

BERLINER LUFT, ANDREJ DÚBRAVSKY 02. – 06. Juni 2020 · Linienstraße 23 10178 Berlin-Germany Tel +49.30.24 34 24 62 [email protected] Öffnungszeiten: Mo–Sa 11–18

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  • Linienstraße 23 10178 Berlin-Germany Tel +49.30.24 34 24 62 [email protected] www.dittrich-schlechtriem.comÖffnungszeiten: Mo–Sa 11–18 Uhr und nach Vereinbarung

    Die Galerie freut sich, in Folge 6 unserer wöchentlichen Reihe Berliner Luft vom Dienstag, 2. Juni bis Samstag, 6. Juni Andrej Dúbravskývorzustellen. Der Künstler bringt seine Gedan-ken mittels Figuren-, Landschafts- und gele-gentlich auch abstrakter Malerei in einfühlsamen,aber ungeschönten Studien der Umwelt und derVerheerungen zum Ausdruck, die Natur wie Mensch erleiden. In Berliner Luft zeigt der Künstler eine fürsein Werk grundlegende Serie mit dem Titel ChemFarmers (2016), die noch nie in Berlin zu sehen war,sowie eine Installation von Keramikarbeiten aus sei-ner Reihe Vases (2015).

    In den Jahren 2015 und 2016 verlegte Dúbravský seinen Wohnsitz und sein Atelier in das Dorf Rastislavice im slowakischen Hinterland, wo er sich einen Bauernhof mit Garten aufbaute. Die Leidenschaft, mit der er sich der Landwirtschaft widmete, zwang ihn zu einer Auseinanderset-zung mit seinem neuen Umfeld und der örtlichen Bevölkerung. Es war eine Zeit, die ihn unglaub-lich inspirierte, aber auch einen Wandel in seiner Kunst herbeiführte, in der sich die Entzauberung einer zuvor idealisierten Natur und wachsen-de Spannungen zwischen Mensch und Natur spiegeln.

    Chem Farmers (2016) zeigt junge Bauernbur-schen mit Zahnlücken in klassischen Porträts: Oberkörper, Kopf und Strohhut, der Blick ins Leere gerichtet. Die mit Tusche auf handgeschöpf-tem Papier gezeichneten Figuren grinsen dem Betrachter aus einer gelblich-braunen Aura aus Pestiziden, Eisensulfat und Wurstfett entgegen. Zigarettenstummel, Kronkorken, Teebeutel und Samen sind auf die klebrigen Flecken collagiert. Die vermüllten Oberflächen und weggetretenen Figuren verweisen auf den harten Bruch mit romantischen Vorstellungen von Landwirtschaft, wo toxische Chemikalien und Rauschgifte in großen Mengen eingesetzt und konsumiert werden. Trotz dieser Verdorbenheit haben die Porträts etwas Traumhaf-tes, sind sexy, beinahe wie Heiligenbilder. Die Chem Farmers halten auch unter dystopischen Bedingun-gen an utopischen Idealen fest.

    Dieselbe Verbindung von Derbheit und Empfindsamkeit ist in einer Serie von drei skulptu-ralen Keramikvasen zu erkennen, die neben den Zeichnungen auf einem Sockel und dem Boden stehen. Grob geformte Gesichter mit weitoffenen Mündern und kleinen Hörnern tragen langgezoge-

    ne Gefäße, in denen Blumen stehen. Werke von tragisch-romantischer Qualität mit einem Hauch von Jugendstil, deren Glasuren mit ihren Tropfna-sen „durchaus an Körperflüssigkeiten nach dem Verkehr denken lassen“ (Sir Norman Rosenthal, On the Work of Andrej Dúbravský, 2015).

    +Dúbravský produziert derzeit im Monatsrhythmusein Zine mit dem Titel ANDREJ über sein Leben alsKünstler und schwuler Mann zwischen der länd-lichen Slowakei und New York City. Entstandenals Antwort auf die derzeitige wirtschaftliche undökologische Krise und die Pandemie, wirft ANDREJmit Originalbeiträgen über Landwirtschaft, Garten-bau, Kochen, Sex, Kreativität, Kunstmachen, globa-le Unsicherheit und Selbstzweifel ein Schlaglicht aufseine ungewöhnlichen Lebensumstände. ANDREJerscheint in begrenzter Auflage und ist über denOnlineshop der Galerie und die Instagramseite desKünstlers zu beziehen. Sichern Sie sich jetzt ihrExemplar!

    Berliner Luft belebt nicht nur die Galerie als physischen Raum neu; mit ihr bekräftigen wir auch unsere Verantwortung für Kunst und für unsere Künstler und vor allem unsere Beziehung zu Ihnen, unseren Berliner Kunstfreunden. In einer Zeit, in der wir alle nach neuen Wegen suchen, ist diese Reihe ganz Ihnen gewidmet.

    Eine neue Textilarbeit von Simon Mullan mit dem Titel Alles wird gut (Everything Will Be Alright) emp-fängt über der Tür die Besucher. Die geläufige Re-densart ist hier auch ein Statement des Künstlers. Die einzeln von Hand ausgeschnittenen Buchsta-ben hat Mullan auf einen leuchtend grünen Hinter-grund aufgenäht, dessen Farbe auf seine irischen Wurzeln verweist und in der Geschichte für Hoff-nung, Revolution und Brüderlichkeit stand.

    Die Aussage fasst die Situation zusammen, in der Künstler seit jeher arbeiten: mit ihren Händen, auf sich allein gestellt, mit beharrlichem Optimismus auch angesichts eines oft schwankenden Kunst-markts. Heute, da die ganz Gesellschaft sich in dieser Lage findet, da der Warennachschub knapp wird und die Stimmung zu bröckeln droht, kann diese Botschaft unseren Zusammenhalt stärken. Wir nähen Masken, arbeiten von zuhause, experi-mentieren mit neuen Kommunikationswegen und Wirtschaftsformen und verlieren bei aller Unsicher-heit nicht die Hoffnung. Alles wird gut weist darauf hin, dass wir diese Prüfung nur zusammen beste-hen werden.

    BERLINER LUFT, ANDREJ DÚBRAVSKY02. – 06. Juni 2020

  • Linienstraße 23 10178 Berlin-Germany Tel +49.30.24 34 24 62 [email protected] www.dittrich-schlechtriem.comOpening Hours: Mon–Sat 11–6 PM and by appointment

    The gallery is pleased to present Andrej Dúbravský for the 6th installment of our weekly series, Berliner Luft, on view Tuesday, 02 June until Saturday, 06 June. Through figuration, land- scapes, and occasional abstraction, Dúbravský’s paintings articulate his reflections in empathetic yet unsparing studies of the environment and its devastation, of man and nature. For Berliner Luft, the artist will present, for the first time in Berlin, a seminal series of works on paper titled Chem Farmers (2016), accompanied by an ins-tallation of ceramic works from his series Vases (2015).

    The period from 2015–2016 marks the year Dúbravský relocated his home and studio to the Slovakian countryside, in the village of Rastislavice, and established his farm and garden. His passion for developing and main-taining this land required active engagement with the local phenomena as well as the farming community. While incredibly inspiring, this period marks a shift in Dúbravský’s work, as his disillu-sion with the ideals of nature settles in, and the apparent tensions of man and nature rise.

    Chem Farmers (2016) depicts youthful gap- toothed farmers, classically cropped portraits, from torso up, with gaze out and straw hats encircling their heads. Drawn in ink on hand-made papers, the figures grin and gaze in a yel-low-brown aura saturated with pesticides, iron sulfate, and sausage grease. Cigarette butts, beer caps, tea bags, and seeds are then colla-ged into the sticky smears. The littered surfaces, and intoxicated subjects, allude to this break with the romantic ideals of agriculture, as poisonous chemicals and intoxicants are frequently used and consumed. Despite their corruption, the portraits remain dreamy, sexy, almost saintly. The Chem Farmers series aims to sustain utopian ideals under even dystopian conditions.

    This combination of crudeness and delicacy is recognized in a series of three sculptural ceramic vases, placed on the pedestal and floor adjacent to the drawings. Roughly formed faces, mouths open wide, and adorned with small horns are the base for elongated vessels containing flo-wers. Tragic, romantic, almost Art Nouveau, their dripped glazes are “not without affinity to post-coital liquids” (Sir Norman Rosenthal, On the Work of Andrej Dúbravský, 2015).

    + Dúbravský is currently producing a monthly zine titled ANDREJ, which manifests the artist‘s posi-tion as a gay man living between the rural coun-tryside of Slovakia and New York City. ANDREJ is a reaction to the current economic, environmen-tal, and pandemic crisis, highlighting exceptional circumstances through original texts on farming, gardening, cooking, sex, creativity, art-making, global uncertainty, and self-doubt. ANDREJ is available to order through the gallery’s online sto-re and artist’s Instagram, while copies last!

    DITTRICH & SCHLECHTRIEM continue our programming series called Berliner Luft, which highlights a different artist each week with a special presentation of art installed in the viewing room of our gallery space at Linienstraße 23 in Berlin-Mitte. The rotating presentations are announced on the gallery’s social media every Sunday evening, and are open for view Monday – Saturday, 11 AM – 6 PM.

    Berliner Luft not only reactivates the gallery physically, it also reactivates our relationships with and responsibilities towards art, our artists, and especially the local community in Berlin. This program was developed for you, as we all develop in this new time.

    A new textile work by Simon Mullan titled Alles wird gut (Everything Will Be Alright) above the entrance welcomes visitors to the gallery. A familiar German phrase, the title is also a state-ment from the artist. Each letter is hand-cut and sewn on a bold green backdrop that references Mullan’s Irish heritage and historically implies hope, revolution, and brotherhood.

    The statement encapsulates the enduring posi-tion of the artist: working with his hands, in iso-lation, maintaining a positive attitude in an often volatile market. In these times, it is a unifying message, with all of society finding itself in this same position as supplies run low and morale is similarly challenged. While we are sewing masks, working from home, and creating new systems of communication and commerce, we remain hopeful amid uncertainty. Alles wird gut demons-trates that we are all in fact in this together.

    BERLINER LUFT, ANDREJ DÚBRAVSKY02 – 06 June, 2020