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WOLF: Betrachtungen zur Bronchologie. 259 3. Herr WorF-Lohr/Main: Betraehtungen zur Bronchologie unter be- sonOerer Beriieksiehtigurg der Tuberkulose. Das Bronehialsystem bildet eine Einheit mit dem gesamten I~e- spirationstraktus. Es besteht ein innerer Zusammenhang der Schleim- h~ute yon der Nase fiber den Rachenring, Kehlkopf und der Bronehien, sowohl in bezug auf die vegetative Innervation als auch auf die Ge- f~L/~versorgung. Ich babe bei meinen Untersuchungen im Tbc.-Krankenhaus Herr- sching (Chefarzt Dr. BECKMAN2~) feststellen k6nnen, dab atrophische, degenerierte Sehleimh~ute des Respirationstraktus eine Disposition ffir Tbc. sehaffen. Zun/~chst fiel mir auf, dal~ bei Tbe. 70 ~o weite Nasen mit atrophischer I~hinitis -- yon der Rhinitis sicca bis einsehlieBlich zur Ozaenaform -- vorhanden sind. Ebenso h/s ist eine Pharyngitis, Laryngitis und Bronchitis sicca zu finden. Diese sind nun keine sekun- d/iren Erseheinungen bei Tuberkulose. Ich hatte Kinder im Alter yon 3--5 Jahren beobaehtet, die weite Nasen mit Schleimhautatrophie hatten und die mir nach einigen Jahren mit frischer Tuberkulose wieder vorgestellt wurden. Somit bin ieh der Ansicht, dab die Schleimhi~ute anlagem~13ig in ihrer natfirlichen Abwehrreaktion gest6rt sind und da- durch eine beg/instigende Eintrittspforte f/Jr Tbe. schaffen. Die Durehblutung insbesonders der Schleimh~ute des weiehen Gau- mens, des Kehlkopfes und der Bronchien ist ein wichtiges Kriterium ffir die Schwere der Lungen Tbc. Je schlechter die Sehleimh/tute durchblutet, also ani~misch sind, um so schlechter ist oder wird der Lungenbefund. Das deckt sich mit der Ansicht yon SIGMtT~D KAL~L~ISCH, der eine eapillare DurchblutungsstSrung des Lungengewebes ffir einen gfinstigen N~hrboden der Tbc.-Baeillen bei hiimatogener Aussaat h/~lt. Bessert sieh die Durchblutung der Schleimh/iute, so erfolgt aueh eine Besserung des Lungenbefundes. I-Iierbei konnte ieh sogar eine Seitendifferenz in der Durehblutung feststellen und dadurch auch die mehrbefallene Lungen- seite bestimmen. Ebenso kann durch den Sehleimhautbefund ein eir- rhotischer LungenprozeB yon einem exsudativen oder eavern6sen Pro- zeB abgegrenzt werden. Diese Durchb]utungsi~nderungen der Schleim- haut haben also nicht nur einen prognos~ischen, sondern insbesondere einen diagnostischen Weft. Interessant ist nun die starke Xnderung in der Durchblutung der Schleimh/~ute naeh operativen Eingriffenim Lungen- bereich. Die vorher an/imischen Schleimh/~ute des oberenl%espirationstrak- tus sind naeh der Operation auffallend stark durchblutet. In den ersten Ta- gen finder man sogar Venektasien und petechiale Blutungen am weiehen Gaumen, ein Zeichen, wie stark die Zusammenh/~nge dieser Bezirke sind. Ieh bin der Auffassung, dal3 diese Durchblutungs~nderungen vege- tativ bedingt sind. Bei ~berwiegen des Sympatikotonus ist eine Ver- schlechterung des Lungenprozesses, bei tdberwiegen des Vagotonus eine

Betrachtungen zur Bronchologie unter besonderer Berücksichtigung der Tuberkulose

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WOLF : Betrachtungen zur Bronchologie. 259

3. Herr WorF-Lohr/Main: Betraehtungen zur Bronchologie unter be- sonOerer Beriieksiehtigurg der Tuberkulose.

Das Bronehialsystem bildet eine Einheit mit dem gesamten I~e- spirationstraktus. Es besteht ein innerer Zusammenhang der Schleim- h~ute yon der Nase fiber den Rachenring, Kehlkopf und der Bronehien, sowohl in bezug auf die vegetative Innervation als auch auf die Ge- f~L/~versorgung.

Ich babe bei meinen Untersuchungen im Tbc.-Krankenhaus Herr- sching (Chefarzt Dr. BECKMAN2~) feststellen k6nnen, dab atrophische, degenerierte Sehleimh~ute des Respirationstraktus eine Disposition ffir Tbc. sehaffen. Zun/~chst fiel mir auf, dal~ bei Tbe. 70 ~o weite Nasen mit atrophischer I~hinitis - - yon der Rhinitis sicca bis einsehlieBlich zur Ozaenaform - - vorhanden sind. Ebenso h/s ist eine Pharyngitis, Laryngitis und Bronchitis sicca zu finden. Diese sind nun keine sekun- d/iren Erseheinungen bei Tuberkulose. Ich hat te Kinder im Alter yon 3--5 Jahren beobaehtet, die weite Nasen mit Schleimhautatrophie hat ten und die mir nach einigen Jahren mit frischer Tuberkulose wieder vorgestellt wurden. Somit bin ieh der Ansicht, dab die Schleimhi~ute anlagem~13ig in ihrer natfirlichen Abwehrreaktion gest6rt sind und da- durch eine beg/instigende Eintrit tspforte f/Jr Tbe. schaffen.

Die Durehblutung insbesonders der Schleimh~ute des weiehen Gau- mens, des Kehlkopfes und der Bronchien ist ein wichtiges Kriterium ffir die Schwere der Lungen Tbc. Je schlechter die Sehleimh/tute durchblutet, also ani~misch sind, um so schlechter ist oder wird der Lungenbefund. Das deckt sich mit der Ansicht yon SIGMtT~D KAL~L~ISCH, der eine eapillare DurchblutungsstSrung des Lungengewebes ffir einen gfinstigen N~hrboden der Tbc.-Baeillen bei hiimatogener Aussaat h/~lt. Bessert sieh die Durchblutung der Schleimh/iute, so erfolgt aueh eine Besserung des Lungenbefundes. I-Iierbei konnte ieh sogar eine Seitendifferenz in der Durehblutung feststellen und dadurch auch die mehrbefallene Lungen- seite bestimmen. Ebenso kann durch den Sehleimhautbefund ein eir- rhotischer LungenprozeB yon einem exsudativen oder eavern6sen Pro- zeB abgegrenzt werden. Diese Durchb]utungsi~nderungen der Schleim- haut haben also nicht nur einen prognos~ischen, sondern insbesondere einen diagnostischen Weft. Interessant ist nun die starke Xnderung in der Durchblutung der Schleimh/~ute naeh operativen Eingriffenim Lungen- bereich. Die vorher an/imischen Schleimh/~ute des oberenl%espirationstrak- tus sind naeh der Operation auffallend stark durchblutet. In den ersten Ta- gen finder man sogar Venektasien und petechiale Blutungen am weiehen Gaumen, ein Zeichen, wie stark die Zusammenh/~nge dieser Bezirke sind.

Ieh bin der Auffassung, dal3 diese Durchblutungs~nderungen vege- tat iv bedingt sind. Bei ~berwiegen des Sympatikotonus ist eine Ver- schlechterung des Lungenprozesses, bei tdberwiegen des Vagotonus eine

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Besserung des Lungenprozesses und der Schleimhautdurchblutung vor- handen. Am besten kommt dieses bei der Phrenicusaussehaltung zum Ausdruck. Der Phrenicus enth~lt zu 60~o sympatische Fasern. Naeh seiner Ausschaltung finden wir die vorher scMecht durchbluteten Sehleimhiiute gut durchblutet.

Eine Abh~ngigkeit der vegetativen Beeinflussung der Sehleimhaut- durehblutung scheint mir aueh durch das pn-Ionenverh~ltnis gegeben zu sein. Eine aeidotische Phase bewirkt Sympaticotonie, eine alkalotisehe Phase bewirkt Vagotonie. Es ist durehaus mSglieh, dab die neuentwiekel- ten Chemotherapeutieis mit S~ureeharakter, wie das Isonieotins~iure I:[ydracid (Rimifon-Neoteben), besondere therapeutische Wirkung, in der richtigen Phase angewandt, hervorrufen werden. Meine Untersuehun- gen mit Rimifon und Neoteben bei Kehlkopf-Tbc. haben ergeben, dag zun~chst eine Verschlechterung in den ersten l0 Tagen wie bei Conteben eintritt, dann abet eine wesentlieh raschere Heflung aueh schwerer Ver- ~nderungen im Kehlkopf folgt. Auffallend ist dabei eine ganz intensive Sehleimhautdurehblutung am weiehen Gaumen, die ffir den Heilungs- prozeg sprieht und somit wiederum prognostisehen Wert hat. Auf der anderen SeRe gilt es auch resistente Fiille, deren Sehleimhgute weiterhin sehleehte Durehblntnng zeigen, diese spreehen aueh lungenmgBig nieht a n .

Im Hinbliek auf die vorgetragenen engen Znsammenhange und Ab- hi~ngigkeiten der Sehleimhautdurehblutung des oberen P~espirations- traktus mit der Lungen The. ist es nieht verwunderlieh, wenn man zu dem Ergebnis kommt, dab die Kehlkopf-Tbe. sehr oft, wenn nicht aussehlieg- lieh, h~matogen entsteht. Ieh habe gesehlossene Lungen The. gesehen, die bei frisehen Streuungen sowohl Lungenherde als auch eine Kehlkopf Tbe. anftreten lieBen. Ebenso beweisen bei vorhandener Kehlkof-Tbe. die bei Contebeng~ben in den ersten i0 Tagen neu entstehenden frischen ge rde im Kehlkopf, die his dahin noch nicht siehtbar in Erscheinung traten, und die aus der Tiefe des Gewebes zu kommen seheinen, die h~matogene Entstehung der Kehlkopf Tbc.

Diese Zusammenh~nge zu kennen ist wiehtig zur riehtigen Beurtei- lung und Anwendung der erforderliehen therapeutisehen Magnahmen bei der Tuberkulose. Nicht nur eine genaue Inspektion und Beurteilung der Schleimhi~ute tier oberen Luftwege, sondern auch die ][nspektion und ]3eurteilung der Schleimh~ute der Bronehien ist ffir unser Handeln aus- sehlaggebend. Vor operativen Eingriffen ist unbedingt eine ]~roneho- skopie notwendig. ]3ei tnberkul6sen Vergnderungen in den Bronehien kann nut eine Lobektomie oder Pneumektomie den verspreehenden Er- folg bringen. Die Inhalationen mit Sovoteben oder Neoteben-fliissig vor den Eingriffen fiihren helen der innerliehen Anwendung yon Chemo- therapentieis zur weitgehenden Besserung der tuberkul6sen Prozesse~

H. V i s r ~ : Hflfsmittet fSr die Beurteilung der Operabilit~t. 261

I m Kehlkopf heilen sie in 1--3 Monaten aus. Diese Inhalationen schaffen ein gfinstiges Vorstadium zur Operation.

Zur guten An~sthesie ffir die Bronchoskopie kann man unbedenklich �9 50--60 Tropfen einer 2~oigen PantocainlSsung mit ca. 10 Tropfen Suprareninzusatz zum Einsprayen mit dem WAG~S:~-Zerst~uber ver- wenden, obwohl die Maximaldosis yon 20 Tropfen einer 2 ~o igen Panbo- cainlSsung bisher angegeben ist. Mit 20 Tropfen sprayt man die Rachen- :schleimhgnte bis zum Kehlkopf ein, 20 Tropfen sprayt man durch die S~immb~nder in die Trachea und 20 Tropfen gibt man noch in die Bron- .chien. Diese Angsthesie ist einwandfrei fiir die Bronchoskopie und ftir ~eine anschliel~ende Kontrastffillung zur RSntgenaufnahme.

Die ds:rgelegten Erkenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete der Bronchologie sollen dazu beitragen, den in den ietzten Jahren so erfolg- reich begonnenen Weg in der Behandlung der Tuberkulose fortzusetzen nnd auszubauen.

4. Herr H. VIETE~-Diisseldorf (a. G.): Das Veratmungsbronchogramm als Hilfsmittel fiir die Beurteilung der 0perabilit~it beim Bronehialearcinom.

Herr ]~IECK~ hat in seinem I~eferat bereits auf das schwierige Problem der Beurteilung der Operabilit~t eines Bronchialcarcinoms hin- gewiesen. Erfolgt die Beurteilung auf Grund der bronchographisch und bronchoskopisch weitgehend genau feststellbaren Lokalisation sowie kli- nischer Kriterien, wie Alter des Pa$ienten, Allgemeinzustand, Atem- reserve usw, so kann zwar bei einem Tell - - leider bekanntlich dem grSBten - - a priori die Inoperabflitiit festgestellt werden, gTbrig bleiben aber alle die F~lle, die nach den erw~hnten Kriterien eigentlich operabel sein kSnnten, bei denen dann erst w~hrend der Operation mehr oder we- niger ausgedehnte Lymphknotenmetastasen im Mediastinum gefunden werden. Auch diesen Patienten sollte jedoch nach M5glichkeit jeder operative Eingriff, auch die Probethorakotomie, erspar~ bleiben.

Nach unseren Erfahrungen bei der Untersuchung yon 500 Bronchial- .c~rcinomen reichen die iiblichen rSntgendiagnostischen Kriterien, wie Xonturveranderungen am Osophagus bei Lymphkno~enmetastasen im hinteren Mediastinum, Impressionen der Trachea oder der t!auptbron- chien, Spreizung und Abrundung derWinkel zwischen den einzelnen t~ron- chien nsw., fiir die Beurteilung des lV[ediastinums ira Sinne der vorliegen- den Fragestellung nicht aus. Insbesondere konnten wir uns hie davon iiberzengen l~ssen, dab ein gespreizter Carinawinkel ein sicheres Zeichen mediastinaler Driisenmetas~asen sei.

Wesentlich aufschluBreicher erschien dagegen die objektive Erfas- sung pa~hologischer Bewegungen des Tracheobronchialsystems bei for- cierter Atraung. Ohne den groi~en Wert~ der Kymographie ftir die Analyse