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Fortschrittsbericht .\us der Deutschen Forschungsanstalt fur Lebensmittelchemie, Munchen (Direktor: Prof. Dr. S. W. Sowcr) Betrachtungen zur ernahrungsphysiologischen Bedeutung erhitzter Fette R. KOHN und s. Q. NAHAR-RAHMAN Dli 664.3 I .06j.32:612.397 Speisefette, erhitzte, ernahrungsphysiologische Bedeutung Die bei der Verwendung yon Fetten und olen fur Koch-, Brat- und Backzweckc gemachten Erfahrungen haben gezeigt, daB es schwierig ist, deren angenehmen Geschmack und Geruch zu erhalten. Dies gilt besonders dann, wenn die Fettstoffe lange Zeit oder wiederholt erhitzt werden nnd sich dabei unenviinschte Aromakomponenten bilden. Die gleichen Xromastoffe entwickeln sich auch in fetthaltigen Lebensmitteln, wie Schweine-, Rinder- und Huhnerfleisch oder Fischen sowie Milch und Milchprodukten. Sie treten ferner bei fetthaltigen Fertigpro- dliicten auf, wenn diese langere Zeit gelagert oder erhitzt worden sind. Besonders wahrend des Bratvorgangs nehmen Xahrungsmittel unterschiedliche Mengen der verwendeten Fette und ole auf. Dieser Vorgang ist minimal bei Lebensmitteln, die an sich einen betrachtlichen Fettanteil enthalten (z. B. Steak nnd Huhnerfleisch). dagegen oftmals sehr groll bei fettarmen ;Iiisgangsmaterialien, wie z. B. Kartoffeln, die in Form von Pommes frites ca. 4oon 01 aufzu- saugen vermogen. Hierbei kann es ebenfalls zu unerwunschten Geschmacksveranderungen knmmen, besonders dann, wenn die Bratfette nicht mehr frisch sind. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob iibermaig lang erhitzte Fette oder Ole an die mit ihnen zubereiteten Lebensmittel nur das unerwunschte .4roma abgeben oder ob sie selbst auch gleichzeitig eine gewisse Toxizitat besitzen. Um sie beantworten zu konnen, ist eine genaue Iienntnis der chemischen Veranderungen notwendig, die Erhitzungsprozesse in Fetten und Olen hervorrufen kdnnen. Grundsatzlich treten vier Arten von chemischen Sekundarprodukten als indirekte Folge der Erhitzung von Fettsubstanzen unter Luftzutritt auf : Peroxide und Hydroperoxide aus ungesattigten Wttsauren, Carbonylverbindnngen durch Zersetzung der vorgenannten Verbindungen, Iiydroxysauren, Polymere aus teilweise oxydierten Fetten und olen. einer naheren Betrachtung unterzogen werden. Im folgenden sol1 der EinfluB dieser Reaktionsprodukte in ernahrungsphysiologischer Sicht Die Wiykting der Peroxide und Hydvoperoxide. Obwohl stark erhitzte Fette nur noch geringe Anteile an Perverbindungen enthalten, kann ihr antokalalytischer Effekt auf die Oxydation von ungesattigten Fettsauren ernahrungs- physiologisch von Bedeutung sein. Peroxide, die wahrend intensiven Bratens yon den Le- bensmitteln aufgenommen werden, vermogen wesentliche Anteile von Vitaminen zu zer- stdren [rj. Ihre Anweseiiheit tragt aullerdem zur raschen Entwicklung des typkchen Ranzig- keitsgeruchs und -geschmacks der gebratenen Speisen bei. Die Vermutung, daB Peroxide vom 14 Die Nahmng, Heft 2

Betrachtungen zur ernährungsphysiologischen Bedeutung erhitzter Fette

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Fortschrittsbericht

.\us der Deutschen Forschungsanstalt fur Lebensmittelchemie, Munchen (Direktor: Prof. Dr. S. W. Sowcr)

Betrachtungen zur ernahrungsphysiologischen Bedeutung erhitzter Fette

R. KOHN und s. Q . NAHAR-RAHMAN

D l i 664.3 I .06j.32 :612.397 Speisefette, erhitzte, ernahrungsphysiologische Bedeutung

Die bei der Verwendung yon Fetten und olen fur Koch-, Brat- und Backzweckc gemachten Erfahrungen haben gezeigt, daB es schwierig ist, deren angenehmen Geschmack und Geruch zu erhalten. Dies gilt besonders dann, wenn die Fettstoffe lange Zeit oder wiederholt erhitzt werden nnd sich dabei unenviinschte Aromakomponenten bilden. Die gleichen Xromastoffe entwickeln sich auch in fetthaltigen Lebensmitteln, wie Schweine-, Rinder- und Huhnerfleisch oder Fischen sowie Milch und Milchprodukten. Sie treten ferner bei fetthaltigen Fertigpro- dliicten auf, wenn diese langere Zeit gelagert oder erhitzt worden sind. Besonders wahrend des Bratvorgangs nehmen Xahrungsmittel unterschiedliche Mengen der verwendeten Fette und ole auf. Dieser Vorgang ist minimal bei Lebensmitteln, die an sich einen betrachtlichen Fettanteil enthalten (z. B. Steak nnd Huhnerfleisch). dagegen oftmals sehr groll bei fettarmen ;Iiisgangsmaterialien, wie z. B. Kartoffeln, die in Form von Pommes frites ca. 4oon 01 aufzu- saugen vermogen. Hierbei kann es ebenfalls zu unerwunschten Geschmacksveranderungen knmmen, besonders dann, wenn die Bratfette nicht mehr frisch sind.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob i ibermaig lang erhitzte Fette oder Ole an die mit ihnen zubereiteten Lebensmittel nur das unerwunschte .4roma abgeben oder ob sie selbst auch gleichzeitig eine gewisse Toxizitat besitzen. Um sie beantworten zu konnen, ist eine genaue Iienntnis der chemischen Veranderungen notwendig, die Erhitzungsprozesse in Fetten und Olen hervorrufen kdnnen.

Grundsatzlich treten vier Arten von chemischen Sekundarprodukten als indirekte Folge der Erhitzung von Fettsubstanzen unter Luftzutritt auf : Peroxide und Hydroperoxide aus ungesattigten Wttsauren, Carbonylverbindnngen durch Zersetzung der vorgenannten Verbindungen, Iiydroxysauren, Polymere aus teilweise oxydierten Fetten und olen.

einer naheren Betrachtung unterzogen werden. Im folgenden sol1 der EinfluB dieser Reaktionsprodukte in ernahrungsphysiologischer Sicht

Die Wiykting der Peroxide und Hydvoperoxide.

Obwohl stark erhitzte Fette nur noch geringe Anteile an Perverbindungen enthalten, kann ihr antokalalytischer Effekt auf die Oxydation von ungesattigten Fettsauren ernahrungs- physiologisch von Bedeutung sein. Peroxide, die wahrend intensiven Bratens yon den Le- bensmitteln aufgenommen werden, vermogen wesentliche Anteile von Vitaminen zu zer- stdren [rj. Ihre Anweseiiheit tragt aullerdem zur raschen Entwicklung des typkchen Ranzig- keitsgeruchs und -geschmacks der gebratenen Speisen bei. Die Vermutung, daB Peroxide vom 14 Die Nahmng, Heft 2

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Darmtrakt direkt aufgenommen werden, ist noch nicht als gesichert anzusehen; es wurde jedoch beobachtet, da13 groBere Mengen von Peroxiden im Speisebrei geeignet sind, die Re- sorption der Lipide zu verhindern. NISHIDA u. a. [z, 31 verabreichten Ratten mittels einer Magensonde Methyllinoleat-Hydroperoxide und fanden z bis 4 h spater weniger Lipide j,n der Lymphe als bei nicht gefutterten Tieren. Die Ergebnisse von Versuchen in vitro iiber den EinfluB von Methyllinonleat-Hydroperoxiden auf das Blutserum zeigten, daO nach Iostd. Ein- wirkungsdauer nahezu 95 yo der B-Lipoproteide denaturiert waren, wahrend reines Methyl- linoleat keine derartigen Effekte hervorzurufen in der Lage war. Eine intravenose Injektion von Hydroperoxiden in Mengen von ca. 10 mg fiihrte bei Kiiken, die bei einer Diat mit 10%

Weizenol gehalten wurden, nach I bis 5 h zu Storungen des Kleinhirns, wie Ataxie, Zuckungen

300 350 t /

1 I I 1 I 1 1 1 1 I I * 4 5 6 7 8 3 1 0 1 2 17

Alter io Wichen (rez@roke Werfe)

Abb. I . Wachstumskurven von 4 Gruppen von Ratten fettfreie Diat = - ; Verfutterung von Myristylperoxid = - - - ;

Verfiitterung von Laurylperoxid = ..-.----...; Verfiitterung von autoxydiertem Baumwollsaattil = [6]

und retropulsiven Bewegungen. Derartige Storungen waren jedoch bei Injektionen an Ratten nicht zu beobachten, wenn die Tiere zu 100 g ihrer Diat einen Zusatz von 8 mg c-Tocopherol erhielten. Pathologische Untersuchungen von Gewebeproben des Kleinhirns zeigten, daR die Methyllinoleat-Hydroperoxid-Tnjektionen beachtliche odeme sowie Stauungen im Kapillar- gefal3-System verursachten [4].

KRITCHEVSKY u. a. [5 ] stellten bei Ratten, die rnit Methylepoxystearat gefiittert worden waren, eine zunehmende Hemmung der Cholesterinoxydation fest, die erheblich groOer war, als bei einer Methylstearatverfutterung. In anderen Versuchsreihen futterten KAUNITZ u. a. [6] entwtihnte Ratten mit einer Diat, die Lauryl- und Myristylperoxide enthielt. Daneben erhielten die Tiere noch zusatzliche Mengen von Vitaminen und Linolsaure. Die Wachstums- kurven sind in Abb. I dargestellt, wobei der Logarithmus des Ktirpergewichtes gegen den reziproken Wert des Alters der Versuchstiere aufgetragen wurde. Eine Gruppe der Tiere erhielt eine Diat mit 10% autoxydiertem Raumwollsaatol anstelle der gleichen Menge Kohlen- hydrate. Es zeigte sich. daO dieses Baumwollsaatol toxischer war als die gleichen Konzentra- tionen an Lauryl- und Myristylperoxid. Die mit oxydiertem 01 gefiitterten Tiere zeigten im

Erhitzte Fette 207

Gegensatz zu den anderen 3 Versuchsgruppen eine wesentliche VergroDerung von Leber und Niere.

G.ischromatographische Untersuchungen an Fetten von anderen Korperteilen dieser Tiere zeigten, daB betrachtliche Mengen von Lauryl- und Myristylperoxiden nur bei den Tieren nachgewiesen werden konnten, die mit diesen Substanzen gefiittert warden waren. Dies 1 a D t darauf schIie0en. daLl Peroxide in irgendeiner Form vom Organismus resorbiert wurden. Es gibt eine beachtliche Reihe von indirekten Beweisen, die diese Beobachtung bestatigen. KA- XEDA u. a. [7] fanden ebenfalls Peroxide im Leber- und Muskelfett von Ratten, die oxydierte, stark unge&ttigte Fischole in ihrem Futter erhielten. REPORTER u. a. [B] weisen daneben auf eine durch oxydierte Fette verursachte Zerstorung der Vitamine in Gewebeproben hin. Di- rekte Reweise deuten jedoch darauf hin, daD diese Effekte nicht als unmittelbare Folge der Resorption von Peroxiden anzusehen sind. ANDREW u. a. [gj verabfolgten peroxidhaltiges Baumwollsaatljl an Ratten und untersuchten deren Lymphe in verschiedenen Zeitabstanden.

Abb. 2-4. Wachstumskurven Abb. zB. Wachstumskurven von 4 Gruppen von Ratten von 4 Gruppen von Ratten

mit 20% autoxydiertem Tintenfischol in der Diat [xzj.

mit 20% Tintenfischol in der Diat (Kontrollversuche) [IZ].

Wur bei einem von 25 Tieren wies die Lymphe eine meDbare Menge an Peroxiden auf, obwoh1 Persxide durch sie nicht in nennenswerten Mengen abgebaut werden konnen. GLAVIND u. a. [to] konnten ebenfalls Peroxide in der Lymphe nach Verfiitterung von oxydierten Fetten nicht finden. HOLMAN u. a. [II] kamen durch ihre Untersuchungen zu der SchluBfolgerung, daB die Peroxide der Fettsaure bei Infusion in den Blutkreislauf toxischer wirken als h i oraler ;2pplikation. Um im speziellen Fall die Toxizitat der Peroxide zu ermitteln, oxydierte MAT- suo [IZ] Tintenfischol und die Athylester der ungesattigten Fettsauren aus dem d l des Tinten- fiscbes und verfiitterte die Reaktionsprodukte (Peroxidzahl240) an Ratten. Er konnte beob- achten, daO die Toxitat tatsachlich der Menge an Peroxiden proportional ist. Autoxydiertes -4thyllinolat und -1inoleat erwiesen sich ebenfalls als toxisch.

Entfernte man die Peroxide der autoxydierten Substanzen vor der Verfiitterung oder fanden nicht oxydierte 81e Verwendung, so war das Wachstum der Versuchstiere (Ratten) durchaus normal.

abb. 2 -4 zeigt die Wachstumskurven von 4 Kontrollgruppen von Ratten, die 20% unbe- handeltes Tintenfischol erhielten. Eine Zumischung von 2 0 % autoxydiertem Tintenfischol ergab bei weiteren 4 Gruppen dagegen ein langsames Absinken der Korpergewichte, das schlieDlich zu einem Ableben aller Tiere fiihrte (Abb. 2 B). LANG [13], der die biologischen Wirkungen autoxydierter, epoxydierter und bestrahlter

Fette ngher untersuchte, verweist in einem Ubersichtsreferat besonders auf die toxischen Ef- fekse stark peroxidhaltiger Fette, die sich u. a. in erheblichen lokalen Reizwirkungen auBern. h n l i c h e Beobachtungen konnte auch JAHR [q] machen.

CZOK [15] konnte durch Versuche an Ratten nachweisen, daB chemisch verhderte Fette, die in der Hauptsache nur Peroxide, jedoch keine sekundaren Oxydationsprodukte enthielten,

14.

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auch bei Langzeitversuchen keine schadlichen Wirkungen auf die Funktion der Leber hervor- rufen. Nur bei starker veranderten Substanzen, wie sie lang geblasene oder htiher bestrahlte ole darstellen, traten Leberstorungen in Erscheinung, die vermutlich von Folgeprodukten, wie Epoxiden, Hydroxylverbindungen, Dimeren und htiheren Polymeren herriihren.

Die Wirkung der Carbonylverbindungen

Carbonylverbindungen sind hauptsachlich fur Geschmacksveranderungen in erhitzten Fetten und &en verantwortlich. Den Beweis, daB auch der menschliche Organismus Carbonyl- verbindungen aufzunehmen vermag, wurde von UENO u. a. [16] erbracht. Gleichlaufende Versuche an mit erhitztem d l gefiitterten Ratten ergaben, daB deren Lymphe einen bestimm- ten Carbonylgehalt aufwies, der zwar nicht so hoch lag, als der des erhitzten dles, doch gr6Ber war als der von Tieren, die nur frisches dl bekamen.

Die Wirkung der Hydroxysauren

Hydroxysiiuren, die aus oxydierten Fetten stammen, ktinnen sich im Organismus von Mensch und Tier ablagern und den Charakter des normalen Triglyceridmusters der Kdrper- fette beeinflussen. Diese Tatsache vermag entscheidend dazu beitragen, daB auch Hydro- peroxide eingebaut werden [17].

Die Wirkung der Polymeren

Ratten, die u. a. mit dem polymeren, nicht destillierbaren Riickstand der iiber die Harn- stoffaddukte getrennten Fettsauren aus thermisch oxydiertem Weizenol gefiittert worden waren. verloren laufend an Gewicht und verendeten innerhalb von 7 Tagen, wiihrend Kon- trolltiere bei Gaben von FettsHuren aus frischem Weizentil und bei sonst gleichbleibender Diat stetig an Gewicht zunahmen [IS].

SAKURAGI u. a. [IS] konnten feststellen, daB polymerisiertes Walol eine betrachtliche Toxi- zitat zeigte, wenn es Ratten in einer Zumischung von 20% zur Diat gegeben wurde. Die Tiere iiberlebten einen Zeitraum von 3 Wochen nicht. Ein Entzug oder eine Verminderung des Anteils an polymerisiertem d l garantierte jedoch das fiberleben. CRAMTON u. a. [20-231 fanden, daB thermisch polymerisierte Ole trotz a d e r s t niedrigem Peroxidgehalt auf Ratten toxisch wirken. KAUNITZ u. a. [24-261 beobachteten, daB oxydiertes Raumwollsaattil auf Ratten eine toxische Wirkung hat: Tiere, an die thermisch polymerisiertes Tintenfischol verabreicht wurde, verendeten innerhalb von 15 Tagen [IZ].

Eingehende Untersuchungen von LANG [13] an Ratten mit geblasenen &en ergaben, da13 deren Toxizittit (gemessen an Wachstumsverzogerungen und Letalitat) mit steigender Inten- sitat der Hitze- und Sauerstoffeinwirkung steil ansteigt, um nach Erreichung eines Maximums wieder abzufallen. E r sieht die Ursache dieser Erscheinungen in einer zunehmend schlechter werdenden Resorbierbarkeit der Reaktionsprodukte. Die beobachtete Toxizitat wird auf ihren Gehalt an Oxypolymeren, insbesondere an Dimeren, zuruckgefiihrt.

HARMUTH u. a. [27] fanden, daB eine haushaltsmaDige Erhitzung von Maiskeimol bis zu Temperaturen von ca. zoo OC weder zu Isomerisieruugserscheinungen noch zur Bildung von Polymeren der Liuolsaure fuhrt.

Vitaminmangelevscheinungen

Seit 1940 ist bekannt, daB der Bedarf von Ratten an fett- und wasserloslichen Vitaminen zunimmt, wenn oxydierte Fette verfiittert werden. Dieser Effekt ist nicht nur durch die zer- storende Wirkung der oxydierten Substanzen begriindet, sondern stellt auch eine Folge ihres Einflusses auf eine Reihe von Stoffwechselvorgangen dar. Mehrfach konnte nachgewiesen werden, daB sich durch Vitamingaben die Wirkungen oxydierter Fette aufheben lassen. STAMLER [z8] beobachtete, daB sich die der Eklampsie ahnlichen Zustande bei trachtigen Ratten durch Gaben groDer Dosen an Tocopherol verhindern lassen. Man nimmt daher an, daB oxydierte Fette die Wirkungsweise der Enzymsysteme sttiren konnen, wobei Tocopherol eine Art Schutzwirkung auszuiiben vermag. Das Fehlen von Vitamin A in der Diat von

Erhitzte Fette 209

Korpergewicht der mit frischem 051 gefiitterten Kontrolltiere

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Ratten, welche mit oxydiertem Schweineschmalz gefiittert wurden, fiihrte rasch zum Auf- treten von typischen Mangelerscheinungen [29]. Durch Gaben von Penicillin und Streptomy- cin 'konnte die Lebensdauer dieser Tiere etwas verlangert werden. Man war der Meinung, diese Beobachtung mit der Tatsache in Verbindung bringen zu kijnnen, daO derartige Vit- amin-.4-Mangelschaden eine Folge von Infektionskrankheiten sind, die sich teilweise durch Antibiotika beheben lassen. Vor einiger Zeit haben REPORTER u. a. [S] festgestellt, daR Gaben von oxydierten Fetten die Entwicklnng von Vitaminmangelkrankheiten bei Ratten fbrdern. KUMMEROW u. a. [30] fanden, daIJ die antiachrodynische Funktion der Fette bei oxydierten Fetten geringer ist als bei frischen Fetten. Wird oxydiertes Schweineschmalz einer Ribo- flavin-Mangeldiat fur Ratten zugesetzt, so zeigen sich ebenfalls rasch Slangelerscheinungen. Es ist offensichtlich, daR der Riboflavinbedarf bei Anwesenheit oxydierter Fette zunimmt [31j.

Korpergewicht der rnit oxydier- tem 01 gefutterten Versuchstiere

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0

2

4 8

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Weizenol scheint den Umfang der Wachstumsdepression zu beeinflussen, wenn auch direkte Unterschiede zwischen Tieren nicht gefunden werden konnten, die 16 bzw. 24 h auf 200 O C

erhitztes Weizenol erhielten. Tab. I zeigt den EinfluB der Verfutterung von Weizenol (24 h bei 200 O C erhitzt) auf ausgewachsene Ratten; alle Tiere verendeten zwischen dem 17. und 24. Tag: ihr durchschnittliches Korpergewicht betrug zu diesem Zeitpunkt ca. 129 g.

Eine prozentuale Erhohung der unverdaulichen Anteile im Futter fuhrte zu einer gewissen -\bschwachung der lt'achstumssenkung.

POLLING u. a. [33j konnten zeigen. daO eine Digtit, die mit 5y0 Cellulose, lye Weizenkeimol und Tocopherol angereichert war, bei Ratten zum Teil auch dann die Wachstumssenkung verhindern kann, wenn die Tiere vorher erhitzte Fette verabfolgt erhielten. Verinehrte Gaben von Eiweilj erhbhten zwar die Rachstumsrate der mit frischem oder erhitztem Weizenol ge- futterten Tiere, konnten aber die durch das erhitzte 01 bedingte Wachstumssenkung nicht uberwinden. Dieser Effekt lien sich erst dann beheben, wenn die Versuchstiere eine Diat rnit Fischol bekamen.

Krebserregende Wirkung

1946 stellte RUFFO 1341 erstmals Magenkrebs bei Ratten fest, die rnit erhitztem Fett ge- fiittert worden waren. Nach Angaben von LAVIK u. a. [35] ist die Anwesenheit eines Carci- nogens notwendig, um eine solchr Wirkung hervorzurufen. Wurde z. B. erhitztes Weizenkeim-

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61 rnit einem Zusatz von 2-Acetylaminofluoren verfiittert, so erhohte sich dessen carcinogene Wirkung [36]. 96 rnit einer Diat aus einer Mischung von frischem und erhitztem Weizenkeimol rnit 0,005% z-Acetylaminofluoren gefiitterte Ratten entwickelten Tumore, die - bis auf eine Ausnahme - den Tod der Versuchstiere zur Folge hatten. Im Gegensatz hierzu iiberlebte .eke gleich starke Versuchsgruppe, die zwar ebenfalls 0,005% der vorgenannten Chemikalie, jedoch anstelle von erhitztem 0 1 frisches erhielten. Keines dieser Ti.ere wies einen Leber- oder Ohrenkanaltumor auf. Ob eine diatetische Ursache fur Carcinogene vorliegt, um rnit erhitztem 0 1 zusammenzuwirken, oder ob erhitzte Ole tatsachlich allein schon cancerogen sind, kann noch nicht als eindeutig geklart angesehen werden.

W7irkung von autoxydievten Fettsaureestern auf Proteine, AminosZuren und Enzyme

Um die allgemeinen Auswirkungen der Toxizitat erhitzter Fette festzustellen. untersuchte MATSUO [37] die Wirkungen autoxydierter, stark ungesattigter Fettsaureathylester auf Pro- teine, Aminosauren und Enzyme. Er stellte eine Denaturierung und Prazipitierung von Oval- bumin in einer Mischung von 40 ml einer zo%igen wal3rigen Ovalbuminlosung und 5 ml des oxydierten Esters fest, wenn diese langere Zeit bei 37 OC gehalten wurden. Losungen rnit unbehandeltem Ester zeigten dagegen nur gennge Veranderungen. Daneben wurde ferner festgestellt, daG Cystin unter Spaltung der S-S-Bindung in Cysteinsaure umgewandelt wird.

Ebenso wie Proteine von autoxydierten, stark ungesattigten Fettsaureestern merklich dena- turiert werden konnen, war auch zu erwarten, daR Enzyme in groBerem Umfang einer Beein- flussung durch erhitzte Fette unterliegen. Um diesen Fragenkomplex zu klaren, wurden Ver- suche mit Succinat-Dehydrogenase, Speichelamylase und der Amylase aus SiiBkartoffeln an- gestellt [38]. Die -4ktivitilt der Succinat-Dehydrogenase aus Muskeln und Lebergewebe von Ratten, die mit oxydiertem Fett gefiittert wurden, war geringer als die der rnit einwandfreien Fetten ernahrten Tiere. Setzte man oxydierte Ester speichelhaltigen Ansatzen zu, so ver- schwand die Aktivitat innerhalb von zz h, wahrend sie bei Verwendung von nicht oxydierten Estern noch nach 20 h voll erhalten war.

Abschlieaend ist allerdings zu bemerken, daB bei den angefiihrten Untersuchungen Fette und Fettsaurederivate Verwendung fanden, die einen wesentlich hoheren Oxydationsgrad auf- wiesen, als dies gewohnlich bei Fetten und 61en bei kiichentechnischen Koch- oder Brat- prozessen der Fall ist. Viele der gemachten Beobachtungen dienten jedoch als Grundlage zu einer allgemeinen Beurteilung der Auswirkungen normaler haushaltsmaBiger, Lebensmittel- zubereitungsvorgange auf die ernahrungsphysiologischen Wertmerkmale der Fette. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daI3 weitere chemisch und toxikologisch interessante Substanzen aus den teilweise schlecht schmeckenden und riechenden, stark viscosen Fetten und olen iso- lierbar sind.

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