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Diplomarbeit Bewusstseinsverändernde Drogen und ihre Bedeutung für das Individuum und die Gesellschaft Amphetamine und ihre nahen Verwandten - Therapeutische Nischensubstanzen versus illegale Wunderdrogen eingereicht von Michael Weber Geb. Dat.: 26-06-1988 zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt am Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie unter der Anleitung von Univ. Prof. i.R. Mag. Pharm. Dr. Eckhard Beubler Ort, Datum ………………………….. (Unterschrift)

Bewusstseinsverändernde Drogen und ihre Bedeutung für das

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Diplomarbeit

Bewusstseinsverändernde Drogen und ihre Bedeutung

für das Individuum und die Gesellschaft Amphetamine und ihre nahen Verwandten - Therapeutische Nischensubstanzen

versus illegale Wunderdrogen

eingereicht von

Michael Weber

Geb. Dat.: 26-06-1988

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der gesamten Heilkunde

(Dr. med. univ.)

an der

Medizinischen Universität Graz

ausgeführt am

Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie

unter der Anleitung von

Univ. Prof. i.R. Mag. Pharm. Dr. Eckhard Beubler

Ort, Datum ………………………….. (Unterschrift)

Seite | i

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde

Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den

benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht

habe.

Graz, am …… Unterschrift

Seite | ii

Danksagungen

Zunächst gilt mein Dank Herrn Univ.-Prof. i. R. Mag. Pharm. Dr. Eckhard Beubler, welcher

mich während der Erstellung betreute, mir Literatur zur Verfügung stellte und letzten Endes

die Begutachtung dieser Arbeit übernahm.

Ebenfalls möchte ich mich bei Herrn Univ.-Prof. Dr. med. univ. Josef Donnerer bedanken. Er

fungierte als Zweitbetreuer und hierbei vor allem im organisatorischen Sinne.

Unabhängig von dieser Arbeit, gilt mein größter Dank den Mitgliedern meiner Familie. Sie

waren jederzeit für mich da und haben mich selbst in schwierigen Zeiten niemals im Stich

gelassen.

Schließlich möchte ich mich bei sämtlichen Professoren, Studienkollegen und Freunden

bedanken, die mich auf meinem Weg des Studiums begleitet haben.

Seite | iii

Zusammenfassung

Diese Arbeit befasst sich mit der Gruppe der Amphetamine und amphetamin-ähnlichen

Wirkstoffen. Diese Substanzklasse stellt den Prototyp der indirekten Sympathomimetika dar.

Seit ihrer Entdeckung wurden sie in vielfältiger Weise eingesetzt und ihr Einsatzgebiet hat

sich im Lauf der Jahre stark geändert. Anfangs als Wundermittel bezeichnet, verlor die

Substanzgruppe der Weckamine zunehmend an therapeutischer Bedeutung. In der

Drogenszene und auch in der Allgemeinbevölkerung sind sie eher als Party- oder

Designerdrogen bekannt und haben in diesem Bereich kaum an Sympathisanten verloren.

Zunehmende Berichte verschiedenster Medien zeigen uns das Bild einer Substanzklasse, die

nur noch in den seltensten Fällen Befürworter für sich gewinnen kann. Doch vor allem ihre

zahlreichen Interaktionen sprechen für ihre pharmakologische Potenz und erinnern uns

daran, dass es keine Hauptwirkungen ohne Nebenwirkungen gibt.

Das Ziel dieser Arbeit ist eine umfassende Ausarbeitung des entsprechenden Themas anhand

einer Literaturrecherche. Lehrbücher, Studien und vereinzelt auch Medienberichte dienen

als ursprüngliche Quelle dieser Diplomarbeit.

Zuvor wird auf die Physiologie des vegetativen Nervensystems (insbesondere des

Sympathikus) und auf die Neurotransmission eingegangen, da dies die grundlegenden

Angriffspunkte sind, die eine entscheidende Rolle für das Verständnis darstellen.

Es folgt die Beschreibung der Amphetaminwirkung auf das Individuum (Wirkmechanismus,

Pharmakokinetik, Nebenwirkungen, Interaktionen, therapeutische Indikationen etc.).

Danach folgt eine Darstellung gesellschaftlicher Aspekte, die uns einen weiteren Einblick in

die dargestellte Problematik geben.

Zum Schluss der Diplomarbeit wird anhand der gewonnen Erkenntnisse ein Resümee

gegeben, welches eine persönliche Stellungnahme inkludiert.

Seite | iv

Abstract

This work deals with the group of amphetamines and amphetamine-related-drugs. This

substance-class represents the prototype of indirect-sympathomimetics. Since their

discovery they were used in many ways and their field of application has changed over the

years. At first people declared them as wonder-drugs, but over the years they lost their

therapeutical relevance. In the drug scene and also in the general population, they are more

commonly known as party- or designer-drugs and in this area they didn’t lose any

sympathizers. Increasing reports of various reports show us the image of a substance with

hardly any professional proponents. But most of all their numerous interactions speak for

their pharmacological potential and remind us that there are no main effects without side

effects.

The main goal of this work is a comprehensive elaboration of this topic, based upon a

literature research. Textbooks, studies and various reports are the original sources of this

work.

Before that a short description of the physiology of the autonomic nervous system

(especially the sympathetic nervous system) and the neurotransmission will be given,

because these are the basic attack-points of the amphetamines. It is followed by a

description of amphetamine-effects on the individual person (mechanism of action,

pharmacokinetics, side effects, interactions, therapeutical indications, etc.). Furthermore is a

presentation of social issues included, which will give an in-depth look at the described

problem.

The end of this project will give us, based on the gained knowledge, a short résumé, which

includes a personal statement.

Seite | v

Inhaltsverzeichnis

Danksagungen .................................................................................................................................... ii

Zusammenfassung ............................................................................................................................. iii

Abstract ............................................................................................................................................. iv

Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................................... vii

Glossar und Abkürzungen ................................................................................................................ viii

1. Einleitung ........................................................................................................................................1

1.1Begriffserklärung ........................................................................................................................1

1.1.1 Bewusstsein .......................................................................................................................1

1.1.2 Droge .................................................................................................................................1

1.1.3 Designerdrogen ..................................................................................................................1

1.1.4 Stimulanzien, Analeptika (Psychoanaleptika) ......................................................................1

1.1.5 Bewusstseinverändernde Drogen .......................................................................................2

1.2 Physiologie ................................................................................................................................2

1.2.1 Die Neurotransmission .......................................................................................................2

Katecholamine ............................................................................................................................4

1.2.2 Das vegetative Nervensystem .............................................................................................5

1.2.3 Die Blut-Hirn-Schranke .......................................................................................................6

2. Amphetamin ...................................................................................................................................7

2.1 Geschichte ................................................................................................................................7

2.2 Struktur .....................................................................................................................................8

2.3 Pharmakodynamik ....................................................................................................................9

2.4 Pharmakokinetik ..................................................................................................................... 11

2.5 Auswirkungen auf das Individuum ........................................................................................... 13

2.5.1 Positive Effekte ................................................................................................................. 14

2.5.2 Negative Effekte – Nebenwirkungen -Schäden .................................................................. 14

2.5.3 COMT- Polymorphismus und die unterschiedlichen Wirkungen auf das Gehirn ................. 19

2.6 Therapeutische Verwendung ................................................................................................... 21

2.6.1 ADHS ................................................................................................................................ 21

2.6.2 Narkolepsie ...................................................................................................................... 22

2.6.3 Weiterer möglicher Nutzen .............................................................................................. 23

3. Verwandte Substanzen ................................................................................................................. 25

3.1 Methamphetamin ................................................................................................................... 25

Seite | vi

3.2 Methylphenidat ...................................................................................................................... 26

3.3 Designerdrogen ....................................................................................................................... 26

3.3.1 MDMA .............................................................................................................................. 27

3.3.2 MDPV ............................................................................................................................... 29

3.3.4 Mephedron ...................................................................................................................... 32

4. Gesellschaftsaspekte ..................................................................................................................... 34

4.1 Verbreitung ............................................................................................................................. 34

4.2 Kriminalität ............................................................................................................................. 35

4.3 Studium und Arbeitsplatz ........................................................................................................ 37

4.4 Sport ....................................................................................................................................... 40

4.5 Kunst, Kultur und mediale Rezeption ....................................................................................... 41

4.6 Synthese ................................................................................................................................. 43

4.7 Umweltaspekte ....................................................................................................................... 44

5. Resümee ....................................................................................................................................... 46

Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 47

Seite | vii

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Strukturformel des Dopamin ..........................................................................................4

Abbildung 2: Die ursprüngliche Verpackung des "Benzedrine-Inhaler" ................................................7

Abbildung 3: Vergleich der direkten Sympathomimetika (in diesem Fall der Katecholamine) mit dem

Amphetamin .......................................................................................................................................8

Abbildung 4: Die beiden Stereoisomere des Amphetamin (Hervorgehoben wurde die Methyl-Gruppe)

...........................................................................................................................................................9

Abbildung 5: Abschreckende Vorher/Nachher-Bilder der Kampagne: "From Drugs To Mugs" ............ 17

Abbildung 6: Ausschnitt eines Aufklärungsposters mit deutlich sichtbarem dermatologischem und

dentalem Verfall ............................................................................................................................... 18

Abbildung 7: "inverted U" als Erklärungsmodell ................................................................................ 20

Abbildung 8: Strukturformel des Methamphetamin .......................................................................... 25

Abbildung 9: Strukturformel des Methylphenidat ............................................................................. 26

Abbildung 10: Strukturformel des MDMA ......................................................................................... 27

Abbildung 11: Strukturformel des MDPV ........................................................................................... 29

Abbildung 12: Strukturformel des Mephedron .................................................................................. 32

Abbildung 13: Jährliche weltweite Drogenprävalenz (entnommen dem World Drug Report 2012) .... 35

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Glossar und Abkürzungen

5-HT2 5-HT steht für 5-Hydroxytryptamin; 5-HT-Rezeptoren sind

Serotoninrezeptoren

Ach Acetylcholin

ADHS Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom

AMPA α-amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazolepropionic acid

receptor; Untergruppe der Glutamat-Rezeptoren

ATS Amphetamine Type Stimulans

BHS Blut-Hirn-Schranke

COMT Catechol-O-Methyltransferase

D1-D5 Dopaminrezeptoren

GABA γ-Aminobuttersäure

H1N1 Influenza-A-Virus H1N1; Subtyp des Influenzavirus

HIV Humanes Immundefizienz-Virus

MDMA 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin

MDPV Methylendioxypyrovaleron

NMDA N-Methyl-D-Aspartat; Untergruppe der Glutamat-Rezeptoren

OH-Gruppe Hydroxygruppe

P450 Cytochrom P450

VMAT-2 vesikulärer Monoamintransporter (VMAT, VMAT2)

XTC alternative Schreibweise der Designerdroge Ecstasy

Seite | 1

1. Einleitung

1.1Begriffserklärung

Die hier abgehandelten Begriffe sollen dem Leser verdeutlichen, dass eine eindeutige

Definition oft nicht vorhanden ist und dass der alltägliche Sprachgebrauch, oft im Sinne von

Vorurteilen, Worte wie z.B. Droge mit einer negativen Bedeutung behaftet. Vorerst wird nur

eine kleine Anzahl an Worten definiert. Mit fortschreitendem Schreibprozess werden die

entsprechenden Termini, an gegebener Stelle, erklärt.

1.1.1 Bewusstsein

Der Begriff des Bewusstseins (engl.: consciousness) besitzt durch seine Präsenz in

verschiedensten wissenschaftlichen Fachgebieten keine allgemeingültige Definition. Im

klinischen Sprachgebrauch wird jedoch unterschieden zwischen Qualitäten des Bewusstseins

(z.B. Vigilanz, Orientierung, Zielgerichtetheit, Aktivität, Aufmerksamkeit, Auffassung,

Denkablauf und Merkfähigkeit) und klinischen Graden des Bewusstseins (klares Bewusstsein,

qualitative und/oder quantitative Bewusstseinsstörung) (1).

1.1.2 Droge

Das Wort „Droge“ wird im Deutschen Sprachgebrauch hauptsächlich negativ gewertet und

mit Wirkstoffen, die zur Sucht und Abhängigkeit führen assoziiert. Ursprünglich handelt es

sich jedoch um wirkstoffhaltige getrocknete Pflanzenteile, die unter anderem der

Herstellung von Heilmitteln dienen (2, 3).

1.1.3 Designerdrogen

Bei den Designerdrogen hingegen handelt es sich um synthetisch hergestellte Substanzen.

Eine Ausgangssubstanz wird dabei so verändert („designed“), dass die neu entstandene

chemische Struktur sich unter Umständen einer gesetzlichen Restriktion entziehen kann, um

damit vorübergehend als legal zu gelten („legal-highs“) (4). Die verschiedenen verwendeten

Substanzklassen sind z.B. Amphetamine (XTC usw.), Fentanyl-Derivate (synthetisches Heroin)

oder Tryptaminderivate (entfalten ihre Wirkung am 5-HT2-Rezeptor)(4).

1.1.4 Stimulanzien, Analeptika (Psychoanaleptika)

Hierbei handelt es sich um zentral erregende (stimulierende) Substanzen. Im Falle der

psychischen Anregung spricht man auch von „Psychoanaleptika“, „Psychostimulanzien“ oder

„Psychotonika“ (5). Bekannte Vertreter sind z.B. das allseits bekannte Coffein, welches in

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zahlreichen Erfrischungsgetränken enthalten ist und der Gruppe der Methylxanthine

zugerechnet wird, sowie Amphetamin und Metamphetamin, die beide als Weckamine

bezeichnet werden (5).

1.1.5 Bewusstseinsverändernde Drogen

Die zuvor definierten Begriffe ermöglichen es nun den gewählten Titel dieser Arbeit näher zu

untersuchen. Der für diese Diplomarbeit gültige Begriff der „Bewusstseinsverändernden

Drogen“ würde durch die zuvor gewonnen Erkenntnisse eine Unmenge an Substanzen

inkludieren, welche wiederum den Rahmen dieser Arbeit vollkommen sprengen würden.

Daher wurde ein entsprechender Untertitel gewählt, welcher dem Leser klar zu erkennen

gibt, dass es sich um das Themengebiet der Amphetamine und seiner Derivate handelt.

Hierbei soll der gewählte Begriff keiner Wertung unterliegen und als neutral angenommen

werden. Die Diplomarbeit wird dabei zeigen, dass eine „Bewusstseinsveränderung“, im

Gegensatz zur „Bewusstseinsstörung“, durchaus auch als positiv bewertet werden kann.

1.2 Physiologie

Das Verständnis des Aufbaus und der physiologischen Vorgänge bezüglich

Neurotransmission, Vegetativum und Blut-Hirn-Schranke ist essenziell um die Wirkweise der

Amphetamine verstehen zu können. Die physiologischen Modelle dienen uns dazu, um ihre

Auswirkungen auf das Individuum erklären zu können.

Die folgenden Erklärungen dienen lediglich dazu, bereits vorhandenes Wissen aufzufrischen

und werden in zahlreichen Physiologie-Büchern genauestens erklärt.

1.2.1 Die Neurotransmission

Die Komplexität unseres Nervensystems ergibt sich unter anderem durch die zahlreichen

Interaktionen seitens der Neurone. Um Informationen adäquat verarbeiten zu können, muss

es eine Verbindung geben, die eine Kommunikation ermöglicht. Die Erregungsübertragung

von Nervenzelle zu Nervenzelle wird als Neurotransmission bezeichnet. Bereits 1936

bekamen Otto Loewi und Henry Hallet Dale den Nobelpreis für Medizin für ihre Forschungen

in genau jenem Gebiet. Genauer gesagt beschäftigten sie sich mit der chemischen

Übertragung.

Seite | 3

Beim Aktionspotenzial handelt es sich um einen kurzen elektrophysiologischen Impuls, der

sich von einem Ranvier’schen Schnürring zum Nächsten saltatorisch ausbreitet und somit die

Grundlage der „Nachrichtenübertragung“ entlang ein und desselben Neurons darstellt. Die

Weitergabe dieser „Nachricht“ an eine weitere Nervenzelle erfolgt jedoch über einen

anderen Weg. Für eine solche Weiterleitung von Signalen benötigt es eine Kontaktstelle

zwischen den beiden interagierenden Neuronen. Diese wird als Synapse bezeichnet und wir

unterscheiden zwischen elektrischen Synapsen und chemischen Synapsen.

Die elektrische Synapse ist zahlenmäßig der chemischen weit unterlegen. Die

Erregungsübertragung erfolgt hierbei direkt über Membranproteine und ihre Hauptaufgabe

besteht in der Synchronisation von Zellaktivitäten (z.B. zwischen Herzmuskelzellen oder

glatten Muskelzellen)(6).

Weitaus bekannter ist jedoch die chemische Synapse, die einen charakteristischen

dreigliedrigen Aufbau besitzt:

Präsynapse

Synaptischer Spalt

Postsynapse

Gelangt nun ein Aktionspotenzial in den Bereich der Präsynapse, kommt es zu einem Ca2+-

Einstrom, dieser wiederum bewirkt, dass die in der Präsynapse gelagerten Vesikel ihren

Inhalt in den synaptischen Spalt entleeren. Die synaptischen Vesikel enthalten jene

chemischen Substanzen, die als Neurotransmitter bekannt sind. Diese Botenstoffe, die nun

durch den synaptischen Spalt Richtung Postsynapse diffundieren, interagieren mit

Rezeptoren auf deren Membran. Zu den bekanntesten Neurotransmittern gehören:

Aminosäuren (Glutamat, Aspartat)

y-Aminobuttersäure (GABA)

Acetylcholin (ACh)

Katecholamine (Noradrenalin, Adrenalin, Dopamin)

Serotonin

Histamin

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Einige dieser Substanzen besitzen eine erregende/exzitatorische Wirkung, während andere

zu den inhibitorisch wirkenden Neurotransmittern gezählt werden. Glutamat besitzt eine

exzitatorische Wirkung und interagiert mit NMDA-, AMPA- oder KAINAT- Rezeptoren. GABA

wirkt hemmend und seine Rezeptoren sind eine bekannte Zielstruktur, mit der die

Substanzgruppe der Benzodiazepine interagiert. Die für diese Arbeit wichtigste Gruppe an

Neurotransmittern ist die Gruppe der Katecholamine.

Katecholamine

Zu dieser Substanzklasse gehören die drei Vertreter Adrenalin, Noradrenalin und Dopamin.

Ihnen gemeinsam ist, dass sie alle Derivate des 1,2-Dihydroxybenzols (engl. Catechol) sind.

Synthetisiert werden sie im menschlichen Körper aus der Aminosäure Tyrosin.

Dopamin

Abbildung 1: Strukturformel des Dopamin

Grob beschrieben entsprechen die Wirkungen des Dopamins Substanzen, die man im

Volksmund als Glückshormone bezeichnet. Dennoch besitzen sie keine rein erregende oder

hemmende Wirkung, sondern ihre Wirkungen sind abhängig vom stimulierten

postsynaptischen Rezeptor. Dopamin erreicht nach Ausschüttung von der Präsynapse und

nach Durchquerung des synaptischen Spaltes die Dopamin-Rezeptoren. Unterschieden wird

hierbei zwischen 5 verschiedenen Subtypen, die mit der Bezeichnung D1-D5 gekennzeichnet

werden. Bei Ankopplung von Dopamin an D1 oder D5 kommt es bei der postsynaptischen

Nervenzelle zu einer Depolarisation. Dopamin wirkt in Kombination mit diesen beiden

Subtypen demnach exzitatorisch/erregend. Im Gegensatz dazu führt der Kontakt mit D2, D3

oder D4 Rezeptoren zu einer Überpolarisation/Hyperpolarisation, die bewirkt, dass die

nachgeschaltete Zelle wesentlich schwieriger zu erregen ist. Diese Subtypen vermitteln einen

dämpfenden bzw. hemmenden Effekt.

In Bezug auf das Gehirn ist Dopamin in zahlreichen Regelkreisläufen zu finden. Therapeutisch

von enormer Relevanz ist das nigro-striatale System, das vor allem für seinen Einfluss im

Bereich der Extrapyramidalmotorik bekannt ist und in diesem Zusammenhang immer wieder

Seite | 5

mit der parkinsonschen Krankheit genannt wird. Weitere Bahnen mit der Beteiligung von

dopaminergen Neuronen sind z.B. das mesolimbische System, das mesocorticale System

oder auch ein Kreislauf, der die Hemmung der Prolaktin-Ausschüttung initiiert und dem

tuberoinfundibulären System zuzurechnen ist.

Der Mangel an Dopamin in diesen Verarbeitungswegen führt zu charakteristischen

Krankheitsbildern. Doch nicht nur Parkinson oder das Auftreten einer Hyperprolaktinämie

sind hierbei relevant, sondern auch Krankheitsbilder, die bis vor kurzem noch wesentlich

schlechter verstanden wurden. Unter anderem wird das Auftreten von Schizophrenie-

Symptomen mit vermehrten (Positivsymptomatik) oder verminderten (Negativsymptomatik)

Dopaminkonzentrationen in Verbindung gebracht.

Die Rolle des Dopamins in Bezug auf Aufmerksamkeitsstörungen und die Behandlung von

Erkrankungen dieses Formenkreises durch die Amphetaminfamilie soll an späterer Stelle

geklärt werden.

1.2.2 Das vegetative Nervensystem

Das vegetative Nervensystem ist ein komplexes Regulationssystem, das eine Vielzahl an

Vorgängen kontrolliert, ohne unserem Bewusstsein direkt zu unterliegen. Daher spricht man

auch vom autonomen Nervensystem, das im Gegensatz zu unserer quergestreiften

Muskulatur keiner willkürlichen Steuerung zugänglich ist.

Seine Aufgaben liegen in der Koordination der inneren Organe, der Regulation des

Blutdruckes und vielfältigen weiteren Aufgaben, die letzten Endes dazu dienen, Körper- und

Organfunktionen an veränderte Umweltbedingungen anzupassen (7).

Um die komplexen Vorgänge besser verstehen zu können bedient man sich eines

vereinfachten Modells, welches aus den beiden „Kontrahenten“ Sympathikus und

Parasympathikus besteht. An sich ist dieses System jedoch wesentlich undurchsichtiger, da

zum großen Teil eine Doppelinnervation der meisten Organe erfolgt (7) und die häufig

propagierte Ansicht, dass Sympathikus und Parasympathikus generalisierend antagonistisch

auf die Effektorzellen wirken, falsch ist. Beide Systeme ergänzen sich funktionell (8).

Seite | 6

Bei überwiegen des sympathischen Einflusses spricht man von einem erhöhten

Sympathikotonus – im umgekehrten Fall handelt es sich um einen erhöhten

Parasympathikotonus. Der erhöhte Sympathikotonus wirkt sich negativ auf die

Lebenserwartung von PatientInnen mit chronischer Herzinsuffizienz aus (7).

Die Zellkernleiber (Somata) von Sympathikus und Parasympathikus sind im Hirnstamm und

Rückenmark anzufinden. Von diesen Somata ziehen Axone zu Ansammlungen von weiteren

Zellkörpern, die als Ganglien imponieren. Hier treffen 2 Neuron-komponenten aufeinander

und bilden die 1. Synapse. Der Neurotransmitter dieser Synapse ist sowohl beim

sympathischen als auch beim parasympathischen System ACh.

Parasympathikus

Der Parasympathikus entspringt dem Hirnstamm und dem Sakralmark. Somit wird er auch

als das kraniosakrale System bezeichnet.

Sympathikus

Der Sympathikus entspringt dem Brustmark und den oberen Anteilen des Lendenmarks, man

spricht daher auch vom thorakolumbalen System.

1.2.3 Die Blut-Hirn-Schranke

Die Blut-Hirn-Schranke (BHS) bildet eine selektive Barriere, die aus folgenden Bestandteilen

besteht (9):

Den Endothelien der Kapillaren

Der darunter liegenden Basalmembran und

Den Fortsätzen von Astrozyten

So z.B. steht das kapilläre Endothel durch tight junctions untereinander in engem Kontakt

und bildet ein dichtes abschottendes Maschenwerk. Diese Anordnung soll somit verhindern,

dass der Intravasalraum im direkten Kontakt mit dem umgebenden Hirngewebe steht und

somit das zerebrale Milieu, von z.B. Giftstoffen, geschützt wird.

Substanzen könne diese Barriere nur überwinden, wenn sie durch spezifische

Transportprozesse überführt werden oder eine entsprechende Lipidlöslichkeit aufweisen um

die Zellmembran zu durchdringen (10).

Seite | 7

2. Amphetamin

2.1 Geschichte

Vor über 100 Jahren (1887) gelang es dem Rumänen Lazăr Edeleanu als Ersten eine Substanz

zu synthetisieren, die erst Jahrzehnte später unter dem Namen Amphetamin bekannt wurde.

Auch sämtliche psychotrope Wirkungen waren dem rumänischen Chemiker noch nicht

bekannt.

Gordon Alles und seine Kollegen versuchten in den 1920er-1930er Jahren eine Substanz

ausfindig zu machen, die ähnliche Wirkungen aufwies, wie das bereits bekannte Ephedrin.

Andere sympathomimetisch stimulierende Wirkstoffe sollten entdeckt werden. Ein

mögliches Anwendungsgebiet hatten sie bereits vor Augen – die Therapie des Asthmas.

Letzten Endes griffen sie auf Edeleanus Entdeckung zurück und kamen zu dem Schluss, dass

wohl kein Wirkstoff Amphetamin übertreffen könne. Die erste kommerzielle Nutzung

erfolgte durch die Firma „Smith, Kline and French“ (heute besser unter dem Namen

GlaxoSmithKline bekannt). Eines der ersten Produkte, das Amphetamin enthielt, war der

1932 im Handel erhältliche Benzedrine-Inhaler (11).

Abbildung 2: Die ursprüngliche Verpackung des "Benzedrine-Inhaler"

Eine Ähnliche Geschichte steckt hinter der Verwandten Substanz Methamphetamin.

Nagayoshi Nagai, ein japanischer Chemiker, der sich ebenfalls mit Ephedrin intensiv

beschäftigte, synthetisierte 1893 als Erster Methamphetamin. Die kommerzielle

Großproduktion erfolgte hauptsächlich durch die deutschen Temmler-Werke, welche an

einem neuen Herstellungsverfahren forschten und dieses 1937 patentieren ließen. Ihr

Produkt wurde unter dem Namen Pervitin bekannt.

Ein bekanntes historisches Beispiel für den Einsatz bzw. Missbrauch dieser Substanzgruppe

liegt in der militärischen Verwendung. Während der Kriegsjahre des 2. Weltkriegs wurden

Seite | 8

höchstwahrscheinlich von allen Kriegsmächten Amphetamin-Verwandte-Produkte

verwendet um Soldaten in ihren Schlachten zur Seite zu stehen.

Im Laufe der Jahre erlangten sowohl Amphetamin, als auch seine Abkömmlinge einen

zweifelhaften Ruf. Während man immer wieder von einem Allzweckmedikament berichtete

und zeitweise sogar ein Wundermittel in ihnen sah, kam es letztlich zu einer recht

zweifelhaften Daseinsberechtigung, die sich mittlerweile auf wenige Einsatzgebiete

beschränkt.

2.2 Struktur

Bei einem Vergleich der direkten Sympathomimetika mit ihren indirekten Verwandten fällt

vor allem auf, dass es Unterschiede bezüglich der Anzahl von OH-Gruppen gibt.

Abbildung 3: Vergleich der direkten Sympathomimetika (in diesem Fall der Katecholamine) mit dem Amphetamin

Durch die Reduktion bzw. den vollständigen Verlust der OH-Gruppen ergeben sich mehrere

Besonderheiten:

1. Eine fehlende Affinität zu Adrenozeptoren (12) und dadurch bedingt ist eine direkte

Stimulation nicht möglich

2. Ein wesentlich stärkeres lipophiles Verhalten mit der Eigenschaft die Blut-Hirn-

Schranke besser überwinden zu können

Strukturunterschiede ergeben sich auch bezüglich der räumlichen Anordnung.

Unterschieden wird zwischen den beiden Stereoisomeren Dextroamphetamin und

Levoamphetamin. Abhängig ist hierbei die Namensgebung von der Position der Methyl-

Gruppe (CH3). Genauso gebräuchlich sind die Bezeichnungen R-Amphetamin (=

Dextroamphetamin) und S-Amphetamin (=Levoamphetamin).

Seite | 9

Abbildung 4: Die beiden Stereoisomere des Amphetamin (Hervorgehoben wurde die Methyl-Gruppe)

Wobei der D- bzw. R-Form eine größere biologische Aktivität zugesprochen wird (11) und

das genannte Isomer als Eutomer bezeichnet werden kann, während Levoamphetamin das

Distomer darstellt.

Im Zuge einer Studie, wurde hingegen bewiesen, dass vor allem Levoamphetamin positive

Effekte bezüglich der Gedächtnisleistung aufweist (13).

2.3 Pharmakodynamik

Die Pharmakodynamik beschreibt die Wirkung einer Substanz auf den Organismus. Die

Effekte der Amphetamine und seiner verwandten Substanzen sind bedingt durch ihre

indirekt sympathomimetische Beeinflussung vielseitig. Auch wenn in diesem Bereich

verallgemeinernd immer von Amphetaminen berichtet wird, ist dennoch zu beachten, dass

eine Fülle an Wirkstoffen, die an sich nicht als „Amphetamin“ bezeichnet werden, die

gleichen Angriffspunkte ausnutzen. Daher soll der Begriff der „amphetamine-type-

stimulants“ (kurz: ATS) hier angeführt werden. Methamphetamin, Methylphenidat und

weitere fallen in diese Kategorie. Bei relevanten Unterschieden bezüglich des

Wirkmechanismus der einzelnen Vertreter soll dies an gegebener Stelle erwähnt werden.

Die Hauptwirkung resultiert aus einer Erhöhung von Neurotransmitterkonzentration im

Bereich der Synapse. Während direkt wirkende Sympathomimetika über eine direkte

Stimulation an den postsynaptischen Rezeptoren wirken, erfüllen indirekte

Sympathomimetika diese Aufgabe, indem sie die Konzentration an Neurotransmittern

erhöhen, die wiederum mit denselben Rezeptoren interagieren. Amphetamine besitzen

somit selbst kein Potenzial zur Rezeptorinteraktion, sondern wirken über einen indirekten

Weg. Hauptsächlich zurückzuführen sind ihre Fähigkeiten darauf, dass sie Katecholamin-

Level erhöhen, zum größten Teil sind davon, im Falle der Amphetamine, Dopamin und

Noradrenalin betroffen (11).

Seite | 10

Die Transporter NAT und VMAT-2 spielen hierbei eine wesentliche Rolle. Des Weiteren ist es

sinnvoll den „komplexen Wirkungsmodus“ in mehrere Teilschritte zu zerlegen (12):

1. Schritt: Aufnahme des Amphetamins in die Präsynapse. Dieser Schritt erfolgt mithilfe

des neuronalen Noradrenalintransporters (NAT).

2. Schritt: VMAT-2 transportiert das sich nun in der Präsynapse befindliche Amphetamin

wiederum in die Speichervesikel. Bedingt durch diesen Transport wird der VMAT-2

blockiert. Die Ursprüngliche Hauptaufgabe des entsprechenden Transporters, die

Rückaufnahme von Noradrenalin in die Vesikel wird dadurch verhindert.

Wiederaufgenommenes Noradrenalin häuft sich vermehrt im Axoplasma an.

3. Schritt: Zunehmende Noradrenalin Anhäufung und Amphetamin Aufnahme stören

das Transporter-Gleichgewicht und bewirken eine NAT-Transportumkehr, die zur

Folge hat, dass Noradrenalin aktiv aus dem Axoplasma transportiert wird.

4. Die ursprüngliche NAT-Funktion wurde dadurch invertiert und verhindert eine

Rückaufnahme des hinaustransportierten Noradrenalins.

Anmerkung: Ursprünglich werden diese Teilschritte im zitierten Lehrbuch mit der

Zuhilfenahme von Tyramin erklärt (12). Um die Erklärung zu vereinfachen wurde ersatzweise

Amphetamin angeführt und der Text entsprechend angepasst.

Zu beachten ist bei dieser Wirkung, dass die ursprüngliche Neurotransmitterfreisetzung

signalgebunden ist. Durch den Einsatz von Amphetamin hingegen kommt es zu einer rein

Substanz-getriggerten Freisetzung, die im Gegensatz zum physiologischen Zustand inadäquat

hoch sein kann.

Die Effekte der sympathomimetisch wirkenden Neurotransmitter beschränken sich nicht nur

auf die stimulierende Wirkung auf das Zentralnervensystem, sondern beeinflussen ebenfalls

das komplette Vegetativum. Die Effekte der Amphetamin-bedingten

Katecholaminerhöhungen lässt sich in 7 Hauptwirkungen aufteilen (11):

1. Peripher exzitatorische Wirkungen auf die glatte Muskulatur: Blutgefäße der Haut,

Niere, Drüsen: Speichel- und Schweißdrüsen

2. Peripher inhibitorische Wirkung auf andere glatte Muskulatur: Gastrointestinaltrakt,

Bronchialbaum, Blutgefäße der Skelettmuskulatur

Seite | 11

3. Exzitatorische Effekte auf den Herzmuskel: Frequenzerhöhung + erhöhte

Kontraktionskraft

4. Metabolische Effekte: Glykogenolyse, Freisetzung von freien Fettsäuren

5. Endokrine Effekte: Modulation der Insulinsekretion, Renin, Hypophysenhormone

6. ZNS-Effekte: Respiratorische Stimulation, erhöhter Wachheitsgrad und

psychomotorische Aktivität, Appetithemmung

7. Neurotransmitter Effekte: Beeinflussung der Neurotransmitterfreisetzung

Erwähnt sei vor allem, dass sich die unterschiedlichen pharmakologischen Wirkungen der

einzelnen ATS-Vertreter durch ihr unterschiedliches Effekt-Ausmaß ergeben (11) und

weniger durch ihre Angriffspunkte.

2.4 Pharmakokinetik

Bezüglich Galenik ist zu erwähnen, dass moderne und legale Amphetaminpräparate aber

auch Abkömmlings-Substanzen wie Methylphenidat, als oral einzunehmende Arzneimittel in

Tabletten- oder Kapsel-Form angeboten werden. Illegales Methamphetamin oder ähnliche

Designerdrogen werden in wesentlich vielfältigerer Weise eingenommen. Egal ob es sich

dabei um das intravenöse Applizieren, die orale Aufnahme oder die Resorption über die

nasale Schleimhaut handelt. Das Sniffen und Rauchen illegaler Produkte ist hierbei genauso

häufig wie bei Kokain bzw. Crack. Der Kreativität in diesem Felde sind kaum Grenzen gesetzt.

Ziel dieser missbräuchlichen Konsumform ist das möglichst rasche Anfluten, um somit ein

Kick-Gefühl hervorzurufen. Legale Präparate hingegen setzen ihren Fokus auf eine

wesentlich längere Wirksamkeit, um z.B. ADHS-Patienten zuverlässig über den Tag mit der

Wirkung von den entsprechenden Arzneimitteln, zu versorgen.

Bezüglich Halbwertszeit (T1/2) und tmax sollen die Ergebnisse einer Studie mit 50mg

Lisdexamphetamin (Prodrug – aktiver Metabolit: Dexamphetamin) herangezogen werden

(14): Hierbei wurden an gesunden Männern folgende Ergebnisse beobachtet:

Applikationsmodus: PERORAL INTRANASAL

Maximaler Plasmaspiegel nach (tmax): 5 Stunden 4 Stunden

Halbwertszeit (T1/2) 11.6 ± 2.8 Stunden 11.3 ± 1.8 Stunden

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Generell wird von einer Halbwertszeit um die 10 Stunden ausgegangen (15). Die Wirkdauer

von den oral applizierten Medikamenten wird unter anderem durch die gleichzeitige

Aufnahme von fetthaltigen Mahlzeiten gesteigert.

Die in der Leber am Metabolismus und der damit folgenden Elimination beteiligten Enzyme

entspringen hauptsächlich der Cytochrom P450-Familie. Ein Konkurrenzkampf mit anderen

Medikamenten, die ebenfalls mit dieser Enzymfamilie interagieren, ist somit äußerst

wahrscheinlich. Vor allem wird hierbei auf den Vertreter CYP2D6 verwiesen (16). Genauso

sei bedacht, dass die genetische Vielfalt des Organismus dazu beitragen kann, dass CYP2D6

in einer Normvariante vorliegt, die unter Umständen den Amphetamin-Metabolismus

beeinflusst. In diesem Zusammenhang soll eine Studie erwähnt werden, die die Frage klären

sollte, ob ein Zusammenhang zwischen CYP2D6-Defizit und 15 Ecstasy-Todesopfern besteht

(17). Letzten Endes kommen die Autoren zu dem Schluss, dass CYP2D6 nicht alleine für die

Todesfolgen verantwortlich zu machen ist.

Jedoch konnte bei MDMA beobachtet werden, dass bei zunehmender Dosissteigerung

Enzyme wie CYP2D6 gesättigt wurden und dadurch die Blutkonzentrationen

unverhältnismäßig stark anstiegen (18). Ähnliches dürfte auch auf den Rest der

Amphetamin-Familie zutreffen.

Zu den metabolischen Produkten gehören unter anderem(19):

4-Hydroxyamphetamin

4-Hydroxynorephedrin

Norephedrin

Phenylaceton

Benzoesäure

Hippursäure

Die unterstrichenen Metaboliten sind ihrerseits biologisch aktiv und entstehen durch

Hydroxylierung. Die nicht unterstrichenen Vertreter sind das Ergebnis einer Desaminierung.

Trotz Metabolisierung in der Leber werden ca. 30% (20) des applizierten Amphetamins

unverändert renal ausgeschieden. Die renale Elimination ist abhängig vom Urin-pH-Wert.

Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Amphetamin selbst eine schwache Base ist

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und Änderungen des pH-Wertes somit mit einer vermehrten oder verminderten renalen

Elimination korrelieren. Eine Reduktion des pH-Werts führt zu einem erhöhten Nachweis an

Amphetamin-Abbauprodukten im Urin, während ein alkalisches Milieu genau das Gegenteil

bewirkt. So konnte gezeigt werden, dass eine Zunahme des Urin-pH-Werts um eine Einheit

zu einer Steigerung der Plasma-Halbwertszeit von ca. 7 Stunden führt (21).

2.5 Auswirkungen auf das Individuum

Die Wirkungen der Amphetamine bzw. der Sympathikus-Beeinflussung lassen sich leicht

anhand eines einfachen Gedankenexperiments erklären. Typischerweise wird hierzu das

Fight-/ Flight- oder Fright- Model herangezogen. Hinter diesem Model stehen die Begriffe

Kampf (fight), Flucht (flight) und Angst (fright). Dies sind, in Anbetracht des natürlichen

Überlebenskampfes einer Spezies, Ausnahmezustände, die nicht selten den Tod eines

Konkurrenten oder der Beute zur Folge haben. Um das Individuum auf die bevorstehenden

Strapazen vorzubereiten, bedarf es einer umfangreichen Koordination verschiedenster

Organsysteme. Koordiniert wird dies durch das vegetative Nervensystem und im Speziellen

des Sympathikus. Zurückblickend und in Bezug auf die 7 Hauptwirkungen (11) ergeben sich

dadurch folgende Effekte:

1. Eine Vasokonstriktion von Gefäßen in nicht benötigten Organsystemen verhindert

kurzzeitig einen übermäßigen Energieverlust.

2. Die Muskulatur erhält im Gegenzug durch die erhöhte Durchblutung zusätzliche

Ressourcen, um diese in Kraft umzusetzen. Bronchodilatation erleichtert die

benötigte Sauerstoffaufnahme. Während die glatte Muskulatur des

Gastrointestinaltraktes, die vorwiegend der Verdauung und dem Nahrungstransport

dient, in dieser Situation noch nicht benötigt wird.

3. Um eine erhöhte Leistung vollbringen zu können, muss der Sauerstofftransport

angepasst werden. Eine erhöhte Herzfrequenz und zunehmende Kontraktionskraft

sollen dies bewerkstelligen.

4. Glykogenolyse und die Freisetzung von Fettsäuren dienen dem Energiegewinn.

5. Ebenfalls ist es notwendig den Hormonhaushalt an Stresssituationen

(Kampf/Flucht/Angst) anzupassen.

6. Bereits die Bronchodilatation erleichterte die Sauerstoffaufnahme. Die

respiratorische Stimulation verstärkt jenen Effekt. Kampf und Jagd benötigen ein

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erhöhtes Maß an Konzentration und die Fähigkeit unwichtige Informationen schnell

ausblenden zu können. Der erhöhte Wachheitsgrad ist ebenfalls nur von Vorteil.

Appetit mag zwar eine Ursache der vorliegenden Situation sein, doch während der

vorliegenden Strapazen wäre er nur hinderlich.

7. Kurzfristig muss eine erhöhte Menge an Transmittern freigesetzt werden um die

erforderlichen Effekte zu ermöglichen.

Anmerkung: Bei diesen 7 Punkten handelt es sich um eine selbstständig zusammengestellte

Interpretation der zuvor erwähnten 7 Hauptwirkungen der Amphetamine (siehe S.10 – S.11).

Je nach Indikation ist zu unterscheiden zwischen Hauptwirkungen, die gewünscht sind

(positive Effekte) und unerwünschten Nebenwirkungen (negative Effekte). Auch vermeintlich

positive Effekte können sich bei nicht gegebener Indikation und entsprechendem Patienten

als Nebenwirkungen präsentieren.

2.5.1 Positive Effekte

Die positiven Effekte der Amphetamine haben einer bis heute recht zweifelhaften

Substanzgruppe eine gewisse Daseinsberechtigung gegeben. Vor allem sind sie aber auch

der Grund für ihr Missbrauchspotenzial.

Das neu entdeckte Gefühl für Geschwindigkeit und eine aufpeppende Wirkung, die in eine

Euphorie übergehen kann, führten dazu, dass Amphetamin am illegalen Drogenmarkt auch

als Speed oder Pep bezeichnet wird.

Therapeutisch sind lediglich die ADHS- und Narkolepsie- Therapie von größerer Relevanz.

Mittlerweile ist jedoch anzunehmen, dass der illegale Konsum und Missbrauch mehr

Schäden dem Individuum und der Gesellschaft hinzufügt als es therapeutischen Nutzen gibt.

2.5.2 Negative Effekte – Nebenwirkungen -Schäden

Die negativen Effekte der Amphetamine ergeben sich zum Großteil durch ihre

Katecholaminerhöhung und die dadurch bedingte unspezifische Rezeptorinteraktion.

Zahlreiche Organsysteme werden beeinflusst, auch wenn dies nicht erwünscht ist. Im Falle

der Amphetamine ist zu erwähnen, dass ihre peripheren Wirkungen hauptsächlich als

störend empfunden werden.

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Das durch die Wiederaufnahmehemmung initiierte Überangebot von Katecholaminen führt

reflektorisch zu einem erhöhten Sympathikotonus mit entsprechender Symptomatik.

Abgesehen von Risikopatienten, können auch Gesunde durch eine falsche Dosierung oder

ein übermäßiges Ansprechen mit kardialen Überbelastungen konfrontiert werden. Angina

pectoris durch einen nicht zu deckenden Sauerstoffbedarf und letzten Endes auch der

Herzinfarkt sind mögliche katastrophale Auswirkungen. Genauso sollte bedacht werden,

dass der erhöhte Blutdruck nicht nur das Herz belastet, sondern auch das restliche

Kreislaufsystem und die damit verbundenen Zielorgane. Ein Schlaganfall ist daher ebenfalls

möglich.

Dieser Katecholamin-Anstieg kann durch die exzessive Einnahme von Amphetaminen, in

einzelnen Fällen, zu einem Beschwerdebild führen, das jener Erkrankung gleicht, das unter

dem Namen Takotsubo oder auch Broken-Heart-Disease bekannt ist (22, 23). Grundsätzlich

handelt es sich hierbei um eine Erkrankung die relativ selten und eher der älteren

Generation zuzurechnen ist. Vermutet wird hierbei, dass ein, durch plötzlichen Stress

bedingter, Katecholamin-Anstieg zu entsprechenden Beschwerden führt, die zusätzlich mit

dem Auftreten einer namensgebenden Herzform vergesellschaftet ist. Das Auftreten dieser

Erkrankung mit dem Hintergrund von exzessivem Amphetaminkonsum würde diese Theorie

stützen.

Der zentralnervöse Anstieg von Dopamin kann im Sinne einer Überstimulation zu

Symptomen führen, die dem Bild einer Positivsymptomatik der Schizophrenie ähnlich sind.

Somit kann sowohl das Ausbrechen einer latenten Schizophrenie erleichtert werden, als

auch ein Beschwerdebild resultieren, das dieser Erkrankung gleicht und somit ebenfalls den

Psychosen zuzurechnen ist. Im genaueren wird auch von Amphetamin-Psychosen

gesprochen.

Erhöhte Aufmerksamkeit und die vermehrte Wachsamkeit sind zwar in vielen Situationen

nützlich, wenn aber ein Einschlafen wünschenswert ist, kann dies zu einem Problem werden.

Schlaflosigkeit und die Unfähigkeit sich zu entspannen sind die Folge. Hierbei sind es vor

allem Einschlafstörungen, die den Benutzer zunehmend quälen. Eine sinnvolle

Gegenmaßnahme hierfür ist z.B. die entsprechenden Präparate nicht am späten Nachmittag

einzunehmen, sondern vor allem auf langwirksame Präparate zurückzugreifen, die morgens

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appliziert werden. Tagsüber entfalten sie ihre Wirkung und mit zunehmender Stunde

verlieren sie an Einfluss.

Das Verlangen nach Bewegung kann so stark ausgeprägt sein, dass die Benutzer kaum noch

zur Ruhe kommen. Ebenfalls kann es zum Erscheinen von repetitiven Bewegungen kommen,

die kaum unterdrückt werden können und teilweise auch einen Tick-Charakter haben.

In Kombination mit einer verminderten Körperwahrnehmung, die durch eine Verschiebung

des Fokus resultiert, kann sich rasch ein Zustand ergeben, der durch mangelnde Hygiene und

daraus resultierende Verwahrlosung gezeichnet wird. Das verminderte Hungergefühl

vervollständigt die körperliche Auszehrung.

Natürlich ist in einem kontrollierten Setting mit diesen Nebenwirkungen nicht immer zu

rechnen. Der Grund hierfür sollte die regelmäßige Kontrolle des behandelten Arztes sein, der

zuverlässig beginnende Komplikationen entdeckt und unter anderem mit Dosisanpassungen

gezielt reagiert. Im illegalen Bereich hingegen ist eine solche Sorgfalt kaum anzutreffen.

Genauso wenig werden Dosierungen dokumentiert oder kritisch hinterfragt. Die Reinheit der

applizierten Produkte ist oft fragwürdig. So z.B. werden zahlreiche bedenkliche Streckmittel

verwendet, die dem Benutzer unbekannt sind.

Je nach Applikationsmodus können zusätzliche Schäden entstehen. Die Aufnahme von

Amphetamin-Pulvern durch das Schnupfen der entsprechenden Substanz, kann über die

vasokonstriktorische Wirkung zu einer verminderten Durchblutung der Schleimhäute führen.

Bei Fortführung dieses Verhaltens kommt es zu irreversiblen Schädigungen der

Nasenschleimhaut. Ähnliches ist bereits aus gängigen Berichten von Kokainabhängigen

bekannt, da Kokain ebenfalls eine Vasokonstriktion bewirkt.

Die intravenöse Injektion stellt grundsätzlich eine leichte Schädigung der Hautbarriere dar,

die in einem sauberen Setting kaum ein gesundheitliches Risiko darstellt. Bei Missachtung

von hygienischen Vorgehensweisen kann es aber zu Infektionen im Bereich der Einstichstelle

kommen und genauso zur Übertragung von Krankheitserregern bei einem Vorgang, der all

zugut als „needle-sharing“ bekannt wurde. Auch nicht zu unterschätzen ist eine mögliche

arterielle Fehlinjektion, die zu einem Verschluss des entsprechenden Gefäßes führen kann.

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Vor allem Methamphetamin-Abhängige präsentieren immer wieder das Vollbild eines

Zustandes, der durch die gesamte Bandbreite der Amphetamin-Wirkungen gekennzeichnet

ist. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von abschreckenden Bildern, die dokumentieren, wie

sich der Konsum von Methamphetamin, im Laufe der Zeit, auf diese Abhängigen ausgewirkt

hat. Nicht selten wird von einer Droge berichtet, die ihre Konsumenten entstellt.

Abbildung 5: Abschreckende Vorher/Nachher-Bilder der Kampagne: "From Drugs To Mugs"

Die Betroffenen sind oft stark ausgezehrt und erscheinen kachektisch und stark verwahrlost.

Zurückzuführen ist dies genauso wie der furchtbare Zustand der Haut und der schreckliche

Zahnstatus auf einen Mangel an Körperbewusstsein und Hygiene. Bruxismus führt letzten

Endes zum vollständigen dentalen Zerfall, der mittlerweile auch als „meth mouth“

bezeichnet wird.

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Abbildung 6: Ausschnitt eines Aufklärungsposters mit deutlich sichtbarem dermatologischem und dentalem Verfall

Euphorie, Fehleinschätzungen und risikoreiche Tendenzen führen zu Unfällen, Traumen und

im schlimmsten Fall zum Tod. So z.B. führte ein Bericht von 145 untersuchten Todesfällen,

die mit Methamphetamin in Verbindung standen, zu dem Ergebnis, dass der Großteil (123

Todesfälle) nicht auf Überdosierung oder die gesundheitsschädigende pharmakologische

Wirkung selbst zurückzuführen ist, sondern auf Unfälle, Gewaltverbrechen und Selbstmord

(24).

Das Nachlassen der Wirkung der einzelnen Produkte wird zudem mit der Reapplikation

beantwortet und kann zu tagelangem Schlafentzug und vernachlässigter Nahrungsaufnahme

führen.

Es wird schnell klar, dass nahezu sämtliche Organsysteme von Nebenwirkungen betroffen

sein können. Um eine übersichtlichere Darstellung des Spektrums zu gewährleisten soll zu

guter Letzt eine Auflistung der möglichen Komplikationen erfolgen. Die hier präsentierte,

eingedeutschte und neu alphabetisch geordnete Liste entstammt einer umfassenden Arbeit,

die diese Komplikationen aus 12 weiteren Studien entnahm und zusammenfasste (24):

Akut Chronisch Anfälle Dermatologische Symptome und Zeichen

Ängstlichkeit Abszesse

Anorexie Hautalterung

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Hypertension Hautläsionen

Hyperthermie Kardiovaskuläre Komplikationen

Myokardinfarkt Kardiomyopathien

Nierenversagen Myokardinfarkt

Paranoia Schlaganfall

Psychosen Neurologische Symptome

Rhabdomyolyse Gedächtnisverlust

Schlaflosigkeit Motorische Verlangsamung

Schlaganfall Verbale Lernbeeinträchtigung

Sexuell und intravenös übertragbare Infektionen

Verwirrtheit

Tachykardie Orale Zeichen

Tachypnoe Dentaler Verfall („meth mouth“)

Tod Psychiatrische Symptome

Trauma / Unfälle Ängstlichkeit Depression Paranoia Psychosen Suizidalität

2.5.3 COMT- Polymorphismus und die unterschiedlichen Wirkungen auf das Gehirn

Bereits früh stellte sich die Frage, warum die Wirkungen des Amphetamins sich in so

unterschiedlicher Form und mit großer individueller Bandbreite präsentieren. So gab es

immer wieder Personen, bei denen relativ rasch Nebenwirkungen beobachtet werden

konnten und andererseits eine Gruppe, die wesentlich mehr von der Einnahme profitierte.

Einen sehr guten Erklärungsansatz stellt der COMT-Polymorphismus dar.

Die Catechol-O-Methyltransferase ist jenes Enzym, das unter anderem Catecholamine

inaktiviert. Ebenso werden Arzneistoffe, wie in unserem Fall das Amphetamin, von der

COMT in einen inaktiven Zustand überführt.

In einer Studie mit 123 Teilnehmern (25) konnte festgestellt werden, dass ein COMT-

Polymorphismus signifikante Auswirkungen besitzt bezüglich der Amphetaminwirkung auf

die Funktion des präfrontalen Cortex .

Hierbei unterschied man zwischen einem val/val-Genotyp und einem met/met-Genotyp des

Codon 158. Hierbei steht die val158-met (= met/met) Variante für eine Ausprägungsform, die

ein thermolabiles Protein darstellt, welches eine niedrigere Grundaktivität besitzt. Somit

haben Merkmalsträger eine niedrigere COMT-Aktivität und konsekutiv einen höheren

Spiegel an Substanzen, welche die COMT eigentlich inaktivieren sollte. Sollte nun diesen

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Personen Amphetamin verordnet werden, dann kann man davon ausgehen, dass hier

ebenfalls höhere Spiegel und somit eine vermehrte Amphetamin-Wirkung beobachtet

werden kann.

Nun ist jedoch zu hinterfragen wieso eine vermehrte Amphetaminwirkung und ein erhöhter

Dopaminspiegel mit negativen Effekten vergesellschaftet sind.

Hierbei zeigt sich, dass Dopamin und die Leistung des präfrontalen Cortex sich am besten mit

der Funktion eines „umgekehrten-U“ beschreiben lassen.

Abbildung 7: "inverted U" als Erklärungsmodell

Die Abbildung zeigt, dass val/val-Vertreter eine niedrigere Dopamin-Grundaktivität (DA

signaling) besitzen, die Einnahme eines Amphetamin-Präparats führt zu einer Zunahme der

Dopamin-Aktivität und damit zu einer Verschiebung auf der Kurve Richtung Spitzenposition –

dadurch ist eine Zunahme der präfrontalen Funktion im positiven Sinne zu beobachten.

Studienteilnehmer mit einem met/met-Polymorphismus besitzen bereits im Grundzustand

eine erhöhte Dopamin-Aktivität. Die Steigerung dieser Aktivität bewirkt jedoch nicht eine

Zunahme der präfrontalen Funktion - es zeigt sich sogar, dass diese Individuen durch

Amphetaminapplikation übers Ziel hinausschießen und sich nun am Absteigenden Ast

befinden(25).

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2.6 Therapeutische Verwendung

Bedingt durch ihre zahlreichen Nebenwirkungen sind Medikamente, die man der Gruppe der

ATS zuweisen kann, therapeutisch nahezu verschwunden. Die Behandlung von

hyperkinetischen Störungen im Kindesalter (besser bekannt unter dem Terminus ADHS) und

der Narkolepsie stellen, auf Grund mangelnder Alternativen, eine kleine Ausnahme dar.

Ehemals verwendete Amphetamin-Präparate sind missbrauchsbedingt schon vor

Jahrzehnten strafrechtlich als Abhängigkeit-erzeugende Substanzen klassifiziert worden und

spielen überhaupt keine Rolle mehr. Methamphetamin z.B. wurde jahrelang als Pervitin

angeboten. Ein weiteres Beispiel ist die Abkömmlings-Substanz Fenetyllin, die auch unter

dem Handelsnamen Captagon bekannt war. Beide sind heute nur noch als illegale Drogen

oder Doping-Substanzen bekannt.

2.6.1 ADHS

Beim Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätssyndrom (Kurzform: ADHS) handelt es sich um

eine hyperkinetische Störung. Die betroffenen Patienten, die sich hauptsächlich im Kindes-

und Jugendalter befinden, fallen durch Konzentrationsstörungen, erhöhte Ablenkbarkeit und

vermehrte Aktivität auf. Lange Zeit wurde behauptet, dass sich die Krankheit im Laufe der

pubertären Entwicklung mit Erreichen des Erwachsenenalters bessern könnte. Heute wird

jedoch davon ausgegangen, dass ca. 25% (26) der behandelten Patienten ADHS-Symptome

auch im späteren Erwachsenenalter aufweisen.

Ablenkbarkeit, unangebrachte Impulsivität und Konzentrationsstörungen sind vor allem im

Bereich des Erziehungs- und Bildungswesens ein Störfaktor, der sowohl Lehrer, Eltern und

vor allem auch die betroffenen Kinder enorm belastet.

Die genauen Mechanismen dieser Erkrankung sind bis heute nicht restlos geklärt worden. Es

ist ziemlich sicher, dass Gehirnstrukturen wie der präfrontale Cortex und das Striatum eine

bedeutende Rolle spielen. Zu beachten ist hierbei jedoch auch, dass nicht nur die einzelnen

Strukturen eine wichtige Rolle spielen, sondern dass die zahlreichen komplexen

Verschaltungen und damit die Beziehungen die diese Strukturen miteinander eingehen und

der daraus resultierende Informationsaustausch und die Informationsverarbeitung

wesentlich relevanter sind. Durch dieses komplexe Netzwerk entstehen vielfältige

Funktionen. In Anbetracht von Selbstkontrolle, konzentriertem Arbeiten, Selbstbeobachtung

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und Handlungsausführung spricht man auch von „exekutiven Funktionen“. In Bezug auf

ADHS-Patienten fällt auf, dass vor allem diese Funktionen in unterschiedlichen

Ausprägungsformen beeinträchtigt sind. Hauptverantwortlich hierfür sind, wie bereits

erwähnt, Frontalhirn und Striatum. Zurückzuführen ist eine solche „striatofrontale

Dysfunktion“ auf eine mögliche Neurotransmitter-dysbalance, die wiederum das Resultat

einer erhöhten Transportproteindichte ist. Bei Vorliegen einer solchen Überzahl von

Dopamin-Transportern wird konsekutiv vermehrt Dopamin aus dem synaptischen Spalt

entfernt und daraus resultiert die genannte Störung.

Durch die Verwendung von Aufnahmehemmern (in diesem Fall Amphetamine und

Amphetamin-ähnliche Substanzen wie z.B. Methylphenidat) kann man der übermäßigen

Dopamin-Entfernung entgegenwirken.

Im zentraleuropäischen Raum hatte die Substanzgruppe der Amphetamine bezüglich ihres

therapeutischen Einsatzes bei diesem Patientengut eine Zeit lang keine Bedeutung. Die

verwandte Substanz Methylphenidat wurde jahrelang bevorzugt. Neuste Entwicklungen

zeigen jedoch, dass die Amphetamine im Vergleich zu Methylphenidat deutlich an

Bedeutung gewinnen (27). Vor allem der US-amerikanische Raum greift hierbei zunehmend

auf Produkte zurück die Amphetaminsalze enthalten. Einer der bekanntesten Vertreter

hierfür ist das Produkt Adderall des Unternehmens Shire-Pharmaceuticals. Doch auch am

deutschen Arzneimittelmarkt wurde ein Präparat eingeführt, dass als Wirkstoff

Dexamfetaminhemisulfat verwendet und den Namen Attentin trägt.

2.6.2 Narkolepsie

Die Narkolepsie ist im allgemeinen Sprachgebrauch besser als Schlafkrankheit oder als

Schlafsucht bekannt. Aus medizinischer Sicht ist sie den Störungen der Hypersomnien

zuzuordnen. Bezüglich ihres Vorkommens ist von einer Inzidenz von 10-15 / 100 000 und

einer Prävalenz von 25-50 /100 000 auszugehen (28). Wobei, wie bei vielen anderen

Erkrankungen, mit einer nicht zu unterschätzenden Dunkelziffer gerechnet werden kann.

Die Ursachen dieser Erkrankung sind weitgehend unbekannt und somit wird nicht selten von

einer idiopathischen Narkolepsie gesprochen. Diskutiert werden unter anderem eine

familiär-genetische Komponente oder auch ein Autoimmunprozess. Ein Zusammenhang von

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erstmals aufgetretener Narkolepsie nach vorangehender H1N1-Impfung mit dem Präparat

Pandemrix sorgte z.B. für Verwunderung (29).

Die betroffenen Personen berichten über plötzlich einsetzende Schlafattacken, die mit dem

Verlust des Muskeltonus (Kataplexie) eingehen können. In diesem Fall spricht man auch von

Narkolepsie-Kataplexie-Syndrom. Der Verlust des Muskeltonus kombiniert mit einem

überwältigenden Müdigkeitsgefühl kann die betroffene Person, je nach gegebener Situation,

in ernsthafte Schwierigkeiten manövrieren. Sturzgefahr, plötzlicher Wahrnehmungsverlust

und andere Symptome sind nicht nur im Straßenverkehr lebensgefährlich, sondern können

auch zu beträchtlichen Einschränkungen im Bereich der Berufsausübung führen.

Zu unterscheiden ist die Narkolepsie von Tagesschläfrigkeit, die durch einen wenig

erholsamen Nachtschlaf entsteht. Abzugrenzen ist die Narkolepsie somit vom Schlafapnoe-

Syndrom, das durch charakteristische Apnoe-Phasen gezeichnet ist, die zu einer

Sauerstoffunterversorgung des Gehirns führen und oftmals mit Schnarchen und motorischer

Unruhe kombiniert ist (28).

Es gibt bisher keine erfolgversprechende Behandlung, die zu einer Heilung führen könnte.

Grundsätzlich erfolgt eine symptomatische Intervention, die einerseits die Symptome lindern

können und andererseits dem Patienten dabei helfen mit seiner Erkrankung umzugehen.

Im Bereich der medikamentösen Behandlung ist die Verwendung von Stimulanzien, bei

diagnostizierter Narkolepsie legitim. Hauptsächlich werden die beiden Wirkstoffe

Methylphenidat und Modafinil verwendet. Modafinil ist rein strukturell betrachtet kaum mit

den Amphetaminen verwandt und in Österreich als Modasomil bzw. in Deutschland als Vigil

erhältlich.

Durch ihre zentral anregende Wirkung sollen diese Substanzen den unter Tagesschläfrigkeit

leidenden Patienten behilflich sein.

2.6.3 Weiterer möglicher Nutzen

Im Sinne eines Off-Label-Gebrauchs wird nicht retardiertes Methylphenidat (z.B. Ritalin)

verwendet bei (30):

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Gehemmt-depressiven Patienten mit bestehender Respirator-

Entwöhnungsproblematik

„Depressiven HIV-Patienten mit Erschöpfungssyndrom“

„Depressiven Schlaganfall-Patienten“

Im Gegensatz zum sonst als zentral wirkungsvoller beschriebenen D-Amphetamin, gibt es

Hinweise, dass L-Amphetamin sich positiv auf Gedächtnisstörungen bei Multiple-Sklerose

erkrankten Patienten auswirken kann (13). Die hierfür herangezogene Studie weist unter

anderem darauf hin, dass Gedächtniseinbußen bei Betroffenen keine Seltenheit sind und

dass es gleichzeitig aber auch keine bewährte Behandlung gibt. Durch den Einsatz von 30 mg

L-Amphetamin, verglichen in einer Doppelblindstudie, kam es laut Reanalyse zu signifikant

besseren Testresultaten. Gemessen wurde innerhalb eines Zeitrahmens von 4 Wochen,

wobei die Probanden die entsprechenden Tests auch vor der Medikation durchführen

mussten um eine Ausgangssituation quantifizieren zu können. Vielversprechende Ergebnisse

wurden hingegen nur bei der Gruppe der bereits gedächtnisbeeinträchtigten Patienten

festgestellt. Gedächtnisverbesserungen von 48,5% konnten in dieser Gruppe dokumentiert

werden, während die Placebo-Gruppe und die Gruppe der gesunden Probanden, die

ebenfalls L-Amphetamin einnahmen wesentlich bescheidenere Resultate aufwiesen.

Schlussfolgernd ist es somit fraglich, ob Amphetamine dem Gesunden überhaupt von Nutzen

sind. Im Sinne des L-Amphetamins ist dies jedoch unter wissenschaftlichen Bedingungen

äußerst zweifelhaft.

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3. Verwandte Substanzen

3.1 Methamphetamin

Abbildung 8: Strukturformel des Methamphetamin

Methamphetamin ist der breiten Bevölkerung vor allem durch seine illegale Verwendung

und Synthese bekannt. Jahrzehntelang erfreut sich diese Substanz großer Beliebtheit und

auch heute noch Methamphetamin hältige Produkte legal im Umlauf sind. Bezüglich ihrer

Verfügbarkeit ist jedoch hinzuzufügen, dass der Erwerb im deutschsprachigen Raum nicht

möglich ist. Im Unterschied dazu ist der Umgang mit dieser Substanz in den USA durchaus

gebräuchlich.

Bei dem in den Vereinigten Staaten erhältlichen verschreibungspflichtigen Medikament

Desoxyn handelt es sich um ein Produkt, das bezüglich seines Anwendungsspektrums mit

Ritalin vergleichbar ist. Anwendungsgebiete hierbei sind wiederum Erkrankungen des

hyperkinetischen Formenkreises und die Narkolepsie.

Als Erkältungsmittel wird z.B. ein Inhalierstift angeboten, der sehr geringe Dosen an L-

Methamphetamin enthält. Produziert wird er von Vicks, eine Firma die im deutschsprachigen

Raum besser unter dem Namen Wick bekannt ist und zahlreiche

Erkältungsbekämpfungsprodukte anbietet. Das deutschsprachige Vergleichsprodukt enthält

im Gegensatz zum amerikanischen Vapor-Inhaler nur eine Auswahl an ätherischen Ölen.

Dennoch sind die verwendeten Konzentrationen unbedenklich. Insgesamt enthält der Vapor-

Inhaler 50mg L-Methamphetamin und umgerechnet wird dabei eine Applikationsmenge von

0.04-0.150 mg pro nasalem Zug appliziert (31).

Unter der Bezeichnung „Meth“ oder „Crystal“ wird Methamphetamin in der illegalen Szene

angeboten. Bezüglich des Wirkspektrums wird es mit Kokain verglichen, das ebenfalls der

Gruppe der indirekten Sympathomimetika angehört. Jedoch besitzen sämtliche

Amphetamine eine wesentlich längere Halbwertszeit als das kurzwirksame Kokain.

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3.2 Methylphenidat

Abbildung 9: Strukturformel des Methylphenidat

Methylphenidat ist ein Amphetamin-Abkömmling, das ähnliche Wirkungen aufweist wie die

ursprüngliche Substanz. Wesentlich bekannter ist diese Substanz unter dem Produktnamen

der Firma Novartis, die ihr Methylphenidat-Präparat mit dem Namen Ritalin vermarktet.

Leonardo Panizzon, jener Wissenschaftler, der die Substanz als Erster synthetisierte,

erkannte, dass Methylphenidat den Tennisspielen mit seiner Frau eine neue Bedeutung gab,

indem es ihre Leistungen steigerte. Letzten Endes versah er sein Syntheseprodukt mit der

Kurzform des Namens seiner Frau (Rita) und nannte es Ritalin. Vertrieben wird Ritalin von

der Firma Novartis.

Genauso wie Amphetamin gehört es zu der Gruppe der zentralen Stimulanzien. Jedoch gibt

es bezüglich Wirkmechanismus einen Unterschied, dieser äußert sich durch eine reine

Wiederaufnahmehemmung von Katecholaminen und möglicherweise auch von Serotonin.

Hierbei ähnelt Methylphenidat eher dem Kokain als der Gruppe der Amphetamine, die wie

bereits beschrieben, eine Umkehr des NAT-Transports induzieren und somit aktiv eine

Katecholamin-Ausschüttung bewirken.

Bedingt durch seine Wirkung besitzt die Substanz jedoch ein ähnliches Missbrauchspotenzial

wie andere Amphetaminabkömmlinge.

3.3 Designerdrogen

Der Begriff „Designerdroge“ wurde bereits in der Begriffserklärung näher erörtert. In diesem

Kapitel wird ein ausgewähltes Spektrum an Substanzen vorgestellt, die allesamt in einem

verwandtschaftlichen Verhältnis mit Amphetamin stehen. Dies bedeutet, dass sie

strukturelle und/oder pharmakologische Ähnlichkeiten in Bezug auf Amphetamin besitzen.

Hinter den Abkürzungen dieser Substanzen stecken oftmals hochkomplexe Namen, die nur

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am Rande erwähnt werden sollen, da sie weder im illegalen Milieu, noch im ärztlichen

Umfeld verwendet werden.

Die Auswahl der Amphetamin-ähnlichen Designerdrogen beschränkt sich in dieser Arbeit auf

MDMA, MDPV und Mephedron. Keine dieser Substanzen besitzt heute eine therapeutische

Indikation und eine Erforschung im Sinne von doppelblinden klinischen Studien ist daher

auch nicht anzutreffen. Dies macht es relativ schwierig über die pharmakologischen

Wirkungen dieser Drogen zu berichten und man ist nicht selten auf Selbstversuchsberichte

einzelner Benutzer angewiesen, die eine rein subjektive Schilderung ihrer Erfahrung

anbieten. Zu diesem Zweck wird auf eine Website zurückgegriffen (www.erowid.org ), die

von sich selbst behauptet, dass sie die komplexen Interaktionen zwischen Menschen und

psychoaktiven Substanzen dokumentiere. Diese Internetpräsenz bietet zahlreiche

Informationen zu den unterschiedlichsten Drogen, unabhängig davon, ob diese legal

erhältlich sind oder nicht. Beachtenswert sind hierbei vor allem die substanzspezifischen

Userreports, die zwar eine deutliche subjektive Färbung enthalten, aber dennoch bei

Substanzen wie MDPV herangezogen werden sollen, um aufzuzeigen, wie diese wirken.

Zusätzlich wird unterschieden zwischen verschiedensten Unterkategorien, wie z.B. dem

erstmaligen Gebrauch, dem kombinierten Gebrauch mit verschiedensten anderen

Substanzen etc. Die einzelnen Benutzer beschreiben zudem in welcher Form die Droge

zugeführt wurde, in welcher Dosierung und bei mehrfachem Konsum, in welchen

Zeitabständen eine Einnahme erfolgte.

3.3.1 MDMA

Abbildung 10: Strukturformel des MDMA

Ursprünglich wurde MDMA von Merck Pharmaceuticals entwickelt und bereits im Jahre

1914 als Appetitzügler patentiert. Zu nennenswerten Anwendungen in diesem Bereich kam

es jedoch kaum. Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, später wurde MDMA einerseits als

Partydroge bekannt und experimentell von Psychiatern als Substanz mit entaktogenem

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Potential verwendet, um den Zugang zum Patienten in psychotherapeutischen Sitzungen zu

erleichtern. MDMA-Benutzer verspüren Euphorie, sind tendenziell freundlicher,

empathischer und ausgeglichener. Ein Selbstexperiment von 20 Psychiatern zeigte, dass bei

einem Großteil der Probanden folgende Wirkungen beobachtet wurden (32):

Veränderte Zeitwahrnehmung (90%)

Erhöhte Fähigkeit zur Kommunikation (85%)

Verminderte Abwehr (80%)

Verminderte Angst (65%)

Bekannt ist diese Substanz der breiten Bevölkerung vor allem als Wirkstoff der Partydroge

Ecstasy, die vor allem in der Disco- und Rave- Szene ihre Konsumenten findet. Hinter diesem

Kunstwort steckt auch die angestrebte Wirkung: Nämlich den Benutzer in Ekstase (englisch:

ecstasy) zu versetzen. Gebräuchlich ist auch die Kurzschreibweise XTC.

Marketingtechnisch werden Ecstasy-Tabletten in verschiedensten Formen mit diversen

Motiven am Drogenmarkt angeboten. Dennoch sei darauf hingewiesen, dass Ecstasy nicht

zwangsläufig MDMA als Hauptbestandteil benötigt und auch andere Substanzen sich hinter

diesem Namen verbergen können.

Hinter der Kurzschreibweise MDMA verbirgt sich die Substanz 3,4-Methylendioxy-N-

methylamphetamin. Bereits der Name lässt den Schluss zu, dass es sich um eine Verbindung

handelt, die strukturell zur Gruppe der Amphetamine gezählt werden kann. Rein funktionell

ergeben sich wirkungsbedingt einige Unterschiede: „Methylierte und methoxylierte

Amphetaminderivate (Ecstasy) wirken sich stärker auf den Serotonintransport aus und

können an Serotoninrezeptoren angreifen, sodass deren Wirkungen nicht mit denen der

übrigen Amphetamine vergleichbar sind (33).

Hierbei wird immer wieder von einer möglichen halluzinatorischen Komponente berichtet,

die den üblichen Amphetaminen fehlt. In einem klinischen Setting konnten bislang keine

visuellen Halluzinationen beobachtet werden, die auf die ausschließliche Einnahme von

MDMA zurückzuführen sind (32).

Um dennoch einen kurzen Einblick zu erlangen wie MDMA sich im Vergleich mit dem

gewöhnlichen Amphetamin auswirkt werden die Ergebnisse einer doppelblinden Placebo-

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kontrollierten Studie an dieser Stelle kurz zusammengefasst. In dieser Versuchsanordnung

wurden mehreren Probanden entweder ein Placebo, 40 mg Amphetamin, 75 mg MDMA

oder 125 mg MDMA verabreicht (32). Um möglichst objektive Ergebnisse zu erhalten

wurden standardisierte Tests herangezogen. Folgende Schlussfolgerungen sind aus den

Ergebnissen abzuleiten (32):

Amphetamin: Im Gegensatz zu MDMA scheinen die Probanden einen leichten Vorteil zu

haben bezüglich der psycho-motorischen Performanz und der Reaktionszeit. Ein Gefühl der

Euphorie wird von den Probanden ebenfalls beschrieben. Die Probanden berichteten

hingegen über keinerlei Wahrnehmungsstörungen.

MDMA-75/MDMA-125: Vor allem die stärkere Variante des MDMA zeigt ausgeprägte

Abweichungen im Vergleich mit Amphetamin. Tests, welche psycho-motorische Fähigkeiten

verlangen werden von den einzelnen Testpersonen signifikant schlechter gelöst. Euphorie

und Dysphorie werden in etwa der gleichen Weise wie bei Einnahme von Amphetaminen

beobachtet. Das von vielen Probanden als „High“-Gefühl beschriebene Erlebnis sei jedoch

bei der Einnahme von MDMA-125 intensiver. Ähnliches wurde in Bezug auf ein

Betrunkenheitsgefühl oder Verwirrtheit berichtet.

Während Amphetamin-user über keinerlei Wahrnehmungsstörungen berichteten, wurden

bei der hochdosierten MDMA-Variante von Formveränderungen („changes in shapes“),

Lichtveränderungen („changes in lights“) oder auch Geräuschveränderungen („changes in

hearing“) berichtet. Diese „Veränderungen“ fallen weniger in den Bereich der Halluzination

als mehr in den Bereich der Änderung des Wahrnehmungsfokus, bei der z.B. Farben oder

Formen intensiver wahrgenommen werden, als dies im unbeeinflussten Zustand der Fall ist.

3.3.2 MDPV

Abbildung 11: Strukturformel des MDPV

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Bei 3,4-Methylenedioxypyrovalerone (oder besser bekannt unter seinem Kürzel MDPV)

handelt es sich, wie bei den anderen bereits vorgestellten Substanzen um einen

Neurotransmitter-Reuptake-Hemmer.

Für die entsprechende Substanz gibt es bislang keine medizinische Verwendung. Dennoch

gelangte die Substanz, bedingt durch juristische Schlupflöcher, in den Handel. Produkte die

vermutlich MDPV enthalten werden legal als Badesalze (bath salts) verkauft und einer

Kennzeichnung versehen, dass sie nicht zum Konsum geeignet sind. So z.B. wird

angenommen, dass MDPV der Hauptbestandteil der Produkte „Ivory Wave“ und „Cloud 9“

ist (34).

MDPV wirkt stimulierend und bedingt durch seine Pharmakologie ruft es bei Benutzern

ähnliche Effekte hervor wie Amphetamine oder Kokain. Im direkten Vergleich zu Kokain lässt

sich erkennen, dass eine längere Wirkdauer von MDPV beobachtet werden kann und dass

eine wesentlich niedrigere Dosis verwendet werden müsste, um ähnliche Effekte wie beim

Kokain-Konsum hervorzurufen. Das Institute of Psychiatry des King’s College London hat

einen MDPV Report veröffentlicht, der unter anderem angibt, dass eine 20-30fach niedrigere

Dosis und 6-8 mal weniger Dosen notwendig wären, um ähnliche Resultate wie beim

Kokaingebrauch zu erzielen (34).

Mediale Aufmerksamkeit erlangten MDPV haltige Produkte vor allem durch kriminelle

Ausnahmetaten, die angeblich mit der vorherigen Einnahme dieser Substanz in

Zusammenhang stehen. Im Mai 2012 erlag der Obdachlose Ronald Poppo einer bizarren

Attacke seitens eines unter Drogen-Einfluss stehenden Mannes. Dabei soll der entblößte

Rudy Eugene das Gesicht des hilflosen Mannes mit seinen Zähnen zerfleischt haben (35). Ein

ähnlicher Fall ereignete sich kurze Zeit später, bei der ein Student seinen Mitbewohner

getötet haben soll und damit begann, Organe des Ermordeten zu verzehren (36). Die

Brutalität und der kannibalistische Hintergrund der entsprechenden Gewalttaten führten zu

einer erhöhten medialen Aufmerksamkeit, die den wirkstoffhaltigen „Badesalzen“ das Image

einer „Zombie-Droge“ bescherte. Wobei sich das Wort Zombie auf eine fiktive Horrorgestalt

bezieht, die einerseits ein starkes Verlangen nach menschlichem Fleisch besitzt und

andererseits auf Grund ihres Untoten-Zustandes übermenschliche Resistenzen seitens

gegnerischer Angriffe aufweist.

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Zu hinterfragen ist hierbei jedoch die mediale Aufbereitung und der Realitätsgehalt

bezüglich der Hintergrundinformationen zu diesen Straftaten. Welche Substanz

eingenommen wurde ist bisher aus medialer Berichterstattung nicht genau zu erschließen.

Ein möglicher Mischkonsum im Sinne einer Polytoxikomanie ist nicht auszuschließen und

wird kontrovers diskutiert. Kannibalistische Tendenzen als Nebenwirkung einer

Substanzklasse anzuführen erscheint zudem äußerst unprofessionell. Amphetamine und

ähnliche Vertreter besitzen das Potenzial, Aggressionen hervorzurufen bzw. diese in einem

erheblichen Ausmaß zu steigern. In den gegebenen Fällen scheint das Aktivieren einer

latenten Psychose bedingt durch den illegalen Drogenmissbrauch als wesentlich

wahrscheinlicher und Amphetamine sind hierbei nicht die einzige Substanzklasse die zu

Psychosen führen können. Zahlreiche andere Drogen besitzen diese potentielle Fähigkeit

und dies vor allem in Zusammenhang mit einer komplexen pathologischen

Persönlichkeitsstruktur.

Die einzelnen User-reports zeigen hingegen deutlich, dass MDPV der Gruppe der

Amphetamine zugeordnet werden kann. Das Spektrum des Verwendungszwecks reicht vom

Kokain-Ersatz (37) bis zur Verwendung als Life-Style-Drug bzw. Studierhilfe (Study-Aid) (38).

Die konzentrationsfördernde Wirkung wird in einigen Berichten, denen von Methylphenidat

gleichgesetzt. Bezüglich der euphorisierenden Wirkung wird von Amphetamin-typischen

Effekten berichtet, die genau wie bei Amphetamin länger anhalten als beim Kokain-

Gebrauch (39). Das Nebenwirkungsprofil ist ebenfalls den Amphetaminen zuzuordnen.

Die häufigsten angeführten Nebenwirkungen umfassen Tachykardie, Palpitationen,

Appetitlosigkeit, Einschlafstörungen und ein Gefühl der Anspannung, das von Erscheinungen

wie Bruxismus bis Muskelspasmen reicht. Weniger häufig aber dennoch erwähnenswert sind

unteranderem Paranoia und Logorrhoe.

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3.3.4 Mephedron

Abbildung 12: Strukturformel des Mephedron

Während MDPV hauptsächlich als dubioses Badesalz angeboten wird (wurde), ist

Mephedron vor allem dafür bekannt, dass es unter dem Tarnmantel des

Pflanzendüngemittels verkauft wurde.

Mephedron war eine Zeit lang auch in Österreich frei erhältlich. Im August 2010 wurde diese

Substanz in die Kategorie der illegalen Suchtmittel eingegliedert.

Die unerwünschten Effekte des Mephedron-Konsums gleichen auf Grund der Amphetamin-

ähnlichen Struktur denen von anderen sympathomimetisch wirkenden Drogen (40). Der

Name 4-Methylmethcathinon ist ein Hinweis für seine Zugehörigkeit zu den Cathinon-

Derivaten. Cathinon selbst kann aus dem Kathstrauch gewonnen werden. Im übertragenen

Sinne ist dies der natürliche Vertreter des Amphetamins.

Case-Reports zeigen ein ähnliches Bild bezüglich seiner Wirkung – in 15 Fällen von laut

Patienten zugegebenem Mephedron-Konsum konnten prozentuell folgende Symptome

beobachtet werden(41):

53,3% Unruhe

40% Tachykardie

20% Hypertension

20% mit Anfallsleiden

Ähnliches konnte bei 7 Patienten mit toxikologisch nachgewiesenem Konsum festgestellt

werden(42):

4 Patienten mit Unruhe

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2 Patienten mit Palpitationen

1 Patient mit Brustschmerzen

1 Patient mit selbstlimitierendem Anfallsleiden

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4. Gesellschaftsaspekte Der Konsum von Drogen wirkt sich nicht nur auf das einzelne Individuum aus, sondern

beeinträchtigt auch seine Umgebung erheblich. Juristische, medizinische, umweltbedingte,

gesellschaftliche und soziale Probleme dürfen nicht übersehen werden, da sie einerseits

einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden hervorbringen und andererseits mit

entsprechender Prävention das Leben zahlreicher Menschen geschützt werden kann.

Die Amphetamine sind eine Substanzgruppe, die nicht nur von verwahrlosten Junkies oder

experimentierfreudigen Heranwachsenden verwendet werden. Bedingt durch ihre

Wirkungen erwarteten zahlreiche Konsumenten einen vermeintlich

bewusstseinsverbessernden Effekt. Mehr Leistung, weniger Schlafbedarf, mehr

Konzentrationskraft und ein vermindertes Appetitgefühl sind Eigenschaften, die von einer

Leistungsgesellschaft, die ein Schlankheitsideal besitzt, gerne akzeptiert werden. Der Traum

vom perfekten Übermenschen ist immer noch präsent und eine Substanz, die unsere

eigenen lästigen Makel ausmerzt und Tugenden wie Fleiß, Intelligenz, Stärke und Vitalität

ersetzt, kann getrost als Wundermittel bezeichnet werden. Nicht Wenige sehen in den

Amphetaminen und seinen Derivaten genau jenes Wundermittel.

4.1 Verbreitung

Der World Drug Report 2012 lässt erkennen, dass Amphetamine und seine Verwandten

neben Cannabis-Produkten zu den meist verbreiteten illegalen Drogen weltweit zählen. ATS

(amphetamine-type-stimulants) wird hierbei als Terminus verwendet. Die globale jährliche

Prävalenz wird bei Cannabis in einem Bereich von 2.6-5.0 angegeben. ATS nehmen den 2.

Platz für sich ein mit einer globalen jährlichen Prävalenz von 0.3-1.2. XTC, eine Substanz, die

man getrost auch zur Gruppe der ATS zählen könnte, wird im gesamten Report separat

behandelt und mit einer jährlichen Prävalenz von 0,2-0,6 angegeben (43).

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Abbildung 13: Jährliche weltweite Drogenprävalenz (entnommen dem World Drug Report 2012)

Cannabis bleibt somit bis auf weiteres der ungeschlagene Sieger bezüglich des Konsums von

illegalen Drogen. Dies ist nicht weiter überraschend, da Hanfprodukte der

Allgemeinbevölkerung durchaus besser bekannt sind. Zudem werden sie aufgrund ihrer

pflanzlichen Herkunft oft als harmlose bzw. milde Droge eingestuft. Dies führte in den

letzten Jahren zu politischen Diskussionen über die Legalisierung dieser Produkte. Chemische

und synthetisch hergestellte Drogen wurden schon immer wesentlich kritischer beäugt und

Parallelen zur Einstellung der Bevölkerung gegenüber der Einnahme von pflanzlichen versus

synthetischen Medikamenten können nicht verneint werden.

In einem Aspekt sind die ATS jedoch die ungeschlagenen Sieger. Keine Substanzfamilie weißt

ein derart rasantes Wachstum bei illegalen Drogen auf (43).

4.2 Kriminalität

Drogen und Substanzmissbrauch spielten im Zusammenhang mit Kriminalität schon immer

eine wesentliche Rolle. Bedingt durch den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden

muss der Gesetzgeber klare Regeln aufstellen um die Gemeinschaft, genauso wie das

Individuum, notfalls vor sich selbst zu schützen.

Die Zusammenhänge zwischen Drogen und damit verbundener Kriminalität bestehen in

folgenden Punkten (44):

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1. Gesetzesmissachtung bezüglich Drogenbesitz, Gebrauch, Verkauf und Erzeugung

(Durch die gesetzlichen Restriktionen ist ein freier und legaler Erwerb oft nicht

gegeben. Bei entsprechender Nachfrage und Verlangen nach einem Produkt wird

dieses oft illegal synthetisiert und in weiterer Folge verkauft. Die Umgehung von

professioneller oder staatlicher Aufsicht bedingen einerseits eine minderwertige

Qualität und andererseits eine erhöhte Gewinnspanne, die auf das Fehlen von

Steuersätzen und Sicherheitsbestimmungen zurückzuführen sind.

2. Verbrechen und Übergriffe, die auf die Wirkung der Substanzen zurückzuführen

sind (Die Wirkungen der verschiedenen Drogen reichen von Schläfrigkeit und

verminderter Wahrnehmung bis zu Aggression, Halluzinationen und

situationsbedingten Fehleinschätzungen. Daraus resultieren Fahrlässigkeit und

Gewaltbereitschaft, die die Grundlagen für weitere kriminelle Handlungen

bereitstellen.

Nicht nur die direkten Wirkungen beeinflussen das Individuum, sondern vor allem

auch nachlassende Effekte. Wenn die als Euphorie wahrgenommenen Effekte

plötzlich nachlassen und das Individuum plötzlich von einem inneren Gefühl der

Ängstlichkeit und Dysphorie geplagt wird, sind Paranoia und wiederum ein erhöhtes

Maß an Gewaltbereitschaft keine Seltenheit.)

3. Beschaffungskriminalität im Zusammenhang mit Sucht und Entzug (Das schwer zu

widerstehende Verlangen nach erneutem Konsum kann bis zu Diebstahl und Raub

führen. Die erbeuteten Wertgegenstände sollen als Geldquelle dienen, um eine

bestehende Sucht zu finanzieren. Oftmals kommt auch eine manipulative

Persönlichkeitsstruktur zum Vorschein, die ihr Umfeld gekonnt ausnutzt. Betrug ist

daher eine unmittelbare Folge. )

4. Gewaltbereitschaft im Bereich der Drogenvermarktung und des Verkaufs

(Rivalisierende Drogenbanden und auch der Kampf gegen lokale Gesetzeshüter

führen zu einer Entwertung von Lebensräumen und ufern im schlimmsten Fall zu

gefürchteten Drogenkriegen mit zahlreichen Todesopfern aus.)

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5. Drogenlifestyle, Risikobereitschaft, kriminelles Umfeld (Eine bereits bestehende

Risikobereitschaft ist bei Drogenkonsumenten schon oft vor dem Erstkontakt mit

diversen Substanzen zu beobachten. Der durch den Drogenankauf vermittelte

Kontakt mit einem kriminellen Umfeld initiiert eine mögliche Ausbildung in

kriminellen Fähigkeiten durch andere Straftäter und könnte somit zu weiteren

Gesetzesüberschreitungen führen.)

Ein Großteil der kriminellen Straftaten ist somit nicht nur auf die pharmakologischen Effekte

der Drogen zurückzuführen, sondern steht vor allem im Zusammenhang damit, dass die

entsprechenden Substanzen nicht frei erhältlich sind, aber dennoch ein entsprechendes

Verlangen besteht. Zusätzlich seien vor allem die verführerischen finanziellen Gewinne, die

durch den Verkauf entstehen, erwähnt.

Leidtragende im Bereich der Drogenszene sind aber nicht nur jene Personen die in

unmittelbarem Kontakt mit der Droge stehen, sondern vor allem auch Angehörige und

Familienmitglieder. Die Droge wird zum neu entdeckten Lebensmittelpunkt. Partner und

Kinder werden zu Nebensächlichkeiten degradiert. Vor allem Kinder, die ein besonderes Maß

an elterlicher Protektion benötigen, sind die Leidtragenden. Verwahrlosung und eine durch

die Droge bedingte erhöhte Aggressionsneigung und ein gesteigertes sexuelles Verlangen,

die zu sexuellen Übergriffen und Vergewaltigung führen können, sind die Folgen. Es wird

sogar angenommen, dass in entsprechenden Regionen des Bundesstaates Washington 80-

100% aller Kindesmisshandlungen und Verwahrlosungen, mit dem elterlichen

Drogenkonsum von Methamphetamin in Verbindung stehen (44).

4.3 Studium und Arbeitsplatz

Studierende, die oftmals Prüfungen zu bestehen haben und Arbeiten abliefern müssen,

stehen nicht selten unter Zeitdruck und wünschen sich daher oftmals einen zusätzlichen

Leistungs- und Motivationsschub. Das bereits erfüllte Lernpensum hat dem unter Druck

stehenden Lernenden bereits einiges abverlangt und zunehmende Müdigkeit kommt zum

Vorschein. Der erste Schritt bei der Bekämpfung dieser Symptome besteht in der Einnahme

in Form eines milden und nahezu allgegenwärtigen Stimulans – Koffein. Koffein ist in

zahlreichen Getränken, in milden Dosen, enthalten und hat eine zentral anregende Wirkung.

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Eine andere Gruppe von Studierenden gibt sich mit diesen milden Effekten nicht zufrieden

und schreckt nicht davor zurück verschreibungspflichtige Pharmaka zu benutzen. Die

bekannten Pharmaka Adderall, Dexedrine und Ritalin sind Beispiele dafür, dass

verschreibungspflichtige Pharmaka nicht nur den kranken Individuen behilflich sein können.

Sie werden, bedingt durch ihre Wirkung, als chemische Studierhilfen (study aid) verwendet.

Eine vom Nature-Magazin durchgeführte Leserumfrage, an der insgesamt 1 400 Personen

aus über 60 verschiedenen Ländern teilnahmen ergab, dass umgerechnet einer von fünf

Befragten eine verschreibungspflichtige Substanz zur mentalen Leistungssteigerung

einnahm. Die Substanzen die hierbei inkludiert wurden sind: Methylphenidat (Ritalin),

Modafinil (Provigil) und Beta-Blocker. Methylphenidat war hierbei der Spitzenreiter, da 62%

jener Teilnehmer, die Angaben eine Substanz eingenommen zu haben, auf diese

zurückgriffen. 80 Beteiligte gaben zudem an sie hätten Adderall eingenommen. Als

Hauptgrund für die Einnahme wurde die konzentrationsverbessernde Wirkung angegeben

(45).

Bereits im Jahre 2001 wurde eine ähnliche Umfrage an 119 amerikanischen Colleges

durchgeführt. Auch diese kam zu ähnlichen Resultaten. Umgerechnet auf die 10 904

teilnehmenden Studenten ergab sich eine durchschnittliche Lebenszeitprävalenz von 6,9%

mit einer Prävalenz für das letzte Jahr (past year rate) von 4,1%. Bei individuellen Colleges

wurde eine Schwankung bezüglich der „past year rate“ wahrgenommen, die von 0 – 25%

variiert (46).

Es gibt somit mindestens ein College in den USA, bei dem man umfragebedingt, zu dem

Schluss kommen könnte, dass ein Viertel seiner Studenten vor dem

Medikamentenmissbrauch nicht zurückschreckt .

Mithilfe von zusätzlich erhobenen persönlichen Daten wurde hierbei ein „Täterprofil“

erstellt, das den durchschnittlichen „Gehirn-Doper“ skizziert. Männlich, weiß und Mitglied

einer Studentenverbindung – dies ist eine Kombination, die besonders hervorstach (46).

Um die Effekte der Amphetamine bezüglich Leistung und Produktivität veranschaulichen zu

können eignet sich ein Vergleich mit den Wirkungen des körpereigenen Stresses. Stress ist

unter entsprechenden Bedingungen eine natürliche Reaktion auf fordernde

Umweltbedingungen. Einen großen Einfluss spielen hierbei die uns als Stresshormone

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bekannte Gruppe der Katecholamine. Vertreter dieser Gruppe sind, wie bereits erwähnt,

Noradrenalin, Adrenalin und Dopamin. Unser Körper erfährt während ihrer Wirkung einen

Leistungsschub. Effekte wie verminderte Müdigkeit, erhöhte Konzentration und

Produktivität werden durchwegs als positiv wahrgenommen und somit handelt es sich

hierbei um positiven Stress, der auch als Eustress bezeichnet wird. Die Amphetamine

bewirken richtig dosiert nichts anderes als die Herstellung eines Zustandes, der dem des

Eustresses gleicht. Dies gelingt durch den Mechanismus der Katecholamin-

Wiederaufnahmehemmung.

Zunehmende Belastung und Überanstrengung überfordern uns. Diese Stress-Reize werden

als Disstress bezeichnet. Sie sind kontraproduktiv und führen im weiteren Verlauf zu

körperlichen Symptomen wie Zittern, Ängstlichkeit, Schlaflosigkeit, Dysphorie usw.

Amphetamine, die zu hoch dosiert wurden, oder auch eine richtige Dosierung bei Individuen

mit substanzspezifischer Nebenwirkungsneigung, können genau jene Symptome

hervorbringen.

Die Umfrage des Nature-Magazins ergab dennoch weitere interessante Ergebnisse bezüglich

Nebenwirkungen. Obwohl rund die Hälfte der Benutzer über Nebenwirkungen berichtete,

war dies für viele kein Grund mit der Einnahme aufzuhören. Die Autoren kamen sogar zu

folgendem Schluss: „Man möchte annehmen, dass Nebenwirkungen mit einer niedrigen

Einnahmefrequenz korrelieren würden, doch genau dies war nicht der Fall in unserem

Beispiel“ (45).

Die zufriedenstellende Erledigung individueller Ziele scheint zumindest einem Teil der

Benutzer wichtiger zu sein als die körperliche Gesundheit. Dabei werden

Nebenwirkungssymptome toleriert um eine Leistungssteigerung zu erreichen.

Trotz bestehendem Nebenwirkungspotenzial werden jedoch Stimmen laut, die eine

Legalisierung für den verantwortungsvollen Gebrauch dieser Substanzgruppe fordern. In

einem Artikel des renommierten Nature-Magazins kommen Henry Greely und seine Kollegen

zu dem Schluss, dass die Gesellschaft reagieren müsse bezüglich des wachsenden

Bedürfnisses nach kognitiver Verbesserung und das „Enhancement“ (Verbesserung) in

diesem Sinne kein schmutziges Wort sein dürfe. Die Einnahme von Medikamenten für diese

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Zwecke wird moralisch gleichgesetzt mit körperlicher Betätigung, Ernährung, Schlaf oder

dem Lesen, da auch diese Methoden die Gehirnfunktionen positiv beeinflussen würden (47).

Moralische und ethische Konfliktsituationen ergeben sich durch folgende Problemfelder

(45):

1. Sicherheit: Medikamente besitzen eine Vielzahl von Wirkungen, die nicht alle

erwünscht und vor allem als Nebenwirkungen bekannt sind. Zusätzlich kann eine

enge therapeutische Breite zu Fehldosierungen führen. Die Anwendung eines

Pharmakons bei gesunden Probanden ist im Angesicht von potenziellen Schädigung

nicht immer zu rechtfertigen und deshalb problematisch.

2. Verlust der eigenen Persönlichkeit: Auch wenn eigene Makel das Individuum stören,

so sind sie doch Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Es besteht daher auch immer

die Angst vor dem substanzinduzierten Identitätsverlust.

3. Ungerechtigkeit: Die Verfügbarkeit vieler Medikamente ist oftmals auch von

finanziellen Mitteln abhängig. Vor allem in der Anfangsphase des Verkaufs sind viele

Medikamente für unterdurchschnittlich-verdienende Bevölkerungsschichten ein

Luxusgut. Würden nun Medikamente zur Verfügung stehen, die nur von der finanziell

gut betuchten Oberschicht käuflich erworben werden können, könnte dies durch den

entstandenen beruflichen und akademischen Nutzen, einen weiteren Keil zwischen

die Gesellschaftsschichten treiben.

4. Gruppenzwang: Bereits dopende Arbeitskollegen könnten durch ihre plötzliche

Leistungssteigerung andere Arbeitnehmer, die bisher keine Substanzen

eingenommen haben in ein falsches Licht rücken. Vor allem könnten diese dazu

genötigt werden gegen ihre ursprünglich ablehnende Motivation zu handeln und

gesundheitliche Risiken in Kauf zu nehmen um weiterhin mithalten zu können.

4.4 Sport

Die vermeintlich positiven Effekte sind vor allem in Anbetracht des kompetitiven

Wettbewerbs äußerst verlockend. Ein vermeintlich psychologischer Nachteil könnte durch

die Zuhilfenahme eines ZNS-Stimulans in einen beträchtlichen Vorteil verwandelt werden.

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Vor allem ihre Wirkung in Bezug auf Müdigkeit, Selbstbewusstsein und psychischer Ausdauer

finden immer wieder ihre Anhänger. Dies impliziert, dass sie vor allem während des

Wettkampfes verwendet werden um eine sportliche Performance zu verbessern. Dennoch

besteht auch die Möglichkeit eine Trainingseinheit zu intensivieren (48). Vom chemisch

induzierten Sportsgeist beflügelt, kann dies bis zum Übertraining führen und fördert

trainingsbedingte Verletzungen und die Verschlechterung bestehender Einschränkungen.

Die zentral stimulierenden Effekte bewirken eine Schärfung der Reflexe, eine Verringerung

der Müdigkeit und ein erhöhtes Selbstvertrauen. Zusätzlich bereitet die Stimulierung des

Sympathikus den Körper auf die kommenden Strapazen vor.

Doch bei genauer Betrachtung erkennt man relativ rasch zahlreiche Nachteile. Die

euphorisierende Wirkung, erhöhte Aggression und ein verändertes Bewusstsein führen zu

Fehleinschätzungen bezüglich der eigenen Leistung sowie der gegebenen Situation. Die

sympathomimetischen Effekte erhöhen den Blutdruck, führen zu einer Vasokonstriktion und

in Verbindung mit einer erhöhten physischen Aktivität resultiert eine inadäquat hohe

Wärmebildung (48), die vom Athleten durch den zentralnervösen Einfluss nicht als solche

wahrgenommen wird. Hitzebildung, Dehydrierung und die kardiovaskuläre Überbelastung

sind letzten Endes jene Faktoren, die zu einem vitalen Zusammenbruch führen.

Zunehmende Aggression, Fehleinschätzungen und das Verkennen der gegebenen Situation

verschlechtern nicht nur die eigenen Resultate. Unsportliches Verhalten, Rücksichtslosigkeit

und inadäquate Emotionen verhindern ein Fairplay und in der Kombination mit

Kreislaufzusammenbrüchen und potenziellen Todesfolgen bilden sie den Super-GAU eines

jeden sportlichen Events.

4.5 Kunst, Kultur und mediale Rezeption

Kunst, Kultur und die verschiedensten berichterstattenden Medien zeigen uns natürlich

nicht immer ein objektiv korrektes Bild der Realität. Vor allem sind sie abhängig von den

Motiven ihrer Autoren. Dennoch sind sie ein Spiegel kultureller Konfliktbewältigung und

vermitteln uns Werte, Wünsche und Bedürfnisse, die dem gesellschaftlichen Feindbild des

Drogenkonsums gegenübergestellt werden. Die Amphetamine und ähnlich wirkende

Substanzen sind hierbei ein immer wiederkehrender Gast. Egal ob es sich um die illegale

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Synthese von Methamphetamin handelt, die in der US-amerikanischen Serie „Breaking Bad“

das Schlüsselelement darstellt, oder die Einnahme von Amphetaminen als Appetitzüglern,

wie man sie im Film-Klassiker „Requiem for a Dream“ beobachten kann. Selbst die Simpsons

widmen eine ihrer Folgen einer Ritalin-ähnlichen Substanz, die passenderweise auf den

Namen „Focusin“ getauft wurde.

Einer der bekanntesten Filme der letzten Jahre die sich mit dem Thema des kognitiven

Enhancement beschäftigen, ist der 2011 erschienene Film „Ohne Limit“ (engl. Originaltitel:

Limitless). Der Film ist eine leichte Abwandlung des Romans „The Dark Fields“ von Alan

Glynn.

Hollywoodschauspieler Bradley Cooper verkörpert hierin Eddie Mora, einen verschlafenen

und ideenlosen Buchautor, der trotz laufendem Buchvertrag keine einzige Zeile zu Papier

bringt. Im Zuge eines Treffens mit seinem Ex-Schwager erhält er die Designerdroge „NZT“.

NZT verwandelt ihn in einen charismatischen Bestsellerautor, der seine neue entdeckte

kognitive Leistung vor allem dazu einsetzt, um durch den Einstieg ins Börsengeschäft schnell

an Geld zu gelangen. Geld, Partys und unzählige früchtetragende soziale Kontakte scheinen

ihm sicher. Die phänomenale Wirkung beschreibt er mit folgenden Worten: „Nur eine

Tablette täglich und ich war ohne Limit.“ Doch die Kehrseite der Medaille wird ihm rasch

präsentiert. Zunehmende Blackouts plagen ihn und ein Treffen mit seiner einst

erfolgreichen, doch jetzt verwahrlosten Ex-Frau, die selbst einst unter der Wirkung von NZT

stand, zeigen ihm die Schattenseite seines Konsums.

Doch auch reale Selbstversuche werden immer wieder von Journalisten durchgeführt. Im

Jahre 2009 erschien in der „ZEIT Campus“-Beilage der Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“ ein

Artikel bezüglich des akademischen Benefiz durch die Verwendung von Methylphenidat (49).

Der namentlich nicht erwähnte Autor beschreibt seine Erfahrungen mit Ritalin. An das

verschreibungspflichtige Medikament gelangt er durch einen Freund, dessen Vater im

ärztlichen Beruf tätig ist. Vor allem soll das Medikament dem verbessernden Lernerfolg

dienen und die Resultate der anstehenden Klausur verbessern. Während seiner Lernzeiten

ohne Ritalin, schreibt er, bedingt durch Ablenkungen und die Unfähigkeit sich zu

konzentrieren, vom „Kampf gegen mich selbst“. Ein „Hintergrundrauschen“ würde ihn

permanent stören und letzten Endes ein effizientes Lernen verhindern. Bereits die erste

Einnahme verspricht Abhilfe und ein konzentriertes Arbeiten über Stunden hinweg sei nun

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möglich. Dennoch berichtet er über Nebenwirkungen, die ihm letzten Endes sogar sorgen

bereiten. Das konzentrierte Arbeiten und die Fähigkeit die störende Umgebung ausblenden

zu können fühlen sich fremd an. Ein Gefühl der eigenen Entfremdung und auch die Angst vor

Verlust der Kreativität kommen in ihm hoch. Dennoch sei er kurzfristig lieber ein „Roboter“,

denn: „Wenn Roboter bessere Noten kriegen, dann bitte sehr, dann will ich Roboter sein!“

(49).

Auch der US-Amerikaner Joshua Foer beschreibt ähnliche Erfahrungen. Inspiriert von der

Drogengeschichte des Jack Kerouac, der durch die Verwendung von Benzedrin seinen Roman

„On the Road“ angeblich innerhalb von 3 Wochen fertiggestellt hat, beginnt er einen

einwöchigen Selbstversuch mit dem Medikament Adderall. Beim Pingpong-Spiel gegen

seinen Bruder gewinnt er zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder. Das Lesen von Büchern

mit komplexem Inhalt erscheint erleichtert und stundenlanges Arbeiten sei nun möglich.

„Mehr gerichtet“, „weniger abgelenkt“ und „weniger Tagträume“ – mit diesen Worten

beschreibt er die phänomenale Wirkung. Zugleich verspürt auch er ein Gefühl der

Befremdung, stellt sich die Frage, ob es womöglich seine Kreativität „erstickt“ und

Querdenken durch den neu erworbenen Fokus möglicherweise einschränkt (50).

4.6 Synthese

Die illegale Synthese wird naturgemäß nicht öffentlich dokumentiert und somit ist es

schwierig abzuschätzen, wie viel jährlich produziert wird und wo sich die entsprechenden

Produktionsstätten befinden. Es ist anzunehmen, dass einerseits Drogenringe bestehen, die

eine Produktion im großen Stil betreiben und andererseits wird es eine Vielzahl an kleinen

Herstellern geben, die mit ihrer Synthese lediglich den Eigenbedarf abdecken. Eine genaue

Lokalisation wird dadurch erschwert. Bei Betrachtung des amerikanischen Drogenmarktes ist

zu vermuten, dass ein Import von aus Mexiko stammenden Drogen stattfinden könnte.

Mexiko und auch das sonnige Kalifornien werden als Liegenschaften für Super-Labore

verdächtigt.

Um dennoch abschätzen zu können in welchem Zahlenbereich dieses Gewerbe sich befindet,

ist es nützlich, die Zahlen der jährlich beschlagnahmten Mengen an Drogen und

aufgeflogenen Drogenlabore miteinzubeziehen.

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Global wurden, allein im Jahre 2010, 45 Tonnen der Droge Methamphetamin

beschlagnahmt. Spitzenreiter weltweit sind die USA, die insgesamt 22 Tonnen dieser

Substanz beisteuerten (43).

Doch auch in Europa gibt es genügend illegale Produktionsstätten. 328 Drogenlabore

wurden im selben Jahr entdeckt, wobei ein Großteil (307) davon in Tschechien aufgefunden

wurde. Verwunderlich ist aber auch, dass ein relativ kleines Land wie Österreich 5

aufgeflogene „Labore“ aufweisen kann (43).

Diese Unmenge an synthetisierten Drogen veranschaulichen, dass es eine entsprechende

Nachfrage geben muss. Zusätzlich sei erwähnt, dass trotz nachweislich bestehender

Polizeiarbeit eine große Dunkelziffer besteht und es sich hierbei nur um die Spitze eines

Eisberges handeln könnte.

Das Hantieren mit verschiedensten Chemikalien, die in verschiedenste Gefahrengutklassen

fallen, stellt eine unmittelbare Bedrohung für die Produzenten und ihre Umgebung dar.

Giftige, ätzende, leicht brennbare und sogar explosive Stoffe sind keine Seltenheit. Wenn

diese Substanzen nun interagieren und es zu chemischen Reaktionen kommt sind weitere

Sicherheitsrisiken vorprogrammiert.

Einem Bericht zu Folge, hatten im Jahre 2005 ein Drittel aller Patienten, die ins

Verbrennungscenter der Universität Vanderbilt eingeliefert wurden mit Methamphetamin zu

tun. Dabei entstanden Kosten von durchschnittlich 10 000$ pro Tag und Patient (44).

4.7 Umweltaspekte

Die Herstellung eines neuen Medikaments ist eine aufwendige und äußerst sensible

Angelegenheit, die das Wissen, die Erfahrung und die Fähigkeiten von Experten benötigt.

Geschultes Fachpersonal, Sicherheitsstandards und eine fachgerechte Entsorgung von

anfallenden Abfällen sind verpflichtend in jener Branche.

Doch bei der illegalen Produktion von synthetischen Drogen wird diesen Aspekten nur wenig

Aufmerksamkeit geschenkt. Während dem Herstellungsprozess von Substanzen wie

Amphetaminen und XTC entstehen Abfälle, die keinesfalls fachgerecht entsorgt werden. Eine

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fachgerechte Entsorgung ist einerseits teuer und andererseits würden die Produzenten bei

der Frage nach der Herkunft in Erklärungsnot gelangen.

Die Menge und „Qualität“ des entstandenen Abfalls ist abhängig von (51):

Verwendetem Produktionsprozess

Qualität der Chemikalien und der verwendeten Ausrüstung

Wissen und Effizienz des illegalen Produzenten

Verhältnis der Mixturbestandteile

Vermischung von Abfallprodukten

Schätzungsweise entsteht bei der Produktion von 1kg Amphetamin oder XTC eine

Abfallmenge von umgerechnet 5-20 Litern (51).

Somit stellt nicht nur der Herstellungsprozess eine unmittelbare Gefahr dar, sondern auch

die entstandenen Abfälle.

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5. Resümee

Hinter der Einnahme von Amphetaminprodukten steckt, wie bereits ausführlich gezeigt, der

Wunsch nach Selbstverbesserung, Leistungssteigerung und in manchen Fällen auch nur das

reine High-Gefühl. Vor allem der Trugschluss, dass die Einnahme von Präparaten für

Gesunde womöglich genauso vielversprechend ist, wie dies im Bereich der ADHS-Therapie

der Fall ist, verleitet einige zum Missbrauch. Hinter zahlreichen Vermutungen und

Überlegungen verbirgt sich nicht selten eine reine Utopie, die der Realität nicht gerecht wird.

Während Änderungen des Gemütszustandes, der Selbstwahrnehmung und zahlreiche

kardiovaskuläre Nebenwirkungen durchaus evident sind, sind Verbesserungen im Bereich

der Kognition aus beweistechnischer Sicht eine Seltenheit.

Eine Placebo-kontrollierten Doppelblindstudie kam vor nicht allzu langer Zeit zu dem Schluss,

dass vor allem Selbstüberschätzung ein nicht zu unterschätzender Faktor sei. Objektiv in

Tests nachweisbare Verbesserungen konnten kaum festgestellt werden bzw. waren diese

nicht signifikant. Einzig und allein die Testteilnehmer, welche Amphetaminsalze (20 mg MAS)

einnahmen waren davon überzeugt, dass sie wesentlich besser abschnitten als dies in

Wirklichkeit der Fall war. Betroffen ist hierbei also vor allem die subjektive Einschätzung der

vollbrachten Leistung, die in ein wesentlich helleres Licht gerückt wird und dazu führt, dass

der Proband mit mehr Selbstbewusstsein an seine Arbeit herangeht (25).

Somit ist eine skeptische Herangehensweise bezüglich des „Neuroenhancements“ durch den

Gebrauch von Amphetaminen anzustreben (52). Beweise, die einer objektiven Prüfung

standhalten, sind in diesem Bereich rar und Vorsicht in Bezug auf die zahlreichen

gesundheitsschädigenden Nebenwirkungen ist durchaus angebracht.

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Abbildungen und ihr Ursprung:

Abbildung 2: Die ursprüngliche Verpackung des „Benzedrine-Inhaler“

Der „Benzedrine-Inhaler“ war ein ehemals von Smith, Kline and French

pharmaceuticals (heute ein Teil des britischen Pharmazie-Konzern GlaxoSmithKline)

erzeugtes Produkt.

Das eingefügte Bild wurde einem privaten Blog (Herausgeber: Rick D. Joshua

www.rickjoshua.com) entnommen. Direkter Link zum Bild:

http://www.rickjoshua.com/wp-content/uploads/2011/03/benzedrine.jpg

Abbildung 5: Abschreckende Vorher/Nachher-Bilder der Kampagne „From Drugs to Mugs“

Die Bilder stammen ursprünglich von einer Kampagne mit dem Titel „From Drugs to

Mugs“. Hauptverantwortlicher ist Deputy Bret King des Multnomah County Sheriff’s

Office. Weitere Informationen sind der ursprünglichen Website zu entnehmen:

http://www.facesofmeth.us

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Die für diese Arbeit verwendeten Bilder stammen jedoch von einem online

Zeitungsartikel, der folgender Adresse zu entnehmen ist:

http://www.dailymail.co.uk/news/article-1360586/From-drugs-mugs-shocking-

photos-drug-addiction-takes-toll.html

Abbildung 6: Ausschnitt eines Aufklärungsposter mit deutlich sichtbarem dermatologischem

und dentalem Verfall

Ausschnitt eines Aufklärungsposter der Website www.rehabs.com. Site und

Poster/Artikel sind frei zugänglich unter: http://www.rehabs.com/explore/meth-before-

and-after-drugs/infographic.html#.UZjUy7WeN8G

Abbildung 7: „inverted U“ als Erklärungsmodell

“Theoretical inverted-U model describing the effects of COMT genotype, WM load,

and AMP on PFC DA signaling and function“ (18)

Abbildung 13: Jährliche weltweite Drogenprävalenz (entnommen dem World Drug Report

2012)

Der Drogenbericht ist frei zugänglich unter: http://www.unodc.org/documents/data-

and analysis/WDR2012/WDR_2012_web_small.pdf