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BIG BUSINESS www.big.at Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft Ausgabe Nr. 16 • Dezember 2014 Tierischer Ärger Nicht nur Vierbeiner machen der BIG gelegentlich das Leben schwer. Der Spaß hält sich dabei eher in Grenzen. Eiskalte Bedrohung Schnee und Eis im Winter sind zwar nicht ungewöhnlich, sorgen aber immer wieder für Probleme. Die Dosis macht das Gift.

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Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft

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Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft

Ausgabe Nr. 16 • Dezember 2014

Tierischer ÄrgerNicht nur Vierbeiner machen der BIG gelegentlich das Leben schwer. Der Spaß hält sich dabei eher in Grenzen.

Eiskalte BedrohungSchnee und Eis im Winter sind zwar nicht ungewöhnlich, sorgen aber immer wieder für Probleme. Die Dosis macht das Gift.

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IMPRESSUM

INHALT

02 ZeitrafferEreignisse oder Bauvorhaben, die den BIG-Konzern in den ver-gangenen sechs Monaten bewegt haben oder in Zukunft be-schäftigen werden.

22 EinKraftwerkzurSelbstversorgung

Energieeffizienz ist längst mehr als nur ein Schlagwort. In der Immobilienwirtschaft zeigt sich ein steigender Trend zu „grü-nen“ Gebäuden. Nachhaltige Stromversorgung und geringer Energieverbrauch rücken verstärkt in den Fokus von Bau- und Sanierungsprojekten.

28 EiskalteBedrohungIm Winter lauert überall Gefahr. Angesichts von Eiszapfen, Dach lawinen und spiegelglatten Gehsteigen müssen sich die Gebäude eigentümer warm anziehen. Denn sie haften für alle Unfälle vor ihrer Haustür.

38 DerguteHirteKaltblütig vergiftete Feldhamster. Ostfriesische Milchschafe, die Forschungsergebnisse fressen. Entenküken, denen die Todes-spritze droht. Kriminalfälle mit tierischer Beteiligung sind in der BIG nicht die Regel, kommen aber vor.

46 GuteNotenfür„Null-Serie“Eine BIG-Business-Umfrage gibt Einblicke in ein Jahr Echtzeit-erfahrung am hoch technisierten Campus WU. Fazit: Die meis-ten Nutzer und Besucher sind äußerst zufrieden. Dem steht schaum gebremste Kritik gegenüber.

52 EsmussnichtimmerKaviarseinVor langer Zeit hat Kabarettist Lukas Resetarits – ein wenig zynisch – den „Wohnkarton“ als ultimative Lösung aller Platz-probleme präsentiert. Auch wenn diese Idee natürlich nicht nur architektonisch untragbar ist – die Grundtendenz hat gepasst. Denn Flexibilität auf allen Ebenen ist jedenfalls gefragt. Wie immer ist auch die Größe ein Thema, wie eine hochkarätig be-setzte Diskussion gezeigt hat.

58 GeschützteRuhestättenMehr als 500 Friedhöfe mit gefallenen Soldaten erinnern in Österreich an die Schrecken der beiden Weltkriege. Via Staats-vertrag ist die Republik verpflichtet, die Grabanlagen für immer zu erhalten.

IMPRESSUMAusgabe: Nr. 16/2014 Herausgeber: Bundesimmobiliengesellschaft mbH, Hintere Zollamtsstraße 1, 1030 Wien, T 05 02 44-0, F 05 02 44-1199,

[email protected], www.big.at Geschäftsführung: Wolfgang Gleissner, Hans-Peter Weiss Chefredaktion: Ernst Eichinger Redaktion: Sabine Gaggl, Eduard Platzenteig, Marlene Schloffer, Alexandra Tryfoniuk ProduktionundArtdirektion:Hans Ljung

Lektorat:Paul Zöchbauer Foto,Titelblatt&U4:David Schreyer Druck: Grasl Druck & Neue Medien GmbH, 2540 Bad VöslauDieses Druckwerk zeichnet sich durch eine nachhaltige und ressourcenschonende Produktion aus und wurde klimaneutral gedruckt. Das Papier dieses Produkts stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern sowie kontrollierten Quellen und ist somit PEFC-zertifiziert. PEFC steht synonym für nach-haltige Waldbewirtschaftung. Die Zertifizierung der gesamten Verarbeitungskette vom Wald bis zum Endprodukt garantiert, dass die Holzherkunft unzweifelhaft nachvollziehbar ist und geprüft wurde. Durch unabhängige, renommierte Zertifizierungsgesellschaften wird sichergestellt, dass die Wälder nach hohen PEFC-Standards bewirtschaftet werden. PEFC-Zertifikationsnummer: HCA-CoC-0249. Klimaneutral drucken bedeutet, die CO2-Emission für die Herstellung eines Druckprodukts durch den Erwerb anerkannter Umweltzertifikate auszugleichen.BI

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EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser!

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DieBIG-Geschäfts-führerHans-PeterWeiss(links)undWolfgangGleissner.

Hans-Peter Weiss Wolfgang Gleissner

Der Name BIG ist in vielen Bereichen Pro-gramm. Um die Größe und Vielfalt des Unter-nehmens greifbar zu machen, versuchen wir – wo immer es uns möglich ist – entspre-

chend offen zu kommunizieren. Transparenz ist damit nicht nur ein Schlagwort, sondern gelebte Unternehmens-philosophie. Der dahintersteckende Aufwand ist zweifel-los groß. Aus unserer Sicht lohnt aber die Anstrengung. Denn übergeordnetes Ziel des Unternehmens ist, den ehe-maligen Immobilienbestand der Republik bestmöglich zu bewirtschaften. Und wir informieren laufend darüber, wie wir das tun. Generell gehen wir sachlich-nüchtern an die-se Aufgabe heran. Gleichzeitig ist ein gewisses Maß an Emotion notwendig, um alle Herausforderungen mit En-thusiasmus anzunehmen.

So waren wir beispielsweise nach dem Sommer mit dem Wunsch unseres größten Mieters – des Bildungsministeri-ums – konfrontiert, nahezu 100 Millionen Euro an Mieten zu stunden. In professioneller Weise wurde diese Hürde im Sinne einer nachhaltigen, guten Geschäftspartnerschaft von beiden Seiten genommen. Der Vertrag wurde vor Kur-zem unterschrieben. Parallel dazu lief in ganz Österreich ei-ne heiße Diskussion über die Aufnahme von Asylwerbern. Am Höhepunkt der Auseinandersetzung wurde beschlos-sen, Übergangslösungen in Wien zu suchen, bis die einzel-nen Bundesländer entsprechende Möglichkeiten zur Un-terbringung der Flüchtlinge geschaffen haben. Die BIG hat innerhalb kürzester Zeit dem Innenministerium zwei ihrer Immobilien zur Verfügung gestellt.

Abseits diverser Sonderthemen wie des Sonderbaupro-gramms für Universitäten widmen wir uns in gewohnter Professionalität dem klassischen Tagesgeschäft, also unter anderem der Bewirtschaftung des eigenen Bestands. Das

dabei nicht alles Routine ist, haben wir in der mittlerweile sechzehnten Nummer unseres Magazins aufgearbeitet. Was tun mit Hamstern, die sich durch den Sportplatz einer Schule graben, wodurch die Unfallgefahr für Kinder mas-siv steigt? Ebenfalls nicht alltäglich ist die Situation, dass Schafe die Forschungsergebnisse einer Universität auf-fressen (siehe „Der gute Hirte“, Seite 38). Darüber hinaus sorgt nicht nur in Wien der alljährliche Wintereinbruch für Chaos – zumindest auf den Straßen. Schnee, Eis und Kälte lassen aber auch die BIG nicht kalt. Lesen Sie in „Eiskalte Bedrohung“ (Seite 28), wie der eine oder andere Eiszapfen ähnlich dem Schwert des Damokles über dem Unter-nehmen hängt.

Natürlich haben wir in den vergangenen Wochen auch wieder einige Fertigstellungen spektakulärer Bauprojekte gefeiert. Aufsehenerregend ist in diesem Zusammenhang sicher die Sanierung des ehemaligen Chemiehochhauses der Technischen Universität Wien am Getreidemarkt. Die größte Photovoltaik-Fassade Österreichs produziert bereits seit Herbst dieses Jahres Strom. Wie gleichzeitig der Ver-brauch reduziert wird und das Objekt in Zukunft unter ge-nauer Beobachtung steht, lesen Sie neben vielen weiteren interessanten Artikeln in „Ein Kraftwerk zur Selbst ver-sorgung“ (Seite 22).

Wir wünschen Ihnen jedenfalls viel Spaß beim Lesen!

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ZEITRAFFER

Hoch hinaus im Stiftingtal Die Rohbauten des neuen Med Campus in Graz wachsen plangemäß.

MED CAMPUS GRAZ

Die Arbeiten am größten Projekt der BIG, dem Med Campus in der Neuen Stiftingtalstraße, schreiten zügig voran. Seit beinahe eineinhalb Jahren wird auf

dem rund 2,7 Hektar großen Grundstück ein neuer Univer-sitätskomplex für die vorklinischen Institute der Medizini-schen Universität Graz errichtet. Mittlerweile sind wie ge-plant bei allen Baukörpern die Untergeschoße komplett aufgebaut. Das sogenannte Sockelgeschoß, das die Gebäu-dekomplexe miteinander verbindet, wird im Jänner fertig. Die einzelnen Bauteile wachsen ebenfalls fleißig. Bis zu sechs Geschoße ragen bereits in den Himmel und scheinen

sich nach den Kränen zu strecken. Insgesamt fünf Turm-kräne, drei große und zwei „kleine“ – immerhin auch stolze 36 bis 40 Meter hoch – hieven die einzelnen Wandelemen-te an die richtige Stelle. Bis Herbst 2015 sollen die Rohbau-arbeiten fertiggestellt sein. Damit das gelingt, sind täglich rund 100 Arbeiter gleichzeitig auf der Baustelle im Einsatz.

Grau in GrauParallel zu den Rohbauarbeiten wird seit November auch an der Unterkonstruktion der edlen, grau schattierten Fassade gearbeitet. Komplettiert soll die erste Fassade im

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GRAZMED CAMPUS

An jeder Ecke des 2,7 Hektar großen Areals wird gebaut. Dabei verlegen die Arbeiter Bewehrungsstahl oder stellen Wände auf.

DATEN, FAKTEN, ZAHLEN

Im gesamten Rohbau verbaute Materialien:Beton ca. 35.341 m3 Schalung ca. 130.480 m2

Bewehrung ca. 3.480 TonnenBewehrungsgrad ca. 98 kg/m3

Stahlbau ca. 350 Tonnen

Frühjahr 2015 sein. Damit wird das Zentrum für Wissens- und Technologietransfer in der Medizin (ZWT), das im Mai 2014 bereits bezogen wurde, bald nicht mehr allein das Bild des Campus prägen.

Aber auch im Inneren der Gebäude wird seit Kurzem schon an der Haustechnik gearbeitet. Vorerst jedoch nur an der provisorischen Regenentwässerung, damit die Gebäu-de auch im Winter trocken gehalten werden. Verläuft wie bisher alles plangemäß, kann der Neubau im Herbst 2017 von den rund 840 Mitarbeitern und 1.200 Studierenden be-zogen werden.

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ZEITRAFFER

Grundwasser kühlt UniZwei Fakultäten der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck nachhaltig saniert.

UNI INNSBRUCK

Der Turm der Fakultät für Technische

Wissenschaften ist ein Landmark für

das gesamte Areal.

Da sich das Objekt in der Flugsicherheits-zone des Innsbrucker Flughafens befindet, mussten bei der Planung Auflagen berück-sichtigt werden.

Die Senkklappfenster sorgen in kühlen Nächten für eine Durchlüftung der Fakultät

für technische Wissenschaften und damit für angenehme Temperaturen im Sommer.

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Die neuen Studios der Fakultät für Architektur sind durch offene Decken und groß-zügige Raumkonfi-gurationen geprägt.Links: Die unter-schiedliche Stellung der Sonnenschutz-gläser verleiht dem Gebäude eine lebhafte Oberfläche.

Die Fakultäten für Technische Wissenschaften und Architektur der Leopold-Franzens-Universität Inns-bruck erstrahlen in neuem Glanz. Nach knapp zwei

Jahren Bauzeit sind die im Jahr 1969 errichteten Gebäude wieder auf dem aktuellsten Stand.

Beide Gebäude in der Technikerstraße präsentieren sich nach der Sanierung gemäß den Vorgaben des integral pla-nenden Büros ATP architekten ingenieure mit neuer Fas-sade. Damit sind sie nicht nur optisch, sondern auch ther-misch im neuen Jahrtausend angekommen. Ein Grundwas-serbrunnen zur Kühlung und Besprinklerung garantiert zu-sätzlich eine nachhaltige und zeitgemäße Nutzung der bei-den Fakultäten. Um den Stromverbrauch zu senken, sind alle Leuchten tageslicht- sowie präsenzgesteuert. Auch das „In-nenleben“ wurde bei der Sanierung nicht ausgespart: Haus-technik, Elektrotechnik, Brandschutz und Fluchtwege ent-sprechen wieder aktuellen Anforderungen. Zusätzlich zu den beiden Fakultätsgebäuden wurden auch die daneben liegenden Gebäude mit den Hör- und Zeichensälen saniert. All diese Maßnahmen sollen zu einer erheb lichen Reduktion des Energiebedarfs beitragen. Angepeilt ist die Senkung des ursprünglichen Verbrauchs um über 85 Prozent. Die außen liegenden Campusflächen werden 2015 saniert.

Energie sparenDie Sanierung der Fakultät für Technische Wissenschaften wird darüber hinaus im Rahmen des „Haus der Zukunft Plus“-Programms vom Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit) gefördert. Das innova-tive Highlight sind die eigens für dieses Projekt entwickel-ten, über die Gebäudeleittechnik angesteuerten Senk-klappfenster, die in Sommernächten für eine automatische Kühlung des Gebäudes sorgen. Sogenannte Überström-

öffnungen in den Bürotüren gewährleisten, dass frische Luft von außen in das ganze Gebäude gelangt, während die warme Luft im Kern des Gebäudes mechanisch abgesaugt wird. Bis Herbst 2016 läuft ein Monitoring zur Überprüfung der Energieeinsparung.

Auch das Gebäude der Fakultät für Architektur bietet dank der neuen Fassade eine Nachtkühlung. Automatische Lüftungsflügel kühlen unabhängig von der Witterung das Haus. Dies macht die zusätzliche Sonnenschutzverglasung möglich, die vor den Lüftungsflügeln angebracht ist.

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„Haus der Zukunft Plus“ ist ein Forschungs- und Tech-nologieprogramm des Bun-desministeriums für Ver-kehr, Innovation und Tech-nologie. Es wird im Auftrag des bmvit von der Öster-reichischen Forschungs-förderungsgesellschaft gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice Gesell-schaft mbH und der Öster-reichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik(ÖGUT) abgewickelt.

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ZEITRAFFER

AHS WIEN WEST | VETMED UNI WIEN

■  Penzing, der 14. Wiener Gemeindebezirk, bekommt eine neue AHS. Im Auftrag des Bildungsministeriums wird die BIG diese neue allgemeinbildende höhere Schule mit Schwerpunkt Sport in der Steinbruchstraße 33 errichten. „Aus insgesamt zwölf zur Wettbewerbsstufe eingeladenen Architekturbüros ist die ARGE AHS Wien West mit Shibu-kawa Eder Architects und der F+P Architekten ZT GmbH als Sieger hervorgegangen“, erklärt BIG-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner.

Auf dem ehemaligen Kasernenareal befinden sich derzeit noch vier Gebäude. Zwei werden abgebrochen, die beiden anderen – das Mannschaftsgebäude und die Reithalle – sind denkmalgeschützt. Diese werden mit den Er wei-terungsbauten verbunden und nach der Sanierung einer neuen Nutzung zugeführt. In der Reithalle werden bei-spiels weise zwei Turnsäle mit Tribünen errichtet, die das künf tige Sportgymnasium für seine Veranstaltungen opti-mal nutzen kann. Außerdem werden eine weitere Turnhal-le, ein Kleinspielfeld und ein Volleyballfeld geschaffen. In den neuen Erweiterungsbauten sind für die Schüler und Lehrer viele Freiflächen für offenes Lernen und Terrassen für kurze Pausen geplant. Auf den insgesamt rund 10.800 Qua drat metern Nutzfläche entstehen neben den Sport- und Freiflächen Zimmer für 34 Stammklassen, Sonder-unterrichts räume und Platz für die Verwaltung. Läuft alles nach Plan, sollen im Frühjahr 2016 die Bagger auffahren.

■  Der EU-weite, offene, einstufige Realisierungswettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren für den Neu-bau eines Mehrzweckgebäudes für rund 160 Mitarbeiter der Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vien-na) wurde vor Kurzem abgeschlossen. Insgesamt sind 53 Ein-

reichungen eingelangt. Dabei ist die Mitiska Wäger Archi-tekten ZT OEG aus Bludenz als Sieger hervorgegangen.

Für den Neubau muss das einstöckige Bestandsgebäude am Veterinärplatz 1, in dem sich derzeit die Anstaltsapothe-ke befindet, abgebrochen werden. Die Apotheke wird für die Dauer der Bauarbeiten ausgesiedelt, bekommt aber da-nach im Neubau wieder ihren Platz. Insgesamt rund 2.700 Quadratmeter Nutzfläche stehen nach Fertigstellung zur Verfügung. Im Erdgeschoß finden das Foyer, der ÖH-Shop und die Anstaltsapotheke Platz. ÖH-Büros, Besprechungs-räume mit Terrassen und Freiflächen, die durch das zweite Obergeschoß überdacht werden, bieten Raum für Veranstal-tungen, Begegnungen und Kommunikation. Diese Ebene wird als „Homebase“ bezeichnet. Im zweiten Obergeschoß werden die Institute als sogenannte „Neue Arbeitswelten“ untergebracht. Die Arbeitsplätze in diesem Stockwerk kön-nen problemlos immer wieder neu organisiert werden, um sich ändernden Anforderungen einfach und nachhaltig an-passen zu können.

Turnunterricht in der ehemaligen Reithalle Neue allgemeinbildende höhere Schule Wien West soll ab 2016 in Penzing gebaut werden.

Neue Arbeitswelten über der „Homebase“ Wettbewerb für neues Mehrzweckgebäude der Veterinärmedizinischen Universität Wien entschieden.

Noch gibt es das Gebäude nur in den

Vorstellungen der Architekten. Jetzt

wird geplant.

Offenes Lernen wird im Westen der österreichischen Hauptstadt

großgeschrieben. Auf dem ehemaligen Kasernenareal sollen

möglichst viele Freiflächen entstehen.

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Nach zwei Jahren Bauzeit gehört das Bundesgymna-sium Gainfarn in Bad Vöslau seit dem Schulstart Anfang September wieder ganz seinen Lehrern und

Schülern. Jetzt gruppieren sich vier Gebäude um einen zentralen Verbindungsbau und bilden gemeinsam einen modernen Schulcampus.

Zu Beginn mussten das ehemalige Internat, die Aula und ein Lehrerwohngebäude abgebrochen werden, um Platz für den neuen zweigeschoßigen Klassentrakt, die zusätz liche Turnhalle und den ebenerdigen Verbindungs-bau zu schaffen. Im zentralen Gebäude befinden sich die neue Aula, die Bibliothek, der Mehrzweckraum, die Garde-robe und die Geräteräume der Turnhalle sowie großzügige Pausen- und Aufenthaltsflächen. Auf dem Dach entstand

eine weitläufige Terrasse. Seit Herbst 2013 sind die neuen Gebäude bereits in Betrieb.

In der zweiten Bauphase wurde das bestehende Schul-gebäude saniert. Damit dieses den Anforderungen an einen modernen Schulbetrieb gerecht wird, wurde der Schultrakt entkernt – also viele Zwischenwände bis auf die Grundmauern entfernt – und neu geordnet. Alle Sonder-unterrichtsräume, die Verwaltung samt Direktion und einige Stammklassen finden dort Platz.

Auch die Haustechnik der ehemaligen Försterschule wurde erneuert, der Brandschutz auf den aktuellsten Stand gebracht, die Fassade thermisch saniert und Bar-rierefreiheit hergestellt. Das Projekt wurde nach den Plä-nen von franz architekten umgesetzt.

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Neuer Campus auf der ThermenlinieBundesgymnasium Gainfarn bei Bad Vöslau nach Erweiterung jetzt auch saniert.

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Das südliche Wiener Becken ist zweifels-ohne eine schöne Region. Bleibt zu hoffen, dass die Schüler beim Unter-richt im Freien auf der Terrasse nicht von der Aussicht abgelenkt werden.

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Nr. 16 | 2014 | www.big.at8 BIG BUSINESS

ZEITRAFFER

BG SEEKIRCHEN

Der Start ins neue Schuljahr fiel den rund 700 Schü-lern und mehr als 80 Lehrern des Bundesgymnasi-ums Seekirchen heuer besonders leicht. Nach rund

eineinhalb Jahren Bauzeit konnten sie die umfassenden Veränderungen in ihrer Schule gleich selbst unter die Lupe nehmen.

Der rund 2.600 Quadratmeter große Neubau umfasst drei Geschoße und ist direkt mit dem Bestandsgebäude verbunden. Im Erdgeschoß befinden sich der Veranstal-

tungsbereich, die neue Tagesbetreuung und der Musiksaal. Dieser Bereich schließt an das frühere Foyer des Turnsaals an, das jetzt zu Speisesaal und Buffetbereich umstruktu-riert wurde.

Im ersten Obergeschoß sind sieben zusätzliche Stamm-klassen sowie ein großzügiger Pausenbereich unterge-bracht. Fünf weitere Stammklassen und einen Physiksaal gibt es im zweiten Obergeschoß. Auf dieser Etage beson-ders gut angekommen sind bei den Schülern die beiden neuen Chillout-Zonen. Sie sind über den Nexus, einen schneckenartigen Aufgang, mit dem ersten Stock verbun-den. Terrassen bieten Aufenthaltsmöglichkeiten in den Pausen oder Freiraum für offenes Lernen.

Die erweiterte Bibliothek erstreckt sich nun über das erste und das zweite Obergeschoß und bildet das Herzstück der Schule. Sitzstufen, eine Präsentationsmöglichkeit, ein Vor-bereitungsraum und Besprechungszonen machen sie zu ei-nem modernen Arbeitsbereich. Im Rahmen einer thermi-schen Sanierung wurden die Erkerfenster des Bestands und die Lichtkuppeln der Aula auf elektrisch zu öffnende Fenster umgerüstet, was eine Nachtkühlung ermöglicht. Damit auch die westseitige Glasfassade nicht der prallen Sonne ausgesetzt wird, spendet ein neues Vordach Schatten.

Auch Direktorin Annemarie Seethaler ist begeistert: „Schule als Lebensraum zu gestalten, war eines der Ziele dieser Schulerweiterung. Dank der intensiven und be-sonders konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten konnten viele Ideen und Bedürfnisse vonseiten der Schule verwirklicht werden.“

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Der Aufgang vom Erdgeschoß in den ersten Stock erfolgt über den sogenannten Nexus.

Außen präsentiert sich das von kofler architects geplante Gebäude grasgrün.

Aufstieg durchs SchneckenhausDas Bundesgymnasium Seekirchen am Wallersee wurde umgebaut und erweitert.

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Sportlichen Aktivitäten steht nun nichts mehr im Wege: Innerhalb von zwei Jahren Bauzeit wurden im Innenhof des Bundesrealgymnasiums im 16. Wiener

Gemeindebezirk Ottakring zwei Turnhallen, ein Sportplatz und ein Zubau errichtet sowie der Bestand generalüber-holt.

Im Rahmen der Sanierung des in die Jahre gekommenen Schulgebäudes am Schuhmeierplatz wurden viele Räume des Gymnasiums umgebaut und neu angeordnet. Da- bei wurden unter anderem Sonderunterrichtsräume zu Stamm klassen umfunktioniert, ein Multifunktionsraum geschaffen und im Bereich des ehemaligen Turnsaals die Nachmittagsbetreuung und ein Buffet untergebracht. Dar-

über hinaus sind nun auch Haustechnik und Brandschutz wieder auf dem aktuellsten Stand der Technik. Wie bei al-len BIG-Umbauten wird, sofern nicht bereits erfolgt, Bar-rierefreiheit hergestellt. Im Zuge dessen erhielt das „BRG 16“ einen eigenen Eingang mit Rampe sowie einen Aufzug.

Insgesamt 2.800 Quadratmeter neue Fläche umfassen die Zubauten nach den Plänen von B&M Architekten im In-nenhof des Bundesrealgymnasiums. Dazu zählen zwei ein-gegrabene Turnhallen und die unterirdische Zentralgar-derobe unterhalb des neuen Sportplatzes sowie der zwei-geschoßige Erweiterungsbau. Darin finden zwei Stamm-klassen und Räume für die Sonderunterrichtsbereiche Bio-logie, Physik und Chemie Platz.

9BIG BUSINESSNr. 16 | 2014 | www.big.at

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Mehr Platz für Sport Das „BRG 16“ am Schuhmeierplatz in Wien wurde saniert und erweitert.

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Egal, ob im sanierten Altbau mit imposanten Raumhöhen oder in den modernen Sonderunterrichts -räumen. Geschwitzt wird auf dem neuen Hartplatz oder in den Turnhallen darunter.

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Licht und Luft auf grüner Wiese2.600 Quadratmeter neuer Raum für das BG/BORG St. Johann in Tirol.

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Das Bundesgymnasium und Bundesoberstufenreal-gymnasium in St. Johann erstrahlt in neuem Glanz. Nach den Plänen der parc ZT GmbH wurde jener

Gebäudeteil, der bisher die Hausmeisterwohnung, die Bib-liothek und den Mehrzwecksaal beherbergt hat, bis auf das Untergeschoß abgebrochen und ein zweistöckiger Neubau errichtet. Darin befinden sich nun die Sonderunterrichts-räume für bildnerische Erziehung und Werken sowie die Bibliothek und die Nachmittagsbetreuung samt „Schüler-café“. Nach Süden ausgerichtete Terrassen lassen die neu-en Räume größer wirken und bieten Gelegenheit, zwi-schendurch einmal frische Luft zu schnappen.

Der Neubau ist mit der benachbarten Dreifachturnhalle über ein Foyer verbunden. Die Anbindung an das beste-hende Hauptgebäude wurde über einen gläsernen Gang hergestellt. Weiterer Raum für fünf neue Schulklassen ist durch die Aufstockung des alten Turnsaals entstanden.

Auch im Hauptgebäude blieb kaum ein Stein auf dem anderen. Ein Foyer im ersten Obergeschoß kann durch eine mobile Trennwand zu einem Mehrzwecksaal erweitert bzw. abgetrennt werden. Bisher dunkle Gänge wurden durch Belichtung und kleine Aufenthaltsbereiche deutlich freundlicher gestaltet.

Um aktuelle Sicherheitsbestimmungen zu erfüllen, wur-den zwei zusätzliche Fluchtstiegenhäuser errichtet und das bestehende Hauptstiegenhaus durch den Einbau von Brandschutzwänden sicherheitstechnisch adaptiert.

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Nicht nur im Neubau wird gerne gelernt, auch die Sitzstufen im Freien bieten Gelegenheit für Unterricht an der frischen Luft.

Alle Räume im Neubau, wie die Bibliothek oder die Sonderunterrichtsräume, haben direkten Terrassen zugang. Über ein gläsernes Foyer geht es in den Dreifachturnsaal.

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ZEITRAFFER

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Alles an (s)einem PlatzNeubau Landespolizeidirektion Steiermark.

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Hier laufen alle Fäden zusammen. Die Verkehrsinformationszentrale ist bereits in die neue Leitstelle übersiedelt. Im Endausbau werden hier alle Polizei-Notrufe der Steiermark bearbeitet.

Die Landespolizeidirektion Steiermark hat seit Juni eine neue Adresse: Die ARE hat in rund eineinhalb Jahren Bauzeit in Graz-Straßgang einen Neubau errichtet.

Hier sind nun sämtliche Einheiten der Landespolizeidirek-tion an einem Standort konzentriert. Neben Büros und Be-sprechungsräumen befinden sich im Neubau auch Labore des Landeskriminalamts, eine Raumschießanlage zum Ein-satztraining, eine neue Leitstelle und Schulungsräume. Die Landespolizeidirektion hat sieben Stockwerke samt Technik-ebene und eine Fläche von rund 6.900 Quadratmetern. Auf-grund der Bauweise mit Lochfassade erreicht das Gebäude Niedrigenergiestandard. Zudem wurde eine Photovoltaik-anlage mit einer Leistung von rund 24.000 Kilowattstunden pro Jahr errichtet. Zum Schutz vor Straßenlärm sind alle Fenster dreifach verglast. Gegen Überwärmung hilft ein Son-nenschutzglas. Mechanische Be- und Entlüftung sorgt für ein

angenehmes Raumklima. Damit wird das vom Grazer Archi-tekturbüro Roland Heyszl geplante Gebäude allen Anforde-rungen an eine moderne polizeiliche Infrastruktur gerecht.

„Die neu errichtete Landespolizeidirektion ist nicht nur ein Zeichen der erfolgreichen Weiterentwicklung der öster-reichischen Polizei. Sie ist auch das Zentrum und die Dreh-scheibe der steirischen Polizei – und ein Ausdruck dafür, dass unsere Polizistinnen und Polizisten einen modernen Arbeitsplatz mit optimalen Rahmenbedingungen vorfin-den, um ihre Arbeit mit und für die Menschen bestmöglich ausüben zu können“, sagte General Matthias Klaus, Leiter der Gruppe II/A (Organisation, Dienstbetrieb und Einsatz) im Innenministerium, bei der offiziellen Eröffnungsfeier am 26. September. Dies stellte die Landespolizeidirek tion mit einer Leistungsschau von Cobra- und Motorrad beamten eindrucksvoll unter Beweis.

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ZEITRAFFER

ZENTRUM FÜR MIKRO- UND NANOSTRUKTUREN | AKADEMISCHES GYMNASIUM SALZBURG

■  Im Bezirk Wieden entsteht ein neues Forschungszen­trum der Technischen Universität Wien: Das dortige denk­malgeschützte historische Gußhaus, ursprünglich 1750 als k.k Kanonengießerei errichtet, wird bis Mitte 2016 fach­gerecht saniert und zu einem modernen Büro­ und Labor­gebäude erweitert, um künftig das Zentrum für Mikro­ und Nano strukturen (ZMNS) zu beherbergen.

Das neue Forschungszentrum wird aus drei Bereichen bestehen: Labortrakt, Mitteltrakt und Reinraum­/Büro­

trakt. Der Hauptzugang erfolgt über den Mitteltrakt, über einen Vorplatz mit teilweise überdachter Terrasse und Grünflächen. Dort befindet sich auch das historische Herz­stück des Gebäudes, der denkmalgeschützte Kuppelraum. Dieser soll später für Seminare, Vorträge und Repräsen­tations zwecke genutzt werden. In den beiden Obergescho­ßen werden Büro­, Lehr­ und Seminarräume eingerichtet sowie Übergänge zu den beiden anderen Gebäudetrakten geschaffen.

Der Reinraum­ und Bürotrakt wird der größte der drei Gebäudeteile. Im Erdgeschoß sind die Reinräume angesie­delt. Das sind Räume, in denen die Konzentration luftgetra­gener Teilchen so gering wie möglich gehalten wird. Alle Zugänge erfolgen daher nur über Schleusensysteme. Die dazugehörige hochkomplexe Haustechnik ist im Keller und im ersten Obergeschoß geplant. Damit wird modernste In­frastruktur geschaffen, die zur Erforschung und Entwick­lung neuartiger elektronischer und photonischer Bauele­mente und Sensoren notwendig ist. Eine große Herausfor­derung am ZMNS bildet unter anderem der Umgang mit den winzigen Größenordnungen. Die Abmessungen von Nanostrukturen verhalten sich zu Alltagsgegenständen ähnlich wie unsere Körpergröße zur Größe der Erde.

■  Das neue Schuljahr startete für die Schüler und Lehrer des Akademischen Gymnasiums Salzburg in ungewohnter Umgebung. Da ihre Schule erweitert und saniert wird, mussten sie eine „Schule auf Zeit“ in der Akademiestraße und am Mühlbacherhofweg beziehen. Damit das Lernen dort genauso leicht fällt, wurden die ehemals von der Uni­versität Salzburg genutzten Gebäude adaptiert und mit einem modernen Farbkonzept freundlich gestaltet.

Bei der Sanierung und Erweiterung des Gebäudes des Akademischen Gymnasiums Salzburg in der Sinnhub­straße kommt viel Glas zum Einsatz. Zum einen werden kleine Teile des Bestands entfernt und durch Glasflächen ersetzt, um das Gebäude mit mehr Tageslicht zu versorgen. Zum anderen holt der dreigeschoßige Neubau mit seinen Glasfronten die umliegende Natur des Landschaftsschutz­gebiets Mönchsberg­Rainberg in die Schule hinein.

Das zweigeschoßige, rund 7.600 Quadratmeter große Bestandsgebäude wird um einen dritten Stock erweitert. Bei der Planung durch ZT Arquitectos wurden besonders neue Lehr­ und Lernformen wie etwa das COOL­System be­rücksichtigt. COOL steht für cooperatives offenes Lernen. Durch die Bildung von Clustern und die Schaffung neuer Außenbereiche kann der Unterricht sowohl in den Stamm­klassen als auch in den Sonderunterrichtsräumen auf zen­trale Bereiche ausgeweitet und geteilt werden; auch eine Verlegung ins Freie ist möglich.

Verlaufen die Sanierung und die Erweiterung plange­mäß, kann das Ausweichquartier in den Semesterferien 2017 verlassen und das Sommersemester im umgebauten Gebäude begonnen werden.

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Nach der Sanierung sind jedenfalls die

Lichtverhältnisse deutlich besser. Ein zusätzlicher Vorteil

des Einsatzes von Glas ist die

scheinbar auch von innen greifbare

Umgebung.

Insgesamt wird das neue Forschungs-

zentrum rund 5.100 Quadratmeter –

davon allein 1.340 Quadratmeter mit

hochwertiger Laborfläche –

bieten.

Ohne Matura im Universitätsgebäude Schüler des Akademischen Gymnasiums werden während der Sanierung in „ehemaliger Publizistik“ unterrichtet.

Hightech statt KanonengießereiIm neuen Zentrum für Mikro und Nanostrukturen wird ab 2016 alles erforscht, was wirklich klein ist.

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Im Sommer 2014 hängt Staub in der Luft, deformierte Fenster, Ziegel und Gebäudeteile türmen sich auf dem Areal des BG/BRG/BORG Kurzwiese. Inmitten der Schutt­

landschaft steht ein leeres Gebäude. Die Wände sind auf­gebrochen und gewähren Einblick in nackte Räume, die nur Wochen zuvor noch von Lehrern und Schülern benutzt worden sind. Vier Monate nach dem Abbruch ist bei der of­fiziellen Spatenstichfeier im Herbst von diesen Schuttber­gen nichts mehr zu sehen. Wo früher das Professorenhaus und der Turnsaaltrakt standen, wurden „rund 400 Tonnen Mate rial“ abtransportiert, sagt Hermann Steiner von der Bauaufsicht.

Laut ist es aber immer noch. Denn mittlerweile schreiten die Arbeiten am Neubau zügig voran, und neben den Ma­schinen sorgen auch die Schüler am Areal, selbstverständ­lich in sicherem Abstand, für die entsprechende Geräusch­kulisse. Bis Anfang des Jahres 2018 werden die Schule und das Bundesschülerheim nach den Plänen von AT4 Archi­tekten umfassend saniert und erweitert. Allein die logisti­sche Herausforderung, den Unterricht zwischen Bestands­gebäude, Containern oder anderen Ausweichquartieren abseits der Liegenschaft abzuhalten, fordert nicht nur die Schulleitung, sondern alle beteiligten Lehrer und Schüler.

Ausreichend Zeit für die Vorbereitung des Parallelbetriebs war gegeben, schließlich hatte sich der Baubeginn auf­grund von Einsprüchen im Vorfeld mehrmals verschoben. Die BIG investiert rund 30 Millionen Euro in den Umbau des größten Gymnasiums des Burgenlands.

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Landeshauptmann-Stellvertreter Franz Steindl, Direktorin Karin Rojacz-Pichler, Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, Landeshauptmann Hans Niessl, BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss und Bundesschülerheimleiter Hans Rojacz beim feierlichen Spatenstich.

Großbaustelle in EisenstadtUmbau und Erweiterung der „Kurzwiese“ bei vollem Betrieb.

Im viergeschoßigen Zubau werden 16 Stammklassen und sieben Sonderunter-richtsräume, die Garderobe, das Lern-Informations-Zentrum und ein Gymnastiksaal untergebracht.

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ZEITRAFFER

Baldachin für das „Theater im Palais“Das Institut für Schauspiel in Graz wurde saniert und erweitert.

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Palais Meran, Mumuth und „Theater im Palais“ bilden einen spannenden

Architekturmix aus Alt und Neu. Auch im Inneren schließt das neue Foyer

direkt an die historische Fassade an.

Ob glänzend vom Sonnenschein oder strahlend dank der abendlichen Beleuchtung: Schon von Weitem ist das goldige Dach des sanierten „Theater im

Palais“ in der Leonhardstraße zu sehen. Beheimatet ist da­rin das Institut für Schauspiel der Kunstuniversität Graz. Dieses Nebengebäude des Palais Meran wurde rund ein­einhalb Jahre lang saniert und um ein Foyer erweitert. Rechtzeitig zum Wintersemester 2014/15 konnte der Studien betrieb wieder aufgenommen werden.

Das Gebäude wurde ursprünglich als Wagenremise und Stall genutzt und im Zuge der Sanierung und Erweiterung architektonisch in den Campus der Kunstuniversität, pas­send zum Palais und zum Haus für Musik und Musikthea­ter (Mumuth), integriert. Dazu wurde über die Fassade des Institutsgebäudes eine Außenhülle gespannt, die das Haus

nicht nur optisch aufputzt, sondern gleichzeitig auch als Sonnenschutz für das neue gläserne Foyer dient. Diese semi transparente Hülle wird von den Architekten balloon_Wohofsky ZT­KG als „Baldachin“ bezeichnet und besteht aus drei Millimeter goldfarbenem Aluminiumblech mit unterschiedlichen Stanzungen und Prägungen.

Das neu errichtete Foyer beherbergt neben dem Ein­gangsbereich auch Büros für die Bühnentechnik, eine Sei­tenbühne und einen Sozialraum für die Studierenden. Die abgehängte Decke des Foyers nimmt das Motiv der Vor­hangfassade auf und verstärkt so den räumlichen Charak­ter des Baldachins. Im Zuge der Bauarbeiten wurde auch der Platz zwischen Palais Meran, Mumuth und „Theater im Palais“ saniert sowie der Zugangsbereich zum Platz neu ge­staltet.

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Nr. 16 | 2014 | www.big.at 17BIG BUSINESS

IM PALAISTHEATER

In der Nacht beleuchtet, wirkt der aus Aluminiumblech gestanzte goldene „Baldachin“ besonders elegant.

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■  Wohnen in der Stadt und trotzdem mobil sein? Die ARE Development, die auf Projektentwicklungen speziali-sierte Tochter der ARE Austrian Real Estate GmbH, hat für potenzielle Woh-nungskäufer ein ganz besonderes An-gebot: Neue Wohnprojekte werden mit einem BMW i3 zur gemeinsamen Nutzung für alle Haus bewohner aus-gestattet. „Die Kombination aus nach-haltiger Immobilienentwicklung und umweltfreundlicher Mobilität schafft für unsere Kunden einen besonderen Mehrwert“, erklärt ARE-Geschäftsfüh-rer Hans-Peter Weiss.

So funktioniert es: Wohnungsei gen-tümer bzw. alle gemeldeten Bewohner einer Wohnhausanlage erhalten Zu-gang zur Nutzung eines BMW i3 auf Basis eines Car-Sharing-Modells.

Dafür hat die ARE Development eine Kooperation mit der BMW-Tochter Alphabet Austria GmbH abgeschlos-sen. Dieses auf Fuhrparkmanagement spezialisierte Dienstleistungsunter-nehmen übernimmt im Auftrag der ARE Development die Bereitstellung, Instandhaltung und Wartung der Fahrzeuge. Die Reichweite der Autos beträgt rund 150 Kilometer. Binnen weniger Stunden kann der Akku wie-der vollständig aufgeladen werden. Das Navigationssystem im Fahrzeug zeigt die Reichweite und die Standorte von Stromtankstellen an. Bei Proble-men ist eine Servicestelle per Knopf-druck rund um die Uhr erreichbar. Die BMW i3-Flotte der ARE DEV wird in Weiß gehalten und seitlich mit einem kleinen ARE Logo gebrandet sein.

Nr. 16 | 2014 | www.big.at18 BIG BUSINESS

ZEITRAFFER

KOOPERATION | MILESTONE

■  Aus den ehemaligen Zolllagern am Bahnhofgürtel 55 in Graz wird ein mo-dernes, hochwertig ausgestattetes Studentenapartmenthaus mit 378 Einzel-Apartments und großzügigen Gemeinschaftsflächen. Rechtzeitig zum Start des Wintersemesters im Oktober 2015 soll das Projekt fertigge-stellt sein.

Das achtstöckige Studentenapart-menthaus wird nach Plänen der Gan-goly & Kristiner Architekten ZT GmbH errichtet. Die Apartments mit je rund 20 Quadratmetern sind vollständig möbliert und exklusiv ausgestattet: u. a. mit Ceran-Kochplatten, Kühl-schrank, Mikrowelle, SAT- und WLAN-Anschluss. Die Miete beträgt rund 500 Euro pro Apartment und Monat. Dar-in enthalten sind Wasser, Strom, Hei-

zung, technischer Service, High-Speed-Internet, die Nutzung von Fit-nessraum und Lernzonen sowie eine Apartmentreinigung pro Monat. Auch die Anbindung an das Grazer Öffi-Netz ist ideal: Das Stadtzentrum ist binnen weniger Minuten direkt mit verschiedenen Straßenbahnlini-en erreichbar.

Errichtet wird der Gebäudekomplex von der „Bahnhofgürtel 55 GmbH“. Das ist eine eigens gegründete Pro-jektgesellschaft der ARE Austrian Real Estate Development GmbH – der auf Projektentwicklungen spezialisierten Tochter der ARE Austrian Real Estate GmbH – und der value one holding AG. Nach Fertigstellung der Bauarbeiten wird die Milestone GmbH das Studen-tenheim als Pächter betreiben.

Exklusiv ausgestattetes Studentenheim In Graz entstehen 378 Studentenapartments. Pächter und Betreiber wird die renommierte Milestone GmbH.

Biete Wohnung mit Elektroauto In jedem neuen ARE-Development-Wohnhaus können die Bewohner einen BMW i3 gemeinschaftlich nutzen.

Das „Argento“ im vierten Wiener Gemeindebezirk ist eines der nächsten Wohnbauprojekte der ARE Development.

Die Studentenapartments der Milestone GmbH zeichnen sich durch ihre

hochwertige Ausstattung und ihr vielseitiges Infrastrukturangebot aus.

Zukünftig ist der Schlüssel zu einer Wohnung der ARE Development

gleichzeitig Schlüssel zu einem BMW i3.

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ROSENHÖFE

Läuft alles plangemäß, werden die Bauarbeiten an den „Rosenhöfen“ im Sommer 2016 abgeschlossen.

Im Zentrum und gleichzeitig im Grünen wohnen? Diese beiden Vorzüge verbindet das neue Wohnhausprojekt „Rosenhöfe“ der ARE Development, das im November in

Bau gegangen ist. Im beliebten Grazer Bezirk Geidorf ent-stehen bis zum Sommer 2016 mehr als 50 Eigentumswoh-nungen. Die „Rosenhöfe“ liegen am Rosenberggürtel, der im betreffenden Abschnitt als Sackgasse verläuft. Daher bietet er ein ausgesprochen ruhiges Wohnumfeld. Nahver-sorger, Kindergärten, Banken und weitere Einrichtungen des täglichen Bedarfs befinden sich in unmittelbarer Nähe. Die „Rosenhöfe“ liegen am Rande des Naherholungs gebiets Rosenhain. Hier gibt es unzählige Wiesen, Teiche, Alleen, Spiel- und Aussichtsplätze. Wer Sehnsucht nach pulsieren-dem Großstadtleben hat, ist hier ebenfalls richtig. Denn in nur 20 Gehminuten ist das Grazer Stadtzentrum zu errei-chen. Zudem ist der Rosenberggürtel sehr gut an das öffent-liche Verkehrs- und Radwegenetz angebunden.

Die 53 Eigentumswohnungen der ARE Development sind auf zwei Gebäude aufgeteilt. Haus 15 hat sieben Ober-geschoße. Hier werden 33 Wohnungen und zwei exklusive

Penthouse-Apartments errichtet. Das Gebäude hat einen Fahrrad- und einen Kinderwagenabstellraum sowie eine Tiefgarage mit 37 Stellplätzen. Im Vorgarten wird ein Spiel-platz angelegt. Im Haus Nummer 29 errichtet die ARE De-velopment 18 Wohnungen inklusive einem rund 173 Qua-dratmeter großen Penthouse-Apartment. Das Gebäude ist sechs Stockwerke hoch und ebenfalls mit eigenen Abstell-flächen für Kinderwägen und Fahrräder sowie mit 20 Ga-ragen plätzen ausgestattet.

Die Wohnhausanlage „Rosenhöfe“ wurde von der Gan-goly & Kristiner Architekten ZT GmbH geplant. Die Wohn-einheiten sind zwischen rund 40 und 173 Quadratmetern groß. So werden die Ansprüche eines Singles ebenso erfüllt wie die von Paaren, Familien mit Kindern oder Senioren. Bis auf wenige Ausnahmen verfügen alle Wohnungen über Loggien oder Balkone, die – wie auch die Wohn- und Essbereiche – nach Südwesten zu den weitläufigen und ru-higen Innenhofbereichen ausgerichtet sind. Die Vermark-tung hat im November begonnen. Interessenten finden weitere Details unter: www.rosenhoefe.at

Zentrale Lage im GrünenBaubeginn für Wohnhausprojekt der ARE Development in Graz-Geidorf.

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ZEITRAFFER

ARE-NEUERWERBUNGEN

Seit Oktober ist die ARE Austrian Real Estate GmbH neuer Eigentümer des Wohn- und Geschäftshauses Werdenbergerstraße 23 im Herzen von Bludenz. Bishe-

rige Alleineigentümerin war eine Tochtergesellschaft der conwert Immobilien Invest SE. Mit dem Ankauf forciert die ARE ihre Trading-Strategie und stärkt den Fokus auf zent-rumsnahe Liegenschaften in urbanen Gebieten.

Das Zinshaus in der Werdenbergerstraße liegt in der Fuß-gängerzone der Bludenzer Altstadt. Zahlreiche Einkaufs-möglichkeiten, eine direkte Anbindung an den öffentli-chen Verkehr und eine gute Infrastruktur machen das Ge-bäude zu einem attraktiven Wohn- und Geschäftshaus.

Das neu erstandene Objekt umfasst rund 950 Quadrat-meter Nutzfläche und besteht aus dem Erdgeschoß, zwei Obergeschoßen und einem ausgebauten Dachgeschoß. Das Gebäude wurde um 1880 errichtet und zuletzt 1989 ge-neralsaniert. Im Erdgeschoß befinden sich zwei Geschäfts-flächen, in den Obergeschoßen sechs Mietwohnungen und ein Büro. Derzeit sind knapp 90 Prozent des Gebäudes ver-mietet.

Betreutes WohnenDie ARE wirft aber nicht ausschließlich ein Auge auf Innen-stadtlagen, sie investiert auch in „Betreutes Wohnen“. Ein aktuelles Projekt entsteht derzeit in der Friedrich-Schiller-Straße, Ecke Neusiedler Straße in Mödling. Die ARE inves-tiert in den Bau der „Seniorenresidenz Mödling“ und wird die Liegenschaft nach Fertigstellung vom Errichter, der Sil-ver Living GmbH, ankaufen.

Die Silver Living GmbH ist eine Projektentwicklungs-gesellschaft, die auf betreutes Wohnen für Senioren spe-zialisiert ist. Betreutes Wohnen für Senioren bietet neben alters gerechten Wohnungen eine soziale Alltagsbeglei-tung durch Betreuungskräfte, Geselligkeit in einer Hausge-meinschaft sowie Absicherung für Not- und Bedarfsfälle. Ziel ist, die Mieter bei der Organisation ihres Alltags zu un-terstützen. „Mit dem Kauf der ,Seniorenresidenz Mödling‘ investiert die ARE in das Wachstumssegment ,Betreutes Wohnen‘ und erweitert gezielt ihr Immobilienportfolio“, erklärt ARE-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss.

Die „Seniorenresidenz Mödling“ liegt nur 200 Meter von der Fußgängerzone entfernt. Die beiden Baukörper mit je vier Stockwerken bieten Raum für 35 Wohnungen, ein Ge-schäftslokal, einen Aufenthaltsraum und ein Betreiber-büro. Die Wohneinheiten verfügen über ein bis vier Zim-mer und sind mit Balkon oder Terrasse bzw. Eigengarten ausgestattet. Die ersten Mieter sollen 2016 einziehen.Fo

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Die Seniorenresidenz wird als Niedrigenergiehaus in

Ziegelmassivbauweise errichtet. Zudem wird eine Komfort-Wohnraumlüftung

für ein angenehmes Raumklima und einen ressourcenschonenden

Betrieb sorgen.

ARE erweitert PortfolioNeue Objekte: Zinshaus in Bludenz und Seniorenresidenz in Mödling.

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ARE

Wo einst Professoren und Studenten wissen-schaftliche Gedanken austauschten und Juris-ten ihrer Arbeit nachgingen, entstehen schon

bald neue Wohnungen: Die ARE Austrian Real Estate GmbH baut an drei Standorten in Wien Büros in Wohnun-gen um. Im Herbst haben die Arbeiten an den ehemaligen Institutsflächen der Universität Wien in der Berggasse 11 und der Garnisongasse 3 in Wien-Alsergrund begonnen. Beide Gebäude stammen aus der Gründerzeit. Um Woh-nungen mit modernem Zuschnitt und guten Belichtungs-verhältnissen zu schaffen, adaptiert die ARE die Grund-risse. Oberflächen, Böden, Fenster, Türen, die Elektrik und die Haustechnik werden saniert. Neue Liftanlagen und ei-ne Oberflächensanierung sorgen für eine Aufwertung der

Eingangsbereiche und Treppenhäuser. Im Frühjahr 2015 beginnt die Sanierung und Adaptierung des ehemaligen Bürogebäudes des Bundesverwaltungsgerichts in der Jordangasse 7a im ersten Wiener Gemeindebezirk. Rund 360 Quadratmeter im Erdgeschoß und ersten Oberge-schoß bleiben als Büroflächen erhalten, werden aber um-fassend saniert. Die 31 Wohneinheiten sind zwischen 40 und 100 Quadratmetern groß und haben zwei bis drei Zimmer. Die Mehrheit der Wohnungen verfügt über Bal-kon oder Terrasse. Das Gebäude wurde um 1820 gebaut und zuletzt 1984 generalsaniert. Dabei wurde das gesam-te Gebäude entkernt und im Innenhof ein Zubau errichtet. Die historische Fassade an der Jordangasse steht unter Denkmalschutz.

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Wohnen statt arbeitenARE startet Umnutzungsoffensive in Wien.

DATEN, FAKTEN, ZAHLEN

Projekt Berggasse 11, 1090 Wien: Wohnungen zwischen 60 und 150 Quadratmetern Vermarktungsbeginn: Sommer 2015

Projekt Garnisongasse 3, 1090 Wien: Wohnungen zwischen 130 und 200 Quadrat­meternVermarktungsbeginn: Sommer 2015

Projekt Jordangasse 7a, 1010 Wien: Wohnungen zwischen 40 und 100 QuadratmeternVermarktungsbeginn: Sommer 2015

Die Mieten werden im für die jeweilige Lage üblichen Durchschnitt liegen und nach Grundriss und Ausstattung variieren.

Die ARE baut in der Garnisongasse (unten) und der Berggasse Büros in Wohnungen um. Dazu werden umfangreiche Adaptierungen vorgenommen. Aus den ehemaligen Büros des Bundesverwaltungsgerichts in der Jordangasse (links) werden exklusive Wohnungen.

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ENERGIEEFFIZIENZ

THEMA

Ein Kraftwerk zur SelbstversorgungEnergieeffizienz ist längst mehr als nur ein Schlagwort. In der Immobilienwirtschaft zeigt sich ein steigender Trend zu „grünen“ Gebäuden. Nachhaltige Stromversorgung und geringer Energieverbrauch rücken verstärkt in den Fokus von Bau- und Sanierungsprojekten. Von Marlene Schloffer

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Sensible Fühler messen die Qualität der Raum-luft, hochwertige Präsenzmelder aktivieren bei der kleinsten Bewegung die Lüftungsanlagen, und in der Nacht steuern die Daten von der

Wetterstation einige Fenster. Was ein wenig nach Science-Fiction klingt, ist an der Technischen Universität Wien für rund 800 Mitarbeiter und Studierende zur Realität gewor-den. Das ehemalige Chemiehochhaus im sechsten Bezirk wurde in zweieinhalb Jahren Bauzeit nach den Plänen der ARGE Architekten Hiesmayr – Gallister – Kratochwil um-fassend saniert und erweitert. Bereits im Sommer wurden einzelne Geschoße von den Nutzern bezogen. Seit Beginn des laufenden Wintersemesters ist das Institutsgebäude vollständig in Betrieb. Bei der feierlichen Eröffnung Anfang November standen jedoch nicht die vom Wetter gesteuer-ten Fenster oder die Bewegungsmelder für die bedarfs-gerechte Raumlüftung im Fokus. Denn das eigentliche technologische Highlight des Universitätsgebäudes ist die

fassadenintegrierte Photovoltaikanlage. Insgesamt 1.150 Module wandeln an der Außenhülle des Objekts Sonnen-licht in elektrische Energie um, die im Gebäude verwertet wird. Allein durch die Photovoltaik sollen rund 250.000 Kilowattstunden (kWh) Energie pro Jahr am Gebäude ge-neriert und somit ein Großteil des Stromverbrauchs abge-deckt werden. Zum Vergleich: Der Stromverbrauch eines durch schnitt lichen österreichischen Haushalts beträgt zwischen 4.000 und 4.500 kWh jährlich.

Die Sonne ist grün„Erneuerbare Energien haben nur einen einzigen Feind: die Unwissenheit über die fantastischen Möglichkeiten, die sie uns bieten“, sagt Hans Kronberger, Präsident des Bundes-verbands Photovoltaic Austria. Naturgemäß plädiert er für sauberen Strom aus Photovoltaik (PV), denn „die Sonne garantiert uns unbegrenzten Rohstoff für die nächsten fünf Mil li arden Jahre“. Laut Bundesverband Photovoltaic Aus-

Von dem ehemaligen „Chemiehochhaus“ der TU Wien meint Uni-Professor Thomas Bednar, es sei im Zuge der Sanierung „das tollste Haus der Welt“ entstanden. Er muss es wissen, war bzw. ist er doch wissenschaftlicher Projektleiter und hat mit seinem Team erforscht, wie die Idee eines Plus-Energie-Bürohochhauses verwirklicht werden kann.

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ENERGIEEFFIZIENZ

tria werden derzeit rund 1,1 Prozent des Stroms in Öster-reich durch PV-Anlagen generiert. Bis zum Jahr 2020 wird ein Anstieg auf acht Prozent des heimischen Strombedarfs erwartet. Der Trend zum Strom aus der Sonne hat mehrere Gründe. PV-Anlagen haben meist eine Mindestlebensdau-er von 25 Jahren, sie sind wartungsarm, und der Leistungs-erhalt innerhalb der Garantiezeit beträgt rund 80 Prozent. Außerdem ist laut Bundesverband Photovoltaic Austria die Anschaffung einer PV-Anlage im Jahr 2014 so günstig wie noch nie, gleichzeitig wurde Netzparität erreicht. Das be-deutet, dass die Energieversorgung mittels konventioneller elektrischer Energie gleich viel kostet wie der Kauf und Betrieb einer PV-Anlage.

Doch wo viel Licht, da ist auch Schatten. „Die Anlagen müssen sinnvoll geplant und montiert werden, damit sich die Investition auch rechnet. Nicht jedes Gebäude ist dafür geeignet“, sagt Wolfgang Huber, zertifizierter Photovoltaik-techniker und Leiter Datenmanagement und CAD bei der

BIG. Die Module müssen entsprechend dem Energiebedarf installiert werden, um eine mögliche Asymmetrie zwi-schen Bedarf und Verfügbarkeit zu vermeiden. „Damit ich Strom dann bekomme, wenn ich ihn brauche“, sagt Huber. Die Energieversorgung aus PV-Anlagen ist wetter-, tages- und jahreszeitabhängig. In den Sommermonaten haben beispielsweise Schulen aufgrund der Betriebspause einen eher geringen Strombedarf und erzeugen gleichzeitig auf-grund der vielen Sonnenstunden vermehrt Energie, die im Gebäude nicht vollständig genutzt wird. Im Winter wird aufgrund der verringerten Anzahl der Sonnenstunden we-niger Energie produziert. „Mit diesen Asymmetrien muss man rechnen. Wenn eine PV-Anlage kontinuierlich Strom zur Verfügung stellen soll, beispielsweise nachts, sind Stromspeicher notwendig“, so Huber. Und das ist der Knackpunkt. Oft wird jedoch bei Bedarf Strom aus dem Netz gezogen oder überschüssige Energie dahin einge-speist. Für Überschusseinspeisungen ins öffentliche Strom-

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ENERGIEEFFIZIENZ

THEMA

netz erhält man in Österreich etwa vier Cent pro kWh. „Das rentiert sich allerdings nicht. Die finanziellen Verluste wer-den vom Bund, den Ländern oder den Städten ausge-glichen. Ohne diese Förderungen sind PV-Anlagen, die ins Netz einspeisen, eigentlich nicht lebensfähig“, meint Huber. Eine weitere Problematik: Die Stromnetze sind nicht auf Energieeinspeisungen ausgerichtet. „Im schlimmsten Fall kann das Wegfallen vieler Verbraucher zu einem Black-out führen“, so Huber. Am Institutsgebäude der TU Wien wird die überschüssige Energie jedoch nicht ins öffentliche Stromnetz eingespeist, sondern direkt am Standort in den anderen Gebäuden der TU verwertet.

Theoretisch sind mehr als die Hälfte aller Dachflächen in Wien für eine solarenergetische Nutzung geeignet, das ent-spricht einer Gesamtgröße von zirka 29 Quadratkilometern. Allerdings reicht der Energiegewinn aus Aufdach anlagen im urbanen Bereich meist nicht aus, um den kompletten Bedarf eines Gebäudes zu decken, weil mehrstö cki gen Häu-sern meist nur eine verhältnismäßig kleine Dachfläche zur Verfügung steht. Fassadenintegrierte PV-Anlagen schöpfen

aus dem vollen Flächenpotenzial von Hochhäusern. Am Institutsgebäude der TU Wien wurden insgesamt rund 2.400 Quadratmeter Photovoltaik installiert. Alle Module zusammen würden in etwa ein Drittel eines Fußballfelds abdecken. Mit diesem Flächenausmaß verfügt das Instituts-gebäude über die größte fassadenintegrierte Photovoltaik-anlage Österreichs. Zwei Drittel der Gesamtfläche wurden tatsächlich an der Fassade montiert, weitere 800 Quadrat-meter der PV-Anlage befinden sich auf dem Schrägdach. „Wir setzen dem Haus damit einen neuen Hut auf“, sagt Architekt Gerhard Kratochwil.

Energieeffizienz am 60er-Jahre-BauBei einem Besuch vor Ort scheint es fast so, als sei hier ein Neubau entstanden. Tatsächlich handelt es sich bei dem Institutsgebäude der TU Wien um ein Bauwerk aus den 60er-Jahren. Im Rahmen der Sanierung und Erweiterung wurde das Objekt vollständig in den Rohbau zurück geführt. Die Zwischenwände und die Fassade wurden ab gebrochen, lediglich die tragende Struktur blieb erhalten. Im Anschluss

Sabine Seidler, Rektorin der Technischen Universität Wien, hat im November 2014 den symbolischen Schlüssel zur offiziellen Eröffnung von BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss übernommen.

Der Veranstaltungssaal bietet Platz für rund 150 Personen.

Nicht nur von innen, sondern auch von den umliegenden

Terrassen genießen Besucher einen der seltenen Rundblicke

über ganz Wien.

«Das Plus-Energie-Bürohaus ist ein besonders gelungenes Beispiel

für innovative Modelle der Zusammenarbeit zur nachhaltigen

Sanierung alter Bausubstanz.» Hans-Peter Weiss, Geschäftsführer BIG

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wurden die Räume im ehemaligen Laborgebäude neu an-geordnet. Auf insgesamt 14 Etagen finden nach Abschluss der Arbeiten Büros, Seminarräume und die Bibliothek Platz. Im Dachgeschoß, wo zuvor die alte Haustechnikzentrale untergebracht war, wurde ein moderner Veranstaltungs-raum für rund 150 Personen errichtet. Zwei angrenzende Terrassen ermöglichen bei Schönwetter eine weitläufige Aussicht über die Stadt Wien. Auf der Nordseite eröffnet sich das historische Wien mit Stephansdom und Co., Rich-tung Süden geht der Blick über den neuen Hauptbahnhof und – bei klarer Sicht – bis zum Wienerberg. Das Instituts-gebäude wird zum Großteil von der Fakultät für Maschi-nenwesen und Betriebswissenschaften und teilweise von der Fakultät der Technischen Chemie genutzt. Insgesamt stehen rund 13.500 Quadratmeter Platz zur Verfügung. Im Rahmen der Generalsanierung wurde ein neues Fluchtstie-genhaus errichtet, die Haustechnik, die Elektroinstallatio-nen und der Brandschutz wurden auf den neuesten Stand gebracht und Barrierefreiheit hergestellt. Im Audimax wurde eine Zwischendecke eingezogen, sodass im zweiten

Untergeschoß ein neuer Hörsaal für rund 250 Personen entstanden ist. Das Audimax erstreckt sich nun über zwei statt drei Geschoße und bietet rund 500 Personen Platz.

Insgesamt wurden rund 26 Millionen Euro in die Sanie-rung und Erweiterung des größten Plus-Energie-Gebäudes Österreichs investiert. Grundaufgabe in der Konzeption war aber nicht nur Strom zu produzieren, sondern gleichzeitig auch den Verbrauch massiv zu senken. Unzählige Kompo-nenten wurden dafür aufeinander abgestimmt. Das Projekt am Getreidemarkt demonstriert, wie viel Energie durch in-novative Maßnahmen eingespart werden kann. Von der

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«Wir erproben an uns selbst, was die Verbindung von wissenschaftlichen Grundlagen, anwendungsorientierter Forschung und konkreter Umsetzung ergibt.» Sabine Seidler, TU-Rektorin

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Raumtemperatur über die Beleuchtung und Belüftung bis hin zu den EDV-Arbeitsplätzen wurden Optimierungen im Sinne der Energieeffizienz vorgenommen. Zur Erreichung des Plus-Energie-Niveaus wurde eine verbesserte Passiv-haushülle errichtet, und eine automatische Nachlüftung soll Kühlenergie einsparen. „Darüber hinaus wurden eine hochenergieeffiziente Haustechnik und energieeffiziente Büro- und Teeküchengeräte in das Gebäudekonzept inklu-diert“, sagt BIG-Projektmanager Christian Krottendorfer.

Die Serverbereiche wurden im Energiekonzept des Ge-bäudes ebenso berücksichtigt, allerdings nicht nur zum Zweck der Stromeinsparung, sondern auch zur Energie-erzeugung. Die Abwärme aus dem Serverraum wird ge-nutzt und deckt gemeinsam mit der Bauteilaktivierung des Gebäudes (Heizung und teilweise Kühlung über Rohrlei-tungen im Es trich) einen Großteil des Heizenergiebedarfs. Zusätzlich wurde am Aufzug eine Energierückgewinnung realisiert. Den Berechnungen zufolge wird das Plus-Ener-gie-Gebäude weniger als ein Fünftel des ursprünglichen Energieverbrauchs des Gebäudes aufweisen. Auch die Investitionen in die vielen energietechnischen Maßnah-

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Das Gebäude ist bereits in Betrieb, und die Seminar-räume sind voll. Möglichst viel Transparenz sollte geschaffen werden. Die Photovoltaik-elemente der Fassade trüben allerdings gelegent-lich den Ausblick (Bild links unten). Aber alles kann man eben nicht haben.

ENERGIEEFFIZIENZ

Das Bauvorhaben wird von der TU Wien, dem Bundesministerium für Wissenschaft, For-schung und Wirtschaft und der BIG finanziert und im Rahmen von „Haus der Zukunft Plus“ durch das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit), die FFG (Öster-reichische Forschungsförderungsgesellschaft), die KPC (Kommunalkredit Public Consulting) und den Magistrat der Stadt Wien (MA 20 – Energieplanung) gefördert. „Haus der Zukunft Plus“ ist ein Forschungs- und Technologieprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie. Es wird im Auftrag des bmvit von der Österreichischen For-schungsförderungsgesellschaft gemeinsam mit der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mbH und der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) abgewickelt.

PLANER, BETREUER & PROJEKTPARTNER

Planer/Generalplaner:ARGEArchitektenHiesmayr–Gallister–Kratochwil

Örtliche Bauaufsicht: iCConsulentenZiviltechnikerGmbH

Energie Plus TeamunterderLeitungderFakultätfürBauingenieurwesen,InstitutfürHochbauundTechnologie,ForschungsbereichfürBauphysikundSchallschutz,ThomasBednar

Photovoltaik-Planung:ATB-Becker

HKLSE-Technik:PlanungsgemeinschaftZFG–ProjektGmbHundTBEipeldauer&PartnerGmbH

Fördermanagement:Schöberl&PöllGmbH

men rechnen sich durchaus. Im Normalfall betragen durch-schnittliche Amortisationszeiten bei energetischen Opti-mierungsmaßnahmen weitaus mehr als 20 Jahre. „Bei dem gesamten Gebäude liegen wir da schon deutlich darunter“, sagt Architekt Gerhard Kratochwil. Auf eine exakte Zahl will er sich aber nicht „festnageln“ lassen, da für eine solche Rechnung eine Vielzahl an Parametern herangezogen wer-den muss und letztendlich die tatsächlichen Verbrauchs-werte zählen.

Einflussfaktor NutzerKlingt zu schön, um wahr zu sein? Ein wesentlicher Faktor kann zu Differenzen zwischen den Berechnungen und der tatsächlichen Energie-Realität eines Hauses führen: die Nutzer. Sie müssen den Stromverbrauch reduzieren. „Es gibt zum Beispiel nur mehr einen zentralen Drucker pro Etage, da mussten sich ein paar Leute schon umstellen“, sagt Krottendorfer. Energieexperte Timo Leukefeld sieht genau in solchen Einschränkungen das Problem. „Der Nut-zer will sich nicht einschränken, er will sich von seinen Ge-wohnheiten nicht verabschieden“, so Leukefeld. „Wir erset-zen die Natur durch eine technische Umwelt. Der Nutzer wird zu einem entmündigten Störfaktor und soll sich an die Technik anpassen. Tatsächlich beeinflussen die Nutzer die theoretische Effizienz von Gebäuden erheblich. Das bringt zunächst den Stress der moralischen Aufforderung, dass Energiesparen unbedingt notwendig ist und der Nut-zer dafür – und für die damit verbundene Umwelt – verant-wortlich ist. Daraus entwickelt sich ein schlechtes Gewis-sen: Man sollte die Heizung runterdrehen. Und das ist eine klare Einschränkung, denn wer will schon frieren.“ „Frieren muss in dem Gebäude niemand“, lacht Krottendorfer. Für die kommenden zwei Jahre ist aber ein ausführliches

Monitoring geplant. Mit den aus der Beobachtung gene-rierten Daten wird entsprechend nachjustiert. Bereits ent-wickelt wurde eine Art Handbuch für die Nutzer des Insti-tutsgebäudes. Ein Anreiz zum Lesen und Umsetzen der Broschüre ist derzeit in Ausarbeitung: Die Ist-Energie-verbräuche der verschiedenen Geschoße sollen in einem allgemein einsehbaren System angezeigt werden. Das ge-plante Konzept soll die Nutzer für den eigenen Energiebe-darf sensibilisieren und die Lust an internen Wettbewer-ben zur Energieeffizienz des Gebäudes steigern. ‹

ZurEnergieeffizienzverpflichtet

Im Sommer 2014 wurde das Bundes-Energieeffizienzgesetz (EEffG) im Nationalrat beschlossen. Basis für dieses nationale Gesetz ist eine entsprechende EU-Richtlinie. Mit dieser Energieeffizienz-Richtlinie soll das Ziel der Europäischen Union – die Energieeffizienz bis 2020 um 20 Prozent zu steigern – erreicht werden. Der Bund ist gemein-sam mit der BIG m.b.H. bis Ende 2020 zu Effizienzmaßnahmen im Umfang von 125 GWh an der gesamten beheizten oder gekühlten Gebäudefläche verpflichtet, die sich im Eigentum der BIG m.b.H. be-findet und von einem im Gesetz genannten Bundesorgan genutzt wird.

Info

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WINTERDIENST

THEMA

Eiskalte Bedrohung

Im Winter lauert überall Gefahr. Angesichts von Eiszapfen, Dachlawinen und spiegelglatten Gehsteigen

müssen sich Gebäudeeigentümer warm anziehen. Denn sie haften für alle Unfälle vor ihrer Haustür.

Von Eduard Platzenteig & Ernst Eichinger

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Am Anfang war ein winzig kleiner Eiskristall. Mit jedem Sonnenstrahl, der den Schnee in der frostigen Luft langsam zum Schmelzen brachte, wuchs er. Größer und immer größer wurde so

der einst kleine Eiszapfen – bis er es zu einem stattlichen Exemplar von mehr als zwei Metern Länge gebracht hatte. Und dann plötzlich die Alarmglocken schrillen ließ, als er von den für die Schneeräumung zuständigen Hausbetreu­ern entdeckt wurde. Denn nicht nur, dass ein solch aus­gewachsener Eiszapfen überall zur Gefahr für Passanten werden kann, das tiefgefrorene Geschoss hing auch just am Vorbau eines hohen Hauses, der über die Gleise einer Straßen bahnlinie hinausragte. Also musste es schnell ge­hen: Alpinkletterer wurden engagiert, um die eisige Gefahr zu beseitigen, während gleichzeitig die Straßenbahnlinie ihren Betrieb einstellte. Aus Sicherheitsgründen. Und zwar fast zwei Stunden lang! Erst als der riesige Eiszapfen un­schädlich gemacht war, konnte der Betrieb wieder aufge­nommen werden. Am Ende hieß es Glück im Unglück für alle Beteiligten: Denn der Stillstand wurde kulanterweise wegen höherer Gewalt nicht verrechnet. Grundsätzlich tref­fen aber die Kosten ganz klar denjenigen, der im Grundbuch steht. Nicht immer baut sich freilich das betriebswirtschaft­liche Grauen jedes Hauseigentümers still und heimlich auf. Oft bricht der Winter über Nacht herein. Und bleibt. „So etwas habe ich in 27 Jahren noch nicht erlebt. Das ist eine Warnung in ganz Österreich vor Sturm, Glatteis und Schnee. Passen Sie bitte auf“, flehte etwa der aufgeregte Moderator des Wetters einmal im ORF­Radio. Einen Tag und unzählige Lawinenabgänge später ein ähnlicher, sogar leicht defätisti­scher Ton im Verkehrsfunk: „Wollen Sie heute Früh von Tirol nach Vorarlberg oder umgekehrt? Vergessen Sie es.“

Was für Funk, Fernsehen und Zeitungen eine Art Segen ist, um die Sendezeit möglichst quotenträchtig zu füllen, beschäftigt die Hausverwalter der BIG in solchen Zeiten

rund um die Uhr. Denn die Anzahl der zu betreuenden Ob­jekte ist enorm. 16 Teams kümmern sich österreichweit um 2.800 Objekte – darunter viele Schulen, Universitäten und Büroimmobilien. Das bedeutet gleichzeitig Verantwortung für mehr als 500.000 Menschen, die sich Tag für Tag in oder auch vor diesen Liegenschaften bewegen. Die Heran­gehensweise der Immobilienexperten ist unterschiedlich, wobei sich eine Tendenz klar abzeichnet. Je näher Richtung Bodensee, desto cooler die Objektmanager.

Haftung als Damoklesschwert Bernhard Paradeiser in Salzburg spricht angesichts von Wetterchaos und latent drohender Gefahr wenig ehr­furchtsvoll von „Tagesgeschäft mit leicht erhöhtem Auf­wand“. Noch eine Spur weiter westlich werden die Objekt­manager nur mehr in absoluten Extremfällen sprichwört­lich hinter dem warmen Ofen hervorgeholt. „Bei uns in Tirol ist das normal“, sagt Hubert Scherl. Ein Grund für die Tiefenentspannung ist aber mit Sicherheit die Regelung der Schneeräumung. In der Landeshauptstadt zwischen Nordkette und Patscherkofel erfolgt die nämlich quasi von Amts wegen. „Wir zahlen das ganze Jahr Abgaben dafür“, so Scherl. Damit ist man zumindest in Innsbruck eine ele­mentare Sorge los. Generell schwebt nämlich, wenn sich Frau Holle so richtig ausgetobt hat, das Damoklesschwert der Haftung über den Köpfen der Hausverwalter. Gefahren für Leib und Leben lauern überall. Egal, ob von oben durch Dachlawinen oder am Boden durch vereiste Flächen. Schon am Beispiel eines Objekts, des Hauptgebäudes der Universi­tät Wien, lässt sich das Potenzial eindrucksvoll demonstrie­ren. Rund um das Gebäude befinden sich fast 500 Meter Gehsteige, und auf mehreren tausend Quadratmetern Dach fläche baut sich der Schnee mithilfe des Winds zu be­drohlichen Wechten auf, die entweder nach außen oder in die zahl reichen Innenhöfe abzugehen drohen. Auch wenn ›

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die Zahlen in keinen Systemen der BIG ausgewiesen sind, so ist davon auszugehen, dass die BIG im Winter für die Si­cherheit von weit über 100 Kilometern Gehsteig haftet. Die Hausverwalter stehen also in den kalten Monaten witte­rungsbedingt mit einem Fuß im Kriminal. Und das, obwohl die winterlichen Pflichten in den meisten Fällen an unter­schiedliche Dienstleister ausgelagert wurden. „Wenn ir­gendetwas nicht funktioniert, melden sich die Nutzer na­türlich trotzdem bei uns“, sagt Karl Schabauer von der BIG. Und zwar auf allen Kanälen. Gleichzeitig. In solchen Fällen wird sogar noch das gute alte Faxgerät reaktiviert. Nicht zu Unrecht – aber für die Empfänger jedenfalls sehr zeitinten­siv. „Bei einer Liegenschaft auf der Wiener Hohen Warte ist die mit dem Winterdienst beauftragte Firma ihren Ver­pflichtungen trotz gemeinsamer Erstellung eines Räum­plans nicht nachgekommen. Wir mussten durchgehend die Bedeutung der Aufgaben dokumentieren und pausen­los kontrollieren, weil Gefahr für Leib und Leben bestand. Das ist sehr anstrengend“, erzählt Franz Schwendemann. Auch wenn die meisten Unternehmen ordentlich arbeiten würden, sei das kein Einzelfall.

Räumen, Kehren, Streuen – so simpel, wie sich die All­gemeinheit den Beruf des Schneeräumers vorstellt, ist die Angelegenheit natürlich nicht. Wer die frisch gefallene weiße Pracht wegräumt, macht sich prinzipiell schon ein­mal Feinde: Die einen, sprich die Kinder, trauern der weg­geschaufelten, eingesalzten und vollgesandelten Schnee­ballmaterie nach und werfen selbige gerne dem Spiel­verderber nach; anderen sind die unappetitlichen und material zersetzenden Salzspuren an den Winterstiefeln ein Dorn im Auge. Wieder andere beklagen den nächt­lichen Lärm durch fahrende Schneepflüge und kratzende Schaufeln. Und dann gibt es noch die, denen prinzipiell viel zu wenig Schnee beseitigt wird und die beinahe jede Schneeflocke auf einem Gehsteig als großes Ärgernis mit Ausrutschpotenzial erachten. Vor allem dann, wenn in der Saison der erste große Schnee die Straßen der Stadt in dämpfendes Weiß taucht und der Verkehr zusammen­bricht, sind die Schneeräumer die Sündenböcke der Nation und prinzipiell für das Zuspätkommen eines jeden verant­wortlich. BIG Business hat sich in der Branche, die aktuell wieder Hochsaison hat, umgesehen und ein paar kuriose Geschichten aus dem Alltag erfahren.

Private Dienste statt HausmeisterUrsprünglich hat das Hausbesorgergesetz der Schneeräu­mer­Branche einen kräftigen Impuls gegeben und für eine Marktliberalisierung im Liegenschaftsbereich gesorgt: War die Schneeschaufel vor dem Jahr 2000 fest in der Hand der Hausmeister, die verpflichtet waren, die Wege von 6 bis 22 Uhr schneefrei zu halten, gibt es nun immer mehr private

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Maschinen statt Handarbeit: Der

Beruf und das Anforderungsprofil

des Schnee­schauflers haben

sich stark gewandelt.

Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich in der Branche etwa, dass Jahr für Jahr etliche der Mini-Pflüge wegen mangelhafter Sorgfalt und Ortskenntnis der Fahrer am Dach landen.

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Firmen, die diese Aufgabe erledigen. Allein Wien hat schon mehr als 650 Verkehrsflächenreinigungsunternehmen (zu dieser Berufsgruppe zählen die Winterbetreuer) – Tendenz: weiter steigend. „Zwischen den Jahren 2009 und 2013 gab es einen Zuwachs von knapp 100 Mitgliedsunternehmen“, berichtet Sabine Möstl, die zuständige Referentin in der Wiener Wirtschaftskammer. Selbst in den Gemeindebau­ten kommen trotz des von der Rathauspolitik kreierten Mo­dells des Hausbetreuers neu (mehr als 200 sind bereits tä­tig) vermehrt private Schneeschaufler zum Einsatz, da die Dienstzeit und die permanente Bereitschaft der Hausbe­treuer dem Ruhezeitgesetz zuwiderlaufen würden. Dass die privaten Firmen den Dienst schlechter ausführen, wie oft behauptet wird, weist man in der Wirtschaftskammer naturgemäß zurück: „Die Frage ist: Was erwartet sich der Hausbesitzer? Einen ausgelagerten Hausbesorger, der stündlich räumt und dabei nur einen Bruchteil der Kosten verursacht, gibt es nicht. Ein von beiden Ver tragspartnern akzeptiertes Leistungsverzeichnis sollte klarstellen, welche Intervalle zu erwarten sind, und dem Umstand Rechnung tragen, dass nicht alle Liegenschaften kurz vor 6 Uhr früh betreut werden können“, erläutert Möstl. Manche Firmen haben für Hausbesitzer schon längst unterschiedliche und (je nach Aufwand) verschieden teure Leistungs pakete auf­gelegt – etwa der österreichweit größte Schneeräum­Dienstleister Maschinenring. Außer dem „Basispaket­ Sicherheit“ und dem „Komfortpaket­Sicherheit“ wird quasi als Premium­Produkt das „Rundum­sorglos­Winterdienst­paket“ offeriert, das auch ein Gefahrenmanagement für das betreute Objekt beinhaltet. Heißt: Aufstellen von

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Warnhinweisen, Tauwetterkontrolle und Überwachung der Eiszapfenbildung sowie der Schneehöhe auf den Dä­chern. Wie teuer solche Pakete kommen, lässt sich jedoch nicht genau sagen: „Das richtet sich nach der Lage des Grundstücks, dem händischen Aufwand, aber auch nach der durchschnittlich zu erwartenden Schneemenge“, er­klärt Maschinenring­Sprecher Roland Wallner. Auch die Firma Attensam, mit landesweit 11.596 Objekten und rund 800 Arbeitskräften die Nummer eins beim Schnee in Wien, kann keine genauen Zahlen nennen: „Das hängt von den Kriterien der Liegenschaft ab, wie etwa von der Lage der zu betreuenden Flächen und der Erreichbarkeit, sowie von einzelnen Details wie Hauszugang, Stiegen, Bankette, Hof­zugang und Maschineneinsatz. Daher ist jede Liegenschaft zu besichtigen, zu vermessen, und man muss die individu­ellen Ansprüche mit dem Hausbesitzer abklären.“

In strengen Wintern können Firmen pleitegehenWer mit dem Wegräumen des Schnees ein Geschäft ma­chen will, muss allerdings die Tücken der Witterung richtig in sein Finanzmodell einkalkulieren: In der Regel werden nämlich zwischen den Hausbesitzern und den Schnee­räum­Dienstleistern fixe Pauschalverträge (und nicht etwa eine stundenweise Abrechnung) vereinbart. Das kann in milden Wintern ein gutes, in harten Wintern aber auch ein ganz schlechtes Geschäft sein. „Eine Stundenabrechnung ist organisatorisch nicht möglich, da zum Beispiel die Un­ternehmen mit enormen Summen für Geräte, Personal und Streumittel in Vorleistung gehen müssten. Daher gibt es Saisonpauschalen, die zum Teil im Voraus verrechnet

Sind die Gehsteige spiegelglatt, sind die Spitalsambulan­zen bald überfüllt.

Wenn ein Läufer, der auf Glatteis über den Gehsteig

rennt, stürzt und sich Verletzungen zuzieht, kann

man nicht allein den Liegenschaftseigentümer

dafür verantwortlich machen. Dasselbe gilt für Frauen, die im tiefsten Winter auf High Heels

herumstöckeln.

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werden“, erklärt Kammer­Referentin Möstl, die auch Er­wartungen dämpft. „Es gab in strengen Wintern bereits Firmen, welche die Leistung mitten in der Saison mangels Liquidität einstellen mussten.“ Nicht zuletzt sorgt der wachsende Markt auch für einen Preiskampf, der nicht alle am Leben lassen kann: „Hauptproblem ist der Preiskampf in Verbindung mit zusätzlichen Kostenbelastungen wie etwa der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung in Wien. Während die Preise sinken, steigt aber der Anspruch der Bewohner auf permanente Schneefreiheit, der aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfüllbar ist“, erklärt Möstl. Auch bei Attensam kennt man die plane­rische Problematik: „Die einzige Absicherung liegt darin, a) die Mitarbeiter durch eine gute Per­formance langfristig an das Unternehmen zu binden und b) über einen längeren Zeitraum zu kalkulieren.“

Leasing-Kräfte bewähren sich seltenAllerdings ist es in schneereichen Wintern oft unmöglich, kurzfristig das nötige Schaufel­Personal zu rekrutieren: „Wir versuchen im­mer so zu planen, dass wir weitgehend ohne Zusatzpersonal auskommen. Wenn es dann aber längere Zeit schneit, ist die Ausfalls­quote bei den Mitarbeitern größer, die Leu­te werden einfach müde. Dann versuchen wir, intern umzuschichten und etwa Per­sonen aus dem Reinigungssektor abzu­ziehen“, sagt Manfred Stuhlpfarrer, Leiter des Attensam­Winterdienstes. Nur in Not­

fällen werde versucht, zusätzliche Kräfte über Leasingfir­men zu engagieren: „Erfahrungsgemäß sind das schlechte Lösungen. Diese Personen sind nicht so gut geschult. Außerdem: Wenn es viel schneit, brauchen alle mehr Per­sonal – dann sind zusätzliche Arbeitskräfte schwer zu be­kommen“, sagt Stuhlpfarrer. Ein Problem, das man beim privaten Marktführer Maschinenring, wiewohl in tief ver­schneiten ländlichen Regionen tätig, so nicht kennt: „Ein

Großteil wird durch unsere Mitglieder, also Landwirte, abgedeckt, die auch gleich das

Gerät mitbringen. Aufgabe des Maschi­nenrings ist es, die Landwirte zu koor­dinieren und dafür zu sorgen, dass der Winterdienst in Top­Qualität und im Sinne unserer Kunden erbracht wird.

Dieses System hat aber auch den Vorteil, dass wir im Bedarfsfall bei starken

Schneefällen deutlich mehr Einsatzkräfte mobilisieren können als die Konkurrenz“,

erklärt Sprecher Wallner. Allein im Raum Wien/Niederösterreich kann der Maschinen­

ring 1.700 Mitarbeiter in die Schlacht gegen Schnee und Eis werfen – bei insgesamt 6.500

Objekten. Österreichweit können gar rund 7.300 Personen aktiviert werden. Was das Image und die Tarife der Branche – vor

allem im städtischen Bereich – betrifft, hat der Be­ruf freilich keinen allzu guten Ruf. Da es keinen ei­

genen Kollektivvertrag für Schneeräumer gibt, wird oft jener für Gebäudereiniger herangezogen, wo der

Stundensatz bei gerade einmal acht Euro brutto ›

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Bei hoher Schneelast müssen

auch Dächer freigeschaufelt

werden –ansonsten droht

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«Das Aufstellen von Warnstangen bei Dachlawinengefahr ist zu wenig.

Man muss die Dachlawinen entfernen bzw. sofort nach Erkennen eine Fachfirma

damit beauftragen.» Christian Strobl, Generali-Schadenversicherung

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Bodenschwellen zum Verhängnis, die unter der Schneefahrbahn nicht sichtbar sind“, erzählt ein

Insider. „Der kommt mit einem Karacho daher – und so schnell kann er gar nicht schauen, macht

er schon einen Salto vorwärts. Dann liegt der Traktor hilflos wie ein Käfer dort, bis er mit

Handkraft wieder umgedreht wird.“ Ver­letzungen bei diesem wahrscheinlich

lustig anzuschauenden Schauspiel ge­be es in der Regel aber nicht – beinahe

fatal sei dafür vor Jahren ein Räum­einsatz bei einem Wohnhaus in Wien­Döbling ausgegangen. Ein Fahrer von Attensam, der die Ört­

lichkeit nicht so gut kannte, wollte nach getaner Räumung der Zufahrt

auf der Wiese des Grundstücks rever­sieren. Was er nicht wusste: Unter der Schneedecke befand sich kein gefrorenes Gras, sondern die dünne Eisschicht ei­nes Biotops. „Das Fahrzeug ist komplett versunken, nur noch der Pflug hat rausgeschaut, so tief war das Biotop“, er­innert sich Stuhlpfarrer an den ungewöhn lichen Einsatz, bei dem er eines Nachts zu Hilfe gerufen wurde. Im ersten Moment dürfte er sich dabei wohl gedacht haben, er werde auf die Schaufel genommen – doch zum Lachen war dem betroffenen Fahrer gewiss nicht, musste er sich doch mit aller Kraft gegen den immensen Wasserdruck aus der Fah­rerkabine befreien. Die Selbstrettung gelang – wenngleich die Bewohnerin der Villa vor Schreck erstarrte, als ein wa­schelnasser Mensch vor ihrer Terrasse stand und um Hilfe bat. „Der Schaden wurde Gott sei Dank von der Versiche­rung übernommen, denn der Traktor musste mit einem Kran weggehievt werden. Wobei der Traktor selber gar nicht beschädigt war, unter Wasser war sogar der Motor weitergelaufen. Es musste sogar jemand hinuntertauchen, um den Motor erst einmal abzuschalten“, erzählt Stuhl­pfarrer.

Tod auf dem GehsteigEine Schadenversicherung ist aber nicht nur den im Schneeeinsatz stehenden Unternehmen, sondern auch den Hausbesitzern anzuraten – denn so sicher, wie jedes Jahr in Österreich Schnee fällt, fallen auch dutzendfach Leute zu Boden, weil manche Wege nicht komplett besen­rein gemacht wurden. Beinbrüche, Armbrüche oder auch Kopfverletzungen sind dann mitunter die Folge – laut Ku­ratorium für Verkehrssicherheit sind es jedes Jahr tausen­de Menschen, die den Weg zum Arzt antreten müssen. In ganz dramatischen Fällen werden sie sogar in die Rechts­me dizin gebracht. Mit solchen Vorkommnissen sind auch die Objektmanager der BIG immer wieder konfrontiert. Folgender Sachverhalt wurde nüchtern dokumentiert und an die hauseigene Rechtsabteilung geschickt: „Die BIG ist Superädifikatseigentümerin des Flakturms in 1030 Wien. Grundeigentümerin ist die Stadt Wien. Im östlichen Teil des Turms befinden sich direkt an die Hausmauer an­grenzend eine öffentlicher Radweg und ein Fußweg. Am

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liegt – trotz nächtlicher Einsät­ze. „Aber man muss auch die

Bereitschaftszeiten irgendwie abgelten. Es kann ja niemand im

Winter langfristig wegfahren, sonst wäre keiner bereit, den Job zu

machen“, erklärt Stuhlpfarrer. Aber wie in vielen Bereichen gibt es auch

hier schwarze Schafe, wenn etwa Auf­träge an Sub­(Sub­)Unternehmen wei ter­

gereicht werden, die es mit der Kranken­kassen­Anmeldung oder ordentlicher Be­

zahlung nicht so genau nehmen – was viel­fach prekäre Arbeitsverhältnisse schafft. Und

dass dann bei starken Schneefällen der Leis­tungsdruck auf diese Arbeitskräfte steigt, ist eine

logische Folge, was auch regelmäßig die Gewerk­schaft auf den Plan ruft. „Das Arbeitszeit­ und Ar­

beitsruhegesetz ist einzuhalten, auch bei einem Winter einbruch. Nach spätestens zehn Stunden ist für die Arbeit nehmer Schluss. Darauf wird aber bei Schneefall oft vergessen“, erklärt Vida­Gewerkschafter Karl Frint. Nach­satz: „Es ist ganz klar die Aufgabe der Arbeitgeber bzw. Haus eigen tümer, dafür zu sorgen, dass genügend Personal zur Ver fügung steht und die Ablöse rechtzeitig erfolgt.“ Dass das nicht immer funktioniert, ist ebenso ein offenes Geheimnis wie das schlechte Bildungsniveau der Akteure, was etwa Einschulungen wegen mangelhafter oder nicht vorhan dener Deutschkenntnisse zu einer veritablen Her­aus for derung macht.

Im Döblinger Biotop versunkenGenau das kann aber in Zeiten, in denen statt Besen ver­stärkt kleine Schneepflüge und statt Schaufeln Schnee­fräsen zum Einsatz kommen, zu einem gefährlichen Ha­sardspiel für die Betroffenen werden. Hinter vorgehaltener Hand erzählt man sich in der Branche etwa, dass Jahr für Jahr etliche der Mini­Pflüge wegen mangelhafter Sorgfalt und Ortskenntnis der Fahrer am Dach landen. Wie das? „Ist die Schaufel nicht hochgezogen, werden den Fahrern

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Die Rutschpartie auf der weißen Pracht endet oft im Gips – dann werdenJuristen und Versicherungen aktiv.

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22. 1. 2013 (morgens?) ist eine Frau im Bereich des Fußwegs tot aufgefunden worden. Derzeit ist eine polizei­liche Untersuchung über die Ursache – Tod durch Sturz aufgrund mangelhaft geräum­ten Weges – im Gange. Der Sachverhalt ist dem OM­Team aus den Medien be­kannt …“ Relativ rasch stellte sich ein Herzinfarkt als der wahre Grund für das Ableben der Dame heraus. „Damals waren wir nicht entspannt. Das war nicht lustig“, sagt der verantwortliche BIG­Objekt­manager Karl Schabauer. „Wir haben geglaubt, dass wir den Gehsteig bewässert haben und die Frau in­direkt durch unsere Schuld gestorben ist“, so der Hausver­walter. Nicht ganz zu Unrecht, denn die bauliche Situation präsentierte sich bei einem Lokalaugenschein als nur be­dingt optimal. Im Protokoll von damals hieß es: „Dazu kann festgehalten werden, dass die Regenwasserentsorgung derzeit mittels Sammelrohr direkt auf den Radweg erfolgt, wobei vor Errichtung des Radweges (mindestens seit zehn Jahren Bestand) ein Rinnsal vorhanden war.“ Die Reaktion erfolgte prompt. Durch bauliche Maßnahmen wurde das Wasser vom Flakturm nach innen geleitet.

Bis zu 726 Euro VerwaltungsstrafeGrundsätzlich geht die mit Abstand größte Gefahr im Win­ter für Menschen vom Glatteis aus. Allerdings kennt die heimische Rechtsprechung auch Ausnahmen: Wenn etwa ein Läufer, der auf Glatteis über den Gehsteig rennt, stürzt und sich Verletzungen zuzieht, kann man nicht allein den Liegenschaftseigentümer dafür verantwortlich machen. Dasselbe gilt für Frauen, die im tiefsten Winter auf High Heels herumstöckeln. „Diese Dinge passieren aber sehr sel­ten“, heißt es bei der Generali. Grundsätzlich werden nicht nur Schäden, sondern auch Ansprüche aus Unfällen durch eine Haftpflichtversicherung für Haus­ und Grundbesitz abgedeckt. Diese ist üblicherweise Teil einer Eigenheim/Gebäudebündelversicherung. Die Privathaftpflichtversi­cherung im Rahmen der Haushaltsversicherung genügt je­doch nicht“, klärt Christian Strobl von der Generali­Scha­denversicherung auf. Theoretisch sind die Liegenschafts­eigentümer auf der sicheren Seite, wenn sie die Räumtätig­keit an einen Winterdienst übertragen, denn dann über­nimmt dieser auch die Haftung. In der BIG ist das die Regel. Ganz so einfach aus dem Schneider ist das Unternehmen aber trotzdem nicht, erklärt BIG­Jurist Claudius Weingrill: „Bei Unfällen können immer die Gebäude eigentümer her­angezogen werden.“ Danach beginnt selbstverständlich die juristische Kettenreaktion. Denn die Geklagten halten sich klarerweise an den von ihnen beauftragten Dienstleis­tern schadlos. „Als hilfreich haben sich sogenannte Räum­tagebücher herausgestellt, die auch mit Fotos belegen, wie der Zustand der zu betreuenden Fläche zum Betreuungs­zeitpunkt war“, meint Paradeiser. Einzige Ausnahme: Wenn der Dienstleister erkennbar ungeeignet ist oder un­zuverlässig agiert, könnte der Eigentümer doch zur Verant­wortung gezogen werden.

Bei Fahrlässigkeit drohen den Unternehmen aber zusätz­lich auch Verwaltungsstrafen (bis zu 726 Euro) oder gar Ge­richtsverfahren, die im Endeffekt beim Firmenchef hängen bleiben, denn: „Letztlich ist jeder Unternehmer für sein Per­sonal haftbar. Umso wichtiger ist die umfassende Vorbe­reitung auf den Winterdienst“, erklärt Kammer­Expertin Möstl. Wirklich gröbere Verletzungen mit Schmerzens­geld­Ansprüchen treten aber nicht allzu häufig auf – bei Attensam etwa spricht man von einer Hand voll Fällen pro Winter, die von der Rechtsabteilung erledigt werden muss. Laut Generali sind naturgemäß viel häufiger schneebe­dingte Schäden an Autos zu bearbeiten, mitunter auch durch heruntergestürzte Dachlawinen: „Personenschäden durch Dachlawinen sind selten, können aber durchaus schwerwiegend sein. Es wird sogar von Todesfällen berich­tet, auch wenn wir in der Praxis noch keinen solchen Fall abwickeln mussten“, berichtet Strobl. Auch hier müssen Hausbesitzer achtsam sein, denn: „Das Aufstellen von Warnstangen bei Dachlawinengefahr ist zu wenig. Man muss die Dachlawinen entfernen bzw. sofort nach Erken­nen eine Fachfirma damit beauftragen.“

Zu unterschiedlichen Interpretationen von Eigentü­mern, Räumfirmen und Behörden komme es gelegentlich auch bei der Gehsteigräumung: Grundsätzlich steht im Ge­setz, dass der Gehsteig zwischen 6 und 22 Uhr verkehrs­ ›

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sicher zu sein hat – nicht festgehalten ist jedoch, wie oft man kehren muss. Bei tagelangem dichtem Schneefall kann etwa nicht verlangt werden, dass man jede Stunde schaufeln geht. „Der Oberste Gerichtshof sagt, dass übli­cherweise zwei Kontrollgänge am Tag zumutbar sind“, er­läutert der Wiener Anwalt Peter Lessky. „In der Regel haftet man für auffallende Sorglosigkeit, aber nicht für eine Nach­lässigkeit, die einem durchschnittlich sorgfältigen Men­schen passieren kann.“ Letztlich müsse aber jeder Fall ein­zeln betrachtet werden, und es liegt am Geschädigten, die Schuld des Grundstückseigentümers zu beweisen.

„Nicht möglich, erst um 6 Uhr zu beginnen …“Gelegentlich werden die Schneeräumer aber sogar polizei­lich an der Ausübung ihrer Pflicht gehindert. Ein betroffe­ner Dienstleister, konfrontiert mit einem unlösbaren Di­lemma, wandte sich etwa hilfesuchend per Mail an die BIG: „Heute Nacht um zirka 2 Uhr starteten meine Mitarbeiter am Objekt Polizeidirektion … mit dem Winterdienst. Schon nach kurzer Zeit wurden sie von zwei Exekutivbeamten an­gehalten. Aufgrund der Anzeige einer Anrainerin wurde seitens der Exekutive die Anweisung erteilt, die Winter­dienstarbeiten sofort zu beenden. Durch unsere Arbeiten mit Traktor und Schneepflug hatte sich die Anrainerin so

gestört gefühlt, dass sie die Polizei alarmierte. Laut Aus­kunft der Polizei durften wir erst ab 6 Uhr wiederkommen. Meine Mitarbeiter schilderten den Beamten, dass die Liegenschaft laut StVO und ABGB aber schon um 6 Uhr schnee­ und eisfrei sein muss. Wenn wir erst um 6 Uhr mit den Arbeiten beginnen, ist dies unmöglich. Trotzdem wur­de den Mitarbeitern nicht erlaubt, die Arbeiten fortzufüh­ren. Unverrichteter Dinge mussten sie wieder wegfahren. Abgesehen von Mehrkosten, die uns dadurch entstehen, dass wir unnötigerweise zu Objekten fahren, sehen wir uns nicht mehr imstande, für Ihre Objekte die in den Verträgen und Bestellungen übernommene Haftung zu übernehmen, sofern die Situation so bleibt. Es ist praktisch nicht möglich, erst um 6 Uhr mit den Arbeiten zu beginnen und bereits um 6 Uhr fertig zu sein. Nachdem anscheinend Anrainer mehr Rechte haben, als es die Straßenverkehrsordnung vorgibt, bitte ich Sie, gemeinsam mit uns, diesbezüglich mit den entsprechenden Stellen (Magistrat, Bürgermeister, Landes­hauptmann, …) Kontakt aufzunehmen und Lösungen zu be­sprechen sowie schriftliche Bewilligungen einzuholen.“

Neben Stressresistenz und Krisenmanagement­Fähig­keiten sind also auch Mediator­Eigenschaften für einen Objektmanager der BIG im Winter durchaus hilfreich. Die Branche wiederum hat nicht nur mit unwilligen Anrainern

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Herrliche Winterlandschaften bedeuten auch viel

Arbeit auf den Straßen.

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zu kämpfen, sondern auch mit dem Diebstahl von Arbeits­geräten und Streugut. „Das ist derzeit ein großes Thema für uns“, klagt Attensam­Winterdienstleiter Stuhlpfarrer, „mo­mentan scheint es so zu sein, dass einfach alles Mögliche gestohlen wird. Uns wurden zuletzt drei Traktorstreuer ent­wendet, und immer wieder kommen Container für Streu­mittel und abgepacktes Salz abhanden.“ Aufgrund der Häu­fung dieser Vorfälle sei eine Lagerung im Freien – wie sie jahrelang üblich war – nicht mehr zu verantworten. Immer­hin hat die Firma rund 400 Fahrzeuge – vom Traktor bis zum Kommunalgerät – im Einsatz. „Wir schauen mit unse­ren Kunden, dass wir möglichst viel an sicheren und guten Plätzen im Inneren von Gebäuden bekommen“, erläutert Stuhlpfarrer, der die BIG dabei als verständnisvollen Partner ansieht. Schließlich hat die BIG die Räumung vieler Liegen­schaften an Private überantwortet – etwa an die Firma Attensam, die unter anderem Objekte wie das Neue Insti­tutsgebäude der Universität Wien oder die Bernhard­Gott­lieb­Universitätszahnklinik in Wien betreut. Gerade solche Universitätsgebäude seien im Winter eine spezielle Heraus­forderung, erklärt Stuhlpfarrer: „Wir müssen dort ganz be­sonders darauf achten, dass vor Unterrichtsbeginn eine Erst räumung sichergestellt ist. Außerdem planen wir so, dass bei Objekten mit hoher Publikumsfrequenz ein Team den ganzen Tag vor Ort bleibt. Denn solche große Flächen gehören häufiger gesäubert, damit nichts passieren kann.“

Schlimme Folgen eines ausgefallenen WintersEin Mythos ist übrigens, dass sich die Arbeitsleistung des Personals durch den verstärkten Einsatz von motorbetrie­benen Geräten verringert hätte, zumindest sieht das die Branche durchgängig so. Außerdem: „Die Qualitätsansprü­che sind einfach gestiegen, daher werden etwa die Räum­intervalle verkürzt“, sagt Maschinenring­Sprecher Wallner. Und wie ist es mit der landläufigen Meinung, dass heutzu­tage lieber tonnenweise Salz ausgestreut wird, das mensch­liches Schuhwerk und die Pfoten von Tieren angreift, statt die weiße Pracht einfach wegzuschaufeln? „Diese Wahr­nehmung mag stimmen, hat aber verschiedene Gründe – wie etwa jenen, dass das Magistrat in Wien auf reine Feuchtsalzstreuung umstellt hat“, sagt Stuhlpfarrer. Durch die vor Jahren wieder erfolgte Freigabe der Salzstreuung zur Feinstaubreduktion habe es naturgemäß auch in der Bran­che ein Umdenken gegeben. „Da sind wir allerdings noch etwas altmodisch, weil wir einen vergleichsweise hohen Splittverbrauch haben. Vor zwei Jahren waren es 2.400 Ton­nen Splitt und nur 1.700 Tonnen Salz“, rechnet Stuhlpfarrer vor. Beides komme in etwa gleich teuer, wobei der Schotter später weitere Kosten verursache, muss er doch wieder ein­gekehrt werden – mitunter auch noch während der Winter­saison. Dass das viele Betriebe nicht wussten, verdeutlicht die entsprechende Anzeigen­Statistik der Stadt Wien: Gab es 2011 noch 952 Anzeigen wegen solcher Verstöße, so sank die Zahl im Jahr darauf rapide auf 104 Anzeigen.

Nur wenige Monate, nachdem der letzte Schnee gefallen und das letzte Schotterkörnchen eingekehrt ist, geht auch schon die Planung für den nächsten Winter los: „Die heiße

DIE WICHTIGSTEN GESETZLICHEN REGELUNGEN

➤   Eigentümersindverpflichtet,inderZeitvon6bis22Uhrdafürzusorgen,dassdieGehsteigefreivonSchneeundGlatteissind.GibteskeinenGehsteig,soistderStraßenrandinderBreitevoneinemMeterzusäubern(giltauchfürFußgänger-zonen).

➤   Gemäߧ1319aABGBistfürWegeaufPrivatgrund,welchezurBenützungdienen,sogar24htäglicheineGefahrenfreiheitsicherzustellen.AndernfallsmüsstemandieBenützungklarunterbinden(Abschrankung,…).

➤   DarüberhinausmüssenSchneelawinenundEiszapfenamDachentferntwerden.Wennnötig,sinddiegefährdetenStraßenstellenmitWarnhinweisenzukenn-zeichnen.DasentbindetdenEigentümerabernichtvoneinerordnungsgemäßenBeseitigung.

➤   WirddieRäumpflichtnichteingehalten,kannesaußerSchadenersatzforderun-gendurchVerletzteauchVerwaltungsstrafenoderauchStrafverfahrengeben.WerdenetwadurchdenSchneeaufdemGehsteigBenutzergefährdet,isteineStrafebiszu726Euromöglich.

➤   VerbotenistinWieneineSalzstreuunginnerhalbvonzehnMeternumoffeneGrünflächen,außerdemgibteseinVerbotfürbestimmteAuftaumittelundStreu-mittel(wieAscheundQuarzsand).ZudemmussdasStreugut,sobaldesfürdieSicherheitderFußgängernichtmehrerforderlichist,beseitigtwerden.

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Phase beginnt dann Ende August, nach den Ferien, wenn wir uns mit den Kundenwünschen, den Lagerplätzen, dem Fahrzeug­ und Materialbedarf sowie dem Personal bedarf auseinandersetzen“, sagt Stuhlpfarrer. Anfang November sei dann schon alles für den ersten Schnee bereit. „Wenn der erste Schnee fällt, werden wir ihn auch wegräumen“, verspricht Stuhlpfarrer, der zu Studentenzeiten selber als Schneeschaufler unterwegs war und daher das Gewerbe sozusagen von der Schaufel auf kennt. In den schneefreien Monaten fungiert er übrigens als ganz normaler Kunden­betreuer von Attensam für die Objekte der BIG. Apropos Sommer: Wäre ein sommerlicher Winter geschäftlich nicht das Beste für die Unternehmen? „Nein“, sagt Stuhlpfarrer klipp und klar. „Das wäre kurzfristig gedacht, weil man nicht arbeiten müsste und trotzdem die volle Pauschale be­käme. Aber langfristig ist es ganz schlecht fürs Geschäft, weil sich jeder denken würde, warum man überhaupt noch dafür bezahlt, da ja eh kein Schnee fällt.“ Die Folge wäre wohl, dass Dumping­Angebote den Markt überschwem­men würden. „Aber wenn der Marktpreis noch weiter nach unten geht, wird man vielleicht bei einem wirklichen Win­ter nicht mehr gerüstet sein können“, warnt der Experte. Und der kommt so sicher wie das Amen im Gebet. ‹

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Tiere, Sex und Gewalt sind unbestritten Quoten­renner, deren Melange entsprechend für Aufla­ge sorgt. Die Assoziationen bei Nennung dieser drei aufmerksamkeitsfördernden Begriffe sind

vermutlich vielfältig. Nicht jeder denkt dabei aber gleich an die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG). Dennoch sind

Hausverwalter oder Projektmanager immer wieder mit einem der Themen konfrontiert. In manchen

Fällen ist es sogar eine aufregende Mischung. Um einen Kriminalfall erster Güte mit allen

dazugehörigen Ingredienzien handelt es sich bei einem nach wie vor ungeklärten Doppelmord

an Feldhamstern. Vor geraumer Zeit ver­mehrten sich die Nager aus der Familie

der Wühler in affenartigem Tempo auf den Umgebungsflächen einer Schule.

Damit sorgten sie aber nicht nur für bewundernde Blicke der Schüler­innen und Schüler, sondern verur­sachten auch enorme Probleme. „Leider haben die Hamster viele Löcher in den Sportplatz ge­graben. Dadurch herrscht natür­lich Verletzungsgefahr“, sagt der zuständige BIG­Objektmanager. Darüber hinaus brodelte die Ge­

rüchteküche. Angeblich gab es in der Population nämlich nicht nur sympathisch­putzige

Tierchen, sondern auch aufdringlich­aggressive Viecher. So

wusste man von besonders heim­ ›

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Der gute HirteKaltblütig vergiftete Feldhamster. Ostfriesische Milchschafe, die Forschungsergebnisse fressen.

Entenküken, denen die Todesspritze droht. Kriminalfälle mit tierischer Beteiligung sind in der BIG

nicht die Regel, kommen aber vor. Von Ernst Eichinger

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tückischen Angriffen auf den Lehrkörper der Schule oder aber auch von einem „im Sitzen Pommes verzehrenden Feldhamster (Cricetus cricetus) am Nachbargrundstück“ zu erzählen. Der pragmatische Ansatz wäre gewesen, einfach einen Schädlingsbekämpfer anzurufen. Diese Vorgehens­weise hätte – abgesehen von dem unschönen Bild, süße Tierchen in die ewigen Jagdgründe zu befördern – jedoch ganz klar dem strengen Artenschutz widersprochen. Nie­mand darf Hand an einen Cricetus cricetus legen. Die EU hält nämlich selbige, als oberste Instanz, schützend über die Feldhamster. Guter Rat war also teuer. Nach einer Eva­luierungsphase einigte man sich darauf, Informationen über die Population zu sammeln. Tiere wurden gefangen, markiert, wieder freigelassen und anschließend beobach­tet. „Damit sollten geeignete Maßnahmen entwickelt wer­den, um die Hamster zu delogieren oder bauliche Maßnah­men vorzunehmen“, sagt die Studienleiterin. So weit sollte es aber nicht kommen. Die Anzahl der Nager auf dem Are­al ging sukzessive zurück. In einem Bericht heißt es: „Zu Be­ginn der Studie im Frühjahr 2009 bewohnten 33 adulte Feldhamster die Grünflächen im oben genannten Gebiet. Bereits im Herbst 2009 konnte ein Rückgang der Popula­tionsdichte festgestellt werden, der sich im Jahr 2010 fort­setzte.“ Im Spätsommer des darauf folgenden Jahres be­fand sich kein einziges Tier mehr auf der Liegenschaft. Die Gründe lagen zu diesem Zeitpunkt vollkommen im Dun­keln. Bis zwei Tiere tot aufgefunden wurden. Erst der letzte Weg dieser Pelzträger brachte Licht in das Mysterium. Er führte sie zunächst in das Forschungsinstitut für Wildtier­kunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen Uni ver­sität Wien. Von dort wurden sie dann zur toxikolo gischen Untersuchung in das Veterinärwissenschaft liche Depart­ment der Ludwig­Maximilians­Universität München ge­

schickt. „Laut Befund konnten in den Lebern beider Feld­hamster Spuren von Warfarin – ein Coumarin ­De ri vat – nachgewiesen werden, was zusammen mit schlecht ge­ronnenem Blut für eine Vergiftung mit diesem Roden tizid spricht“, so die mit der Untersuchung beauftragte Verhal­tensbiologin. Es war also ganz klar zumindest Doppelmord. Täter unbekannt. Weitere Leichen der einst so stolzen Po­pulation wurden nicht gefunden. Auch konnte trotz inten­siver Befragungen potenzieller Verdächtiger oder Zeugen durch die Umweltschutzabteilung der betreffenden Kom­mune niemand ausgeforscht werden. Die traurige Ge­schichte nahm aber genau drei Jahre nach dem Massen­mord eine unerwartete Wende. Der zuständige Objekt­manager der BIG erhielt Mitte September dieses Jahres ein E­Mail: „Die Hamster haben vergessen, dass man ihrer Spe­zies auf unserem Sportplatz nicht wohlgesonnen war. Es tummeln sich mehr Tiere als je zuvor auf dem Sportplatz und graben fleißig ihre Behausungen. Das Problem sind die zahlreichen Löcher, die den Sportplatz übersäen und natür­lich eine beträchtliche Verletzungsgefahr für Schülerinnen und Schüler darstellen. Ich ersuche dringend um Ihre Hilfe, was immer Ihnen dazu einfällt.“ Das Drama um die kleinen Nager geht also in eine weitere Phase. Spätestens im Früh­jahr, wenn die Feldhamster aus ihrem Winterschlaf erwa­chen, muss eine Lösung gefunden sein. Die Sperre des Sportplatzes ist für niemanden eine Option.

Tief greifende DiskussionAuch wenn solche Probleme, entsprechend erzählt, bei manchem vielleicht sogar Heiterkeit auslösen, steckt doch ein handfester Konflikt dahinter, der mehrere Aspekte be­rührt. Die überwiegende Mehrheit der Menschen würde diese Feldhamster wahrscheinlich als putzig, süß oder lie­

Der Cricetus cricetus vulgo Feldhamster steht unter Arten­schutz. Herkömm­

liche Strategien zur Schädlingsbekämp­fung fallen also aus. Daher sucht die BIG

intensiv nach alternativen

Lösungen.

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Spätestens im Frühjahr, wenn die Feldhamster aus ihrem

Winterschlaf erwachen, muss eine Lösung gefunden sein.

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benswert bezeichnen. Wie weit darf aber Tierliebe gehen? Ein unter Schutz gestelltes Tier einfach zu töten, auch wenn es zumindest in zwei Fällen offensichtlich doch jemand übers Herz gebracht hat, sollte von niemandem auch nur angedacht werden. Aber ist es im Gegenzug gerechtfertigt, viele tausend Euro auszugeben, um ein paar Hamster umzusiedeln, ohne sicher sein zu können, dass die neuen Quartiere auch angenommen werden? Neben der finanzi­ellen Komponente schlägt auch das Thema Haftung hier voll durch. Für jede Verletzung aufgrund der Bodenverhält­nisse muss jemand geradestehen. In einem solchen Fall wä­re es neben der Schulleitung auch die BIG. Sollte also der Sportplatz für Kinder gesperrt werden, damit sich die Hams­ter dort breitmachen können? Vermutlich auch nicht. Wie immer wird es also spätestens im Frühjahr 2015, nachdem die Hamster aus ihrem Winterschlaf erwacht sind, einen Kompromiss geben müssen.

LärmemissionenWeniger um juristische Fragen als um akustische Wahr­nehmungen ging es in einem großen Amtsgebäude. Vor ein paar Jahren hatte es sich eine Entenmutter mit zehn Küken im begrünten Hof gemütlich gemacht – zum Miss­fallen mancher Mitarbeiter. Nicht jeder konnte dem lauten

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Gequake etwas abgewinnen. Laut Insidern entbrannte in der Behörde ein fundamentaler Richtungsstreit, wie denn mit dem Federvieh umzugehen sei. Die einen vertraten ei­ne radikale Lösung: weg mit den Störenfrieden – egal, wie. Andere wiederum setzten sich massiv für die Quasi­Adop­tion der neuen Haustiere ein. Die Diskussion verlief ent­scheidungslos, bis das Geflügel von selbst das Weite suchte. Das Problem: Enten kommen jedes Jahr zum Brüten an denselben Platz zurück. Es galt also präventiv tätig zu wer­den. Also wurde der Hauseigentümer in die Causa invol­viert, denn als Mieter der Räumlichkeiten sei es aus „sicher­heitstechnischen Erwägungen nicht möglich, das Brutver­halten der Enten zu beeinflussen und allfällige Maßnah­men zu setzen“. Bereits im nächsten Frühjahr wurde das Schriftstück mit der Aktenzahl XYZ­16503/0009­1/4/2011 (Anm: Zahl verändert) in der BIG mit einem Eingangsstem­pel versehen. Darin schreibt der in der Entencausa zustän­dige Nutzer an den BIG­Hausverwalter: „… haben wir erfah-ren, dass Sie daraufhin den Bewuchs des betreffenden Innen-hofs soweit ausgedünnt, gerodet haben, dass es nun möglich ist, gelegte Enteneier auch aufzufinden. Als Weiterführung dieser Maßnahme und um das Schlüpfen von Enten zu ver-hindern, wurde von der zuständigen Abteilung, in der sich auch eine praktizierende Tierärztin befindet, vorgeschlagen,

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die allfällig gefundenen Bruteier in die Abt. III/X/14 (Anm: Zahl verändert) zu bringen, wo sie von der betreffenden Kol-legin durch fachgerechtes Injizieren entsprechender Mittel in den Dottersack schmerzfrei getötet werden können. Da nach Information von MitarbeiterInnen des Hauses bereits mit dem Brüten begonnen wurde, es Mitarbeitern des BMG aber aus Sicherheitsgründen untersagt ist, den Innenhof zu betreten, werden Sie ersucht, den Innenhof regelmäßig zu kontrollieren und die gefundenen Enteneier gegen Kalk-/Gips- oder Plastikeier auszutauschen. Es wird ersucht, zur Ei-Entnahme, wegen der dafür nötigen Kon trollintervalle so-wie für die Informationen zu geeigneten Austausch-Eiern mit Frau Dr. XXX Kontakt aufzunehmen.“ Diesen Vor­schlag wollte freilich die Pro­Federvieh­Frak tion nicht auf sich sitzen lassen. Ein Sturm der Ent­

rüstung ließ die Enten euthanasie­Befürworter von ihrem Vorhaben Abstand nehmen. Während diese Auseinander­setzung über Tage und Wochen tobte, schlüpften die Kü­ken. Damit wurde nicht nur der Geräuschpegel im Amtsge­bäude, sondern auch im Hof zunehmend höher. Eine finale Lösung musste her. Daraufhin beauftragte die BIG einen „Landschaftsbauer“, die Enten einzufangen und auf seinen Bauernhof zu bringen. Hier wurden sie aufgezogen – aller­dings ohne Muttertier, das seine Brut im Stich gelassen hatte. Im Vollzugsbericht der BIG­Hausverwalter an die Nutzer liest sich das so: „Sämtliche Entenküken wurden ges-tern Abend noch schonend und fachgerecht eingefangen und sofort art gerecht verbracht. Die Entenmutter konnte

nicht eingefangen werden, da diese ausgeflogen ist und nicht wiederkehrte, was allerdings nach einschlägigem Kenntnisstand normal ist … Bei einer weiteren heute erfolg-ten Nachkon trolle konnten keine weiteren Enten bzw. keine weiteren Gelege gefunden werden. Es werden in der Folge

nun wöchentlich Kontrollen bis zum Ende der Brutzeit (Spät-

sommer) durch-geführt werden.“ Ab dann herrsch­te also Ruhe. Nicht

so auf dem Bauern­hof abseits der Stadt. Ursprünglich soll­

ten die Waisen, sobald sie alt genug waren, in die Freiheit entlassen werden. Allein, sie wollten nicht flügge werden. „Sie sitzen

pünktlich um halb sechs Uhr vor meiner Tür, quaken und warten darauf, gefüttert zu wer­

den“, so der „Adoptivvater“ damals zu BIG Busi­ness. Schon nach kurzer Zeit waren von ur­sprünglich zehn Küken nur mehr sieben Tiere übrig. Drei wurden auf der Straße überfahren. Die Enten saßen nämlich höchst selbstbewusst auf der Straße und kümmerten sich wenig um den Verkehr. Wenige Wochen später konnten dann doch alle überlebenden Tiere in die freie Wildbahn entlassen werden.

Tyson – der ÜberfliegerEine solche Lösung blieb den BIG­Objekt­managern in einer Wiener Kleingarten­anlage verwehrt. Stein des Anstoßes wa­ren dort nicht akustische Verunreinigun­

gen, sondern pickel harte Exkremente. Die Produzenten: rund 800 Brieftauben. Im Juli 2012 erreichte die Züchter ein Schreiben der BIG. Sie wurden aufgefordert, die Wett­kampftauben aus den gepachteten Kleingärten zu entfer­nen. Ein Tierhaltungsverbot war ganz klar vertraglich fest­gehalten. Denn obwohl einer der Champions, Brieftäube­rich Tyson, bei Wettkämpfen sogar aus 1.200 Kilometern immer wieder nach Hause in seine Voliere fand, bewun­derten ihn nicht alle Kleingartenpächter. Sie fühlten sich von den Ausscheidungen der Hochleistungssportler beläs­tigt. Als angedroht wurde, die fliegenden Simmeringer zu delogieren, begaben sich die Züchter auf Herbergsuche für ihre Brieftauben. Allerdings erfolglos. So blieben nur mehr

«Schuld sind die Schafe. Sie fressen einen Großteil der Projekt-Ergebnisse auf, wodurch weitere Aufträge

ausbleiben und somit Arbeits- und Studienplätze gefährdet sind.»

Ein Vizerektor klagt an

TIERISCHES

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Alle meine Entchen … Die

Entenfamilie wurde sanft delogiert und

fand auf einem Bauernhof ein

neues Zuhause. Damit konnte für

alle Beteiligten eine zufriedenstellende

Lösung gefunden werden.

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zwei Lösungen, wie ein Züchter gegenüber der Tageszei­tung „Kurier“ beklagte: „Eine Grube ausheben und 800 Tauben den Kopf abreißen oder die Tiere aussetzen. Aber selbst aus Sibirien würden sie wieder in ihre Voliere zu­rückfinden.“ Denn genau darauf wären sie trai­niert. So schwebte geraume Zeit die Mas­senexekution wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Vögel. Was den Tier­haltern zunächst unmöglich erschien, nämlich eine Ersatzbleibe zu finden, war nach der unmissverständlichen Kommu­nikation einer Räumungsklage doch machbar. Tyson & Kollegen fanden ab­seits der Kleingartenanlage ein neues Zu­hause.

SchafsköpfeOft sind sogar eher beschauliche, harmonisch­ruhig klingende Orte wie das Versuchszen­trum für Obst und Gartenbau einer österrei­chischen Universität Schauplätze staatlicher Machteinwirkung, um den gesetzeskonfor­men Zustand wiederherzustellen. Was den Brieftauben erspart blieb, wurde für eine Hand voll Schafe Realität. Sie wurden sanft, aber doch delogiert. Begonnen hatte alles im

Jahr 2005, als die Tiere auf dem 30.000 Quadratmeter gro­ßen Areal einzogen – damals noch gewollt und als Teil des Projekts „Besser gemäht oder abgeäst von Schafen“. Als

dieses nach drei Jahren beendet war, blieb der dafür eingesetzte Schafhüter und nach eigenen

Angaben ewige Student allerdings beharrlich auf dem Gelände – mit einer Herde, die von ursprünglich

drei Tieren auf das Sechsfache ange­wachsen war. Die Masse der Wiederkäuer war aber für den Output des Versuchszentrums nicht gerade gedeihlich. So machte der verant­wortliche Vizerektor im Jahr 2010 gegenüber einer Zeitung auch kein Hehl aus seinem Är­

ger über die Paarhufer: „Schuld sind die Schafe. Sie fressen einen Großteil der Projekt­Ergeb­nisse auf, wodurch weitere Aufträge ausbleiben und somit Arbeits­ und Studienplätze gefährdet

sind.“ Ein Ultimatum an den Schäfer folgte. Doch die sturen Hammel wollten das Feld nicht räumen. Der Langzeitstudent sah sich als Mobbing­Opfer, und entsprechend seiner Auffassung von Gerechtigkeit wurden auch

die Medien informiert. Doch die Berichterstat­tung verlief nicht ganz nach Wunsch. In einem Mail an Gott und die Welt stellte er klar: Nahezu alle

Keine Fans hatten Wettkampfbrief­taube Tyson und seine rund 800 Kollegen in einer Kleingartensiedlung der BIG. Aufgrund des Lärms und der Exkremente kam es zu ihrer Umsiedlung.

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«Man kann nur eine Grube ausheben und 800 Tauben den Kopf abreißen oder die Tiere aussetzen. Aber selbst aus

Sibirien würden sie wieder in ihre Voliere zurückfinden.» Ein Taubenzüchter gegenüber dem „Kurier“

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Zeitungen und das Fernsehen hätten die Sachlage nicht verstanden. Abgesehen davon seien die Tiere extrem wert­voll und müssten auf dem Gelände bleiben. Wertvolle BöckeTatsächlich handelte es sich bei den blökenden Vierbeinern nicht um gewöhnliche Schafe. Vielmehr seien es ostfriesi­sche Milchschafe, die dem Eigentümer rund 200 Euro pro Bock einbrächten. Wenngleich eine solche Causa grund­sätzlich Sache des Mieters – also der betroffenen Univer­sität – ist, war auch der Eigentümer der Liegenschaft, die BIG, damit ziemlich beschäftigt. Ein BIG­Objektmanager erinnert sich: „Das war ein ziemliches Theater und zog sich über mehrere Monate hin.“ Darüber hinaus berief sich der Schafhirte auf die Rettung einer dort ansässigen Ziesel­popula tion, die dringend seines Schutzes bedürfe. Zwi­schenzeitig lag aber bereits der Räumungstitel vor. Damit endeten auch die Diskussionen. Trotz hartnäckigen Wider­

stands mussten die ostfriesi­schen Milchschafe, begleitet von Mitarbeitern einer Sicher­heitsfirma, aus dem Paradies ausziehen. Fast vier Jahre spä­ter ist der umtriebige Schäfer immer noch inskribiert. Seine Paarhufer sind dem Verneh­men nach mittlerweile in ei­nem Kärntner Biobauernhof untergebracht.

Streit der GutachterNach wie vor auf dem Gelände sind die Ziesel (Spermophilus). Wobei diese streng unter Na­turschutz stehenden Tiere am

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Höhepunkt des ostfriesi­schen Milchschafkriegs für einen akademischen Disput höchster Ordnung sorgten. „Wir wollten auf dem Gelände eine Bara­cke abreißen. Das war aber nicht so ein­fach wie ursprünglich gedacht“, so der BIG­Objektmanager. Einigkeit herrschte bei der Grundvoraus­setzung: Die Erdhörnchen sollten idealerweise die Aktion verschlafen. So wurde vereinbart: „… sollten Ziesel stö­rungsbedingt an die Oberfläche kommen, werden die Bau­arbeiten sofort eingestellt.“ So weit das Gemeinsame. Zu welchem Zeitpunkt aber das Ganze vonstatten gehen soll­te, darüber waren sich die Sachverständigen gar nicht einig. „Es gab zwei Lager. Die einen plädierten für Herbst. Die anderen mauerten sich im Frühjahr ein. Nach jeder Be­gehung waren wir so schlau wie vorher“, erinnert sich der BIG­Objektmanager. Wochen später obsiegte dann doch eine Seite. Im Frühjahr wurde die Bodenplatte behutsam weggestemmt, dann entfernte man sanft die Bretter. Trotz fehlender Nachbeobachtung und damit wissenschaftlicher Bestätigung durch einen offiziellen Zieselbeauftragten ist davon auszugehen, dass die Wurzel­ und Knollenfresser aufgrund des Bauvorhabens nicht traumatisiert wurden.

Stolperstein AmeisenhaufenSolange es nur darum geht, einen größeren Schuppen dem Erdboden gleichzumachen, hält sich der monetäre Schaden im Fall von Verzögerungen in überschaubaren Grenzen. Teuer wird es erst bei großen Bauvorhaben. Da können schon mehrere Wochen so richtig ins Geld gehen. Ursache für zähe Projektabläufe sind traditionell streit bare Nach­barn, die ihre Rechte auf Punkt und Beistrich – oft auch ju­ristisch unterstützt – ausschöpfen. Das ist selbstverständ­lich legitim. Trotzdem gibt es im Zug von Einsprüchen auch

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Ausschluss aus dem Paradies. Statt sich

auf den Rasen zu beschränken,

„naschte“ eine Schafherde

beharrlich von den verbotenen

Forschungs­projekten des

Versuchszentrums für Obst­ und

Gartenbau.

Ziesel gehören zu den bedrohten

Arten. Um sie vor Lärmeinflüssen im

Zuge von Bau­arbeiten zu

schützen, wurden eigens Gutachter

beigezogen und der Zeitplan auf ihre

Schlafgewohn­heiten abgestimmt.

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für lang ge­diente, „aus­

gekochte“ Projekt­manager immer wie­

der Überraschungen. Im Verlauf eines von den Anrai­

nern mäßig goutierten Großpro­jekts wurden seitens der Anwälte alle

Opportunitäten genutzt. Nachdem die lang­wierige Debatte um die Umleitung eines Bachs

mit entsprechendem Hochwasserschutz fast abge­schlossen war, standen die Projektverantwortlichen

plötzlich vor der nächsten Hürde: zwei kniehohen Amei­senhaufen. „Als ich den Bescheid las, konnte ich es zunächst nicht glauben“, sagt der BIG­Projektmanager. Darin hieß es: „Die Ameisenhaufen beim Anwesen XXX (linksufrig) sind von einem Ameisenbeauftragten der Berg­ und Natur­wacht auf seine Bestandssicherheit zu prüfen. Er ist wäh­rend der Bauphase beizuziehen, sodass geeignete Maßnah­men zum Schutz oder zur Umsiedlung der Ameisenkolonie rechtzeitig eingeleitet werden können. Die Verständigung hat zumindest 14 Tage vor Baubeginn im gegenständlichen Bereich zu erfolgen.“ Kurze Zeit später habe eine Begehung stattgefunden, um die Lage zu sondieren. „Als wir zu acht wortlos in diese beiden Ameisenhaufen geschaut haben, war das schon eine besondere Situation, die mir mit Sicher­heit in Erinnerung bleiben wird“, erzählt der Projekt­manager. In weiterer Folge wurde auch eine Verlegung ventiliert. Die Kosten dafür hätten 180 Euro p. A. (per Ameisenhau­fen) betragen. Dazu sollte es aber nicht mehr kommen. Obwohl der Anrainer, vor dessen Zaun sich diese Habitate befan­den, die Behausungen sogar mit einem Gitter vor all­fälligen Fressfeinden, wie beispielsweise Hühnervögeln, geschützt hatte, waren die Ameisen inklusive Schutzvor­richtungen wenige Wochen später verschwunden. „Wir wissen nicht, was passiert ist. Aber bei Investitionen über 20 Millionen wären 360 Euro auch kein Stolperstein gewe­sen“, sagt der Projektmanager.

Harter RegenWenn Steine durch die Luft fliegen, wird es jedenfalls kri­tisch. Angeblich soll es vor einem großen Bürogebäude im Herzen einer österreichischen Stadt Flusskies geregnet ha­ben. Dabei handelte es sich aber um keine Laune der Natur. Vielmehr dürften besonders verspielte Geschöpfe aus der Gattung Corvus, hierzulande besser unter dem Na­men Krähen bekannt, für den Niederschlag gesorgt haben.

Die Beschreibung der Vögel in Wikipedia erhärtet den Ver­dacht: „Zudem legen sie ein erstaunliches Lernverhalten an den Tag (z. B. Herstellung von Werkzeug, Nutzen des Stra-ßenverkehrs zum Knacken von Nüssen und Früchten, wobei sie die von Autofahrern überfahrenen Nüsse an roten Am-peln aufsammeln). Kurz nachdem das Verhalten bei einem Individuum festgestellt worden war, wurde es auch in einem Radius von mehreren Kilometern um den Entdeckungsort herum beobachtet. Dies wird als Beweis für ein bisher unge-ahnt schnelles Lernvermögen interpretiert.“ Offensichtlich hat also irgendein „Early Bird“ damit begonnen, den „ers­ten Stein“ zu werfen. Und zahlreiche Epigonen gefunden. Die derart unter Beschuss stehenden Mitarbeiter des Mi­nisteriums meldeten die Vorfälle prompt an den „Sicher­heitsbeauftragten“. Der wiederum gab den Druck in einem Schreiben weiter und forderte vehement eine Lösung sei­tens der BIG: „Von den Terrassen – nachweislich der Trakte E und G – werden von KRÄHEN (Vögel) Steine bis zur Ping-Pong-Ball-Größe auf die Straße geworfen. Ein Corpus Delicti ist bei der Security im 1. UG, Herrn Werfer (Name von der Redaktion geändert), in Augenschein zu nehmen. Es wurde bereits ein PKW getroffen und beschädigt – Gott sei Dank wurde noch kein Mensch in Mitleidenschaft gezogen!“ Das Munitionsdepot sollte also verschwinden oder zumindest entschärft werden. Einige Begehungen und intensive Dis­kussionen später war – zumindest theoretisch – Abhilfe geschaffen. Die Schotterflächen wurden entweder mit Wasserglas gebunden oder mit verzinktem Drahtgewebe abgedeckt. Das war ein nicht unerheblicher Aufwand, ver­bunden mit entsprechenden Kosten.

Anhand solcher teilweise skurrilen Fälle lässt sich ein kleiner Teil des Tagesgeschäfts der BIG­Experten gut be­schreiben. Hinter jeder Causa steckt ein – teilweise schwie­

rig – zu lösendes Problem. Umso herausfordern­der, wenn aus einer Mücke ein Elefant

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Ameisen, die ein Bauprojekt verzö­gern? Bevor die BIG in Abstimmung miteinem Ameisen­beauftragten die Population art­gerecht verlegenkonnte, war sie verschwunden. Keiner weiß, ob die Tiere selbst die Flucht nach vorn angetreten haben.

Harter Fall:Mit Kieselsteinenein Amtsgebäudezu bewerfen, klingt nach einem dummenLausbubenstreich.Tatsächlich stecktenbesonders gewiefteKrähen dahinter. VermutetesTatmotiv: Langeweile.

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Gute Noten für „Null-Serie“

Eine BIG-Business-Umfrage gibt Einblicke in ein Jahr Echtzeiterfahrung am hochtechnisierten Campus WU. Fazit:

Die meisten Nutzer und Besucher sind äußerst zufrieden. Dem steht schaumgebremste Kritik gegenüber. Von Alexandra Tryfoniuk

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CAMPUS WU

Auch nach einem Jahr immer noch ein spektakuläres Bild: die unterschiedlichen Gebäudekomplexe mit dem großzügigen Boulevard. Links: Am Weg zu den Hörsälen als auch in den Lokalen herrscht reges Treiben.

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Kleine Setzlinge sind zu prächtigen Pflanzen herangewachsen. Die Kronen der Ginkobäume breiten sich aus. Wer auch schon vor einem Jahr am Campus WU war, sieht: Das Gelände

hat sich entwickelt. Aber nicht nur die Flora wächst. Die Studierenden, Lehrenden und Mitarbeiter haben sich an ihrer neuen Uni ebenfalls eingelebt und das Areal belebt. Besucher oder Touristen können das noch sehr niedrige Alter des Campus nicht sofort feststellen. Denn eines fällt augenblicklich auf: Kein Unkraut hat in den gepflegten Beeten eine Chance auf Koexistenz mit den edlen Gräsern, keine Plastikflasche rollt über den Boden, kein Papier tanzt im Wind. Das ist der Planung und dem effizienten Campus-management gutzuschreiben. Laufend sind Gärtner und Reinigungskräfte unterwegs. Aber auch die Studierenden tragen positiv dazu bei. „Es wird alles sehr pfleglich behan-delt“, lobt Franz Schwendemann, Leiter des eigenen WU-Objektmanagementteams der BIG, die Nutzer. Schwende-mann und das Campusmanagement sind mit der noch lau-fenden Mängelbehebung, der technischen Wartung und Justierung sowie mit der Reinigung der Gebäudekomplexe beschäftigt. Denn damit alles reibungslos läuft, ist hinter den Kulissen viel zu tun.

Null-Serien-Fahrzeuge mit KinderkrankheitenWie bei jedem Neubau sind auch am Campus WU noch bauliche Mängel zu beheben. So werden beispielsweise schleifende Türen, Fugen oder Undichtheiten ausgebessert. Die größten Herausforderungen sind aber die neuen tech-nischen Anlagen, die es zu steuern und an den laufenden Betrieb anzupassen gilt. „Wir arbeiten hier mit lauter Null-Serien-Fahrzeugen mit Kinderkrankheiten“, beschreibt Objektmanager Schwendemann die Situation.

So mussten die sogenannten Change-Over-Verteiler zur Regelung der Heizung und Kühlung der Gebäude noch nachgerüstet und richtig eingestellt werden. Daher war es letzten Winter beispielsweise im Library und Learning Center sehr warm. Denn der Verteiler muss richtig tem-perieren, was bei Gebäuden, auf die von einer Seite die Sonne strahlt, während die andere Seite im Schatten liegt, ein technischer Drahtseilakt ist. Darüber hinaus sind Türen, Beleuchtungseinrichtungen oder Jalousien gemäß den Er-fahrungen im Echtzeitbetrieb nachzujustieren. Aus diesem Grund werden die Haustechnikgewerke vorgesehener Wei-se erst nach einem Jahr abgenommen.

Oft treten im alltäglichen Umgang auch skurrile Details zu Tage. So ist erst im Betrieb aufgefallen, dass das Reini-gen der automatischen Schiebetüren einer sportlichen Übung für Reaktion und Ausdauer gleicht. Es fehlten näm-lich die Serviceschalter zum Abstellen der Sensoren. Defi-nitiv keine Kleinigkeit war, dass sich im August aufgrund eines Montagefehlers eine Zementfaserplatte aus der Fas-sade des Bibliotheksgebäudes löste. Im Zuge der Gewähr-leistung wurde der Schaden behoben und die komplette Schräge des Library and Learning Center über dem Eingang genauestens kontrolliert und zusätzlich gesichert. Aber nicht nur die Fassade des LC wurde aufgrund des Fehlers

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Egal ob in der Bibliothek oder im Hörsaalzentrum, die Lernzonen werden von den insgesamt rund 22.750 Studierenden eifrig genutzt.

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geprüft. Generell werden alle Fassaden einmal im Jahr rou-tinemäßig kontrolliert.

Viele Wartungsarbeiten – vor allem jene, die der Sicher-heit der Nutzer dienen – können nur nachts durchgeführt werden. Einleuchtend, ist die Kontrolle der Sicherheitsbe-leuchtung doch nur bei Dunkelheit durchführbar. Aber auch die Wartung der Brandmelder ist im täglichen Trubel mit rund 12.000 Studierenden und 1.800 Angestellten in den Gebäuden schwierig. Denn 14.000 Stück dieser auf Rauch reagierenden Melder gilt es störungsfrei, d. h. allzeit einsatzfähig zu halten. Neben allen technischen Raffines-sen hat das Campusmanagement, in dem die WU und die BIG wie bei der Errichtung als Projektgesellschaft zusam-menarbeiten, auch ein Auge auf die Ausstattung zu wer-fen. Die Sport bereiche wie Tischtennistisch oder Basket-ballplatz werden so intensiv genutzt, dass der Korb schon zwei Mal getauscht wurde. Genau so kümmert sich das Team neben der Uni- und Freizeitinfrastruktur auch um die eingemieteten Geschäfte und Lokale. Mit Mensa, Su-permarkt, Bäcker, Bookshop, Bankomat und mehreren Ca-fés und Restaurants ist der Campus sehr gut ausgestattet. Zwei Geschäftslokale sind aber noch frei. Ein Papierwaren-geschäft, eine Post filiale oder eine Bank könnten das An-gebot beispielsweise komplettieren.

Was die Nutzer zur neuen WU sagen und wie es ihnen nach einem Jahr am Campus gefällt, hat BIG Business in ei-ner im Oktober durchgeführten Umfrage heraus gefunden.

Leben am CampusBereits vor einem Jahr, zum Start des ersten Semesters am neuen Campus, hat sich die BIG ein Bild vor Ort gemacht und die Studierenden, Lehrenden, Angestellten und Besu-cher in einer Online-Erhebung nach ihrem Eindruck ge-fragt. Damals war klar: Neue, architektonisch imposante

«Der neue Campus ist tatsächlich ein Campus, wie ich ihn mir vorstelle. Es ist alles Notwendige vorhanden, um den

gesamten Tag hier verbringen zu können.» Ein Student am Campus WU

Gebäude können gegen die alte WU nur gewinnen. Aber auch zum ersten Geburtstag gibt es überwiegend Beifall und Gratulationen. Vor allem die echte Campus-Atmo-sphäre sagt dem Gros der Umfrage-Teilnehmer zu. „Der neue Campus ist tatsächlich ein Campus, wie ich ihn mir vorstelle. Es ist alles Notwendige vorhanden, um den ge-samten Tag hier verbringen zu können“, teilt ein Student seine Meinung in der Umfrage mit. „Man kann sich leicht den ganzen Tag dort aufhalten, ohne dass es mühsam oder kompliziert ist, und man fühlt sich auch nicht fremd“, schließt sich eine Studentin an. Die Benutzerfreundlichkeit wird ebenfalls gelobt. Die Studierenden bewerten vor al-lem die Projekträume, die in der Bibliothek oder im Teaching Center „angemietet“ werden können, als beson-deren Gewinn für das Studium und die Arbeit in der Gruppe. Gerne könnte es noch mehr solcher abgetrennten Räume geben. Besonders jene im Teaching Center seien aber auch noch verbesserungswürdig. Denn sie sind nach oben hin offen, der Geräuschpegel von außen stört. Zwei Seiten einer Medaille gibt es immer. Viele Veranstal-

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mutlich der beste Campus auf der Welt“, „Ich habe noch nie an einem anderen Platz besser gelernt“, lauten die Beur-teilungen der WU-Fans. Es habe sich auch die Studenten-gemeinschaft verbessert, meint eine Studentin.

Der Außenraum mit den Grünflächen wird ebenfalls gerne genutzt. Viele Sitzmöglichkeiten laden zum Verwei-len im Freien ein. Vor allem der Prater als „grüner Nach-bar“ der WU trägt zum Wohlfühlambiente bei. Denn die Natur wird als wichtiger Entspannungsfaktor geschätzt. „Viele Grünflächen sorgen für Ausgeglichenheit zwischen moderner Architektur und Natur“, schreibt eine Mitarbei-terin. Im Winter wird freilich klar, dass die Aufenthalts-bereiche im Freien im Inneren nicht leicht zu kompensie-ren sind, denn „Wind, Regen und Schnee verringern stark das Angebot an Sitzplätzen“, so ein Student. Außerdem wird kritisiert, dass die Gebäude nicht miteinander ver-bunden sind und die Garage nicht als Durchgang benutzt

werden kann. Daher müsse man sich immer komplett an- und wieder ausziehen, um von Gebäude

zu Gebäude zu gelangen.

Besucher- und Touristenattraktion

Unabhängig von den mitteleuro pä-ischen Temperaturen und der Beklei-

dungsfrage ist der Campus bei Besu-chern und Touristen ebenfalls sehr beliebt.

„Schade, dass ich kein Student bin“, meint ein Besucher im Rahmen der Umfrage. Sowohl die

außergewöhnliche Architektur als auch die Gas-tronomie locken auch Nicht-WU-Studierende auf

den Campus. Objektmanager Franz Schwendemann beobachtet oft

Architekturführungen auf der WU. „Außerdem ist der Cam-pus Übungsobjekt für internationale Architekturfoto-grafie“, berichtet Schwendemann. So kann auch die WU ein Lied von der Beliebtheit der Uni-Gebäude als Foto- und Videoobjekt singen: „Wegen der Schönheit des Campus werden wir mit Anfragen für Fotos und Filme überrollt“, er-zählt WU-Marketingleiterin Renata Schuster. Dabei wird bei den Anfragen rigoros selektiert. Denn „wir sind und bleiben eine Universität, Forschung und Studium stehen an erster Stelle“, betont Schuster. Sie streicht aber heraus, dass der neue Campus der Wirtschaftsuniversität nach außen hin „neues Selbstbewusstsein“ verleiht, „man lädt gerne Leute ein“, sagt sie. Außerdem ist es aufgrund des erhöhten Platzangebots möglich, Veranstaltungen und Konferenzen abzuhalten. Zugleich ist auch intern „der Austausch ein ganz anderer“. Dank der Standortkonzen tration und des Boulevards als „Flaniermeile“ zwischen den Gebäuden fin-det ständig ein reger Austausch statt.

Dieser Austausch – egal, ob zwischen Mitarbeitern und Studierenden oder mit den Gebäudeeigentümern und dem Campusmanagement – ist besonders wichtig, um nicht nur Gebäude und Technik, sondern auch das Lernen, Lehren und Arbeiten am Campus WU in Einklang zu hal-ten und weiter zu optimieren. ‹

CAMPUS WU

THEMA

tungen – egal, ob universitäre Sponsionen oder externe Events – finden im Herzstück der WU, dem „Forum“ im Library and Learning Center (LC), statt. Es bietet eine un-vergleichbare Kulisse. Nicht umsonst wird das von Zaha Hadid geplante Gebäude mit einem Luxuskreuzer oder gar einem Raumschiff verglichen. Studierenden, die in der Bibliothek ungestört lernen wollen, ist das aber manch-mal ein Dorn im Auge. Denn die Geräusche solcher Feier-lichkeiten dringen oftmals bis in die ruhige Bibliothek. Ins-

gesamt wird der Rückzugsort aber gerne genutzt. Während man am alten Standort schon in der Früh hoffen musste, noch ei-

nen freien Platz in der Biblio thek zu finden, sind im LC genügend

Arbeitsplätze für alle vorhanden.

Aber nicht nur die Studierenden fühlen sich wohl,

sondern auch die Mit arbeiter: „Dieser Arbeitsplatz schafft es, dass man auch nach

Feierabend gerne auf dem Gelände verweilt – sowohl als Familie mit Kleinkind, das sich hier unbeschwert bewegen kann, als auch mit Freunden“, lobt eine Mitarbeiterin ihren neuen Arbeitsplatz.

Motivierende ArchitekturDas architektonische Konzept der neuen Wirtschaftsuni wird zwar zumeist hoch gelobt, stößt manchmal aber auch auf Kritik. Hinterfragt wird, ob so viel (Steuer-)Geld in solch prunkvolle Gebäude investiert werden müsse. Die Antwort ist klar und deutlich: Ja! Denn vor allem die Studierenden geben dem Slogan der BIG „Raum für die Zukunft“ Recht. Schöner und durchdachter Raum regt auch zum Lernen an. „Alles ist so eingerichtet, dass es den Studenten beim Ler-nen helfen kann“ oder „Durch den modernen Campus wird einem das Lernen leicht gemacht“, „Sehr inspirierend! Ver-

Wer sich noch am Abend in

der Bibliothek aufhält, kann einen

spektakulären Ausblick auf die

untergehende Abendsonne

genießen.

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CAMPUS WU

HÖRSÄLE Akustik Licht Technik LernatmosphäreSehr gut 50 % 55 % 71 % 34 %Eher gut 40 % 28 % 21 % 38 %Mittelmäßig 4 % 12 % 4 % 20 %Eher weniger gut 3 % 3 % 0 % 5 %Überhaupt nicht gut 1 % 0 % 1 % 1 %Kann ich nicht beurteilen 2 % 2 % 3 % 2 %

ZUFRIEDENHEIT MIT DER WU ALS BILDUNGSSTANDORTCAMPUS AUF BEDÜRFNISSE DER NUTZER ZUGESCHNITTEN?

26 %Eher gut

27 %Eher

57 %Sehr gut

59 %Sehr

9 %Mittelmäßig

6 %Mittelmäßig

6 %Weiß nicht

6 %Weiß nicht

2 %Eher weniger/gar nicht

INFRASTRUKTURWIE GEFÄLLT DIE ARCHITEKTUR?

31 %Eher gut

31 %Eher gelungen

54 %Sehr gut

56 %Sehr gelungen

12 %Mittelmäßig

10 %Teils/teils

2 %Eher schlecht

2 %Eher weniger

1 %Sehr schlecht/weiß nicht

1 %Überhaupt nicht

2 %Eher weniger/gar nicht

ZEITRAUM 8. bis 22. Oktober 2014

TEILNEHMER 178

BEFRAGTE Studierende: 57 %Externe zu privaten Zwecken: 16 % Mitarbeiter: 13 %Externe zu Bildungszwecken: 10 % Lehrende/ Vortragende: 4 %

UMFRAGE CAMPUS WU

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ROUND TABLE

THEMA

Es muss nicht

Vor langer Zeit hat Kabarettist Lukas Resetarits – ein wenig zynisch – den „Wohnkarton“ als ultimative Lösung aller

Platzprobleme präsentiert. Auch wenn diese Idee natürlich nicht nur architektonisch untragbar ist – die Grundtendenz

hat gepasst. Denn Flexibilität auf allen Ebenen ist jedenfalls gefragt. Wie immer ist auch die Größe ein Thema, wie eine

hochkarätig besetzte Diskussion gezeigt hat.

Franz Fischler Geschäftsführer Franz

Fischler Consult

Eugen Otto Geschäftsführer Otto

Immobilien Gruppe

Jörg Wippel Geschäftsführender Gesellschafter wvg

Bauträger

Peter Huber Stellvertretender Leiter

Österreichisches Institut für

Wirtschaftsforschung

Wolfgang Vasko Geschäftsführender

Gesellschafter Vasko+Partner Ziviltechniker

Hans-Peter Weiss Geschäftsführer ARE Austrian Real Estate Foto

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Betrachtet man die letzten Jahrzehnte, hat sich die Gesellschaft in einem enormen Tempo verändert. Auch wenn die Nachrichten dem nicht immer entsprechen: Der Wohlstand ist enorm gestiegen.

Alles ist schneller geworden. Die Kehrseite davon: Nicht nur alte Menschen können mit der technischen Entwicklung kaum mehr Schritt halten. Welche Entwicklung hat die Art zu woh­nen hinter sich? Vasko: Nach dem Krieg herrschte eine große Wohnungs-not. Viele Gebäude waren von den Bomben zerstört, daher gab es zu wenig Wohnraum. Die zuständige Magistratsab-teilung in Wien hatte damals einen Grundrissplan. Das Er-gebnis waren lauter gleiche Wohnungen, die Architektur wurde stark zurückgedrängt. Fischler: In der Zeit des Wiederaufbaus hat man eher kleine Wohnungen gebaut, Hauptsache, die Leute hatten ein Dach über dem Kopf. Erst später wurde über Raumordnungen nachgedacht. Mit wachsendem Wohlstand war der große Traum jedes Österreichers dann ein eigenes Haus. Aktuell beginnt eine neue Phase. Die Stadtplanung muss in gewis-sen Teilen neu gedacht werden, weil Verkehrs- und Energie-fragen eine andere Rolle spielen als früher. Wir befinden uns aktuell an einem Schnittpunkt, wo gemeinsame neue Grundsätze aufgestellt werden sollten. Weiss: Früher lag der Fokus darauf, große Wohnbauten schnell umzusetzen. Heute geht der Trend vor allem in den

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Städten weg von reinen Wohnstätten hin zu alles umfas-senden Bereichen. Vom Arbeitsplatz bis zur Freizeitgestal-tung soll alles vorhanden sein. Diese Entwicklung hat auch unmittelbare Auswirkungen auf das jeweilige Umfeld. Huber: Generell sind viele Entwicklungen im Wohnbau einfach einem kreativen Umgang der Bevölkerung mit Notsituationen geschuldet. Zum Beispiel war der Dachbo-den früher billiger Wohnraum. Jetzt ist er eine Prestige-räumlichkeit. Auch die Wohnformen ändern sich. So gibt es heute vermehrt Wohngemeinschaften. Der Wohnbau re-flektiert gesellschaftliche Veränderungen.

In den vergangenen Jahren haben wir enorme Preisexplosio­nen – zumindest im oberen Segment der Wohnungen – ge­sehen. Der Grund ist vermutlich Kapitalflucht in eine sichere Anlageform. Wird in Zukunft auch die breite Masse „gerne“ in einen neuen „Lifestyle“ investieren?

Otto: Natürlich gibt es sehr teure Wohnungen, aber das ist nicht die große Masse. Ich vergleiche das gerne mit dem Es-sen: Es gibt Grundnahrungsmittel, und es gibt Kaviar, aber es gibt keinen Anspruch darauf, sich überwiegend von Ka-viar zu ernähren. Genauso wenig gibt es den Anspruch, dass man im ersten Wiener Gemeindebezirk in einem Luxus dachausbau wohnt. Von Lifestyle sprechen wir nur in einem ganz kleinen Bereich.Huber: Da muss ich widersprechen. Ich beobachte bei den Studierenden, dass die Wohnung nicht so sehr im Fokus

ist – da schaut man aufs Geld – aber dafür umso mehr das Viertel. Und das ist definitiv ein Lifestyle-Produkt. Jedes Viertel hat seine eigene Identität und in bestimmten Bezir-ken wollen manche Menschen nicht leben. Die eigene Per-son definiert sich nicht mehr notwendigerweise über 300 Quadratmeter Wohnfläche im Dachgeschoß, sondern über die Gegend, in der man wohnt. Nicht mehr die Wohnung selbst führt die soziale Differenzierung herbei, sondern das Viertel. Weiss: Die Frage ist, inwieweit neben dem Viertel auch das Drumherum relevant ist, das sich dort abspielt. Trends wie autofreies Wohnen oder energieautarke Gebäude sind zwar momentan erst im Kommen, aber diese Themen prä-gen mehr und mehr den Lifestyle des Wohnens.

Stichwort autofreies Wohnen. Welchen Einfluss hat das Thema Mobilität auf die Art, wie wir bauen?

Wippel: Wir haben derzeit so viele Carsharing-Modelle, weil der Mensch maximal eine Stunde pro Tag mit seinem Auto fährt – in den übrigen 23 Stunden steht der Wagen. Generell geht die Entwicklung in die folgende Richtung: Je jünger die Menschen, umso unwichtiger ist das Auto. Es ist längst nicht mehr das Statussymbol, das es in den 50er- und 60er-Jahren war. Kleinteilige Zentren werden zu An-ziehungspunkten für Menschen werden, die ihre Nutzun-gen an Ort und Stelle suchen, weil sie entweder nicht mehr gehen können oder nicht weiter weg wollen.

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THEMA

Weiss: Die Flexibilität wird weiter zunehmen und damit auch die Mobilität. Das heißt, dass die Bindung an einen Wohnort bei gewissen Teilen der Bevölkerung weiter ab-nehmen wird. Vasko: Viele der unter 40-Jährigen haben nicht einmal einen Führerschein. In diesem Sinne kann auch das Wohnungs eigentum anders gesehen werden. Der Besitz ist vorhanden, wird aber nicht unbedingt an die eigene Nut-zung gekoppelt. Vielmehr zieht man in die Nähe des Ar-beitsplatzes, um nicht viele Stunden seines Lebens mit Pendeln zu vergeuden. Das Eigentum, das geschaffen wird, um es selbst zu bewohnen, ist eigentlich eine Belastung.

Es gibt ja ein Sprichwort, dass Besitz belastet. Wenn das so ist, müsste es eine klare Tendenz zur Mietwohnung geben. Gibt es die?

Fischler: In den höheren Bildungsstufen wird es völlig normal werden, dass man einen Teil seines Lebens in einem anderen Land verbringt. Die Fragen, die sich hier stellen, sind: Wie kann ich Wohnungen relativ leicht tau-schen? Wie sehen notwendige Änderungen des Miet- und Wohnungseigentumsrechts aus? Das ist eine Riesen-baustelle, mit der man sich beschäftigen müsste.

Otto: Dieses Konzept vom einfachen Tauschen würde mir wahnsinnig gut gefallen. Ich

glaube schon, dass die Tendenz sehr zum Mieten geht, weil man da im-merhin einen Eigentümer hat, der

für die Erhaltung der Infrastruktur des Hauses verantwortlich ist.

Wippel: Je urbaner, jünger und wohlhabender eine Gesellschaft, desto mehr besteht das Bedürfnis

nach Miete. Je stabiler, älter und weniger gebildet, desto mehr hat sie das Bedürfnis nach „my home is my

castle“. Das klingt aber hart und nicht gerade schmeichelhaft für den „österreichischen Traum“ eines Einfamilienhauses im Grünen. Kann man das wirklich so sagen?

Huber: In erster Linie geht es nicht um die Grundfrage, ob mieten oder kaufen, sondern um Flexibilität. Es gibt Länder mit deutlich höherem Eigentumsanteil, die im Wohnungs-markt wesentlich mehr Flexibilität zustande bringen. Zum Beispiel kann man in Großbritannien sehr flexibel Häuser kaufen. Das hängt mit der Regulierung des Marktes zusam-men. Wenn ich einen funktionierenden Immobilienmarkt habe, dann ist auch der Eigentumswechsel kein Problem.

Stichwort Flexibilität: Wenn wir alle paar Jahre umziehen, hat das ja auch Auswirkungen auf die Zeitspanne der Raum­nutzung …?

Fischler: Früher hat man gewissermaßen für die Ewigkeit gebaut und war sehr auf die Haltbarkeit der Gebäude fo-kussiert. In Amerika gibt es ja schon den Trend, Häuser be-wusst nur für 20 oder 30 Jahre anzulegen. Nach einer Ge-neration kommt dann etwas Neues. Da frage ich mich schon, ob diese Entwicklung auch bei uns absehbar wer-den könnte. Wippel: In Japan findet das statt. Die Bauträger-Tochter des größten Autokonzerns der Welt verwendet Module

«In den höheren Bildungsstufen wird es völlig normal werden, dass man einen Teil seines Lebens in einem anderen Land verbringt. Die Fragen, die sich hier stellen, sind: Wie kann ich Wohnungen relativ leicht tauschen? Wie sehen notwendige Änderungen des Miet- und Wohnungseigentumsrechts aus?» Franz Fischler

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und stellt quasi Schachteln auf. Der große Nachteil dieser Systeme ist: Sie sind architekturfeindlich und indivi duali-täts vernichtend. Weiss: Bei solchen Überlegungen müssen wir uns auch von 20 oder 30 Jahren Nutzungsdauer verabschieden. Man spricht da von fünf, maximal zehn Jahren. Dies gilt natür-lich nur für ganz spezifische Nutzungen. So beschäftigen wir uns derzeit gerade mit einem ähnlichen Projekt für stu-dentisches Wohnen in der Seestadt Aspern. Da werden Con-tainer errichtet, die eine architektonische Aufwertung er-fahren. Das ist ein erster Versuch. Ob dieses Konzept tat-sächlich funktioniert, wird man nur sehen können, wenn man’s probiert. Vasko: Ich würde eher in Richtung multifunktionale Ge-bäude gehen. Die Strukturen für solche Bauwerke sollen ei-ne Qualität haben, die 100 Jahre hält. Aber innerhalb des Gebäudes muss je nach Bedarf die Möglichkeit zur Um-nutzung bestehen. Die Bauwerke werden mit viel Aufwand und Energie errichtet. Wenn ich zum Beispiel Büros, Woh-nungen oder ein Altersheim benötige, dann sollte eine Um-nutzung erfolgen können. Die Funktionen werden heute bereits nicht mehr so starr definiert wie vor zehn Jahren. Mit dieser Flexibilität kommt man in die Nähe dieser zehn, 20 oder 30 Jahre pro Nutzer.Weiss: Innerhalb des Wohnbereichs ist diese Flexibilität auch gefragt, wenn etwa über einen längeren Zeitraum ei-ne wechselnde Anzahl von Personen in einem Haushalt lebt. Da geht es primär darum, dass die Größe der Wohn-fläche relativ einfach verändert werden kann, ohne riesige Kosten zu verursachen.

Die Größe spielt also doch eine bedeutende Rolle?

«Je urbaner, jünger und wohlhabender eine Gesellschaft, desto mehr besteht das

Bedürfnis nach Miete. Je stabiler, älter und weniger gebildet, desto mehr hat sie das Bedürfnis nach ,my home is my castle‘.»

Jörg Wippel

«Viele der unter 40-Jährigen haben nicht einmal einen Führerschein. In diesem Sinne kann auch das Wohnungseigentum anders

gesehen werden.» Wolfgang Vasko

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Otto: Die Wohnungen müssen viel kleiner werden, weil die Grundstücke teurer werden. Sogenannte Mikroeinheiten erleben momentan einen unglaublichen Aufschwung, weil viel zu wenig Wohnraum da ist. Das studentische Wohnen ist ein sehr gutes Beispiel. Da sprechen wir von 15 bis 24 Quadratmetern Wohnfläche pro Person. Dafür ste-hen vermehrt Allgemeinräume und öffentliche Bereiche zur Verfügung. Die Studierenden suchen ein Umfeld, das sie bei ihrem Studium bestens unterstützt. Die Wohnun-gen müssen effizient und trotzdem schön sein. Kleinst-wohnungen wird es auf eine sympathische und gleichzei-tig sehr pragmatische Art geben müssen.

Studenten halten immer als Beispiel her. Fakt ist aber: Wir überaltern zunehmend. Was passiert am anderen Ende des Spektrums? Rücken wir alle – auch in den Familien – wieder näher zusammen?

Otto: Mein Eindruck ist, dass das Miteinanderleben mehre-rer Generationen weniger von Freiwilligkeit bestimmt ist als von innerfamiliärem Bedarf. In den meisten Fällen ist es vermutlich einfach nicht leistbar, dass sich Genera tionen einer Familie auseinander bewegen. Zum Beispiel, wenn die Großeltern Unterstützung brauchen oder die Betreu-ung der Kinder notwendig ist, weil beide Elternteile berufs-tätig sind. Dieses Zusammenrücken hat es ja immer schon gegeben. Daraus kann ein großer Qualitätsgewinn im Le-ben entstehen. Fischler: Man darf andererseits auch nicht übersehen, dass mittlerweile jeder Zweite in Wien keine Beziehung auf Dau-er hat. Heute spricht man von Lebensabschnittspartnern. Da ist eine ungeheure Dynamik entstanden, die gewaltige

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THEMA

«Die Wohnungen müssen viel kleiner werden, weil die Grundstücke teurer werden. Sogenannte Mikroeinheiten erleben momentan einen unglaublichen Turbo, weil viel zu wenig Wohnraum da ist.» Eugen Otto

«Heute gibt es einen vermehrten Bedarf an gemeinschaftlichen Wohnformen. Als Bauträger kann man da natürlich Impulse geben, aber wie schafft man es, dass diejenigen, die dort wohnen, das Gemeinsame tatsächlich leben?» Hans-Peter Weiss

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Auswirkungen hat. Von solchen Entwicklungen hängt maßgeblich ab, welche Wohnansprüche die Leute stellen.

Sie sprechen da aber von einem Trend in den Ballungs­räumen. Sieht es am Land nicht ganz anders aus?

Fischler: Generell ist Urbanisierung ein europaweiter Trend. Von 500 Millionen EU-Einwohnern leben derzeit gut 300 Millionen Menschen in Städten. Das statistische Amt in Luxemburg rechnet mit einer Halbierung der Landbevöl-kerung in den nächsten 20 bis 30 Jahren. Das hat enorme Konsequenzen. In Österreich gibt es erste Gemeinden, die einen Flächenrückwidmungsplan realisieren, weil die vor-handene Infrastruktur nicht mehr zur schrumpfenden Ein-wohnerschaft passt. Huber: Die demografische Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass in den Städten vermehrt ausländische Arbeitskräfte zuwandern. Wien wächst zum Großteil auf-grund von neu zugewanderten Ausländern, die oft nicht so kaufkräftig sind. Es muss also Wohnraum geschaffen wer-den für Menschen, die nicht allzu viel verdienen. Das be-deutet: kleine Flächen und kleine Wohnungen. Ein Teil des Lebens muss sich auch in den öffentlichen Raum verschie-ben. Das halte ich für ein ganz zentrales Zukunftsthema.

Den öffentlichen Raum hat man aber niemals für sich selbst. Und gleichzeitig leben wir schon in einer Welt der Ich­Bezo­genheit …

Otto: Man muss den Menschen zu verstehen geben, dass es ein Vorteil ist, Dinge zu teilen, die man nicht ständig braucht. Sei es das Mieten einer Bohrmaschine, die gemein-same Freizeitgestaltung oder das Carsharing. Weiss: Im Bereich Wohnbau gab es früher eine starke Ab-grenzung. Die Menschen wollten sich ein eigenes Reich schaffen, und wenn es noch so klein war. Heute gibt es einen vermehrten Bedarf an gemeinschaftlichen Wohnfor-men. Als Bauträger kann man da natürlich Impulse geben, aber wie schafft man es, dass diejenigen, die dort wohnen, das Gemeinsame tatsächlich leben? Daran wird derzeit noch ein bisschen getüftelt.

Die Antworten auf diese Frage werden wahrscheinlich nie­mals eindeutig sein. Aber generell, meinen Sie, geht der Trend Richtung „gemeinschaftliches Wohnen“?

Wippel: Ich bin beim Thema gemeinschaftliche Wohn-formen ein wenig skeptisch. Ich glaube, dass der Egoismus des Menschen der gemeinsamen Wohnform nicht ent-spricht. Und das wird sich nicht so schnell ändern. Wohn-gruppen muss man wollen, man muss auch zurücktreten können. Ich glaube eher nicht, dass da ein größerer Bedarf besteht. Weiss: Der Punkt ist, dass man dezentrale Betreuungsmög-lichkeiten schafft. Wenn sich kleine Gemeinden am Land trotz ihrer geringen Größe einen Kindergarten leisten, dann kann das für zwei, drei Wohnkomplexe in der Stadt durch-aus auch gelten. Die Frage ist, welche Unterstützungsmög-lichkeiten finanzieller Art von der Politik für solche privaten Initiativen angeboten werden. Es geht darum, dass Men-schen in Subzentren alles, was sie an Einrichtungen und Angeboten benötigen, in kleinteiliger Form vor Ort haben.

Was bedeuten diese Subzentren für die Stadtentwicklung?

«In erster Linie geht es nicht um die Grundfrage, ob mieten oder kaufen, sondern um Flexibilität.» Peter Huber

Wippel: In den kleinteiligeren Räumen wird mehr Infra-struktur unverzichtbar. Im urbanen Bereich wird sich alles stärker im näheren Umfeld abspielen. Es wird nicht mehr einen Stadtmittelpunkt geben, sondern viele kleine Zen-tren mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten. Otto: Wenn ich nur 200 Meter bis in ein solches Zentrum habe, wo sich das Leben abspielt, dann ist das hervorra-gend und gut so. Aber es soll nicht zum reinen Studenten-bezirk werden. Viele Menschen leben deshalb gerne in ver-bauten Gebieten, weil dort eine Durchmischung gewach-sen ist und verschiedene Altersstufen, soziale Schichten, Berufe und Interessen aufeinandertreffen. Wippel: Um diesen Wert sollte man sich in Österreich wirk-lich bemühen – auch politisch. Wir haben eine soziale Durchmischung sämtlicher Räume. Das bedeutet, es gibt keine Ghettoisierungen, wir haben weder Armen- noch Reichen ghettos. ‹

Vielen Dank für das Gespräch.

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SOLDATENFRIEDHÖFE

THEMA

Geschützte Ruhestätten

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Geschützte Ruhestätten

Mehr als 500 Friedhöfe mit gefallenen Soldaten erinnern in Österreich an die Schrecken der beiden Weltkriege. Via Staatsvertrag ist die Republik verpflichtet, die Grabanlagen für immer zu erhalten. Von Eduard Platzenteig

Als der unbekannte Dichter im Herbst 1948 das Gedicht (siehe nebenstehend) auf dem großen Kreuz des Wieselburger Soldatenfriedhofs an­brachte, lag das Land in Trümmern. Der Zweite

Weltkrieg hatte Millionen Opfer gefordert und die Bevölke­rung in Agonie gestürzt. Das Mostviertel in Niederöster­reich – und damit auch der Wieselburger Soldatenfriedhof – war sowjetische Besatzungszone geworden. Jene 277 Sol­daten, die der Dichter mit seinen Worten ehrte, waren aller­dings schon rund 30 Jahre zuvor umgekommen – im Ersten Weltkrieg. Als Gefangene waren sie ins große und oft über­füllte Kriegsgefangenenlager an der Erlauf geschafft wor­den, wo viele von ihnen durch Hungersnot, Krankheiten und Seuchen dahingerafft wurden. Im sogenannten Lager­friedhof I fanden diese 277 russischen Soldaten ihre letzte Ruhestätte. Selbst 100 Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs präsentiert sich dieser Ort noch so wie einst vom Dichter beschrieben. Die Sonne kämpft sich durch die ho­hen Baumwipfel und wirft dank des Herbst nebels helle Schlaglichter auf die kleinen dunklen Holzkreuze, das Herbstlaub knistert, und der alles umringende dichte Wald fasst die Szenerie in ein ehrfurchtsvolles Schweigen.

„Schützen und erhalten“Mehr als 500 solcher Friedhöfe mit tausenden beerdigten Soldaten aus den beiden Weltkriegen gibt es in Österreich. Fast alle sind öffentlich zugängliche Stätten der Erinne­rung und des Gedenkens, versehen mit Denkmälern und Gedenktafeln, die von den Schrecken des Krieges erzählen. Eigentümer ist fast ausschließlich die öffentliche Hand – also Länder, Städte und Gemeinden. Aber auch im Eigen­tum der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) befinden sich exakt 33 Kriegerfriedhöfe, die es – im Zusammenspiel mit der Kriegsgräberfürsorge Schwarzes Kreuz, den Opferver­bänden, dem Kameradschaftsbund und anderen lokalen Kräften – für die Nachwelt zu erhalten gilt.

Als die Republik im Jahr 2001 einen Großteil ihrer Immo­bilien an die BIG verkaufte, waren auch bauliche Relikte der beiden Weltkriege dabei, die immer noch als „Sonder­immobilien“ ohne Ertrag und mit wenig Entwicklungs­

„Du stiller verlassener Friedhofinmitten von Tannengrün

wie stumm gewordenes Hoffenliegst du im Walde drinn.

Ernst stehen ringsum die Tannensie halten getreulich Wacht

dass nicht stört die stillen Schläferdie stumm ihr Opfer gebracht.“

FRIEDHÖFESOLDATEN

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Nr. 16 | 2014 | www.big.at60 BIG BUSINESS

Der rote Stern am Denkmal im

Lagerfriedhof II in Bergland (links) erinnert an die

russischen Opfer. Auch in St. Georgen

am Steinfeld wird alljährlich mit

Kränzen der gefallenen Soldaten

gedacht (rechts).

SOLDATENFRIEDHÖFE

THEMA

potenzial im BIG­Portfolio firmieren. Außer den Soldaten­friedhöfen waren es vor allem die aufwendig zu sanieren­den Stollen des Zweiten Weltkriegs.

Status des „dauernden Ruherechts“ Die meisten Soldatenfriedhöfe befinden sich im Norden und Osten Österreich, also dort, wo sich im Ersten Welt­krieg die großen Gefangenenlager befunden hatten und gegen Ende des Zweiten Weltkriegs die letzten heftigen Kämpfe stattfanden. Von einigen wenigen Grabstätten als Teil eines Zentralfriedhofs (wie in Graz) über kleine abge­legene Gottesäcker mit nur wenigen Gräbern bis hin zu riesigen Grundstücken mit tausenden beerdigten Krie­gern reicht die Liste jener Friedhöfe im Eigentum der BIG (siehe Info­Box Seite 64). Ihnen allen gemein ist aber der rechtliche Status, der sie von normalen Friedhöfen ent­scheidend abhebt. Die Erhaltungspflicht der Republik für die Kriegs gräber wurde nämlich in keinem geringeren Do­kument als dem österreichischen Staatsvertrag festgehal­ten. In Artikel 19 heißt es: „Österreich verpflichtet sich, die auf österreichischem Gebiet befindlichen Gräber von Sol­daten, Kriegsgefangenen und zwangsweise nach Öster­reich gebrachten Staatsangehörigen der alliierten Mächte und jener der anderen Vereinten Nationen, die sich mit Deutschland im Kriegszustand befanden, zu achten, zu schützen und zu erhalten.“

Der Respekt vor den toten Soldaten war freilich schon Jahrzehnte früher Thema: Bereits im Ersten Weltkrieg machten sich die verfeindeten Nationen Gedanken über die Identifizierung und pietätvolle Bestattung von Gefalle­nen. Letztlich führte dies zu klaren Festlegungen in den Friedensverträgen von Versailles und Saint­Germain­en­Laye, wonach die Gräber von Kriegsopfern mit „Achtung zu behandeln und zu erhalten“ seien. Die alliierten und assoziierten Mächte versprachen, dies in ihren Ländern ebenfalls zu tun.

Aber auch in einem österreichischen Bundesgesetz, dem Kriegsgräbergesetz aus dem Jahr 1948, wurde den Solda­tengräbern (im Unterschied zu zivilen Friedhöfen) schon ein sogenanntes „dauerndes Ruherecht“ eingeräumt. „Der Eigentümer eines Grundstücks, in welchem solche Gräber liegen, ist verpflichtet, die Gräber dauernd zu belassen, sie zugänglich zu erhalten und alle Vorkehrungen zu dulden, die der würdigen Instandhaltung der Gräber dienen“, heißt es in dem unverändert gültigen Gesetz.

BIG erfüllt StaatsvertragDaran ist natürlich auch die BIG gebunden und als Eigen­tümer dieser Friedhöfe gleichsam in die Rechtsnachfolge der Republik beim Staatsvertrag eingetreten. „Im Bundes­immobiliengesetz im Jahr 2000 ist festgeschrieben, dass mit dem Erwerb der Objekte und Liegenschaften alle

Das durchschnittliche Jahresbudget des Bundes für die Kriegsgräberpflege beträgt laut Angaben des BM.I rund 600.000 Euro.

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Der Waldfriedhof von Wieselburg (links und unten) und der benachbarte Lagerfriedhof II (oben) wurden soeben von lokalen Kräften in 309 freiwilligen Arbeitsstunden saniert.

dazugehörenden Verträge von der BIG mitübernommen werden, also auch diese Verpflichtung durch den Staatsver­trag“, sagt Thomas Styrsky, Leiter des Unternehmensbe­reichs Spezialimmobilien der BIG. Eine explizite Erwäh­nung der Soldatenfriedhöfe findet sich im Gesetz nicht. Für die Grabanlagen gibt es andererseits auch kein explizites Veräußerungsverbot. „Würde ein Privater diese Flächen kaufen, müsste er natürlich auch all diese Verpflichtungen übernehmen“, meint Styrsky. Das sei aber rein hypothe­tisch, da niemand an einen Verkauf denke: Im Gegensatz zu den teuer zu erhaltenden und sanierenden Stollen verur­sachen die Soldatenfriedhöfe verschwindend geringe Kos­ten – und das auch nur an bestimmten Standorten. Vor ei­niger Zeit etwa musste beim Russenfriedhof in Oberwart das baufällige und zur potenziellen Gefahr gewordene Denkmal auf Kosten der BIG abgesichert und erneuert wer­den. „Dort kletterten Kinder herum, weil der Friedhof ja öf­fentlich zugänglich ist. Außerdem war er schon ziemlich verwildert, also musste aufgrund von Gefahr in Verzug und unserer Eigentümerverantwortung gehandelt werden“, berichtet Objektmanager Franz Kainz. Meist seien es dort gärtnerische Arbeiten wie Bäume pflegen oder der Gras­schnitt, die ein Eingreifen notwendig machten; oder aber es gelte bei einsturzgefährdeten Friedhofsmauern sowie lockeren Kreuzen und Grabsteinen einzugreifen. „In Ober­wart gibt es keine Betreuung durch das Schwarze Kreuz oder durch eine andere Opferorganisation, beispielsweise aus Russland“, erklärt Kainz.

Innenministerium hat AufsichtOberwart stellt aber eine gewisse Ausnahme dar, denn in der Regel gibt es bei der Betreuung und Pflege klare Zustän­digkeiten: Prinzipiell obliegt die Kriegsgräberfürsorge dem Innenministerium (BM.I), die konkrete Betreuung der An­lagen wird über die jeweilige Landesregierung durch die Gemeinden, das Schwarze Kreuz (ÖSK), den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) oder Private abgewi­ckelt. „Wer welche Kriegsgräberanlagen pflegt, ist durch einfache Vereinbarungen, wie zum Beispiel in der Verein­barung zwischen BM.I, VDK und ÖSK aus dem Jahr 1982, ge­regelt“, heißt es aus dem Innenministerium. Da das Minis­terium laut Gesetz nur subsidiär für die dauernde Erhal­tung der Kriegsgräberanlagen zuständig ist, kann somit je­der Dritte in der Kriegsgräberfürsorge tätig werden. Aller­dings behält das BM.I in allen Fällen ein Weisungs­ und Aufsichtsrecht. Das Gros der Soldatenfriedhöfe in Öster­reich hat dabei das Schwarze Kreuz über. „Die ehrenamt­lichen Leitungsorgane des ÖSK erfüllen gerne diese hoch­rangige humanitäre Aufgabe – auch im internationalen Kontext der zivilisierten Staaten – zum immerwährenden Gedenken“, erklärt ÖSK­Präsident Peter Rieser. Ohne die Spenden der Öffentlichkeit ginge es freilich nicht: „Die Finanzierung erfolgt weitestgehend durch die Bevölke­rung, vor allem durch die Gaben bei der jährlichen Samm­lung zu den Totengedenktagen.“ Das durchschnittliche Jahres budget des Bundes für die Kriegsgräberpflege be­trägt laut Angaben des BM.I rund 600.000 Euro. „Größere ›

FRIEDHÖFESOLDATEN

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und dem Elend der damaligen Zeit – egal, wer davon betrof­fen war“, sagt Birklbauer. 1997 wurden abermals neue Holz­kreuze aufgestellt, die dann fünf Jahre später von Schülern der Hauptschule frisch gestrichen wurden, nachdem Mit­glieder des Kameradschaftsbunds die Vorarbeiten dazu geleistet hatten. Dass der Friedhof zu gewissen Zeiten bei­nahe in Vergessenheit geraten konnte, erklärt sich Birkl­bauer so: „Man hat sich im Allgemeinen wohl mehr auf die Friedhöfe und Heldendenkmäler der Soldaten aus dem eigenen Land konzentriert und weniger auf jene der gefal­lenen ausländischen Soldaten und sonstigen Kriegsopfer. Letzteres ist jedoch für die Bewusstseins bildung und Frie­denserziehung von ebenso großer Be deutung.“

Grabpflege als FamilienangelegenheitVon Idealisten betreut wurde auch der Nachbarfriedhof in Gumprechtsberg (Lagerfriedhof II) – und zwar gleich über drei Generationen: Schon kurz nach dem Krieg wurde die­ser Soldatenfriedhof in die Obhut der Familie Koch genom­

men, die etwas unterhalb der Anlage wohnt. „Angefangen hat schon meine Großmut­

ter, dann hat sich meine Mutter jahr­zehntelang darum gekümmert“, er­zählt Josef Koch, ein rüstiger Mittsieb­ziger, der selber jahrelang zwischen den Grabsteinen den Rasen gepflegt sowie die Bäume und Hecken ge­schnitten hat. Begonnen hat alles vor fast 100 Jahren in einer Zeit der Not: „Wir haben das Heu als Futter in der Landwirtschaft gebraucht. Damals war es aber noch keine ebene Wiese wie jetzt, sondern man musste mit der Sense zwischen den hohen Grä­bern arbeiten“, erklärt Koch, der mitt­lerweile die Hauptlast der Pflege an das Schwarze Kreuz übertragen hat. Die Holzkreuze mit den Opfer namen gibt es auch dort längst nicht mehr, 1981 wurden symbolische Gruppen­kreuze aus rötlich schimmerndem Naturstein (Porphyr) eingesetzt. „Viele finden es schade, dass keine Namen mehr oben stehen“, erzählt Koch. Allerdings sei klar und auf den Zentimeter genau dokumentiert worden, wer wo begraben ist. In ei­nem separaten Bereich liegen übri­gens auch Sowjetsoldaten aus der Zeit nach 1945: „Ich kann mich sehr gut erinnern, wie die Leichen mit Pferdefuhrwerken angekarrt wur­den“, berichtet Koch. Im Ort erzählt

man sich heute noch, dass der Grund eine innerrussische Kon­troverse gewesen sein dürfte, die mit mehreren Toten endete – er­

SOLDATENFRIEDHÖFE

THEMA

Abweichungen gibt es in der Regel nur im Rahmen von er­forderlichen umfangreicheren Sanierungen“, erklärt das Ministerium.

Wie die Kriegsgräberfürsorge konkret in der Praxis funkti­oniert, veranschaulicht das Beispiel Wieselburg sehr deut­lich: Das Kriegsgefangenenlager in Wieselburg platzte einst rasch aus allen Nähten – ursprünglich für 20.000 Mann an­gelegt, waren in Spitzenzeiten bis zu 60.000 Gefangene auf dem 102 Hektar großen Areal untergebracht. Bereits zwei Jahre nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste auf­grund der zahlreichen Todesfälle ein eigener Friedhof ange­legt werden – der Lagerfriedhof I mitten im Wald. Doch bald stellte sich heraus, dass die 1.344 Quadratmeter große Parzel­le nicht ausreichen würde, also musste eine weitere Fläche gefunden werden. Einige Gehminuten entfernt, in Gump­rechtsberg (heute Gemeinde Bergland), entstand schließlich an einem Waldrand der Lagerfriedhof II, der ebenfalls schon nach wenigen Monaten erweitert werden musste. Hier wurden Russen, Italiener, Serben, Rumänen, ein Monteneg­riner und ein Dalmatiner bestattet.

Vom Wald komplett zugedecktZeitsprung in die 80er­Jahre: Die Marktge­meinde Wieselburg war zur Stadt gewor­den, die Erinnerung an die Schrecken der Weltkriege großteils verblasst, und im Waldfriedhof hatte die Natur ihr Terrain nahezu zurückerobert. „Es war so zuge­wachsen, dass man nur mehr schwer Zu­gang fand“, erinnert sich der Historiker und ehemalige Wieselburger Kultur­stadtrat Herwig Birklbauer. Also musste gehandelt werden – und so dauerte es nicht lange, bis die Bäume gerodet und die Grabhügel zu einer ebenen Fläche planiert wurden; etwas später wurden auf der generalsanierten und neu be­pflanzten Anlage morsche Holzkreuze teils repariert, teils erneuert, mit einer Schutzschicht überzogen und auf Be­tonfundamente geschraubt. Allerdings verschwanden dabei auch die auf den Holzkreuzen angebrachten Namen der toten Kriegsgefangenen.

Letztlich gelang dieses Werk nur im Zusammenspiel lokaler Kräfte – Kameradschaftsbund, Freiwillige Feuerwehr, andere Helfer – sowie durch Unterstützung von Firmen, die Sachleistungen unentgeltlich erbrachten. Auch die Gemeinde Wieselburg zählte zu den Unter­stützern. „Bei uns am Land ist der Idealismus in dieser Form sicher noch in ausgeprägter Form vorhanden. Es herrscht eine Ehrfurcht vor dem Leid ›

„Es ist ein Schnitter, der heißt Tod“: Ein Grabstein erinnert

an einen im Ersten Weltkrieg

umgekommenen russischen Soldaten.

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Der Grazer Historiker Stefan Karner im Interview. Er leitet das Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgen-Forschung und ist Vizepräsident des Schwarzen Kreuzes.

„Jedes Grab ist eine Brücke zum Herkunftsland“

■ Welche Bedeutung haben die Soldatenfriedhöfe im Be-wusstsein der Öffentlichkeit? Und hat sich da in der breiten Wahrnehmung in den vergangenen 100 Jahren etwas ver-ändert?

Karner: Sie haben eine sehr große Bedeutung. In Öster­reich gibt es viele Begräbnisstätten von Soldaten, vor allem des Ersten und Zweiten Weltkriegs. In der breiten Wahr­nehmung werden sie heute nicht mehr in das frühere Freund­Feind­Schema eingeordnet. Die Gesellschaft ist rei­fer geworden. Die verstorbenen österreichischen Kriegs­gefangenen des Zweiten Weltkrieges haben für uns etwa russische Mitarbeiter erhoben.

Wie groß war einst die Zustimmung in der Bevölkerung, die Friedhöfe von bis vor Kurzem feindlichen Soldaten pflegen und erhalten zu müssen? Nach den Welt-kriegen hatten die Menschen bestimmt an-dere Sorgen. Oft finden sich ja opulente Denkmäler mit rotem Stern drauf – gab es da nicht auch Widerstände?

Karner: Wenn ich an das sowjetische Mahnmal etwa in Wien am Schwarzen­bergplatz denke oder an ähnliche Denk­mäler: Diese wurden während der Besat­zungsjahre errichtet. Die Mehrheit der Be­völkerung hat sie hingenommen.

Die meisten dieser Friedhöfe befinden sich heute irgendwo versteckt am Land und sind den Dorf- und Stadtbewohnern oft kein Begriff mehr …

Karner: Ja – beispielsweise sind die über 70.000 in österrei­chischer Erde begrabenen ehemaligen Sowjetsoldaten des Zweiten Weltkriegs oft gar nicht auf Friedhöfen, sondern ir­gendwo im Gelände bestattet. Heute gibt es einen breiten Konsens, auch sie zu suchen. Jedes Grab eines toten Solda­ten ist eine Brücke zu seinem Herkunftsland.

Heute werden die Anlagen oft im Zusammenspiel lokaler Kräfte, der Gemeinden, des Kameradschaftsbunds, des Schwarzen Kreuzes usw. betreut und gepflegt, da die Mittel der Republik nicht ausreichen. Wie lässt sich dieser Idealis-mus erklären?

Karner: Das „Österreichische Schwarze Kreuz – Kriegs­gräberfürsorge“ ist ein Verein, der diese Aufgabe übernom­men hat, im Ausland wie im Inland. Nur im Inland wird er

vom Innenministerium unterstützt. Hun­derte Helfer betrachten diese wichtige Tä­tigkeit als Friedensarbeit.

Wie werden wir Ihrer Meinung nach in 100 Jahren über diese Soldatenfriedhöfe spre-chen? Wird es sie noch geben, haben sie dann noch ihre Berechtigung? Oder wer-den sie zu Denkmälern oder Mahnmalen (statt Grabanlagen) schrumpfen?

Karner: Der Toten zu gedenken, gehört zur menschlichen Kultur, der toten Soldaten zu gedenken, gehört zur politischen Kultur. Solange diese kulturellen Werte hochge­halten werden, wird es Anlagen von Grä­bern für gefallene Soldaten geben. ‹

Stefan Karner beschäftigt sich mit den Folgen der Weltkriege.

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Anfragen zum Schicksal von ehemaligen österreichischen Kriegsgefangenen in sowjetischer Hand können an das Boltzmann-Institut, Schörgelgasse 43, 8010 Graz, gerichtet werden.

FRIEDHÖFESOLDATEN

Historische Aufnahme aus dem Jahr 1918: Der Lagerfriedhof I von Wieselburg wurde mitten im Wald angelegt, 277 Soldaten fanden hier ihre letzte Ruhestätte.

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KRIEGSGRÄBERANLAGEN IM BIG-EIGENTUM

Vondenmehrals500SoldatenfriedhöfeninÖsterreichstehen33imEigentumderBundesimmobiliengesellschaft:

Niederösterreich St.GeorgenamSteinfeld,Sigmundsherberg,WieselburganderErlauf,Bergland,Zwentendorf,Waidhofen/Thaya,Götzendorf,Amstetten,Laa/Thaya,Melk(Gedenkstätte),Mistelbach,Ternitz,Sommerein

OberösterreichHaslach,Gunskirchen,Mauthausen,Hartkirchen,Freistadt,Marchtrenk,Linz-Wegscheid,Braunau

KärntenWolfsberg,Jenig,St.Lorenzen,Klagenfurt(Commonwealth-Friedhof),Gundersheim,Feistritz

SteiermarkGraz(amZentralfriedhof),Knittelfeld,Lebring,Feldbach

SalzburgSt.JohannimPongau

BurgenlandOberwart

SOLDATENFRIEDHÖFE

THEMA

schossene Offiziere auf der einen und zum Tode verurteilte Soldaten auf der anderen Seite. Dass Koch hier unentgelt­lich für fremdländische, einst feindliche Soldaten arbeitete, das hat für ihn freilich nie eine Rolle gespielt – im Gegen­teil: „Das waren ja genauso arme Kerle wie die Unsrigen, weil keiner etwas für den Krieg konnte.“

Vom Rand der Stadt ins ZentrumBeide Lagerfriedhöfe wurden erst kürzlich, im Frühjahr 2014, erneut umfassend saniert: In 309 freiwilligen Arbeits­stunden, in erster Linie vom Kameradschaftsbund und der Feuerwehr geleistet, wurden unter anderem die Eingangs­bereiche erneuert, der vier Meter hohe Obelisk renoviert sowie die neu gestalteten Infotafeln versetzt. Auch diesmal unterstützte die Stadtgemeinde das Projekt. Längst zur Tra­dition ist in Wieselburg außerdem geworden, dass alljähr­lich zu Allerheiligen bzw. Allerseelen an beiden Friedhöfen Zeremonien mit Kranzniederlegungen abgehalten wer­den – inklusive Blasmusikkapelle und anschließendem Gasthausbesuch. Womit die Friedhöfe einmal im Jahr vom Rand der Stadt ins Zentrum des gesellschaftspolitischen Lebens rücken. Ästhetik der „endlosen“ KreuzreihenAndere Friedhöfe sind nicht nur historisch bedeutsam, son­dern auch aufgrund der imposanten Ästhetik scheinbar endloser Reihen aus immergleichen Kreuzen einen Besuch wert. Bestes Beispiel ist der Commonwealth­Kriegsfriedhof in Klagenfurt, der nicht nur der einzige britische Soldaten­friedhof in Österreich ist, sondern aufgrund seiner exakt angeordneten Reihen aus weißen Grabsteinen an berühm­te Heldenfriedhöfe wie Arlington oder Verdun erinnert.

Der Friedhof im Stadtteil Waidmannsdorf beherbergt 589 Kriegstote des Zweiten Weltkriegs aus den Common­wealth­Staaten; wie bei allen britischen Soldatenfried­höfen sind die Grabsteine von gleicher Größe, unabhängig von Rang und Stand des Bestatteten. 1967 hat die damalige Bundesregierung ein Abkommen mit der britischen Regie­rung bezüglich der Pflege und der Zuständigkeit der für die weltweite Betreuung verantwortlichen „Commonwealth War Graves Commission“ sowie der dauerhaften Überlas­sung des Grundstücks an selbige getroffen. Daran ist auch die BIG als Eigentümer gebunden.

Eine Sonderstellung unter den Friedhöfen nimmt auch jener in der kleinen südsteirischen Gemeinde Lebring ein, im Volksmund ist längst nur noch vom „Bosniakenfriedhof“ die Rede: Einst hatten sich im Ersten Weltkrieg an jener Stelle der Ersatztruppenkörper des zweiten Infanterieregi­ments der Bosniaken sowie ein Gefangenenlager und ein Lazarett befunden – nun liegen dort in der steirischen Erde 805 Kämpfer der wohl legendärsten Elitetruppe des Kaisers. Das ab 1894 in Graz stationierte bosnisch­herzegowinische Infanterieregiment war im Ersten Weltkrieg sogar das meistausgezeichnete Regiment der österreichischen Armee gewesen. Ihr Kampf für den Kaiser wurde übrigens von den politischen und religiösen Vertretern der muslimischen Welt als Dschihad, als Heiliger Krieg, genehmigt. In der Be­völkerung sehr populär waren vor allem die bosnische Regi­mentskapelle und der Marsch „Die Bosniaken kommen“; außerdem sorgten sie in ihrer auffallenden Uniform (rote Fez und lichtblaue Bundhosen) für ein buntes Straßenbild. Heute wird der Friedhof vom Land Steiermark sowie von Freiwilligen aus Lebring betreut. Übrigens fanden dort nicht nur die Bosniaken ihre ewige Ruhe: Auch 437 italienische,

Russen, Italiener, Serben und

Montenegriner sind im Lagerfriedhof

Hart bei St. Georgen am Steinfeld im Tod vereint. Die

Anlage wurde 1981 generalsaniert.

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rumänische, russische und serbische Kriegsgefangene wur­den dort beerdigt: die ehemaligen Feinde, im Tod nun fried­lich vereint. Doch auch einem gewissen Johann Matella wurde 1962 die letzte Ehre in Form eines Grabes erwiesen. Er fungierte laut Inschrift 40 Jahre als Pfleger des Fried hofs.

„Liegenschaftsreserve“Es liegt in der Natur der Sache, dass die Beschäftigung mit Kriegsgräbern eher vergangenheitsbezogen ist. Für den Grundbesitzer stellt sich jedenfalls irgendwann auch die Frage, ob und wie er Friedhofsflächen im Rahmen der Ge­setze pie tätvoll nutzen kann. Eine Bebauung ist nahezu un­möglich, wobei im Kriegsgräbergesetz von 1948 eine Hin­tertür eingebaut wurde: „Aus besonderen Gründen, insbe­sondere wenn ein öffentliches Interesse vorliegt und an anderen Orten eine würdige Ruhestätte für die sterblichen Überreste gesichert ist, können Kriegsgräber verlegt wer­den“, heißt es im Gesetz. Diesen Passus dürften vor Kurzem auch die Bauherren des neuen Landeskrankenhauses im niederösterreichischen Neunkirchen im Sinn gehabt ha­ben, als sie eine Verlegung des Russenfriedhofs aus dem Zweiten Weltkrieg anstrebten. Für den zum Spital dazuge­hörenden Park hätten die gefallenen Soldaten exhumiert und zum Stadtfriedhof umgebettet werden sollen. Aber was passierte? Laut „Bezirksblatt“ scheiterte das Ansinnen an der Ablehnung durch die Russische Föderation, die auf die strikte Einhaltung des Staatsvertrags pochte.

Grundsätzlich sieht der Instanzenzug bei derartigen Fäl­len vor, dass zuerst das Innenministerium – über das jewei­ligen Amt der Landesregierung – befasst wird. „Sofern der Antrag nachvollziehbar und schlüssig und auch die Kos­tenfrage geklärt ist, wird seitens des BM.I die jeweils be­troffene Signatarmacht/der Nachfolgestaat oder auch in­frage kommende Vertreter der jeweiligen Opfergruppen sowie im Anlassfall auch das Bundesdenkmalamt vor der Entscheidung über eine Verlegung befasst“, erklärt das Innen ministerium das Prozedere.

Wer sich darüber hinwegsetzt und ohne Genehmigung Soldatengräber zerstört, dem drohen empfindliche Strafen: Zum einen würde es sich um eine Störung der Totenruhe (Paragraf 190 StGB) handeln, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen bestraft wird; zum anderen könnte eine Zerstörung von Grabstätten oder Denkmälern auch nach dem Kriegsgräberfürsorgegesetz sanktioniert werden, wenn es sich bei dem Motiv um „politische Gehässigkeit“ handelt – dann drohen schlimmstenfalls sogar fünf Jahre Haft; außerdem würde auch ein Verstoß gegen das Denk­malschutzgesetz vorliegen (Geldstrafe bis zu 360 Ta­gessätzen).

Nutzung als Friedhof?Die Soldatenfriedhöfe als das zu nutzen, was sie sind – nämlich als Beerdigungsstätten –, wäre aber auch nur eingeschränkt möglich: Zwar können Kommunen auf ihren Soldatenfriedhö­fen durchaus auch zivile Begräbnisse durchfüh­

ren und dafür die Flächen bei Bedarf erweitern (schließlich befinden sind auch viele Soldatengräber in Sektionen grö­ßerer Friedhofsan lagen). Besitzen allerdings Private oder privatrechtliche Unternehmen einen Friedhof, verbieten meist die diversen Landesgesetze (etwa in Wien und Nie­derösterreich), dass eine kommerzielle Nutzung etabliert wird. Anders in Oberösterreich, wo private Bestattungsan­lagen „von selbständig wirtschaftlich Tätigen“ mit Gewer­beberechtigung rechtlich möglich sind.

„All diese Überlegungen sind jedenfalls rein theoreti­scher Natur und weder mit dem historischen Verständnis noch mit einem pietätvollem Zugang zu vereinbaren. Für die BIG ist jedwede Veränderung des Status quo kein The­ma“, stellt BIG­Pressesprecher Ernst Eichinger fest. Trotz der sensiblen religiösen und historischen Thematik muss sich das Unternehmen dennoch einer höchst profanen Frage stellen – nämlich welchen Wert Soldatenfriedhöfe repräsentieren. Immerhin handelt es sich dabei um einige Hektar Land, die sich mitunter auch in städtischen Lagen befinden. Die zur Bilanzlegung verpflichtete BIG hat für die 33 Friedhöfe in ihren Büchern eine wirtschaftliche und zu­gleich diplomatische Lösung gewählt. Da auf diesen Liegenschaften kein Ertrag erwirtschaftet wird und sie nicht verändert werden dürfen, wurden sie in der BIG mit einem symbolischen Euro ange­setzt. Der wahre Wert ist aber sowieso niemals in Geld zu bemessen. Denn „wer an Europa zweifelt, der sollte die Soldatenfriedhöfe be­suchen“, so der nunmehrige EU­Kommissi­

onspräsident Jean­Claude Jun­cker. anlässlich der Verlei­

hung des Friedensno­belpreises für die EU im Dezember 2012. ‹

«Wer an Europa zweifelt, der sollte die Soldatenfriedhöfe besuchen.» Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident

FRIEDHÖFESOLDATEN

„Als Helden fortgeritten“: Gedenkstein und Statue zu Ehren der Opfer des Gefangenenlagers bei St. Georgen am Steinfeld.

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BIG BUSIN

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Das Magazin der Bundesimmobiliengesellschaft

Ausgabe Nr. 16 • Dezember 2014

Tierischer ÄrgerNicht nur Vierbeiner machen der BIG gelegentlich das Leben schwer. Der Spaß hält sich dabei eher in Grenzen.

Eiskalte BedrohungSchnee und Eis im Winter sind zwar nicht ungewöhnlich, sorgen aber immer wieder für Probleme. Die Dosis macht das Gift.