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Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

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Page 1: Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

H Bildung in einer digitalisierten Welt

Mit hoher Geschwindigkeit veraumlndert Digitalisierung die Alltagsshy und Arbeitswelten der Menschen In urspruumlnglicher Bedeutung beschreibt der Begriff bdquoDigitalisierungldquo die Transformation analoger Werte in ein digital nutzbares Format ndash von der Erfinshydung des elektrischen Telegrafen im 19 Jahrhundert uumlber den ersten digitalen Schaltshykreis in den 1930ershy und die ersten HypertextshySysteme in den 1960ershyJahren bis hin zum heutigen World Wide Web Mit zunehmender Rechenleistung der Vernetzung von Systemen und (mobilen) Endgeraumlten sowie einem zeitshy und ortsunabhaumlngigen Zugriff auf Daten und Informationen veraumlndern digitale Medien und Werkzeuge die Art und Weise wie Menschen kommunizieren sich informieren arbeiten und lernen Gleichermaszligen aumlndern sich Wege und Modalitaumlten der Meinungsbildung der Partizishypation an politischen Entscheidungsprozessen sowie der gesellschaftlichen und kulshyturellen Teilhabe Damit wandeln sich ganz grundlegend auch die Rahmenbedingunshygen und Moumlglichkeiten von Bildung Der Konzeption des nationalen Bildungsberichts folgend orientiert sich das Kapitel an einem Bildungsverstaumlndnis dessen Ziele in 3 Dimensionen Ausdruck finden Erstens setzt individuelle Regulationsfaumlhigkeit also die Faumlhigkeit jedes Einzelnen die eigene Biografie und das Verhaumlltnis zur Umwelt zu geshystalten zunehmend einen kompetenten Umgang mit digitalen Technologien voraus Je mehr in der modernen Wissensgesellschaft am Arbeitsmarkt digitale Kompetenzen nachgefragt werden desto wichtiger wird zweitens der Beitrag zu den Humanressourcen den das Bildungswesen durch die Vermittlung solcher Kompetenzen leisten muss Und schlieszliglich ist drittens im Sinne der gesellschaftlichen Teilhabe und Chancengleichheit sicherzustellen dass die Bildungseinrichtungen moumlglichen Benachteiligungen im Zugang in der Aneignung und im Umgang mit der Digitalisierung entgegenwirken

Waumlhrend fortgeschrittene digitale Technologien lange Zeit nur fuumlr spezielle Anwender relevant waren durchdringen sie mittlerweile mehr und mehr die Lebensshybereiche aller Menschen Algorithmen gewinnen ndashoftmals unbemerkt ndashan Bedeutung fuumlr das alltaumlgliche Leben beeinflussen die Art und Weise wie wir uns die Welt anshyeignen und wirken damit zunehmend auf individuelle Lebenschancen ein Zugleich stellt sich die Frage was es heute bedeutet als Buumlrgerin und Buumlrger digital muumlndig und souveraumln zu handeln (vgl Blossfeld et al 2018) Sich in einer digitalisierten Gesellshyschaft zurechtzufinden an ihr teilzuhaben und die eigene Biografie zu gestalten wird kuumlnftig fuumlr jede und jeden Einzelnen auch entscheidend von individuellen digitalen Kompetenzen abhaumlngen Dabei ist zu beruumlcksichtigen dass sich mit fortschreitender Digitalisierung ebenso der Erwerb und die Foumlrderung von Kompetenzen in anderen Domaumlnen veraumlndert Neben rein anwendungsbezogenen sich stetig aumlndernden Komshypetenzanforderungen gewinnen uumlbergreifende kritischshyreflexive Kompetenzen einen neuen Stellenwert Hierzu gehoumlrt auch das Wissen wie und mit welchen Motiven Informationen im Netz bereitgestellt werden oder welchen Einfluss Algorithmen auf das alltaumlgliche Leben ndash etwa bei der Kreditvergabe dem Einkauf oder der Arbeitssushyche ndash haben koumlnnen Digitale Kompetenzen beziehen sich demnach auf ein Buumlndel unterschiedlicher Faumlhigkeiten Dazu gehoumlren technologische Medienshy und Informashy

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Bildung in einer digitalisierten Welt

tionskompetenzen sowie soziale Kompetenzen (H5) Diese verschiedenen Aspekte greift auch die Kultusministerkonferenz (2017) neben anderen Themenfeldern von Bildung in einer digitalisierten Welt auf Die von ihr vorgelegten Kompetenzbereiche definieren die Grundlage fuumlr die schulische Bildung und beschreiben erstmals laumlnshyderuumlbergreifend uumlber welche Kompetenzen in der digitalen Welt Schuumllerinnen und Schuumller am Ende ihrer Pflichtschulzeit verfuumlgen sollen

Sich veraumlndernde Kompetenzanforderungen ergeben sich auch aus neuen Anshyforderungsprofilen an Fachkraumlfte auf dem Arbeitsmarkt Neue Formen der MenschshyMaschineshyInteraktion und cyberphysische Systeme finden in immer mehr beruflishychen Handlungsfeldern Anwendung Maschinen kommunizieren untereinander ausgestattet mit lernfaumlhigen Algorithmen die es ermoumlglichen Geschaumlftsprozesse vollautomatisch auf der Basis groszliger Datenmengen zu optimieren (z B digitalisierte Auftragsvergabe und Auftragsabwicklung) Damit gehen auch neue Formen der Inshyformationsbereitstellung und des vernetzten Informationsaustauschs einher (vgl Matthes 2019) Diese technologischen Entwicklungen bringen nicht nur veraumlnderte in vielen Beschaumlftigungsfeldern anspruchsvollere Taumltigkeitsshy und Berufsprofile hervor sondern ihr Einsatz und ihre Mitgestaltung durch die (kuumlnftigen) Beschaumlftigten erforshydern neben neuen berufsfachlichen auch digitale Kompetenzen Fuumlr eine Mehrzahl an Berufen werden bereits mit Eintritt in Ausbildung oder Studium grundlegende ITshyKompetenzen vorausgesetzt Neben Fachwissen aus angrenzenden Domaumlnen erfordert die neue digitale Berufswelt vermehrt Problemloumlseshy kooperative und kommunikative Kompetenzen ebenso Faumlhigkeiten bereits Gelerntes auf neuartige Kontexte zu uumlbershytragen (vgl Ertl et al 2019 Euler amp Severing 2019)

Die Vermittlung von Kompetenzen fuumlr diese neuen oft kognitiv anspruchsshyvolleren Taumltigkeitsprofile durch qualifiziertes Personal im Bildungsshy Ausshy und Weishyterbildungssystem ist eine wichtige Voraussetzung um langfristig Arbeitsplaumltze in zukunftsweisenden Sektoren zu sichern Unumstritten ist dass die didaktische Umsetzung von berufsbezogenen LehrshyLernshyProzessen diese technologieintensiven Arbeitsanforderungen aufgreifen muss die sich durch eine hohe Dynamik neue Rolshylenverteilungen zwischen Beschaumlftigten wie auch zwischen Mensch und Maschine auszeichnen gepraumlgt durch offene schwer vorhersehbare Aufgabenstellungen Lernshyangebote muumlssen daher nicht nur der beschleunigten Wissensakkumulation und shydistribution gerecht werden sondern auf komplexe Dynamiken vorbereiten (vgl Tynjaumlla et al 2014)

Den Bildungseinrichtungen kommt bei der Vermittlung von digitalen Kompetenshyzen eine zunehmend wichtige Rolle zu Dabei gilt bdquodas Primat der Paumldagogik sie muss den Einsatz digitaler Technik bestimmen nicht umgekehrtldquo (BMBF 2016) Gleichzeitig ist zu beachten dass das Lernen mit digitalen Medien und der Erwerb digitaler Komshypetenzen keinesfalls ausschlieszliglich moumlglicherweise nicht einmal vornehmlich in Bildungseinrichtungen erfolgen Vielmehr sind alle in der heutigen Welt von digitalen Medien umgeben und nutzen diese ndashab dem fruumlhen Kindesalter ndashim privaten Kontext Die dazu notwendigen Kompetenzen eignen sich die Menschen in unterschiedlicher Weise an zunaumlchst gepraumlgt vom familialen Umfeld dann vom Freundeskreis spaumlter durch die Arbeitswelt Bildungsinstitutionen stehen vor der Herausforderung Kinder Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen digitalen Erfahrungen ausshy und weiterzubilden um sie auf eine sich veraumlndernde Berufsshy und Lebenswelt vorzubeshyreiten Nach Doumlbeli Honegger (2016) muumlssen sie deshalb in einer von Digitalisierung und Mediatisierung gepraumlgten Welt lernen mit uumlber und trotz digitaler Medien ihrem Bildungsauftrag nachzukommen Angesichts der Einschraumlnkungen die praumlshysenzfoumlrmige LehrshyLernshyProzesse spaumltestens durch die CoronashyPandemie 2020 erfahren haben werden die digitalen Herausforderungen denen sich die Einrichtungen aller

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Bildungsbereiche gegenuumlbersehen in besonderer Weise deutlich Dazu gehoumlren die Ausstattung mit informationstechnischen Infrastrukturen und ihre kompetente Warshytung die Qualifizierung des paumldagogischen Personals sowie die Unterstuumltzung aller Lernenden mit Ruumlcksicht auf ihre Motivation ihre Vorkenntnisse und ihre soziale Lage sowie schlieszliglich die (fachshy )didaktisch reflektierte Nutzung der Potenziale digishytaler Medien Zeitshy und ortsunabhaumlngige Angebote sowie der Einsatz individualisiershyter oder personalisierter Lernmaterialien bieten Moumlglichkeiten den paumldagogischen Handlungsspielraum zu erweitern und koumlnnen auch dazu beitragen soziale Teilhabe zu foumlrdern und Benachteiligungen im Bildungserwerb unterschiedlicher sozialer Gruppen abzubauen Digitale Medien koumlnnen helfen gesellschaftliche Querschnittsshythemen im Bildungsbereich wie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen oder die Integration von Schutzshy und Asylsuchenden besser zu bewaumlltigen Dies kann etwa durch die Anpassung von Lernangeboten an visuelle auditive und haptische Beduumlrfnisse von behinderten Menschen oder digitale Lernprogramme zum Sprachshytraining bei zugewanderten Personen geschehen Ein lernendenorientierter Einsatz digitaler Medien in LehrshyLernshyKontexten kann daruumlber hinaus mit einer Verbesserung der Motivation und der erreichten Kompetenzen der Lernenden in fachlichen und uumlberfachlichen Domaumlnen verbunden sein

Das Schwerpunktkapitel ist als aktuelle Bestandsaufnahme zentraler Aspekte des Bildungsgeschehens in einer digitalisierten Welt angelegt die zunaumlchst konzeptionell hergeleitet werden (H1) Auf der Grundlage von empirischen Befunden und Analysen zu Gelegenheitsstrukturen und zur Nutzung digitaler Medien sowie zu Kompetenzen der Bildungsteilnehmenden wie auch des paumldagogischen Personals (H2 bis H5) werden daran anknuumlpfend aktuelle Entwicklungen Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt Abschlieszligend werden derzeit absehbare Potenziale sowie Grenzen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen (H6) thematisiert

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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Konzeptioneller Rahmen

Digitalisierung durchdringt

Bildungsprozesse auf allen Ebenen

Die Frage welche Veraumlnderungen die fortschreitende Digitalisierung im Bildungsshywesen nach sich zieht und welche Anforderungen sich daraus fuumlr die einzelnen Bildungsbereiche ergeben ist fuumlr die Konzeptualisierung des Schwerpunktthemas leitend Im Zentrum der Uumlberlegungen steht der individuelle Lernprozess unter Beshyruumlcksichtigung veraumlnderter Anforderungen entlang der gesamten Bildungskette Wie sich Kinder Jugendliche und Erwachsene die Welt aneignen ergibt sich ndash zunaumlchst unabhaumlngig von der Digitalisierung ndash aus einem Beziehungsgeflecht aus systemishyschen institutionellen und individuellen Einflussfaktoren In einer zunehmend meshydiatisierten Alltagsshy und Arbeitswirklichkeit unterliegt dieses komplexe Gefuumlge und damit auch die Art und Weise wie Informationen aufgenommen sortiert vernetzt und in Wissen uumlberfuumlhrt werden einem permanenten Wandel Das nachstehende Schaubild veranschaulicht schematisch und exemplarisch in welchen Bereichen sich Veraumlnderungen dieser Bildungsprozesse bereits jetzt abzeichnen (Abb H1shy1)

Veraumlnderte infrashystrukturelle und

rechtliche Rahmenshybedingungen hellip

Wesentliche Rahmenbedingungen fuumlr Bildungsprozesse in einer digitalisierten Welt werden zunaumlchst in Form von Gelegenheitsstrukturen auf der Makroebene geshyschaffen Dies schlieszligt neben der Bereitstellung digitaler Infrastrukturen etwa durch den Ausbau der Telekommunikationsnetze oder der technischen Ausstattung von Bildungseinrichtungen auch rechtliche Rahmenbedingungen ein die den Umgang mit digitalen Medien und Werkzeugen aber auch mit digitalen Lernmaterialien und shyergebnissen foumlrdern oder reglementieren koumlnnen

hellip und Anforderungen fuumlr Bildungsprozesse

Systemseitig ergeben sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels allerdings nicht nur veraumlnderte Lerngelegenheiten fuumlr sondern auch Lernanforderungen an die oder den Einzelnen Letzteres laumlsst sich besonders deutlich am Arbeitsmarkt in Form von neuen beruflichen Anforderungsprofilen beobachten Die zunaumlchst in wirtshy

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schaftlichen Kontexten entwickelten digital unterstuumltzten Steuerungsinstrumente und shy logiken sind inzwischen universell (Ertl et al 2019) und haben Eingang in alle gesellschaftlichen Bereiche gefunden Mit ihnen veraumlndern sich Formen der Kommushynikation der Gestaltung sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Mitwirkung bis hin zur Digitalisierung von Dienstleistungen der Aumlmter und Behoumlrden denen sich die Buumlrgerinnen und Buumlrger kaum entziehen koumlnnen

Bedeutung der Sozialisations shy ins tanzen fuumlr Gelegenheits shystrukturen und Nutzungsmuster

Je weiter der Einsatz digitaler Technologien in den privaten Lebensbereichen voranschreitet desto staumlrker veraumlndern sich Lerngewohnheiten schon im fruumlhen Kindesalter und desto draumlngender stellt sich die Frage nach der Anschlussfaumlhigkeit paumldagogischer und didaktischer Konzepte in den Bildungseinrichtungen Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung vielmehr sind damit auch Aspekte der Nutzungsshy und Anwendungsbereiche digitaler Medien und Werkzeuge angesprochen

Sowohl innerhalb von Bildungseinrichtungen als auch in auszligerinstitutionellen Kontexten koumlnnen digitale Technologien verschiedene bildungsbezogene Funktionen fuumlr Lernende Lehrende und andere Akteurinnen und Akteure (z B Einrichtungsleishytungen) erfuumlllen (Abb H1shy2)

Zunaumlchst koumlnnen digitale Technologien als Organisationsmittel Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe erleichtern indem sie organisierte Lernprozesse von der Anmeldung uumlber die Bereitstellung von Lernmaterialien bis hin zur Verwaltung von Pruumlfungen begleiten und auch selbstorganisiertes Lernen unterstuumltzen

Unterschiedliche Funktionen digitaler Medien und Werkshyzeuge im Bildungsshyprozess

Digitale Technologien koumlnnen zudem eingesetzt werden um konkrete Lerninshyhalte zu vermitteln Solche LehrshyLernshyMittel werden ebenfalls nicht nur von Lehrenden in formalisierten Lernkontexten verwendet (z B in Form virtueller Labore) sondern bieten den Lernenden innerhalb und auszligerhalb von Bildungseinrichtungen die Moumlgshylichkeit sich selbstorganisiert oder informell Inhalte anzueignen Onlinevideos sind hierfuumlr ein typisches Beispiel Damit wird deutlich dass (die gleichen) Medien unabshyhaumlngig vom Grad ihrer Didaktisierung sowohl in formalisierten als auch in informelshylen Settings genutzt werden (koumlnnen)

Eng mit dem Einsatz digitaler Technologien als LehrshyLernshyMittel ist eine 3 Funkshytion verknuumlpft die staumlrker auf den instrumentellen Aspekt der Handhabung bezogen ist Als LehrshyLernshyWerkzeug fuumlr kreatives gestaltendes und interaktives Handeln wird in einer 3 Funktion der Fokus darauf gelegt dass Lernende und Lehrende (a) bestimmte Medien selbst einsetzen sie (b) technisch beherrschen und bearbeiten sowie (c) sie nutzen um mit anderen Personen zu interagieren

Schlieszliglich sind digitale Technologien nicht zuletzt auch ein eigener LehrshyLernshyGegenstand Korrespondierend mit den LehrshyLernshyWerkzeugen lassen sich 3 Arten von Wissen unterscheiden operatives Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoloshygien und ihre Handhabung (Wann und wie werden digitale Medien und Werkzeuge genutzt) technologisches Wissen uumlber die dahinterliegenden Prinzipien und Meshychanismen (Wie und warum funktionieren digitale Medien und Werkzeuge) sowie Reflexionswissen uumlber und die Bewertung von moumlglichen Wirkungen von Technoloshygien auf Individuum und Gesellschaft (Wie und warum wirken digitale Medien und Werkzeuge)

Bildungseinrichshytungen muumlssen flexibel auf untershyschiedliche Lernausgangslagen reagieren hellip

Die Unterscheidung der genannten Funktion dient in den folgenden Unterkashypiteln als eine Heuristik auch wenn aufgrund der begrenzten Verfuumlgbarkeit empishyrischer Daten dieser funktionalen Differenzierung nicht in allen Bildungsbereichen gleichermaszligen oder standardisiert Rechnung getragen werden kann

Abhaumlngig von der Art und Weise vom Umfang und von den Motiven des Einsatzes digitaler Medien und Werkzeuge in den einzelnen Lernshy und Lebenszusammenhaumlngen verfuumlgen Personen uumlber unterschiedliche Einstellungen und Werthaltungen sowie Kenntnisse und Faumlhigkeiten Diese stellen Voraussetzungen fuumlr formale nonshyformale

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Konzeptioneller Rahmen

Bildung in einer digitalisierten Welt

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oder informelle Lernprozesse mit digitalen Medien dar Professionelles Handeln in Bildungseinrichtungen muss diesen heterogenen Lernausgangslagen gerecht werden Dem paumldagogischen Personal kommt dabei eine zentrale Vermittlungsfunktion zu (Abb H1shy1) Je heterogener die Gelegenheitsstrukturen im familiaumlren und im weiteren sozialen Umfeld ausgepraumlgt sind desto wichtiger wird der Kompetenzerwerb in instishytutionalisierten Bildungsprozessen um allen Bildungsteilnehmerinnen und shyteilnehshymern die notwendigen (Basisshy )Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien vermitteln zu koumlnnen Dies setzt auch aufseiten der Lehrenden technischshypraktische Anwendungskompetenzen voraus insbesondere aber didaktische Kenntnisse uumlber Einsatzmoumlglichkeiten sowie Innovationsbereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenshyuumlber neuen Entwicklungen Hierfuumlr bedarf es wiederum geeigneter Rahmungen und Unterstuumltzungssysteme in allen Bildungsbereichen etwa veraumlnderter Ansaumltze in der Ausshy und Fortbildung paumldagogischer Fachkraumlfte

hellip und sind verstaumlrkt in der Vermittlung

digitaler Kompeshytenzen gefordert

Abb H1shy2 Digitale Medien und Werkzeuge als Hilfsmittel fuumlr und Gegenstand von Bildungsprozessen

(1) Organisationsmittel

Paumldagogischshyorganisatorischer Einsatz

Auszligerinstitutionell Institutionell

z B LernplanershyApps z B Kursmanagementshy

systeme z B elektronische Teilnehmerdaten

Informell selbstorganisiert

Didaktisier t formalisiert

z B Onlinetutorials z B Vokabelapps z B Geometriesoftware

(2) LehrshyLernshyMittel

Handhabung und Anwendung

Gestaltung und Modifikation

Interaktion und Mitwirkung

(3) LehrshyLernshyWerkzeug hellip von Lerninhalten mit digitalen Technologien (z B Folien Textshyverarbeitung)

hellip von digitalen Technoshylogien als Lerninhalt (z B Skripte Makros Apps)

hellip in Kommunikationsshyund Gemeinschaftsshyprozessen (z B Lernplattformen)

(4) LehrshyLernshyGegenstand

Erwerb und Anwendung von Wissen uumlber hellip

hellip typische Anwendungen und Funktionen sowie deren Nutzen

hellip Prinzipien der Digitashylisierung Automatisieshyrung und Vernetzung

hellip Wechselwirkungen und Normen

Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Diethelm 2018

Unklar ab welchem Alter digitale Medien

eingesetzt werden sollten

Weitgehend unklar ist jedoch bisher in welchem Alter digitale Medien welche bildungsbezogenen Funktionen uumlbernehmen koumlnnen und sollen und welche Wirkunshygen und Ertraumlge fuumlr den Einzelnen fuumlr die Institutionen und fuumlr das Bildungssystem dadurch zu erwarten sind Die KMK spricht sich dafuumlr aus dass das Lernen mit und uumlber digitale Medien in den Schulen des Primarbereichs beginnen sollte

Fuumlr die Berufsshy Hochschulshy und Weiterbildung stellt sich wiederum die Frage der Passung zwischen erworbenen Kompetenzen beruflichen Qualifikationen und sich wandelnden fachlichen Anforderungen am Arbeitsmarkt Dieses Spannungsfeld wird in zweierlei Hinsicht besonders relevant Zum einen entsteht ein zunehmender Bedarf an einschlaumlgig qualifizierten Fachkraumlften in der Informationsshy und Kommunishykationstechnik zum anderen entstehen neue hybride Qualifikationsprofile mit einer Mischung aus ITshy und anderem Fachwissen sowie komplexen fachuumlbergreifenden Kompetenzen

Aufgrund der Datenshylage Gesamtschau auf Wirkungszusammenshyhaumlnge kaum moumlglich

Die Moumlglichkeiten empirische Einblicke in die genannten Themenfelder zu geshyben haumlngen maszliggeblich von der Verfuumlgbarkeit und Aktualitaumlt aussagekraumlftiger Daten ab Eine zukunftsweisende Gesamtschau die im Sinne der eingangs dargestellten Heuristik (Abb H1shy1) auch Querbezuumlge und Wirkungszusammenhaumlnge zwischen

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Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

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Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

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Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

60

70

80

90

100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

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Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

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Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

31

30

37

42

30

35

33

22

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21

38

28

28

30

19

21

12

18

19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

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249

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Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

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2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

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84 72

57 66

47 45 34 27

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95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

60

31

44

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59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

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4

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17

8

9

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2

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29

13

31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

28 41

18 35

26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

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278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

H 4

279

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

Inte

rakt

ive

Lern

vide

os

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llige

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Frem

dspr

ache

n

017 018

028

039 043

053

062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

283

H 5

Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

284

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

Mit

tler

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nun

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huumlle

r in

Kom

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nkte

n

550

500

450

400 0

Daumlnemark

Deutschland Portugal

Finnland

Republik Korea

USA

Italien

Chile Luxemburg

Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

285

H 5

Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

286

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

H 5

287

H 5

Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

H 6

297

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 6

Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

298

Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

1 1

0

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299

H 6

H 6

Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

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301

Page 2: Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

H

Bildung in einer digitalisierten Welt

tionskompetenzen sowie soziale Kompetenzen (H5) Diese verschiedenen Aspekte greift auch die Kultusministerkonferenz (2017) neben anderen Themenfeldern von Bildung in einer digitalisierten Welt auf Die von ihr vorgelegten Kompetenzbereiche definieren die Grundlage fuumlr die schulische Bildung und beschreiben erstmals laumlnshyderuumlbergreifend uumlber welche Kompetenzen in der digitalen Welt Schuumllerinnen und Schuumller am Ende ihrer Pflichtschulzeit verfuumlgen sollen

Sich veraumlndernde Kompetenzanforderungen ergeben sich auch aus neuen Anshyforderungsprofilen an Fachkraumlfte auf dem Arbeitsmarkt Neue Formen der MenschshyMaschineshyInteraktion und cyberphysische Systeme finden in immer mehr beruflishychen Handlungsfeldern Anwendung Maschinen kommunizieren untereinander ausgestattet mit lernfaumlhigen Algorithmen die es ermoumlglichen Geschaumlftsprozesse vollautomatisch auf der Basis groszliger Datenmengen zu optimieren (z B digitalisierte Auftragsvergabe und Auftragsabwicklung) Damit gehen auch neue Formen der Inshyformationsbereitstellung und des vernetzten Informationsaustauschs einher (vgl Matthes 2019) Diese technologischen Entwicklungen bringen nicht nur veraumlnderte in vielen Beschaumlftigungsfeldern anspruchsvollere Taumltigkeitsshy und Berufsprofile hervor sondern ihr Einsatz und ihre Mitgestaltung durch die (kuumlnftigen) Beschaumlftigten erforshydern neben neuen berufsfachlichen auch digitale Kompetenzen Fuumlr eine Mehrzahl an Berufen werden bereits mit Eintritt in Ausbildung oder Studium grundlegende ITshyKompetenzen vorausgesetzt Neben Fachwissen aus angrenzenden Domaumlnen erfordert die neue digitale Berufswelt vermehrt Problemloumlseshy kooperative und kommunikative Kompetenzen ebenso Faumlhigkeiten bereits Gelerntes auf neuartige Kontexte zu uumlbershytragen (vgl Ertl et al 2019 Euler amp Severing 2019)

Die Vermittlung von Kompetenzen fuumlr diese neuen oft kognitiv anspruchsshyvolleren Taumltigkeitsprofile durch qualifiziertes Personal im Bildungsshy Ausshy und Weishyterbildungssystem ist eine wichtige Voraussetzung um langfristig Arbeitsplaumltze in zukunftsweisenden Sektoren zu sichern Unumstritten ist dass die didaktische Umsetzung von berufsbezogenen LehrshyLernshyProzessen diese technologieintensiven Arbeitsanforderungen aufgreifen muss die sich durch eine hohe Dynamik neue Rolshylenverteilungen zwischen Beschaumlftigten wie auch zwischen Mensch und Maschine auszeichnen gepraumlgt durch offene schwer vorhersehbare Aufgabenstellungen Lernshyangebote muumlssen daher nicht nur der beschleunigten Wissensakkumulation und shydistribution gerecht werden sondern auf komplexe Dynamiken vorbereiten (vgl Tynjaumlla et al 2014)

Den Bildungseinrichtungen kommt bei der Vermittlung von digitalen Kompetenshyzen eine zunehmend wichtige Rolle zu Dabei gilt bdquodas Primat der Paumldagogik sie muss den Einsatz digitaler Technik bestimmen nicht umgekehrtldquo (BMBF 2016) Gleichzeitig ist zu beachten dass das Lernen mit digitalen Medien und der Erwerb digitaler Komshypetenzen keinesfalls ausschlieszliglich moumlglicherweise nicht einmal vornehmlich in Bildungseinrichtungen erfolgen Vielmehr sind alle in der heutigen Welt von digitalen Medien umgeben und nutzen diese ndashab dem fruumlhen Kindesalter ndashim privaten Kontext Die dazu notwendigen Kompetenzen eignen sich die Menschen in unterschiedlicher Weise an zunaumlchst gepraumlgt vom familialen Umfeld dann vom Freundeskreis spaumlter durch die Arbeitswelt Bildungsinstitutionen stehen vor der Herausforderung Kinder Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichen digitalen Erfahrungen ausshy und weiterzubilden um sie auf eine sich veraumlndernde Berufsshy und Lebenswelt vorzubeshyreiten Nach Doumlbeli Honegger (2016) muumlssen sie deshalb in einer von Digitalisierung und Mediatisierung gepraumlgten Welt lernen mit uumlber und trotz digitaler Medien ihrem Bildungsauftrag nachzukommen Angesichts der Einschraumlnkungen die praumlshysenzfoumlrmige LehrshyLernshyProzesse spaumltestens durch die CoronashyPandemie 2020 erfahren haben werden die digitalen Herausforderungen denen sich die Einrichtungen aller

232

Bildung in einer digitalisierten Welt

Bildungsbereiche gegenuumlbersehen in besonderer Weise deutlich Dazu gehoumlren die Ausstattung mit informationstechnischen Infrastrukturen und ihre kompetente Warshytung die Qualifizierung des paumldagogischen Personals sowie die Unterstuumltzung aller Lernenden mit Ruumlcksicht auf ihre Motivation ihre Vorkenntnisse und ihre soziale Lage sowie schlieszliglich die (fachshy )didaktisch reflektierte Nutzung der Potenziale digishytaler Medien Zeitshy und ortsunabhaumlngige Angebote sowie der Einsatz individualisiershyter oder personalisierter Lernmaterialien bieten Moumlglichkeiten den paumldagogischen Handlungsspielraum zu erweitern und koumlnnen auch dazu beitragen soziale Teilhabe zu foumlrdern und Benachteiligungen im Bildungserwerb unterschiedlicher sozialer Gruppen abzubauen Digitale Medien koumlnnen helfen gesellschaftliche Querschnittsshythemen im Bildungsbereich wie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen oder die Integration von Schutzshy und Asylsuchenden besser zu bewaumlltigen Dies kann etwa durch die Anpassung von Lernangeboten an visuelle auditive und haptische Beduumlrfnisse von behinderten Menschen oder digitale Lernprogramme zum Sprachshytraining bei zugewanderten Personen geschehen Ein lernendenorientierter Einsatz digitaler Medien in LehrshyLernshyKontexten kann daruumlber hinaus mit einer Verbesserung der Motivation und der erreichten Kompetenzen der Lernenden in fachlichen und uumlberfachlichen Domaumlnen verbunden sein

Das Schwerpunktkapitel ist als aktuelle Bestandsaufnahme zentraler Aspekte des Bildungsgeschehens in einer digitalisierten Welt angelegt die zunaumlchst konzeptionell hergeleitet werden (H1) Auf der Grundlage von empirischen Befunden und Analysen zu Gelegenheitsstrukturen und zur Nutzung digitaler Medien sowie zu Kompetenzen der Bildungsteilnehmenden wie auch des paumldagogischen Personals (H2 bis H5) werden daran anknuumlpfend aktuelle Entwicklungen Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt Abschlieszligend werden derzeit absehbare Potenziale sowie Grenzen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen (H6) thematisiert

H

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Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

Konzeptioneller Rahmen

Digitalisierung durchdringt

Bildungsprozesse auf allen Ebenen

Die Frage welche Veraumlnderungen die fortschreitende Digitalisierung im Bildungsshywesen nach sich zieht und welche Anforderungen sich daraus fuumlr die einzelnen Bildungsbereiche ergeben ist fuumlr die Konzeptualisierung des Schwerpunktthemas leitend Im Zentrum der Uumlberlegungen steht der individuelle Lernprozess unter Beshyruumlcksichtigung veraumlnderter Anforderungen entlang der gesamten Bildungskette Wie sich Kinder Jugendliche und Erwachsene die Welt aneignen ergibt sich ndash zunaumlchst unabhaumlngig von der Digitalisierung ndash aus einem Beziehungsgeflecht aus systemishyschen institutionellen und individuellen Einflussfaktoren In einer zunehmend meshydiatisierten Alltagsshy und Arbeitswirklichkeit unterliegt dieses komplexe Gefuumlge und damit auch die Art und Weise wie Informationen aufgenommen sortiert vernetzt und in Wissen uumlberfuumlhrt werden einem permanenten Wandel Das nachstehende Schaubild veranschaulicht schematisch und exemplarisch in welchen Bereichen sich Veraumlnderungen dieser Bildungsprozesse bereits jetzt abzeichnen (Abb H1shy1)

Veraumlnderte infrashystrukturelle und

rechtliche Rahmenshybedingungen hellip

Wesentliche Rahmenbedingungen fuumlr Bildungsprozesse in einer digitalisierten Welt werden zunaumlchst in Form von Gelegenheitsstrukturen auf der Makroebene geshyschaffen Dies schlieszligt neben der Bereitstellung digitaler Infrastrukturen etwa durch den Ausbau der Telekommunikationsnetze oder der technischen Ausstattung von Bildungseinrichtungen auch rechtliche Rahmenbedingungen ein die den Umgang mit digitalen Medien und Werkzeugen aber auch mit digitalen Lernmaterialien und shyergebnissen foumlrdern oder reglementieren koumlnnen

hellip und Anforderungen fuumlr Bildungsprozesse

Systemseitig ergeben sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels allerdings nicht nur veraumlnderte Lerngelegenheiten fuumlr sondern auch Lernanforderungen an die oder den Einzelnen Letzteres laumlsst sich besonders deutlich am Arbeitsmarkt in Form von neuen beruflichen Anforderungsprofilen beobachten Die zunaumlchst in wirtshy

234

schaftlichen Kontexten entwickelten digital unterstuumltzten Steuerungsinstrumente und shy logiken sind inzwischen universell (Ertl et al 2019) und haben Eingang in alle gesellschaftlichen Bereiche gefunden Mit ihnen veraumlndern sich Formen der Kommushynikation der Gestaltung sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Mitwirkung bis hin zur Digitalisierung von Dienstleistungen der Aumlmter und Behoumlrden denen sich die Buumlrgerinnen und Buumlrger kaum entziehen koumlnnen

Bedeutung der Sozialisations shy ins tanzen fuumlr Gelegenheits shystrukturen und Nutzungsmuster

Je weiter der Einsatz digitaler Technologien in den privaten Lebensbereichen voranschreitet desto staumlrker veraumlndern sich Lerngewohnheiten schon im fruumlhen Kindesalter und desto draumlngender stellt sich die Frage nach der Anschlussfaumlhigkeit paumldagogischer und didaktischer Konzepte in den Bildungseinrichtungen Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung vielmehr sind damit auch Aspekte der Nutzungsshy und Anwendungsbereiche digitaler Medien und Werkzeuge angesprochen

Sowohl innerhalb von Bildungseinrichtungen als auch in auszligerinstitutionellen Kontexten koumlnnen digitale Technologien verschiedene bildungsbezogene Funktionen fuumlr Lernende Lehrende und andere Akteurinnen und Akteure (z B Einrichtungsleishytungen) erfuumlllen (Abb H1shy2)

Zunaumlchst koumlnnen digitale Technologien als Organisationsmittel Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe erleichtern indem sie organisierte Lernprozesse von der Anmeldung uumlber die Bereitstellung von Lernmaterialien bis hin zur Verwaltung von Pruumlfungen begleiten und auch selbstorganisiertes Lernen unterstuumltzen

Unterschiedliche Funktionen digitaler Medien und Werkshyzeuge im Bildungsshyprozess

Digitale Technologien koumlnnen zudem eingesetzt werden um konkrete Lerninshyhalte zu vermitteln Solche LehrshyLernshyMittel werden ebenfalls nicht nur von Lehrenden in formalisierten Lernkontexten verwendet (z B in Form virtueller Labore) sondern bieten den Lernenden innerhalb und auszligerhalb von Bildungseinrichtungen die Moumlgshylichkeit sich selbstorganisiert oder informell Inhalte anzueignen Onlinevideos sind hierfuumlr ein typisches Beispiel Damit wird deutlich dass (die gleichen) Medien unabshyhaumlngig vom Grad ihrer Didaktisierung sowohl in formalisierten als auch in informelshylen Settings genutzt werden (koumlnnen)

Eng mit dem Einsatz digitaler Technologien als LehrshyLernshyMittel ist eine 3 Funkshytion verknuumlpft die staumlrker auf den instrumentellen Aspekt der Handhabung bezogen ist Als LehrshyLernshyWerkzeug fuumlr kreatives gestaltendes und interaktives Handeln wird in einer 3 Funktion der Fokus darauf gelegt dass Lernende und Lehrende (a) bestimmte Medien selbst einsetzen sie (b) technisch beherrschen und bearbeiten sowie (c) sie nutzen um mit anderen Personen zu interagieren

Schlieszliglich sind digitale Technologien nicht zuletzt auch ein eigener LehrshyLernshyGegenstand Korrespondierend mit den LehrshyLernshyWerkzeugen lassen sich 3 Arten von Wissen unterscheiden operatives Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoloshygien und ihre Handhabung (Wann und wie werden digitale Medien und Werkzeuge genutzt) technologisches Wissen uumlber die dahinterliegenden Prinzipien und Meshychanismen (Wie und warum funktionieren digitale Medien und Werkzeuge) sowie Reflexionswissen uumlber und die Bewertung von moumlglichen Wirkungen von Technoloshygien auf Individuum und Gesellschaft (Wie und warum wirken digitale Medien und Werkzeuge)

Bildungseinrichshytungen muumlssen flexibel auf untershyschiedliche Lernausgangslagen reagieren hellip

Die Unterscheidung der genannten Funktion dient in den folgenden Unterkashypiteln als eine Heuristik auch wenn aufgrund der begrenzten Verfuumlgbarkeit empishyrischer Daten dieser funktionalen Differenzierung nicht in allen Bildungsbereichen gleichermaszligen oder standardisiert Rechnung getragen werden kann

Abhaumlngig von der Art und Weise vom Umfang und von den Motiven des Einsatzes digitaler Medien und Werkzeuge in den einzelnen Lernshy und Lebenszusammenhaumlngen verfuumlgen Personen uumlber unterschiedliche Einstellungen und Werthaltungen sowie Kenntnisse und Faumlhigkeiten Diese stellen Voraussetzungen fuumlr formale nonshyformale

H 1

235

Konzeptioneller Rahmen

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

oder informelle Lernprozesse mit digitalen Medien dar Professionelles Handeln in Bildungseinrichtungen muss diesen heterogenen Lernausgangslagen gerecht werden Dem paumldagogischen Personal kommt dabei eine zentrale Vermittlungsfunktion zu (Abb H1shy1) Je heterogener die Gelegenheitsstrukturen im familiaumlren und im weiteren sozialen Umfeld ausgepraumlgt sind desto wichtiger wird der Kompetenzerwerb in instishytutionalisierten Bildungsprozessen um allen Bildungsteilnehmerinnen und shyteilnehshymern die notwendigen (Basisshy )Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien vermitteln zu koumlnnen Dies setzt auch aufseiten der Lehrenden technischshypraktische Anwendungskompetenzen voraus insbesondere aber didaktische Kenntnisse uumlber Einsatzmoumlglichkeiten sowie Innovationsbereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenshyuumlber neuen Entwicklungen Hierfuumlr bedarf es wiederum geeigneter Rahmungen und Unterstuumltzungssysteme in allen Bildungsbereichen etwa veraumlnderter Ansaumltze in der Ausshy und Fortbildung paumldagogischer Fachkraumlfte

hellip und sind verstaumlrkt in der Vermittlung

digitaler Kompeshytenzen gefordert

Abb H1shy2 Digitale Medien und Werkzeuge als Hilfsmittel fuumlr und Gegenstand von Bildungsprozessen

(1) Organisationsmittel

Paumldagogischshyorganisatorischer Einsatz

Auszligerinstitutionell Institutionell

z B LernplanershyApps z B Kursmanagementshy

systeme z B elektronische Teilnehmerdaten

Informell selbstorganisiert

Didaktisier t formalisiert

z B Onlinetutorials z B Vokabelapps z B Geometriesoftware

(2) LehrshyLernshyMittel

Handhabung und Anwendung

Gestaltung und Modifikation

Interaktion und Mitwirkung

(3) LehrshyLernshyWerkzeug hellip von Lerninhalten mit digitalen Technologien (z B Folien Textshyverarbeitung)

hellip von digitalen Technoshylogien als Lerninhalt (z B Skripte Makros Apps)

hellip in Kommunikationsshyund Gemeinschaftsshyprozessen (z B Lernplattformen)

(4) LehrshyLernshyGegenstand

Erwerb und Anwendung von Wissen uumlber hellip

hellip typische Anwendungen und Funktionen sowie deren Nutzen

hellip Prinzipien der Digitashylisierung Automatisieshyrung und Vernetzung

hellip Wechselwirkungen und Normen

Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Diethelm 2018

Unklar ab welchem Alter digitale Medien

eingesetzt werden sollten

Weitgehend unklar ist jedoch bisher in welchem Alter digitale Medien welche bildungsbezogenen Funktionen uumlbernehmen koumlnnen und sollen und welche Wirkunshygen und Ertraumlge fuumlr den Einzelnen fuumlr die Institutionen und fuumlr das Bildungssystem dadurch zu erwarten sind Die KMK spricht sich dafuumlr aus dass das Lernen mit und uumlber digitale Medien in den Schulen des Primarbereichs beginnen sollte

Fuumlr die Berufsshy Hochschulshy und Weiterbildung stellt sich wiederum die Frage der Passung zwischen erworbenen Kompetenzen beruflichen Qualifikationen und sich wandelnden fachlichen Anforderungen am Arbeitsmarkt Dieses Spannungsfeld wird in zweierlei Hinsicht besonders relevant Zum einen entsteht ein zunehmender Bedarf an einschlaumlgig qualifizierten Fachkraumlften in der Informationsshy und Kommunishykationstechnik zum anderen entstehen neue hybride Qualifikationsprofile mit einer Mischung aus ITshy und anderem Fachwissen sowie komplexen fachuumlbergreifenden Kompetenzen

Aufgrund der Datenshylage Gesamtschau auf Wirkungszusammenshyhaumlnge kaum moumlglich

Die Moumlglichkeiten empirische Einblicke in die genannten Themenfelder zu geshyben haumlngen maszliggeblich von der Verfuumlgbarkeit und Aktualitaumlt aussagekraumlftiger Daten ab Eine zukunftsweisende Gesamtschau die im Sinne der eingangs dargestellten Heuristik (Abb H1shy1) auch Querbezuumlge und Wirkungszusammenhaumlnge zwischen

236

Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

H 1

237

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

H 2

Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

238

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

60

70

80

90

100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

31

30

37

42

30

35

33

22

14

25

21

38

28

28

30

19

21

12

18

19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

H 3

249

H 3

Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

72

62

2430 33

21 18

73

97

32

73

88

84 72

57 66

47 45 34 27

56

18

93 97

76

20

6

43

65

97

88

97

95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

254

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

256

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

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59

36

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60

31

44

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59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

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3

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29

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31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

274

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

H 4

275

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

28 41

18 35

26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

H 4

278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

H 4

279

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

Inte

rakt

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Lern

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Frem

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017 018

028

039 043

053

062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

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283

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

284

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

Mit

tler

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550

500

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400 0

Daumlnemark

Deutschland Portugal

Finnland

Republik Korea

USA

Italien

Chile Luxemburg

Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

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285

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Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

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Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

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Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

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Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

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Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

H 6

297

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 6

Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

298

Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

1 1

0

1 0

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Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

H 6

301

Page 3: Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

Bildung in einer digitalisierten Welt

Bildungsbereiche gegenuumlbersehen in besonderer Weise deutlich Dazu gehoumlren die Ausstattung mit informationstechnischen Infrastrukturen und ihre kompetente Warshytung die Qualifizierung des paumldagogischen Personals sowie die Unterstuumltzung aller Lernenden mit Ruumlcksicht auf ihre Motivation ihre Vorkenntnisse und ihre soziale Lage sowie schlieszliglich die (fachshy )didaktisch reflektierte Nutzung der Potenziale digishytaler Medien Zeitshy und ortsunabhaumlngige Angebote sowie der Einsatz individualisiershyter oder personalisierter Lernmaterialien bieten Moumlglichkeiten den paumldagogischen Handlungsspielraum zu erweitern und koumlnnen auch dazu beitragen soziale Teilhabe zu foumlrdern und Benachteiligungen im Bildungserwerb unterschiedlicher sozialer Gruppen abzubauen Digitale Medien koumlnnen helfen gesellschaftliche Querschnittsshythemen im Bildungsbereich wie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen oder die Integration von Schutzshy und Asylsuchenden besser zu bewaumlltigen Dies kann etwa durch die Anpassung von Lernangeboten an visuelle auditive und haptische Beduumlrfnisse von behinderten Menschen oder digitale Lernprogramme zum Sprachshytraining bei zugewanderten Personen geschehen Ein lernendenorientierter Einsatz digitaler Medien in LehrshyLernshyKontexten kann daruumlber hinaus mit einer Verbesserung der Motivation und der erreichten Kompetenzen der Lernenden in fachlichen und uumlberfachlichen Domaumlnen verbunden sein

Das Schwerpunktkapitel ist als aktuelle Bestandsaufnahme zentraler Aspekte des Bildungsgeschehens in einer digitalisierten Welt angelegt die zunaumlchst konzeptionell hergeleitet werden (H1) Auf der Grundlage von empirischen Befunden und Analysen zu Gelegenheitsstrukturen und zur Nutzung digitaler Medien sowie zu Kompetenzen der Bildungsteilnehmenden wie auch des paumldagogischen Personals (H2 bis H5) werden daran anknuumlpfend aktuelle Entwicklungen Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt Abschlieszligend werden derzeit absehbare Potenziale sowie Grenzen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen (H6) thematisiert

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Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

Konzeptioneller Rahmen

Digitalisierung durchdringt

Bildungsprozesse auf allen Ebenen

Die Frage welche Veraumlnderungen die fortschreitende Digitalisierung im Bildungsshywesen nach sich zieht und welche Anforderungen sich daraus fuumlr die einzelnen Bildungsbereiche ergeben ist fuumlr die Konzeptualisierung des Schwerpunktthemas leitend Im Zentrum der Uumlberlegungen steht der individuelle Lernprozess unter Beshyruumlcksichtigung veraumlnderter Anforderungen entlang der gesamten Bildungskette Wie sich Kinder Jugendliche und Erwachsene die Welt aneignen ergibt sich ndash zunaumlchst unabhaumlngig von der Digitalisierung ndash aus einem Beziehungsgeflecht aus systemishyschen institutionellen und individuellen Einflussfaktoren In einer zunehmend meshydiatisierten Alltagsshy und Arbeitswirklichkeit unterliegt dieses komplexe Gefuumlge und damit auch die Art und Weise wie Informationen aufgenommen sortiert vernetzt und in Wissen uumlberfuumlhrt werden einem permanenten Wandel Das nachstehende Schaubild veranschaulicht schematisch und exemplarisch in welchen Bereichen sich Veraumlnderungen dieser Bildungsprozesse bereits jetzt abzeichnen (Abb H1shy1)

Veraumlnderte infrashystrukturelle und

rechtliche Rahmenshybedingungen hellip

Wesentliche Rahmenbedingungen fuumlr Bildungsprozesse in einer digitalisierten Welt werden zunaumlchst in Form von Gelegenheitsstrukturen auf der Makroebene geshyschaffen Dies schlieszligt neben der Bereitstellung digitaler Infrastrukturen etwa durch den Ausbau der Telekommunikationsnetze oder der technischen Ausstattung von Bildungseinrichtungen auch rechtliche Rahmenbedingungen ein die den Umgang mit digitalen Medien und Werkzeugen aber auch mit digitalen Lernmaterialien und shyergebnissen foumlrdern oder reglementieren koumlnnen

hellip und Anforderungen fuumlr Bildungsprozesse

Systemseitig ergeben sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels allerdings nicht nur veraumlnderte Lerngelegenheiten fuumlr sondern auch Lernanforderungen an die oder den Einzelnen Letzteres laumlsst sich besonders deutlich am Arbeitsmarkt in Form von neuen beruflichen Anforderungsprofilen beobachten Die zunaumlchst in wirtshy

234

schaftlichen Kontexten entwickelten digital unterstuumltzten Steuerungsinstrumente und shy logiken sind inzwischen universell (Ertl et al 2019) und haben Eingang in alle gesellschaftlichen Bereiche gefunden Mit ihnen veraumlndern sich Formen der Kommushynikation der Gestaltung sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Mitwirkung bis hin zur Digitalisierung von Dienstleistungen der Aumlmter und Behoumlrden denen sich die Buumlrgerinnen und Buumlrger kaum entziehen koumlnnen

Bedeutung der Sozialisations shy ins tanzen fuumlr Gelegenheits shystrukturen und Nutzungsmuster

Je weiter der Einsatz digitaler Technologien in den privaten Lebensbereichen voranschreitet desto staumlrker veraumlndern sich Lerngewohnheiten schon im fruumlhen Kindesalter und desto draumlngender stellt sich die Frage nach der Anschlussfaumlhigkeit paumldagogischer und didaktischer Konzepte in den Bildungseinrichtungen Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung vielmehr sind damit auch Aspekte der Nutzungsshy und Anwendungsbereiche digitaler Medien und Werkzeuge angesprochen

Sowohl innerhalb von Bildungseinrichtungen als auch in auszligerinstitutionellen Kontexten koumlnnen digitale Technologien verschiedene bildungsbezogene Funktionen fuumlr Lernende Lehrende und andere Akteurinnen und Akteure (z B Einrichtungsleishytungen) erfuumlllen (Abb H1shy2)

Zunaumlchst koumlnnen digitale Technologien als Organisationsmittel Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe erleichtern indem sie organisierte Lernprozesse von der Anmeldung uumlber die Bereitstellung von Lernmaterialien bis hin zur Verwaltung von Pruumlfungen begleiten und auch selbstorganisiertes Lernen unterstuumltzen

Unterschiedliche Funktionen digitaler Medien und Werkshyzeuge im Bildungsshyprozess

Digitale Technologien koumlnnen zudem eingesetzt werden um konkrete Lerninshyhalte zu vermitteln Solche LehrshyLernshyMittel werden ebenfalls nicht nur von Lehrenden in formalisierten Lernkontexten verwendet (z B in Form virtueller Labore) sondern bieten den Lernenden innerhalb und auszligerhalb von Bildungseinrichtungen die Moumlgshylichkeit sich selbstorganisiert oder informell Inhalte anzueignen Onlinevideos sind hierfuumlr ein typisches Beispiel Damit wird deutlich dass (die gleichen) Medien unabshyhaumlngig vom Grad ihrer Didaktisierung sowohl in formalisierten als auch in informelshylen Settings genutzt werden (koumlnnen)

Eng mit dem Einsatz digitaler Technologien als LehrshyLernshyMittel ist eine 3 Funkshytion verknuumlpft die staumlrker auf den instrumentellen Aspekt der Handhabung bezogen ist Als LehrshyLernshyWerkzeug fuumlr kreatives gestaltendes und interaktives Handeln wird in einer 3 Funktion der Fokus darauf gelegt dass Lernende und Lehrende (a) bestimmte Medien selbst einsetzen sie (b) technisch beherrschen und bearbeiten sowie (c) sie nutzen um mit anderen Personen zu interagieren

Schlieszliglich sind digitale Technologien nicht zuletzt auch ein eigener LehrshyLernshyGegenstand Korrespondierend mit den LehrshyLernshyWerkzeugen lassen sich 3 Arten von Wissen unterscheiden operatives Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoloshygien und ihre Handhabung (Wann und wie werden digitale Medien und Werkzeuge genutzt) technologisches Wissen uumlber die dahinterliegenden Prinzipien und Meshychanismen (Wie und warum funktionieren digitale Medien und Werkzeuge) sowie Reflexionswissen uumlber und die Bewertung von moumlglichen Wirkungen von Technoloshygien auf Individuum und Gesellschaft (Wie und warum wirken digitale Medien und Werkzeuge)

Bildungseinrichshytungen muumlssen flexibel auf untershyschiedliche Lernausgangslagen reagieren hellip

Die Unterscheidung der genannten Funktion dient in den folgenden Unterkashypiteln als eine Heuristik auch wenn aufgrund der begrenzten Verfuumlgbarkeit empishyrischer Daten dieser funktionalen Differenzierung nicht in allen Bildungsbereichen gleichermaszligen oder standardisiert Rechnung getragen werden kann

Abhaumlngig von der Art und Weise vom Umfang und von den Motiven des Einsatzes digitaler Medien und Werkzeuge in den einzelnen Lernshy und Lebenszusammenhaumlngen verfuumlgen Personen uumlber unterschiedliche Einstellungen und Werthaltungen sowie Kenntnisse und Faumlhigkeiten Diese stellen Voraussetzungen fuumlr formale nonshyformale

H 1

235

Konzeptioneller Rahmen

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

oder informelle Lernprozesse mit digitalen Medien dar Professionelles Handeln in Bildungseinrichtungen muss diesen heterogenen Lernausgangslagen gerecht werden Dem paumldagogischen Personal kommt dabei eine zentrale Vermittlungsfunktion zu (Abb H1shy1) Je heterogener die Gelegenheitsstrukturen im familiaumlren und im weiteren sozialen Umfeld ausgepraumlgt sind desto wichtiger wird der Kompetenzerwerb in instishytutionalisierten Bildungsprozessen um allen Bildungsteilnehmerinnen und shyteilnehshymern die notwendigen (Basisshy )Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien vermitteln zu koumlnnen Dies setzt auch aufseiten der Lehrenden technischshypraktische Anwendungskompetenzen voraus insbesondere aber didaktische Kenntnisse uumlber Einsatzmoumlglichkeiten sowie Innovationsbereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenshyuumlber neuen Entwicklungen Hierfuumlr bedarf es wiederum geeigneter Rahmungen und Unterstuumltzungssysteme in allen Bildungsbereichen etwa veraumlnderter Ansaumltze in der Ausshy und Fortbildung paumldagogischer Fachkraumlfte

hellip und sind verstaumlrkt in der Vermittlung

digitaler Kompeshytenzen gefordert

Abb H1shy2 Digitale Medien und Werkzeuge als Hilfsmittel fuumlr und Gegenstand von Bildungsprozessen

(1) Organisationsmittel

Paumldagogischshyorganisatorischer Einsatz

Auszligerinstitutionell Institutionell

z B LernplanershyApps z B Kursmanagementshy

systeme z B elektronische Teilnehmerdaten

Informell selbstorganisiert

Didaktisier t formalisiert

z B Onlinetutorials z B Vokabelapps z B Geometriesoftware

(2) LehrshyLernshyMittel

Handhabung und Anwendung

Gestaltung und Modifikation

Interaktion und Mitwirkung

(3) LehrshyLernshyWerkzeug hellip von Lerninhalten mit digitalen Technologien (z B Folien Textshyverarbeitung)

hellip von digitalen Technoshylogien als Lerninhalt (z B Skripte Makros Apps)

hellip in Kommunikationsshyund Gemeinschaftsshyprozessen (z B Lernplattformen)

(4) LehrshyLernshyGegenstand

Erwerb und Anwendung von Wissen uumlber hellip

hellip typische Anwendungen und Funktionen sowie deren Nutzen

hellip Prinzipien der Digitashylisierung Automatisieshyrung und Vernetzung

hellip Wechselwirkungen und Normen

Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Diethelm 2018

Unklar ab welchem Alter digitale Medien

eingesetzt werden sollten

Weitgehend unklar ist jedoch bisher in welchem Alter digitale Medien welche bildungsbezogenen Funktionen uumlbernehmen koumlnnen und sollen und welche Wirkunshygen und Ertraumlge fuumlr den Einzelnen fuumlr die Institutionen und fuumlr das Bildungssystem dadurch zu erwarten sind Die KMK spricht sich dafuumlr aus dass das Lernen mit und uumlber digitale Medien in den Schulen des Primarbereichs beginnen sollte

Fuumlr die Berufsshy Hochschulshy und Weiterbildung stellt sich wiederum die Frage der Passung zwischen erworbenen Kompetenzen beruflichen Qualifikationen und sich wandelnden fachlichen Anforderungen am Arbeitsmarkt Dieses Spannungsfeld wird in zweierlei Hinsicht besonders relevant Zum einen entsteht ein zunehmender Bedarf an einschlaumlgig qualifizierten Fachkraumlften in der Informationsshy und Kommunishykationstechnik zum anderen entstehen neue hybride Qualifikationsprofile mit einer Mischung aus ITshy und anderem Fachwissen sowie komplexen fachuumlbergreifenden Kompetenzen

Aufgrund der Datenshylage Gesamtschau auf Wirkungszusammenshyhaumlnge kaum moumlglich

Die Moumlglichkeiten empirische Einblicke in die genannten Themenfelder zu geshyben haumlngen maszliggeblich von der Verfuumlgbarkeit und Aktualitaumlt aussagekraumlftiger Daten ab Eine zukunftsweisende Gesamtschau die im Sinne der eingangs dargestellten Heuristik (Abb H1shy1) auch Querbezuumlge und Wirkungszusammenhaumlnge zwischen

236

Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

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237

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

H 2

Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

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7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

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Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

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2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

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33

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38

28

28

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19

21

12

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19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

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241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

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Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

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249

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Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

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2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

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84 72

57 66

47 45 34 27

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95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

60

31

44

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59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

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4

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17

8

9

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2

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29

13

31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

28 41

18 35

26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

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278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

H 4

279

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

Inte

rakt

ive

Lern

vide

os

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llige

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Frem

dspr

ache

n

017 018

028

039 043

053

062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

283

H 5

Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

284

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

Mit

tler

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nun

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huumlle

r in

Kom

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nkte

n

550

500

450

400 0

Daumlnemark

Deutschland Portugal

Finnland

Republik Korea

USA

Italien

Chile Luxemburg

Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

285

H 5

Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

286

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

H 5

287

H 5

Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

H 6

297

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 6

Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

298

Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

1 1

0

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299

H 6

H 6

Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

H 6

301

Page 4: Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

Konzeptioneller Rahmen

Digitalisierung durchdringt

Bildungsprozesse auf allen Ebenen

Die Frage welche Veraumlnderungen die fortschreitende Digitalisierung im Bildungsshywesen nach sich zieht und welche Anforderungen sich daraus fuumlr die einzelnen Bildungsbereiche ergeben ist fuumlr die Konzeptualisierung des Schwerpunktthemas leitend Im Zentrum der Uumlberlegungen steht der individuelle Lernprozess unter Beshyruumlcksichtigung veraumlnderter Anforderungen entlang der gesamten Bildungskette Wie sich Kinder Jugendliche und Erwachsene die Welt aneignen ergibt sich ndash zunaumlchst unabhaumlngig von der Digitalisierung ndash aus einem Beziehungsgeflecht aus systemishyschen institutionellen und individuellen Einflussfaktoren In einer zunehmend meshydiatisierten Alltagsshy und Arbeitswirklichkeit unterliegt dieses komplexe Gefuumlge und damit auch die Art und Weise wie Informationen aufgenommen sortiert vernetzt und in Wissen uumlberfuumlhrt werden einem permanenten Wandel Das nachstehende Schaubild veranschaulicht schematisch und exemplarisch in welchen Bereichen sich Veraumlnderungen dieser Bildungsprozesse bereits jetzt abzeichnen (Abb H1shy1)

Veraumlnderte infrashystrukturelle und

rechtliche Rahmenshybedingungen hellip

Wesentliche Rahmenbedingungen fuumlr Bildungsprozesse in einer digitalisierten Welt werden zunaumlchst in Form von Gelegenheitsstrukturen auf der Makroebene geshyschaffen Dies schlieszligt neben der Bereitstellung digitaler Infrastrukturen etwa durch den Ausbau der Telekommunikationsnetze oder der technischen Ausstattung von Bildungseinrichtungen auch rechtliche Rahmenbedingungen ein die den Umgang mit digitalen Medien und Werkzeugen aber auch mit digitalen Lernmaterialien und shyergebnissen foumlrdern oder reglementieren koumlnnen

hellip und Anforderungen fuumlr Bildungsprozesse

Systemseitig ergeben sich im Zuge des gesellschaftlichen Wandels allerdings nicht nur veraumlnderte Lerngelegenheiten fuumlr sondern auch Lernanforderungen an die oder den Einzelnen Letzteres laumlsst sich besonders deutlich am Arbeitsmarkt in Form von neuen beruflichen Anforderungsprofilen beobachten Die zunaumlchst in wirtshy

234

schaftlichen Kontexten entwickelten digital unterstuumltzten Steuerungsinstrumente und shy logiken sind inzwischen universell (Ertl et al 2019) und haben Eingang in alle gesellschaftlichen Bereiche gefunden Mit ihnen veraumlndern sich Formen der Kommushynikation der Gestaltung sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Mitwirkung bis hin zur Digitalisierung von Dienstleistungen der Aumlmter und Behoumlrden denen sich die Buumlrgerinnen und Buumlrger kaum entziehen koumlnnen

Bedeutung der Sozialisations shy ins tanzen fuumlr Gelegenheits shystrukturen und Nutzungsmuster

Je weiter der Einsatz digitaler Technologien in den privaten Lebensbereichen voranschreitet desto staumlrker veraumlndern sich Lerngewohnheiten schon im fruumlhen Kindesalter und desto draumlngender stellt sich die Frage nach der Anschlussfaumlhigkeit paumldagogischer und didaktischer Konzepte in den Bildungseinrichtungen Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung vielmehr sind damit auch Aspekte der Nutzungsshy und Anwendungsbereiche digitaler Medien und Werkzeuge angesprochen

Sowohl innerhalb von Bildungseinrichtungen als auch in auszligerinstitutionellen Kontexten koumlnnen digitale Technologien verschiedene bildungsbezogene Funktionen fuumlr Lernende Lehrende und andere Akteurinnen und Akteure (z B Einrichtungsleishytungen) erfuumlllen (Abb H1shy2)

Zunaumlchst koumlnnen digitale Technologien als Organisationsmittel Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe erleichtern indem sie organisierte Lernprozesse von der Anmeldung uumlber die Bereitstellung von Lernmaterialien bis hin zur Verwaltung von Pruumlfungen begleiten und auch selbstorganisiertes Lernen unterstuumltzen

Unterschiedliche Funktionen digitaler Medien und Werkshyzeuge im Bildungsshyprozess

Digitale Technologien koumlnnen zudem eingesetzt werden um konkrete Lerninshyhalte zu vermitteln Solche LehrshyLernshyMittel werden ebenfalls nicht nur von Lehrenden in formalisierten Lernkontexten verwendet (z B in Form virtueller Labore) sondern bieten den Lernenden innerhalb und auszligerhalb von Bildungseinrichtungen die Moumlgshylichkeit sich selbstorganisiert oder informell Inhalte anzueignen Onlinevideos sind hierfuumlr ein typisches Beispiel Damit wird deutlich dass (die gleichen) Medien unabshyhaumlngig vom Grad ihrer Didaktisierung sowohl in formalisierten als auch in informelshylen Settings genutzt werden (koumlnnen)

Eng mit dem Einsatz digitaler Technologien als LehrshyLernshyMittel ist eine 3 Funkshytion verknuumlpft die staumlrker auf den instrumentellen Aspekt der Handhabung bezogen ist Als LehrshyLernshyWerkzeug fuumlr kreatives gestaltendes und interaktives Handeln wird in einer 3 Funktion der Fokus darauf gelegt dass Lernende und Lehrende (a) bestimmte Medien selbst einsetzen sie (b) technisch beherrschen und bearbeiten sowie (c) sie nutzen um mit anderen Personen zu interagieren

Schlieszliglich sind digitale Technologien nicht zuletzt auch ein eigener LehrshyLernshyGegenstand Korrespondierend mit den LehrshyLernshyWerkzeugen lassen sich 3 Arten von Wissen unterscheiden operatives Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoloshygien und ihre Handhabung (Wann und wie werden digitale Medien und Werkzeuge genutzt) technologisches Wissen uumlber die dahinterliegenden Prinzipien und Meshychanismen (Wie und warum funktionieren digitale Medien und Werkzeuge) sowie Reflexionswissen uumlber und die Bewertung von moumlglichen Wirkungen von Technoloshygien auf Individuum und Gesellschaft (Wie und warum wirken digitale Medien und Werkzeuge)

Bildungseinrichshytungen muumlssen flexibel auf untershyschiedliche Lernausgangslagen reagieren hellip

Die Unterscheidung der genannten Funktion dient in den folgenden Unterkashypiteln als eine Heuristik auch wenn aufgrund der begrenzten Verfuumlgbarkeit empishyrischer Daten dieser funktionalen Differenzierung nicht in allen Bildungsbereichen gleichermaszligen oder standardisiert Rechnung getragen werden kann

Abhaumlngig von der Art und Weise vom Umfang und von den Motiven des Einsatzes digitaler Medien und Werkzeuge in den einzelnen Lernshy und Lebenszusammenhaumlngen verfuumlgen Personen uumlber unterschiedliche Einstellungen und Werthaltungen sowie Kenntnisse und Faumlhigkeiten Diese stellen Voraussetzungen fuumlr formale nonshyformale

H 1

235

Konzeptioneller Rahmen

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

oder informelle Lernprozesse mit digitalen Medien dar Professionelles Handeln in Bildungseinrichtungen muss diesen heterogenen Lernausgangslagen gerecht werden Dem paumldagogischen Personal kommt dabei eine zentrale Vermittlungsfunktion zu (Abb H1shy1) Je heterogener die Gelegenheitsstrukturen im familiaumlren und im weiteren sozialen Umfeld ausgepraumlgt sind desto wichtiger wird der Kompetenzerwerb in instishytutionalisierten Bildungsprozessen um allen Bildungsteilnehmerinnen und shyteilnehshymern die notwendigen (Basisshy )Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien vermitteln zu koumlnnen Dies setzt auch aufseiten der Lehrenden technischshypraktische Anwendungskompetenzen voraus insbesondere aber didaktische Kenntnisse uumlber Einsatzmoumlglichkeiten sowie Innovationsbereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenshyuumlber neuen Entwicklungen Hierfuumlr bedarf es wiederum geeigneter Rahmungen und Unterstuumltzungssysteme in allen Bildungsbereichen etwa veraumlnderter Ansaumltze in der Ausshy und Fortbildung paumldagogischer Fachkraumlfte

hellip und sind verstaumlrkt in der Vermittlung

digitaler Kompeshytenzen gefordert

Abb H1shy2 Digitale Medien und Werkzeuge als Hilfsmittel fuumlr und Gegenstand von Bildungsprozessen

(1) Organisationsmittel

Paumldagogischshyorganisatorischer Einsatz

Auszligerinstitutionell Institutionell

z B LernplanershyApps z B Kursmanagementshy

systeme z B elektronische Teilnehmerdaten

Informell selbstorganisiert

Didaktisier t formalisiert

z B Onlinetutorials z B Vokabelapps z B Geometriesoftware

(2) LehrshyLernshyMittel

Handhabung und Anwendung

Gestaltung und Modifikation

Interaktion und Mitwirkung

(3) LehrshyLernshyWerkzeug hellip von Lerninhalten mit digitalen Technologien (z B Folien Textshyverarbeitung)

hellip von digitalen Technoshylogien als Lerninhalt (z B Skripte Makros Apps)

hellip in Kommunikationsshyund Gemeinschaftsshyprozessen (z B Lernplattformen)

(4) LehrshyLernshyGegenstand

Erwerb und Anwendung von Wissen uumlber hellip

hellip typische Anwendungen und Funktionen sowie deren Nutzen

hellip Prinzipien der Digitashylisierung Automatisieshyrung und Vernetzung

hellip Wechselwirkungen und Normen

Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Diethelm 2018

Unklar ab welchem Alter digitale Medien

eingesetzt werden sollten

Weitgehend unklar ist jedoch bisher in welchem Alter digitale Medien welche bildungsbezogenen Funktionen uumlbernehmen koumlnnen und sollen und welche Wirkunshygen und Ertraumlge fuumlr den Einzelnen fuumlr die Institutionen und fuumlr das Bildungssystem dadurch zu erwarten sind Die KMK spricht sich dafuumlr aus dass das Lernen mit und uumlber digitale Medien in den Schulen des Primarbereichs beginnen sollte

Fuumlr die Berufsshy Hochschulshy und Weiterbildung stellt sich wiederum die Frage der Passung zwischen erworbenen Kompetenzen beruflichen Qualifikationen und sich wandelnden fachlichen Anforderungen am Arbeitsmarkt Dieses Spannungsfeld wird in zweierlei Hinsicht besonders relevant Zum einen entsteht ein zunehmender Bedarf an einschlaumlgig qualifizierten Fachkraumlften in der Informationsshy und Kommunishykationstechnik zum anderen entstehen neue hybride Qualifikationsprofile mit einer Mischung aus ITshy und anderem Fachwissen sowie komplexen fachuumlbergreifenden Kompetenzen

Aufgrund der Datenshylage Gesamtschau auf Wirkungszusammenshyhaumlnge kaum moumlglich

Die Moumlglichkeiten empirische Einblicke in die genannten Themenfelder zu geshyben haumlngen maszliggeblich von der Verfuumlgbarkeit und Aktualitaumlt aussagekraumlftiger Daten ab Eine zukunftsweisende Gesamtschau die im Sinne der eingangs dargestellten Heuristik (Abb H1shy1) auch Querbezuumlge und Wirkungszusammenhaumlnge zwischen

236

Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

H 1

237

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

H 2

Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

238

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

60

70

80

90

100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

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15

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12

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31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

H 3

249

H 3

Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

72

62

2430 33

21 18

73

97

32

73

88

84 72

57 66

47 45 34 27

56

18

93 97

76

20

6

43

65

97

88

97

95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

60

31

44

45

59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

41

55

79

61

20

23

11

4

19

17

8

9

36

28

3

2

41

29

13

31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

274

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

H 4

275

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

28 41

18 35

26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

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Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

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Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

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281

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Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

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017 018

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045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

283

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

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Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

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Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

285

H 5

Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

286

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

H 5

287

H 5

Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

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295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

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ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

298

Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

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Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

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schaftlichen Kontexten entwickelten digital unterstuumltzten Steuerungsinstrumente und shy logiken sind inzwischen universell (Ertl et al 2019) und haben Eingang in alle gesellschaftlichen Bereiche gefunden Mit ihnen veraumlndern sich Formen der Kommushynikation der Gestaltung sozialer Beziehungen und gesellschaftlicher Mitwirkung bis hin zur Digitalisierung von Dienstleistungen der Aumlmter und Behoumlrden denen sich die Buumlrgerinnen und Buumlrger kaum entziehen koumlnnen

Bedeutung der Sozialisations shy ins tanzen fuumlr Gelegenheits shystrukturen und Nutzungsmuster

Je weiter der Einsatz digitaler Technologien in den privaten Lebensbereichen voranschreitet desto staumlrker veraumlndern sich Lerngewohnheiten schon im fruumlhen Kindesalter und desto draumlngender stellt sich die Frage nach der Anschlussfaumlhigkeit paumldagogischer und didaktischer Konzepte in den Bildungseinrichtungen Dabei geht es nicht nur um die Ausstattung vielmehr sind damit auch Aspekte der Nutzungsshy und Anwendungsbereiche digitaler Medien und Werkzeuge angesprochen

Sowohl innerhalb von Bildungseinrichtungen als auch in auszligerinstitutionellen Kontexten koumlnnen digitale Technologien verschiedene bildungsbezogene Funktionen fuumlr Lernende Lehrende und andere Akteurinnen und Akteure (z B Einrichtungsleishytungen) erfuumlllen (Abb H1shy2)

Zunaumlchst koumlnnen digitale Technologien als Organisationsmittel Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe erleichtern indem sie organisierte Lernprozesse von der Anmeldung uumlber die Bereitstellung von Lernmaterialien bis hin zur Verwaltung von Pruumlfungen begleiten und auch selbstorganisiertes Lernen unterstuumltzen

Unterschiedliche Funktionen digitaler Medien und Werkshyzeuge im Bildungsshyprozess

Digitale Technologien koumlnnen zudem eingesetzt werden um konkrete Lerninshyhalte zu vermitteln Solche LehrshyLernshyMittel werden ebenfalls nicht nur von Lehrenden in formalisierten Lernkontexten verwendet (z B in Form virtueller Labore) sondern bieten den Lernenden innerhalb und auszligerhalb von Bildungseinrichtungen die Moumlgshylichkeit sich selbstorganisiert oder informell Inhalte anzueignen Onlinevideos sind hierfuumlr ein typisches Beispiel Damit wird deutlich dass (die gleichen) Medien unabshyhaumlngig vom Grad ihrer Didaktisierung sowohl in formalisierten als auch in informelshylen Settings genutzt werden (koumlnnen)

Eng mit dem Einsatz digitaler Technologien als LehrshyLernshyMittel ist eine 3 Funkshytion verknuumlpft die staumlrker auf den instrumentellen Aspekt der Handhabung bezogen ist Als LehrshyLernshyWerkzeug fuumlr kreatives gestaltendes und interaktives Handeln wird in einer 3 Funktion der Fokus darauf gelegt dass Lernende und Lehrende (a) bestimmte Medien selbst einsetzen sie (b) technisch beherrschen und bearbeiten sowie (c) sie nutzen um mit anderen Personen zu interagieren

Schlieszliglich sind digitale Technologien nicht zuletzt auch ein eigener LehrshyLernshyGegenstand Korrespondierend mit den LehrshyLernshyWerkzeugen lassen sich 3 Arten von Wissen unterscheiden operatives Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoloshygien und ihre Handhabung (Wann und wie werden digitale Medien und Werkzeuge genutzt) technologisches Wissen uumlber die dahinterliegenden Prinzipien und Meshychanismen (Wie und warum funktionieren digitale Medien und Werkzeuge) sowie Reflexionswissen uumlber und die Bewertung von moumlglichen Wirkungen von Technoloshygien auf Individuum und Gesellschaft (Wie und warum wirken digitale Medien und Werkzeuge)

Bildungseinrichshytungen muumlssen flexibel auf untershyschiedliche Lernausgangslagen reagieren hellip

Die Unterscheidung der genannten Funktion dient in den folgenden Unterkashypiteln als eine Heuristik auch wenn aufgrund der begrenzten Verfuumlgbarkeit empishyrischer Daten dieser funktionalen Differenzierung nicht in allen Bildungsbereichen gleichermaszligen oder standardisiert Rechnung getragen werden kann

Abhaumlngig von der Art und Weise vom Umfang und von den Motiven des Einsatzes digitaler Medien und Werkzeuge in den einzelnen Lernshy und Lebenszusammenhaumlngen verfuumlgen Personen uumlber unterschiedliche Einstellungen und Werthaltungen sowie Kenntnisse und Faumlhigkeiten Diese stellen Voraussetzungen fuumlr formale nonshyformale

H 1

235

Konzeptioneller Rahmen

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 1

oder informelle Lernprozesse mit digitalen Medien dar Professionelles Handeln in Bildungseinrichtungen muss diesen heterogenen Lernausgangslagen gerecht werden Dem paumldagogischen Personal kommt dabei eine zentrale Vermittlungsfunktion zu (Abb H1shy1) Je heterogener die Gelegenheitsstrukturen im familiaumlren und im weiteren sozialen Umfeld ausgepraumlgt sind desto wichtiger wird der Kompetenzerwerb in instishytutionalisierten Bildungsprozessen um allen Bildungsteilnehmerinnen und shyteilnehshymern die notwendigen (Basisshy )Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien vermitteln zu koumlnnen Dies setzt auch aufseiten der Lehrenden technischshypraktische Anwendungskompetenzen voraus insbesondere aber didaktische Kenntnisse uumlber Einsatzmoumlglichkeiten sowie Innovationsbereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenshyuumlber neuen Entwicklungen Hierfuumlr bedarf es wiederum geeigneter Rahmungen und Unterstuumltzungssysteme in allen Bildungsbereichen etwa veraumlnderter Ansaumltze in der Ausshy und Fortbildung paumldagogischer Fachkraumlfte

hellip und sind verstaumlrkt in der Vermittlung

digitaler Kompeshytenzen gefordert

Abb H1shy2 Digitale Medien und Werkzeuge als Hilfsmittel fuumlr und Gegenstand von Bildungsprozessen

(1) Organisationsmittel

Paumldagogischshyorganisatorischer Einsatz

Auszligerinstitutionell Institutionell

z B LernplanershyApps z B Kursmanagementshy

systeme z B elektronische Teilnehmerdaten

Informell selbstorganisiert

Didaktisier t formalisiert

z B Onlinetutorials z B Vokabelapps z B Geometriesoftware

(2) LehrshyLernshyMittel

Handhabung und Anwendung

Gestaltung und Modifikation

Interaktion und Mitwirkung

(3) LehrshyLernshyWerkzeug hellip von Lerninhalten mit digitalen Technologien (z B Folien Textshyverarbeitung)

hellip von digitalen Technoshylogien als Lerninhalt (z B Skripte Makros Apps)

hellip in Kommunikationsshyund Gemeinschaftsshyprozessen (z B Lernplattformen)

(4) LehrshyLernshyGegenstand

Erwerb und Anwendung von Wissen uumlber hellip

hellip typische Anwendungen und Funktionen sowie deren Nutzen

hellip Prinzipien der Digitashylisierung Automatisieshyrung und Vernetzung

hellip Wechselwirkungen und Normen

Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Diethelm 2018

Unklar ab welchem Alter digitale Medien

eingesetzt werden sollten

Weitgehend unklar ist jedoch bisher in welchem Alter digitale Medien welche bildungsbezogenen Funktionen uumlbernehmen koumlnnen und sollen und welche Wirkunshygen und Ertraumlge fuumlr den Einzelnen fuumlr die Institutionen und fuumlr das Bildungssystem dadurch zu erwarten sind Die KMK spricht sich dafuumlr aus dass das Lernen mit und uumlber digitale Medien in den Schulen des Primarbereichs beginnen sollte

Fuumlr die Berufsshy Hochschulshy und Weiterbildung stellt sich wiederum die Frage der Passung zwischen erworbenen Kompetenzen beruflichen Qualifikationen und sich wandelnden fachlichen Anforderungen am Arbeitsmarkt Dieses Spannungsfeld wird in zweierlei Hinsicht besonders relevant Zum einen entsteht ein zunehmender Bedarf an einschlaumlgig qualifizierten Fachkraumlften in der Informationsshy und Kommunishykationstechnik zum anderen entstehen neue hybride Qualifikationsprofile mit einer Mischung aus ITshy und anderem Fachwissen sowie komplexen fachuumlbergreifenden Kompetenzen

Aufgrund der Datenshylage Gesamtschau auf Wirkungszusammenshyhaumlnge kaum moumlglich

Die Moumlglichkeiten empirische Einblicke in die genannten Themenfelder zu geshyben haumlngen maszliggeblich von der Verfuumlgbarkeit und Aktualitaumlt aussagekraumlftiger Daten ab Eine zukunftsweisende Gesamtschau die im Sinne der eingangs dargestellten Heuristik (Abb H1shy1) auch Querbezuumlge und Wirkungszusammenhaumlnge zwischen

236

Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

H 1

237

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

H 2

Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

238

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

60

70

80

90

100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

31

30

37

42

30

35

33

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14

25

21

38

28

28

30

19

21

12

18

19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

H 3

249

H 3

Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

72

62

2430 33

21 18

73

97

32

73

88

84 72

57 66

47 45 34 27

56

18

93 97

76

20

6

43

65

97

88

97

95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

254

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

256

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

60

31

44

45

59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

41

55

79

61

20

23

11

4

19

17

8

9

36

28

3

2

41

29

13

31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

274

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

H 4

275

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

28 41

18 35

26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

H 4

278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

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Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

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028

039 043

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062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

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Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

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Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

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Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

H 5

287

H 5

Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

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Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

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Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

H 6

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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oder informelle Lernprozesse mit digitalen Medien dar Professionelles Handeln in Bildungseinrichtungen muss diesen heterogenen Lernausgangslagen gerecht werden Dem paumldagogischen Personal kommt dabei eine zentrale Vermittlungsfunktion zu (Abb H1shy1) Je heterogener die Gelegenheitsstrukturen im familiaumlren und im weiteren sozialen Umfeld ausgepraumlgt sind desto wichtiger wird der Kompetenzerwerb in instishytutionalisierten Bildungsprozessen um allen Bildungsteilnehmerinnen und shyteilnehshymern die notwendigen (Basisshy )Kompetenzen im Umgang mit digitalen Technologien vermitteln zu koumlnnen Dies setzt auch aufseiten der Lehrenden technischshypraktische Anwendungskompetenzen voraus insbesondere aber didaktische Kenntnisse uumlber Einsatzmoumlglichkeiten sowie Innovationsbereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenshyuumlber neuen Entwicklungen Hierfuumlr bedarf es wiederum geeigneter Rahmungen und Unterstuumltzungssysteme in allen Bildungsbereichen etwa veraumlnderter Ansaumltze in der Ausshy und Fortbildung paumldagogischer Fachkraumlfte

hellip und sind verstaumlrkt in der Vermittlung

digitaler Kompeshytenzen gefordert

Abb H1shy2 Digitale Medien und Werkzeuge als Hilfsmittel fuumlr und Gegenstand von Bildungsprozessen

(1) Organisationsmittel

Paumldagogischshyorganisatorischer Einsatz

Auszligerinstitutionell Institutionell

z B LernplanershyApps z B Kursmanagementshy

systeme z B elektronische Teilnehmerdaten

Informell selbstorganisiert

Didaktisier t formalisiert

z B Onlinetutorials z B Vokabelapps z B Geometriesoftware

(2) LehrshyLernshyMittel

Handhabung und Anwendung

Gestaltung und Modifikation

Interaktion und Mitwirkung

(3) LehrshyLernshyWerkzeug hellip von Lerninhalten mit digitalen Technologien (z B Folien Textshyverarbeitung)

hellip von digitalen Technoshylogien als Lerninhalt (z B Skripte Makros Apps)

hellip in Kommunikationsshyund Gemeinschaftsshyprozessen (z B Lernplattformen)

(4) LehrshyLernshyGegenstand

Erwerb und Anwendung von Wissen uumlber hellip

hellip typische Anwendungen und Funktionen sowie deren Nutzen

hellip Prinzipien der Digitashylisierung Automatisieshyrung und Vernetzung

hellip Wechselwirkungen und Normen

Quelle Eigene Darstellung in Anlehnung an Diethelm 2018

Unklar ab welchem Alter digitale Medien

eingesetzt werden sollten

Weitgehend unklar ist jedoch bisher in welchem Alter digitale Medien welche bildungsbezogenen Funktionen uumlbernehmen koumlnnen und sollen und welche Wirkunshygen und Ertraumlge fuumlr den Einzelnen fuumlr die Institutionen und fuumlr das Bildungssystem dadurch zu erwarten sind Die KMK spricht sich dafuumlr aus dass das Lernen mit und uumlber digitale Medien in den Schulen des Primarbereichs beginnen sollte

Fuumlr die Berufsshy Hochschulshy und Weiterbildung stellt sich wiederum die Frage der Passung zwischen erworbenen Kompetenzen beruflichen Qualifikationen und sich wandelnden fachlichen Anforderungen am Arbeitsmarkt Dieses Spannungsfeld wird in zweierlei Hinsicht besonders relevant Zum einen entsteht ein zunehmender Bedarf an einschlaumlgig qualifizierten Fachkraumlften in der Informationsshy und Kommunishykationstechnik zum anderen entstehen neue hybride Qualifikationsprofile mit einer Mischung aus ITshy und anderem Fachwissen sowie komplexen fachuumlbergreifenden Kompetenzen

Aufgrund der Datenshylage Gesamtschau auf Wirkungszusammenshyhaumlnge kaum moumlglich

Die Moumlglichkeiten empirische Einblicke in die genannten Themenfelder zu geshyben haumlngen maszliggeblich von der Verfuumlgbarkeit und Aktualitaumlt aussagekraumlftiger Daten ab Eine zukunftsweisende Gesamtschau die im Sinne der eingangs dargestellten Heuristik (Abb H1shy1) auch Querbezuumlge und Wirkungszusammenhaumlnge zwischen

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Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

H 2

Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

238

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

60

70

80

90

100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

31

30

37

42

30

35

33

22

14

25

21

38

28

28

30

19

21

12

18

19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

H 3

249

H 3

Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

72

62

2430 33

21 18

73

97

32

73

88

84 72

57 66

47 45 34 27

56

18

93 97

76

20

6

43

65

97

88

97

95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

254

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

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matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

256

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

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H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

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0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

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87

94

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8

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31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

274

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

H 4

275

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

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81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

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35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

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in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

H 4

278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

H 4

279

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

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017 018

028

039 043

053

062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

283

H 5

Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

284

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

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Daumlnemark

Deutschland Portugal

Finnland

Republik Korea

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Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

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H 5

Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

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Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

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290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

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Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

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Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

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297

Bildung in einer digitalisierten Welt

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Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

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Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

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0

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Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

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Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

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Page 7: Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

Konzeptioneller Rahmen

den Akteursebenen Bildungsbereichen und Systemebenen herzustellen vermag ist aufgrund der begrenzten Verknuumlpfbarkeit belastbarer Daten kaum moumlglich Zudem fehlt es bislang weitgehend an wissenschaftlich abgesicherten Referenzmaszligstaumlben die einen Qualitaumltsrahmen fuumlr die skizzierten Themenfelder formulieren und damit eine klare Zielperspektive fuumlr die idealtypische Ausgestaltung von Gelegenheitsstrukshyturen Nutzungsmustern oder Professionalisierungskonzepten vorgeben Trotz dieser Begrenzungen liegen den Analysen im Schwerpunktkapitel eine Reihe querliegender Differenzierungslinien zugrunde die fuumlr alle Bildungsbereiche gemeinsame Vershygleichsmaszligstaumlbe bieten Wann immer es empirisch moumlglich ist werden zwischen den Altersstufen und Bildungsbereichen innershy und auszligerinstitutionelle Kontexte sowie Differenzierungen nach personenbezogenen Hintergrundmerkmalen gegenshyuumlbergestellt

Das folgende Kapitel bietet 4 je nach Bildungsbereich unterschiedlich akzentuierte Analyseperspektiven

(1) Verfuumlgbarkeit von digitalen Technologien innershy und auszligerhalb von Bildungsshyeinrichtungen (H2)

(2) Ausmaszlig Motivation und Form der Nutzung digitaler Technologien durch die Bildungsteilnehmenden in institutionellen und auszligerinstitutionellen Kontexten (H3)

(3) Kompetenzen und Einstellungen des paumldagogischen Personals sowie dessen Ausshyund Fortbildung (H4) und

(4) Wirkungen die mit dem Einsatz digitaler Medien verbunden sind (H5)

Abschlieszligend werden die empirischen Befunde mit Blick auf Moumlglichkeiten und Potenziale sowie bestehende Herausforderungen und Anpassungsshy und Entwicklungsshybedarfe auf individueller institutioneller und systemischer Ebene bilanziert (H6)

H 1

237

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

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Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

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100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

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Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

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100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

31

30

37

42

30

35

33

22

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21

38

28

28

30

19

21

12

18

19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

243

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

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249

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Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

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2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

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84 72

57 66

47 45 34 27

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95 77

29

Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

H 3

253

H 3

12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

60

31

44

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59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

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4

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17

8

9

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2

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29

13

31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

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Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

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Bildung in einer digitalisierten Welt

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mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

28 41

18 35

26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

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278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

H 4

279

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

Inte

rakt

ive

Lern

vide

os

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llige

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Frem

dspr

ache

n

017 018

028

039 043

053

062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

283

H 5

Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

284

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

Mit

tler

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nun

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huumlle

r in

Kom

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nkte

n

550

500

450

400 0

Daumlnemark

Deutschland Portugal

Finnland

Republik Korea

USA

Italien

Chile Luxemburg

Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

285

H 5

Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

286

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

H 5

287

H 5

Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

H 6

297

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 6

Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

298

Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

32

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

1 1

0

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299

H 6

H 6

Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

H 6

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Page 8: Bildung in einer digitalisierten Welt - DE

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

Digitale Medien sind mittlerweile ein selbstverstaumlndlicher Bestandteil des alltaumlglishychen Lebens Die Entwicklung des Personal Computer in den 1980ershyJahren war ein wichtiger Ausgangspunkt fuumlr die zunehmende Bedeutung digitaler Medien maszliggebshylich beschleunigt wurde dieser Trend durch die Verbreitung des World Wide Web seit den 1990ershyJahren Die Etablierung immer kleinerer und erschwinglicherer mobiler Endgeraumlte ndash allen voran des Smartphones ndash hat zu einer Omnipraumlsenz digitaler Techshynologien in praktisch allen Lebensbereichen gefuumlhrt Nachfolgend werden sowohl der individuelle Zugang zu gaumlngigen digitalen Technologien als auch die technische Ausstattung von Bildungseinrichtungen in den Blick genommen

Individuelle Ausstattung und Zugang zu digitalen Technologien Groszligteil der Hausshyhalte verfuumlgt uumlber

umfangreiche digitale Ausstattung

Wie rasant digitale Technologien in den Alltag Einzug gehalten haben laumlsst sich exemplarisch am Zugang von Haushalten zum Internet und am Smartphonebesitz von Jugendlichen zeigen 9 von 10 Haushalten verfuumlgen heute uumlber einen Internetshyzugang (Abb H2shy1 linker Teil) Ende der 1990ershyJahre war ein Internetzugang noch eine Ausnahme und weniger als 10 der Haushalte waren an das World Wide Web angeschlossen Heute verfuumlgen Haushalte zudem uumlber eine Vielzahl digitaler Geraumlte (Tab H2shy1web) daruumlber hinaus besitzen in Deutschland die meisten Menschen ein Mobiltelefon oder ein internetfaumlhiges Smartphone (Tab H2shy1web)

Erster Kontakt mit digitalen Medien in

der Familie

Ab einem Alter von 12 Jahren Besitz eines eigenen Smartphones

der Regelfall

Von Anfang an bekommen Kleinkinder die Nutzung digitaler Medien in der Fashymilie mit beispielsweise bei der Kommunikation zwischen den Eltern untereinander oder mit aumllteren Geschwistern die immer haumlufiger auch uumlber Smartphones stattfinshydet (mpfs 2017) Allerdings besitzen Kinder in den ersten Lebensjahren nur selten eigene digitale Endgeraumlte So hatte 2019 1 der 4shy und 5shyjaumlhrigen Kinder ein eigenes Smartphone (KMS 2019) Dies aumlndert sich deutlich gegen Ende der Grundschulzeit im Jahr 2019 besitzen zu diesem Zeitpunkt knapp zwei Drittel der 10shyJaumlhrigen (63 )

H 2

Abb H2shy1 Verfuumlgbarkeit digitaler Technologien im zeitlichen Wandel

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung mpfs JIMshyStudie k Tab H2shy3web Tab H2shy4web

12ndash13 Jahre 14ndash15 Jahre 16ndash17 Jahre 18ndash19 Jahre

Haushalte mit Internetzugang Smartphonebesitz bei Jugendlichen

2010 2012 2014 2018 0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100 in

7 28 81 9511 47 90 9716 49 93 9719 64 89 99

1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019

238

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

ein eigenes Smartphone (Tab H2shy2web) Ab einem Alter von 12 Jahren ist der Besitz eines solchen Geraumlts mittlerweile Normalitaumlt (Abb H2shy1 rechter Teil)

Kaum Unterschiede zwischen Jungen und Maumldchen im Besitz digitaler Endgeraumlte

Kinder und Jugendliche haben inzwischen Zugang zu einer Vielzahl verschiedeshyner digitaler Geraumlte (Tab H2shy6web Tab H2shy4web) Dabei zeigen sich kaum mehr Geshyschlechterunterschiede (Abb H2shy6web) Eine Ausnahme bildet der Zugang zu stationaumlshyren und mobilen Computern was ein Indiz fuumlr die unterschiedlichen Nutzungsmuster von Maumldchen und Jungen sein koumlnnte (H3) Nach wie vor bestehen in Deutschland relativ bestaumlndige Disparitaumlten im individuellen Zugang zu digitalen Medien nach der sozialen Herkunft (Abb H2shy2 Tab H2shy7web) Waumlhrend 2019 nahezu alle einkommensshystarken Haushalte uumlber einen Internetzugang verfuumlgten waren es bei den einkomshymensschwaumlchsten Haushalten nur 80 Wenngleich sich die Unterschiede zwischen beiden Gruppen von Haushalten verringert haben (von gut 40 Prozentpunkten im Jahr 2011 auf gut 20 im Jahr 2019 Abb H2shy2) ist der Unterschied in einer zunehmend digitalen Alltagswelt jedoch immer noch sehr praumlgnant

Abb H2shy2 Soziooumlkonomische Unterschiede im Zugang von Haushalten zum Internet nach Einkommensquartilen 2011 bis 2019 (in )

50

60

70

80

90

100 in

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019

Haushalte mit Internetzugang 1 Quartil 4 Quartil

0

Quelle Statistische Aumlmter des Bundes und der Laumlnder IKTshyErhebung eigene Darstellung k Tab H2shy5web

Auf Individualebene zeigt sich dass Frauen insgesamt zu geringeren Anteilen uumlber einen Internetzugang verfuumlgen als Maumlnner In staumlrkerem Maszlige sind Disparitaumlten auch nach dem Alter erkennbar Waumlhrend sich die Ausstattung der 65shy bis 69shyJaumlhrigen nur unwesentlich von denen der Juumlngeren unterscheidet verfuumlgen die uumlber 70shyJaumlhshyrigen deutlich seltener uumlber einen privaten Internetzugang und digitale Endgeraumlte (Tab H2shy8web) Es ist anzunehmen dass diese altersspezifischen Unterschiede mit dem Generationswechsel kleiner werden

Erhebliche regionale Unterschiede in der Breitbandversorgung

Um das Potenzial digitaler Medien voll ausschoumlpfen zu koumlnnen wird dem Zugang zu Breitbandanschluumlssen mit hoher Datenuumlbertragungsgeschwindigkeit besondere Relevanz zugeschrieben Eine Studie des Bundesministeriums fuumlr Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2019 hat allerdings aufzeigen koumlnnen dass mehr als jeder 5 Haushalt in Deutschland nach wie vor lediglich Zugang zu (Breitbandshy) Anschluumlssen mit einer Uumlbertragungsrate von maximal 16 Mbits hat Diesbezuumlglich bestehen deutliche regionale Unterschiede In SachsenshyAnhalt haben beispielsweise 45 der Haushalte keinen oder lediglich einen Internetzugang mit geringer Bandshybreite im Vergleich zu nur 10 der Haushalte in den Stadtstaaten Aber auch Regionen mit geringerer Bevoumllkerungsdichte unterscheiden sich in der verfuumlgbaren digitalen Infrastruktur Beim mobilen Internet sind ebenfalls regionale Unterschiede erkennshybar insgesamt jedoch schwaumlcher ausgepraumlgt Staumldtische Gemeinden sind nahezu vollstaumlndig (997 ) mit Bandbreiten von mindestens 6 Mbits versorgt in laumlndlichen Gemeinden sind es 897 Wie sich regionale Disparitaumlten mit der Einfuumlhrung des naumlchsten Mobilfunkstandards (5G) entwickeln werden bleibt abzuwarten

H 2

239

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Ausstattung von Bildungseinrichtungen mit digitalen Medien Bildungseinrichtungen stehen vor der Herausforderung die digitalen Kompetenzen ihrer Adressatinnen und Adressaten bestmoumlglich zu foumlrdern Dies erfordert eine entshysprechende paumldagogische und technische Infrastruktur

Kindertageseinrichtungen Der gezielte Einsatz digitaler Medien bereits in der fruumlhen Bildung wird kontrovers diskutiert Einerseits betont die Fachwissenschaft die bildungsfoumlrderlichen Aspekte digitaler Medien (vgl Blossfeld et al 2018) und die Bildungsshy und Erziehungsplaumlne mancher Bundeslaumlnder raumlumen zwar der allgemeinen Medienbildung einen Stellenshywert ein bislang kaum jedoch der digitalen Bildung (H5) Zudem herrscht bei Eltern (H3) eine eher kritische Haltung hinsichtlich der Verwendung von digitalen Medien in Kindertageseinrichtungen vor

Kindertageseinrichshytungen verfuumlgen

selten uumlber Tablets die mit den Kindern

genutzt werden

Grundsaumltzlich verfuumlgen fast alle Einrichtungen der fruumlhen Bildung uumlber digishytale Endgeraumlte Gemaumlszlig einer 2017 deutschlandweit durchgefuumlhrten repraumlsentativen Telefonumfrage in 709 Kindertageseinrichtungen sind dies in den meisten Faumlllen Digitalkameras (92 ) und PCsLaptops (82 ) fuumlr die Fachshy und Leitungskraumlfte Comshyputer dienen dabei jedoch in weniger als einem Drittel der Einrichtungen auch der paumldagogischen Arbeit (H3) Digitalkameras koumlnnen in mehr als der Haumllfte der Kinshydertageseinrichtungen mit den Kindern genutzt werden Tablets hingegen die sich fuumlr die Nutzung mit kleinen Kindern anbieten stehen in nur 7 der Einrichtungen bereit (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Ausstattung mit digitalen Technoloshy

gien in Kindertagesshyeinrichtungen scheint

sich zu verbessern

In den letzten Jahren scheint sich die Ausstattung der Kindertageseinrichtungen verbessert zu haben Schaumltzten 2014 noch 68 der paumldagogisch Taumltigen die Ausstatshytung in ihrer Kindertageseinrichtung mit Computern und anderen digitalen Medien als eher schlecht bis sehr schlecht ein (IfDshyAllensbach 2015) so waren 2017 lediglich 42 der Fachshy und Leitungskraumlfte (eher) nicht zufrieden mit der technischen Ausstatshytung (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Allgemeinbildende Schulen

Technische Infrastruktur an

deutschen Schulen international

weiterhin nicht anschlussfaumlhig hellip

Die technische Infrastruktur an deutschen Schulen ist auch im internationalen Vershygleich weiterhin unterdurchschnittlich (vgl Eickelmann et al 2019) Deshalb stellen Bund und Laumlnder mit der im Mai 2019 in Kraft getretenen bdquoVerwaltungsvereinbarung DigitalPakt Schuleldquo allgemeinbildenden und beruflichen Schulen 55 Milliarden Euro fuumlr eine verbesserte digitale Infrastruktur zur Verfuumlgung etwa durch den Ausbau von Breitbandanbindungen Zudem finanzieren einige Laumlnder den Schulen auch den Ershywerb von mobilen Endgeraumlten (Bremen) und digitalen Arbeitsgeraumlten (Brandenburg) sowie Anzeigegeraumlten (Berlin)

hellip insbesondere Ausstattung mit

mobilen Endgeraumlten unterdurchschnittlich

Bei einer Anfang 2020 durchgefuumlhrten Schulleitungsbefragung gaben mehr als zwei Drittel der Grundschulleitungen an dass in ihrer Schule weder Klassensaumltze an mobilen Endgeraumlten (71 ) noch ein Zugang zum Breitbandinternet bzw WLAN (69 ) in allen Klassenraumlumen verfuumlgbar sind (Verband Bildung und Erziehung 2020) Mit der ICILS shy2018shyStudie kann die Ausstattung an Schulen des Sekundarbereichs I vor der Etablierung des Digitalpakts im Bundestrend differenziert betrachtet werden (Eickelmann et al 2019) Im Mittel teilen sich im Jahr 2018 fast 10 Schuumllerinnen und Schuumller ein digitales Endgeraumlt gegenuumlber der ersten Erhebung 2013 zeigt sich damit kein signifikanter Unterschied Die Ausstattung mit mobilen Endgeraumlten (Notebooks und Tablets) gegenuumlber anderen europaumlischen Staaten blieb so weiter unterdurchshyschnittlich (Tab H2shy9web)

Die Art der Ausstattung wird in Deutschland nach wie vor von Computerraumlumen dominiert Ein deutlich geringerer Anteil von Schuumllerinnen und Schuumllern besucht

240

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Schule an der digitale Medien in den meisten Klassenraumlumen oder als transshyportable Klassensaumltze zur Verfuumlgung stehen (Tab H2shy10web) Entwicklungspotenzial wird auch im Blick auf weitere Ausstattungsmerkmale deutlich So besucht ein beshytraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller eine Schule des Sekundarbereichs I ohne WLAN (32 ) ohne Lernmanagementsysteme (45 ) oder ohne internetbasierte Anwendungen fuumlr gemeinschaftliches Arbeiten (71 ) (Tab H2shy11web Tab H2shy12web Tab H2shy13web)

Laut einem betraumlchtlichen Teil der im Rahmen von ICILS 2018 befragten ITshyKoordinatoren ist der Einsatz von digitalen Medien im Unterricht durch die Geshyschwindigkeit des Internetanschlusses (67 ) oder eine zu geringe Zahl an Computern fuumlr Unterrichtszwecke (66 ) beeintraumlchtigt Zudem klagen deutsche Lehrkraumlfte vershygleichsweise haumlufiger uumlber die ITshyAusstattung und den unzureichenden Zugang zu digitalen Lernmaterialien (Abb H2shy3) Ausstattungsunterschiede zwischen Gymnasien und sonstigen allgemeinbildenden Schularten sind dabei laut der Schulleitungsbeshyfragung der PISAshyStudie 2018 nicht signifikant (Tab H2shy14web)

Fuumlr eine gelingende Integration digitaler Medien in das Unterrichtsgeschehen spielt neben der Ausstattung der technische (z B Wartung von Hardware oder das Installieren von Software) und paumldagogische Support (Unterstuumltzung der Integration in Lehrshy und Lernprozesse) eine entscheidende Rolle Ein im internationalen Vergleich hoher Anteil von ITshyKoordinatorinnen und shyKoordinatoren und Lehrkraumlften gibt im Rahmen von ICILS 2018 an dass der Einsatz digitaler Medien in der Schule durch unzureichenden technischen undoder paumldagogischen Support beeintraumlchtigt wird (Tab H2shy15web Tab H2shy16web)

Das Mitbringen eigener Geraumlte (bdquobring your own deviceldquo) spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle In anderen Staaten ndashallen voran Daumlnemark ndashstehen den Schuumllerinnen und Schuumllern nicht nur mehr schulische digitale Geraumlte zum Lershynen zur Verfuumlgung vielmehr wird die in der Schule vorgehaltene ITshyAusstattung auch haumlufiger durch schuumllereigene Geraumlte ergaumlnzt (Tab H2shy10web) Hierbei spielen jedoch auch rechtliche Rahmenbedingungen (etwa der Datenschutz) eine Rolle Ein Blick in die USA wo in den Schulen nahezu eine EinsshyzushyeinsshyAusstattung vorhanden ist zeigt gleichwohl dass die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien zwar eine notwendige aber

Beeintraumlchtigung durch unzureichende technische Infrastruktur

Nachholbedarf bei technischem und paumldagogischem Support an weitershyfuumlhrenden Schulen

Mitbringen eigener Geraumlte spielt an deutschen Schulen bislang kaum eine Rolle

Abb H2shy3 Beeintraumlchtigung des Einsatzes digitaler Medien durch technische Faktoren an Schulen des Sekundarbereichs I 2018 (in )

Angaben aus dem technischen Teil des Schulfragebogens gewichtet auf die Schuumllerpopulation Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018

hellip unzureichende Bandbreite oder Geschwindigkeit des Internetanschlusses

hellip zu wenige Computer fuumlr Unterrichtszwecke

hellip Mangel an ausreichend leistungsstarken Computern

hellip zu wenige Computer mit Internetanschluss

Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Beeintraumlchtigung des Einsatzes von digitalen Medien im Unterricht durch

17

37

17

24

15

19

8

31

30

37

42

30

35

33

22

14

25

21

38

28

28

30

19

21

12

18

19

31

14 29 17 40

Deutschland

Internationaler Mittelwert Stark Teilweise Sehr wenig Gar nicht

H 2

241

H 2

keine hinreichende Bedingung fuumlr die tatsaumlchliche Nutzung (H3) sowie den Aufbau von digitalen Kompetenzen (H5) ist Ein Automatismus der Veraumlnderung des Lernens durch die Verfuumlgbarmachung digitaler Ausstattung ergibt sich nicht

Eine nachhaltige Implementierung digitaler Medien in schulische Lehrshy und Lernshyprozesse scheint vor allem dann zu gelingen wenn der Einsatz digitaler Medien in der Kultur der Schule verankert ist die Kompetenzen und Einstellungen der schulischen Akteurinnen und Akteure beruumlcksichtigt und die Ziele in Medienkonzepten festshyschreibt Unabhaumlngig von politischen Unterstuumltzungssystemen koumlnnen die Nutzung des Handlungsspielraums und das Ergreifen kleiner Maszlignahmen bereits deutliche Wirkungen erzielen (Eickelmann 2013) Aktuell zeigt sich eine groszlige Bandbreite des Entwicklungsstandes der Schulen der mit den zu kompensierenden Unterrichtsshyausfaumlllen waumlhrend der CoronashyPandemie in besonderem Maszlige offenkundig wird Waumlhrend einige Schulen bereits erfolgreich digitale Medien in den Schulshy und Untershyrichtsalltag integriert haben stehen andere noch ganz am Anfang der Entwicklung Die Ergebnisse der ICILSshyStudie 2018 zeigen dass zwei Drittel der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler eine Schule besuchen in der die Schulleitung zentrale digitalisieshyrungsbezogene Zielsetzungen als wichtig erachtet Jedoch wird die Foumlrderung von grundlegenden computerbezogenen Faumlhigkeiten nur von knapp uumlber der Haumllfte der Schulleitungen als wichtig erachtet und lediglich zwei Fuumlnftel (41 ) der Lehrkraumlfte stimmen der Aussage zu der Einsatz digitaler Medien habe an ihrer Schule Prioritaumlt Im internationalen Vergleich werden damit erhebliche Entwicklungsbedarfe deutlich (Eickelmann et al 2019)

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe

Digitale Arbeitsgeraumlte selten an Berufsschushy

len verfuumlgbar

Aufgrund der unzureichenden Datenlage zu berufsschulischen Infrastrukturen muss auf eine auf geringen Fallzahlen beruhende Schulleitungsstudie aus dem Jahr 2016 zuruumlckgegriffen werden die aufgrund ihres Erhebungszeitpunkts nur noch eine einshygeschraumlnkte Aussagekraft besitzt Danach zeigen sich in den Berufsschulen deutliche Unterschiede nach Art der technischen Ausstattung (Abb H2shy7web rechts) DesktopshyComputer und Notebooks wie auch Beamer existieren in uumlberwiegend ausreichender Stuumlckzahl in fast allen Berufsschulen Digitale Kameras und auch das interaktive Whiteboard scheinen ebenfalls zur Grundausstattung von Berufsschulen zu gehoumlshyren Berufsspezifische digitale Arbeitsgeraumlte die im Unterricht als LehrshyLernshyGegenshystand eingesetzt werden koumlnnen stehen jedoch nur selten zur Verfuumlgung Knapp drei Viertel der Befragten gaben die Existenz einer WLANshyVerbindung an aber nur gut zwei Drittel von ihnen sprachen von guter oder sehr guter Qualitaumlt der Verbindung (Abb H2shy7web links)

Geraumlte mit Internetzugang als

Standardausstattung betrieblicher

Ausbildung

Um einen Eindruck uumlber die geraumltetechnische Ausstattung in der betrieblichen Ausbildung zu gewinnen wird im Folgenden auf Ergebnisse der repraumlsentativen BIBBshyStudie bdquoDigitale Medien in Betrieben ndash heute und morgen Eine Folgeuntersuchungldquo zuruumlckgegriffen in der 2019 die Nutzung ausgewaumlhlter digitaler Arbeitsgeraumlte im Ausbildungsprozess erhoben wurde Demnach gehoumlren Geraumlte mit Internetzugang inzwischen zur Grundausstattung in der betrieblichen Ausbildung nur in 7 der Betriebe ist dies nicht der Fall (Abb H2shy4) Am haumlufigsten findet man in der Ausbildung den DesktopshyComputer mit Internetzugang (82 ) gefolgt von Scanner (62 ) sowie Laptop und Smartphone in etwa drei Fuumlnftel der befragten Betriebe (Tab H2shy17web)

Wie weit Digitalisierungstechnologien die schon laumlnger die Arbeitswelt praumlgen aber haumlufig sehr spezifisch fuumlr einzelne Berufsfelder sind (z B CNCshyMaschinen fuumlr die Zerspanungsberufe) zur Ausstattung der betrieblichen Ausbildung gehoumlren laumlsst sich aufgrund des Studiendesigns nicht sagen Digitale Arbeitsgeraumlte der juumlngeren Generation wie 3shyDshyDrucker Datenbrillen oder Datenuhren gehoumlren eher selten dazu

242

Bildung in einer digitalisierten Welt

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

(Tab H2shy1 7web) So bilden vor allem internetfaumlhige Endgeraumlte die ganz unterschiedshyliche Funktionen erfuumlllen koumlnnen die hardwaretechnische Grundausstattung der betrieblichen Ausbildung Sichtbar sind zudem erkennbare Unterschiede nach Branshychen und Berufsfeldern auch wenn gegenuumlber 2015 (Tab H2shy18web) ein genereller Angleichungsprozess zu beobachten ist Diese Differenzen duumlrften damit zusammenshyhaumlngen dass die Geraumlte in einigen Faumlllen das zentrale Medium der Abwicklung taumltigshykeitstypischer Aufgaben bilden So setzen im Bereich der Finanzshy und Versicherungsshydienstleistungen sowie des oumlffentlichen Dienstes alle Betriebe solche Geraumlte in der Ausbildung ein im Baugewerbe oder in Beherbergung und Gastronomie ist dies nur in etwa vier Fuumlnfteln der Ausbildungsbetriebe der Fall (Abb H2shy4 Tab H2shy17web) In 99 der Betriebe mit einer im Schwerpunkt kaufmaumlnnischshyverwaltenden Ausbildung geshyhoumlrt ein internetfaumlhiges Endgeraumlt zur Grundausstattung im gewerblichshytechnischen Sektor deutlich seltener (87 ) Zudem werden in groumlszligeren Betrieben (50 und mehr Beschaumlftigte) wie auch in den Kleinstshy und Kleinbetrieben (1ndash19 Beschaumlftigte) Geraumlte mit Internetzugang in der Ausbildung haumlufiger genutzt (94 bis 96 ) als in Betrieben mit zwischen 20 und 49 Beschaumlftigten (Abb H2shy4 Tab H2shy18web) Der gerade bei den Kleinstbetrieben gegenuumlber 2015 stark gestiegene Anteil laumlsst sich moumlglicherweise durch eine hier besonders starke Nutzung privater Smartphones im Arbeitsalltag erklaumlren die in groumlszligeren Betrieben aufgrund staumlrkerer Beachtung formaler Rahmenshybedingungen schnell an Grenzen stoumlszligt

Angleichung der digitalen Ausstattung im Zeitverlauf hellip

hellip aber erkennbare Unterschiede in der Grundausstattung nach Branchen und Ausbildungsshyrichtungen

Abb H2shy4 Nutzung von Geraumlten mit Internetzugang in der betrieblichen Ausbildung 2019 nach ausgewaumlhlter Branche Betriebsgroumlszlige und Ausbildungsr ichtung des Betriebes (in )

DesktopshyPC mit Internetzugang Laptop mit Internetzugang Smar tphone Tablet Ausbildungsrichtung des Berufs in dem im Betrieb die meisten Auszubildenden ausgebildet werden Quelle Gensicke et al 2020 n = 1193 Ausbildungsbetriebe eigene Darstellung

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Insgesamt

Finanzshy und Versicherungsdienstleistungen

Oumlffentlicher Dienst

FahrzeugshyMaschinenbau KfzshyReparatur

Gesundheitsshy und Sozialwesen

Beherbergung und Gastronomie

Baugewerbe

1ndash19 Beschaumlftigte

20ndash49 Beschaumlftigte

50ndash249 Beschaumlftigte

250 und mehr Besc haumlftigte

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Ausbildung

Pflegerischshysoziale Ausbildung

Gewerblichshytechnische Ausbildung 87

93

99

96

96

87

94

80

84

96

99

100

100

93

Hochschulen In der Hochschulverwaltung teilweise auch in der Lehre wurden viele der immer noch maszliggebenden digitalen Technologien bereits fruumlh genutzt und haben inzwishyschen groszlige Verbreitung gefunden (Abb H2shy8web) Der Digitalisierung wird an den

H 2

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Bildung in einer digitalisierten Welt

H 2

Hochschulen ein hoher Stellenwert zugeschrieben (Gilch et al 2019 Wannemacher 2016) Sie ist haumlufig in programmatischen Dokumenten wie den Hochschulstrategien verankert (Gilch et al 2019) als hochschuleigene Digitalisierungsstrategie beschlosshysen oder in Arbeit (ebd) zum Teil auch Bestandteil von Zielvereinbarungen mit den Laumlndern Der Stand der Umsetzung solcher Strategien wurde in der Vergangenheit allerdings teilweise skeptisch beurteilt (Tab H2shy19web Sailer et al 2018)

Lehrbezogene ITshySysteme an den Hochschulen weit

verbreitet

Sowohl fuumlr die Lehre als auch in Forschung und Verwaltung wurden an den meisten Hochschulen ITshySysteme angeschafft Die meisten Hochschulen haben inzwishyschen Campusmanagementshy und Lernmanagementsysteme implementiert die die Administration wie auch die Lehre selbst unterstuumltzen (Abb H2shy5)

Abb H2shy5 Implementierung lehrbezogener ITshySysteme (CMS LMS) nach Art der Hochschulen 2018 (in )

in 100

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0

2 2 3

5 5 2

2 7 5 5 8

7 8 28

9

40 40 38 30 32

48 54 47 55 68 51

Hochschulen insgesamt (n = 114)

Universitaumlten (n = 43)

Fachhochschulen (n = 55)

Campusmanagementsysteme (CMS)

Hochschulen insgesamt (n = 107)

Universitaumlten (n = 40)

Fachhochschulen (n = 53)

Lernmanagementsysteme (LMS)

Vollstaumlndig implementiert Teilweise implementiert Implementierung beschlossen Implementierung in Pruumlfung Keine Implementierung geplant

CMS Campusmanagementsystem Softwaresystem zur Administrierung der Lehre (z B Studierendenshy oder Pruumlfungsshyverwaltung)

LMS Lernmanagementsystem Softwaresystem zur Unterstuumltzung der Lehre (z B Bereitstellung und Bearbeitung von Lehrmaterialien veranstaltungsbezogene Kommunikation)

Universitaumlten zur Haumllfte groszlige Hochschulen mit mehr als 20000 Studierenden Fachhochschulen fast ausschlieszliglich kleine und mittlere Hochschulen

Basis ist eine Befragung an der Hochschulleitungen von 118 Hochschulen teilgenommen haben darunter 47 Univershysitaumlten (einschlieszliglich paumld Hochschulen) 59 Fachhochschulen (einschlieszliglich duale Hochschulen ) 9 Kunsthochshyschulen sowie 3 sonstige Hochschulen

Quelle Gilch et al 2019

Studierende und Lehrende mit

digitaler Ausstattung uumlberwiegend

zufrieden

Der Aktionsrat Bildung schaumltzt die ITshy Infrastruktur an Hochschulen auch aufshygrund verschiedener Foumlrderprogramme und staatlicher Investitionen in den verganshygenen Jahren insgesamt als gut ein (Blossfeld et al 2018) Knapp 60 der Lehrenden bewerten die digitale Ausstattung an ihrer Hochschule als sehr gut oder gut weitere 25 als zufriedenstellend (Tab H2shy20web) Gleichermaszligen wurden die Ausstattung aber auch der Zugang zum WLAN uumlber verschiedene Hochschulen hinweg von den Studierenden bereits 2014 uumlberwiegend positiv beurteilt (Abb H2shy9web) Trotzdem werden weiterhin stetige Investitionsshy und Handlungsbedarfe diagnostiziert etwa bei der digitalen Infrastruktur oder der Integration der verschiedenen Daten und Anwendungen (vgl Henke et al 2019 Gilch et al 2019)

Zu der als gut beurteilten Ausstattung traumlgt auch bei dass Studierende und Lehrende vielfach private digitale Endgeraumlte fuumlr das Lehren und Lernen nutzen Nur

244

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

eine Minderheit der Lehrenden gestattet es nicht eigene Geraumlte fuumlr veranstaltungsshybezogene Zwecke zu nutzen (Schmid et al 2017a) Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen verwenden 79 der Studierenden ihren privaten Laptop in der Lehrshyveranstaltung 74 ein Smartphone nur 7 verwenden kein privates Geraumlt in den Veranstaltungen (Sailer et al 2018) Insgesamt setzten 2016 bereits 91 der Studieshyrenden einen mobilen PC (Laptop Notebook) fuumlr ihr Studium ein (Willige 2016) In der CoronashyPandemie hat sich gezeigt dass die Ausstattung der Hochschulen der Studierenden und Lehrenden tatsaumlchlich gute Voraussetzungen fuumlr den schnellen Umstieg auf digitale Lehre zu bieten scheint Im Sommersemester 2020 in dem die Lehre wegen der CoronashyPandemie fast ausschlieszliglich digital durchgefuumlhrt werden konnte schaumltzen 90 der 148 vom Stifterverband fuumlr die deutsche Wissenschaft zu Beginn des Sommersemesters 2020 befragten Hochschulleitungen ihre Hochschulen als gut vorbereitet ein Etwa drei Viertel der Lehrveranstaltungen koumlnnten demnach digital durchgefuumlhrt werden auch knapp zwei Drittel der Pruumlfungen Dennoch ist die digitale Infrastruktur nach Einschaumltzung der Hochschulleitungen weiter auszubauen (Stifterverband 2020)

Nutzung eigener mobiler Geraumlte in Veranstaltungen und Studium weit verbreitet

Einrichtungen der Weiterbildung und ITshyAusstattung im oumlffentlichen Raum

97 der Weiterbildungsshyeinrichtungen haben Internetzugang in Unterrichtsraumlumen

Aus der aktuellen wbmonitorshyBefragung 2019 geht hervor dass 97 der Einrichshytungen der Weiterbildung in Veranstaltungsraumlumen uumlber einen Internetzugang vershyfuumlgen jedoch in unterschiedlicher Weise 62 der Einrichtungen haben in allen Seminarraumlumen ihres Hauptstandorts einen dauerhaften Internetzugang 39 in allen Seminarraumlumen ihrer Nebenstandorte und 25 in allen angemieteten Seminarshyraumlumen Von den Einrichtungen die nicht in allen Raumlumen uumlber einen permanenten Internetzugang verfuumlgen gibt die Haumllfte an dass ihr Bedarf an Internetzugaumlngen nicht gedeckt sei (Tab H2shy21web) Eine haumlufig genutzte Loumlsung ist die Herstellung temporaumlrer Internetzugaumlnge Insgesamt sind 17 aller Einrichtungen nicht zufrieden mit der Qualitaumlt der Internetanbindung ihres Standorts

Hoher Bedarf an digitalen Endgeraumlten in Volkshochschulen

Auch zwischen den einzelnen Anbietertypen der Weiterbildung (vgl G1) zeigen sich deutliche Differenzen Kommerzielle Anbieter verfuumlgen am haumlufigsten uumlber dishygitale Medien Ihnen folgen betriebliche und gemeinschaftliche Anbieter staatliche Einrichtungen bilden das Schlusslicht Der Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehshyrende ist bei 84 der kommerziellen Anbieter und bei 63 der staatlichen Anbieter gedeckt (Abb H2shy6) Unter den staatlichen Anbietern berichten vor allem Volkshochshyschulen uumlber einen nicht gedeckten Bedarf fuumlr ihre Kursleitenden Berufliche Schulen wie auch Fachshy oder Hochschulen die Weiterbildung anbieten sehen ihre Lehrkraumlfte deutlich haumlufiger angemessen mit digitalen Medien ausgestattet Die Differenzen zwischen den Anbietertypen sind jedoch andere wenn es um die Nutzung seitens der Teilnehmerinnen und Teilnehmer geht Hier geben auch betriebliche und gemeinshyschaftliche Anbieter einen hohen ungedeckten Bedarf an Besonders auffaumlllig ist dass staatliche Anbieter insgesamt staumlrkeren Bedarf an digitalen Endgeraumlten sehen Die tatsaumlchliche Ausstattung mit manchen Geraumlten (z B Beamer oder Smartboard) ist dabei vergleichsweise umfangreich (Tab H2shy21web) Circa 60 der staatlichen und auch gemeinschaftlichen Anbieter sehen in der Finanzierung digitaler Technik ein Problem von betrieblichen (45 ) und kommerziellen (32 ) Anbietern wird die Finanzierung deutlich seltener problematisiert

In den vorgelegten Daten sind im Vergleich zu den anderen Anbietertypen wenige betriebliche Einrichtungen der Weiterbildung erfasst Betriebliche Weiterbildung das teilnahmestaumlrkste Segment der Weiterbildung (vgl G2) wird jedoch auch von den anshyderen Anbietertypen durchgefuumlhrt 55 der staatlichen 58 der gemeinschaftlichen und 85 der kommerziellen Anbieter sehen die betriebliche Weiterbildung als eine

H 2

245

Bildung in einer digitalisierten Welt

Hauptaufgabe an Uumlber die formalisierte betriebliche Weiterbildung hinaus bieten der Betrieb und die ausgeuumlbte Taumltigkeit Erwachsener zahlreiche Gelegenheitsstrukturen fuumlr den Umgang mit digitalen Medien

Abb H2shy6 Bedarf an digitalen Endgeraumlten fuumlr Lehrende und Lernende in Einr ichtungen der Weiterbildung (in )

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1548 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H2shy22web

23

Betriebliche Anbieter

Kein Bedarf (Geraumlte nicht vorhanden und nicht benoumltigt)

Bedarf (Geraumlte nicht oder in unzureichendem Maszlige vorhanden)

Bedarf gedeckt (Geraumlte in ausreichendem Maszlige vorhanden)

84

45

Kommerzielle Anbieter

25 27

Gemeinschaftliche Anbieter

Lehrende Lernende

34

48

Staatliche Anbieter

Lehrende Lernende

Lehrende Lernende Lehrende Lernende

17

8 8

3

71

33

40

35

42

5

63

9

38

2

25

74

44

Deutliche Entwickshylungspotenziale bei

der Ausstattung oumlffentlicher

Bibliotheken

Dies gilt auch fuumlr oumlffentliche Bibliotheken Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) positioniert sich in diesem Zusammenhang explizit fuumlr eine Ausweitung des Angebots zur digital gestuumltzten Informationsbeschaffung und Bildung Der internatishyonale Vergleich weist jedoch auf Handlungsbedarf hin Nach Meldungen oumlffentlicher Bibliotheken an den internationalen Dachverband nationaler Bibliotheksverbaumlnde (IFLA) (Tab H2shy23web) kommen in Deutschland 2018 auf eine Million Menschen 61 Bibshyliotheken jedoch nur 31 Bibliotheken die auch einen Internetzugang fuumlr Besucherinshynen und Besucher bereitstellen In Oumlsterreich ermoumlglichen bereits 81 der meldenden Bibliotheken einen Internetzugang im Vereinigten Koumlnigreich 85 In Finnland gehoumlrt der Internetzugang bereits zum Standardservice oumlffentlicher Bibliotheken

Zwar bieten zunehmend auch Cafeacutes und andere gastronomische Einrichtungen Raumlume fuumlr informelles Lernen mit WLANshyZugaumlngen und Arbeitsplaumltzen mit Stromanshyschluss doch setzen diese in aller Regel Konsum voraus Fuumlr einkommensschwaumlchere Bevoumllkerungsschichten ist die Foumlrderung der staatlich finanzierten Gelegenheitsshystrukturen fuumlr digitales Lernen in Bibliotheken oder Volkshochschulen also von besonderer Bedeutung

Zwischenfazit Digitale Medien haben innerhalb der vergangenen Jahrzehnte Einzug in den Alltag vieler Menschen gehalten Kinder erhalten oftmals bereits fruumlh Zugang zu digitalen Technologien innerhalb der Familie und ab einem Alter von 12 Jahren besitzt ein Groszligteil eigene digitale Endgeraumlte Wenngleich der uumlberwiegende Teil der Haushalte uumlber einen Internetzugang und mehrere digitale Endgeraumlte verfuumlgt sind Unterschiede

H 2

246

Gelegenheitsstrukturen Digitalisierung von Lebenswelten und Bildungseinrichtungen

in der digitalen Ausstattung festzustellen Insbesondere uumlber 70shyJaumlhrige und Menshyschen mit geringem Haushaltseinkommen sind seltener mit digitalen Medien ausshygestattet im laumlndlichen Raum besteht haumlufig nur Zugang zu langsamen Internetvershybindungen Um Ungleichheiten in den individuellen Moumlglichkeiten digitaler Medien fuumlr Lernzwecke entgegenzuwirken gilt es nicht nur den Breitbandnetzausbau weiter voranzutreiben sondern auch individuelle Nutzungsmoumlglichkeiten in Bildungseinshyrichtungen und im oumlffentlichen Raum auszubauen

Im Kontrast zu den auszligerinstitutionellen Lebenswelten der meisten Bildungsteilshynehmenden weisen die verfuumlgbaren teils allerdings bereits einige Jahre alten Studien auf erhebliche Defizite in der technischen Ausstattung der Bildungseinrichtungen hin Waumlhrend Hochschulen uumlber eine vergleichsweise gute Ausstattung verfuumlgen fehlt es insbesondere in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen haumlufig an leisshytungsfaumlhigen WLANshyNetzen und digitalen Endgeraumlten sowie einem ausreichenden technischen Support In Einrichtungen der Weiterbildung mangelt es vor allem an dishygitalen Endgeraumlten die von den Teilnehmenden genutzt werden koumlnnen Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext ist dadurch nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen moumlglich Dass neben der Ausstattung der Einrichtungen auch andere Ansaumltze ndashetwa das Mitbringen eigener Geraumlte ndashzielfuumlhrend sein koumlnnen zeigen Staashyten wie Daumlnemark aber auch der Blick in die deutschen Hochschulen

In welchem Zeitraum die von Bund und Laumlndern im Rahmen des bdquoDigitalPakt Schuleldquo zur Verfuumlgung gestellten Mittel zu einer Verbesserung der technischen Infshyrastruktur fuumlhren kann gegenwaumlrtig nicht beantwortet werden Es ist zu erwarten dass die Initiativen durch die CoronashyPandemie einen zusaumltzlichen Schub erhalten Gleichwohl ist die technische Ausstattung keine hinreichende Bedingung fuumlr den Einsatz digitaler Medien und den Erwerb digitaler Kompetenzen (H5) Entscheidend fuumlr den Mehrwert digitaler Medien fuumlr das Lernen duumlrften vielmehr deren Anreshygungsqualitaumlt im Rahmen der auszligerinstitutionellen Nutzung und deren didaktische Einbindung in den LehrshyLernshyKontext sein (H3) Hierfuumlr und fuumlr die Vermittlung digitaler Kompetenzen muss vor allem das paumldagogische Personal uumlber ein hohes Maszlig an fachlichshyreflexiven und medienpaumldagogischen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien verfuumlgen (H4)

H 2

247

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Im Folgenden stehen zunaumlchst Fragen der Nutzung digitaler Medien im auszligerinstishytutionellen Kontext im Blick das heiszligt in der Familie in der Freizeit sowie am Arshybeitsplatz Um moumlgliche Nutzungsmuster zu identifizieren werden hierbei nicht nur quantitative Aspekte wie das zeitliche Ausmaszlig der Mediennutzung berichtet sondern auch die Art der Nutzung und die dahinterliegenden (bildungsbezogenen) Zwecke

Digital gestuumltztes Lernen im informellen Kontext unterscheidet sich dabei von jenem in den Bildungseinrichtungen wo neben curricular verankerten spezifischen Lernzielen fuumlr alle Teilnehmenden auch die didaktische Gestaltung der Lernumgeshybungen und shyprozesse mit digitalen Medien eine Rolle spielt Die Nutzung digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext wird nachfolgend einerseits aus Sicht der Bildungsshyteilnehmenden und andererseits aus Sicht des paumldagogischen Personals dargestellt In Anlehnung an die in H1 vorgenommene Differenzierung der bildungsbezogenen Funktionen digitaler Medien wird Auskunft daruumlber gegeben in welcher Form digishytale Medien im LehrshyLernshyKontext eingesetzt werden

Mediennutzung auszligerhalb von Bildungseinrichtungen 20 der unter

6shyJaumlhrigen nutzen digitale Medien

Im Jahr 2019 nutzten 20 der unter 6shyJaumlhrigen nach Aussage ihrer Eltern digitale Medien wie ein Smartphone oder Tablet (Abb H3shy1) Mit steigendem Alter werden digitale Medien immer haumlufiger genutzt Waumlhrend lediglich 8 der unter 3shyJaumlhrigen

Abb H3shy1 Nutzung digitaler Medien durch unter 6shyJaumlhrige 2019 nach Alter und soziodemografischen Merkmalen (in )

Insgesamt

Alter

Unter 3 Jahre

3 Jahre

4 Jahre

5 Jahre

Geschlecht

Weiblich

Maumlnnlich

Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern1)

Niedrig

Mittel

Hoch

Vorhandensein von Geschwistern

Einzelkind

Geschwister

Migrationshintergrund

Ohne Migrationshintergrund

2 Generation einseitig und 3 Generation

1 und 2 Generation beidseitig

20

8

21

27

41

21

19

21

19

19

22

19

19

20

23

80

92

79

73

59

79

81

79

81

81

78

81

81

80

77

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Digitale Mediennutzung Keine digitale Mediennutzung

Die Erziehungsberechtigten wurden gefragt bdquoNutzt Ihr Kind schon digitale Medien wie zum Beispiel ein Smartphone Videospiele oder einen Computerldquo

1) Houmlchster Bildungsabschluss der Eltern Niedrig = Ohne AbschlussHauptschulabschlussMittlerer Abschluss Mittel = (Fachshy)Hochschulreife Hoch = (Fachshy)Hochschulabschluss

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2765 k Tab H3shy1web

248

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

digitale Geraumlte verwenden sind es bei den 5shyJaumlhrigen bereits 41 In der fruumlhen Kindheit zeichnen sich keine Differenzen in der Nutzungsquote nach Geschlecht oder Migrationshintergrund ab Mit steigendem Alter weichen die Nutzungsquoten je nach Bildungshintergrund der Eltern immer staumlrker voneinander ab

Unter 6shy jaumlhrige Kinder die digitale Medien nutzen verbringen durchschnittlich 10 Minuten am Tag im Internet Das Fernsehen (einschlieszliglich Streamingdienste) liegt mit einer durchschnittlichen taumlglichen Nutzungszeit von 40 Minuten deutlich daruumlber (Tab H3shy2web) Ein Groszligteil der unter 6shyJaumlhrigen wird zudem von den Eltern bei der Nutzung begleitet

Gebrauch digitaler Geraumlte bei jungen Kindern stark von den Einstellungen der Eltern abhaumlngig

Die Nutzung digitaler Medien wird im Kleinkindalter weniger von der Verfuumlgbarshykeit als vielmehr von dem Verhalten und der Einstellung der Eltern bestimmt So zeigt sich dass etwa die Haumllfte der unter 6shyJaumlhrigen nur unter Aufsicht Videos ansehen Fernsehen oder das Internet nutzen darf (Abb H3shy2) Einem Groszligteil der unter 6shyJaumlhrishygen sind Videospiele untersagt In der Grundschulzeit werden die Reglementierungen lockerer wobei Eltern am ehesten noch die Nutzungszeiten festlegen

Abb H3shy2 Vereinbarungen zur Nutzung digitaler Medien 2019 bei unter 12shyJaumlhrigen nach Medien und Alter (in )

0shy bis unter 6shyJaumlhrige 6shy bis unter 12shyJaumlhrige

4 15 30 51

4 20 56 20

5 20 52 23

10 35 50 5

Videospiele spielen

Anschauen von Videos auf Youtube

Internet nutzen

Fernsehen

16 41 21 22

16 34 33 17

19 4 3 31 7

21 53 24 2

0 20 40 60 80 100 in 0 20 40 60 80 100

Jederzeit Festgelegte Zeiten Nur unter Aufsicht Nie

Basis Kinder die digitale Medien nutzen Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2657 k Tab H3shy3web

Medienerziehung der Kinder abhaumlngig von Beurteilung der Chancen und Risiken durch Eltern

Eltern die nicht der Ansicht sind dass Kinder mit digitalen Medien neue Dinge erlernen koumlnnen geben auch restriktivere Nutzungsregeln vor Viele Eltern von Kleinshykindern sehen zwar einen Nutzen in deren Umgang mit digitalen Technologien jeshydoch wecken diese bei manchen auch Unbehagen So stimmte 2019 knapp die Haumllfte der Eltern von unter 6shyJaumlhrigen der Aussage zu dass digitale Medien fuumlr Kinder geshyfaumlhrlich sein koumlnnen (Abb H3shy3) Zugleich sieht aber auch die Mehrheit der Befragten in der Nutzung digitaler Technologien eine Chance Neues zu lernen

Nutzung digitaler Medien mit Lebensshyjahren deutlich ansteigend

Die individuelle Nutzung digitaler Medien ohne die Begleitung Erwachsener geshywinnt mit dem Eintritt in die Schule zunehmend an Bedeutung Nach einer Befragung 6shy bis 13shyjaumlhriger Kinder im Jahr 2018 gibt jedes 3 Kind im Alter von 6 bis 7 Jahren an zumindest selten das Internet zu nutzen bei den 8shy bis 9shy Jaumlhrigen ist dies bereits mehr als jedes 2 und bei den 12shy bis 13shyJaumlhrigen nahezu jedes Kind (Abb H3shy15web)

Freizeitgestaltung juumlngerer Kinder in letzten Jahren kaum veraumlndert

Wenngleich Kinder digitale Technologien in den vergangenen Jahren immer haumlufiger genutzt haben hat sich die klassische Freizeitgestaltung juumlngerer Schulkinshyder kaum veraumlndert (Abb H3shy16web mpfs 2019a) Nach wie vor spielen Aktivitaumlten wie das Treffen von Freunden und das Betreiben einer Sportart eine zentrale Rolle in deren Leben

Auch bei den Jugendlichen sind viele Freizeitaktivitaumlten wie Musizieren oder Sport in den vergangenen 20 Jahren weitgehend gleich haumlufig geblieben Die 1998 dominierenden medialen Freizeitaktivitaumlten (etwa fernsehen oder Radio houmlren) hashyben hingegen zugunsten der Nutzung neuer digitaler Medien ndash insbesondere des

H 3

249

H 3

Smartphones ndashan Bedeutung verloren (Abb H3shy4) Fast alle Jugendlichen (97 ) geben 2018 an taumlglich das Internet oder ein Smartphone zu nutzen Da moderne Endgeraumlte vielfaumlltige Funktionen zum Abspielen von Medien bieten laumlsst sich vermuten dass in den vergangenen Jahren weniger eine grundsaumltzliche Verschiebung der Aktivitaumlten sondern vielmehr der hierfuumlr genutzten Medien stattgefunden hat (mpfs 2019b) Eine Ausnahme stellt hier die Nutzung von digitalen Spielen dar die in den vergangenen Jahren ndashvor allem bei Jungen ndashnochmals deutlich gestiegen ist Ein Teil der Jugendlishychen weist eine exzessive Computershy und Internetnutzung auf die erhebliche Folgen fuumlr das soziale Leben und die schulischen Leistungen nach sich ziehen kann und von der Weltgesundheitsorganisation inzwischen mit einer (stoffgebundenen) Abhaumlngigshykeitsstoumlrung gleichgesetzt wird (WHO 2018) Den Ergebnissen der 2015 durchgefuumlhrshyten Drogenaffinitaumltsstudie zufolge kann mittlerweile bei 58 der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren von einer computerspielshy oder internetbezogenen Stoumlrung ausgegangen werden (BzgA 2017) Wenngleich dies einen bedeutsamen Wert darstellt zeigen die Ergebnisse doch zugleich dass ein Groszligteil der Jugendlichen nicht davon betroffen ist

Nutzung digitaler Spiele bei

Jugendlichen in den letzten Jahren

deutlich zunehmend

Digitale Medien von Jugendlichen und

jungen Erwachsenen haumlufig zur Pflege

sozialer Beziehungen genutzt

Abb H3shy3 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zur Nutzung digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder koumlnnen durch den Umgang mit digitalen Medien viel Neues erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

Digitale Medien sind fuumlr Kinder gefaumlhrlich

26

22

24

34

19

19

33

36

36

34

30

22

12

10

8

4

6

7

3

3

3

6

2

1

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2729 k Tab H3shy4web

Dass Jugendliche heute seltener Freundinnen und Freunde treffen und gleichshyzeitig haumlufiger digitale Medien verwenden weist auf grundsaumltzliche Veraumlnderungen im sozialen Austausch und auf eine wachsende Verknuumlpfung digitaler und analoger Welten hin Insbesondere die Nutzung digitaler sozialer Netzwerke hat sich zu einer festen Groumlszlige im Alltag der Kinder und Jugendlichen entwickelt So geben 95 der 12shy bis 19shyJaumlhrigen an mindestens mehrmals pro Woche den Messengerdienst WhatsshyApp zu nutzen 82 sogar taumlglich (mpfs 2019b) Die Frage ob hiermit auch eine grundsaumltzliche Veraumlnderung der Qualitaumlt der sozialen Beziehungen einhergeht bleibt offen Gleichwohl wird in diesem Zusammenhang deutlich dass die Faumlhigkeit den Umgang mit digitalen Medien kritisch zu reflektieren auch eine soziale Komponente in sich birgt Dies hat besondere Relevanz im Hinblick auf das Phaumlnomen des Beleidishygens oder Herabwuumlrdigens von Mitschuumllerinnen und Mitschuumllern mithilfe digitaler Medien (Cybermobbing) Laut der im Jahr 2018 durchgefuumlhrten JIMshyStudie gibt ein Drittel der befragten 12shy bis 19shyJaumlhrigen an schon einmal mitbekommen zu haben dass eine Person im Bekanntenkreis online drangsaliert wurde 8 geben an selbst bereits Opfer geworden zu sein Maumldchen und Jugendliche mit formal niedrigerem Bildungsniveau sind dabei haumlufiger von Cybermobbing betroffen als Jungen und Jugendliche mit houmlherem Bildungsabschluss (mpfs 2019)

Betraumlchtlicher Teil der Jugendlichen

mit Cybermobbingshyerfahrung

Blickt man vertiefend auf die Zwecke des Medieneinsatzes so zeigt sich dass bislang eher freizeitshy und kommunikationsorientierte Motive bei der Nutzung im

250

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Vordergrund stehen Ein Groszligteil (90 ) der 12shy bis 19shyJaumlhrigen gibt etwa an den Computer zu nutzen um sich Videos anzusehen oder Musik zu houmlren mehr als die Haumllfte der Schuumllerinnen und Schuumller sogar taumlglich Gleichzeitig dienen digitale Meshydien aber auch in der Freizeit der Erweiterung des Wissens Beispielsweise hat sich die gegenwaumlrtig erfolgreichste Videoplattform YouTube innerhalb kurzer Zeit zu einem vom Groszligteil der Jugendlichen genutzten Leitmedium entwickelt das untershyschiedliche Beduumlrfnisse ndash von Unterhaltung uumlber Information bis Wissenserwerb ndash anspricht (Tab H3shy6web) Zum Lernen in der Freizeit setzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Medien hauptsaumlchlich als LehrshyLernshyMittel ein Insbesondere Videoangebote Wikipedia und elektronische Tests oder Uumlbungen werden haumlufig genutzt Als LehrshyLernshyWerkzeug etwa zur Handhabung von Lerninhalten mit digitalen Technologien kommen digitale Medien hingegen seltener zum Einsatz Hier spielen insbesondere Werkzeuge zur Interaktion und Mitwirkung wie Chatdienste und soziale Netzwerke eine Rolle Mit Werkzeugen zur Handhabung und Anwendung von Lerninhalten etwa Praumlsentationsprogrammen wird in der Freizeit im informellen Rahmen deutlich seltener gelernt (Abb H3shy8)

Digitale Medien von Jugendlichen und jungen Erwachsenen vorrangig zu Freizeitzwecken eingesetzt

Abb H3shy4 Freizeitgestaltung 12shy bis 19shyJaumlhriger in den Jahren 1998 bis 2018 nach Art der Aktivitaumlt (in )

Maumldchen

1998 2002 2006 2010 2014 2018

Fernsehen Freunde treffen Sport treiben Zeitungen lesenanschauen Buumlcher lesen Musizieren

0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

Jungen

1998 2002 2006 2010 2014 2018 0

20

40

60

80

100

2006 2010 2014 2018

HandySmartphone nutzen1)

Internet nutzen SpielekonsoleDigitale Spiele Computer nutzen (of fline)1)

in

in

in

in 95

70 86

70 74

72

62

2430 33

21 18

73

97

32

73

88

84 72

57 66

47 45 34 27

56

18

93 97

76

20

6

43

65

97

88

97

95 77

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Taumlglichmehrmals pro Woche 1) Wurde nicht durchgaumlngig erhoben Quelle mpfs JIMshyStudie eigene Darstellung k Tab H3shy5web

Waumlhrend in der Ausstattung mit digitalen Medien mittlerweile kaum mehr rein quantitative Unterschiede zwischen Schuumllerinnen und Schuumllern aus verschiedenen sozialen Lagen festzustellen sind (H2) konstatiert Zierer (2019) Unterschiede in der Nutzung die unter anderem in der Medienerziehung und shysozialisation begruumlndet sein koumlnnen Jugendliche aus soziooumlkonomisch privilegierten Elternhaumlusern nutzen digitale Medien tendenziell haumlufiger als LehrshyLernshyMittel waumlhrend bei Jugendlichen mit niedrigerem sozialen Status staumlrker unterhaltungsbezogene Motive im Vordergrund zu stehen scheinen Allerdings zeigten sich in ICILS 2018 in Deutschland in der Nutzung

H 3

251

H 3

digitaler Medien auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke keine Unterschiede bei Jugendlichen aus unterschiedlichen sozialen Lagen (Eickelmann et al 2019)

Fast alle Auszushybildenden nutzen

digitale Medien auch zum Lernen in

der Freizeit hellip

hellip aber deutliche Unterschiede in den genutzten digitalen

Lernmedien nach Vorbildung

Im Alter von 16 bis 24 Jahren schlieszliglich ist die Internetnutzung der IKTshyErheshybung zufolge eine Selbstverstaumlndlichkeit Laut einer Befragung von Auszubildenshyden verwenden sie 201516 fast alle (95 ) in ihrer Freizeit digitale Medien auch zum Lernen Dabei werden digitale Anwendungen die der Organisation von Lernprozesshysen dienen nur von gut einem Drittel der Auszubildenden genutzt in der Regel in Form von Clouddiensten (36 ) In der Funktion als LehrshyLernshyMittel nutzen sie am haumlufigsten digitale Videos oder Wikis deutlich seltener dagegen elektronische Tests Uumlbungen Lernapps oder gar Lernspiele (Abb H3shy5 Tab H3shy7web) Unter den in der Freishyzeit verwendeten digitalen LehrshyLernshyWerkzeugen spielen digitale Medien bei denen es um konkrete Anwendungen geht etwa bei digitalen Praumlsentationen vergleichsshyweise selten eine Rolle Haumlufiger genutzt werden hingegen solche Medien die dem kooperativen Lernen mit anderen dienen Chatdienste (68 ) sowie soziale Netzwerke (45 ) und Foren (43 ) Die Nutzung von digitalen Technologien fuumlr den Lernprozess

Abb H3shy5 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende zum Lernen in der Freizeit nach Schulabschluss 201516 (in )

Clouddienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Videoangebote

Digitale Texte

Elektronische TestsUumlbungen

Lernapps

Digitale Lernspiele

Chatdienste

Soziale Netzwerke

Foren Communitys Blogs

Software Datenbanken

Digitale Praumlsentationstools

Berufsfeldspezifische Software

0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

n = 1694 Auszubildende

Hauptschulabschluss nach Jahrgangsstufe 9 Abschluss Jahrgangsstufe 10 mit Qualif ikation

Insgesamt Abschluss Jahrgangsstufe 10 ohne Qualif ikation (Fachshy) Hochschulreife

in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy7web

252

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

variiert mit dem Vorhandensein einer entsprechenden Hardware (H2) Auszubildende die bdquonurldquo ein Smartphone zur Verfuumlgung haben nutzen dieses deutlich seltener als Organisationsmittel LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug als jene die einen PC oder ein Tablet besitzen (Tab H3shy7web) Zudem sind deutliche Unterschiede nach dem schulischen Vorbildungsniveau festzustellen Jugendliche mit Hauptschulabshyschluss nutzen signifikant seltener digitale Texte Videos Wikis Software und Foren zum Lernen in der Freizeit als Jugendliche mit mittlerem Abschluss oder (Fachshy ) Hochschulreife (Abb H3shy5)

Fuumlr etwa die Haumllfte der Studierenden ist die Nutzung digitaler Medien zur Untershyhaltung zentral (Dolch et al o J) Daruumlber hinaus verwenden fast alle Studierenden auch in ihrer Freizeit digitale Medien zum Lernen Dabei steht ihre Verwendung als LehrshyLernshyMittel im Vordergrund Wikis digitale Texte und Videoangebote werden mit 60 bis 70 am haumlufigsten genannt elektronische Tests und Uumlbungen (40 ) und Lernapps (20 ) seltener Als LehrshyLernshyWerkzeug dienen digitale Medien auszligerhalb der Hochschule den Studierenden dazu mit Officeprogrammen Inhalte aufzubeshyreiten Daneben spielen interaktive LehrshyLernshyWerkzeuge (Foren Communitys und Blogs Chatdienste) mit Nutzungsquoten von etwa 40 eine groszlige Rolle (vgl Schmid et al 2017a)

Nutzung digitaler Medien bei juumlngeren Erwachsenen selbstverstaumlndlicher als bei aumllteren

Auch fuumlr Erwachsene mittleren Alters (25 bis unter 45 Jahre) gehoumlrt die Nutzung digitaler Medien und insbesondere des Internets zum Alltag In dieser Altersgruppe nutzen nach Ergebnissen der IKTshyErhebung 2019 99 taumlglich das Internet Der Nutshyzungsgrad in aumllteren Bevoumllkerungsgruppen ist etwas geringer Taumlglich besuchen von den 45shy bis 64shyJaumlhrigen 88 und von den uumlber 64shyJaumlhrigen 70 das Internet Die Art der Nutzung unterscheidet sich ebenfalls je nach Alter Soziale Medien und private Kommunikation online werden deutlich seltener von Aumllteren verwendet waumlhrend die Moumlglichkeit der Informationssuche online uumlber alle Altersgruppen hinweg intensiv wahrgenommen wird (Tab H3shy8web) Weitere Unterschiede bestehen in den Verfuumlgbarshykeiten im Haushalt (H2) auch in der Nutzung zwischen Personen unterschiedlicher Bildungsniveaus und nach Wohnort Einige dieser Unterschiede gehen auf den starken Einfluss der Art der Erwerbstaumltigkeit Erwachsener zuruumlck Zwar nutzten 2019 den Ershygebnissen der IKTshyUnternehmensbefragung zufolge 96 aller Unternehmen Comshyputer jedoch variiert der Anteil an Computerarbeitsplaumltzen erwartungsgemaumlszlig je nach Wirtschaftszweig und Unternehmensgroumlszlige So sind digitale Medien im Gastgewerbe am seltensten und in der Informationsshy und Kommunikationsbranche am haumlufigsten vorzufinden Groumlszligere Unternehmen weisen einen staumlrkeren Digitalisierungsgrad auf als kleinere Innerhalb der Unternehmen sind die Computerarbeitsplaumltze zudem nach beruflicher Stellung unterschiedlich verbreitet

Erwachsene nutzen das Internet haumlufig aber nicht alle zu Lernzwecken

Die recht umfaumlngliche Ausstattung mit digitalen Medien und die verbreitete Internetnutzung bergen zahlreiche Potenziale fuumlr das Lernen Erwachsener Nach Dashyten des AES 2018 sehen 71 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen Lerngelegenheiten im Internet 55 geben an dass das Lernen online eine Selbstverstaumlndlichkeit sei 57 sehen es als eine wichtige Ergaumlnzung zu anderen Lernformen (Tab H3shy9web) Tatsaumlchlich wird die Moumlglichkeit online zu lernen auch von 78 der Befragten genutzt wobei nur 19 dies sehr haumlufig tun Besonders oft wird das Internet von Auszubildenden von 18shy bis 24shyJaumlhshyrigen und von Menschen mit hohen Bildungsabschluumlssen zum Lernen genutzt Diese Ergebnisse bleiben auch unter Beruumlcksichtigung weiterer sozialstruktureller Merkshymale (Geschlecht Migrationshintergrund Familienstand) bestehen (Tab H3shy10web) Insgesamt etwas niedrigere Zahlen zum Onlinelernen hat die IKTshyErhebung ergeben An Onlinekursen nahmen 2019 7 der Internetnutzerinnen und shynutzer teil 15 verwendeten Onlinelernmaterialien 6 kommunizierten mit Lehrpersonen oder anderen Lernenden uumlber bildungsbezogene Plattformen (Tab H3shy11web)

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12 der in der IKTshyErhebung befragten Personen gaben an sich anwendungsbezogene digitale Kompetenzen durch das Selbststudium und kostenlose Onlineschulungen anshyzueignen oder diese zu erweitern Kostenpflichtige Schulungen oder kostenlose oumlffentshyliche (Praumlsenzshy )Schulungen werden in geringerem Maszlig wahrgenommen (2 bzw 3 ) Die Schulungen richten sich vornehmlich auf spezifische Softwareanwendungen fuumlr die Arbeit die digital gestuumltzte Datenanalyse und die Verwaltung von Datenbanken (Tab H3shy12web) Auch nehmen seltener Aumlltere und Personen mit niedrigen Bildungsshyabschluumlssen die Angebote wahr (Tab H3shy13web) Ob diese Differenzen auf unterschiedshyliche Anforderungen in Beruf und Alltag unterschiedliche Lerngewohnheiten und oder auf mangelnde Kenntnisse und Faumlhigkeiten im Umgang mit entsprechenden Geraumlten und Anwendungen zuruumlckgehen ist offen

12 nehmen an Onlineschulungen zur Verbesserung

digitaler Kompetenzen teil

Mediennutzung innerhalb der Bildungseinrichtungen

Kindertageseinrichtungen

In Kindertagesshyeinrichtungen werden digitale Geraumlte (noch)

eher als Organisashytionsmittel genutzt

Die in Kindertageseinrichtungen vorhandenen digitalen Geraumlte dienen vorrangig als Organisationsmittel (Schubert et al 2018b) Mobile Technologien wie Digitalkameras oder Tablets werden jedoch immer haumlufiger auch in der Interaktion mit Kindern eingesetzt Etwa die Haumllfte der in einer Erhebung von Kindertageseinrichtungen beshyfragten paumldagogisch Taumltigen gab an zusammen mit den Kindern ihrer Einrichtung digitale Geraumlte zu nutzen 36 tun dies mindestens einmal im Monat und weitere 14 gaben an die Kinder einshy bis mehrmals die Woche bei der digitalen Mediennutzung zu begleiten 2 der Befragten nutzten sogar taumlglich digitale Geraumlte mit den Kindern (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017)

Die meisten Eltern haben keine Erwartungshaltung hinsichtlich des Einsatzes digitaler Geraumlte in Kindertageseinrichtungen Nur 10 sind der Meinung dass Kinder den Umgang mit digitaler Technologie in den Kindertageseinrichtungen erlernen sollten Eine groszlige Mehrheit (82 ) sieht die Hauptverantwortung dafuumlr in der Familie (Abb H3shy6)

Abb H3shy6 Einstellung der Eltern von unter 6shyjaumlhrigen Kindern 2019 zum Ort des Erlernens digitaler Medien nach Elternteil (in )

Kinder sollen den Umgang mit digitalen Medien und dem Internet in der Familie erlernen

Vater

Mutter

Vater

Mutter

49 33 13 3 11

47 29 16 4 2 2

Kinder solin der Kin

len den Umdertageseinrichtung

gang mit derlernen

igitalen Medien und dem Internet

7 10 14 11 16 42

3 6 9 10 16 56

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Stimme voll und ganz zu Stimme uumlberhaupt nicht zu in

Quelle DJI AIDA 2019 gewichtete Daten n = 2727 k Tab H3shy4web

Medienkonzepte wirken sich positiv

auf digitale Lernaktishyvitaumlten aus hellip

In Einrichtungen mit einem Medienkonzept das die Nutzung und den Umgang mit digitalen Medien regelt findet die gemeinsame Anwendung entsprechender Geshyraumlte mit den Kindern deutlich haumlufiger statt als in Kindertageseinrichtungen ohne ein explizites Konzept Dies war auch in mehr als drei Viertel der Einrichtungen 2017 der Fall (Stiftung Haus der kleinen Forscher 2017) In den Einrichtungen mit einem Konzept sind die paumldagogischen Fachkraumlfte zudem deutlich zufriedener mit der digitalen Ausstattung und nutzen die Endgeraumlte sehr viel haumlufiger gemeinsam

254

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

mit den Kindern (ebd) Ein Medienkonzept gibt den paumldagogisch Taumltigen also einen Rahmen fuumlr die Auswahl geeigneter Medien und den zeitlichen Umfang um Kindern in unterschiedlichen Altersgruppen spezifische Lerninhalte zu vermitteln Daher wird es zunehmend relevanter dass sich einzelne Einrichtungen mit der Erarbeitung eines Medienkonzepts befassen Dass dies noch nicht flaumlchendeckend geschieht laumlsst sich auch aus den in manchen Laumlndern bislang wenig ausdifferenzierten Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen im Hinblick auf digitale Bildung in Kindertageseinrichtungen ableiten (H5)

hellip sind bislang aber noch wenig verbreitet

In Modellprojekten wird der Einsatz von digitalen Medien in Kitas erprobt

Fuumlr welche Zwecke digitale Geraumlte in Kindertageseinrichtungen eingesetzt wershyden koumlnnen wird derzeit in Modellprojekten in einigen Laumlndern erprobt Hierbei steshyhen nicht nur die Implementierung von geeigneten medienpaumldagogischen Konzepten im Vordergrund sondern auch die Schulung des paumldagogischen Fachpersonals (H4) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern und anderen Bildungspartnern (Lienau amp van Roessel 2019) Erste Pilotprojekte untersuchen derzeit in ausgewaumlhlten Kitas die digitale Medienbildung um foumlrdernde und hemmende Faktoren herauszuarbeiten Das aktuell deutschlandweit groumlszligte Modellprojekt wird in Bayern umgesetzt 100 Kitas nehmen am Modellvorhaben teil das speziell geschulte Mediencoaches einsetzt (ReichertshyGarschhammer amp BeckershyStoll 2018) Auch in NordrheinshyWestfalen und RheinlandshyPfalz laufen gegenwaumlrtig Modellprojekte (Kutscher amp Bischof 2019)

Im internationalen Vergleich hat Deutschland eher spaumlt begonnen Digitalisierung auch im Bildungssystem bei juumlngeren Kindern mitzudenken Insbesondere die skanshydinavischen Staaten legen groszligen Wert darauf dass digitale Kompetenzen bereits in der fruumlhen Bildung gefoumlrdert werden (Fthenakis amp Walbiner 2018) In Europa nimmt digitale Bildung im fruumlhen Alter jedoch einen grundsaumltzlich geringen Stellenwert ein So ist die digitale Sensibilisierung in nur 26 von 43 Bildungssystemen Bestandteil der paumldagogischen Leitlinien fuumlr 3shyJaumlhrige bis zum Schuleintritt Fuumlr unter 3shyJaumlhrige foumlrdern bereits 10 Staaten die digitale Bildung (Europaumlische Kommission 2019)

Allgemeinbildende Schulen

Im internationalen Vergleich werden digitale Medien im Unterricht der Sekundarstufe bislang selten eingesetzt

Nach einer 2016 beschlossenen Strategie der Kultusministerkonferenz sollte das Lershynen mit und uumlber digitale Medien bereits in den Schulen des Primarbereichs beginshynen Inwieweit digitale Medien in den Grundschulen eingesetzt werden laumlsst sich mit den bislang zur Verfuumlgung stehenden Daten jedoch nicht beantworten Demgegenshyuumlber geben verschiedene Studien Auskunft uumlber die Nutzung digitaler Medien in den Schulen des Sekundarbereichs I Bereits die Ergebnisse der 2 PISAshyStudie im Jahr 2003 zeigten dass die Nutzung von Computern im Unterricht von 15shyJaumlhrigen in Deutschshyland im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich ausfiel (PISAshyKonsortium Deutschland 2004) Dies aumlnderte sich auch in den folgenden Erhebungsjahren nicht

Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 laumlsst sich nun zum 2 Mal die Nutzung digitaler Medien von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern differenziert abbilden und im internationalen Vergleich einordnen Wie bereits 2013 gibt nur ein geringer Teil der Schuumllerinnen und Schuumller an digitale Medien in der Schule mindesshytens einmal pro Woche (23 ) oder taumlglich (4 ) fuumlr schulbezogene Zwecke einzusetzen (Abb H3shy7) Ein Sechstel (17 ) verwendet nach eigener Angabe nie digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke Im internationalen Vergleich wird damit fuumlr Deutschland der immer noch bestehende erhebliche Entwicklungsbedarf fuumlr den schulischen Bereich deutlich

Digitale Medien nicht in allen Faumlchern gleichermaszligen genutzt

Wie bereits in ICILS 2013 setzt der groumlszligte Anteil der Schuumllerinnen und Schuumller im Jahr 2018 digitale Medien im Informatikunterricht oder einem aumlhnlichen Fach ein (z B informationstechnische Grundbildung) Deutlich weniger sind es in den Nashyturwissenschaften (48 ) den Fremdsprachen (43 ) in Deutsch (39 ) oder in Matheshy

H 3

255

H 3

matik (31 ) (Tab H3shy15web) Mit Blick auf andere Teilnahmestaaten in denen digitale Medien sehr viel haumlufiger schuumllerorientiert genutzt werden und hinsichtlich der 2016 von der KMK formulierten Zielsetzung digitale Medien in allen Unterrichtsfaumlchern einzusetzen besteht erheblicher Nachholbedarf

Abb H3shy7 Nutzung digitaler Medien durch Achtklaumlssler innen und Achtklaumlssler innershy und auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene und andere Zwecke im internationalen Vergleich 2018 (in )

Nutzung digitaler Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

Jeden Tag

Mindestens einmal pro Woche aber nicht jeden Tag

Mindestens einmal im Monat aber nicht jede Woche

Weniger als einmal im Monat

Nie

4

19

28

32

17

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in Mindestens woumlchentliche Nutzung digitaler Medien

30hellip in der Schule fuumlr andere Zwecke

42 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke

92 hellip auszligerhalb der Schule fuumlr andere Zwecke

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 in

Deutschland Internationaler Mittelwert Vergleichsgruppe EU

Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H3shy14web

Potenziale digitaler Medien selten ausgeschoumlpft

Mit der ICILSshy2018shyStudie koumlnnen zudem die Art der genutzten Medien die dahinterliegenden Zwecke und die von den Lehrkraumlften gefoumlrderten ITshybezogenen Faumlshyhigkeiten Hinweise zur Anregungsqualitaumlt geben Vorrangig nutzen Schuumllerinnen und Schuumller digitale Technologien so sie uumlberhaupt in der Schule Verwendung finden im Unterricht als LehrshyLernshyWerkzeug zur Anwendung von Lerninhalten ndashetwa mit Praumlshysentationsshy Textverarbeitungsshy oder Grafikprogrammen (Tab H3shy16web) Anwendunshygen zur Gestaltung digitaler Technologien (z B mit Simulationen und Modellierungsshysoftware) werden nur gelegentlich von einem kleinen Teil (16 ) der Schuumllerinnen und Schuumller genutzt Gleichermaszligen kommen digitale Medien bislang vergleichsweise selten als LehrshyLernshyMittel zum Einsatz Computerbasierte Informationsquellen (z B themenbezogene Internetseiten oder Wikis) werden von jeder 2 Schuumllerin jedem 2 Schuumller nach eigener Angabe in zumindest einigen Unterrichtsstunden verwendet interaktive digitale Lernmittel (z B Lernspiele oder shyanwendungen) lediglich von jedem und jeder Dritten

Auszligerhalb der Schule nutzen Schuumllerinnen und Schuumller ein breiteres Angebot an digitalen Medien auch fuumlr schulshy und bildungsbezogene Zwecke Damit wird deutlich dass die schulische Nutzung in Deutschland bisher einen engeren Rahmen fuumlr die bilshydungsbezogene Nutzung digitaler Medien bildet als in dem Bereich den Jugendliche sich zum groumlszligten Teil selbst gestalten koumlnnen Um Hausaufgaben vorshy oder nachzushybereiten oder in der Freizeit zu lernen finden insbesondere Videoangebote (wie z B YouTube) oder digitale Werkzeuge zur Interaktion (wie z B Chatdienste oder soziale

256

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Netzwerke) haumlufig Anwendung (Abb H3shy8) In der Schule gibt etwas mehr als jeder und jede Zehnte an digitale Medien mindestens einmal pro Woche zu nutzen um mit anderen Schuumllerinnen und Schuumllern online zusammenzuarbeiten (12 ) Referate und Aufsaumltze (15 ) oder Praumlsentationen (13 ) vorzubereiten (Tab H3shy17web) Demnach unterscheiden sich die Lernwelten der Schuumllerinnen und Schuumller in Deutschland innershy und auszligerhalb der Schule deutlich Ein Blick nach Daumlnemark zeigt dass dort der Einsatz digitaler Medien selbstverstaumlndlicher Teil des schulischen Alltags ist und digitale Medien von einem Groszligteil der Jugendlichen auszligerhalb der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke genutzt werden (Tab H3shy14web)

Nutzung innershy und auszligerhalb der Schule unterscheidet sich deutlich

Abb H3shy8 Nutzung digitaler Medien im Unterricht fuumlr Hausaufgaben und in der Freizeit zum Lernen durch Schuumllerinnen und Schuumller weiterfuumlhrender Schulen 2017 (in )

Praumlsentationsprogramme

Wikipedia

Elektronische Texte

Videoangebote

Elektronische TestsUumlbungen

Chatdienste

Clouddienste

Soziale Netzwerke

Digitale LernspieleSimulationen

Foren Community Blogs

Lernapps

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Im Unterricht Fuumlr Hausaufgaben In der Freizeit zum Lernen

Quelle Schmid et al 2017b Monitor Digitale Bildung ndash Die Schulen im digitalen Zeitalter eigene Darstellung k Tab H3shy18web

Im internationalen Vergleich nutzen Lehrkraumlfte in Deutschland digitale Medien seltener

Korrespondierend mit den Schuumllerangaben berichten in ICILS 2018 weiterhin nicht unerhebliche Anteile der Lehrkraumlfte eine im internationalen Vergleich unshyterdurchschnittlich haumlufige unterrichtliche Nutzung digitaler Medien Knapp ein Viertel (23 ) setzt jedoch mittlerweile taumlglich und etwas mehr als ein Drittel (37 ) mindestens einmal pro Woche digitale Medien im Unterricht ein Etwa jede 5 Lehrshykraft verwendet digitale Medien weniger als einmal im Monat oder nie im Unterricht (Tab H3shy19web Tab H3shy20web) Wenngleich die Nutzungshaumlufigkeit digitaler Medien durch Lehrkraumlfte im internationalen Vergleich nach wie vor unterdurchschnittlich ausfaumlllt ist damit der Anteil von Lehrkraumlften die mindestens woumlchentlich digitale Medien einsetzen (60 ) gegenuumlber 2013 (34 ) deutlich gestiegen und der Anteil der Lehrkraumlfte die digitale Medien in ihren taumlglichen Unterrichtsalltag integriert haben hat sich von 2013 bis 2018 mehr als verdoppelt Vergleichsweise selten kommen nach wie vor digitale Technologien zur Organisation von Lernprozessen zum Einsatz Im Rahmen einer Befragung von Lehrkraumlften allgemeinbildender Schulen die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde gibt nur knapp ein Viertel

H 3

257

H 3

der Lehrkraumlfte an waumlhrend der Schulschlieszligungen Unterrichtsmaterialien per Schulshyserver (28 ) oder auf einer Schulplattform (25 ) bereitzustellen Eine Cloud wird gar nur von etwas mehr als jeder 10 Lehrkraft (11 ) genutzt (Eickelmann 2020)

Digitale Medien vorwiegend im

Frontalunterricht eingesetzt

Ein vertiefender Blick auf die Art und Weise des Medieneinsatzes zeigt jedoch dass digitale Medien in Deutschland bislang uumlberwiegend lehrerzentriert eingesetzt werden Knapp jeder 2 Lehrer jede 2 Lehrerin praumlsentiert nach eigener Angabe im Frontalunterricht haumlufig bis immer Informationen mit digitalen Medien Nur ein kleiner Teil der Lehrkraumlfte setzt sie hingegen zur individuellen Foumlrderung einzelner Schuumllerinnen und Schuumller oder kleineren Schuumllergruppen (15 ) zum formativen Assessment (11 ) oder zur Unterstuumltzung der Zusammenarbeit von Schuumllerinnen und Schuumllern (10 ) ein (Tab H3shy21web) Moumlglicherweise haumlngt die geringe Nutzung eng mit den gering eingeschaumltzten Potenzialen digitaler Medien hinsichtlich ihrer Lernwirkshysamkeit durch Lehrkraumlfte (H4) zusammen unterstreicht gleichwohl die Bedeutung der Vermittlung von didaktischen Kompetenzen in der Lehrerausshy und shyfortbildung sowie foumlrdernder Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen

Berufliche Ausbildung

Deutliche Untershyschiede in der

Nutzung digitaler Medien zwischen

Freizeit und Schule Betrieb

Gegenuumlber der Nutzung digitaler Medien zum Lernen in der Freizeit (Abb H3shy5) waren im Jahr 201516 im Ausbildungskontext noch deutliche Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien und Anwendungen auszumachen Medien die zur Organisation des Lernens dienen koumlnnen etwa Lernmanagementsysteme oder Clouddienste wie auch als LernshyLehrshyMittel einsetzbare Medien werden in Berufsschule und Betrieb von wenishyger Auszubildenden genutzt als in der Freizeit (27 bzw 79 ) Waumlhrend Auszubildende in der schulischen undoder betrieblichen Ausbildung digitale LehrshyLernshyWerkzeuge fast zu gleichen Anteilen (83 ) wie in der Freizeit verwenden hat vor allem die im Ausbildungsprozess stattfindende Auseinandersetzung mit digitalen Medien als LehrshyLernshyGegenstand (in Gestalt berufsfeldspezifischer Software) fuumlr deutlich mehr Auszubildende Bedeutung als in der Freizeit (Abb H3shy9) Ob diese Unterschiede auch heute noch fortbestehen laumlsst sich nicht klaumlren

Intensitaumlt der Nutzung digitaler

Medien stark abhaumlnshygig vom Berufsbereich

Erkennbar variiert zudem das Ausmaszlig der Nutzung digitaler Medien und Techshynologien nach dem Ausbildungsbereich Den einen Pol bilden Auszubildende in den Pflegeshy und Erziehungsberufen die die unterschiedlichen Anwendungsformen vershygleichsweise selten nutzen den anderen Pol Auszubildende aus dem gewerblichshytechshynischen Bereich die diese am haumlufigsten verwenden (Abb H3shy9) Dazwischen stehen die Auszubildenden in kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen nur bei der schulischen undoder betrieblichen Nutzung digitaler Praumlsentationstools als auch von Software und Datenbanken liegen sie vor allen anderen

Lehrkraumlfte an Berufsschulen nutzen

haumlufiger digitale Medien als betriebshy

liche Ausbildende

Nach den Ergebnissen einer ebenfalls 201516 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrkraumlften und betrieblichem Ausbildungspersonal findet der Medieneinsatz in ersshyter Linie am Lernort Berufsschule statt Berufsschullehrkraumlfte setzen fast durchgaumlngig haumlufiger digitale Medien im berufsschulischen Unterricht ein als Ausbilderinnen und Ausbilder in der betrieblichen Praxis Eine Ausnahme hiervon bilden digitale Interaktionsformate wie Foren oder soziale Netzwerke die aber insgesamt fuumlr den Ausbildungsprozess ndash sowohl im Berufsschulunterricht als auch in der betrieblichen Ausbildung ndash eine vergleichsweise geringe Rolle spielen sie werden von weniger als 40 des Bildungspersonals beider Lernorte verwendet (Abb H3shy10) Bei der Verwenshydung digitaler Medien und Technologien als LehrshyLernshyWerkzeug wird vor allem der Anwendungsbezug im berufsschulischen Unterricht und der betrieblichen Praxis bedient 94 der Lehrenden und 84 der Ausbildenden setzen digitale Praumlsentatishyonstools ein 77 der Berufsschullehrkraumlfte verwenden daruumlber hinaus Software und Datenbanken fuumlr den Lernprozess (Abb H3shy10)

258

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Durch Berufsschule bislang kaum Ausgleich ungleicher Lernchancen mit digitalen Technoloshygien in Betrieben

Fuumlr beide Gruppen gilt zudem gleichermaszligen dass berufsfeldspezifische Software wie Steuerungssoftware anhand derer unter anderem operatives Wissen erworben werden kann (digitale Technologie als LehrshyLernshyGegenstand) vergleichsweise selten und eher im schulischen als im betrieblichen Kontext Anwendung findet (43 vs 22 Abb H3shy10) Auch hier ist ein Gefaumllle zwischen dem gewerblichshytechnischen Beshyreich sowie den kaufmaumlnnischshyverwaltenden und den Pflegeshy und Erziehungsberufen (Tab H3shy23web) zu beobachten Die Gruumlnde hierfuumlr duumlrften in der unterschiedlichen digitalen Praumlgung der jeweiligen Berufsfelder einerseits und in den erheblichen Unshyterschieden zwischen Betrieben gleicher Branchen und Berufe andererseits liegen was den Einsatz neuer Digitalisierungstechnologien in Produktionsshy und Dienstshyleistungsprozessen anbelangt Insofern erweist sich die Berufsschule als begrenztes Korrektiv betrieblich vermittelter ungleicher Chancen auf Lernen an und mit der Digitalisierung

Abb H3shy9 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Auszubildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Wikipedia oder andere Wikis

Digitale Texte

VideoshyAngebote

Elektronische TestsUumlbungen

Digitale Lernspiele

LernshyApps

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Insgesamt Gewerblichshytechnische Berufe Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe Pflegeshy und Erziehungsberufe

n = 1694 Auszubildende Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Auszubildende doi104232112579 eigene Berechnungen k Tab H3shy22web

Gemessen an der verhaltenen Nutzung von Lernmanagementsystemen oder Clouddiensten durch das berufsschulische wie betriebliche Ausbildungspersonal (Abb H3shy10) scheinen digitale Medien als Organisationsmittel beruflicher Bildung weder im schulischen noch im betrieblichen Ausbildungsalltag eine praumlgende Rolle zu spielen Die potenzielle Reichweite digital organisierter Arbeitsshy und Handlungsabshy

H 3

259

H 3

laumlufe ist freilich groszlig Sie reicht von der Unterstuumltzung administrativer Funktionen (Fehlzeitenshy und Notenerfassung Zeugniserstellung) im Bereich der Schuumllershy oder Auszubildendenverwaltung in Schule und Betrieb oder des Nachweises von Ausbilshydungsleistungen (digitales Berichtsheft) uumlber die Pruumlfung von Leistungsstaumlnden zu Beginn waumlhrend oder nach Abschluss einer Ausbildung bis hin zur Unterstuumltzung der Lernortkooperation durch Nutzung digitaler Kommunikationsmedien und shyplattshyformen Daten uumlber Ausmaszlig der Verbreitung digital organisierter Arbeitsshy und Handshylungsablaumlufe in Schulen und Betrieben und deren Effekte auf die Professionalitaumlt paumldagogischen Handelns liegen nur wenige vor

Abb H3shy10 Nutzung digitaler Medien und Anwendungen durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende in der Berufsausbildung 201516 (in )

CloudshyDienste

Lernmanagementsysteme

Digitale Texte

Wikis

Video

Digitale Lernspiele

Elektronische TestsUumlbungen

LernshyApps

CDshyROMs DVDs

Digitale Praumlsentationstools

Software Datenbanken

ChatshyDienste

Foren Communities Blogs

Soziale Netzwerke

Berufsfeldspezifische Software

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Berufsschullehrkraumlfte Ausbildende in

Ausbildende wurden nicht zur Nutzung von Software und Datenbanken befragt Berufsschullehrkraumlfte nicht zur Nutzung von CDshyROMs und DVDs

n = 303 (Berufsschullehrkraumlfte) und n = 200 (Ausbildende) Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi 104232112582 eigene Berechnungen k Tab H3shy23web

Digitale Abschlussshypruumlfungen zur

Messung beruflicher Kompetenzen bisher

nicht etabliert

Die digitale oder digital unterstuumltzte Abschlusspruumlfung in der gezielt einzelne oder aber mehrere als zentral angesehene berufliche Kompetenzen gemessen werden gibt es bislang noch nicht Allerdings werden im Rahmen eines vom BMBF gefoumlrderten Programms zur digitalen Messung beruflicher Kompetenzen (ASCOT+) in Zusammenshyarbeit mit den zustaumlndigen Kammern gegenwaumlrtig derartige Pruumlfungsformate als Pilotprojekte entwickelt Digitale Formate gelten hier als Mittel die Authentizitaumlt der Pruumlfung zu erhoumlhen und damit deren inhaltliche Validitaumlt deutlich zu steigern (Winther 2019)

Befragt nach schon vorliegenden Erfahrungen mit computerunterstuumltzten Pruumlshyfungen zeigen die Befunde dass zumindest in den Berufsschulen durchaus haumlufiger beshyreits digitale Pruumlfungsformate eingesetzt werden Immerhin haben drei Fuumlnftel aller

260

Bildung in einer digitalisierten Welt

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Berufsschullehrer und shy lehrerinnen schon einmal computerunterstuumltzte Pruumlfungen verwendet (Abb H3shy11) Am haumlufigsten (45 ) wurden dabei halbshystandardisierte Pruumlshyfungen und Tests eingesetzt bei denen die Bewertung der Ergebnisse noch durch die Lehrkraumlfte selbst erfolgt Erfahrungen mit Pruumlfungsformaten die der Lernprozesskontshyrolle im Rahmen eines Kurses (formatives Assessment) oder aber der Ergebniskontrolle nach Abschluss einer Lehrveranstaltung (summatives Assessment) dienen spielen bei immerhin etwa drei Zehntel der Lehrkraumlfte eine Rolle Digitale Pruumlfungsformate im Allgemeinen werden am seltensten in vollzeitschulischen Bildungsgaumlngen aus dem Bereich Pflege und Erziehung genutzt (37 Tab H3shy24web) Gering im Vergleich zu anderen Ausbildungsbereichen sind der Anteil der Lehrkraumlfte der digitale Pruumlfungen verwendet hat bei denen die Ergebnisse vom Lehrer der Lehrerin bewertet werden (11 ) sowie der Anteil der formative oder summative digitale Formate (jeweils 19 ) verwendet (Tab H3shy24web) Zu vermuten ist dass hier neben faktischen Problemen einer Standardisierung von Ausbildungsinhalten auch spezifische professionsbezoshygene Vorbehalte gegenuumlber Formaten zum Ausdruck kommen die eine stark auf persoumlnliche Interaktion ausgerichtete Ausbildung standardisiert abzubilden sucht

Niedrigschwelligere digitale Pruumlfungsforshymate in Berufsschulen haumlufiger im Einsatz

Abb H3shy11 Einsatz computerunterstuumltzter Pruumlfungen 201516 durch Berufsschulshyfachkraumlfte (in )

Einsatz digitaler Pruumlfungsformate insgesamt

Eine Pruumlfung oder einen Test als Aufnahmepruumlfung fuumlr eine Lehrveranstaltung

Aufgaben und Tests als Pruumlfung zwischendurch zur Optimierung des Kurses

Eine Pruumlfung oder einen Test als Abschlusspruumlfung einer Lehrveranstaltung

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnis nur der Lehrer selbst sieht

Pruumlfungen und Tests deren Ergebnisse durch den Lehrer bewertet werden

61

8

31

29

16

45

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte doi104232112580 eigene Berechnungen

Hochschule Das Lehren und Lernen an der Hochschule ist inzwischen sehr stark vom Einsatz digitaler Medien gepraumlgt Nach einer Studie an bayerischen Hochschulen bdquowerden in 77 der Unterrichtszeit aller Vorlesungen und in 59 der Unterrichtszeit aller Seminare digitale Medien eingesetztldquo (Sailer et al 2018) Auch andere Studien zeigen dass ein breites Spektrum an digitalen Technologien und Medien fuumlr die Lehre und das Lernen genutzt wird insbesondere internetbasierte Medien die Kommunikation und Recherche unterstuumltzen aber auch elektronische und gedruckte Texte spielen eine groszlige Rolle Wenn Studierende digitale Medien haumlufig verwenden und ihnen eine hohe Nuumltzlichkeit attestieren laumlsst dies auf eine hohe Akzeptanz dieser Medien schlieszligen (Abb H3shy12 Schmid et al 2017a ZawackishyRichter et al 2016 Dolch amp ZawackishyRichter 2020 Studitemps 2019) Mobile Endgeraumlte wie Smartphones werden fuumlr eine Vielzahl studienbezogener Zwecke herangezogen insbesondere als LehrshyLernshyMittel zur Informationssuche als LehrshyLernshyWerkzeug zur Kommunikation mit Mitstudierenden und Lehrenden aber auch als Organisationsmittel fuumlr den Zugang zum Lernmanagementsystem (ZawackishyRichter et al 2016)

H 3

261

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 3

In der Art und Intensitaumlt der Nutzung digitaler Medien fuumlr das Studium laumlsst sich eine groszlige Bandbreite beobachten (vgl Steffens et al 2017) Texte und andere Lehrmateshyrialien werden als LehrshyLernshyMittel online an fast allen Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt (Studitemps 2019 Schmid et al 2017a) und von den Studierenden auch sehr haumlufig genutzt (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a Willige 2016) In den Lehrshyveranstaltungen selbst werden sehr haumlufig digitale Praumlsentationstools eingesetzt die rezeptive Lernaktivitaumlten (Sailer et al 2018) digital unterstuumltzen z B bei der Wissensvermittlung in Vorlesungen Haumlufig genutzt werden auch die Lernmanageshymentsysteme der Hochschulen als zentrale digitale Organisationsmittel in denen z B elektronische Texte oder andere LehrshyLernshyMittel zur Verfuumlgung gestellt werden Fuumlr das Lernen zu Hause spielen auszligerdem Wikipedia und Videoangebote eine wichtige Rolle (Schmid et al 2017a)

Klassische Anwenshydungen wie Praumlsenshy

tationssoftware und digitale Texte in der

Lehre nach wie vor dominierend

Abb H3shy12 Akzeptanz digitaler Medien in Studium und Lehre 2018 durch Studierende (in Skalenpunkten)

Suchmaschinen

ChatInstant Messaging

Textverarbeitungssoftware

EshyMailshyKonto extern

PC auszligerhalb der Hochschule

PDFshyReader

Internetbasierte Lernplattform (z B StudIP Moodle Ilias)

Elektronische Texte

EshyMailshyKonto der Hochschule

Gedruckte Texte

EshyMailshyVerteiler fuumlr Lehrveranstaltungen

Tabellenkalkulationssoftware

Praumlsentationssoftware

Videos (z B bei YouTube)

Onlinebibliotheksdienste

Online Uumlbersetzer

Wikis

Soziale Netzwerke

DateiablageFilesharing (hochschulexterne Anbieter)

VPN (Virtual Private Network)

DateiablageFilesharing (auf der Lernplattform der Hochschule)

PCshyArbeitsplaumltze auf dem Campus

Cloud Computing

Multimediale Lernsoftware der Hochschule

Hochschulinterne ForenNewsgroups

Freie multimediale Lernsoftware im Internet (z B iTunes)

MOOCs

Vorlesungsaufzeichnungen

Audience Response Tools

47 45

43 43 43

43 41

40 40

39 38 37 37

36 35

34 33

33 33

32 32

31 29

28 28

24 23

23 20

1 2 3 4 5

bdquonieldquo genutzt hellip bdquomehrmals taumlglichldquo bdquogar nicht nuumltzlichldquo hellip genutzt

bdquosehr nuumltzlichldquo

Die Akzeptanz wird ermittelt indem aus der Haumlufigkeit der Nutzung gemessen auf einer Skala von 1 = nie bis 5 = mehrmals taumlglich mit der Nuumltzlichkeit gemessen auf einer Skala von 1 = gar nicht nuumltzlich bis 5 = sehr nuumltzlich ein Index gebildet wird (Haumlufigkeit plus Nutzung2) Hohe Werte bedeuten haumlufige Nutzung und groszlige Nuumltzlichkeit

Basis ist eine von der Universitaumlt Oldenburg durchgefuumlhrte Studierendenbefragung n = 354 (MOOCs) bis 1909 (Suchmaschinen)

Quelle Dolch amp ZawackishyRichter 2020 k Tab H3shy25web

Ein kleinerer Teil der Studierenden nutzt auch weitere Moumlglichkeiten digitaler Techniken und Medien Hier spielen digitale Medien sowie interaktive und gestalshy

262

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

tende LehrshyLernshyWerkzeuge eine Rolle etwa digitale Lernspiele soziale Medien und die Beteiligung an Chats oder Foren im Zusammenhang mit den Veranstaltungen Insgesamt scheint bisher aber nur eine kleinere Gruppe von Studierenden je nach Studie ein Zehntel bis ein Fuumlnftel mit solchen digitalen Lehrshy und Lernwerkzeugen in Lehrveranstaltungen in Beruumlhrung gekommen zu sein (Sailer et al 2018 Schmid et al 2017a) Der Anteil dieser Studierenden die versiert und intensiv die Moumlglichshykeiten der digitalen Medien und Geraumlte fuumlr ihr Studium nutzen scheint in juumlngster Zeit jedoch zugenommen zu haben (Abb H3shy17web)

Kleine Gruppe besonders medienshyaffiner Studierender mit breiter Nutzung digitaler Optionen

Zwischen den Fachrichtungen finden sich deutliche Nutzungsunterschiede Dashybei scheint es nicht in erster Linie von unterschiedlichen Angeboten oder der Ausshystattung der Fachbereiche abzuhaumlngen wie intensiv die Studierenden die digitalen Medien nutzen denn an den Hochschulen kommen innerhalb der Faumlcher verschieshydene Nutzungsformen vor (Persike amp Friedrich 2016)

Auch die Lebenssituation der Studierenden beeinflusst ihre Mediennutzung (ZawackishyRichter et al 2016 2015) So stehen vor allem Studierende mit auszligerhochshyschulischen Verpflichtungen (Erwerbstaumltigkeit Familie) oder in berufsbegleitenden Studienformaten einer staumlrker digitalisierten Lehre positiv gegenuumlber Ein aumlhnliches Ergebnis zeigt die ECARshyStudie 2019 fuumlr die USA (Gierdowski 2019)

Digitale Medien werden als Organisationsmittel umfassend von den Hochschulen zur Verfuumlgung gestellt etwa als Lernmanagementsysteme die an fast allen Hochshyschulen vorhanden sind (H2 Gilch et al 2019 Sailer et al 2018) Viele Hochschulen erproben auch bereits Formen elektronischer Pruumlfungen und EshyAssessments etwa in der studienvorbereitenden Phase um Ruumlckmeldungen im Lernprozess zu geben und als bdquoechteldquo Pruumlfungen zur Kontrolle des Lernerfolgs (Michel 2015 Wannemacher 2016 Abb H3shy13)

Abb H3shy13 Erprobung oder Einsatz elektronischer Pruumlfungen an Hochschulen 2016 nach Pruumlfungszwecken (in )

Basis ist eine Onlinebefragung der EshyLearningshyServiceeinrichtungen oder der Hochschulleitungen im Fruumlhjahr 2016 im Auftrag des Hochschulforums Digitalisierung (n = 170 Hochschulen)

Mehrfachnennungen moumlglich Quelle Wannemacher 2016

Nein Ja zu diagnostischen Zwecken

(z B Kurszulassung Einstufung)

Ja zu formativen Zwecken

(Unterstuumltzung von Lernprozessen)

Ja zu summativen Zwecken

(Pruumlfung Leistungsshybewertung)

Ja in anderer Weise

32

0

10

20

30

40

50 in

28

43

32

6

Eher traditionelle Nutzung digitaler Medien durch Hochschullehrende

Lehrende nutzen die Moumlglichkeiten dieser Systeme jedoch sehr unterschiedlich Insgesamt scheint die Nutzung eher von der Initiative einzelner Lehrender abzushyhaumlngen (Schmid et al 2017a)1 Uumlberwiegend zeichnet sich eine eher traditionelle zuruumlckhaltende Nutzung der digitalen Medien durch Hochschullehrende ab Digitale Lehrwerkzeuge wie Praumlsentationen digitale Texte und Officeprogramme vor allem

1 Eine ergaumlnzende Auswertung der Lehrendenbefragung des Monitors digitale Bildung (ZA6781_v1shy0shy0) erbrachte keine Hinweise darauf dass die Nutzung digitaler Medien mit dem Alter oder der Lehrerfahrung systematisch variiert

H 3

263

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

zur Vorbereitung der Veranstaltungen werden am haumlufigsten genannt In den Veranshystaltungen werden zudem haumlufig Videomedien eingesetzt Etwa ein Viertel der Lehrenshyden setzt auch bereits elektronische Tests oder Uumlbungen in den Veranstaltungen ein gestaltet selbst digitale Lehrwerkzeuge verwendet Wikis in der Lehre oder arbeitet mit digitalen Lernspielen und Simulationen in den Lehrveranstaltungen (Schmid et al 2017a) Wannemacher (2016) ermittelt in einer Befragung der EshyLearningshyEinshyrichtungen an den deutschen Hochschulen dass hauptsaumlchlich eine gelegentliche digitale Anreicherung der Lehre stattfindet Formen des Blended Learning also der systematischen Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre kamen eher selten vor Durch die CoronashyPandemie forciert hat sich dies mit dem Sommersemester 2020 kurzfristig sehr stark veraumlndert Wie nachhaltig diese Erfahrungen mit digitalen Lehrshy Lernshy und Pruumlfungsformaten Studium und Lehre veraumlndern werden ist offen

Zu der eher konventionellen Nutzung der digitalen Medien in der Lehre traumlgt moumlglicherweise auch bei dass bdquodie Medienausstattung [an den untersuchten bayerishyschen Hochschulen] insgesamt am ehesten auf LehrshyLernshySzenarien zugeschnitten ist welche die Praumlsentation bzw Darbietung von Inhalten unterstuumltzenldquo (Sailer et al 2018 S 44) Die Lernmanagementsysteme werden vor allem zur Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen (Sailer et al 2018) und als organisatorische Unterstuumltzung der Lehrveranstaltungen genutzt (Bond et al 2018) Auch in den USA setzen Lehrkraumlfte Lernmanagementsysteme in erster Linie fuumlr administrative und organisatorische Zwecke ein (Brooks amp Pomerantz 2017b)

Digitalisierung scheint das Lehren

und Lernen nicht grundsaumltzlich

veraumlndert zu haben

Insgesamt scheint die Digitalisierung das Lehren und Lernen an den Hochschushylen bisher nicht grundlegend in der Breite veraumlndert zu haben wie auch Literaturshystudien nahelegen (Pensel amp Hofhues 2017 Steffens et al 2017) Die digitalen Medien wurden bislang haumlufig vor allem ergaumlnzend genutzt oder ersetzen analoge Medien etwa durch digitale Semesterapparate oder elektronische Lehrmaterialien Studieshyrende schaumltzen nach wie vor klassische Lehrshy und Lernformen etwa den ndash auch mit digitaler Praumlsentation unterstuumltzten ndashLehrvortrag (Schmid et al 2017a PrendesshyEspishynoza et al 2016) Sie haben vielfach eine bdquopragmatischeldquo (Busse amp Bargel 2017 S 59) Herangehensweise an die digitalen Medien in der Lehre und nutzen sie zielgerichtet und erfolgsorientiert (ebd)

Bezogen auf die Heuristik der digitalen Medien (H1) nehmen also sowohl Studieshyrende als auch Lehrende die angebotenen digitalen Organisationsmittel wie Lernshymanagementsysteme als Hilfsmittel fuumlr ihr Studium an Ebenso nutzen sie digitale Medien vielfach als LehrshyLernshyWerkzeuge allerdings vorwiegend mit einer Anwenshydungsorientierung und nur teilweise in den gestaltenden oder interaktiven Formen und Optionen Verschiedene weitergehende didaktische Potenziale der digitalen Meshydien bleiben damit zunaumlchst unerschlossen

Digitale Lehrshy und Lernangebote werden auch von darauf spezialisierten Einshyrichtungen angeboten Dazu zaumlhlen etwa Onlinekurse (MOOCs) wie sie etwa das HassoshyPlattnershyInstitut an der Universitaumlt Potsdam zur Verfuumlgung stellt aber auch die Gruumlndung virtueller Hochschulen (z B Virtuelle Hochschule Bayern oncampus der TH Luumlbeck HOOU ndash Hamburg Open Online University) Letztere verbinden Onlineanshygebote mit dem Praumlsenzstudium und erschlieszligen Studierenden damit Lehrshy und Lernshymoumlglichkeiten uumlber ihre Hochschule hinaus In Bayern etwa haben im Wintersemester 201718 17 der Studierenden ein solches Onlineangebot belegt (vhb 201718) Dies kann weitere Folgen haben So sind Studierende die an weitgehend digitalisierten Lehrveranstaltungen oder Studiengaumlngen (z B MOOCs oder Onlinestudiengaumlngen) teilnehmen mit houmlherer Wahrscheinlichkeit digital mobil und nutzen digitale Angeshybote auslaumlndischer Hochschulen (Gottburgsen amp Willige 2018) Mit fortgeschrittener digitaler Nutzung eroumlffnen sich diesen Studierenden also weitere digitale Optionen

264

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

Weiterbildung In der Weiterbildung wird die Digitalisierung als eine groszlige Herausforderung wahrgeshynommen betont werden aber vor allem die in der Digitalisierung liegenden Chancen fuumlr die Weiterbildung Dies gilt z B fuumlr die Digitalisierungsstrategien von Anbietern der Weiterbildung (Rohs 2019) Insbesondere Anbieter von Fernunterricht nutzen die Chancen und bedienen ein Angebotssegment das fuumlr digitales Lernen praumldestiniert ist (H5) Auch die Adressatinnen und Adressaten der Erwachsenenbildung sind der Digitalisierung gegenuumlber grundsaumltzlich positiv eingestellt So findet z B die Aussage dass Bildungsaktivitaumlten ohne digitale Medien kaum noch denkbar seien bei 66 der 18shy bis 69shyJaumlhrigen nach Daten des AES 2018 Zustimmung 52 sind aufgeschlossen gegenuumlber innovativen Versuchen von Lehrpersonen mit neuen Medien Ablehnung erfahren diese Aussagen bei jeweils knapp einem Viertel waumlhrend sich die uumlbrigen Erwachsenen noch keine Meinung gebildet haben Trotz hoher Zustimmung gegenshyuumlber dem Lernen und Lehren mit digitalen Medien wird der Einsatz analoger Medien durch Lehrpersonen weiterhin von 63 begruumlszligt jedoch auch von 21 abgelehnt (Tab H3shy9web)

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in formaler Weitershybildung

Nimmt man spezifischer in den Blick welchen Einsatz digitaler Medien Lernende als unterstuumltzend empfinden zeigt sich dass digitale Medien als LehrshyLernshyMittel (z B digitale Bereitstellung von Lernmaterialien) und shyWerkzeuge (z B Recherche im Internet selbststaumlndiges Arbeiten mit Software digitale Interaktion mit anderen Lernenden) positiv wahrgenommen werden (Tab H3shy26web) Teilnehmerinnen und Teilnehmer an formaler Weiterbildung (einschlieszliglich Erstausbildung) berichten dass Lernmaterialien digital bereitstehen (89 ) und digitale Medien fuumlr den Ausshytausch untereinander und mit der Lehrperson genutzt werden (78 ) In nonshyformaler Weiterbildung die sich in ihren Inhalten und ihrer Organisation deutlich von formashyler Weiterbildung unterscheidet (vgl G2) sind Angaben zur Bereitstellung digitaler Lernmaterialien (43 ) sowie zur digitalen Kommunikation (25 ) wesentlich seltener (Abb H3shy14 Tab H3shy10web)

Abb H3shy14 Nutzung digitaler Medien bei nonshyformalen und formalen Lernaktivitaumlten Erwachsener (in )

Lernmaterialien online

Online Kommunikation

Online Buchung des Bildungsangebots

Pruumlfung am Computer

43 89

25 78

17 21

9 11

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten Formale Bildungsaktivitaumlten

Nonshyformale Bildungsaktivitaumlten n = 766 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 3968 (Lernmaterialien) 3970 (Onlineshy kommunikation) Formale Bildungsaktivitaumlten n = 579 (Onlinebuchung und Pruumlfung) 708 (Lernmaterialien und Onlinekommunikation) Quelle BMBF AES 2018 doi104232113461 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H3shy10web

Einsatz digitaler Medien haumlufiger in beruflicher und individuell berufsbezogener Weiterbildung

Je nach Institutionalisierungsgrad der Weiterbildung werden digitale Medien also unterschiedlich intensiv genutzt sowohl als LehrshyLernshyMittel als auch als LehrshyLernshyWerkzeug Die seltenere Anwendung in nonshyformaler Weiterbildung ist weiterhin zu differenzieren nach deren Segmenten In nichtberufsbezogener Weiterbildung werden wesentlich seltener Materialien online zur Verfuumlgung gestellt als bei betrieblicher oder individuell berufsbezogener Weiterbildung waumlhrend kein Unterschied in der

H 3

265

H 3

Bildung in einer digitalisierten Welt

Haumlufigkeit digitaler Kommunikation bei betrieblicher und nichtberufsbezogener Weiterbildung besteht Die Befragung der Einrichtungsleitungen (wbmonitor 2019) uumlber den Einsatz digitaler LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge zeigt ebenfalls dass der Einsatz generell in den Einrichtungen haumlufiger ist die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe oder mindestens als Nebenaufgabe sehen

Digitale Medien haumlufig als Organisashytionsmittel genutzt

Digitalisierung veraumlndert auch die Ablaumlufe innerhalb von Organisationen So wie oumlffentliche Verwaltungen z B ihren Buumlrgerservice zunehmend digital gestalten setzen auch Anbieter der Weiterbildung digitale Medien als Organisationsmittel ein So ermoumlglichen 2019 68 der Einrichtungen der Weiterbildung Kursbuchunshygen uumlber eine eigene Webseite uumlber die nahezu 100 aller Einrichtungen verfuumlgen Weitere 10 planen mittelfristig die Implementierung von Onlinekursbuchungen 61 der Einrichtungen stellen ihre Angebote auch in externe Weiterbildungsdatenshybanken ein 2018 berichten 21 der Teilnehmenden formaler Bildungsaktivitaumlten und 17 der Teilnehmenden nonshyformaler Bildungsaktivitaumlten dass die Aktivitaumlten online gebucht wurden Uumlber absolvierte Pruumlfungen am Computer berichten mehr Teilnehmende in formaler Weiterbildung als in nonshyformaler Weiterbildung (11 vs 9 ) (Tab H3shy10web) Digitale Anwendungen fuumlr Pruumlfungen werden von 25 der Einshyrichtungen genutzt und 21 planen die Implementierung Haumlufiger sind digitale Pruumlfungsformate bei betrieblichen und wirtschaftsnahen Anbietern (z B Kammer Innung Berufsverband)

Digitale Medien vor allem in der berufshy

lichen Weiterbildung ein bedeutsamer

LehrshyLernshyGegenshystand

Letztlich nehmen Anbieter der Weiterbildung eine zentrale Position in der Vershymittlung von Kompetenzen fuumlr das Arbeiten und den Umgang mit digitalen Medien ein Auf Ebene der Teilnahmen werden in der individuell berufsbezogenen Weitershybildung Aspekte der Digitalisierung am haumlufigsten zum LehrshyLernshyGegenstand 31 der im AES erfassten individuell berufsbezogenen Aktivitaumlten (maximal 2 pro Person) hatten 2018 das Ziel den Umgang mit Software oder bestimmten Anwendungen zu vermitteln (Tab H3shy27web) Bei 23 der betrieblichen Weiterbildungsaktivitaumlten ist auch hier der Umgang mit digitalen Medien ein haumlufiger LehrshyLernshyGegenstand Weshyniger verbreitet ist er bei nichtberufsbezogenen Aktivitaumlten (9 ) 21 der erfassten individuell berufsbezogenen Kurse dienten dazu zu erlernen wie sich das Internet zur Informationsbeschaffung nutzen laumlsst und welche sozialen rechtlichen und ethishyschen Aspekte mit der Digitalisierung einhergehen Aus der Perspektive der Einrichshytungen betreffen die am haumlufigsten angebotenen LehrshyLernshyGegenstaumlnde im Bereich Digitalisierung Aspekte der Datensicherheit und des Datenschutzes Diese wurden 2019 von gut der Haumllfte aller im wbmonitor 2019 erfassten Anbieter aufgegriffen und entsprechend angeboten Der Zusammenhang mit der im Mai 2018 in Kraft getreteshynen Europaumlischen DatenschutzshyGrundverordnung liegt hier nahe Angebote zur Dashytensicherheit kamen uumlberwiegend in Einrichtungen zum Einsatz die die berufliche Weiterbildung als eine Hauptaufgabe ansehen Knapp die Haumllfte aller Einrichtunshygen (48 ) fuumlhrten klassische Schulungen zu Officestandardsoftware (z B MS Office) durch Auch hier und insgesamt sind Einrichtungen mit beruflicher Weiterbildung als Hauptaufgabe staumlrker repraumlsentiert (Tab H3shy28web) Faumlhigkeiten im Umgang und zur Anwendung digitaler Medien werden jedoch insgesamt haumlufiger im Selbststudium als in nonshyformalen Angeboten der Weiterbildung erlernt (Gilroy 2020)

27 der Unternehshymen bilden Beschaumlfshy

tigte im Bereich digitale Medien fort

Aus der IKTshyUnternehmensbefragung geht hervor dass 2018 27 der Unternehshymen mit mehr als 9 Beschaumlftigten externe oder interne Fortbildungen zu ITshyAnwenshydungen anboten und 13 ihr ITshyPersonal mit weiteren Fachkenntnissen schulten Seit 2015 bleiben diese Werte konstant Nach der IKTshyPersonenbefragung nahmen 2018 21 der Erwerbstaumltigen in den vorangegangenen 12 Monaten an arbeitgeberfinanshyzierten Schulungen zum Erwerb von Kenntnissen und Faumlhigkeiten im Umgang mit digitalen Geraumlten und Technologien teil 23 erlernten entsprechende Kenntnisse

266

Mediennutzung auszligershy und innerhalb von Bildungseinrichtungen

und Faumlhigkeiten nicht in Kursen sondern direkt am Arbeitsplatz durch die Hilfe von Kolleginnen Kollegen oder Vorgesetzten Dabei geht es inhaltlich meist um die Anwenshydung spezifischer Programme die im direkten Zusammenhang mit der Arbeit stehen Die Ergebnisse des Mittelstandspanels der Kreditanstalt fuumlr Wiederaufbau (KfW) 2018 zeigen dass von diesen Unternehmen vor allem diejenigen die wissensbasierte Dienstshyleistungen anbieten Beratungsdienstleistungen bezuumlglich IT in Anspruch nehmen und in die Weiterbildung von Beschaumlftigten investieren (KfW Bankengruppe 2019)

Zwischenfazit Spaumltestens mit dem Eintritt in die Schule beginnt die eigenstaumlndige Nutzung digishytaler Medien zu einem alltaumlglichen Bestandteil des Lebens der meisten Menschen zu werden Ab einem Alter von 12 Jahren verwenden nahezu alle das Internet zur Informationsbeschaffung Unterhaltung oder Kommunikation Gleichwohl lassen sich analog zur Ausstattung mit digitalen Medien (H2) geringere Nutzungsquoten bei Aumllteren und Menschen mit einem weniger privilegierten soziooumlkonomischen Hintergrund feststellen

Digitale Medien werden mehr und mehr auch zum Lernen eingesetzt ndash sowohl informell im Selbststudium als auch im Rahmen der formalen und nonshyformalen Bildung Insbesondere Auszubildende und Studierende verwenden in ihrer Freizeit digitale Lernformate zur Aneignung von Wissen oder digitale Werkzeuge um sich mit anderen Lernenden uumlber Lerninhalte auszutauschen Der Anteil der Erwerbstaumltigen die mithilfe digitaler Medien lernen ist zwar vergleichsweise gering steigt aber in den letzten Jahren an Auch die informationsshy und bildungsbezogene Nutzung digishytaler Medien in der Freizeit scheint von soziooumlkonomischen Faktoren sowie in den weiterfuumlhrenden Bildungseinrichtungen von den eingeschlagenen Berufswegen und wirtschaftsstrukturellen Faktoren abzuhaumlngen Dies kann zu Disparitaumlten im Erwerb von digitalen Kompetenzen (H5) fuumlhren

Waumlhrend das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext mehr und mehr zur Selbstverstaumlndlichkeit wird findet das Lernen mit und uumlber Medien in den Bilshydungseinrichtungen deutlich seltener statt In der fruumlhen Bildung werden digitale Meshydien noch eher zoumlgerlich eingesetzt und ihre Verwendung wird kontrovers diskutiert Im Unterricht der allgemeinbildenden Schulen bleibt die Nutzung digitaler Medien im internationalen Vergleich zuruumlck In den Hochschulen und in der individuell berufsbezogenen und beruflichen Weiterbildung ist der Einsatz digitaler Medien vor allem als Organisationsshy und LehrshyLernshyMittel inzwischen selbstverstaumlndlich aber auch hier werden noch nicht alle Potenziale genutzt

Uumlber die Qualitaumlt und Effekte digital unterstuumltzter LehrshyLernshyProzesse lassen sich aufgrund mangelnder Daten bislang nur wenige Aussagen treffen Die hierzu existieshyrenden Studien weisen darauf hin dass digitale Medien in den Bildungseinrichtungen bislang lediglich in Formen verwendet werden mit denen traditionelles auf die Lehrshyperson konzentriertes Lernen unterstuumltzt wird etwa durch den Einsatz digitaler Texte oder die Anreicherung des Lehrvortrags durch digitale Praumlsentationen Innovativere Formen etwa Simulationen oder Lernspiele (Gamification) werden hingegen selten genutzt Die Bildungseinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit zum einen vor der Herausforderung den Anschluss an die auszligerinstitutionellen bereits etablierten Lernshy und Interaktionsformen nicht zu verlieren zum anderen muumlssen didaktische Konzepte entwickelt werden die die Potenziale digitaler Medien fuumlr staumlrker aktivierende und individualisierte Lernprozesse nutzen (H4)

H 3

267

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Die zunehmende Bedeutung digitaler Medien und die damit einhergehende Notwenshydigkeit digitale Kompetenzen bei den Lernenden zu foumlrdern stellt das paumldagogische Personal vor die Herausforderung ihre eigenen digitalen Kompetenzen zu entwickeln In der wissenschaftlichen Diskussion lassen sich unterschiedliche ndash meist bereichsshyspezifische ndash Ansaumltze finden die versuchen das dafuumlr notwendige Professionswissen zu konzeptualisieren und empirisch erfassbar zu machen Der bdquoEuropaumlische Rahmen fuumlr die digitale Kompetenz Lehrenderldquo formuliert 6 Kompetenzbereiche mit insgesamt 23 Kompetenzen die bildungsbereichsuumlbergreifend Guumlltigkeit haben und eine Grundshylage fuumlr die Entwicklung digitaler Kompetenzmodelle darstellen sollen (Abb H4shy8web) Neben grundlegendem Wissen zur Auswahl und didaktisch sinnvollen Einbindung digitaler Medien in das LehrshyLernshyGeschehen wird die Anforderung formuliert die eigene Praxis stets selbstkritisch beurteilen und im Austausch mit anderen Lehrenshyden weiterentwickeln zu koumlnnen Daruumlber hinaus fokussiert der Bezugsrahmen die Faumlhigkeit den Lernenden durch differenzierten und personalisierten Unterricht und kontinuierliche Leistungsruumlckmeldung gerecht zu werden Die unterschiedlichen Facetten des Kompetenzrahmens machen deutlich dass erst das Zusammenspiel aus inhaltlichem paumldagogischem und anwendungsbezogenem Wissen des paumldashygogischen Personals erfolgreichen lernfoumlrdernden Medieneinsatz moumlglich macht (Endberg amp Lorenz 2017)

Aufgrund der Datenlage ist es nicht moumlglich alle genannten Facetten digitaler Kompetenzen darzustellen und dabei auch noch Vergleiche zwischen den Bildungsshybereichen vorzunehmen Nachfolgend wird daher zumeist uumlber Selbsteinschaumltzungen zu digitalisierungsbezogenen Kompetenzen Einstellungen und Haltungen des paumldashygogischen Personals und sowie dessen Ausshy und Fortbildung berichtet

Fruumlhe Bildung

Einstellungen und Kompetenzen der Fachkraumlfte Paumldagogische

Fachkraumlfte fruumlher Bildung sprechen der Vermittlung digitaler

Kompetenzen eine geringe Bedeutung zu

Im internationalen Vergleich misst das paumldagogische Fachpersonal in Einrichtungen der fruumlhen Bildung in Deutschland der Vermittlung digitaler Kompetenzen eine geshyringe Bedeutsamkeit bei So sehen nur 7 der in Deutschland befragten paumldagogisch Taumltigen die Vermittlung digitaler Kompetenzen als sehr bedeutsam an waumlhrend der Durchschnitt aller an der Studie beteiligten OECDshyStaaten2 bei 28 der Befragten liegt (Tab H4shy1web) Der vergleichsweise geringe Wert den das paumldagogische Fachpersonal digitalen Medien beimisst kann ein Erklaumlrungsfaktor fuumlr die bislang geringe Nutzung in Kindertageseinrichtungen sein

Hierfuumlr scheint es 2 wesentliche Gruumlnde zu geben Einerseits kommen Aspekte der digitalen Mediennutzung in den Ausbildungsinhalten der Fruumlhpaumldagogik bislang kaum vor Betont werden dagegen die analogen Erfahrungen das Haptische sowie die zwischenmenschlichen Beziehungen Infolgedessen koumlnnte fuumlr viele Fachkraumlfte der gezielte Einsatz digitaler Medien im fruumlhkindlichen Bereich im Widerspruch zu ihrem beruflichen Selbstverstaumlndnis stehen Andererseits koumlnnten die Vorbehalte auch aus einer eigenen Unsicherheit in der Anwendung resultieren (Wagner et al 2016 FriedrichsshyLiesenkoumltter 2016 Kutscher amp Bischof 2019) was sich daran erkennen

2 An der OECDshyStudie nahmen fuumlr die Altersgruppe der 3shy bis 6shyjaumlhrigen Kinder die Staaten Chile Daumlnemark Deutschland Island Israel Japan Norwegen Suumldkorea und Tuumlrkei teil

268

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

laumlsst dass die Fachkraumlfte einen Bedarf an Medienbildung artikulieren (Wagner Eggert amp Schubert 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Schubert et al 2018a) Aus medienpaumldashygogischer Perspektive werden deshalb die Relevanz einer qualifizierten Begleitung beim Einsatz digitaler Medien im Kitaalltag sowie eine entsprechende Qualifikation der paumldagogischen Fachkraumlfte betont (Wagner et al 2016 Kutscher amp Bischof 2019 Aufenanger 2014) Ergebnisse von Modellprojekten in Kindertageseinrichtungen konnten zeigen dass dafuumlr ndash neben dem Medieneinsatz ndash auch eine Reflexion dieses Einsatzes bei den paumldagogischen Fachkraumlften im Vordergrund stehen muss (Kutscher amp Bischof 2019) Fuumlr den Erwerb entsprechender Kompetenzen gibt es bislang jedoch kaum passende Weiterbildungsangebote wie eine im Jahr 2015 durchgefuumlhrte Anashylyse von Weiterbildungsangeboten fuumlr fruumlhpaumldagogische Fachkraumlfte zeigt (Buschle amp Gruber 2018)

Allgemeinbildende Schule

Einstellungen und Kompetenzen der Sekundarschullehrkraumlfte Digitale Medien werden im Unterricht an Schulen in Deutschland bislang vorrangig als Hilfsmittel zur Bereitstellung von Informationen und weniger zur individuellen Foumlrderung von Lernenden oder zur Unterstuumltzung von kooperativen Lernsettings eingesetzt (H3) Gruumlnde dafuumlr liegen in der vorhandenen technischen Ausstattung in technologiebezogenen Prioritaumltensetzungen der Schulleitungen in den Einshystellungen und Erfahrungen der Lehrkraumlfte sowie in den anwendungsbezogenen und didaktischen Kompetenzen fuumlr einen lernfoumlrdernden Einsatz digitaler Medien (Eickelmann et al 2019)

Differenzierte Bewertung des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht durch Lehrkraumlfte

In einer 2019 durchgefuumlhrten Befragung des Verbandes Bitkom stimmt die Mehrshyheit der befragten Sekundarschullehrkraumlfte der Aussage zu dass der Einsatz digitashyler Medien die Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller foumlrdert (88 ) und dabei hilft Inhalte und Zusammenhaumlnge anschaulicher darzustellen und zu vermitteln (87 ) (Bitkom 2019) Zugleich befuumlrchtet jedoch mehr als jeder und jede 2 Befragte dass der Einsatz digitaler Medien konzentriertes Lernen stoumlrt Ein aumlhnliches Bild zeichnet auch die im Zuge der Schulleistungserhebung ICILS 2018 durchgefuumlhrte Befragung von Lehrkraumlften Ein Groszligteil der Befragten ist in Deutschland der Auffasshysung dass digitale Medien den Schuumllerinnen und Schuumllern einen besseren Zugang zu Informationsquellen ermoumlglichen oder ihnen helfen ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln (Abb H4shy1 Tab H4shy2web) Nur ein gutes Drittel (35 ) ist jedoch der Ansicht dass digitale Medien die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller verbessern Daruumlber hinaus verbindet ein betraumlchtlicher Teil mit dem Einshysatz digitaler Medien nicht die Moumlglichkeit individualisiertes oder kollaboratives Lernen zu foumlrdern Im internationalen Vergleich werden in nahezu allen anderen ICILSshy2018shyTeilnahmestaaten die Potenziale digitaler Medien positiver aber ebenfalls differenziert bewertet (Abb H4shy1 Tab H4shy2web)

Selbst eingeschaumltzte digitale Kompetenzen von Lehrkraumlften im internationalen Vergleich unterdurchshyschnittlich

Zwar liegen inzwischen digitalisierungsbezogene Kompetenzmodelle vor allershydings kaum empirisch belastbare Daten zu den Kompetenzen Daher wird bei der Darstellung der digitalen Kompetenzen der Lehrkraumlfte haumlufig auf Selbsteinschaumltzunshygen zuruumlckgegriffen Bei ICILS 2018 zeigen sich deutliche Unterschiede (Abb H4shy1 Tab H4shy3web) Nahezu alle Lehrkraumlfte geben an nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden zu koumlnnen und ein Groszligteil sieht sich in der Lage Unterricht vorzubereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller vorsieht Hingegen gibt nur knapp jede und jeder Zweite an den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern mithilfe digitaler Medien uumlberpruumlfen zu koumlnnen Ein Lernmanagementsystem kann nach eigenen Angaben nur etwa ein Drittel der Lehrshy

H 4

269

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

kraumlfte benutzen Im internationalen Vergleich finden sich damit fuumlr Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland unterdurchschnittliche Zustimmungsraten (Abb H4shy1) die auf einen Entwicklungsbedarf in der Professionalisierung von Lehrkraumlften aufmerksam machen Dies wird durch die in Deutschland insgesamt geringere Nutzung digitaler Medien im Unterricht sowohl durch Lehrkraumlfte als auch durch Schuumllerinnen und Schuumller (H3) unterstrichen

Abb H4shy1 Einschaumltzungen von Lehrkraumlften zu den Potenzialen digitaler Medien und zu ihren eigenen Kompetenzen 2018 (in )

Zusammengefasste Kategorie Zustimmung Quelle Eickelmann et al 2019 ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H4shy2web H4shy3web

100 8090 60 5070 40 30 20 10 0 in

in 0 2010 40 5030 60 70 80 90 100

hellip verbessern die schulischen Leistungen der Schuumllerinnen und Schuumller

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern effektiver mit anderen zusammenzuarbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern auf einem ihren Lernbeduumlrfnissen entsprechenden Niveau zu arbeiten

hellip helfen Schuumllerinnen und Schuumllern ein groumlszligeres Interesse am Lernen zu entwickeln

hellip ermoumlglichen Schuumllerinnen und Schuumllern den Zugang zu besseren Informationsquellen

Digitale Medien

Ich kann

hellip ein Lernmanagementsystem benutzen

hellip den Lernstand von Schuumllerinnen und Schuumllern uumlberpruumlfen

hellip Unterricht vorbereiten der den Einsatz digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller beinhaltet

hellip nuumltzliche Unterrichtsmaterialien im Internet finden

Potenziale

Kompetenzen

Deutschland Internationaler Mittelwert

34

49

79

98

59

78

84

95

35

55

69

81

88

71

78

87

91

92

Wechselverhaumlltnis zwischen Einstelshy

lungen Kompetenzen und technischer

Ausstattung

Hervorzuheben ist dass sich die Einstellungen der Lehrkraumlfte ihre Kompetenzen und die technische Ausstattung der Schulen wechselseitig bedingen koumlnnten Lehreshyrinnen und Lehrer die das Potenzial digitaler Medien erkennen schaumltzen demnach auch ihre eigenen Kompetenzen mehrheitlich positiv ein (Tab H4shy4web) Mit Blick auf die Verfuumlgbarkeit digitaler Medien in den Einrichtungen (H2) ist zu vermuten dass gering eingeschaumltzte Kompetenzen und negative Einstellungen auch dadurch bedingt sein koumlnnten dass Lehrerinnen und Lehrern bestimmte Medien nicht oder nicht in ausreichendem Maszlige zur Verfuumlgung stehen und sie schlicht keine Gelegenheit haben entsprechende Erfahrungen zu sammeln (Tab H4shy5web) In welche Wirkrichshytung diese Ergebnisse gelesen werden muumlssen also ob z B die houmlheren selbst eingeshyschaumltzten Kompetenzen im Mittel auch zu positiveren Einstellungen fuumlhren oder die positiven Einstellungen zu Erfahrungszusammenhaumlngen fuumlhren die houmlhere selbst eingeschaumltzte Kompetenzen implizieren laumlsst sich anhand vorliegender Ergebnisse bisher nicht klaumlren und bedarf weiterer Forschung

Ausshy und Fortbildung von Lehrkraumlften Digitalisierungsbezoshygene Inhalte spielten

in der Lehrkraumlfteshyausbildung bislang

kaum eine Rolle

Kompetenzen im didaktischen Umgang mit digitalen Medien sollten bereits im Lehrshyamtsstudium vermittelt werden (van Ackeren et al 2019) Lange Jahre spielten digitashylisierungsbezogene Aspekte in der Lehrkraumlfteausbildung in Deutschland jedoch eher eine untergeordnete Rolle Lediglich ein Viertel der im Rahmen der ICILSshyStudie 2018 befragten Lehrkraumlfte gibt an in der Ausbildung gelernt zu haben wie man digitale Meshy

270

H 4

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

dien nutzt und sie im Unterricht einsetzt Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche Lehrkraumlfteausbildung damit nur unterdurchschnittlich ab (Tab H4shy6web) Dementsprechend kam bereits die Studie bdquoSchule digitalldquo aus dem Jahr 2016 auf der Grundlage von repraumlsentativen Lehrkraumlftebefragungen in allen Bundeslaumlndern zu dem Ergebnis dass sich die uumlberwiegende Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer eine staumlrkere Verankerung von digitalisierungsbezogenen Aspekten sowohl in der 1 als auch in der 2 Phase der Lehrkraumlftebildung wuumlnscht (Eickelmann et al 2016)

Unterschiedliche Vorgaben zum Erwerb von digitalen Kompetenzen in den Laumlndern

Die Ergebnisse einer 2018 veroumlffentlichten Sonderauswertung zum Lehramtsstushydium des bdquoMonitors Lehrerbildungldquo zeigen dass bislang 5 Laumlnder (BadenshyWuumlrttemshyberg MecklenburgshyVorpommern NordrheinshyWestfalen RheinlandshyPfalz und SachsenshyAnhalt) fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I allgemeinbildender Schulen landesweit einheitliche Vorgaben daruumlber erlassen haben dass im Lehramtsstudium Lehrveranstaltungen zum Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien anzubieten sind In 4 weiteren Laumlndern ist dies geplant In der Mehrzahl der Laumlnder ist der Erwerb von professionellen Kompetenzen zum methodischshydidaktischen Einsatz dagegen noch nicht verbindlich vorgegeben (Abb H4shy2)

Abb H4shy2 Landesweit einheitliche Vorgaben zur Vermittlung von Anwendungsshy und methodischshydidaktischen Kompetenzen im Lehramtsstudium

Anwendungskompetenzen Methodischshydidaktische Kompetenzen

SH SH

HH MV

HH MV

HB HB

NI BE NI BE

ST BB ST BB

NW NW SN SN

TH TH HE HE

RP RP

SL SL

BY BY BW BW

Ja Geplant Nein Nein aber andere Steuerungsmaszlignahmen Keine AngabeLehramtstyp nicht angeboten

Allgemeinbildende Faumlcher fuumlr den Primarshy und den Sekundarbereich I Quelle Bertelsmann Stiftung et al 2018 Monitor Lehrerbildung

Wenngleich die konkrete Ausgestaltung in der Verantwortung der jeweiligen Hochschule liegt konnten die Laumlnder bisher die Art der Erfuumlllung der Vorgaben untershyschiedlich regeln In 5 Laumlndern3 ist der Umgang mit digitalen Medien bereits bei der Ausgestaltung der Pruumlfungsordnungen beruumlcksichtigt worden und 2 Laumlnder haben das Thema im Rahmen von Zielvereinbarungen mit den Hochschulen aufgegriffen

Ein Blick auf die Hochschulebene zeigt dass die Haumllfte der Hochschulen verpflichshytende Lehrangebote in den jeweils angebotenen Lehramtstypen etabliert hat wenngleich bislang nur in einzelnen Faumlchern Nur ein kleiner Anteil der Hochschulen hat die Vershy mittlung von Kompetenzen in allen Lehramtsfaumlchern curricular verankert Von den befragten Hochschulen gibt zwar der uumlberwiegende Teil an dass der Umgang mit dishy

3 Insgesamt haben 11 Laumlnder an der Sonderauswertung des Monitors Lehrerbildung teilgenommen

271

H 4

gitalen Medien und der didaktisch sinnvolle Einsatz in den Praxisphasen erprobt wershyden curricular ist dies jedoch nur an einem Viertel der Hochschulen festgeschrieben

Ausbildung der Lehrkraumlfte um

digitale Inhalte erweitert

Die KMK hat durch die bereits erwaumlhnte im Mai 2019 verabschiedete Uumlberarbeishytung ihrer Standards fuumlr die Lehrkraumlftebildung laumlnderuumlbergreifende Anforderunshygen an die digitalisierungsbezogene Ausbildung in allen Phasen formuliert Explizit werden in allen Handlungsfeldern von Lehrerinnen und Lehrern technologisches bildungswissenschaftliches und fachdidaktisches Wissen uumlber digitale Medien und Werkzeuge als zentrale Anforderungen an Lehrkraumlfte formuliert In welchem Zeitshyraum die Umsetzung in den Laumlndern geschieht und welche Wirkungen dies hat bleibt abzuwarten

Geringer Teil der Lehrkraumlfte nimmt an

digitalisierungsshybezogenen

Fortbildungen teil

Die Ergebnisse des IQBshyBildungstrends zeigen dass im Jahr 2018 84 der Mashythematikshy und Naturwissenschaftslehrkraumlfte an einer (allgemeinen) Fortbildung teilgenommen haben Demgegenuumlber nahm lediglich knapp jede 3 im Rahmen der ICILSshy2018shyErhebung befragte Lehrkraft (31 ) in den vergangenen 2 Jahren vor der Erhebung an einem Kurs zur Integration digitaler Medien in Lehrshy und Lernprozesse oder einer Schulung zur fachspezifischen Verwendung digitaler Lehrshy und Lernresshysourcen teil An einem Kurs zur Nutzung digitaler Medien durch Schuumllerinnen und Schuumller mit sonderpaumldagogischem Foumlrderbedarf haben knapp 6 der Befragten teilshygenommen Am haumlufigsten werden Schulungen von Lehrkraumlften der eigenen Schule in Anspruch genommen waumlhrend Kurse die von externen Institutionen oder Expershytinnen und Experten geleitet werden nur eine geringe Rolle spielen

Relativ niedrige Teilnahmequoten koumlnnten neben bisher fehlenden geeigneten Fortbildungsangeboten und shystrukturen u a damit zusammenhaumlngen dass Schulshyleitungen vergleichsweise wenig Anreize fuumlr Lehrkraumlfte schaffen etwa durch Freishystellungen oder zeitliche Entlastung (Tab H4shy7web) Hierfuumlr spricht auch dass ein betraumlchtlicher Teil der Lehrkraumlfte die 2019 vom Verband Bitkom befragt wurden angaben keine Zeit fuumlr eine Fortbildung zu haben oder an der eigenen Schule keine entsprechenden Angebote vorzufinden (Bitkom 2019)

Groszligteil der Lehrshykraumlfte fuumlr Ausbau

von Weiterbildungsshyangeboten

Der Bedarf Fortbildungsmoumlglichkeiten zu erweitern wird auch am hohen Anteil von Lehrerinnen und Lehrern deutlich (87 ) der sich dafuumlr ausspricht Weiterbilshydungsangebote auszubauen oder gar Fortbildungsangebote verpflichtend zu machen (78 ) (ebd) Entwicklungsbedarf und shypotenziale zeigen sich damit sowohl in der Lehrkraumlfteausbildung als auch in der shy fortbildung

Berufliche Ausbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Bei Berufsschullehrshykraumlften positivere

Einstellung zum Nutzen digitalen

Lernens als bei Ausbildenden

Fuumlr die Professionalisierung paumldagogischen Handelns in der beruflichen Bildung gelten zumindest teilweise andere Voraussetzungen als in vorgelagerten Bildungsetapshypen Insbesondere die Lehrkraumlfte an Berufsschulen benoumltigen neben medienpaumldagoshygischen Kompetenzen im Sinne von Faumlhigkeiten des gezielten didaktischen Einsatzes digitaler Medien und Anwendungen (Eder 2008 Schmid et al 2016) auch fachliche Kompetenzen der Beherrschung berufs(feld)typischer digitaler Werkzeuge und Anshywendungen sowie Wissen uumlber die neuesten Entwicklungen der Digitalisierung von Arbeit im entsprechenden Berufsfeld Daruumlber hinaus stehen Berufsschullehrkraumlfte sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor je spezifischen Herausforderungen komshyplexe Anforderungen (z B Beteiligung an Technologiegestaltung) und Zumutungen (z B erhoumlhte Kontrollpotenziale) in einer von digitaler Technologie durchdrungenen Arbeitswelt didaktisch sinnvoll zu modellieren (Euler amp Severin 2019)

Die Befunde einer Umfrage unter Berufsschullehrkraumlften und Ausbildenden zu ihrer Einstellung hinsichtlich des Nutzens digitalen Lernens weisen auf eine grundshy

272

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

saumltzlich positivere Grundhaltung der Berufsschulkraumlfte im Vergleich zu Ausbilderinshynen und Ausbildern hin (Abb H4shy3 Tab H4shy8web)

Abb H4shy3 Bewertung des Nutzens digitalen Lernens durch Berufsschullehrkraumlfte und Ausbilder innen und Ausbilder 201516 (in )

Digitales Lernen

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

hellip erleichtert das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge

hellip verbesser t die Lernqualitaumlt

hellip ist motivierend

hellip verbessert die Lernergebnisse

hellip verbessert bestimmten Lernern den Zugang

hellip erleichtert individuellen Unterricht

75

33

67

46

48

33

52

39

59

36

22

60

31

44

45

59

41

45

29

35

3

7

2

11

6

8

6

10

8

26

2

7

4

5

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

Zustimmung Neutral Ablehnung Keine Angabe

Sowohl Berufsschullehrkraumlfte als auch Ausbildende konnten auf einer Skala von 1 = stimme voll und ganz zu bis 6 = stimme uumlberhaupt nicht zu ihre Bewertung abgeben Die Kategorien 1 und 2 wurden hier zu bdquoZustimmungldquo die Kategorien 3 und 4 zu bdquoNeutralldquo und die Kategorien 5 und 6 zu bdquoAblehnungldquo zusammengefasst

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschulshylehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy8web

Digitales Lernen wird als motivierend eingeschaumltzt hellip

Fast drei Viertel der Lehrenden an Berufsschulen bewerten digitales Lernen als motivierend dieser Einschaumltzung stimmt nur die Haumllfte der betrieblichen Ausbildenshyden zu Aumlhnlich positiv wird der Effekt digitalen Lernens gesehen die Lernbarrieren fuumlr bestimmte Lernendengruppen abzusenken Diesen Effekt sehen 67 bzw 59 der Lehrenden bzw Ausbildenden

hellip aber mehr Skepsis hinsichtlich erreichshybarer Verbesserung von Lernergebnissen

Eher verhalten positiv aumluszligern sich beide Gruppen bezuumlglich der Moumlglichkeiten uumlber den Einsatz digitaler Lernmedien und shytechnologien den Unterricht zu indivishydualisieren oder die Lernergebnisse der Auszubildenden zu verbessern Zu Letzterem geben nur ein Drittel der Berufsschullehrkraumlfte und knapp zwei Fuumlnftel der Ausbilshydenden eine positive Einschaumltzung ab Knapp die Haumllfte der Lehrenden stimmt zu dass digitale Lernmedien das Verstehen komplexer Zusammenhaumlnge erleichtern koumlnnen (48 ) skeptischer wird das Potenzial digitaler Medien zur Verbesserung der Lernquashylitaumlt (33 ) beurteilt Insgesamt deuten die Befunde darauf hin dass die Beurteilungen zur Nuumltzlichkeit digitalen Lernens positiver ausfallen wenn die Lehrenden digitale Medien und Technologien fuumlr die Berufsausbildung nutzen und negativer wenn dies nicht der Fall ist Insofern kann eine geringere positive Bewertung auch einer bislang verhaltenen Nutzung im Ausbildungsprozess (H3) geschuldet sein oder umgekehrt

Eher positive Selbstshyeinschaumltzung der Kompetenz im Umgang mit digitalen Medien hellip

Zu den Faumlhigkeiten von Berufsschullehrkraumlften bzw Ausbildenden den berufsshyschulischen Unterricht bzw betriebliche Lernprozesse mithilfe digitaler Medien zu gestalten (medienpaumldagogische Kompetenz) und zu ihren Strategien digitale Medien und Lernmethoden in der Ausbildung einzusetzen sind kaum Befunde vorhanden Die Ergebnisse einer im Jahr 2018 durchgefuumlhrten Befragung von Lehrenden an beruflichen Schulen und Ausbildungsverantwortlichen in Betrieben im gewerblichshytechnischen Bereich koumlnnen jedoch einen ersten Einblick hierzu geben (IfD Allensshybach 2018) Demnach schaumltzt die Mehrheit der Berufsschullehrerinnen und shy lehrer sowie Ausbilderinnen und Ausbilder (60 bzw 62 ) ihre eigene Kompetenz im Umgang

H 4

273

H 4

mit digitalen Medien als gut jeweils 27 als sehr gut ein (Tab H4shy9web) Diese Selbstshyeinschaumltzung basiert teilweise auf einem begrenzten Uumlberblick uumlber das didaktische Potenzial digitaler Medien Lediglich 64 der Berufsschullehrerinnen und shylehrer und 43 der Ausbildenden attestieren sich selbst hier einen guten Uumlberblick zu haben Dies bedeutet dass sich zwei bzw drei Fuumlnftel des Bildungspersonals in Berufsschule und Betrieb uumlber die didaktischen Moumlglichkeiten des Einsatzes digitaler Medien nicht ausreichend informiert fuumlhlen Insofern scheinen die medienbezogenen Lehrkompeshytenzen von Berufsschullehrkraumlften sowie von Ausbildenden nur begrenzt mit der Ausshyweitung des Angebots digitaler Medien und Anwendungen Schritt gehalten zu haben

hellip bei allerdings nur begrenztem Uumlberblick

uumlber das didaktische Potenzial digitaler

Medien

Ausshy und Fortbildung des Lehrshy und Ausbildungspersonals

Wissensaneignung vor allem durch inforshy

melle Weiterbildungsshyaktivitaumlten hellip

Die notwendigen Kompetenzen zum zielgerichteten Einsatz digitaler Lernmedien im berufsschulischen Unterricht und in der betrieblichen Praxis eignen sich sowohl Lehrende als auch Ausbilderinnen und Ausbilder vorrangig durch informelle Weitershybildungsaktivitaumlten in Form von Selbststudium oder Austausch mit Kolleginnen und Kollegen oder mit entsprechenden Fachleuten an (Abb H4shy4) Dabei zeigt sich dass sich Berufsschullehrkraumlfte haumlufiger selbst Inhalte beibringen (94 ) und etwas seltener uumlber den informellen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen Wissen erlangen (87 ) Im Vergleich dazu suchen Ausbilderinnen und Ausbilder oumlfter den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen (79 ) und qualifizieren sich seltener autodidaktisch (61 )

Abb H4shy4 Art und Weise des Erwerbs von Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien von Berufsschullehrkraumlften sowie Ausbilderinnen und Ausbildern 201516 (in )

Ausb

ilden

de

Beru

fssc

hulle

hrkr

aumlfte Angebote in der Lehrkraumlfteausbildung

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

Angebote in der Ausbildungim Studium

Fortshy und Weiterbildungskurse

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Selbststudium

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 in

44

49

87

94

41

55

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20

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11

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19

17

8

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36

28

3

2

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29

13

31

Mehrfach genutzt Einmal genutzt Nicht genutzt

Quelle Schmid et al 2016 Monitor Digitale Bildung ndash Berufliche Ausbildung im digitalen Zeitalter ndash Berufsschullehrkraumlfte und Ausbildende doi104232112580 und doi104232112582 eigene Berechnungen k Tab H4shy10web

hellip formale und nonshyformale Weitershy

bildung wird dagegen seltener absolviert

Knapp zwei Drittel der befragten Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schushylen ndash und damit deutlich mehr als an allgemeinbildenden Schulen ndash geben zudem an Kompetenzen fuumlr das digitale Lehren und Lernen bereits waumlhrend der Ausbildung oder des Studiums erworben zu haben Beim betrieblichen Ausbildungspersonal liegt der Anteil mit ca 60 etwas darunter Von anschlieszligenden Fortshy und Weiterbildungsshykursen haben nach eigenen Angaben jeweils gut zwei Drittel der Berufsschullehrshykraumlfte und Ausbildenden Gebrauch gemacht etwa zur Haumllfte mehrfach Eine auf den gewerblichshytechnischen Bereich beschraumlnkte juumlngere Studie zum digitalen Lernen in der Berufsausbildung stellt allerdings fuumlr das betriebliche Ausbildungspersonal ein deutlich geringeres Fortbildungsengagement fest Demnach gaben nur 12 an mehrfach eine Fortbildung besucht zu haben weitere 11 taten dies nach eigener

274

Bildung in einer digitalisierten Welt

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Angabe zumindest einmal (IfD Allensbach 2018) Ob diese Differenzen auf die untershyschiedlichen Stichproben oder die jeweils spezifische Fragestellung zuruumlckzufuumlhren sind laumlsst sich nicht abschlieszligend klaumlren

Insgesamt weisen die Befunde darauf hin dass informelle Weiterbildungsaktishyvitaumlten eine erhebliche Rolle beim Erwerb medienpaumldagogischer und digitaler Fachshykompetenzen spielen Immerhin 19 der Berufsschullehrkraumlfte und 17 der Ausbilshyderinnen und Ausbilder haben ihr Wissen uumlber den Umgang mit digitaler Technologie und dessen Vermittlung in der Berufsausbildung ausschlieszliglich informell erworben Wie stark dies auch mit einem Mangel an geeigneten Angeboten zusammenhaumlngen koumlnnte macht die AllensbachshyStudie deutlich Drei Viertel der Ausbilder und Ausshybilderinnen sind dort der Meinung dass nicht genuumlgend Fortbildungsangebote zum Einsatz digitaler Medien in der Ausbildung vorliegen

Hochschule

Einstellungen und Kompetenzen der Hochschullehrenden Digitale Medien in der Lehre an Hochschulen sind kein technologischer Selbstzweck von ihnen wird vielmehr auch ein Beitrag zur Verbesserung des Studiums und der Lehre erwartet (vgl die Literaturstudien von Pensel amp Hofhues 2017 Riplinger amp SchiefnershyRohs 2017) Auszliger der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten lassen sich durch den Einsatz digitaler Medien nach Einschaumltzung eines Teils der Lehrenden auch Lernziele wie Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit erreichen Von Studierenden gemeinsam erstellte Praumlsentationen oder Webinhalte foumlrdern etwa Sozialkompetenz und Selbststaumlndigkeit urteilen mehr als 50 der mit dem Monitor Digitale Bildung befragten Lehrenden Der Einsatz von Selbstlernprogrammen oder Formen des Blenshyded Learning (systematische Verknuumlpfung von digitaler und Praumlsenzlehre) wird von eishynem Viertel bzw einem Drittel als zielfuumlhrend fuumlr Selbststaumlndigkeit bewertet (Schmid et al 2017a)

Digitale Kompetenzen von Hochschullehrenden erstrecken sich bisher offenbar vor allem auf die Planung und Vorbereitung wie auch die Durchfuumlhrung der Lehrshyveranstaltungen unter Einsatz digitaler Medien Dabei aumlndert sich an den Lehrkonshyzepten wenig denn bei der Planung und Realisierung liegen die selbsteingeschaumltzten Staumlrken der Lehrenden auf der Gestaltung passiver rezeptiver Lernaktivitaumlten fuumlr die Studierenden (z B digital gestuumltzter Vortrag Bereitstellen von Dokumenten vgl auch Schmid et al 2017a sowie H3) Fuumlr die Entwicklung von digitalen Lehrformaten die die Studierenden staumlrker aktivieren oder zu digital unterstuumltzten interaktiven Lernaktivitaumlten anregen sieht sich nur noch ein kleinerer Teil der Lehrenden gut geruumlstet Ferner schaumltzen die Lehrenden ihre Faumlhigkeiten den Erfolg und die Effektishyvitaumlt des Einsatzes digitaler Medien zu beurteilen (Evaluation) und im eigenen digital unterstuumltzten Lehrangebot zu verarbeiten und zur Verfuumlgung zu stellen also etwa OER (Open Educational Resources) anzubieten (bdquoSharingldquo) skeptischer ein (Sailer et al 2018) Zu einer kurzfristigen Umstellung des laufenden Lehrbetriebs auf ein digitales Format wie sie etwa waumlhrend der CoronashyPandemie durch die Schlieszligung von Universitaumlten erforderlich wurde sieht sich immerhin fast die Haumllfte der vom WeizenbaumshyInstitut zu Beginn der Schlieszligungsphase befragten 200 Lehrenden soshyfort oder innerhalb eines Monats in der Lage (Forschung amp Lehre 2020) Zugleich wird die Notwendigkeit der Qualifizierung betont

Fortbildung der Hochschullehrenden Zur Unterstuumltzung und Qualifizierung der Lehrenden setzen viele Hochschulleitunshygen auf Fortbildungsangebote erkennen aber auch den hohen Stellenwert des inforshy

H 4

275

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 4

mellen Austauschs und der Selbstqualifizierung an (Schmid et al 2017a Wannemashycher 2016) Viele Hochschulen haben die Unterstuumltzung der Lehrenden beim Einsatz digitaler Medien in der Lehre inzwischen organisatorisch verankert (Abb H4shy5) Dabei bestehen zentrale und dezentrale Beratungsshy und Serviceeinrichtungen die zum groumlshyszligeren Teil mit temporaumlren Projektstellen ausgestattet und nur teilweise dauerhaft uumlber Haushaltsstellen abgesichert sind (Wannemacher 2016) Die Zufriedenheit mit dieser Unterstuumltzung ist jedoch nur maumlszligig die technische und mediendidaktische Unterstuumltzung wird nur von einem Drittel der Lehrenden als hinreichend eingeshyschaumltzt (Abb H4shy5)

Unterstuumltzung fuumlr Einsatz digitaler

Medien in der Lehre vorhanden aber nur teilweise als hinreishychend eingeschaumltzt

Abb H4shy5 Ausgewaumlhlte Merkmale der Unterstuumltzung und Qualif izierung der Hochschulshylehrenden in digitalem Lehren und Lernen

Zum Erwerb der Kompetenzen fuumlr den Einsatz digitaler Lernmedien genutzte Moumlglichkeiten

Digitales Lehren und Lernen An meiner Hochschule gibt es fuumlr Dozierende genuumlgend hellip

hellip mediendidaktische Unterstuumltzung

hellip technische Unterstuumltzung

0 in 100 80604020

Trifft eher zu Trifft voll und ganz zu

22 12

25 11

Eine Ser viceshyEinheit fuumlr das EshyLear ning ist an der Hochschule hellip

16

84 hellip vorhanden hellip nicht vorhanden

Selbststudium

Informeller Austausch (z B im Kollegium)

Fortshy und Weiterbildungskurse

Angebote waumlhrend der eigenen Ausbildung

0 in 100 80604020

Mehrfach genutzt Einmal genutzt

85 10

36 20

81 12

35 12

Quelle Sailer et al 2018 S 48 Quelle Wannemacher 2016 S 24

Quelle Schmid et al 2017a

Vorwiegend autodidaktische

Qualifizierung der Hochschullehrenden

Eine wichtige Voraussetzung fuumlr die Verbesserung des Einsatzes digitaler Meshydien in der Lehre ist die Qualifizierung und Weiterbildung der Lehrenden an den Hochschulen Die Studien von Sailer et al (2018) und der Monitor Digitale Bildung (Schmidt et al 2017a) stimmen darin uumlberein dass die Lehrenden eher selten Weitershybildungsangebote der Hochschulen nutzen um Kompetenzen in der digitalen Lehre zu erwerben (Abb H4shy5) Vielfach erfolgt die Qualifizierung autodidaktisch oder sie erfolgt gar nicht Wer an formaler Weiterbildung teilnimmt tut dies aus eigener Initiashytive (Abb H4shy6) Lehrende die an Weiterbildung teilgenommen haben bewerten diese nur teilweise als hilfreich (Sailer et al 2018) Die Erfahrungen mit autodidaktischer Qualifizierung aus Eigeninitiative duumlrften auch dazu beigetragen haben die rasche Umstellung der Lehre im digitalen Sommersemester 2020 zu bewaumlltigen

Fuumlr die Lehrzertifikate die in den Laumlndern an Einrichtungen der hochschulshydidaktischen Qualifizierung erworben werden koumlnnen (Tab H4shy11web) ist die Quashylifizierung in digitalen Lehrformen teilweise verpflichtend vorgesehen teilweise im Wahlbereich moumlglich Wie viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer diese Module waumlhshylen und abschlieszligen ist jedoch nicht bekannt

276

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

Abb H4shy6 Teilnahme an Fortshy und Weiterbildungen im Bereich digitales Lehren und Lernen (in )

Befragt wurden Lehrende an bayerischen Hochschulen Mehrfachnennung bei bdquoJaldquo moumlglich Differenz von Ja (gesamt) und Nein (gesamt) zu 100 = Weiszlig nicht (mehr) Quelle Sailer et al 2018

0 10 20 30 40 50 60 70 80 in

Nein (gesamt)

Nein aber selbst beigebracht (autodidaktisch)

Nein keine Teilnahme und auch kein autodidaktisches Lernen

Ja (gesamt)

Ja Teilnahme auf eigene Initiative

Ja als Teil meiner Qualifizierung

Ja auf Wunsch meiner Fakultaumltvon Vorgesetzten

69

35

34

28

25

5

3

Weiterbildung

Einstellungen und Kompetenzen des Weiterbildungspersonals

Einrichtungsshyleitungen achten bei Rekrutierung auf digitale Kompetenzen

Inwieweit das paumldagogische Personal in der Weiterbildung uumlber hinreichende digitale Kompetenzen fuumlr den didaktisch begruumlndeten Einsatz digitaler Medien verfuumlgt ist in zweierlei Hinsicht schwierig zu beurteilen Einerseits werden solche Kompetenzen in Befragungen kaum erfasst andererseits durchlaumluft das paumldagogische Personal in der Weiterbildung in der Regel keine curricular verpflichtende Ausshy und Fortbildung wie sie fuumlr Lehrerinnen und Lehrer an Schulen etabliert ist Damit fehlt es an institutioshynellen Rahmungen in denen digitale Kompetenzen strukturiert vermittelt werden koumlnnten Dass Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in der Weiterbildung jedoch durchaus Beachtung finden zeigt sich in dem Modell fuumlr professionelle Handshylungskompetenz Lehrender (GRETAshyKompetenzmodell) das der UNESCOshyWeltbericht zur Erwachsenenbildung besonders gewuumlrdigt hat Es umfasst erwachsenenpaumldagoshygische Kompetenzen die Lehrkraumlfte fuumlr die Planung Durchfuumlhrung und Evaluation von Bildungsangeboten mitbringen sollten Hier wird der Einsatz digitaler Medien in der Lehre neben Lerninhalten und shyzielen und einer OutcomeshyOrientierung als zentraler Bestandteil professioneller Didaktik und Methodik in der Weiterbildung einbezogen Dem entspricht die Sicht der Leitungen von Weiterbildungsinstituten die digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals als wichtiges Kriterium bei der Rekrutierung nutzen In der Befragung des wbmonitor erachten 92 der 2019 befragten Einrichtungen insbesondere Kenntnisse uumlber den aktuellen Datenschutz als relevant Die Kompetenzen didaktisch zielgerichtet digitale Medien einzusetzen und den didaktischen Nutzen kritisch zu reflektieren erwarten 83 bzw 85 der Einrichtungen vom Lehrpersonal Die Handhabung eines Laptops und Beamers wird ebenso haumlufig vorausgesetzt Seltener nachgefragte Kompetenzen beziehen sich z B auf die durch digitale Medien unterstuumltzte Erfassung des Lernfortschritts (41 ) oder auf die Faumlhigkeiten zur digitalen Zusammenarbeit (50 ) (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Digitale Medien in der Lehre von Einrichshytungsleitungen positiver bewertet als von Lehrenden

Fuumlr den Monitor Digitale Bildung wurden im Jahr 2016 260 Lehrende und 224 Leitungspersonen verschiedener Einrichtungen der Weiterbildung zum Einsatz digitaler Medien befragt (Schmid et al 2017) In den parallelen Antworten von Leitunshygen und Lehrenden lassen sich deutliche Unterschiede erkennen Leitungen schaumltzen die digitalen Hilfen z B in Bezug auf die Erleichterung der Arbeit von Lehrenden aber auch fuumlr die Attraktivitaumlt einer Bildungseinrichtung positiver ein als die Lehrenden selbst Lehrende empfinden den Einsatz digitaler Medien vor allem fuumlr die Vorshy und

H 4

277

Bildung in einer digitalisierten Welt

Nachbereitung von Schulungen als hilfreich Weniger hilfreich bis negativ werden digitale Medien fuumlr das Lehren von Fremdsprachen und Deutsch als Zweitsprache eingestuft Die weitreichenden Entwicklungen digitaler Anwendungen nach 2016 insbesondere fuumlr das Erlernen von Fremdsprachen wuumlrden in einer aktuelleren Beshyfragung moumlglicherweise zu anderen Einschaumltzungen fuumlhren

Mit Ruumlcksicht auf die Relevanz digitaler Kompetenzen bei Rekrutierungen schaumltshyzen in der wbmonitorshyBefragung von 2019 82 der Einrichtungen die Mehrheit ihres paumldagogischen Personals als kompetent darin ein Laptop und Beamer in der Lehre einzusetzen Einen didaktisch zielgerichteten Einsatz digitaler Medien erkennen allerdings nur 61 bei ihrem Personal 68 gehen davon aus dass die meisten ihrer Lehrkraumlfte den didaktischen Nutzen digitaler Medien kritisch reflektieren koumlnnen Immerhin 81 nehmen an dass Datenschutzkenntnisse in ausreichendem Maszlig vorhanden sind Entsprechend der geringeren Bedeutung im Rekrutierungsprozess werden die Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien zur Uumlberwachung des Lernfortschritts eingeschaumltzt Nur 18 der Einrichtungsleiterinnen und shy leiter gehen davon aus dass ihr Lehrpersonal dies beherrscht (Abb H4shy7 Tab H4shy12web)

Abb H4shy7 Digitale Kompetenzen des paumldagogischen Personals in Einrichtungen der Weiterbildung (in )

Paumldagogisches Personal

hellip verfuumlgt uumlber aktuelle Datenschutzkenntnisse

hellip kann LaptopBeamer im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann den didaktischen Nutzen des Medieneinsatzes kritisch reflektieren

hellip kann digitale FormateMedien im LehrshyLernshyGeschehen didaktisch zielgerichtet einsetzen

hellip hat sich hinsichtlich digitaler Kompetenzen weitergebildet

hellip kann digitale Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen erstellen

hellip kann Teilnehmenden ermoumlglichen selbst mittels digitaler Medien Lerninhalte zu erarbeiten

hellip kann das Internet zur SucheAuswahl von Ressourcen fuumlr das LehrshyLernshyGeschehen nutzen

hellip kann mit Teilnehmenden uumlber digitale Kanaumlle kommunizieren

hellip kann uumlber digitale KanaumlleMedien zusammenarbeiten

hellip kann digitale Tools nutzen um Lernfortschritte zu uumlberwachen

hellip kann weitere digitale Hardware im LehrshyLernshyGeschehen nutzen

92 81

88 82

86 68

83 61

82 42

68 53

65 41

64 59 59

67 50

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26 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

in Soll (eher wichtig bis wichtig im Rekrutierungsprozess) Ist (trifft auf alle oder die meisten Lehrkraumlfte zu)

Quelle BIBBDIE wbmonitor 2019 doi107803672191210 n = 1151ndash1510 gewichtete Daten eigene Berechnungen k Tab H4shy12web

Ausshy und Fortbildung des Weiterbildungspersonals Von 662 Lehrpersonen die in einer Studie von Rohs SchmidtshyHertha Rott und Bolten (2019) befragt wurden gaben rund die Haumllfte (45 ) an noch nie oder nicht innershyhalb der letzten 5 Jahre an einer Fortbildung zum Umgang mit digitalen Medien teilgenommen zu haben 30 nahmen an 1 bis 2 Kursen teil und 20 bildeten sich regelmaumlszligiger fort

Etwas differenzierter sind die Daten des Monitors Digitale Bildung aus dem Jahr 2016 Sie zeigen dass 54 der Lehrenden Angebote in ihrer Erstausbildung nutzten um auf den Einsatz digitaler Medien in der Lehre vorbereitet zu sein Informelle Fortbildungsmoumlglichkeiten werden von nahezu allen Lehrenden genutzt 91 lershy

H 4

278

Paumldagogisches Personal und Anforderungen durch Digitalisierung

nen uumlber das Selbststudium und 90 durch den informellen Austausch Externe (60 ) und interne Fortbildungen (58 ) werden ebenfalls von vielen Lehrenden in Anspruch genommen (Tab H4shy13web) Diese Daten verweisen auf die hohe Bedeutung des informellen Lernens fuumlr die Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals in der Weiterbildung Da die Einrichtungen der Weiterbildung selbst vor allem auf kursfoumlrmig organisierte Praumlsenzveranstaltungen setzen (siehe unten) koumlnnten Traumlger und Berufsverbaumlnde diese Maszlignahmen mit hochwertigen adaumlquaten Lernmaterialien fuumlr das Selbststudium ergaumlnzen

Digitale Kompetenzen vor allem im Selbststudium und informell erworben

85 der im wbmonitor 2019 befragten Einrichtungen realisierten im Jahr vor der Befragung Maszlignahmen zur Weiterbildung des paumldagogischen Personals in der Nutshyzung digitaler Medien Die haumlufigsten Formate sind dabei interne Schulungen (55 ) von der Einrichtung gefoumlrderte externe Praumlsenzveranstaltungen (53 ) individuelles Coaching durch externe Fachleute (52 ) und die Bereitstellung von Fachliteratur (47 ) (Tab H4shy14web)

Zwischenfazit Um digitale Kompetenzen von Bildungsteilnehmenden gezielt foumlrdern zu koumlnnen muumlssen die Lehrenden digitale Medien mit einem didaktischen und paumldagogischen Mehrwert gegenuumlber herkoumlmmlichen Lernshy und Interaktionsformen auswaumlhlen und einsetzen und sich dabei auf unterschiedliches Vorwissen der Lernenden einstellen Dies verlangt neben einer offenen Grundhaltung gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyKontext auch ein hohes Maszlig an technologischen medienpaumldagoshygischen und (fachshy )didaktischen Kompetenzen Bildungsbereichsuumlbergreifend lassen sich jedoch eher verhaltene Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien feststellen Insbesondere die von verschiedenen Seiten vorgetragene Einschaumltzung dass digitale Medien Lernprozesse verbessern oder personalisieren koumlnnen wird in allgemeinbildenden und beruflichen Schulen nur von einem kleineren Teil des Lehrpersonals geteilt Insgesamt positivere Einstellungen gegenuumlber dem Einsatz digitaler Medien herrschen in der beruflichen Ausshy und Weiterbildung sowie in der Hochschule vor

Der Blick auf die selbst eingeschaumltzten Kompetenzen des Lehrpersonals offenbart ein aumlhnlich differenziertes Bild Ein Groszligteil der Lehrenden sieht sich zwar in der Lage digitale Medien fuumlr die Vorbereitung von rezeptiven Lernaktivitaumlten (z B in Form digitaler Praumlsentationen) zu verwenden die Faumlhigkeiten digitale Medien in einer Art und Weise einzusetzen die uumlber traditionelle Lernformen hinausgeht (z B durch den Einsatz digitaler Lernstandserhebungen) sind jedoch tendenziell deutlich geringer ausgepraumlgt Der Blick auf andere Staaten weist darauf hin dass sich technische Rahshymenbedingungen Einstellungen und Kompetenzen wechselseitig bedingen koumlnnen Lehrkraumlfte die nicht uumlber die technischen Moumlglichkeiten verfuumlgen (H2) bestimmte digitale Medien in ihren Einrichtungen einzusetzen (H3) koumlnnten also tendenziell skeptischer sein gegenuumlber den Moumlglichkeiten dieser Medien und der Notwendigshykeit sich bestimmte Faumlhigkeiten anzueignen Uumlber die Wirkungszusammenhaumlnge zwischen Rahmenbedingungen und tatsaumlchlichem Medieneinsatz gilt es kuumlnftig weitere Erkenntnisse zu gewinnen

Im Rahmen von Ausbildung und Studium stehen Aspekte digitaler Bildung bei der Qualifizierung der paumldagogischen Fachkraumlfte in der fruumlhen Bildung sowie den allshygemeinbildenden Schulen jedoch nicht im Zentrum beim Ausbildungspersonal der beruflichen Bildung hingegen gewinnen sie eine groumlszligere Rolle Gleichzeitig nimmt nur ein kleiner Teil des paumldagogischen Personals an digitalisierungsbezogenen forshymalen Fortbildungen teil ndash unter anderem aus Mangel an Angeboten ndash und eignet sich Wissen vorrangig bei informellen Lernaktivitaumlten an

H 4

279

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Im Bildungskontext kann man sich der Wirkung der Digitalisierung aus unterschiedshylichen Perspektiven naumlhern Auf individueller Ebene der Lernenden geht es um den Erwerb digitaler Kompetenzen und den Einfluss digitaler Medien auf die Entwickshylung anderer Kompetenzbereiche auf prozessualer Ebene um die Gestaltung des LehrshyLernshyGeschehens und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene um die Sicherung des Fachkraumlftebedarfs und das Ermoumlglichen sozialer Teilhabe

Mit Blick auf die individuellen Lernergebnisse lassen sich zahlreiche Ansaumltze und teilweise synonym verwendete Begrifflichkeiten finden Kompetenzen in einer digishytalisierten Welt zu konzeptualisieren (u a AlashyMutka 2011 Gapski Oberle amp Staufer 2017 Blossfeld et al 2018) Nachfolgend wird ein Begriffsverstaumlndnis zugrunde gelegt welches moumlglichst umfassend die unterschiedlichen Facetten einschlaumlgiger Konzepte und deren Uumlberschneidungsbereiche abbildet Es umfasst erstens eine technologische Komponente d h vor allem die Faumlhigkeit bestimmte Geraumlte und Anwendungen zu beshydienen und ein grundsaumltzliches oder tiefergehendes Verstaumlndnis der Funktionsweise dieser Technologien Zweitens bedarf es eines Mindestniveaus an Medienshy und Inforshymationskompetenz welches die Erschlieszligung Bewertung und (sichere) Weitergabe medial vermittelter Informationen in operativer wie auch kritischshyreflexiver Hinsicht ermoumlglicht Digitale Kompetenzen enthalten drittens oft eine soziale Komponente naumlmlich die Faumlhigkeit mittels digitaler Medien und Werkzeuge zu kommunizieren und zu interagieren und damit soziale Prozesse im privaten wie im oumlffentlichen Beshyreich selbstbestimmt und verantwortungsvoll mitzugestalten

Abgesehen von der Frage inwieweit digitale Medien und Werkzeuge zur Foumlrdeshyrung solcher Kompetenzen in Bildungseinrichtungen als LehrshyLernshyGegenstand aufshygegriffen werden koumlnnen sie auch dafuumlr eingesetzt werden bessere Lernergebnisse in anderen Faumlchern oder Domaumlnen zu erzielen (LehrshyLernshyMittel oder LehrshyLernshyWerkzeug) Mit der verfuumlgbaren Datenlage ist es jedoch bisher nicht moumlglich fuumlr alle Bildungsbereiche differenzierte Aussagen uumlber die individuellen prozessualen und gesellschaftlichen Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse zu treffen Der Anspruch des nachstehenden Abschnitts ist es insofern wesentliche Aspekte des gegenwaumlrtigen Forschungsshy und Diskussionsstands in den verschiedenen Bildungsbeshyreichen aufzuzeigen und in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen

Fruumlhe Bildung

Erwerb von Digitalkompetenzen Mit einer fortschreitenden bdquodigitalen Transformation des Bildungssystemsldquo (KMK 2017 BMBF 2016) und der immer fruumlheren Begegnung der Kinder im haumluslichen Umfeld mit digitalen Medien stellt sich verstaumlrkt die Frage ob und wie digitale Meshydien bereits in der fruumlhen Kindheit eingesetzt werden sollen Je nach familialem Sozialisationskontext zeigen sich auch in der digitalen Medienbildung grundlegende Bildungsungleichheiten im Rahmen des bdquoDigital Divideldquo (Wei amp Hindman 2011) So kann Kindertageseinrichtungen die digitale Medienkompetenz gezielt foumlrdern eine ausgleichende Rolle zukommen wenn sie familiale Benachteiligungen hinsichtlich der Art der Nutzung von digitalen Medien kompensieren Gleichzeitig kann gut geshyschultes paumldagogisches Fachpersonal auch Eltern Hilfestellungen und Orientierungen fuumlr die digitale Medienerziehung bieten In Anbetracht der Unsicherheit der Eltern

280

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

im Umgang mit der digitalen Mediennutzung ihrer Kinder (H3) forderte bereits der 14 Kindershy und Jugendbericht dass Kindertageseinrichtungen Eltern bei der digitalen Medienerziehung unterstuumltzen (BMFSFJ 2013)

Bildungsshy und Erziehungsplaumlne sehen Medienbildung in Kindertagesshyeinrichtungen vor jedoch selten im Blick auf digitale Medien

Der bdquoGemeinsame Rahmen der Laumlnder fuumlr die fruumlhe Bildung in Kindertageseinshyrichtungenldquo (KMK 2004) sieht eine grundlegende Medienkompetenz als curricularen Bestandteil der fruumlhpaumldagogischen Foumlrderung und fordert auch eine eigenstaumlndige und kreative Mediennutzung in der fruumlhen Bildung jedoch wird die digitale Medishyenbildung dabei nicht explizit erwaumlhnt Da die paumldagogischen Gestaltungsmoumlglichshykeiten in den Kindertageseinrichtungen in die Zustaumlndigkeit der Laumlnder fallen muss die jeweilige Handhabung in dieser Frage auch in den Laumlndern entschieden werden Hierfuumlr koumlnnen deren fruumlhpaumldagogische Bildungsshy und Erziehungsplaumlne herangezoshygen werden Aber auch diese nehmen meist nur allgemein auf Medienbildung Bezug Eine spezifische Nennung digitaler Medien und damit verbundener Nutzungsempshyfehlungen und Bildungsziele ist zwar in den Bildungsshy und Erziehungsplaumlnen der Mehrheit der Laumlnder vorhanden unterscheidet sich jedoch stark in den jeweiligen Ausdifferenzierungen (Tab H5shy1web)

Kompetenzen fuumlr die Nutzung digitaler Medien

Tippen Ziehen und Wischen zur TouchshyscreenshyBedienung ist bereits jungen Kindern moumlglich

Um digitale Medien nutzen zu koumlnnen muumlssen im Kleinkindalter zunaumlchst bestimmte bdquobasale Faumlhigkeitenldquo erworben werden (Moumlckel et al 2019) vor allem Selbstregulatishyonsmechanismen im Bereich der haptischen und audiovisuellen Wahrnehmung Beispielsweise gelingt Kindern mit etwa 30 Monaten erstmals das Wiedererkennen von bestimmten Objekten im Raum anhand von zuvor gezeigten Bildern Zeichen oder Symbolen (DeLoache 1991) Zwischen 3 und 6 Jahren verbessern sich die motorischen Faumlhigkeiten (Tippen Ziehen Wischen) zur Bedienung von Touchscreens erheblich (Vatavu et al 2015) sodass Neumann und Neumann bereits 2014 festhalten dass vor allem Geraumlte mit Touchscreen bei juumlngeren Kindern aufgrund ihrer einfachen Bedienbarkeit hohes Interesse wecken Zudem foumlrdert der familiale Gebrauch digitashyler Technologien bei juumlngeren Kindern meist automatisch die Motivation sie auch selbst zu nutzen (Plowman et al 2012) Ergebnisse der KIMshyStudie verdeutlichen daruumlber hinaus dass bereits 2014 mehr Kinder ohne Begleitung ins Internet gingen als dies 2010 der Fall war (mpfs 2015) Dieser Befund laumlsst sich vermutlich sowohl mit der besseren Ausstattung der Haushalte mit digitalen Geraumlten (H2) als auch mit der zunehmend anwendungsfreundlichen Handhabung der Geraumlte erklaumlren

Kinder koumlnnen bereits vor dem Schulalter erste digitale Kompeshytenzen erwerben

Moumlckel et al (2019) leiten aus den bisher bekannten entwicklungspsychologishyschen Befunden ab dass Kinder bdquobereits im Kindergartenshy und Grundschulalter eine basale Form von Computer Literacy erwerbenldquo Auszliger der Handhabung der digitalen Geraumlte gilt es in diesem Zuge aber auch zu beachten welches inhaltliche Grundvershystaumlndnis die Kinder bei diesem ersten Umgang mit digitalen Medien erlangen koumlnnen wozu jedoch bislang kaum empirische Erkenntnisse vorliegen

Einfluumlsse digitaler Medien auf die kindliche Entwicklung und den Erwerb weiterer Kompetenzen

Hohe Mediennutzung kann andere entwicklungsshyrelevante Aktivitaumlten einschraumlnken

In der Diskussion um Einfluumlsse und Effekte digitaler Medien auf die allgemeine Entwicklung von Kindern und Jugendlichen werden haumlufig Erkenntnisse aus der Wirkungsforschung zu Fernsehkonsum sowie Computerspielen herangezogen Geshynerell finden sich im fachwissenschaftlichen Diskurs sowohl empirische Studien die negative Einfluumlsse bei einer fruumlhen Nutzung digitaler Medien belegen als auch Studien die positive Effekte nachweisen koumlnnen Dabei bemaumlngeln kritische Stimshymen vor allem dass die Mediennutzung andere entwicklungsrelevante Aktivitaumlten wie zwischenmenschliche Beziehungen oder Bewegung im Freien einschraumlnkt (u a

H 5

281

H 5

Radesky et al 2015 Christakis et al 2004) Studien zum Einfluss eines ausgedehnten Fernsehkonsums wiesen negative Folgen fuumlr die affektive soziale und kognitive Entshywicklung nach Napier 2014) Auf der Grundlage von medizinischen Quershy und Laumlngsshyschnittstudien raten amerikanische Kinderaumlrztinnen und shyaumlrzte dazu dass unter 2shy Jaumlhrige digitale Medien gar nicht und aumlltere Kinder sie nur unter elterlicher Aufsicht nutzen (American Academy of Pediatrics 2016) Auch die Ergebnisse der deutschen BLIKKshyStudie deuten darauf hin dass eine verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien im fruumlhen Kindesalter mit Konzentrationsproblemen Sprachentwicklungsstoumlrungen sowie Hyperaktivitaumlt in Zusammenhang stehen kann (Buumlsching amp Riedel 2018) Bei der Interpretation der Ergebnisse muss jedoch einschraumlnkend darauf hingewiesen werden dass es sich lediglich um eine Querschnittserhebung handelt und deshalb keine Aussagen uumlber kausale Zusammenhaumlnge getaumltigt werden koumlnnen

Digitale Medienshynutzung kann Sprachshy

erwerb unterstuumltzen

Gleichzeitig gelangten andere Studien zu dem Ergebnis dass das Ansehen von Sendungen die Kinder direkt adressieren und sie zur Interaktion auffordern den Wortschatz und die Lernleistung erweitern kann (u a Anderson et al 2001 Linebarshyger amp Walker 2005 Diergarten amp Nieding 2012) Dies zeigte sich auch bei Nutzung interaktiver Medienangebote bei Kindern ab 2 Jahren (DominguesshyMontanari 2017) Hinzu kommt dass digitale Technologien genutzt werden koumlnnen um Kinder mit (Sprachshy )Foumlrderbedarfe Beeintraumlchtigungen oder Behinderungen beim Lernen zu unterstuumltzen So wurden im Rahmen der BundshyLaumlndershyInitiative bdquoBildung durch Sprashyche und Schriftldquo (BiSS) auch Apps und digitale Spiele zur sprachlichen Bildung im Kitaalltag erprobt Zudem kommen immer haumlufiger Tablets digitale Lernstifte (z B Tiptois) und elektronische Buumlcher zum Einsatz International wurden bereits erste Studien uumlber die Effekte des Einsatzes der genannten digitalen Medien auf sprachliche und schriftsprachliche Faumlhigkeiten bei Kindern erhoben (Pfost Freund amp Becker 2018 Neumann 2016 Takacs Swart amp Bus 2014 Kucirkova 2014)

Auch konnte in einer Laumlngsschnittstudie die die Faumlhigkeit des Verstaumlndnisses von medialen Zeichensystemen (wie Icons oder Symbolen) im Sinne einer bdquomedialen Zeichenkompetenzldquo untersuchte (Nieding et al 2017) ein Zusammenhang zwischen dieser Kompetenz bei 4shy jaumlhrigen Kindern und spaumlteren mathematischen und schriftshysprachlichen (Vorlaumlufershy )Faumlhigkeiten am Ende der 1 Klasse nachgewiesen werden (Diergarten et al 2017) Dennoch ist die wissenschaftliche Erkenntnislage zur fruumlhshykindlichen Entwicklung von Kompetenzen durch die Nutzung digitaler Medien als noch sehr gering und nicht besonders konsistent einzustufen Insbesondere aussageshykraumlftige Laumlngsschnittstudien mit Experimentaldesign sind bislang rar

Allgemeinbildende Schule

Nicht alle digitalen Medien scheinen

maszliggeblichen Effekt auf Lernergebnisse

zu haben

Die Wirkung der Digitalisierung in Schule und Unterricht wird im Folgenden aus 2 Blickwinkeln betrachtet Bevor der Stand der digitalen Kompetenzen von Schuumllerinshynen und Schuumllern der 8 Jahrgangsstufe dargestellt wird soll es um die Frage gehen ob der Einsatz digitaler Medien dazu beitraumlgt Lernergebnisse in verschiedenen Untershyrichtsfaumlchern zu verbessern In einer Zusammenfuumlhrung von 243 Metaanalysen die sich mit der Lernleistung von Kindern und Jugendlichen beschaumlftigten identifiziert Zierer (2019) 33 Faktoren im Zusammenhang mit digitalen Medien und untersucht welchen Einfluss digitale Medien in Schule und Unterricht haben Es wird festgestellt dass ein Groszligteil des untersuchten Medieneinsatzes ndashetwa von Tablets und Smartphoshynes im Unterricht ndash allenfalls geringe Effekte auf die Lernergebnisse hat Nur wenige digitale Medien (z B interaktive Lernvideos oder intelligente Tutorensysteme) sind demnach wirksamer als eine rein analoge Unterrichtsgestaltung (Abb H5shy1)

Aus einer faumlcherdifferenzierenden Perspektive sind die Effekte im Fremdsprachenshyunterricht am groumlszligten waumlhrend der Einfluss in Mathematik und Naturwissenschaften

282

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

nur gering bleibt (Abb H5shy1) Da Lerneffekte auch mit anderen Merkmalen in Zusamshymenhang stehen ist diese faumlcherspezifische Wirksamkeit digitaler Medien jedoch mit Vorbehalt zu betrachten und bedarf weiterer Forschung Aufmerksam machen muss der geringe Erfolg digitaler Medien im Bereich Lesen Die Metaanalyse von Delgado et al (2018) zeigt sogar dass Lesen von Papier einem Lesen auf technischen Endgeraumlten uumlberlegen ist solange es um Informationsentnahme und shyverarbeitung geht

Abb H5shy1 Effektstaumlrke des Einsatzes digitaler Medien nach Kompetenzdomaumlnen und eingesetzten Medien

1) Die Wirksamkeit wird bei einer Ef fektstaumlrke uumlber dem Median von d = 04 als relevant eingeschaumltzt Quelle Zierer 2019 eigene Darstellung k Tab H5shy2web

Effektshystaumlrke d

Median Median

00

01

02

03

04

05

06

07

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach Kompetenzdomaumlnen

Wirksamkeit1) von Digitalisierung nach eingesetzten Medien

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017 018

028

039 043

053

062

045

032 029 027 023

Wirksamkeit digitaler Medien haumlngt maszliggeblich von der Art ihrer Integration in den Unterricht ab

Zierer kommt zu dem Schluss dass weniger das Fach das Alter der Lernenden oder die eingesetzte Technik fuumlr die Wirksamkeit von digitalen Medien entscheidend sind sondern vielmehr die Frage wie es der Lehrperson gelingt digitale Medien in den Unterricht zu integrieren Bislang wurden digitale Medien in erster Linie als Ersatz fuumlr traditionelle Medien genutzt etwa das Smartboard als Tafelersatz Wenn es den Lehrshykraumlften jedoch gelingt ndash so ein zentrales Ergebnis der Studie ndash digitale Medien nicht nur als Informationstraumlger sondern auch zur Informationsverarbeitung einzusetzen dann sind houmlhere Effektstaumlrken moumlglich Diese Erkenntnis wird von einer 2018 durchshygefuumlhrten Metastudie zur Wirkung digitaler Medien im naturwissenschaftlichen Unshyterricht gestuumltzt (Hillmayer et al 2018) Sie weist houmlhere Effekte nach wenn analoge und digitale Medien kombiniert werden Ferner sind staumlrkere Effekte festzustellen wenn die Lernenden digitale Medien nicht alleine sondern in Gruppen nutzen Die zunaumlchst zu beobachtende Steigerung der Motivation der Schuumllerinnen und Schuumller in der Arbeit mit digitalen Medien hat nur eine begrenzte zeitliche Wirkung Um eine langfristige Motivationssteigerung zu erzielen ist die Begeisterung am Medium demnach weniger entscheidend als der Lerninhalt selbst Die Ergebnisse der Metastushydien machen also deutlich dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck ist In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung der reflexiven Komponente in der Lehrerausshy und shyfortbildung deutlich (H4) Lehrkraumlfte muumlssen dazu befaumlhigt werden zu erkennen wann sie sinnvollerweise neue Medien in den Unterricht integrieren und wann es besser ist mit traditionellen Medien zu arbeiten

In Anbetracht der zunehmend heterogeneren Schuumllerzusammensetzung an Schulen in Deutschland wird der Einsatz digitaler Medien oftmals mit dem Potenzial verbunden die Gestaltung des Unterrichts staumlrker am Individuum auszurichten ndash etwa indem digitale Technologien den Wissensstand der Schuumllerinnen und Schuumller pruumlfen und individuelle Lerninhalte auswaumlhlen Bislang liegen jedoch nur wenige

H 5

283

H 5

Bildung in einer digitalisierten Welt

Studien vor in denen die Wirksamkeit personalisierten Lernens mit digitalen Medien im Unterricht systematisch evaluiert wurde (Holmes et al 2018)

Computershy und informationsbezogene Kompetenzen von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern Mit der aktuellen Schulleistungserhebung ICILS 2018 lassen sich computershy und informationsbezogene Kompetenzstaumlnde von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern relativ zur 1 Messung im Jahr 2013 auch im internationalen Vergleich einordnen (Eickelmann et al 2019) Das zugrunde liegende internationale Kompetenzstufenmoshydell ist dem Kompetenzrahmen der KMK (2017) vergleichbar Das Kompetenzstufenmoshydell der Studie ICILS 2013 das auch fuumlr die Studie ICILS 2018 zur Anwendung kommt bildete eine Grundlage fuumlr die Entwicklung des Rahmenmodells der KMKshyStrategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo

Groszliger Teil der Achtklaumlsslerinnen

und Achtklaumlssler verfuumlgt nur uumlber

rudimentaumlre digitale Kompetenzen

Die fuumlr ICILS 2018 getesteten computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen (Anwendungswissen Informationsorganisation und shyerzeugung sowie digitale Kommunikation) machen deutlich dass ein groszliger Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (33 ) in Deutschland 2018 ndash wie bereits zum Zeitpunkt der 1 ICILSshyErhebung 2013 ndash nur uumlber rudimentaumlre hauptsaumlchlich rezeptive Anwendungskomshypetenzen und damit nur uumlber Kompetenzen auf den unteren beiden in der Studie gebildeten Kompetenzstufen verfuumlgt (Tab H5shy3web) Diese Jugendlichen sind lediglich in der Lage aumluszligerst einfache digitale Informationen zu verarbeiten (z B einen Link anzuklicken) und damit nur unzureichend auf kuumlnftige Herausforderungen vorbeshyreitet Demgegenuumlber erreicht wie auch im internationalen Trend (2 ) nur ein sehr kleiner Teil (19 ) der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler in Deutschland die 5 und houmlchste Kompetenzstufe und ist damit in der Lage Informationen selbststaumlndig zu ermitteln sicher zu bewerten und inhaltlich wie auch formal anspruchsvolle Inforshymationsprodukte zu erzeugen (Eickelmann et al 2019) Die weitgehende Stabilitaumlt der Kompetenzstaumlnde im betrachteten Zeitraum erscheint ndash auch in Anbetracht der erst in juumlngerer Zeit verabschiedeten bundeslaumlnderuumlbergreifenden Maszlignahmen zur Unterstuumltzung schulischer Digitalisierungsprozesse ndash wenig erstaunlich

Die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie weisen zudem auf eine groszlige Streuung der Leistungsmittelwerte und damit auf eine ungleiche Verteilung von Bildungschancen hin die in anderen Staaten teilweise deutlich geringer ausfallen Differenziert nach Schulart zeigt sich wie bereits 2013 dass Gymnasiastinnen und Gymnasiasten ein deutlich houmlheres Niveau computershy und informationsbezogener Kompetenzen erreishychen als Schuumllerinnen und Schuumller anderer Schularten (Tab H5shy4web) Dies ist besonshyders bemerkenswert da Schuumllerinnen und Schuumller an Gymnasien seltener digitale Medien in der Schule fuumlr schulbezogene Zwecke nutzen und erinnert daran dem auszligerschulischen Kompetenzerwerb besondere Aufmerksamkeit zu widmen Uumlber den kompetenten Umgang mit digitalen Medien entscheidet insofern in Deutschland nicht allein die Haumlufigkeit ihres Einsatzes im Schulkontext Fuumlr konkrete Aussagen uumlber Wirkungszusammenhaumlnge zwischen schulischer und auszligerschulischer Medienshynutzung der didaktischen Einbindung digitaler Medien in den Unterricht sowie die Professionalitaumlt der Lehrpersonen und den Erwerb digitaler Kompetenzen durch die Schuumllerinnen und Schuumller bedarf es jedoch weiterer vertiefender Analysen

Rahmenbedingungen fuumlr Aufbau von

Digitalkompetenzen an deutschen Schulen

verbesserungsfaumlhig

Im internationalen Vergleich erzielen die Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler wie bereits 2013 damit nur durchschnittliche Ergebnisse was auf eine bisher einshygeschraumlnkte Wirksamkeit schulischer digitaler Bildung in Deutschland hinweist (Tab H5shy5web) Auch wenn die ICILSshy2018shyStudie nur ansatzweise Erklaumlrungen fuumlr die Ursachen von Kompetenzunterschieden zwischen den beteiligten Staaten ermoumlglicht liefert der Blick auf erfolgreiche Teilnahmestaaten Hinweise auf teilweise deutlich

284

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

bessere schulische Lehrshy und Lernbedingungen fuumlr den Erwerb digitaler Kompetenzen ICILSshy2018shySpitzenreiter Daumlnemark hat einerseits bemerkenswert guumlnstigere infrashystrukturelle Voraussetzungen An allen daumlnischen Schulen ist es Schuumllerinnen und Schuumllern sowie den Lehrkraumlften moumlglich eine drahtlose Internetverbindung (WLAN) zu nutzen waumlhrend diese in Deutschland nur an jeder 4 Schule zur Verfuumlgung steht (H2) Andererseits sind immense Unterschiede in der systematischen Nutzung digishytaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen (H3) erkennbar Waumlhrend in Daumlnemark knapp 72 der Lehrerinnen und Lehrer angeben taumlglich digitale Medien im Unterricht einshyzusetzen sind dies in Deutschland nur 23 Es zeigt sich dass sich in den Staaten mit hoher Nutzung tendenziell auch houmlhere mittlere Kompetenzwerte feststellen lassen Gleichwohl faumlllt auf dass die gegenuumlber Deutschland deutlich haumlufigere Nutzung digitaler Medien in Portugal und Italien mit vergleichbaren oder sogar niedrigeren Kompetenzwerten einhergeht (Abb H5shy2) was auf Entwicklungsbedarfe in der didakshytischen Nutzung digitaler Medien auch in Deutschland hinweist

Abb H5shy2 Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen im Unterricht von Achtklaumlssleshyrinnen und Achtklaumlsslern und mittlere computershy und informationsbezogene Kompetenzen der Schuumllerinnen und Schuumller 2018 (in )

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Frankreich

Uruguay

Kasachstan

0 20 40 60 80 Taumlgliche Nutzung digitaler Medien durch Lehrpersonen in

Internationaler Mittelwert

Quelle ICILS 2018 eigene Darstellung k Tab H5shy6web

Maumldchen verfuumlgen in der ICILSshyStudie im Mittel uumlber houmlhere Digitalkompetenzen als Jungen

Ein vertiefender Blick auf die Staumlnde computershy und informationsbezogener Komshypetenzen nach dem Geschlecht zeigt dass in Deutschland erneut Maumldchen bessere Werte erzielen als Jungen In keinem Teilnahmestaat ist es Jungen gelungen besser als Maumldchen abzuschneiden (Eickelmann et al 2019 Tab H5shy7web) In Deutschland besteht laut ICILS 2018 wie bereits 2013 ein signifikanter Leistungsunterschied in den computershy und informationsbezogenen Kompetenzen von 16 Punkten zugunsshyten der Maumldchen Waumlhrend die Anteile der houmlchsten Kompetenzstufe bei beiden Geschlechtern aumlhnlich niedrig ausfallen ist die Quote der Jungen (37 ) mit sehr geringen computershy und informationsbezogenen Kompetenzen houmlher als die der Maumldchen (30 ) Die houmlchste Kompetenzstufe wird von Jungen (17 ) wie Maumldchen (20 ) gleichermaszligen selten erreicht Bemerkenswert ist dass sich trotz aumlhnlicher Anteile in der Leistungsspitze deutlich weniger Frauen fuumlr ein informatisches oder technisches Studienfach entscheiden (vgl F3) und sich auch in ICILS 2018 deutliche Unterschiede in der digitalisierungsbezogenen Berufswahlneigung zwischen den Geschlechtern zeigen Fuumlr den schulischen Bereich kann erneut gezeigt werden dass die computerbezogene Selbstwirksamkeitserwartung trotz houmlherer gemessener

H 5

285

H 5

Kompetenzen bei den Maumldchen insbesondere bei komplexeren Aufgabenstellungen deutlich geringer ausfaumlllt als bei den Jungen die ihrerseits im Mittel uumlber geringere computershy und informationsbezogene Kompetenzen verfuumlgen

Digitale Kompetenzen der Jugendlichen

unterscheiden sich nach sozialer

Herkunft

Neben dem Geschlecht zeigt sich in Deutschland zudem unveraumlndert ein vershygleichsweise enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft der Schuumllerinnen und Schuumller und ihren digitalen Kompetenzen In allen an ICILS 2018 teilnehmenshyden Staaten werden deutliche und signifikante herkunftsbezogene Unterschiede im Kompetenzstand von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern deutlich fuumlr Deutschland fallen sie jedoch besonders hoch aus Betrachtet man die Leistungsunterschiede wird eine Differenz von 51 Punkten zuungunsten der Jugendlichen aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status ersichtlich Aufmerksam machen muss vor allem der doppelt so hohe Anteil von Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern (431 ) aus Familien mit niedrigem soziooumlkonomischem Status auf den beiden unteren Kompetenzstufen gegenuumlber Gleichaltrigen aus Familien mit hohem Status Die Urshysachen dieses Digital Divide sind weiterhin zu erforschen So zeigen die Ergebnisse der ICILSshy2018shyStudie keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Zugangs Nutzungsverhaltens oder der Einstellungen zwischen Jugendlichen mit hohem und niedrigem sozialem Kapital Deutlich wird aber dass besonders an den nichtgymnashysialen Schulen ein hoher Anteil an Jugendlichen mit geringen digitalen Kompetenzshystaumlnden zu finden ist und hier zukuumlnftig besonders den digitalisierungsbezogenen Bildungsdisparitaumlten entgegenzuwirken ist

Ausgepraumlgte soziale Disparitaumlten bestehen auch zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler ohne Zuwandeshyrungshintergrund erreichen in ICILS 2018 signifikant houmlhere mittlere computershyund informationsbezogene Kompetenzen (534 Punkte) als Jugendliche deren beider Elternteile im Ausland geboren sind (494 Punkte) Deutliche Unterschiede zeigen sich auch nach der in den Familien hauptsaumlchlich gesprochenen Sprache Selbst unter Konshytrolle der sozialen Herkunft weisen Jugendliche mit nichtdeutscher Familiensprache niedrigere computershy und informationsbezogene Kompetenzen auf

Kompetenzen im bdquoComputational Thinkingldquo

Kompetenzen deutscher

Jugendlicher im bdquoComputational

Thinkingldquo im internashytionalen Vergleich

unterdurchschnittlich

Mit der steigenden Relevanz von Algorithmen und kuumlnstlicher Intelligenz fuumlr das alltaumlgliche Leben nehmen Faumlhigkeiten komplexe Problemstellungen unter Verwenshydung von digitalen Medien zu loumlsen eine Schluumlsselrolle ein (Eickelmann et al 2019) Die KMK greift die sich hieraus ergebenden Anforderungen an die Schulen auf und beschreibt in der 2016 verabschiedeten Strategie bdquoBildung in der digitalen Weltldquo bdquoProblemloumlsen und Handelnldquo mit der Unterkategorie bdquoAlgorithmen erkennen und formulierenldquo als zentralen Kompetenzbereich Mit der ICILSshyStudie 2018 war es erstshymals moumlglich neben den bdquoklassischenldquo computershy und informationsbezogenen Faumlhigshykeiten diese auch als bdquoComputational Thinkingldquo bezeichnete Form der Kompetenz empirisch abzubilden Dabei wird in 2 Teilbereichen erfasst ob es den Schuumllerinnen und Schuumllern gelingt realweltliche Probleme in Bezug auf ein anwendbares Modell zu verstehen (bdquoProbleme konzeptualisierenldquo) und entsprechende algorithmisierte Loumlsungsansaumltze zu entwickeln und zu implementieren (bdquoLoumlsungen operationalisieshyrenldquo) Es zeigte sich dass der Leistungsmittelwert der deutschen Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler mit 486 Punkten signifikant unter dem internationalen Mittelwert (500 Punkte) liegt (Tab H5shy8web) Analog zu den generellen computershy und informatishyonsbezogenen Kompetenzen kann auch fuumlr diese Kategorie eine groszlige Leistungsstreushyung nach Schulart sozialer Herkunft und Migrationshintergrund festgestellt werden Anzumerken ist allerdings dass in dem Kompetenzbereich bdquoComputational Thinkingldquo Jungen in Deutschland im Mittel uumlber houmlhere Kompetenzen verfuumlgen wohingegen in

286

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

Finnland die Maumldchen besser abschneiden Wie auch die Disparitaumlten im Bereich der computershy und informationsbezogenen Kompetenzen machen die Befunde fuumlr den Bereich bdquoComputational Thinkingldquo die besondere Notwendigkeit und Dringlichkeit der Foumlrderung bisher benachteiligter Schuumllergruppen in Deutschland deutlich

Korrespondierend hierzu spielt nach Angaben der Achtklaumlsslerinnen und Achtshyklaumlssler im Vergleich zum internationalen Trend das Entwickeln von Algorithmen oder computerbasierten Modellen im Unterricht in Deutschland nur eine geringe Rolle Hinweise aus ICILS 2018 auf kuumlnftige Entwicklungsbedarfe in der Gestaltung von Unterrichtsinhalten und shyprozessen werden auch mit Blick auf die Foumlrderung verschiedener ITshybezogener Faumlhigkeiten durch die Lehrkraumlfte deutlich Etwas mehr als jede 2 Lehrkraft gibt an das effiziente Zugreifen auf Informationen oder die Darstellung von Informationen fuumlr ein bestimmtes Publikum zu foumlrdern Weniger als die Haumllfte unterstuumltzt nach eigener Angabe Schuumllerinnen und Schuumller dabei die Glaubwuumlrdigkeit digitaler Informationen zu uumlberpruumlfen (Tab H5shy9web) Die aktuelle PISAshyStudie 2018 zeigt dass es einem betraumlchtlichen Anteil von 15shyjaumlhrigen Schuumlleshyrinnen und Schuumllern nicht gelingt falsche Informationen im Internet (bdquoFake Newsldquo) zu erkennen

Berufliche Ausbildung In der beruflichen Bildung sind Wirkungen von Digitalisierung unter mindestens 3 Perspektiven zu diskutieren (1) Zunaumlchst geht es sowohl in lebensweltlicher als auch beruflicher Hinsicht um die Foumlrderung digitaler Kompetenzen in der vollqualifizieshyrenden Ausbildung sowie in der Berufsvorbereitung (2) Daruumlber hinaus adressieren Digitalisierungsprozesse in der Arbeitswelt in vielen Berufen verstaumlrkt den Erwerb fachlicher Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Technologien und Medien was deren versierte Verwendung als Werkzeug der Ausuumlbung beruflicher Taumltigkeiten erlaubt Zugleich steigen mit der wachsenden Digitalisierung in der Arbeitswelt aber auch die Anforderungen an uumlbergreifende Kompetenzen wie etwa kompetentes Hanshydeln in komplexen systemischen Zusammenhaumlngen Problemloumlsekompetenzen oder Faumlhigkeiten der Kooperation und Kommunikation in funktionsshy und berufsuumlbergreishyfenden mitunter virtuellen Teams die in der beruflichen Ausbildung zu foumlrdern sind (3) Schlieszliglich stellt sich die Frage inwieweit Ausbildungsordnungen und Curricula diesen Anforderungen bereits Rechnung tragen und in welchem Maszlige sie an untershyschiedlichen Lernorten konkretisiert und in Lernsituationen umgesetzt sind Man wird aufgrund der begrenzten Datenshy und Forschungslage nachfolgend nur punktuell die aufgezeigten Wirkungsperspektiven unterlegen koumlnnen

Laut Selbsteinschaumltshyzung ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien bei Auszubildenden

Fuumlr Auszubildende liegen keine vergleichbaren Daten zu den Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Technologien vor wie sie in der ICILSshyStudie erhoshyben wurden Allerdings wurden die Auszubildenden der Startkohorte 4 des Nationalen Bildungspanels (NEPS ) gegen Ende ihrer Ausbildung zu ihrer Selbsteinschaumltzung daruumlber gefragt wie wohl sie sich im Umgang mit digitalen Medien und Technologien fuumlhlen und wie selbstverstaumlndlich und kompetent sie auftretende Nutzungsprobleme im sozialen Umfeld zu loumlsen vermoumlgen Diese Selbsteinschaumltzungen kann man als Proxy fuumlr das vorhandene operative Wissen uumlber die Funktionen bestimmter Technoshylogien und ihre Handhabung ansehen Fasst man sie in einem Index zur selbst wahrgeshynommenen operativen digitalen Kompetenz zusammen dann nehmen mehr als drei Viertel der Auszubildenden fuumlr sich eine ausgepraumlgte Kompetenz in der Handhabung digitaler Medien und Technologien in Anspruch (Abb H5shy3)

Uumlberdurchschnittlich positiv faumlllt das entsprechende Urteil bei Auszubildenden in gewerblichshytechnischen und kaufmaumlnnischshyverwaltenden Berufen aus mehr als 80 von ihnen reklamieren eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz fuumlr sich

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287

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Abb H5shy3 Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenz von Auszubildenden nach Berufsbereichen (in )

Alle Berufe

Gewerblichshytechnische Berufe

Kaufmaumlnnischshyverwaltende Berufe

Pflegeshy und Erziehungsberufe

Sonstige Berufe

19 81

15 85

18 82

21 79

29 71

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Niedrig Hoch in

Es wurde ein Durchschnittsscore zur operativen digitalen Kompetenzen aus 10 Items berechnet die eine Skala von 1 bis 4 aufwiesen Durchschnittswerte von 10 bis 25 werden alsniedrig von 251 bis 4 als hoch eingestuft

Quelle LIfBi NEPS Startkohorte 4 Welle 9 (201516) doi105157NEPSSC4911 eigene Berechnungen

Bildung in einer digitalisierten Welt

Geringfuumlgig kritischer mit einem Anteil von 79 schaumltzen Auszubildende aus den Pflegeshy und Erziehungsberufen die eigene operative digitale Kompetenz ein hier koumlnnte die insbesondere in der fruumlhkindlichen Bildung aufscheinende geringe Ausshystattung mit digitalen Lernmedien wie auch die vergleichsweise skeptische Einschaumltshyzung des Personals hinsichtlich des paumldagogischen Nutzens (H3) eine Rolle spielen Am kritischsten faumlllt das Urteil bei Auszubildenden in den bdquosonstigen Berufenldquo aus in denen die zumeist weiblichen (zahnshy)medizinischen Fachangestellten hohes Gewicht haben Hier nehmen nur 71 der Befragten fuumlr sich eine (eher) hohe operative digitale Kompetenz in Anspruch Unter den sozialstrukturellen Merkmalen wie Geschlecht Schulabschluss Migrationshintergrund und soziooumlkonomischer Status des Elternhaushyses (HISEI) kommt nur dem Geschlecht eine groumlszligere Erklaumlrungskraft fuumlr eine selbst wahrgenommene digitale Kompetenz zu Allein in den stark frauendominierten bdquosonstigen Berufenldquo urteilen Maumlnner deutlich kritischer daruumlber als Frauen ansonsten ist es umgekehrt (Tab H5shy10web) Anscheinend spielen fuumlr die Selbstwahrnehmung operativer digitaler Kompetenzen von Auszubildenden neben auf Geschlechtsrolshylenstereotypen basierenden Selbstzuschreibungen unterschiedliche arbeitsweltlichshyberufliche Praumlgungen eine Rolle

Wenn auch noch nicht in der ganzen Breite des Ausbildungsgeschehens integshyriert so wurden doch in der letzten Dekade uumlber verschiedene Foumlrderprogramme des Bundes (z B bdquoDigitale Medien in der beruflichen Bildungldquo) vermehrt Konzepte digital unterstuumltzten Lernens in der beruflichen Ausbildung entwickelt und erprobt die sowohl digitale berufsfachliche als auch fachuumlbergreifende Kompetenzen verbessern sollen Allerdings faumlllt auf dass bei den wenigsten dieser Projekte die Wirkungen auf Prozessshy und Ergebnisqualitaumlt eine Rolle im Design gespielt haben (vgl Haumlrtel 2017 BMBF 2019 Equalification) Damit bleibt auch haumlufig der so erzielte Mehrwert unklar

Kaum systematisches Wissen uumlber die

Effekte des Lernens in einer bdquoSmart Factoryldquo

oder mit VRshy und ARshyTechnologien

Eine wesentliche Rolle fuumlr die Vermittlung vor allem fachuumlbergreifender Kompeshytenzen spielen technologieintensive Arbeitsumgebungen die in die berufsschulische und betriebliche Ausbildung integriert werden Diese sogenannten TechnologyshyRich Environments (TRE) (vgl Haumlmaumllaumlinen et al 2015 amp 2018) sind simulationsbasierte Lernumgebungen wie bdquoSmart Factoryldquo in denen reale Arbeitsplaumltze ganzheitlich nachgebildet werden Sie geben Einblicke in Systemzusammenhaumlnge Aufbau und Funktionsweisen komplexer Anlagen und betrieblicher Prozesse schaffen konkrete Lernsituationen fuumlr Projektarbeit Kooperation und Kommunikation zwischen Auszushybildenden verschiedener Berufe (z B gewerblichshytechnische informationstechnische und kaufmaumlnnische Auszubildende) In VirtualshyRealityshyLernumgebungen einem anshyderen digital gestuumltzten Lernansatz lassen sich Arbeitsprozesse in 3shyD und Realtime

288

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

vorstellen die aber auch fuumlr Lernprozesse angehalten verlangsamt und mit Zusatzshyinformationen angereichert dargestellt werden koumlnnen um dem oder der Lernenshyden die entsprechenden Komponenten Zusammenhaumlnge und Wirkungsweisen zu vermitteln Allerdings liegen bislang kaum systematische und vor allem belastbare Befunde uumlber die Wirkungen solcher ganzheitlichen Ansaumltze wie bdquoSmart Factoryldquo oder von Virtual und Augmented Reality auf die Lernenden und deren Lernergebnisse vor In Deutschland vor allem an Berufsschulen erprobte AugmentedshyRealityshyLernmodule kommen ndash auf Basis kleiner Fallzahlen ndash zu deutlich besseren Lernergebnissen geshygenuumlber konventioneller Lernmethodik (Fehling 2017) Eine Schweizer Studie zum Einsatz unterschiedlich konzipierter ARshyLernmodule verweist hingegen auf einen weniger eindeutigen Nutzen hinsichtlich der Verbesserung von Lernprozessen und shyergebnissen (Lucignano 2018)

Um eigene Lernerfahrungen weiter zu analysieren werden daruumlber hinaus in verschiedenen Bereichen auch VideoshyAssisted Debriefings (Kikkawa amp Mavin 2018) eingesetzt Dabei werden die Arbeitshandlungen videografiert und nach vorher defishynierten Kriterien diskutiert und ruumlckgemeldet Auch wenn dieses Verfahren gemaumlszlig einer aumllteren Metastudie von Tannenbaum und Cerasoli (2013) nicht durchgaumlngig zu besseren Ergebnissen fuumlhrt so erleben Lernende jedoch haumlufig die hiermit hershygestellte TheorieshyPraxisshyVerknuumlpfung als zufriedenstellender (Grant et al 2010) und gewinnen eine tiefergehende Selbstreflexion (Reed et al 2013)

In den Ausbildungsordnungen schlagen sich die digitalen Kompetenzen als Zielgroumlszlige beruflicher LehrshyLernshyProzesse auszligerhalb von ITshyBerufen nur in bestimmshyten Berufsfeldern (Metallshy und Elektroberufe Mechatronikberufe) in der optionalen Vereinbarung der Vermittlung entsprechender Zusatzqualifikationen nieder Eine verbindliche Verankerung digitalisierungsbezogener Inhalte in den Rahmenlehrplaumlshynen der Berufsschule steht ebenfalls aus In einer Vielzahl von Berufsbildern sind allerdings Themen angelegt die es im Hinblick auf die digitale Transformation an den Lernorten Schule und Betrieb zu schaumlrfen gilt Die angesprochenen fachuumlbershygreifenden Kompetenzen hingegen sind grundsaumltzlich in den weitgehend nach dem Prinzip der Geschaumlftsprozessorientierung modernisierten Berufsbildern verankert auch wenn mittlerweile Zweifel aufscheinen wie gut sie im Rahmen der schulischen und betrieblichen Ausbildung vermittelt werden (Zinke et al 2017) Trotz fehlender Verbindlichkeit ist zu beobachten dass insbesondere fuumlr die beruflichen Schulen Handreichungen herausgegeben werden wie Lehrkraumlfte die neuen Digitalisierungsshythemen wie auch die mit Digitalisierung verbundene innershy und zwischenbetriebshyliche Vernetzung von Prozessen aufgreifen und in den einzelnen Lernfeldern und Lernsituationen eines Berufsfelds unterbringen koumlnnen (SB 2018 Wirtschaft 40 an beruflichen Schulen)

Hochschule Die Digitalisierung der Hochschulen traumlgt dazu bei den Studierenden allgemeine wie auch fachspezifische Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Techshynologien zu vermitteln In welchem Maszlige dies gelingt daruumlber liegen fuumlr Deutschshyland bisher nur wenige Daten vor Eine kuumlrzlich veroumlffentlichte Studie (Senkbeil et al 2019) hat erste Ergebnisse fuumlr Studierende auf Basis der Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) und der dort eingesetzten ICTshyKompetenztests vorgelegt Mit diesem Test werden ndash aumlhnlich wie in der ICILSshyStudie bei Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlsslern ndash die InformationshyandshyCommunicationshyTechnologyshy (ICT)shybezogenen Kompetenzen erhoben wobei praktische ICTshyAnwendungskompetenzen in dem vershywendeten Papierfragebogen nicht getestet werden konnten In dieser Studie wurden die 2013 ermittelten ICTshyKompetenzen von Studierenden vor Beginn des Studiums

H 5

289

Bildung in einer digitalisierten Welt

(gemessen in der 12 Jahrgangsstufe) und im Studium (6 Hochschulsemester) miteinshyander verglichen Die Ergebnisse geben Hinweise auf betraumlchtliche Kompetenzdefizite bei Studierenden die eine aumlhnliche Analyse in vergleichbarer Groumlszligenordnung einige Jahre zuvor auch bei USshyamerikanischen Studierenden festgestellt hat (vgl Senkbeil et al 2019) Fuumlr die ICTshyTests hat eine Gruppe von Fachleuten 2 Kompetenzniveaus definiert das Basisniveau das fuumlr die Aufnahme eines Studiums als notwendig ershyscheint sowie ein erweitertes houmlheres Niveau das Studierende nach einigen Seshymestern erreicht haben sollten auch um auf die Anforderungen der digitalisierten Arbeitswelt vorbereitet zu sein Daruumlber hinaus wird ermittelt wie viele Studierende unterhalb des Basisniveaus liegen

Viele Studierende zu Studienbeginn und

im fortgeschrittenen Studium mit zu

geringen ITshyKompetenzen

Dabei zeigte sich Ein Fuumlnftel der Schuumllerinnen und Schuumller die spaumlter ein Stushydium aufnehmen erreicht am Ende der Schulzeit nicht das Basisniveau das bei Studishyenbeginn vorliegen sollte (Abb H5shy4) Nach den ersten 3 Studienjahren ist ein deutlich houmlheres Kompetenzniveau festzustellen Jeweils etwa die Haumllfte der Studierenden erreicht das Basisshy und das erweiterte Niveau Geht man jedoch davon aus dass ICTshyKompetenzen auf dem erweiterten Niveau das Ziel des Studiums sind bleiben immer noch viele Studierende hinter den Anforderungen zuruumlck die fuumlr ein fortgeschritteshynes Studium festgelegt wurden Klar erkennbar sind die Unterschiede zwischen den Faumlchergruppen mit den meisten Studierenden auf dem erweiterten Niveau in den Ingenieurshy und Naturwissenschaften (Abb H5shy4) Die Studie stellt zudem anders als die ICILSshyStudie (siehe oben) einen geringeren Kompetenzstand der studierenden Frauen fest der auch nicht auf die bei Maumlnnern und Frauen unterschiedliche Faumlcherwahl zuruumlckgefuumlhrt werden kann Moumlglicherweise spielen dafuumlr unterschiedlich komplexe Aufgabenformate bei ICILS und den NEPSshy ICTshyTests eine Rolle

Abb H5shy4 ICTshyKompetenzstand Studierender vor Studienaufnahme und fortgeschrittener Studierender nach Faumlchergruppen 2013 (in )

Schuumllerinnen und Schuumller Fortgeschrittene der 12 Jahrgangsstufe die spaumlter Studierende ein Studium aufgenommen haben (im 3 Studienjahr)

Insgesamt

Rechtsshy Wirtschaftsshyund Sozialwissenschaften

Humanmedizin Gesundheitswissenschaften

Ingenieurwissenschaften

Mathematik Naturwissenschaften

Sprachshy und Kulturwissenschaften

Sonstige Faumlchergruppen

3

2

4

2

2

6

6

49

50

50

36

44

48

48

46

54

32

31

20

20

17

14

15

30

31

67

67

69

67

67

64

64

14

13

14

19

17

6

5

62

63

63

100 80 60 40 20 0 in 0 20 40 60 80 100

Unterhalb des Basisniveaus Basisniveau Erweitertes Niveau

Einbezogen sind nur Schuumllerinnen und Schuumller der 12 Klasse die nach Erwerb der Hochschulreife ein Studium aufgenommen haben (angehende Studierende)

Alte Abgrenzung der Faumlchergruppen bis zum Wintersemester 201516 Quelle NEPS Startkohorte 4 in Anlehnung an Senkbeil et al 2019 S 1375 eigene Darstellung

In der Tendenz entsprechen diese Ergebnisse denen die die ICILSshyStudie fuumlr Deutschland ermittelt hat Auch wenn die NEPSshy und die ICILSshyStudie bdquonicht direkt

H 5

290

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

miteinander vergleichbar sind deuten die Ergebnisse darauf hin dass sich die in Klasse 8 ermittelten Kompetenzdefizite [hellip] bis ins Studium fortsetzen und in der weiteren Schullaufbahn nicht mehr vollstaumlndig kompensiert werdenldquo (Senkbeil et al 2019 S 1379)

ICILSshyTrend setzt sich im Studium fort Komshypetenzdefizite in der 8 Jahrgangsstufe nur teilweise aufzuholen In einer Studierendenbefragung wurde 2018 ein ICTshyWissenstest (ITKbasic

Zylka 2013) vorgenommen der die NEPSshyErgebnisse tendenziell bestaumltigt Auch hier zeigen sich beim Wissen uumlber digitale Technologien und Medien einerseits und in den MINTshyFaumlchern andererseits deutliche Kompetenzvorspruumlnge der Maumlnshyner (Tab H5shy11web Dolch amp ZawackishyRichter 2020) wobei Fach und Geschlecht erwartungsgemaumlszlig korrelieren (vgl F3) Stark berufsorientierte Studierende die an der Befragung eines Jobportals teilgenommen haben (Studitemps 2019)4 schaumltshyzen ihre ITshyKompetenzen mit Blick auf den Arbeitsmarkt unterschiedlich ein5 Gut vorbereitet auf die erwarteten Anforderungen im Beruf sehen sich je nach Studishyenfach 30 bis 70 wobei sich in den meisten Fachrichtungen eine Mehrheit als gut vorbereitet einschaumltzt Lediglich in der Erziehungswissenschaft der Rechtswissenshyschaft sowie in den Sprachshy und Kulturwissenschaften empfindet sich eine Mehrheit der Studierenden als schlecht vorbereitet (Studitemps 2019)

Digitale Medien fuumlhren nur bei guter didaktischer Einbindung zu positiven Lernshyergebnissen

Welche Auswirkungen die Nutzung von (digitalen) Lerntechnologien auf den Leistungsstand der Studierenden hat wurde in einer systematischen Zusammenschau verschiedener internationaler Metastudien untersucht (Schneider amp Preckel 2017) Dabei zeigt sich dass digitale Medien zumindest in der Vergangenheit nur dann eishynen positiven Einfluss auf das Lernergebnis ausuumlbten wenn sie von den Lehrenden in sinnvoller Weise in ein uumlbergeordnetes didaktisches Konzept eingebunden wurden

Arbeitsmarktbezogene Kompetenzen und Anforderungen

Wachsender Bedarf an ITshyFachkraumlften sowie an Fachkraumlften mit hybriden Kompetenzshyprofilen

Mit Blick auf die Konsequenzen der digitalen Durchdringung der Arbeitswelt fuumlr die berufliche Ausshy und Weiterbildung akademischer und nichtakademischer Fachkraumlfte lassen sich folgende Aussagen zur Entwicklung von Arbeitsmarktshy und Beschaumlftishygungsstruktur treffen Mit zunehmender digitaler Durchdringung der Arbeitswelt steigt zum einen der Bedarf an einschlaumlgig qualifiziertem ITshyPersonal sowohl mit akademischem als auch mit nichtakademischem Hintergrund (Wolter et al 2016 Zika et al 2019) Zum anderen macht die Digitalisierung bestehende Berufe in der Regel nicht vollstaumlndig uumlberfluumlssig es kommt eher zu Verschiebungen in Taumltigkeitsshy und Berufsprofilen die um neue Aufgaben oder Taumltigkeiten ergaumlnzt werden (Winther 2019 Ertl et al 2019 Matthes 2019 Kuhlmann amp Voskamp 2019) In der Folge sind sowohl fuumlr das akademische Personal als auch fuumlr dual oder vollzeitschulisch quashylifizierte Fachkraumlfte zunehmend komplexere Kompetenzprofile erkennbar in denen die Verbindung traditioneller (z B kaufmaumlnnischer) und neuer Wissensdomaumlnen aus dem Bereich der ITshyHardshy und shySoftware (Hybridisierung) mit ausgepraumlgten kognitiven kommunikativen und Lernkompetenzen zentral sind

Umschichtungen in der Beschaumlftigungsshystruktur weisen beruflicher Weitershybildung wachsende Bedeutung zu

Schlieszliglich ist davon auszugehen dass manche Berufsfelder stark wachsen und andere stark schrumpfen In einzelnen beruflichen Feldern ndash wie z B bei Bankkaufshyleuten ndash werden zudem Konkurrenzen von akademischem und nichtakademischem Personal oder zwischen nichtakademischem Fachpersonal (z B Fachlagerist) und Unshy und Angelernten eine Rolle spielen (Ertl et al 2019 Winther 2019 Scholz 2019) Die damit verbundenen Mobilitaumltsprozesse auf dem Arbeitsmarkt weisen der beruflichen Weiterbildung einen hohen Stellenwert zu

H 5

4 An der Studie die das Jobportal Studitemps zusammen mit der Universitaumlt Maastricht durchgefuumlhrt hat nahmen im Maumlrz 2019 ca 22000 Studierende teil

5 Die Formulierung des Items lautet bdquoWie gut fuumlhlen Sie sich durch das Studium auf digitale Anforderungen im Beruf vorbereitetldquo

291

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 5

Digitale Problemshyloumlsekompetenzen

Erwachsener werden im internationalen

Vergleich als gering eingestuft

Weiterbildung Ein Schwerpunkt der Diskussion uumlber Digitalisierung in der Weiterbildung liegt aumlhnlich wie in der beruflichen Bildung auf adaumlquaten Qualifizierungsstrategien anshygesichts von Veraumlnderungsprozessen auf dem Arbeitsmarkt Daruumlber hinaus werden die Folgen und Anforderungen von Digitalisierung auch in einem breiteren gesellshyschaftlichen Kontext aufgegriffen Weiterbildung ermoumlglicht es Qualifikationen soshywie medienshy und informationsbezogene Kompetenzen zeitnah und bedarfsspezifisch entlang veraumlnderter Taumltigkeitsshy und Berufsprofile und Lebenswelten in und auszligerhalb der Erwerbstaumltigkeit zu entwickeln Inhaltlich zeigt sich besonders in der beruflichen Weiterbildung daher eine starke Ausrichtung an Themen der Digitalisierung als LehrshyLernshyGegenstand Ein gutes Beispiel sind aktuell die in H3 dargestellten hohen Beteilishygungsshy und Angebotsraten an Kursen rund um das Thema Datenschutz Es wird jedoch auch deutlich dass Weiterbildung digitale Kompetenzen nicht nur vermittelt sonshydern auch teilweise voraussetzt Vor allem in formaler Bildung werden bereits haumlufig digitalisierte LehrshyLernshyMittel und shyWerkzeuge verwendet Erfolgreiche Teilnahmen an diesen Bildungsangeboten erfordern ein bestimmtes Maszlig an digitalen Kompetenshyzen Im Folgenden sind daher allgemeine digitale Kompetenzen Erwachsener in den Blick zu nehmen Der in H3 skizzierte Einsatz digitaler Medien in der Weiterbildung und die in H4 dargestellten Anforderungen an das paumldagogische Personal sind Zeichen dafuumlr dass das Weiterbildungssystem flexibel auf die Digitalisierung der Arbeitsshy und Lebenswelten ihrer Adressatinnen und Adressaten reagiert

Digitale Kompetenzen Erwachsener Wie fuumlr Lehrende Schuumllerinnen Schuumller und Studierende bestehen auch fuumlr Erwachshysene Referenzrahmen fuumlr digitale Kompetenzen Seitens der Europaumlischen Kommisshysion wurde bereits 2013 ein solcher Referenzrahmen veroumlffentlicht der seit 2017 in uumlberarbeiteter Fassung als DigComp 21 The Digital Competence Framework for Citishyzens als Teil der Europashy2020shyStrategie vorliegt (Carretero et al 2017) Nicht nur fuumlr Buumlrger sondern auch fuumlr Lehrende Organisationen und Konsumenten stellt die Euroshypaumlische Kommission einen Referenzrahmen digitaler Kompetenzen zur Verfuumlgung An den Neuauflagen und den differenzierten Auflagen je Adressatengruppe ist deutlich erkennbar dass die Konzeption digitaler Kompetenzen entlang der rapiden technoloshygischen Entwicklungen und Handlungsfelder verlaumluft Entsprechend unterscheiden sich auch die Messinstrumente digitaler Kompetenzen in Bevoumllkerungsumfragen Es uumlbersteigt den Rahmen des Bildungsberichts im Detail auf die unterschiedlichen Konzeptionen einzugehen oder diese zu synthetisieren

Mit dem Programme for the International Assessment of Adult Competencies (PIAAC) wurden 20112012 Kompetenzen Erwachsener (16 bis 65 Jahre) in einer repraumlshysentativen Studie fuumlr Deutschland und weitere OECDshyStaaten erhoben Die Befunde zur allgemeinen Leseshy und Rechenkompetenz wurden bereits im Bildungsbericht 2014 aufgegriffen PIAAC erfasste aber auch die Kompetenz Erwachsener im technologiebashysierten Problemloumlsen ausschlieszliglich am Computer Dieses Verfahren schloss gerade jene Personen aus die nicht uumlber ein Mindestmaszlig an Erfahrung im Umgang mit dem Computer verfuumlgten In Deutschland nahmen 81 der Befragten an dem Test teil 5 mehr als im OECDshyDurchschnitt Der Test stellte alltagsnahe Probleme deren Loumlsung die Nutzung digitaler Technologien voraussetzt ndash unter anderem die Bedienung und das Verstaumlndnis von Softwareanwendungen wie Webbrowsern oder Textshy und Datenvershyarbeitungsprogrammen zur Praumlsentation von Informationen und das Verstaumlndnis von Funktionen Der im Mittel erreichte Testwert liegt auf der international normierten Skala ebenfalls uumlber dem Durchschnitt (Abb H5shy5) jedoch mit deutlichem Abstand zu den fuumlhrenden Staaten Finnland und Schweden Die Gruppe der Befragten mit

292

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

geringen Kompetenzstufen ist groumlszliger als die Gruppe mit houmlheren Kompetenzstufen Insgesamt wird auf Basis der PIAACshyDaten die Kompetenz des digitalen Problemloumlsens der deutschen Bevoumllkerung im internationalen Vergleich als eher gering eingestuft (Zabal et al 2012) In Deutschland erreichen Personen mit hohen Bildungsabschluumlssen Erwerbstaumltige und Befragte im Alter bis zu 33 Jahren die houmlchsten Kompetenzwerte Ein positiver Zusammenhang besteht bei den Befragten auch zwischen ihren digishytalen Problemloumlsungskompetenzen und der privaten Nutzungsintensitaumlt digitaler Technologien einerseits sowie ihrer Lesekompetenz andererseits (Wicht et al 2018)

Gering Literalisierte trauen sich im Umgang mit digitalen Medien weniger zu

Auch in der 2018 erhobenen LEOshyStudie werden diese Zusammenhaumlnge deutlich Aus ihr geht hervor dass gering literalisierte Erwachsene im Vergleich zur Gesamtbeshyvoumllkerung seltener Computer mit Internetzugang oder internetfaumlhige Mobiltelefone Smartphones oder Tablets nutzen In der Art der Nutzung zeigen sich ebenfalls deutshyliche Unterschiede Schreibpraktiken wie das Verfassen von EshyMails werden seltener von gering Literalisierten angewandt waumlhrend diese haumlufiger in sozialen Netzwershyken Beitraumlge verfassen Dabei ist nicht klar in welchem Umfang es sich hierbei um textliche Beitraumlge handelt Das Lesen von Nachrichten in sozialen Netzwerken und die Nutzung nichtschriftlicher Praktiken (z B Erklaumlrvideos Sprachnachrichten) sind recht gleichmaumlszligig verteilt Entlang der Nutzungspraktiken trauen sich gering Literashylisierte im Umgang mit Anwendungen im Internet weniger zu Das betrifft in gleicher Weise die Nutzung von Wohnungsshy Stellenshy oder Partnerboumlrsen wie Einschaumltzungen zur Glaubwuumlrdigkeit von Nachrichten aus dem Internet die Unterscheidung von Informationen und Werbung sowie das Verstaumlndnis warum Anbieter im Internet an Nutzerdaten interessiert sind (Grotluumlschen et al 2019)

Abb H5shy5 Prozentuale Verteilung der erwachsenen Bevoumllkerung auf die verschiedenen Stufen der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz im internationalen Vergleich (in )

Schweden

Finnland

Niederlande

Norwegen

Daumlnemark

Australien

Kanada

Deutschland

EnglandNordirland Japan

Flandern (Belgien)1)

OECDshyDurchschnitt

Tschechische Republik Oumlsterreich

Vereinigte Staaten1)

Suumldkorea

Estland

Slowakische Republik

Irland

Polen

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

24

17 12 16 5

6 11 12

10 5 16

5 6 6

14 6 7 5

10 6

26

15 24

13 25

9 14 13

13 11

21

10 12 10

8

8 7

7

9 6

31

42 38

43 39

49 41 42

42 45

27

49 45 45 38

47 43

45

40 44

15

22 23

23 27

26 28 27

28 29

26

29 29 29

32

32 35

34

33 35

4

3 3

4 4

5 4 7

6 6

8

6 7

7 6

6 6 7

8 9

Verweigerung Ohne ComputererfahrungITshyUumlbung nicht bestanden in

Unter Stufe IStufe I Stufe II Stufe III

Staaten sind absteigend sortiert nach der Summe der Anteile Erwachsener auf Stufe I und II der technologiebasierten Problemloumlsekompetenz Dem OECDshyDurchschnitt liegen alle an PIAAC beteiligten Staaten auszliger Frankreich Italien Spanien und Zypern zugrunde Die Angaben pro Land uumlber alle Kategorien hinweg ergeben nicht 100 da die Befragten ohne Kompetenzmessung aus sprachlichen Gruumlnden sowie andere fehlende Werte nicht beruumlcksichtigt sind

1) Land hat einen auffaumlllig hohen Anteil an Personen ohne Kompetenzmessung diese Ergebnisse sind nur mit Einschraumlnshykung zu interpretieren

Quelle Zabal et al 2012 PIAAC 2012 eigene Darstellung k Tab H5shy12web

H 5

293

H 5

Anhand der im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS) durchgefuumlhrten ICTshyKompetenztests koumlnnen geringfuumlgig aktuellere Kompetenzstaumlnde der deutschen erwachsenen Bevoumllkerung abgebildet werden Bei dem Test wurde sowohl gepruumlft inwieweit die Anwendung von verschiedenen Programmen beherrscht wird als auch inwieweit Informationen generiert und richtig bewertet werden koumlnnen Im Jahr 201213 wurde der Test erstmals vorgenommen und von 6138 Erwachsenen abgeshyschlossen Die Testergebnisse zeigen einige systematische Unterschiede zwischen Erwachsenen auf Im Durchschnitt erzielten Maumlnner bessere Ergebnisse als Frauen Befragte mit mehr als 200 Buumlchern zu Hause erreichten bessere Ergebnisse als Beshyfragte mit bis zu 200 Buumlchern Der staumlrkste Unterschied liegt zwischen Befragten unterschiedlicher Bildungsniveaus (bis zu 12 Jahre Schule vs 12 oder mehr Jahre) Wer die Schule laumlnger besuchte erzielte bessere Testergebnisse Wie zu erwarten sind die Testergebnisse Juumlngerer (lt 51) besser als der Aumllteren (gt 50 Senkbeil amp Ihme 2015)

Houmlhere digitale Kompetenz bei houmlher

Gebildeten

Wirkungen der Digitalisierung auf Weiterbildungsformate und Einrichtungen der Weiterbildung Wie eingangs skizziert begegnen Erwachsene der Digitalisierung der Arbeitsshy Leshybensshy und Bildungswelten mit vielfaumlltigen formalen nonshyformalen und informelshylen Lernaktivitaumlten Betriebe und auch Weiterbildungsanbieter richten ihr Angebot auf die Vermittlung informationstechnischer Grundbildung und fachspezifischer Qualifikationen zur Nutzung digitaler Werkzeuge und Technologien aus (H3) Dies geschah seit den 1980ershy und 1990ershyJahren zunaumlchst im Sinne kompensatorischer Grundbildung (Einfuumlhrung in Betriebssysteme Anwendungssoftware) spaumlter staumlrker auch im Sinne der Vermittlung fachshy und bereichsspezifischer Kompetenzen (Schrader 2011) Eine steigende Nachfrage nach digitalen Themen und eine inhaltliche Veraumlnshyderung des Angebots hin zu diesen Themen berichten 70 der fuumlr den wbmonitor 2019 befragten Einrichtungsleitungen Im Vordergrund steht dabei die Vermittlung technologischer Kompetenzen angetrieben von der Weiterentwicklung digitaler Anshywendungen und Systeme die Bewertung neuer Technologien und ihrer Relevanz fuumlr Arbeitsshy und Lebensbedingungen oder fuumlr die Gestaltung sozialer Beziehungen wershyden dagegen kaum thematisiert Digitale Medien sind insbesondere und zunehmend in der betrieblichen Weiterbildung und individuell berufsbezogenen Weiterbildung sowohl LehrshyLernshyGegenstand als auch shyMittel und shyWerkzeug (H3) Die Relevanz von Betrieben als Anbieter und Auftraggeber der Weiterbildung waumlchst also im Zusamshymenhang mit der Digitalisierung nochmals

Einsatz digitaler Medien wird als

Notwendigkeit fuumlr den Erfolg von

Einrichtungen der Weiterbildung

empfunden

Digitalisierung veraumlndert auch das LehrshyLernshyGeschehen in der Weiterbildung Der Einsatz digitaler Medien im LehrshyLernshyGeschehen ist mittlerweile weit verbreitet (H3) und wird von 86 der Einrichtungen auch als notwendig fuumlr eine erfolgreiche Zukunft der Organisation betrachtet 90 der Einrichtungsleitungen erwarten weishytere Veraumlnderungen innerhalb der naumlchsten 5 Jahre durch digitale Medien Wie sich deren Nutzung auf den Lernerfolg auswirkt wird in anderen Bildungsbereichen insbesondere in der schulischen Bildung bereits in zahlreichen Forschungsarbeiten untersucht Fuumlr die Weiterbildung existieren bisher nur wenige Fallstudien die jeshydoch ebenso wie die Befunde aus der schulischen Unterrichtsforschung nahelegen dass nicht der Einsatz an sich sondern der didaktisch zielgerichtete Einsatz digitaler Medien entscheidend fuumlr den Lernerfolg ist

Deren Anwendung kann in der Weiterbildung wie im Bereich der Hochschulshybildung so weit gehen dass Praumlsenzformate gaumlnzlich abgeloumlst werden Der in der Weiterbildung etablierte Bereich des Fernunterrichts kann besonders vom Einsatz digitaler Medien in der Unterrichtsorganisation und shygestaltung profitieren Die staatshyliche Zentralstelle fuumlr Fernunterricht zaumlhlte und katalogisierte im Januar 2020 circa

294

Bildung in einer digitalisierten Welt

Voraussetzungen und Wirkungen digital unterstuumltzter Bildungsprozesse

3700 Fernlehrshy und Fernstudiengaumlnge von 412 Instituten Daruumlber hinaus bestehen zahlreiche Onlinelehrangebote die nicht staatlich zertifiziert und erfasst sind Laut dem wbmonitor 2019 berichtet ein Fuumlnftel der Einrichtungen der Weiterbildung von einer Verschiebung von Praumlsenzshy zu Onlineveranstaltungen Im Vergleich zum Vorjahr stieg 2019 der Anteil von Einrichtungen der Weiterbildung die Fernlehrgaumlnge und EshyLearning in ihrem Angebot vorhalten jedoch nicht wesentlich Im Jahr 2018 bildeten fuumlr 8 der Einrichtungen diese Angebote einen Schwerpunkt 2019 waren es 9 Nicht als Schwerpunkt aber im Angebot fuumlhrten 2018 27 Fernlehrgaumlnge und EshyLearning im Jahr 2019 stieg diese Zahl auf 31 Dies bedeutet jedoch nicht dass herkoumlmmlishyche Formate verdraumlngt werden 77 der Einrichtungen geben weiterhin an dass ihr Angebotsschwerpunkt auf Seminaren Lehrgaumlngen und Kursen im Praumlsenzformat liege Viel spricht dafuumlr dass Praumlsenzshy und Fernlehre in der Weiterbildung haumlufig miteinander kombiniert werden (Blended Learning) In der Personenbefragung des AES berichten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern formaler Bildungsshygaumlnge (einschlieszliglich Erstausbildung vgl G2) nur 4 von Kursen die ganz oder uumlbershywiegend online stattfinden Bei 29 wurden die Praumlsenzformate durch Onlineformate ergaumlnzt Teilnehmerinnen und Teilnehmer nonshyformaler Weiterbildung berichteten dass 5 ihrer Kurse reine Onlinekurse sind und 2 uumlberwiegend online stattgefunshyden haben 80 der Kurse waren reine Praumlsenzveranstaltungen Auf Plattformen wie YouTube aber auch speziellen Kursplattformen wie Coursera haben Nutzerinnen und Nutzer Zugriff auf kostenfreie Lernangebote die die Einrichtungen der Weiterbildung jedoch nur eingeschraumlnkt als Konkurrenz wahrnehmen Mit 70 sieht sich die deutshyliche Mehrheit hier nicht in einer Konkurrenzsituation

Praumlsenzformate der Weiterbildung werden durch Onlineformate ergaumlnzt nicht ersetzt

Wirkungen der Digitalisierung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene Immer wieder wird im Weiterbildungssektor die Frage diskutiert ob die verstaumlrkte Nutzung digitaler Medien Auswirkungen auf die soziale Selektivitaumlt der Teilnahme hat Zahlreiche Studien dokumentieren seit Langem eindruumlcklich dass Teilnehmerinshynen und Teilnehmer der Weiterbildung eher diejenigen sind die bereits gute Bilshydungserfahrung gesammelt und einen houmlheren Bildungsabschluss erreicht haben Die Digitalisierung bietet grundsaumltzlich das Potenzial Lernangebote zu individuashylisieren staumlrker an den Bedarf von unterschiedlichen Zielgruppen anzupassen und zur Uumlberwindung zeitlicher und raumlumlicher Barrieren flexibler zu gestalten Die empirischen Befunde sprechen derzeit allerdings dafuumlr dass gerade Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen von solchen Angeboten nicht profitieren Zurzeit laumlsst sich weder eine Verschaumlrfung noch eine Reduktion sozialer Selektivitaumlt durch digital unterstuumltzte Lernangebote beobachten

Wenn es nicht nur um die individuellen sondern auch um die gesellschaftlichen Wirkungen von Weiterbildung geht so lieszlige sich fragen ob die staumlrkere Nutzung digitaler Medien an dieser Stelle zu Veraumlnderungen fuumlhrt Die empirische Forschung zeigt dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Weiterbildung im Durchschnitt eine erhoumlhte politische und kulturelle Teilhabe aufweisen und sich auch haumlufiger freiwillig engagieren (Ruumlber et al 2018 Ruhose et al 2019) Einige Studien deuten darauf hin dass der entscheidende Faktor fuumlr solche Effekte die soziale Interaktion in der Weiterbildung ist Offen ist ob reine Onlineweiterbildungsformate die nur eingeschraumlnkte Moumlglichkeiten der Interaktion zwischen Lernenden zulassen zu vershygleichbaren externen Effekten fuumlhren (Cocquyt et al 2017)

H 5

295

Bildung in einer digitalisierten Welt

Zwischenfazit Die fortlaufende Veraumlnderung der Lebensshy und Arbeitswelt verweist auf zunehmende gesellschaftliche Anspruumlche an die Bildungseinrichtungen Bildungsteilnehmende zu befaumlhigen digital muumlndig und souveraumln zu handeln Dies erfordert auf der einen Seite die Vermittlung eines tiefergehenden Verstaumlndnisses der Funktionsweise von Technoshylogien Auf der anderen Seite wird die kritische Reflexion von digitalen Medien und deren Einsatz von immer groumlszliger werdender Bedeutung Der Erwerb digitaler Kompeshytenzen wird als bdquointegraler Bestandteil des Bildungsauftragsldquo (KMK 2016) formuliert Ein betraumlchtlicher Teil der Schuumllerinnen und Schuumller der 8 Jahrgangsstufe erreicht jeshydoch nur rudimentaumlre computershy und informationsbezogene Kompetenzen die nach gegenwaumlrtigem Erkenntnisstand auch in den sich anschlieszligenden Bildungsetappen nicht gaumlnzlich aufgeholt werden koumlnnen Im internationalen Vergleich zeichnet sich damit bildungsbereichsuumlbergreifend erheblicher Nachholbedarf ab Hinweise auf die groszlige Bedeutung des auszligerinstitutionellen Kompetenzerwerbs machen dabei ndash wie bereits der Blick auf Ausstattung (H2) und Nutzung (H3) zeigte ndashvor allem auf die Heshyrausforderung aufmerksam sozialen Disparitaumlten (Digital Divide) entgegenzuwirken

Digitale Kompetenzen sind nicht nur unerlaumlsslich um an der Gesellschaft teilzushyhaben sondern sie werden auch im Berufsleben weiter an Bedeutung gewinnen und so zu einem zentralen Bestandteil beruflicher und hochschulischer Qualifizierung sowie der (betrieblichen) Weiterbildung werden muumlssen Gegenwaumlrtig ist am Arbeitsshymarkt jedoch nur schwer abzusehen ob und inwieweit sich eher der allgemeine Bedarf an berufsbezogenen digitalen Kompetenzen oder der spezifische Bedarf an Fachexpertinnen und shyexperten mit vertieften ITshyKompetenzen (z B Programmiershykenntnissen) staumlrker erhoumlhen wird

Neben der Vermittlung von digitalen Kompetenzen ist bedeutsam inwieweit der Einsatz digitaler Medien in Bildungsprozessen dazu beitragen kann das LehrshyLernshyGeschehen und damit auch Lernergebnisse zu verbessern die auf andere Komshypetenzdomaumlnen zielen Die wenigen ndash vor allem im fruumlhkindlichen und schulischen Bereich ndash bislang hierzu durchgefuumlhrten Studien weisen darauf hin dass weniger die eingesetzte Technik uumlber die Wirksamkeit entscheidet sondern vielmehr eine didaktisch sinnvolle Einbindung in das LehrshyLernshyGeschehen und die Anforderung analoge und digitale Methoden stimmig miteinander zu verbinden (H4)

H 5

ethodische Erlaumluterungen Kompetenzskala der ICILSshyStudie Der internationale Mittelwert in der Domaumlne der computershy und informationsbezogenen Kompetenshyzen betraumlgt 496 Punkte und die Standardabweichung 85 Punkte Die Standardabweichung ist das zentrale Maszlig der Leistungsstreuung das aufzeigt inwieweit die einzelnen Testergebnisse der Achtklaumlsslerinnen und Achtklaumlssler durchschnittlich um den Mittelwert streuen Eine hohe Standardabweichung stellt in dieshysem Zusammenhang einen Hinweis auf eine heterogene Leistungsverteilung dar waumlhrend eine geringe Stanshydardabweichung auf eine vergleichsweise homogene Leistungsverteilung hinweist

Soziooumlkonomischer Status Der soziooumlkonomische Status einer Schuumllerfamilie wird in ICILS mithilfe des ISEIshyWerts operationalisiert Dieser Index stellt ein international standardisiertes Instrumentarium dar und bezieht sich auf den houmlchsshyten Berufsstatus der Eltern Der Ansatz basiert auf der Annahme dass der Berufsstatus indirekt Auskunft uumlber

Bildungsniveau sowie oumlkonomisches und kulturelles Kapital gibt

Kompetenzniveaus der ICTshyTests im NEPS Um Kompetenzniveaus des Tests von InformationshyandshyCommunicationshyTechnology(ICT)shybezogenen Kompeshytenzen voneinander unterscheiden zu koumlnnen wurden diese zunaumlchst von einer Expertengruppe beschrieben Fuumlr das Basisniveau wurde festgelegt dass dazu bdquogrundlegende Kenntnisse im Umgang mit gaumlngigen OfficeshyProgrammen [hellip] z B einfache Formatierunshygenldquo gehoumlren (Senkbeil et al 2019 S 1371) fuumlr das fortgeschrittene Niveau muss etwa mit Formatvorlagen gearbeitet werden koumlnnen Auf dieser Grundlage wurde bestimmt welche Aufgaben auf einem bestimmten Kompetenzniveau richtig geloumlst werden muumlssen (StanshydardshySettingshyVerfahren) Daraus ergeben sich Schwelshylenwerte mit denen die Testleistungen der befragten Schuumllerinnen Schuumller und Studierenden einem Niveau zuzuweisen sind Bei den hier verwendeten ICTshyTests des NEPS entsprechen Kompetenzscores von 319 bis 506 Punkten dem Basisniveau Werte von mindestens 507 Punkten dem fortgeschrittenen Niveau

296

Chancen Risiken und Herausforderungen

Chancen Risiken und Herausforderungen

Bereits heute nimmt die Digitalisierung einen zentralen Stellenwert in den meisten Lebensbereichen ein und beeinflusst damit maszliggeblich wie wir kommunizieren uns orientieren oder bilden Mindestens genauso weitreichend sind Veraumlnderungen in der Arbeitsshy und Berufswelt Hier finden tiefgreifende Transformationsprozesse statt die zu neuen Berufsfeldern fuumlhren und neue taumltigkeitsshy oder berufsbezogene Kompetenzshy und Qualifikationsanforderungen zur Folge haben Die Chance an einer digitalen Gesellschaft teilzuhaben wird damit kuumlnftig entscheidend von digitalen Kompetenzen abhaumlngen Auszliger einem grundsaumltzlichen Verstaumlndnis digitaler Prozesse und dem Erwerb anwendungsbezogener Kompetenzen bedarf es vor allem uumlbergreishyfender kritischshyreflexiver Kompetenzen die es den Menschen ermoumlglichen souveraumln und muumlndig zu handeln Den Bildungseinrichtungen als Orten der Vermittlung digishytaler Kompetenzen kommt dabei eine wachsende Bedeutung zu

Die wegen der CoronashyPandemie kurzfristig notwendig gewordenen Schlieszligunshygen von Bildungseinrichtungen haben die Chancen Risiken und Herausforderungen die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen noch einmal in besonshyderer Weise offenkundig gemacht So werden bildungsbereichsuumlbergreifend verstaumlrkt die Potenziale erkannt die mit dem (ergaumlnzenden) Einsatz zeitshy und ortsunabhaumlngishyger digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten einhergehen koumlnnen Bislang jedoch erschwerten die oftmals unzureichende technische Ausstattung der Bildungseinrichtungen mangelnde Kompetenzen des paumldagogischen Personals und ungeklaumlrte rechtliche Fragen etwa des Datenschutzes digital unterstuumltztes Lernen In besonderem Maszlige entwickelt sich nun auch ein neues Bewusstsein fuumlr Disparitaumlten die mit der Digitalisierung des Bildungswesens einhergehen koumlnnen ndash einerseits zwischen den Laumlndern die unterschiedliche Rahmenbedingungen schaffen zwischen den verschiedenen Bildungsbereichen aber auch zwischen Bildungseinrichtungen innerhalb desselben Bildungsbereichs und Einzugsgebiets Das nun groumlszliger werdende Verstaumlndnis von Potenzialen und Grenzen erhoumlht die Chance einer nachhaltigen Vershybesserung von Digitalisierungsprozessen in den Bildungseinrichtungen

Die empirisch gewonnenen Erkenntnisse dieses Schwerpunktkapitels werden nachstehend verdichtet und zentrale Bedarfe und Perspektiven aufgezeigt

Nicht alle Menschen partizipieren gleichermaszligen an den Moumlglichkeiten digitaler Entwicklungen Auch wenn die Digitalisierung die Lebenswelt der Menschen immer staumlrker praumlgt sind der Zugang zu digitalen Medien und ihre Nutzung abhaumlngig von individuelshylen und strukturellen Merkmalen etwa vom Bildungsstand von der regionalen Verortung oder dem sozialen Status So lassen sich deutliche herkunftsbezogene und geschlechtsspezifische Unterschiede bei der Nutzung digitaler Medien im aushyszligerinstitutionellen Bereich sowie bei den verfuumlgbaren digitalen Kompetenzen festshystellen Diese Disparitaumlten werden zu einer bildungspolitischen und gesellschaftshylichen Herausforderung wenn nicht sichergestellt wird dass allen Adressatinnen und Adressaten von Bildungsangeboten gemaumlszlig ihrem individuellen Bedarf sowohl der Zugang zu digitalen Medien als auch der Aufbau entsprechender Kompetenzen ermoumlglicht wird

H 6

297

Bildung in einer digitalisierten Welt

H 6

Digitale Lernwelten auszligershy und innerhalb der Bildungseinrichtungen unterscheiden sich deutlich Das digitale Lernen im auszligerinstitutionellen Kontext wird fuumlr mehr und mehr Bilshydungsteilnehmende zur Selbstverstaumlndlichkeit Der alltaumlgliche Nutzen digitaler Meshydien fuumlr Bildungsaktivitaumlten wird allgemeinhin als hoch eingeschaumltzt verbindet man doch mit den neuen Technologien eine Reihe von Vorteilen die gemeinhin als Erfolg versprechend fuumlr den LehrshyLernshyProzess gelten Die Moumlglichkeiten der Adaptivitaumlt von Aufgabenformaten die den individuellen Lernvoraussetzungen und Lernverlaumlufen folgen sind ebenso von Bedeutung wie die Moumlglichkeiten lernprozessnaher Feedbackshyformate Das Lernen mit und uumlber Medien sowie deren Nutzung zur Organisation von Lernprozessen in den Institutionen des Bildungssystems selbst ist jedoch sehr unterschiedlich verankert Waumlhrend an den Hochschulen vergleichsweise oft digitale Medien in der Lehre eingesetzt werden findet dies an den allgemeinbildenden und beruflichen Schulen seltener statt Gleichzeitig werden mit der CoronashyPandemie ershyhebliche Unterschiede in der Nutzung digitaler Medien zwischen den Einrichtungen offenkundig Waumlhrend es einigen Schulen offenbar gelingt den Unterrichtsausfall durch den umfassenden Einsatz von Lernplattformen und anderen kollaborativen Lerntools zu kompensieren ist dies in anderen Einrichtungen aufgrund mangelnder Kompetenzen von Lehrpersonen und einer fehlenden schulischen und individuellen Infrastruktur nur in sehr eingeschraumlnktem Maszlige der Fall So gibt in einer Befragung von Lehrkraumlften die waumlhrend der CoronashyKrise im Fruumlhjahr 2020 durchgefuumlhrt wurde nur ein Drittel (33 ) an dass die eigene Schule gut auf die neue Situation vorbereitet war da bereits vor den Schulschlieszligungen digitale Medien in umfassendem Maszlige eingesetzt wurden (Eickelmann 2020) Auch in der fruumlhen Bildung konnten durch die Einrichtungsschlieszligungen im Zuge der CoronashyPandemie digitale Technologien an Bedeutung gewinnen So weisen erste Ergebnisse darauf hin dass Erzieherinnen und Erzieher auch per Videobotschaften Kontakt zu den Kindern halten (Langmeyer et al 2020)

Bildungsbereichsuumlbergreifend laumlsst sich zudem feststellen dass digitale Medien in den Einrichtungen bislang oft nur zur Unterstuumltzung traditioneller Lernformen (z B in Form digitaler Texte) und selten in einer innovativen Form eingesetzt werden Moumlglichkeiten das Lernen mithilfe digitaler Medien zu personalisieren und Lernende zu aktivieren und individuell zu foumlrdern werden bislang kaum genutzt Die Bildungsshyeinrichtungen und das paumldagogische Personal stehen damit vor der Herausforderung zum einen dem Auseinanderdriften von auszligerinstitutionellen und institutionellen Lebensshy und Lernwelten entgegenzuwirken und zum anderen Wege zu suchen und zu beschreiten wie digitale Medien sinnvoll in den LehrshyLernshyKontext einzubetten sind

Moumlglichkeiten und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen werden kontrovers diskutiert Die Digitalisierung und ihre Folgen werden in der oumlffentlichen Debatte gleichermashyszligen mit hohen Erwartungen und groszligen Befuumlrchtungen verknuumlpft Einerseits lassen sich Stimmen vernehmen die den Einsatz digitaler Medien in institutionellen und auszligerinstitutionellen Lernkontexten mit vielfaumlltigen Moumlglichkeiten ndash wie dem zeitshy ortsshy und ressourcenunabhaumlngigen Zugang zu Lernmaterialien ndash verbinden Auf der anderen Seite des Spektrums werden negative Aspekte betont etwa die Gefahr von Mediensucht oder die Einschraumlnkung sozialer Erfahrungen Die Forschung betont dagegen vor allem die Herausforderung fuumlr paumldagogische Fachkraumlfte digitale Medien didaktisch sinnvoll fuumlr die Vermittlung Konstruktion und Bewertung von Informashytionen und Wissen zu nutzen und zwar mit Ruumlcksicht auf die spezifischen Anforshyderungen je besonderer Inhaltsbereiche und Faumlcher Verstaumlrkt wird es also kuumlnftig

298

Chancen Risiken und Herausforderungen

Medienumgang auszligerinstitutionell

erlernen

Aufwachsen mit digitalen Medien

Veraumlndern von Kommunikations- und

Lernformen

An Gesellschaft teilhaben und mitwirken

Einstellen auf neue Qualifikationsshy

anforderungen

Arbeiten in digitalisierten Berufsfeldern

Mediennutzung der Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018 in

Fuumlr schulshybezogene Zwecke

In der Schule Auszligerhalb

Fuumlr andere Zwecke

Smartphonebesitz der Altersgruppe in

2010 20182014

23 42

9230

Verbessern digitale Medien Lehrkraumlfteurteile in

Fortbildungsaktivitaumlten der Lehrenden in

hellip Lernergebnisse Leistungen

Allgemeinbildende Schulen Sek I

Berufliche Schulen

hellip Motivation Interesse am Lernen

hellip indiv Foumlrderung Adaptivitaumlt

35

69

33

75

46

81

99 18ndash19 J 95 12ndash13 J

19

89

81

7

Technische Ausstattung von deutschen Schulen der Sekundarstufe I 2018 in

Lernmanageshymentsystem

32

42

WLAN

26

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches Arbeiten

71

17

4545

12

10

Nicht verfuumlgbar

Verfuumlgbar fuumlr Lehrkraumlfte Schuumllerinnen und Schuumller Verfuumlgbar nur fuumlr Lehrkraumlfte

7

3

14

2 33

20

26 16- bis 65-jaumlhrige Bevoumllkerung 2012

Studierende im 3 Studienjahr 2013

Abiturientinnen und Abiturienten vor dem Studium 2013

Schuumllerinnen und Schuumller in Jg 8 2018

Anteil an digitalen Kompetenzstufen in (Studien nicht vergleichbar)

Geringste Kompetenzen Houmlchste Kompetenzen

Fort-Weiterbildung Selbststudium Angebote waumlhrend der Ausbildung

48

63 37 58 42

Hochshyschulen 2017

Berufliche Schulen 201516

Allgemeinshybildende Schulen 2017

Mind einmal genutzt Nicht genutzt

95 5

65 36 72 28

98 2

47 53 56 44

95 5

Viele Bildungseinrichtungen technisch nicht hinreichend ausgestattet

Digitalisierung in der Aus- und Fortbildung des Personals bislang von geringer Bedeutung

In rasantem Tempo durchdringen digitale Medien den Alltag

Digitale Kompetenzen vieler Bildungsteilnehmenden nur gering

Ambivalente Einschaumltzung der Potenshyziale digitaler Medien durch Lehrende

Lernwelten innerhalb und auszligerhalb der Bildungseinrichtungen oftmals nicht in gleichem Maszlige digitalisiert

Im Uumlberblick

01101 10100 01011 01011 01010 11011

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke 92

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Fuumlr andereZwecke

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Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches

Arbeiten in

Fuumlr andereZwecke 92 30

digitalisiertenBerufsfeldern

Arbeiten in

Internetbasierte Anwendungen fuumlr

gemeinschaftliches 1

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Bildung in einer digitalisierten Welt

darum gehen muumlssen die gesellschaftliche Debatte zu versachlichen und Chancen und Risiken der Digitalisierung im Bildungswesen nuumlchtern abzuwaumlgen

Infrastrukturen sind notwendig aber nicht hinreichend fuumlr die Nutzung digitaler Technologien in LehrshyLernshyKontexten Es besteht kein Zweifel daran dass die Bemuumlhungen Bildungseinrichtungen die notwendige Infrastruktur fuumlr die Nutzung digitaler Technologien zur Verfuumlgung zu stellen angebracht und erforderlich sind Mit dem bdquoDigitalPakt Schuleldquo wurde im Jahr 2019 eine wichtige und notwendige bildungspolitische Strategie zur Verbesserung der technischen Ausstattung von allgemeinbildenden und beruflichen Schulen von Bund und Laumlndern auf den Weg gebracht Nun wird es darum gehen dass den Schulen die Mittel schnell zur Verfuumlgung stehen Bislang zeichnet sich jedoch sowohl ein verhalteshyner Mittelabruf durch die Laumlnder als auch eine geringe Quote von Antragsstellungen seitens der Schulen ab

Es zeigt sich aber auch dass die Verfuumlgbarkeit allein keine hinreichende Bedinshygung fuumlr eine wirksame Nutzung ist Entscheidend sowohl im privaten Kontext als auch in den Bildungseinrichtungen ist die Anregungsqualitaumlt der Nutzung digitaler Medien Fuumlr den Einsatz in den Bildungseinrichtungen stellt sich die Frage welche digitalen Medien mit welchen Intentionen und antizipierten Effekten verwendet oder auch bewusst zugunsten von besser geeigneten analogen Methoden weggelassen werden Uumlber die Gelingensbedingungen wirksamer Implementationen digitaler Meshydien in den LehrshyLernshyKontext und Effekte des Medieneinsatzes liegen jedoch bislang vergleichsweise wenig wissenschaftliche Erkenntnisse vor

Bislang fehlt es weitgehend an Konzepten zur Nutzung digitaler Technologien uumlber die gesamte Bildungsbiografie Es besteht weitgehend gesellschaftlicher Konsens die Moumlglichkeiten der Digitalisieshyrung fuumlr die Verbesserung von Lernprozessen nutzbar zu machen Was fehlt sind dem Bildungsverlauf folgende Strategien die in der fruumlhen Bildung beginnen und uumlber die verschiedenen Bildungsstufen bis ins Erwachsenenalter fortgesetzt werden Eine nachhaltige Verbesserung des LehrshyLernshyGeschehens ist zudem nur zu erwarten wenn daruumlber hinaus auch in die Qualifizierung des Personals und die Verbesserung des technischen und paumldagogischen Supports in den Schulen investiert wird Gleishychermaszligen muss die Notwendigkeit mitbedacht werden organisationale Ablaumlufe anzupassen Viele der damit verbundenen Fragen etwa nach der hinreichenden Ausshystattung mit Infrastruktur oder nach den notwendigen Kompetenzen des paumldagogishyschen Personals lieszligen sich generisch behandeln werden aber in der Forschung in der bildungspolitischen Diskussion und auch in der Foumlrderpolitik noch zu haumlufig bildungsbereichsspezifisch bearbeitet

Notwendigkeit der systematischen Integration digitaler Technologien in der Ausshy und Weiterbildung des paumldagogischen Personals Der Stellenwert digitaler Technologien in Bildungskontexten variiert stark zwischen den Bildungsbereichen Waumlhrend im Bereich der fruumlhen Bildung primaumlren analogen Erfahrungen besondere Bedeutung beigemessen wird steht die Nutzung digitaler Technologien in der Schule kaum infrage obwohl auch hier groszlige Unterschiede zwischen dem Primarshy und dem Sekundarbereich bestehen Die Bemuumlhungen Digishytalisierung in den Inhalten der Ausshy und Fortbildung des paumldagogischen Personals zu verankern sind daher houmlchst verschieden sowohl zwischen den Bildungsbereichen als auch zwischen den Laumlndern Fuumlr den Bereich der allgemeinbildenden Schulen begegnen die Laumlnder den Anforderungen der KMKshyDigitalisierungsstrategie mit unshy

300

Chancen Risiken und Herausforderungen

terschiedlichen Aktivitaumlten und Prioritaumlten In der beruflichen Lehramtsausbildung sind digitale Technologien im fachwissenschaftlichen Studium der beruflichen Fachshyrichtungen weitgehend fest verankert waumlhrend in der fachdidaktischen Ausbildung erhebliche Bandbreiten anzutreffen sind Das Lehrpersonal in der Weiterbildung wiederum ist nahezu vollstaumlndig auf selbstorganisiertes und informelles Lernen angewiesen Eine koordinierte Initiative zur Nutzung von digitalen Technologien in LehrshyLernshyKontexten und eine daraus folgende Ableitung von Herausforderungen fuumlr die paumldagogische Professionalitaumlt koumlnnte notwendige und nuumltzliche Synergieeffekte erzeugen und Moumlglichkeiten fuumlr eine effiziente und nachhaltige Weiterentwicklung in der Ausbildung des paumldagogischen Personals schaffen

Forschungsbedarf zum Einsatz digitaler Medien in institutionellen LehrshyLernshyKontexten Aktuell leistet eine Vielzahl von Befragungsshy und Monitoringstudien eine mehr oder weniger vollstaumlndige Bestandsaufnahme des Angebots und der Nutzung digitaler Medien Daruumlber hinaus untersucht eine avancierte medienpsychologische Forschung zumeist experimentell grundlegende Prozesse der Informationsverarbeitung beim Lernen mit digitalen Medien hat aber noch keinen hinreichenden Bezug zu alltaumlglishychen Anwendungsfragen hergestellt Gleichermaszligen gibt es eine Fuumllle oft kommershyziell ndash jedoch ohne fachdidaktische Expertise ndash getriebener Entwicklungen digitaler Tools Diese Trends werden forciert von einer Foumlrderpolitik die uumlber die Bildungsbeshyreiche hinweg kaum koordiniert ist und noch keine uumlberzeugende Vorstellung davon entwickelt hat wie wissenschaftlich erprobte Konzepte zuumlgig und nachhaltig in die Praxis implementiert werden koumlnnten Kuumlnftig wird es darum verstaumlrkt auf eine engere Zusammenarbeit von Forschung und Politik mit Verlagen und Softwareunshyternehmen ankommen

Sinnvoll erscheint die zeitnahe Durchfuumlhrung einer Querschnittsstudie die reshypraumlsentativ im Vergleich aller Bildungsbereiche Informationen daruumlber erfragt wie und mit welchem Erfolg die Einrichtungen die paumldagogischen Praktikerinnen und Praktiker und die Lernenden digitale Medien nutzen (koumlnnen) So bedrohlich die akshytuelle CoronashyPandemie fuumlr Individuen Organisationen und Gesellschaft insgesamt ist aus Sicht der Bildungsforschung bietet sie zugleich eine einmalige Chance um mehr empirische Erkenntnisse uumlber Chancen Risiken und Herausforderungen der Digitalisierung im Bildungsbereich zu gewinnen Auf dieser Grundlage koumlnnten in der Praxis anschlussfaumlhige und wirksame Innovationen auf den Weg gebracht und damit versaumlumte Entwicklungsschritte in Forschung Praxis Politik und Administrashytion nachgeholt werden Dabei ist ein schrittweises Vorgehen angemessen das auf der Basis einer begleitenden Evaluation Adaptionen an veraumlnderte Rahmenbedingungen offenhaumllt

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