76
Übersichtsstudie Biokatalyse in der industriellen Produktion Matthias Braun, Olav Teichert und Axel Zweck 2010 2015 2020 Zukünftige Technologien Consulting Im Auftrag des

Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Übersichtsstudie

Biokatalyse in der industriellen Produktion

Matthias Braun, Olav Teichert und Axel Zweck

2010

2015

2020

Zukünftige Technologien Consulting

Im Auftrag des

Page 2: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge
Page 3: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Übersichtsstudie

Biokatalyse in der industriellenProduktion

Fakten und Potenziale zurweißen Biotechnologie

Dr. Matthias Braun,Dr. Olaf Teichert,undDr. Dr. Axel Zweck

Herausgeber:Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH Graf-Recke-Str. 84 40239 Düsseldorf

Page 4: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Im Auftrag des VDI e.V., Technik und Wissenschaft

Zukünftige Technologien Nr. 57 Düsseldorf, im Januar 2006 ISSN 1436-5928

Außerhalb der mit dem Auftraggeber vertraglich vereinbarten Nutzungsrechte sind alle Rechte vorbehalten, auch die des auszugsweisen Nachdruckes, der auszugsweisen oder vollständigen photomechanischen Wiedergabe (Photokopie, Mikrokopie) und das der Übersetzung.

(Leiter VDI-Kompetenzfeld Biotechnologie). Für die Durchsicht des Manuskripts danken die Autoren Dr. Markus Fink

Page 5: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) der VDI Technologiezentrum GmbH

Graf-Recke-Straße 84 40239 Düsseldorf

Page 6: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge
Page 7: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Inhaltsverzeichnis

1 EINFÜHRUNG 7

2 DEFINITIONEN ZUR BIOTECHNOLOGIE 9

3 FOKUS DER ÜBERSICHTSSTUDIE 11

4 SICHTWEISEN ZUM THEMA KATALYSE 134.1 Zur Historie des Begriffes Katalysator 14 4.2 Katalysatoren aus Sicht der Chemie 15 4.3 Katalyse aus Sicht der Biologie 18 4.4 Biokatalyse aus der Perspektive des Umweltschutzes 20 4.5 Katalyse in der Verfahrenstechnik 21

5 MÄRKTE UND ANWENDUNGSFELDER VON BIOKATALYSATOREN 235.1 Weltmarkt für Katalysatoren 23 5.2 Weltmarkt für Biokatalysatoren 24 5.3 Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 26

5.3.1 Chemische Produktionsverfahren und Energiegewinnung 28 5.3.2 Verbraucherprodukte 415.3.3 Umweltschutz 485.3.4 Medizin 525.3.5 Agroprodukte 54

6 CHANCEN UND ENTWICKLUNGSPOTENZIALE DER BIOKATALYSE 576.1 Vorteile der Biokatalyse 57 6.2 Entwicklungsmöglichkeiten der Biokatalyse 57 6.3 Strategien zur Herstellung maßgeschneiderter Enzyme 59 6.4 Vorurteile gegenüber der Biokatalyse 61 6.5 Einsparungsmöglichkeiten durch Biokatalyse 62

7 BIOTECHNOLOGIE IM VDI 65

8 ANHANG 66

Page 8: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge
Page 9: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

1. Einführung 7

BiotechnologischeVerfahren

QuantifizierbareVorteile

1 EINFÜHRUNG

Das Interesse an biotechnologischen Verfahren für den Einsatz in indus-triellen Produktionsprozessen ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Ihr Anteil in der chemischen Produktion beträgt zur Zeit ca. fünf Prozent und soll in fünf Jahren auf 20 Prozent steigen. Die Gründe dafür liegen zum einen in der steigenden Anzahl erfolgreicher Einführungen neuer biotechnologischer Verfahren in traditionellen Bereichen industrieller Produktion, zum anderen aber auch in quantifizierbaren Vorteilen wiebeispielsweise:

neue Reaktionsmöglichkeiten und Produkte

weniger Produktionsschritte

geringerer Energieverbrauch

Reduktion der Schadstoffemissionen

Einsparungen bei Rohstoffen und Ressourcen

neue Energiequellen.

Mit der Weiterentwicklung molekularbiologischer bzw. gentechnischer Methoden eröffnen sich immer mehr Möglichkeiten für neue Synthesen in der Chemie, d. h. maßgeschneiderte biokatalytische Stoffumwandlun-gen durchzuführen. Beispielsweise werden Enzyme dazu eingesetzt, ste-reoselektive Produkte herzustellen, deren Bedeutung u. a. für den Bereich Pharmazeutika stetig zunehmen. Die Biokatalyse wird in den nächstenJahren und Jahrzehnten industrielle Produktionsprozesse immer stärker beeinflussen und damit einhergehend auch entsprechende Tätigkeitsbe-reiche von Ingenieuren verändern.

Spektrum möglicher Vorteile der Biokatalyse

ökologisch ökonomisch

funktionell

Katalysator biologisch abbaubar

milde Reaktionsbedingungen

weniger Abfall- und Nebenprodukte

weniger Aufreinigungsschritte

geringerer Energiebedarf

Synthese ohne Schutzgruppen

hohe Stereo-/Enantioselektivitäthochspezifische Katalyse

hohe Raum-Zeit-Ausbeuten

weniger Syntheseschritte

sichere Verfahrensbedingungen

geringerer Wasserverbrauch

verbesserte Umweltbilanz geringerer Rohstoffeinsatz

Biokatalyse

neue katalytische Reaktionen

Spektrum möglicher Vorteile der Biokatalyse

ökologisch ökonomisch

funktionell

Katalysator biologisch abbaubar

milde Reaktionsbedingungen

weniger Abfall- und Nebenprodukte

weniger Aufreinigungsschritte

geringerer Energiebedarf

Synthese ohne Schutzgruppen

hohe Stereo-/Enantioselektivitäthochspezifische Katalyse

hohe Raum-Zeit-Ausbeuten

weniger Syntheseschritte

sichere Verfahrensbedingungen

geringerer Wasserverbrauch

verbesserte Umweltbilanz geringerer Rohstoffeinsatz

Biokatalyse

neue katalytische Reaktionen

siehe Seite 57/58

Page 10: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

8 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Intention dieser Publikation

Der VDI möchte mit dieser Publikation dazu motivieren, Chancen und Potenziale der Biokatalyse stärker wahrzunehmen. Ingenieuren, Natur-wissenschaftlern, Studenten und andere Interessierten wird ein struktu-rierter Einblick in den Stand und in die Entwicklungsmöglichkeiten der weißen Biotechnologie, insbesondere der Biokatalyse, in industriellen Produktionsprozessen gegeben. Dargestellt werden theoretische Hinter-gründe, branchenspezifische Anwendungen sowie bedeutende Trends und Perspektiven. Zahlreiche Übersichten und Strukturierungen sollen dem Leser Orientierung über die komplexe Thematik und ihre Teilberei-che geben.

Page 11: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

2. Definition zur Biotechnologie 9

Anwendungsfelderder Biotechnolo-gie

2 DEFINITIONEN ZUR BIOTECHNOLOGIE

Übersicht Anwendungsfelder der Biotechnologie

Die Biotechnologie gehört zweifelsohne zu den Technologiefeldern, die von besonders starker Innovationsdynamik geprägt sind und zugleich hohe Problemlösungspotenziale aufweisen. Längst hat die Biotechnolo-gie ihre Disziplingrenzen überschritten und beeinflusst zahlreiche weitere Technikbereiche. Immer neue Entwicklungen und Anwendungen gene-rieren ein enormes wirtschaftliches Potenzial und schon jetzt gilt die Bio-technologie als eine der Basistechnologien des 6. Kondratieff.

Die Biotechnologie gehört, wie beispielsweise auch die Nano- oder IuK-Technologien, zu den Key Enabling Technologies, d. h. sie verhilft zu zahlreichen unterschiedlichen Produkten in verschiedenen Branchen undAnwendungsgebieten. Durch diesen Querschnittscharakter wird es für den sich interessierenden Betrachter immer schwieriger, den Überblick über die zahlreichen Einsatzmöglichkeiten der Biotechnologie zu behal-ten. Während die rote und grüne Biotechnologie über ihre Anwendungs-bereiche Medizin bzw. Landwirtschaft und Ernährung (siehe Abbildung 1) noch relativ klar definiert sind, erklärt sich der Begriff blaue Biotech-nologie nicht über ein bestimmtes Anwendungsfeld, sondern über die Gemeinsamkeit der Nutzung mariner Organismen.

Biotechnologie

rote grauegrüne weiße

Medizin:- Therapeutika- Diagnostika- Impfstoffe

Landwirtschaft:- transgene

Pflanzen- Ernährung

Umwelttechnik:- Nachweis und

Abbau vonSchadstoffen

blaue

industrielleProduktion:- Produktions-

prozesse- Naturstoff-

nutzung

Nutzung mariner Organismen:

- Nahrung, Kosmetik, Medikamente, neue Materialien

Biotechnologie

rote grauegrüne weiße

Medizin:- Therapeutika- Diagnostika- Impfstoffe

Landwirtschaft:- transgene

Pflanzen- Ernährung

Umwelttechnik:- Nachweis und

Abbau vonSchadstoffen

blaue

industrielleProduktion:- Produktions-

prozesse- Naturstoff-

nutzung

Nutzung mariner Organismen:

- Nahrung, Kosmetik, Medikamente, neue Materialien

Abbildung 1: Anwendungsbereiche der Biotechnologie.1

1 Klassifzierung gibt nur eine erste Orientierung, die partielle Überschneidungen der Anwen- dungsfelder nicht berücksichtigt.

Page 12: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

10 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

„Weiße Biotech-nologie, „Graue Biotechnologie“

Einordnung graue und weiße Biotechnologie

Vergleichsweise neu ist der Begriff „weiße Biotechnologie“, der häufig vereinfachend gleich gesetzt wird mit dem (älteren) Begriff „graue Bio-technologie“. Die graue Biotechnologie hat ihren historischen Ursprung in der Suche nach biotechnologischen Verfahren zum Abbau von Schad-stoffen, die bereits in die Umwelt gelangt sind (siehe Abbildung 2). Da-her auch ihre Zuordnung zur Umwelttechnik. Prominente Beispiele sind öl- oder dioxinabbauende Bakterien. Ein weiteres Anwendungsfeld der grauen Biotechnologie liegt in der Verhinderung des Schadstoffaustrittes aus industriellen Produktionsprozessen. Auch hier wurde der Schadstoffbereits (prozessintern) produziert. Es wird aber versucht, ihn so wenig wie möglich in die Umwelt gelangen zu lassen (end of pipe Technolo-gien2).

graue Biotechnologie weiße Biotechnologie

Umwelttechnik industrielle Produktion

Bodensanierung

Abwasserreinigung

Abfallverwertung

Schadstoffbeseitigung

Bioremediation

Nachsorge Vorsorge

Produkt- und Produktions-integrierter Umweltschutz

Schadstoffnachweis

Abgrenzung graue und weiße Biotechnologie

Umweltmonitoring

neue biokatalytische Prozesse

nachwachsende Rohstoffe

Schadstoff wurde produziertund gelangte in die Umwelt

Schadstoff wird produziert,aber der Eintritt in dieUmwelt wird verhindert

Schadstoffproduktion wirdreduziert bzw. vermieden

graue Biotechnologie weiße Biotechnologie

Umwelttechnik industrielle Produktion

Bodensanierung

Abwasserreinigung

Abfallverwertung

Schadstoffbeseitigung

Bioremediation

Nachsorge Vorsorge

Produkt- und Produktions-integrierter Umweltschutz

Schadstoffnachweis

Abgrenzung graue und weiße Biotechnologie

Umweltmonitoring

neue biokatalytische Prozesse

nachwachsende Rohstoffe

Schadstoff wurde produziertund gelangte in die Umwelt

Schadstoff wird produziert,aber der Eintritt in dieUmwelt wird verhindert

Schadstoffproduktion wirdreduziert bzw. vermieden

Abbildung 2: Einordnung der Begriffe graue und weiße Biotechnologie.

Die aufgeführten Anwendungen stellen nur eine Auswahl dar.

Der Begriff „weiße Biotechnologie“ ist in den letzten Jahren auf europäi-scher Ebene geprägt worden.3 „Weiß“ steht symbolisch für das (länger-fristige) Ziel, im industriellen Produktionsprozess erst gar keine Schad-stoffe entstehen zu lassen. Dies soll durch neue biotechnologische Ver-fahren, wie beispielsweise der Biokatalyse und der Nutzung nachwach-sender Rohstoffe (stoffliche und energetische Nutzung), erreicht werden.

2 Ursprünglich aus dem Kontext der Abwasserreinigung. End of pipe bedeutet hier, dass das

Abwasserproblem nicht am Ort der Entstehung behandelt wird, sondern es wird versucht, dieses

„nachsorgend“ erst kurz vor der Einleitung in ein Gewässer in der Regel zentral zu lösen (ande-

re Anwendungsbeispiele: Biofilter, Biowäscher, Entschwefelungsanlagen).3 http://www.europabio.org/white_biotech.htm

Page 13: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

3. Fokus der Übersichtsstudie 11

Querschnittstech-nologie Biokataly-se

Biokatalyse in der industriellen Pro-duktion

Biokatalyse:wesentlicheInnovationtskraftfür die weißeBiotechnologie

3 FOKUS DER ÜBERSICHTSSTUDIE

In Kapitel 2 wurde bereits ein erster Überblick über die zahlreichen An-wendungsfelder der Biotechnologie gegeben. Diese Anwendungsberei-che sind durch den Querschnittcharakter der Biotechnologie untereinan-der verknüpft. Die Biokatalyse ist ein Beispiel für eine solche Quer-schnittstechnologie. Biokatalytische Verfahren kommen sowohl in der roten, grünen, blauen, grauen aber insbesondere in der weißen Biotech-nologie zur Anwendung.

Die vorliegende Übersichtsstudie konzentriert sich auf den Einsatz derBiokatalyse in der industriellen Produktion im Kontext der industriellen bzw. weißen Biotechnologie. Behandelt wird die Bedeutung von Enzy-men für die Produktion von Ausgangsstoffen, als Bestandteil des Produk-tionsprozesses und als Produkt (siehe Abbildung 3). Darüber hinaus wer-den biotechnologische Prozessgrundlagen zur Entwicklung von Enzymenbzw. ihrer spezifischen Katalyseeigenschaften skizziert.

Enzyme alsBestandteil des

Produktionsprozesses

Enzyme zurProduktion von

Ausgangsstoffen

Enzyme alsProdukte

Fokus der ÜbersichtsstudieBiokatalyse in der industriellen Produktion

Enzymentwicklung - Enzymoptimierung

Enzyme alsBestandteil des

Produktionsprozesses

Enzyme zurProduktion von

Ausgangsstoffen

Enzyme alsProdukte

Fokus der ÜbersichtsstudieBiokatalyse in der industriellen Produktion

Enzymentwicklung - Enzymoptimierung

Abbildung 3: Der Fokus der Übersichtsstudie liegt in der Bedeutung der

Biokatalyse für industrielle Produktionsprozesse. Hier kann differenziert

werden in Produktion von Ausgangsstoffen, als Bestandteil des Produk-

tionsprozesses, als Produkte sowie biotechnologische Prozessgrundlagen

zur Entwicklung von Enzymen bzw. deren spezifischen Stoffumsetzun-

gen.

Die Biokatalyse gilt als wesentliche Innovationskraft für die weiße Bio-technologie. Der Begriff Biokatalyse steht zusammenfassend für Stoff-umwandlungen durch Enzyme und vereint zahlreiche verschiedene Reak-tionen mit spezifischen Katalysatoren. Forschungs- und Entwicklungsak-tivitäten der Biokatalyse zielen auf die Optimierung oder Generierung von (z. B. biotechnischen oder bisher chemischen) Reaktionen und Pro-zessen. Vision ist die Entwicklung einer Toolbox, mit deren Hilfe sich leicht maßgeschneiderte Enzyme generieren lassen.

Page 14: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

12 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

ZusammenarbeitverschiedenerDisziplinennotwendig

Für die industrielle Produktion liegt das Potenzial der Biokatalyse in der Entwicklung neuer Prozesse mit hochspezifischen Stoffumwandlungen, die sowohl energie- und ressourcensparend arbeiten als auch möglichstkeine, nicht weiter verwendbaren Abfallstoffe produzieren.

Die besondere Herausforderung einer erfolgreichen Erschließung desPotenzials der Biokatalyse liegt in der übergreifenden und intensiven Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen. Um dies zu unterstützen, versucht die vorliegende Übersichtsstudie Biokatalyse die verschiedenen Perspektiven zu berücksichtigen, zusammenzuführen und Verständnis für die jeweils anderen Sichtweisen zu vermitteln.

Page 15: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

4. Sichtweisen zum Thema Katalyse 13

Querschnitts-charakter der Biokatalyse

Perspektivenzur Biokataly-se

4 SICHTWEISEN ZUM THEMA KATALYSE

Die Biokatalyse steht durch ihren Querschnittscharakter im Zentrum desInteresses verschiedener Fachdisziplinen (Biologie, Chemie, Ingenieur-wissenschaften etc.). Sie alle besitzen vor dem Hintergrund ihrer Teildis-ziplinen wiederum spezielle Sichtweisen zur Katalyse. Jede Teil-/Disziplin akzentuiert bestimmte Aspekte der Biokatalyse und verwendet zum Teil eigene Klassifikationen und Bezeichnungen.

Für die Betrachtung der Biokatalyse im Kontext der industriellen Bio-technologie sind die Fachdisziplinen Biologie, Chemie, Umweltschutz und Verfahrenstechnik von besonderer Bedeutung.4 Ihre jeweiligenSichtweisen zum Thema Katalyse werden im Folgenden, nach einem kleinen Exkurs zur Historie des Begriffes Katalyse, kurz skizziert. Zielist es, ein gegenseitiges Verständnis für die verschiedenen Perspektiven und Interessen zu generieren.

Biokatalyse

Verfahre

nstechnik

Biologie

Umweltschutz

Chemie

Betrachtung der Biokatalyse aus verschiedenen Perspektiven

Bioingenieurwesen

Chemieingenieurwesen

Biokatalyse

Verfahre

nstechnik

Biologie

Umweltschutz

Umweltschutz

Chemie

Chemie

Betrachtung der Biokatalyse aus verschiedenen Perspektiven

Bioingenieurwesen

Chemieingenieurwesen

Abbildung 4: Betrachtung der Biokatalyse aus verschiedenen (Fach-)

Disziplinen der industriellen Produktion.

4 Leider können im Rahmen der vorliegenden Übersichtsstudie nicht alle Fachdisziplinen mit Bezug zur Biokatalyse (wie z. B. Bioinformatik) berücksichtigt werden.

Page 16: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

14 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Begriffs-historie

Zitat Berzelius

4.1 Zur Historie des Begriffes Katalysator

In der chemischen Literatur wird der Begriff Katalyse in seiner heutigenBedeutung erstmalig 1835/36 von dem Schweden Jöns Jacob Berzelius (1779 - 1848) verwendet, um eine Reihe von Experimenten zu erklären, die zu der Zeit gerade Furore machten:

- die Zündung eines Wasserstoff-Luft-Gemisches in Anwesenheit von Platin (Döbereiner-Feuerzeug5, 1823), - die durch Platin bewirkte Verbrennung von Alkohol- oder Etherdäm- fen, - die durch konzentrierte Schwefelsäure bewirkte "Verätherung von Al-

kohol" (Ether aus Ethanol), die sein Schüler E. Mitscherlich (1794 -863) 1834 entdeckt hatte.

Dabei geht Berzelius von einer "neuen Kraft" aus, die diese Reaktionen bewirkt. Hier ein Zitat aus seiner Arbeit:

"Es ist also erwiesen, daß viele, sowohl einfache als zusammengesetzte Körper, sowohl in fester als in aufgelöster Form, die Eigenschaft besit-zen, auf zusammengesetzte Körper einen, von der gewöhnlichen chemi-schen Verwandtschaft ganz verschiedenen Einfluß auszuüben, indem sie dabei in dem Körper eine Umsetzung der Bestandteile in anderen Ver-hältnissen bewirken, ohne daß sie dabei mit ihren Bestandteilen notwen-dig selbst „Theil“ nehmen, wenn dieß auch mitunter der Fall sein kann. ...

Ich werde sie daher, um mich einer in der Chemie wohlbekannten Ablei-tung zu bedienen, die katalytische Kraft der Körper und die Zersetzung durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge der gewöhnlichen che-mischen Verwandtschaft, verstehen. Die katalytische Kraft scheint ei-gentlich darin zu bestehen, daß Körper durch ihre bloße Gegenwart, und nicht durch ihre Verwandtschaft, die bei dieser Temperatur schlummern-den Verwandtschaften zu erwecken vermögen, so daß zufolge derselbenin einem zusammengesetzten Körper die Elemente sich in solchen ande-ren Verhältnissen ordnen, ... Sie wirken dabei im Ganzen in derselben Art, wie die Wärme, ...".

J. J. Berzelius, Jahresber. Chem. 15, 242 - 244, Tübingen 1836 (übersetzt von Fr. Wöhler)

5 Das nach Döbereiner benannte Feuerzeug wurde in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts schät-

zungsweise über eine Millionen mal verkauft.

Page 17: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

4. Sichtweisen zum Thema Katalyse 15

Bedeutung“Katalyse“

Reaktionsge-schwindigkeit

Katalysatorensteuern mehr als 80 % allergroßtechni-schen Prozes-se in derchemischenIndustrie

Homogene,heterogeneKatalyse

Berzelius hat das Wort Katalyse in Analogie zur Analyse gewählt. Ana-lyse und Katalyse bedeuten beide ursprünglich Auflösung. Mit Analyse meinte Berzelius hier nicht die Analyse im heutigen - und auch schon damals gebrauchten - Sinn (Ermittlung der Zusammensetzung einesStoffs), sondern dessen Zerlegung in seine Bestandteile unter Einfluss eines Reaktionspartners. Dieser wird dabei ebenfalls umgruppiert, wobei neue Stoffe entstehen. Triebkraft dieser Reaktionen ist die im Zitat er-wähnte und damals intensiv untersuchte „Verwandtschaft“ (= Reaktions-fähigkeit). Neu ist der Gedanke, dass offenbar Reaktionen ablaufen, ohne dass ein dabei beteiligter Stoff selbst verändert wird. Die dahinterstehen-de, noch unbekannte und ominöse Kraft nennt er in Anlehnung an Analy-se Katalyse.

Im letzten Satz seines Zitats klingt zum ersten Mal der energetische As-pekt der Katalyse an (Aktivierungsenergie), im Vergleich zur modernenDefinition fehlt jedoch noch der Hinweis auf die durch den Katalysator bedingte Veränderung der Reaktionsgeschwindigkeit. Dies wurde erst vor ca. 100 Jahren (1894) von Wilhelm Ostwald (1853 - 1932) berück-sichtigt6, der die noch heute gültige "moderne", allgemeingültige Defini-tion eines Katalysators formulierte:

Ein Katalysator verändert (erhöht) die Geschwindigkeitder Reaktion, ohne als Produkt aufzutauchen.

4.2 Katalysatoren aus Sicht der Chemie

Katalysatoren steuern mittlerweile mehr als 80 % aller großtechnischen Prozesse in der chemischen Industrie - Tendenz steigend.7 Die Chemikerhaben für ihre jeweiligen Zwecke mehrere Tausend spezifische Katalysa-toren entwickelt. Nicht alle Katalysatoren arbeiten jedoch wirklich effi-zient und umweltfreundlich, da sie neben dem gewünschten Produkt auch Nebenprodukte als Abfall produzieren, die häufig (kosten-) aufwendig entsorgt werden müssen. Andere entfalten ihre Wirkung erst bei hohen Temperaturen oder müssen in Lösungsmitteln eingesetzt werden, die zumTeil toxisch sind. Dies alles bedeutet letztendlich einen Mehraufwand anEnergie und Rohstoffen und führt zu Belastungen der Umwelt.

In der Chemie werden homogene und heterogene Katalyse unterschieden. Liegt der Katalysator in der gleichen Phase vor (gelöst im Reaktionsme-dium), spricht man von homogener Katalyse, tritt er als getrennte Phase

6 W. Ostwald, Z. Physik. Chem. 15, 706, 1894 7 Professor Dr. Manfred T. Reetz, Direktor des Max-Planck-Instituts für Kohleforschung, Mül-

heim/Ruhr

Page 18: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

16 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

auf, von heterogener Katalyse. Traditionelle Katalysatoren in der Chemi-schen Industrie sind Metalle, insbesondere Edelmetalle (z. B. Platin, Pal-ladium, Rhodium), und metallorganische Verbindungen. Die Nachteile in der Verwendung von Edelmetallen als Katalysator liegen in ihrem hohenPreis und ihrer begrenzten Verfügbarkeit (Beispiel Ressourcenproblema-tik des Platinverbrauches durch Autokatalysatoren). Der Einsatz von me-tallorganischen Verbindungen (enthalten Übergangsmetalle) als Kataly-satoren ist durch den relativ aufwendigen Herstellungsprozess (stereo-chemische Synthese) zudem sehr teuer. Darüber hinaus sind metallorga-nische Verbindungen toxisch, empfindlich gegen Luft, Wasser (Korrosi-on) etc., und es werden für jeden Katalysator eigene Recyclingverfahrenbenötigt.

Enantioselek-tive Stoffum-wandlung

Chirale Kataly-satoren

Die Chemie steht vor einer weiteren Herausforderung. Der Bedarf an Katalysatoren, die enantioselektive Stoffumwandlungen8 ermöglichen, steigt stark. Viele der heutigen Medikamente, Pflanzenschutzmittel undsonstigen Wirkstoffe sind chiral. Allein der Markt an chiralen Pharma-zeutika beläuft sich auf weltweit ca. 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr.Welche Bedeutung es haben kann, dass wirklich nur ein Enantiomer als (reines) Produkt vorliegt, zeigt das tragische Beispiel des Pharmazeuti-kums Thalidomid (bekannt als Contergan). Thalidomid war Mitte der 50er Jahre als Racemat, also als 1:1-Gemisch beider Enantiomere auf den Markt gekommen. Nach Einnahme des Medikamentes durch schwangere Frauen, brachten diese Neugeborene mit starken Missbildungen zur Welt.Erst später stellte sich heraus, dass zwar die R-Form die gewünschte po-sitive Wirkung als Schlaf- bzw. Beruhigungsmittel hervorruft, das spie-gelbildliche S-Enantiomer dagegen teratogen9 wirkte.

Die Praxis zeigt, dass die Mehrheit der technischen (nicht biokatalyti-schen) chiralen Katalysatoren Reaktionen keineswegs hoch-selektiv kata-lysieren, d. h. neben dem gewünschten Enantiomer liegt auch sein analo-ges spiegelbildliches Enantiomer im Produktgemisch vor. In der Natur produzieren Organismen mittels ihrer (Wildtyp-) Enzyme aus natürlichenSubstraten nur eine enantiomere Form einer chiralen Verbindung und zwar zu nahezu 100 %. Ein eindrucksvolles Beispiel sind die Aminosäu-ren, die natürlicherweise praktisch nur in der L-enantiomeren Form vor-kommen. Daher ist es nicht überraschend, dass die Chiralität gerade im Bereich der Pharma- und Lebensmittelindustrie einen so hohen Stellen-wert einnimmt.

8 Enantiomere (gr. enantios = entgegengesetzt) sind chirale Moleküle, die sich wie Bild und Spie-

gelbild unterscheiden und durch Drehen von Verbindungen nicht zur räumlichen Deckung ge-

bracht werden können.9 teratogen: Fehlbildungen verursachend (tera: Ungeheuer; gen: Entstehung, Geburt, Schöpfung)

Page 19: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

4. Sichtweisen zum Thema Katalyse 17

Strategien zurOptimierungkatalytischerVerfahren

Katalysetrendsin der Chemie

In der Chemie werden vor diesem Hintergrund zwei grundsätzliche Stra-tegien zur Optimierung katalytischer Verfahren verfolgt:

1. Entwicklung enantioselektiverer Übergangsmetall-Katalysatoren2. Verwendung von Enzymen aus Mikroorganismen (Biokatalyse)

Beispiele für Katalysetrends in der Chemie:

Spezifizieren/Maßschneidern der Katalysatoren

Verkleinern der Katalysatorpartikel/Erhöhung der katalytischen Akti-vität pro Fläche

Effektive dreidimensionale Anordnung der Katalysatoren auf einer Oberfläche (Nanotechnologie)

Photokatalyse

Entwicklung von Polymeren und Compositen als Katalysator bzw. Träger

Ersatz von Edelmetallen durch kostengünstigere Metalle

Industrie wirdzunehmendbiokatalytischeVerfahreneinsetzen

Suche nach umweltschonenden, nicht toxischen Katalysatoren

Steigende Bedeutung von nachwachsenden Rohstoffen

Miniaturisierte Durchflusszellen als katalytische Bioreaktoren

Einsatz von Enzymen in überkritischen Fluiden (Hochdrucktechnik)

Aufgrund der genannten Nachteile der traditionellen (chemi-schen/physikalischen) Katalysatoren ist es zu erwarten, dass die chemi-sche Industrie zunehmend biokatalytische Verfahren, beispielsweise für die Produktion von Feinchemikalien, einsetzen wird und zahlreiche klas-sische Herstellungsverfahren ersetzt werden.

Abschließend sei ein Auszug des Internetauftrittes des ChemiekonzernsDegussa wiedergegeben, der die Vorzüge der Biokatalyse aus seiner Per-spektive folgendermaßen zusammenfasst:

Neue biokatalytische Verfahren führen bei der Degussa zu:

• Reineren Ausgangsstoffen für bessere Arzneimittel• Verträglichere Kosmetika• Gesünderen Lebensmitteln• Natürlicheren Aromen• Leuchtenderen Farben• Einer ökonomischeren und ökologischeren Tierernährung

Neue biokatalytische Verfahren führen bei der Degussa zu:

• Reineren Ausgangsstoffen für bessere Arzneimittel• Verträglichere Kosmetika• Gesünderen Lebensmitteln• Natürlicheren Aromen• Leuchtenderen Farben• Einer ökonomischeren und ökologischeren Tierernährung

Page 20: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

18 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Natur: „der besteChemiker“

Mehr als 10.000natürlich vor-kommende Enzyme

Enzyme bieten Vorteile gegen-über chemischen Reaktionen undVerfahren

4.3 Katalyse aus Sicht der Biologie

Die Natur wird häufig als „der beste Chemiker“ bezeichnet, da sie Syn-theseprozesse entwickelt hat, die an Spezifität und Effizienz im Labor nicht zu übertreffen bzw. zu erreichen sind. Sie bedient sich dabei aus einem großen Pool von Katalysatoren, die sehr spezifische (Stoffwech-sel-) Reaktionen katalysieren. Das Gros der Biokatalysatoren stellen die Enzyme dar. Neben den Enzymen sind noch zwei weitere Biomolekül-klassen mit katalytischer Aktivität bekannt: bestimmte Ribonukleinsäu-ren (Ribozyme) und spezielle Antikörper. Da letztere jedoch in diesem Rahmen nur eine unbedeutende Rolle spielen, werden im Folgenden aus-schließlich Enzyme als Biokatalysatoren betrachtet.

Enzyme sind die universalen Wirkstoffe lebender Zellen. Sie kommen in allen Lebewesen vor - vom Mikroorganismus bis zum Menschen. Auf mehr als 10.000 wird die Zahl der natürlich vorkommenden Enzyme ge-schätzt, von denen gut ein Viertel inzwischen bekannt ist. Allein ein un-scheinbares E. coli-Bakterium aus dem menschlichen Darm bildet unge-fähr 500 verschiedene Enzyme, mit denen es nicht nur seinen Stoffwech-sel organisiert, sondern auch eigene Zellbestandteile aufbaut. Nicht nurdie große Anzahl natürlicher Enzyme ist beeindruckend, sondern auch das breite Spektrum ihrer Fähigkeiten: Sie können große Moleküle auf-bauen, umbauen oder kleine "zusammenkleben", sie können Stärke, Fet-te, Eiweiße oder auch den allgegenwärtigen Zellbaustoff Cellulose auf-spalten. Viele natürliche Aufbau-, Abbau-, Verdauungs- oder Gärungs-vorgänge sind das Werk von Enzymen: Hefezellen etwa senden Enzymenach außen, welche die großen Stärkemoleküle aus der Gerste oder ande-ren Pflanzen in „kleine Häppchen“ zerlegen. Nur so können diese ins Innere der Hefe gelangen und zu Alkohol "verdaut" werden.10

Enzyme sind Werkzeuge einer "sanften Chemie". Gegenüber chemischenReaktionen und Verfahren bieten Enzyme eine Reihe von Vorteilen:

Sie beschleunigen kaum wahrnehmbare biochemische Reaktionen millionenfach.

Enzyme sind an das Umfeld lebender Zellen angepasst: Sie reagieren in wässrigen Lösungen, ohne Druck und bei Körpertemperatur; imGegensatz zu chemischen Prozessen benötigen enzymatische Verfah-ren weder Lösungsmittel, noch den Zwang extremer Hitze oder Drü-cke und sind daher im Allgemeinen weniger energieintensiv.

Enzyme arbeiten effektiv und präzise: Sie wirken auf genau definierte Gruppen von Molekülen, die sie an bestimmten Stellen in einer spezi-fischen Weise aufschneiden oder modifizieren. Enzym und "Substrat"passen zueinander wie der Schlüssel ins Schloss.

10 http://www.transgen.de/gentechnik/enzyme/139.doku.html

Page 21: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

4. Sichtweisen zum Thema Katalyse 19

Diese Eigenschaften machen die Enzyme für viele technische Anwen-dungen hochinteressant. Allein in der Lebensmittelindustrie werden mehrals 40 Enzyme in unzähligen Präparaten eingesetzt. Die Produkte, dieunter Anwendung technischer Enzyme erzeugt oder verarbeitet wurden, sind kaum noch überschaubar.

Cofaktorenvon Enzymen

Enzyme gehören zur biologischen Stoffklasse der Eiweiße/Proteine, d. h.sie bestehen aus Aminosäureketten. Sie können metallfrei sein, organi-sche Cofaktoren enthalten oder „essentielle Metalle“ (z. B. Zink) enthal-ten. Die Metalle sitzen in der Regel im Reaktionszentrum des Enzyms,das ist die Stelle, an der die eigentliche chemische Reaktion stattfindet. Wichtig für die katalytische Aktivität und die Spezifität der Enzyme ist ihre dreidimensionale Struktur, die nur ganz bestimmte Substrate bindet (Schlüssel-Schloss-Prinzip; Substratspezifität) und so nur ganz bestimm-te Reaktionen katalysiert. Dies ist in biochemischen Systemen sehr wich-tig, da in den Zellen ein Gemisch sehr ähnlicher Verbindungen vorliegt, von denen oft nur eine in einer speziellen Weise umgesetzt werden soll.

Homogen und heterogeneKatalyse

Toolbox

Ein weiteres Charakteristikum der Enzyme sind die verschiedenen Regu-lationsmöglichkeiten ihrer Aktivität, eine wesentliche Voraussetzung für die Steuerung der zahlreichen Energie verbrauchenden Stoffumwand-lungsprozesse. Auch bei Enzymen unterscheidet man homogene und he-terogene Katalyse: Die Enzyme können im Cytoplasma gelöst vorkom-men (homogene Katalyse) oder in eine Membran integriert sein (hetero-gene Katalyse).

Mit den Fortschritten der Molekularbiologie hat sich die Biokatalyse zueinem bedeutenden Bereich der Biologie entwickelt. Verschiedene bio-technologische Forschungsrichtungen arbeiten parallel, aber zu wenig gemeinsam auf das Ziel hin, eine Toolbox zu entwickeln, die es ermög-licht, Enzyme in kurzer Zeit nach spezifischen Anforderungen auf mole-kularer Ebene Maß zu schneidern (siehe Kapitel 6.3).

Page 22: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

20 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

70er und 80er Jahre: Nachsor-gende Technolo-gien zur Emissi-onsminderung und -beseitigung

VorsorgendeMaßnahmen(clean technolo-gies)

4.4 Biokatalyse aus der Perspektive des Umweltschutzes

In den 70er und 80er Jahren entwickelten deutsche Unternehmen wir-kungsvolle nachsorgende Technologien zur Emissionsminderung und -beseitigung, also Sekundär- oder auch additive Maßnahmen (end-of-pipe Technologien). End-of-pipe steht für die bildhafte Darstellung einer Technologie zur Vermeidung von Umweltbelastungen am Ende desSchornsteins oder Abgasrohres. Die bei der Produktion entstandenen Schadstoffe werden (nachträglich: Nachsorge) zumindest teilweise in weniger schädliche oder leichter handhabbare Stoffe umgewandelt bzw. zurückgehalten. Auf die in diesem Zusammenhang besondere Rolle der nicht-enzymatischen Katalysatoren (insbesondere Heterogenkatalysato-ren) kann im Rahmen der vorliegenden Studie leider nicht eingegangen werden.

Eine ideelle Weiterentwicklung der end-of-pipe-Technologien ist die Verwendung von Verfahren, die möglichst wenige bzw. gar keine Schad-stoffe freisetzen. Mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz11 rücktedas Prinzip der Vermeidung, Verminderung und Verwertung in den Vor-dergrund. Durch die „Verinnerlichung“ des Begriffes Nachhaltigkeit geht der Umweltschutz in Deutschland zunehmend in Richtung integrierende und vorsorgende Maßnahmen („clean technologies“). Zunächst wurde der prozess- und produktionsintegrierte Umweltschutz eingeführt, der dann um den produktbezogenen Umweltschutz erweitert wurde, so dass jetzt vom produkt- und produktionsintegrierten Umweltschutz (PIUS)gesprochen wird.12 Von prozessintegriertem Umweltschutz spricht manbei Maßnahmen hinsichtlich einer Einzelanlage, von produktionsinteg-riertem Umweltschutz bei mehreren Anlagen im Produktionsverbund.13

Eine treibende Kraft bei der Entwicklung des PIUS-Gedankens in Deutschland stellte das Faktor-Vier-Prinzip dar, das die Erkenntnisse von der rein produktions- und produktbezogenen Ebene auf eine gesellschaft-liche und insgesamt globale Ebene stellt. "Faktor Vier" ist die Formel für eine neue Richtung des technischen Fortschritts ("Effizienzrevolution"),die doppelten Wohlstand bei gleichzeitiger Halbierung des Natur-verbrauchs verspricht.

Die Umwelttechnik verwendet zu Zwecken wie Schadstoffnachweis,Schadstoffbeseitigung oder auch der Bodensanierung (Bioremediation14)

Umwelttechnik

11 Zweck des KrW-/AbfG - Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ist die Förderung der Kreis-

laufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträg-

lichen Beseitigung von Abfällen.12 vgl. www.pius-info.de13 VDI-Bericht Nr. 899 (1991): „Integrierter Umweltschutz – Ingenieurkonzepte für eine umwelt-

verträgliche Technikgestaltung“ v. Dr. Claus Christ; Hoechst AG, Frankfurt. 14 Bioremediation: (Remedium: „Heilmittel“) Schadstoffe werden durch Pflanzen und Mikroor-

ganismen aufgenommen und zu ungefährlichen Stoffen umgewandelt.

Page 23: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

4. Sichtweisen zum Thema Katalyse 21

Bioremediation

MetabolicEngineering

Immobilisierungvon Enzymen

schon lange biotechnologische Verfahren (graue Biotechnologie). So bauen beispielsweise Enzyme durch hochspezifische Reaktionen gezielt und effizient Schadstoffe ab (z. B. Bioremediation von TNT-belasteten Böden mit Pilzen) oder detektieren in Form ausgefeilter Sensortechnolo-gien Schadstoffe in minimalen Konzentrationen. Die Potenziale, die sich aus der Biokatalyse für den Produkt- und Produktionsintegrierten Um-weltschutz eröffnen, liegen auf der Hand.

4.5 Katalyse in der Verfahrenstechnik

Die Ursprünge der Bioverfahrenstechnik gehen zurück auf Fermentatio-nen zur Herstellung von Alkoholen durch Mikroorganismen sowie der industriellen Produktion von Penicillin im Rührkesselreaktor gegen Ende des zweiten Weltkrieges. So wurden in Deutschland zahlreiche neue Bio-reaktortypen entwickelt und zum Teil zur industriellen Anwendung ge-bracht (z. B. kontinuierlicher Biohochreaktor zur Abwasserreinigungoder der Enzym-Membranreaktor zur Aminosäureherstellung). Mit den steigenden Möglichkeiten der Molekularbiologie Enzyme bzw. Stoff-wechselwege von Mikroorganismen gezielt verändern zu können, nutzten Bioverfahrenstechniker zunehmend die Zelle selbst als natürlichen Mik-roreaktor (Zellfabrik). Metabolic Engineering bedeutet die gesamte Zelleals Biokatalysator zu verwenden und zu optimieren. Die Verfahrenstech-niker prägten hier durch ihre ingenieurwissenschaftliche Vorgehensweisewesentlich die Methoden zur Stoffflussanalyse und legten die Grundla-gen für heutige industrielle Bioproduktionsverfahren.

Über die theoretischen Grundlagen hinaus steht die Verfahrenstechnik immer wieder neu vor der Aufgabe, Ergebnisse des Metabolic Enginee-rings in industrielle Lösungen in Maßstäben von zum Teil mehreren10.000 Litern umzusetzen, die zugleich kostengünstiger als etablierte Verfahren sein sollten. Immer wieder werden daher Prozesse hinsichtlich Produktisolierung, Erhöhen der Ausbeuten oder auch Minimieren der Emissionen und des Energieaufwandes optimiert. So lässt man bei-spielsweise Enzyme nicht mehr nur frei in der Reaktionslösung schwim-men, sondern bindet (immobilisiert15) sie an ein Trägermaterial.

Die Immobilisierung bringt verschiedene Vorteile mit sich:

Erhöhung der Katalysatorstabilität

Verlängerung der Lebensdauer

15 Die wichtigsten Immobilisationsverfahren sind: Adsorption (z. B. an Aktivkohle oder Al2O3),

ionische Bindung, chemische Bindung (z. B. an Glas oder synthetischen Polymeren), Querver-

netzung von Enzymen durch Bindung an mehrfunktionelle Verbindungen oder Enzymumhül-

lung (z. B. durch Lipidmembranen oder Matrixeinhüllung mit natürlichen Stoffen wie Pektin;

Membran bzw. Matrix sind dabei lediglich für das Substrat durchlässig, nicht aber für das En-

zym).

Page 24: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

22 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Biokatalysato-ren in organi-schen Lösungs-mitteln

Parallele dis-ziplinübergrei-fende Zusam-menarbeitnotwendig

Mehrfachverwendung der Katalysatoren

kontinuierliche Reaktionsführung im Bioreaktor

einfachere Produktreinigung

Verbesserung der Produktqualität

Der Nachteil der geringeren Reaktionsgeschwindigkeit (Verringerung der Diffusionsgeschwindigkeit; Aktivitätsverluste durch die Fixierung) kann durch die längere Lebensdauer der fixierten Enzyme wieder ausgeglichenwerden.

Früher war der Einsatz der Biokatalysatoren nur im (natürlichen) wässri-gen Milieu/Medium möglich. Gerade hier lag ein gravierender Nachteil der Enzymkatalyse, da chemische Synthesen in der Regel in organischen Lösungsmitteln stattfinden. Mittlerweile hat man festgestellt, dass Enzy-me auch in Abwesenheit von Wasser, also im apolaren Milieu wirken können. Es ist das Wasser-Lösungsmittelgemisch, das ihnen gefährlich wird. In reinen organischen Lösungsmitteln sind sie hinreichend stabil,ihre Aktivität kann dort aber erheblich geringer ausfallen. Durch neue Verfahren kann man jedoch diesem Nachteil begegnen. Beispielsweise wird durch Lyophilisieren das Enzym in seiner aktiven Form „eingefro-ren“. Der Biokatalysator wird dabei in seiner aktiven Form fixiert, da er sich in der apolaren Umgebung nicht aus seiner Starre lösen kann, um sich anders zu falten. Weitere Verfahren, die die Biokatalyse in organi-schen Lösungsmitteln ermöglichen, sind Zweiphasensysteme16, Ein-schluss der Biokatalysatoren in geeignete Hydrogele natürlichen oder synthetische Ursprungs17 sowie quervernetzte zeolithartige Enzymkristal-le CLEC (cross-linked enzyme crystals). Eine Übersicht über die enzym-katalysierte Synthese mit organischen Lösemitteln gibt der Anhang die-ser Übersichtsstudie.

Die bisherigen Ausführungen zeigen, wie eng die Bioverfahrenstechnik mit anderen Fachrichtungen (Biologie, Chemie etc.) verknüpft ist. Kon-sequenterweise ist für eine effiziente Entwicklung biotechnologischerProzesse eine parallele (nicht sequentielle) disziplinübergreifende Zu-sammenarbeit notwendig, und nur so können frühzeitig Wettbewerbsvor-teile für Deutschland gesichert werden.

16 Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH-Zürich), Institut für Biotechnologie

(www.biotech.biol.ethz.ch)17 http://www.biotec.rwth-aachen.de/biokat/Forschung/forschung.html

Page 25: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 23

Technische Kata-lysatoren in der industriellenVerfahrenstech-nik

Weltmarkt:12,9 Milliarden US-Dollarim Jahr 2007

5 MÄRKTE UND ANWENDUNGSFELDER VON BIOKA-TALYSATOREN

5.1 Weltmarkt für Katalysatoren

Der Einsatz technischer Katalysatoren in der industriellen Verfahrens-technik ist ein Schlüsselfaktor für die weitere Entwicklung der chemi-schen Industrie im 21. Jahrhundert. Chemische Erzeugnisse bestimmennicht nur fast alle täglichen Lebensbereiche, sondern bilden als Vorpro-dukte die Produktionsgrundlage zahlreicher Industriezweige. Weit über 90 % der Prozesse in der chemischen Industrie basieren dabei auf kataly-sierten Reaktionen und sind integraler Bestandteil der Synthesewege für 60 % aller chemischen Produkte.

Der Weltmarkt technischer Katalysatoren wird nach Einschätzungen der Catalyst Group18 von ca. 10,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2001 auf 12,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2007 mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 4,5 % pro Jahr ansteigen.

Abbildung 5: Entwicklung des Weltmarktes für Katalysatoren in den

Sektoren Erdölverarbeitung, Chemikalien, Polymere und Umwelt.19

18 Die Catalyst Group ist ein Beratungsunternehmen in Spring House, Pennsylvania;

www.catalystgrp.com19 http://www.catalystgrp.com/catalystsandchemicals.html

Page 26: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

24 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

GrößtesMarktsegment:Katalysatorenim Bereich desUmweltschut-zes

Bis 2010 wird bei der Pro-duktion von30 - 60 % aller Feinche-mikalien ein biokatalyti-scher Schritt involviert sein

Produktions-kapazitätenfür technische Enzyme

Das größte Marktsegment stellen die im Bereich des Umweltschutzeseingesetzten Katalysatoren dar (siehe Abbildung 5). Dieses Segmentwächst jährlich um ca. 8,1 %, und es ist zu erwarten, dass im Jahr 2007 Umsätze von 3,7 Milliarden US-Dollar erreicht werden. Den größten Marktanteil bei den Umweltkatalysatoren nehmen Katalysatorsystemeein, die zur Reduzierung und Reinigung von Abgasen und Partikeln imKraftfahrzeugbereich verwendet werden. Neben diesem weiterhin kon-stant wachsenden Markt gewinnen Katalysatoren laut der Catalyst Group insbesondere im Bereich der pharmazeutischen Produkte, der Herstellungvon Hochleistungsmaterialien sowie in der Polyolefin-Technologie in der Zukunft eine steigende Bedeutung. Die von zahlreichen Chemie-Konzernen ausgehenden verstärkten Forschungsbemühungen, insbeson-dere bei der Entwicklung chiraler Katalysatorsysteme, machen deutlich,dass hier nach wie vor Innovationspotenziale bestehen. Beispielhaft hier-für ist der erfolgreiche Aufbau eines „Catalyst Project House“ durch dieDegussa AG, in der durch die Konzentration der Forschungskräfte aus verschiedenen Unternehmensbereichen eine deutliche Verringerung der Entwicklungszeiten für neue Katalysatoren, Prozesse und Produkte in spezial- und feinchemischen Anwendungen erzielt werden konnte. Die Degussa AG eröffnete am 1. Januar 2006 in Marl ein „Science to Business Center Bio“ als neues Zentrum für weiße Biotechnologie.

5.2 Weltmarkt für Biokatalysatoren

Der Weltmarkt der Biokatalysatoren wird bestimmt durch den Einsatz von Ganzzellenkatalysatoren und isolierten technischen bzw. industriel-len Enzymen. So wird der aktuelle weltweite Marktanteil biotechnischerVerfahren im Bereich Feinchemikalien auf etwa 50 Milliarden US-Dollarbeziffert und soll bei konstantem Wachstum in den nächsten 10 - 20 Jah-ren auf über 250 Milliarden US-Dollar ansteigen.20 Allein in diesemSegment wird davon ausgegangen, dass bis 2010 bei der Produktion von 30 - 60 % aller Feinchemikalien ein biokatalytischer Schritt involviertsein wird. Die Immobilisierung (vgl. Kapitel 4.5) stellt mit einer Beteili-gung von ca. 80 % aller industriell genutzten Biotransformationsprozesseeinen überaus wichtigen Baustein zur wirtschaftlichen Entwicklung bio-technologischer Prozesse dar. Aufgrund der unterschiedlichen oder feh-lenden Bezugsgrößen (Bezug auf Enzymumsatz oder Gesamtprodukt)sowie der variierenden Abgrenzungen der Thematik geben die Wachs-tumspotenziale jedoch lediglich maximale Richtwerte des heterogenenMarkt- und Branchenumfeldes der Biokatalyse wieder.

Einen eher realistischen, an den Produktionskapazitäten orientierten Ver-gleich geben die Werte zum Weltmarktumsatz für technische Enzyme,

20 McKinsey & Company, Industrial Biotech - New Value-Creation Opportunities (2003)

Page 27: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 25

der aktuell bei etwa 1,7 Mrd. Euro mit einer jährlichen Steigerungsrate von ca. 10 % liegt (siehe Abbildung 5). Nach Angaben des Marktfor-schungsunternehmens Freedonia Group21 wird allein in den USA die Nachfrage nach Enzymen für primär pharmazeutische, industrielle undbiokatalytische Anwendungen bis 2006 um 6,7 % pro Jahr wachsen und bis dahin einen Marktwert von 1,6 Milliarden US-Dollar erreichen. Mindbranch22 geht sogar für das zurückliegende Jahr 2004 von einemUS-Markt für Enzyme von 2,6 Milliarden US-Dollar aus.

Abbildung 6: Weltmarkt für industrielle Enzyme mit regionaler Vertei-

lung nach Angaben des BMBF.

Die Klassifikation allgemeiner Anwendungsfelder und Einsatzgebiete technischer Enzyme wird in verschiedenen Industriezweigen unterschied-lich vorgenommen. Unter www.lifescience.de ist die folgende an kon-ventionellen Anwendungen orientierte Verteilung angegeben:

48 % Reinigungsmittel

39 % Lebens- und Futtermittel

11 % Leder und Textil

1 % Papier

Europa & Afrika43 %

710 Mio. Euro

Asien & Pazifik17 %

280 Mio. Euro

Lateinamerika8 %

135 Mio. Euro

USA & Kanada32 %

525 Mio. Euro

Weltmarkt für industrielleEnzyme

Anwendungs-felder und EinsatzgebietetechnischerEnzyme

21 Cleveland, Ohio; www.freedoniagroup.com22 Marktforschungsunternehmen aus USA / Massachusetts / Williamstown;

http://www.mindbranch.com/

Page 28: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

26 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Verteilung auf dem Weltmarkt

50 - 60 % dertechnischenEnzyme werden mit Hilfe gene-tisch verän-derter Orga-nismen produ-ziert

Andere Quellen23 gehen unter Berücksichtigung des zukünftigen Biokata-lyse-Leitmarktes Feinchemikalien/Pharmazeutika von folgender Vertei-lung auf dem Weltmarkt aus:

50 % Lebensmittel und Getränke

35 % Wasch- und Reinigungsmittel

5 - 14 % Textilindustrie

4 - 5 % Feinchemikalien/Pharmazeutika

1 - 3 % Papierindustrie

1 % Lederindustrie

Im Durchschnitt werden aktuell über alle Anwendungsbereiche ca. 50 -60 % der technischen Enzyme bereits mit Hilfe gentechnisch veränderter Organismen (GVO) produziert. Beispielsweise werden schon heute etwa 40 - 50 % der in der Lebensmittelindustrie eingesetzten Enzyme von GVO hergestellt (bei der enzymatischen Stärkeverzuckerung stammendie verwendeten Enzyme sogar fast zu 100 % aus GVO). Mittelfristig ist davon auszugehen, dass die in industriellen Prozessen eingesetzten En-zyme überwiegend aus GVO-Produktionen stammen werden.

5.3 Anwendungsfelder von Biokatalysatoren

Einsatzformenvon Enzymen

Bei der Verwendung von Biokatalysatoren in der industriellen Produkti-on lassen sich zwei Formen des Enzymeinsatzes unterscheiden. Entwedererfolgen die gewünschten Katalyseschritte innerhalb einer (intakten) Zel-le24, oder durch isolierte Enzyme, die dem Reaktionsgemisch beigegeben werden (siehe Abbildung 7).

Formen des Enzymeinsatzes

Biotransformation durch Enzyme in der lebenden Zelle (in vivo)

Zugabe isolierter Enzyme ins Reaktionsgemisch

Abbildung 7: Die Nutzung von Enzymen in der industriellen Produktion erfolgt durch isolierte Enzyme oder durch enzymatische Reaktionen inder intakten Zelle (auch mit Ganzzell-/Biotransformation, Zellfabrik,Zellsystem bezeichnet).

23 Aus: Potentiale und Entwicklungen im Bereich der Katalysatoren- und Enzymtechnik,

Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung, 1997, S. 42.24 Die gezielte Nutzung von Enzymen innerhalb einer lebenden Zelle wird häufig als „Biotrans-

formation“ bezeichnet. Es gibt jedoch auch Autoren, die diesen Begriff universeller verwenden.

In diesem Zusammenhang wird auch von „Ganzzellkatalysatoren“ gesprochen.

Page 29: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 27

Immer mehr Möglichkeitenisolierte En-zyme direkt zur Katalyse einzusetzen

Die großtech-nische Her-stellung von Enzymen er-folgt überwie-gend durch dieKultivierungvon Mikro-ogranismen in geschlossenenSystemen

Früher wurden ausschließlich intakte Mikroorganismen als „Mikroreak-toren“ verwendet. Mit den wachsenden Kenntnissen der Molekularbiolo-gie und der Proteinchemie existieren aber mittlerweile immer mehr Mög-lichkeiten isolierte Enzyme direkt zur Katalyse einzusetzen. Dies wirdunterstützt durch verschiedene Verfahren der Immobilisierung, bei denendas isolierte Enzym an eine Trägersubstanz gebunden wird (siehe Seite 17).

Die großtechnische Herstellung von Enzymen erfolgt überwiegend durch die Kultivierung von Mikroorganismen in geschlossenen Systemen(i. d. R. Rührkesselfermenter). Wenn nicht die Mikroorganismen selbst zur Biokatalyse (Biotransformation) eingesetzt werden, werden die En-zyme entweder nach Abschluss der Vermehrungsphase aus den Mikroor-ganismen isoliert oder bereits während des Wachstums in das Kulturme-dium ausgeschiedenen und aus diesem isoliert (Abbildung 8). Die En-zymqualität lässt sich in Abhängigkeit vom durchgeführten Reinigungs-aufwand in technische Enzyme, die lediglich angereichert sind, und in reine analytische/klinische Enzyme unterscheiden.

Produktion industrieller Enzyme

• Kultivierung / Fermentation von Mikroorganismen in geschlossenen Systemen

• Herstellung über Tiere

• Herstellung über Pflanzen

Produktion industrieller Enzyme

• Kultivierung / Fermentation von Mikroorganismen in geschlossenen Systemen

• Herstellung über Tiere

• Herstellung über Pflanzen

Enzyme zur Produktion von Ausgangsstof-fen, als Kata-lysator von Stoffumwand-lungen oder als Produkt

Abbildung 8: Die Gewinnung von Enzymen für die industrielle Produk-tion erfolgt überwiegend durch Kultivierung von Mikroorganismen, wie z. B. Bakterien oder Pilze.

Da Enzyme an verschiedenen Stellen mit industriellen Produktionspro-zessen in Verbindung gebracht werden, ist folgende Einteilung zur Über-sicht sinnvoll (siehe Abbildung 9). Zunächst können Enzyme zur Produk-tion von Ausgangsstoffen eingesetzt werden, wie es beispielsweise bei Gewinnung von Ethanol der Fall ist (siehe Kapitel 5.3.1). Enzyme kön-nen auch als Katalysator von Stoffumwandlungen (bei einem oder meh-reren Prozessschritten) direkt Bestandteil des Produktionsprozesses sein. Als dritte Möglichkeit sind Enzyme selbst das Produkt industrieller Pro-duktionsprozesse und werden so zahlreichen verschiedenen Einsatzzwe-cken zugeführt.

Page 30: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

28 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Enzyme alsBestandteil des

Produktionsprozesses

Enzyme zurProduktion von

Ausgangsstoffen

Enzyme alsProdukte

Einsatzgebiete von Enzymen in der industriellen Produktion

Enzyme alsBestandteil des

Produktionsprozesses

Enzyme zurProduktion von

Ausgangsstoffen

Enzyme alsProdukte

Einsatzgebiete von Enzymen in der industriellen Produktion

Abbildung 9: Enzyme werden an verschiedenen Stellen mit industriellen

Produktionsprozessen in Verbindung gebracht.

Im Folgenden werden biokatalytische Verfahren in den Anwendungsbe-reichen Chemische Produktionsverfahren und Energiegewinnung, Verbraucherprodukte, Umweltschutz, Medizin sowie Agroprodukte als wichtigste industrielle Sektoren vorgestellt.

ChemischeProduktions-verfahren

Traditionellechemische Ver-fahren werdendurch biotechno-logische Prozesse ersetzt

5.3.1 Chemische Produktionsverfahrenund Energiegewinnung

Der Einfluss der Biotechnologie auf industrielle Produktionsverfahren hat in den letzten Jahren eine deutliche Ausweitung sowohl auf der Pro-dukt- wie auch auf der Verfahrensebene erfahren. Das liegt zum einen am umwelt- und ressourcenschonenden Potenzial biotechnologischer Verfahren und zum anderen an der spezifischen Leistungsfähigkeit der Biokatalyse (z. B. stereoselektive Synthese). Darüber hinaus eröffnenvielversprechende Entwicklungsansätze bei der Verbesserung biokataly-tischer Verfahren, wie z. B. die Reaktionsführung in nicht-wässrigen Medien (siehe Anhang) oder die Nutzung extremophiler Organismen(vgl. Kapitel 6.2) und Enzyme, zahlreiche Möglichkeiten, traditionelle chemische Verfahren durch biotechnologische Prozesse zu ersetzen.

Beispiel für einen biokatalytischen Substitutionsprozess

Ein Beispiel für die Substitution eines klassischen chemisch-technischenSyntheseweges durch einen biotechnischen Prozess ist die Umstellungder Vitamin B2-Produktion (Riboflavin), bei der innerhalb von 4 Jahren ein nahezu kompletter Wechsel vom chemischen zum biokatalytischenVerfahren vollzogen wurde (siehe Abbildung 10).

Page 31: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge
Page 32: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

30 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Größtes Potenzi-al biotechnologi-scher Synthese-führungen liegtin der Feinchemie

Studien27 ist davon auszugehen, dass bis 2010 der biotechnologische An-teil bei den Basischemikalien etwa 15 % betragen wird. Ebenfalls ein 15 %-Anteil wird für das Polymer-Segment prognostiziert, bei der die Nutzung nachwachsender Rohstoffe und die Generierung neuer Eigen-schaften im Vordergrund steht. In der Summe werden 2010 etwa 20 % aller Chemieprodukte in einer Größenordnung von etwa 300 Milliarden US-Dollar auf biotechnologischem Wege hergestellt werden.

Abbildung 11: Umsatzentwicklung chemischer Produkte, die bis 2010

zunehmend durch biotechnologische Verfahren hergestellt werden.28

Das weitaus größte Potenzial biotechnologischer Syntheseführungen liegtjedoch in der Wirkstoffproduktion der Feinchemie. Die wachsende Be-deutung enantiomerenreiner Pharmawirkstoffe (bereits heute basieren mehr als 50 % der Top 100-Arzneimittel mit einem Umsatz von mehr als100 Milliarden US-Dollar auf enantiomerenreinen Wirkstoffen) wird dazu führen, dass 2010 etwa 60 % des Umsatzvolumens pharmazeuti-scher Produkte (Feinchemie, siehe Abbildung 11) biotechnologisch her-gestellt werden. Deshalb wird sich die Biokatalyse, insbesondere in die-sem Sektor zu einer Schlüsseltechnologie entwickeln und auf die übrigen Bereiche der chemischen Verfahrenstechnik ausstrahlen.29

27 McKinsey & Company, Industrial Biotech - New Value-Creation Opportunities (2003) und

Festel, G. & Knöll, J., Marktstudie zum Einfluss der Biotechnologie auf industrielle Produkt-

ionsverfahren, Hünnenberg (2003)28 Ebenda29 siehe „ Der Einfluss der Biotechnologie auf Produktionsverfahren in der Chemieindustrie“ von

G. Festel, J. Knöll, H. Götz und H. Zinke aus Chemie & Wirtschaft, Jahrgang 3, Ausgabe 2,

Mai 2004

Page 33: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 31

Chemische Pro-duktionsverfah-ren/Energie-gewinnung

Feinchemikalienund Spezialitäten

Basischemikalienund Polymere

Energieträgerund Rohstoffge-winnung

Tabelle 1: Fermentativ hergestellte Produkte.30

Die folgende Darstellung biokatalytischer Entwicklungen in den Berei-chen Chemische Produktionsverfahren und Energiegewinnung gliedert sich in die Bereiche:

Feinchemikalien und Spezialitäten

Basischemikalien und Polymere

Energieträger und Rohstoffgewinnung

Bei der Herstellung von Spezial- und Feinchemikalien liegt ein besonde-res Augenmerk auf enantiomerenreinen Wirkstoffen für die Agro- und Pharmaindustrie. Nicht mehr wegzudenken sind Biokatalysatoren bei-spielsweise aus der Synthese von Steroidhormonen (Kontrazeptiva) oder den Antibiotika vom Penicillintyp. Marktanteile von nahezu 100 %konnten biotechnologisch hergestellte Produkte bei den Aminosäuren(L-Glutaminsäure, L-Lysin), Carbonsäuren (L-Milchsäure, Zitronensäu-re) oder Vitaminen (Riboflavin/Vitamin B2, Vitamin C) erreichen.

Die biokatalytische Herstellung basischemikalischer Produkte und Poly-mere im Großtonnagenbereich befindet sich demgegenüber noch im An-fangsstadium. Mittelfristig werden biotechnologische Syntheserouten, insbesondere bei der Produktion biologisch abbaubarer Polymere (wie z. B. PLA) und organischer Lösungsmittel (z. B. Bioethanol), eine zu-nehmende verfahrenstechnische Bedeutung erfahren.

30 nach: BACAS, Royal Belgian Academy Council of Applied Sciences, Industrial Biotechnology

and Sustainable Chemistry (2004)

Page 34: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

32 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Langfristige Vision bei der Entwicklung alternativer biotechnologischer Verfahren und Produktionsplattformen ist der Aufbau einer biomasse-basierten Chemie, in der unter Verwendung nachwachsender Rohstoffe maßgeschneiderte Synthesen und neue werthaltige Produkte realisiert werden können.

Feinchemikalienund Spezialitäten

Feinchemikalien und Spezialitäten

Als Produkte der Feinchemie werden Substanzen definiert, die einen ho-hen Funktionalisierungsgrad aufweisen und typischerweise weltweit in Tonnagen von weniger als 10.000 t/a produziert werden. Wesentlichechemische Erkennungsmerkmale der Produkte bestehen darin, dass siefür gewöhnlich über mehrere Reaktionszentren verfügen und zur Bildung von Enantiomeren neigen. Klassische Synthesewege dieser Substanzen beinhalten deshalb mehrere Reaktionsschritte und erfordern häufig den Einsatz einer aufwendigen Schutzgruppen-Chemie, teure Edelmetall-/Schwermetallkatalysatoren sowie drastische Reaktionsbedingungen. Die Biokatalyse erlaubt hier die Synthese komplexer Verbindungen bei we-sentlich milderen Bedingungen, insbesondere in Bezug auf Reaktionspa-rameter wie Druck, Temperatur und Acidität.

Wachstum desweltweitenMarktanteil bio-technischer Ver-fahren in der Feinchemie in den nächsten 10 - 20 Jahren auf ca. 250 MilliardenUS-Dollar

Produktion chira-ler Verbindungen

Weltweit sehen Experten in den prozess- und kostentechnischen Vortei-len stichhaltige Argumente dafür, dass die Weiße Biotechnologie bevor-zugt im Segment der Feinchemie Fuß fassen wird. Dabei besteht ein weitgehender Konsens darin, dass der weltweite Marktanteil biotechni-scher Verfahren in der Feinchemie von 50 Milliarden US-Dollar in den nächsten 10 - 20 Jahren auf ca. 250 Milliarden US-Dollar anwachsenwird. Eine zentrale Rolle in der zukünftigen Marktentwicklung kommtdabei der Frage zu, inwieweit neue, der klassischen chemischen Synthese nicht zugängliche biotechnologische Produkte identifiziert werden und in welchem Zeitraum eine breite Markteinführung solcher Produkte reali-siert werden kann.

Derzeit werden die Methoden der Weißen Biotechnologie im Bereich der feinchemikalischen Produkte vornehmlich zur Produktion chiraler Ver-bindungen eingesetzt. So sind im Jahre 2002 134 industrielle Biotrans-formationen aufgelistet worden, von denen ca. 90 % der beschriebenen Produkte chirale Feinchemikalien waren.31 Neben der Synthese pharma-zeutischer Wirkstoffvorprodukte, z. B. zur Herstellung semisynthe-tischer Antibiotika oder cholesterinsenkender Medikamente, und dem erfolgreichen Einsatz biokatalytischer Prozesse in der Vitaminproduktion(siehe Abbildung 10), werden immer mehr Aminosäuren über enzymka-talytische Verfahren hergestellt. Speziell in diesem Bereich werden fürdie nächsten Jahre Wachstumsraten von 2 % bis zu 10 % für strukturell komplexe Aminosäuren wie L-Lysin oder L-Glutamat prognostiziert. So

31 A.J.J. Straathof (2002), Curr. Opin. Biotechnol., 13, S. 548 - 556

Page 35: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 33

Basischemikalienund Polymere

Produktionsan-teile von bis zu15 %

HerstellungAcrylamid

ist man bereits heute in der Lage, über Methoden des metabolic enginee-ring Bakterienstämme für die Produktion von L-Cystein (Wacker ChemieGmbH, München) zu optimieren, um diese dann als „Building Block“32

für weitere Synthesen einzusetzen.

Basischemikalien und Polymere

Unter basischemikalischen Produkten werden Substanzen klassifiziert, die jährlich in Mengen oberhalb von 10.000 Tonnen hergestellt werden.Die Weiße Biotechnologie wird im Zuge der verstärkten Einbeziehung biokatalytischer Verfahren in die Syntheseplanung und auf der Basis ver-besserter up-scaling-Methoden auch auf die großtechnische Produktion von Basischemikalien und Polymere erhebliche Auswirkungen haben. Während McKinsey & Company in ihrer Studie aus dem Jahre 2003 von einem 6 - 12 %-Anteil biotechnischer Verfahren bei der Herstellung basi-schemikalischer Produkte und Polymere bis 2010 ausgehen, halten ande-re Prognosen sogar Produktionsanteile bis zu 15 % für beide Bereiche für erreichbar. Obwohl biotechnisch hergestellte Produkte mit großemMarktvolumen vornehmlich in der Lebensmittel-, Futtermittel- und Ge-nussmittelindustrie vertreten sind, wird zunehmend die großtechnischeSynthese von Lösungsmitteln wie Bioethanol und Ethyllactat auf Gluco-sebasis wirtschaftlich interessanter. Selbst Basischemikalien wie Acetonoder Butanol, die ursprünglich auf biotechnischen Syntheserouten herge-stellt und durch kostengünstigere petrochemische Verfahren verdrängt worden sind, könnten zukünftig wieder durch biotechnologische Verfah-ren ersetzt werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die petro-chemischen Rohstoffe zu teuer werden oder die störende Bildung von Koppel- bzw. Nebenprodukten vollständig ausgeschlossen werden kann.

Ein besonders herausragendes Beispiel für das Potenzial enzymatischerVerfahren bei der Herstellung basischemikalischer Produkte ist Acryla-mid, das als Ausgangsmaterial für die Produktion eines breiten Spekt-rums chemischer Derivate genutzt wird, sowohl in monomerer Form als auch in wasserlöslichen Polymeren. Die biotechnischen Produktionska-pazitäten, des von der Firma Mitsubishi Rayon 1985 erstmals eingesetz-ten Verfahrens, betragen nach Schätzungen weltweit heute etwa 100.000 t/a33 und werden mit der Weiterentwicklung und Optimierungdes dabei eingesetzten Nitrilhydratase-Enzyms kontinuierlich ausgebaut. Wesentliche Vorteile des biokatalytischen Verfahrens, bei dem die Aus-gangsverbindung Acrylnitril in einem ezymkatalysierten Hydratisie-rungsschritt in Acrylamid verwandelt wird, liegen in der hohen Selektivi-tät und in den milden und umweltfreundlichen Reaktionsbedingungen derSynthese. Beim vergleichbaren kupferkatalysierten chemischen Prozess hingegen muss nicht nur überschüssiges Acrylnitril und der eingesetzte

32 Zentraler Synthesebaustein33 OECD, 2001: „The Application of Biotechnology to industrial Sustainability“

Page 36: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

34 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

BiotechnischeHerstellung mo-nomerer Baustei-ne und Polymere für die Kunst-stoff- und Poly-merindustrie

2020 wird derAnteil des Bio-plastik an derWeltplastikpro-duktion beica. 20 % liegen

EnzymatischkatalysierteKonversionen

Kupferkatalysator aus dem Synthesezyklus entfernt, sondern auch, auf-grund der hohen Reaktionstemperatur von 100 °C, die Bildung von Ne-ben- und Polymerisationsprodukten in Kauf genommen werden.

Ein weiteres zukunftsträchtiges Innovations- und Entwicklungsfeld bio-katalytischer Verfahren ist die biotechnische Herstellung monomererBausteine und Polymere für die Kunststoff- und Polymerindustrie. Dabei ist sowohl die Substitution petrochemischer Verfahren bei der Produktion von Ausgangsverbindungen für die Kunststoffherstellung (z. B. von 1,3-Propandiol (PDO)) als auch die Entwicklung neuartiger biologisch ab-baubarer Polymerprodukte aus Polylactid (PLA) oder Poly-3-Hydroxybutyrat-co-3-Hydroxyhexanoat (PHBH) von steigender wirt-schaftlicher Bedeutung.

LL-Lactid

LD-Lactid

Stärke FermentationGetreide Dextrose

Monomer-

Produktion

Milchsäure

Polymer-

ProduktionPL

Produkte

Abbildung 12: Herstellung von Polylactid durch Biokatalyse.

Die Firma Cargill Dow produziert inzwischen unter dem ProduktnamenNatureWorks jährlich 140.000 Tonnen des biologisch abbaubaren PLA-Kunststoffes, während die Firma Toyota, die seit 1998 Bioplastik-Bauteile in ihre Fahrzeugmodelle integriert, die eigene PLA-Produktion bis zum Jahr 2020 soweit ausweiten will, dass bis dahin 66 % des Welt-marktbedarfes gedeckt werden sollen. Dabei geht das Unternehmen da-von aus, dass 2020 der Anteil des Bioplastik an der Weltplastikprodukti-on bei ca. 20 % liegen wird. Toyota rechnet deshalb mit einem Umsatz von 38 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020.

Ein hohes Zukunftspotenzial mit einem breiten Anwendungsbereich in der Polymer- und Basischemie bieten ebenfalls enzymatisch katalysierteKonversionen bzw. Umwandlungsreaktionen, bei denen z. B. selektive Veresterungen in organischen Lösungsmitteln durchgeführt werden kön-nen. So bietet die Firma Novozymes, der weltweit führende Anbieter technischer Enzyme und Mikroorganismen, eine extrem thermostabile

Page 37: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 35

Rohstoffverfüg-barkeit/Roh-stoffverwer-tungskapazitäten

Energieträgerund Rohstoffge-winnung

Bioethanol, Bio-gas, Wasserstoff

Form des Enzyms Lipase aus der Hefeart Candida Antarctica (Novozyme435) an, auf deren Basis z. B. das britische Unternehmen Baxenden Chemicals Polyester, acrylbasierte Polymere und Polyesteradditive im großen Maßstab produziert.

Generell gilt für biotechnisch hergestellte basischemikalische Produkte, dass zur Sicherstellung der Marktfähigkeit der Weißen Biotechnologie in der Zukunft eine ausreichende Rohstoffverfügbarkeit (insbesondere beimEinsatz nachwachsender Rohstoffe) gewährleistet und die Reststoffver-wertungskapazitäten des jeweilig eingesetzten biotechnischen Verfahrens geklärt sein muss. Dazu zählt unter anderem die Vermeidung uner-wünschter bzw. wirtschaftlich nicht verwertbarer Nebenprodukte. Mittel-bis langfristig sollten die bisher als Insellösungen entwickelten biotechni-schen Verfahren deshalb zu Produktionsverbünden ausgebaut sowie Ne-benprodukte effizienter in parallelen Prozessen abgeführt werden, um die Wirtschaftlichkeit biokatalytischer Verfahren in der Basischemie steigernzu können. Einen möglichen Ansatz hierzu bietet die systematische Ent-wicklung einer biomassenbasierten Wirtschaft auf der Basis von so ge-nannten Bioraffinerien (siehe nachfolgender Abschnitt).

Energieträger und Rohstoffgewinnung

Im Zuge der Entwicklung und Förderung nachhaltiger Produktionsmo-delle, die ihre Entsprechung unter anderem in der Definition der WeißenBiotechnologie finden und letztendlich in den ganzheitlichen industriel-len Ansatz einer „Grünen Chemie“ münden, rücken die Potenziale nach-wachsender Rohstoffe als Energieträger und Quelle einer biomasseba-sierten Wirtschaft verstärkt in den Vordergrund.

Im Bereich der Nutzung nachwachsender Rohstoffe als Energieträger unterscheidet man drei wesentliche Biokraftstoffe: Bioethanol, Biogas und Wasserstoff. Während die Technologie der Biogasgewinnung zur Reststoffverwertung zu zählen ist und zum Stand der Technik zugeordnet werden kann, ist die Wasserstoffgewinnung Gegenstand langfristig aus-gerichteter Forschungsanstrengungen und in der technologischen Umset-zung schwieriger. Hauptquelle der Gewinnung wasserstoffhaltiger Gase stellt die so genannte „nasse Biomasse“ dar, die als Abfallprodukt aus der Verwertung nachwachsender Rohstoffe anfällt und bis zu 95 % Wasserenthält. Um die chemische Reaktion organischer Materie mit Wasser zur Herstellung wasserstoffreicher Produktgase zu realisieren, wird jedoch mit Temperaturen von 600 °C und bei Drücken von 250 bar ein extremesReaktionsumfeld benötigt. Seit Ende der 90er Jahre wird deshalb intensiv an der Entwicklung effizienter Gaserzeugungsprozesse in überkritischem Wasser gearbeitet, bei der die organischen kohlenstoffhaltigen Substan-zen zu CO2 oxidiert und der entstehende Wasserstoff sowohl aus der or-ganischen Materie als auch aus Wasser freigesetzt wird. In einer entspre-chenden Pilotenanlage zur Erzeugung eines wasserstoffreichen Brennga-ses aus verflüssigter Biomasse (z. B. Maissilage, Holzessig oder Pyroly-

Page 38: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

36 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Biobrennstoff-zellen

Ziel: bis 2020 den Biomasseanteilbei Kraftstoffen auf 20 % auszu-weiten

seöl) konnte kürzlich demonstriert werden, dass sich wasserreiche Rest-biomasse energetisch effizient umwandeln lässt.34 Nach entsprechenderAufreinigung und Konditionierung eignet sich das Gasgemisch sowohlzur Verstromung in Gasmotoren, Turbinen oder Brennstoffzellen als auch für chemische Synthesen von Kraftstoffen.

Neben der separaten Erzeugung wasserstoffhaltiger Gase zur anschlie-ßenden Verstromung wird in den letzten Jahren auch verstärkt an der Entwicklung von Biobrennstoffzellen gearbeitet, in denen Wasserstoff in-situ auf enzymkatalytischer Basis erzeugt und direkt zur Stromgewin-nung eingesetzt werden kann. Auf diese Weise kann jede biologisch ab-baubare gelöste organische Substanz zur Wasserstoffproduktion genutzt und zusätzlich eine effiziente Aufreinigung industrieller, menschlicherund landwirtschaftlicher Abwasser realisiert werden.

Sowohl auf europäischer Ebene35 als auch in den USA36 ist im Rahmender Förderung biomassebasierter Energieträger das Ziel formuliert wor-den, bis 2020 den Biomasseanteil bei Kraftstoffen (Otto- und Diesel-kraftstoffe) auf 20 % auszuweiten.

Tabelle 2: Nachwachsende Rohstoffe als Energieträger und als Biomate-

rial

Biomasse Umwandlungsprozess Brennstofflignozellulosehaltig37

(Holz, Gräser, Stroh, Getreidepflanzen)

Direktverbrennung

Vergasung

Brennholz

Holzgas

ölhaltig(Sonnenblumen, Raps,Soja)

Pflanzenölverarbeitung Biodiesel(Fettsäuremethylester)

zucker-, stärkehaltig(Weizen, Roggen, Mais, Zuckerrüben/-rohr, Kar-toffeln

alkoholische Gärung Bioethanol

vergärbares organischesMaterialEnergiepflanzen (Mais, Getreide, Gras/Wiese)Bioabfall, Speisereste, Klärschlamm, Gülle/Mist

anaerobe Gärung Biogas

34 N. Boukis, „Wasserstofferzeugung aus Biomasse - Wasserspaltung mit organischen Verbin-

dungen, Themenheft Forschungsverbund Sonnenenergie 200435 European Parliament and the Council; On the promotion of the use of biofuels, Directive

2003/30/EC, 08 May 2003 36 Biomass Technical Advisory Commitee; Vision for Bioenergy & Biobased Products in the

United States, Washington DC, 2000, www.bioproducts-bioenergy.gov37 Lignozellulosepflanzen: Holz- oder grasartige Pflanzen mit hohen Anteilen an Ligninen und

Zellulose in der Biomasse

Page 39: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 37

Rohstoff Herkunftspflanze AnwendungFasern Flachs

Hanf

Dämmstoffe, Textilien,Papier, Garn, Form-pressteileZellstoff, Papier, Tex-tilien, Dämmstoffe,Garn

Pflanzenöl Raps, Sonnenblumen,Rübsen, Senf, Crambe,Leindotter, Wolfsmilch

Kosmetik, Schmier-stoffe, Hydrauliköle,Schalöle, Motoröle,Getriebeöle, Sägeket-tenöle, Lösungsmittel,Waschmittel

Leinöl Öllein (Lein, Flachs) Farben, Lacke, Lasu-ren, Linoleum

Stärke Kartoffeln

Mais, Weizen, Markerbsen

Folien, Waschmittel

Papier, Pappe, Texti-lien, Verpackungen

Zucker Zuckerrüben Folien, Waschmittel,Papier, Pappe, Arz-neimittel

Extrakte Arznei- und Gewürzpflan-zen

Pharmazeutika, ätheri-sche Öle, Kosmetika

Farbstoffe Waid, Saflor, Krapp, Wau Farben, Lacke

Cellulosefasern/Holz Holz Papier, Pappe, Zigaret-tenfilter, Zellstoff,Bauholz, Möbel, Spiel-waren

Bioraffinerie-technologie

vgl.: http://www.carmen-ev.de/index.html

Entscheidende Schlüsseltechnologie einer biomassenbasierten Wirt-schaft, in der nachwachsende Rohstoffe nicht nur als Energieträger undTreibstoff sondern in der gesamten Produktions- und Wertschöpfungs-kette Eingang finden, ist die Bioraffinerietechnologie. In Analogie zurpetrochemischen Raffinerie (siehe Abbildung 13) werden dabei über bio-logische, aber auch über konventionelle thermochemische oder physika-lische Verfahren, die pflanzlichen Rohstoffe in industriell verwertbare Zwischen- und Endprodukte umgewandelt. Im wichtigsten Kernprozesswerden, z. B. auf der Basis lignozelluslosehaltiger Biomassen (siehe Ta-belle 2), über eine enzymatische Hydrolyse der Cellulosebestandteile vor allem Glucose und Cellobiose38 gewonnen, die entweder direkt in der Lebensmittelindustrie und der biotechnologischen Industrie eingesetzt werden oder als Produktionsplattform für eine Vielzahl basis- oder fein-chemikalischer Verbindungen dienen können, einschließlich der Fermen-tation zu Ethanol.

38 Die Cellobiose kommt als Grundbestandteil der Cellulose in allen Pflanzen vor. Die Cellobiose

ist als aus zwei Molekülen auDisaccharid Glucose fgebaut.

Page 40: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

38 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

ErdölRaffinerie• E

rdöl

Erdgas

• Kraft-/Brennstoffe

• chem. Grundstoffe

• Werkstoffe (Kunststoffe)

Fossile Rohstoffe Produkte/EnergieträgerErdölRaffinerie• E

rdöl

Erdgas

• Kraft-/Brennstoffe

• chem. Grundstoffe

• Werkstoffe (Kunststoffe)

Fossile Rohstoffe Produkte/EnergieträgerErdölRaffinerie• E

rdöl

Erdgas

• Kraft-/Brennstoffe

• chem. Grundstoffe

• Werkstoffe (Kunststoffe)

Fossile Rohstoffe Produkte/Energieträger

BioraffinerieNachwachsende Rohstoffe Produkte/Energieträger

• G

etreide, A

Abbildung 13: Gegenüberstellung des Erdöl- und Bioraffinerie-

Prozesses.

Das Bioraffinerie-Konzept ermöglicht durch die geschickte Verschmel-zung biotechnologischer Umwandlungsschritte und chemischer Spal-tungs- und Verknüpfungsprozesse den Aufbau einer geschlossenen Pro-zesskette zwischen dem biologischen Rohmaterial, industriellen Zwi-schenprodukten und den Endprodukten. Das Basisschema heutiger effi-zienter Bioraffinerie-Systeme wird dabei von folgendem prinzipiellen Prozessmuster bestimmt: Feedstock-Mix + Prozess-Mix Produkt-Mix (siehe Abbildung 14).

Abbildung 14: Grundschema eines Bioraffinerieprozesses.39

39 Verändert nach B. Kamm, M. Kamm; Principles of biorefineries, Appl. Microbiol. Biotechnol. (2004), 64, 137 - 145

Prozess-Technolo ie(n)gverschiedene,

kombiniert

ProdukteStoff- und Energieprodukte

verschiedene,Multiproduktsysteme

• Nahrungs-und Futtergetreide,• Lignocellulose Biomasse (z. B. späte Gräser, Schilf, Sträucher, Erntereste)• Forst-Biomassen (z. B. Holz, Unterholz, Abfälle Holzverarbeitung• Kommunale Festabfälle (celluloseh. KFA) (z. B. Papier/Pappen, Stadtreinigung, Krankenhäuser)

(fermentativ, enzymatisch)• Bioprozesse/Biotechnologie

• Chemische Prozesse• Thermochemische Prozesse• Thermische Prozesse• Physikalische Prozesse

Feedstock(s)biologische Rohstoffe

verschiedenartig, gemischt

• Grund- und Feinchemikalien• Kraft- und Brennstoffe

• Werkstoffe (z. B. Polymere)• Spezialitäten• Konsum- und Gebrauchsgüter

ckerfrüchte

W

aldpflanzen

A

• G

bfallbiomassen

rüne Biomasse (Gras, Klee, Raps etc.)

• Kraft-/Brennstoffe (Ethanol)

• chem. Grundstoffe (org. Säuren)

• Werkstoffe (Bioplastik)

Produkte• Food-/Feed- (Öle, Stärken)

BioraffinerieNachwachsende Rohstoffe Produkte/Energieträger

• G

etreide,

W

aldpflanzen

A

• G

bfallbiomassen

rüne Biomasse (Gras, Klee, Raps etc.)

• Kraft-/Brennstoffe (Ethanol)

• chem. Grundstoffe (org. Säuren)

• Werkstoffe (Bioplastik)

Produkte• Food-/Feed- (Öle, Stärken)

BioraffinerieBioraffinerieNachwachsende Rohstoffe Produkte/Energieträger

• -

• -/ -

Bioraffinerie-Konzept

Page 41: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 39

Feedstock- und Prozess-Mix ge-währleistet die Adaptionsfähig-keit des Produk-tionssystems

Im Gegensatz zu den früheren Bioraffinerietypen, die auf bestimmtepflanzliche Rohstoffsorten und Mahlprozesstechniken beschränkt waren, ist man mit modifizierten integrierten Bioraffinerien inzwischen in der Lage, nicht nur eine breite Palette an Chemikalien, Wertstoffen, Interme-diaten und Endprodukten herzustellen, sondern auch unterschiedliche biologische Rohstoffquellen und Prozessmethoden zu nutzen, um in Maß geschneiderter Form Produkte für den industriellen Markt zu produzie-ren. Der Feedstock- und Prozess-Mix gewährleistet dabei die Adaptions-fähigkeit des Produktionssystems bei Veränderungen von Angebot und Nachfrage von Futtermitteln, Lebensmitteln und industriellen Bedarfsar-tikeln etc. Die Bioraffinerie ermöglicht so eine vollständige Nutzungaller Koppelprodukte durch die systematische und zeitnahe Weiterver-wertung der selektiv durch mikrobielle bzw. enzymatische Spaltungspro-zesse entstandenen Grundstoffe und Vorprodukte mit direkter Einspei-sung der Materialgrundbausteine in industrielle Herstellungsprozesse (siehe Abbildung 15).

Abbildung 15: Bioraffinerie-Grobschema für präkursorhaltige40 Biomas-

se unter Bevorzugung der Kohlehydrat-Produktlinie.41

40 Präkursor [von latein. praecursor = Vorläufer], Vorläufersubstanz, Precursor41 Quelle: Kamm, B. und Kamm, M., Vortrag:“ Internationale Bioraffinerie - Systeme, Verknüp-

fung von Technologien der Agrarwirtschaft und einer biobasierten Stoff- und Energiewirt-

schaft“

Page 42: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

40 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

12 wichtige wert-schöpfungsrele-vanten Baustei-nen des amerika-nischen Biomasse-Programmes

KontinuierlicheErweiterung des „Werkzeugkas-ten“

Obwohl von herausragender Bedeutung, stellt die Produktion von Bio-treibstoffen nur ein Teil des produktions- und synthesespezifischen Po-tenzials der Bioraffinerietechnologie dar. Die Komplexität und Vielsei-tigkeit, der durch Biotransformation oder chemische Umwandlung her-stellbaren chemischen Verbindungen macht es notwendig, in Abhängig-keit von den jeweiligen Synthesefaktoren (z. B. Enzymselektivität undReaktionsparameter) und den potenziellen Marktchancen, elementareBausteine zu identifizieren, die zukünftig in einer biomassebasierten Pro-duktion chemischer Produkte und Energieträger von wirtschaftlicher Re-levanz sein könnten. Zu diesem Zweck ist, z. B. im Rahmen des ameri-kanischen Biomasse-Programmes, eine Liste von 12 wichtigen wert-schöpfungsrelevanten Bausteinen veröffentlicht worden, die direkt über chemische oder biologische Konversion aus Zucker hergestellt undschrittweise in hochwertige biobasierte Chemikalien und Materialien überführt werden können.42

Dabei sind in einem iterativen Prozess 300 potenzielle fein- oder basi-schemikalische Synthesebausteine ausgewählt und anhand ihrer chemi-schen Eigenschaften Marktdaten und prozesstechnischer Einsetzbarkeit selektiert worden. Die letztendlich ausgewählten zuckerbasierten undprozesschemisch relevanten Grundkomponenten sind 1,4-Dicarbonsäuren (Bernsteinsäure, Fumarsäure und Hydroxybernsteinsäure), 2,5-Furan-Dicarbonsäure, 3-Hydroxypropionsäure, Asparaginsäure, Glykarsäure, Glutamin-säure, Itaconsäure, Levulinsäure, 3-Hydroxy-butyrolacton, Glyzerin, Sorbitol und Xylitol/Arabinitol. Als weitere viel versprechendeSynthesebaustein-Kandidaten wurden unter anderem Malon- und Propi-onsäure sowie Lysin und Threonin identifiziert.

Auf der Basis dieser produkt- und prozessorientierten Systematik wird es in der Zukunft erforderlich sein, den „Werkzeugkasten“ der aus dem Bio-raffinerieprozess gewonnenen Präkursoren kontinuierlich zu erweitern sowie der chemischen Industrie Maß geschneiderte Mikroorganismenund/oder Enzymsysteme zur Verfügung stellen, die unter minimalen Ein-satz von Energie und schonender Prozessführung nachwachsende Roh-stoffe vollständig in werthaltige chemische Vor- und Endprodukte um-wandeln können. Auf der Produktionsebene muss deshalb die effiziente Integration der verschiedenen Verfahrensschritte von dem Transport über die Verarbeitung bis hin zur Produktgewinnung sowie dem intelligenten Recycling anfallender Abfallprodukte sichergestellt werden. Hier gilt es über die nächsten Jahre, das Prozess-Know-how und das Erfahrungsni-veau in der chemischen Industrie für die technische Weiterentwicklungder Bioraffinerien zu nutzen. Eine der technischen Herausforderungen fürdie Verwirklichung zukünftiger Bioraffineriegenerationen, die die ge-samte Pflanze, inklusive der heute noch weitgehend unzugänglichen lignozellulosehaltigen Bestandteile, verwertet, stellt beispielsweise die

42 Office of Biomass Program, Top Value Added Chemicals From Biomass, August 2004

Page 43: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 41

Wasch- und Reinigungs-mittel

effiziente Trennung der 3 pflanzlichen Hauptbestandteile Zellulose, Lig-nin und Hemizellulose dar. Dabei wird im Trennungsschritt zwar durch die mechanische Vorbehandlung die pflanzliche Zellstruktur zerstört und somit die enzymkatalytische Umwandlung erleichtert, jedoch sorgen die dabei auftretenden Kräfte gleichzeitig auch für den partiellen Abbau der präkursorhaltigen Komponenten. Zukünftige prozesstechnische Lösungs-ansätze werden deshalb für alle verwertbaren Biomassearten individuellzugeschnittene Verfahrensparameter entwickeln müssen, die die Enzym-effizienz und Ausbeute des Bioraffinerieprozesses mit dem mechani-schen Härtegrad des Vorbehandlungsschrittes in Einklang bringen.

5.3.2 Verbraucherprodukte

Wasch- und Reinigungsmittel

Enzymhaltige Waschmittel wurden erstmalig 1913 eingesetzt (Otto Röhm43). Die dazu notwendigen Enzyme wurden aus Pankreasdrüsen-Extrakten von Schlachttieren gewonnen. Seit den 60er Jahren wurden diese durch alkaliresistentere Enzyme aus Bakterien ersetzt. 1968 enthiel-ten in Deutschland bereits 80 % der Waschmittel Enzyme. Ausgelöst durch allergische Reaktionen im Atmungstrakt der Arbeiter in der Waschmittelproduktion sank der Anteil kurzzeitig auf 50 %. Durch Ver-granulieren und Verkapseln der Enzyme mit Füllstoffen zu kugelförmi-gen „prills“ kann heute verhindert werden, dass Enzymstäube in die A-temwege gelangen. Die Verwendung von Enzymen in Waschmitteln undReinigungsprodukten (Tabelle 3) wurde in den vergangenen Jahren auch von den zunehmenden Umweltschutzanforderungen geprägt. Produktin-tegrierter Umweltschutz führte dabei zu einer Reduzierung des Energie-verbrauches durch niedrigere Waschtemperaturen und zu verringertem Waschmittelbedarf.

Tabelle 3: Beispiele für Enzymtypen, die in Wasch- und Reinigungsmit-

teln eingesetzt werden.

Enzymtyp Reaktion Beispiel

Amylase Stärke-Abbau - Kakao, Kartoffelbrei

Cellulase Cellulose-Abbau - Baumwollfuseln, Farbauf- frischung

Lipase Fett-Abbau - Brattfett, Öl, Butter, Make- up

Protease Eiweiß-Abbau - Milch, Eigelb, Blut

43 Aus dem Erbe des Dr. Otto Röhm ging die Firma Röhm Enzyme (heute AB Enzymes) hervor.

Page 44: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

42 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Wasch- und Rei-nigungsmittelgehören mit zu den größten Märkten für in-dustrielle Enzyme

Zellstoff- und Papierindustrieist der amschnellsten wach-sende Markt fürindustrielle En-zyme

Der Bereich Wasch- und Reinigungsmittel gehört mit zu den größtenMärkten für industrielle Enzyme (EU ca. 40 %). Der Bedarf an gentech-nisch hergestellten Proteasen liegt bei mehr als 1000 Tonnen pro Jahr. Aufgrund des riesigen Marktes und durch den Einsatz immer neuer be-darfsangepasster gentechnisch hergestellter Enzyme ist das Innovations-potenzial immens. So versucht Henkel derzeit waschaktive Enzyme zutesten, die die optimale Arbeitstemperatur auf unter 30 °C drücken sol-len. Dazu wurden die Enzyme erstmals nicht aus im Labor kultivierten Bakterien entnommen, sondern durch Laborbakterien hergestellt, die gezielt mit isoliertem Genmaterial aus dem Erdboden stammenden Mik-roorganismen versetzt wurden. Das von der BRAIN AG44 gelieferte ge-netisch modifizierte Enzymsystem ermöglicht eine deutliche Verringe-rung der Waschtemperatur, der Chemiezusätze und des Wasser-verbrauchs. Neben der Erhöhung der Waschkraft können so in der Pro-duktion erhebliche Einsparungspotenziale bei den Rohstoffen, chemi-schen Zusatzstoffen und der Verpackung erschlossen werden.

Zellstoff- und Papierindustrie

Der Weltmarkt für die Anwendung von Enzymen in der Zellstoff- und Papierindustrie hat ein Volumen von rund 10 Millionen Euro (Enzym-umsatz) und verzeichnet ein geschätztes Wachstum von 25 % pro Jahr.45

Das derzeitige Marktvolumen beträgt nur ca. 1 - 2 % des Gesamtumsat-zes von Enzymen.46 Trotzdem wird die Papier- und Zellstoffindustrie durch die steigende Nachfrage an umweltfreundlichen chlorfreien Pro-dukten als der am schnellsten wachsende Markt für industrielle Enzymebezeichnet. Der geschätzte Marktanteil für die Papiererzeugnisse liegtnach Angaben der OECD weltweit bei ca. 900 Milliarden US-Dollar (für Europa bei 311 Milliarden US-Dollar). Enzyme, die zur Verbesserungder Bleicheigenschaften von Kraft-Zellstoff verwendet werden, decken dabei mehr als die Hälfte des Marktes ab. Die beiden anderen Hauptan-wendungsgebiete für Enzyme sind die Pechreduzierung bei der mechani-schen Zellstoffherstellung und die prozessverbesserte Papierherstellung (siehe Tabelle 4). Als Synergieeffekt bringt die Anwendung von Enzy-men in Papierfabriken eine deutliche Verbesserung der Schlammkontrol-le in den Wasserkreisläufen und im Abwasserbereich der Papiermaschi-nen mit sich und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Verwirkli-chung eines effizienten produktionsintegrierten Umweltschutzes in derPapierindustrie.

44 Biotechnology Research And Information Network AG (BRAIN AG), D-Zwingenberg,

http://www.brain-biotech.de45 http://www.abenzymes.com/deutsch/produkte/zellstoff.html46 BUNR, 1996, Umweltpolitik; Tagungsband des Fachgespräches „Beitrag der Biotechnologie zu

einer nachhaltigen, umweltgerechten Entwicklung“, Bundesministerium für Umwelt, Natur-

schutz und Reaktorsicherheit, Bonn; Godfrey und West, 1996

Page 45: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 43

Tabelle 4: Beispielenzyme der Papier- und Zellstoffherstellung.

Enzymtyp Reaktion Beispiel

Amylase Stärke-Modifizierung - Erleichterte Papier verarbeitung, bessere Papierqualität

Cellulase Fibrillierung des Faser-stoffes

- Erhöhte Festigkeit, Dichte und Glätte

Protease Eiweißabbau - Biofilmvermeidung

Lipase Hydrolyse von Triglyce-riden

- Verringerung des Pech- /Harzgehaltes- Entfernung der Druckfarbe (DeInking47) aus recycel- ten Fasern

Xylanase - Abbau von Xylanen („Holzgummi“)- Fibrillierung des Faserstoffes

- Verbesserung der Bleichung durch leichtere Extrahier- barkeit des Lignins48

- Erhöhte Festigkeit,Dichte und Glätte

Lebensmittelverarbeitung/-herstellung

Enzyme haben in der Lebensmittelverarbeitung/-herstellung schon lange vor der Nutzung von gentechnisch veränderten Mikroorganismen eine bedeutende Rolle gespielt. Seit Menschengedenken hat man sich der En-zyme in Form lebender Mikroorganismen und den von ihnen gesteuerten biochemischen Reaktionen bedient. So ist die Beifügung von Labfermentbei der Käseherstellung ein traditionelles Verfahren der Lebensmittelher-stellung. Es basiert auf der Wirkung eines zugesetzten, ursprünglich aus Kälbermägen gewonnenen Enzyms. Bei vielen anderen Fermentations-und Gärungsprozessen, beim Mälzen von Gerste im Brauereiwesen oder beim Brotbacken sind Enzyme in vielfältiger Form am Werk.

Lebensmittelver-arbeitung/-herstellung

Einsatz oder Zusatz von En-zymen unterliegt weder einer De-klarations- noch Kennzeichnungs-pflicht

Heute enthalten bereits zahlreiche Lebensmittel verschiedenste Enzymeals Nahrungsmittelzusatz oder sie sind mit Hilfe von Enzymen hergestelltworden. Da der Einsatz oder Zusatz von Enzymen weder einer Deklarati-ons- noch Kennzeichnungspflicht unterliegt, erfährt der Verbraucher nur in seltenen Fällen von ihrer Existenz im Nahrungsmittel. Tabelle 5 gibteinen Einblick in eine Auswahl der zahlreichen Anwendungen.

47 Beim herkömmlichen DeInking-Verfahren werden Ätznatron, Silikate und Peroxid zur Abtren-

nung ölhaltiger Druckfarben aus Altpapier eingesetzt.48 Einsparung von 30 % herkömmlicher Bleichmittel wie Chlordioxid.

Page 46: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

44 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Tabelle 5: Beispiele für Enzyme in Lebensmitteln bzw. in der Lebens-

mittelherstellung.49

Lebensmittel-bereich/Enzymtyp

Reaktion Beispiel

Trinkalkohol Bier

Amylasen Stärkeabbau - Verkürzung des Mälzvor- ganges - Bessere Stärkeverwertung - Erweitern des Spektrums an Braustoffen (Mais, Reis, Sorgum) - Gersteverwendung statt Gerstenmalz

Proteasen Eiweißspaltung - Verkürzung des Mälzvor- ganges - Schnellere Spaltung der Ei- weiße aus Gerste, Gersten malz

Pullulanasen Abbau spezieller Stär-ken

- Bessere Stärkevergärung zur Herstellung kalorien- armer Biere

Glucanasen Glucanabbau aus Gerste - Verfahrensoptimierung durch weniger Filter- /Membranverstopfungen

Wein

Glucanasen Glucanabbau - Entfernung unerwünschter Stoffwechselprodukte des Botrytis-Pilzes, der Trauben befällt

Pektinasen Pektinabbau Mostextraktion - Bei Rotwein: bessere Ex-

Glucosidasen Celluloseabbau - Geschmacksverstärkung (Muskatweine)

49 nach: www.gruene-gentechnik.de, verändert.

Aromen, Anthocyanen

- Bei Weißwein: bessere

traktion von Tanninen,

Page 47: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 45

Amylase Stärkeabbau - Abbau von Trübstoffen

Pektinasen Pektinabbau /-modifikation

- Erhöhung der Ausbeute; bessere Extraktion von

Farb- und Aromastoffen- Bessere maschinelle Tren-

nung von Schale und Frucht - Entbitterung von Grape- fruits

Backwaren

Amylase Abbau Getreidestärke - Bessere Verwertung durch Hefe - Verbesserte Teigeigen- schaften - Krustenstabilität; Haltbar- keit

Glucoseoxidase Umwandlung Glucose in Gluconsäure

- Verbesserung der Stabili- tät/Elastizität dünner Teige,

auch für Tiefkühl-Teig-/ backwaren

Lipase Modifikation Fettmole-küle

- Teig- und Krustenver-besserung, weiche Textur

Süßwaren

Invertase Saccharosespaltung - Nachträgliches Verflüssigenvon Pralinenfüllungen

- Verhindern der Auskristal- lisation

Lactase Lactosespaltung - Konsistenzverbesserung von Eiskrem- und Schoko-

ladeprodukten

Käse

Chymosin Spaltung des Milchei-weißes (Kasein)

- Käseherstellung

Fleisch/Wurst

Proteasen Eiweißabbau - Verbessern der Zartheit und des Aromas

- Abtrennen von Fleisch- resten vom Knochen

Transglutamina-sen

Eiweißvernetzung - Texturverbesserung von Brühwürsten; Koch- schinken

Frucht- und Gemüsesaft

Page 48: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

46 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Durch die zunehmende Rolle von Enzymzusätzen in so genannten Func-tional Food-Produkten und durch die Bedeutung enzymkatalysierter Syn-thesen bei der Herstellung von Konservierungs-, Farb- und Aromastof-fen, wie Ascorbinsäure, ß-Carotin oder Menthol, ergeben sich hier für die Zukunft große Potenziale. Nach Schätzungen der Branchenbeobachter von Arthur D. Little beträgt das weltweite Marktvolumen für FunctionalFood rund 60 Milliarden US-Dollar.

Functional Food (FunktionelleLebensmittel)

Dabei werden in den nächsten Jahren Wachstumsraten von ca. 20 % er-wartet. Den bedeutsamsten Marktanteil nehmen dabei die Nutraceuticalsein, zu denen u. a. Aminosäuren, Vitamine, Enzyme und Fettsäuren zu-zuordnen sind. Allein für diesen Bereich werden jährliche Wachstumsra-ten zwischen 2 und 7 % prognostiziert.50

Textilien und Leder

Der Einsatz von Enzymen in der europäischen Textilindustrie hat insbe-sondere durch den steigenden Kosten- und Preisdruck der asiatischen Konkurrenz an Bedeutung zugenommen (siehe Tabelle 6). Die Rationali-sierung und ressourcenschonende Verbesserung der Textilherstellung und die Implementierung neuer biotechnologisch basierter Prozesse soll dabei helfen, die internationale Konkurrenzfähigkeit zu erhalten. Ein Beispiel für mögliche prozesstechnische Innovationspotenziale bietet das so genannte Entschlichten von Textilgeweben, d. h. die enzymatischeEntfernung u. a. von Stärkeüberzügen durch Amylasen, die zum Schutz während des Herstellungsprozesses aufgebracht worden sind.

Textilien und Leder

Entschlichten

Derzeit wird dieser biokatalytische Prozess von 80 % der europäischen Textilindustrie genutzt. Eine andere wichtige Anwendung im Bereich derTextilveredelung stellt das Bio-Stoning dar, das in der Zukunft das klas-sische Stone-Washing mit Bimsstein ersetzen wird. Beim Bio-Stoning lösen Cellulasen einen Teil des blauen Farbstoffes von der Faser und sorgen damit für das gewünschte leicht abgetragene Aussehen. Beim Stone-Washing wurden je Jeanshose ca. 600 g Bimssteinmaterial einge-setzt und dies bei jährlich 70 Millionen verkauften Jeans in Europa. Aus Kostengründen wird in der industriellen Praxis heute noch eine Kombi-nation aus beiden Verfahren eingesetzt.

Bio-Stoning

50 Boston Consulting Group (2001)

Page 49: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 47

Tabelle 6: Enzyme, die in der Textilindustrie eingesetzt werden.

Enzymtyp Reaktion Beispiel

Amylase Stärke-Abbau - Gewebe-Entschlichtung

Cellulase Cellulose-Abbau - Bio-Stoning, d. h. teilweises Herauslösen des blauen (Jeans-) Farbstoffes

Katalase Bleichmittelreduktion - Entfernen des Bleichmittelsvor der Färbung

Der Weltmarkt für die in der Textilindustrie zum Einsatz kommenden

Enzyme beläuft sich auf rund 125 Millionen Euro und hat abhängig von

Entwicklungen der Mode bei den Hauptanwendungen eine erwartete

Wachstumsrate von 3 %. Allein die Enzyme für das in der Jeansherstel-

lung angewandte „Denim-Finishing“ (Laccaseenzym für das Entfärben

der Indigofarbe)51 machen rund 40 % des Marktwertes aus. Insgesamt

betrug in der Textilbranche der Umsatz im Jahre 2002 fast 200 Mrd. Eu-

ro.

Der Weltmarktfür die in derTextilindustriezum Einsatz kom-menden Enzyme beträgt rund 125 Millionen Euro

Neben der enzymatischen Vor- und Nachbehandlung textiler Gewebe und der damit verbundenen sukzessiven Optimierung biokatalytischerVerfahren, wird es in der Zukunft verstärkt darauf ankommen, biotechno-logische Prozessrouten zu entwickeln, die zu neuen konkurrenzfähigenTextilprodukten führen. Insbesondere bei technischen und funktionelle Textilien (z. B. Textilien für Allergiker, Textilien mit antimikrobiellerBeschichtung, Textilien für die Krankenhaushygiene sowie Textilien miteingearbeiteten kosmetischen oder pharmazeutischen Wirkstoffdepots)sind auf dem Weltmarkt hohe Wachstumsraten zu erwarten.

FunktionelleTextilien

Die Lederindustrie setzt Enzyme insbesondere zur Reinigung der Leder-häute bzw. der Entfernung von Haaren, Fett-, Haut- und Fleischresten ein. Darüber hinaus wird das Leder durch enzymatischen Aufschluss geschmeidig gemacht.

Lederindustrie

Tabelle 7: Beispielenzyme, die in der Lederindustrie eingesetzt werden.

Enzymtyp Reaktion Beispiel

Lipasen Fett-Abbau - Fettentfernung

Proteasen Eiweiß-Spaltung - Haarentfernung

Der Weltmarkt für Enzyme, die in der Lederindustrie eingesetzt werden, beträgt ca. 10 Millionen US-Dollar.

51 http://www.abenzymes.com

Page 50: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

48 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Bioanalytik

Nachweis von Schadstoffen

Schad- und Wirk-stoffanalytik

KompetitiverELISA-Test

5.3.3 Umweltschutz

Im Bereich der Bioanalytik ist seit Jahren der immunanalytische Test mitMikrotiterplatten fest etabliert. Die Selektivität von Antigen-Antikörper-Wechselwirkungen wird über Affinitätsreaktionen in verschiedenen er-probten Testformaten zum schnellen Nachweis von Schadstoffen in der Routineanalytik eingesetzt. In Form der so genannten ELISA-Kits52, bei der über enzymgesteuerte Reaktionen die analytische Nachweisempfind-lichkeit erhöht wird, sind inzwischen auch für die Umweltanalytik kom-merzialisiert. Eine Erweiterung der Einsatzmöglichkeiten des Prinzips der Affinitätsreaktion auf eine quasikontinuierliche Messtechnik hat sich in den letzten Jahren aus den direkt optisch detektierenden Methoden entwickelt.

Tabelle 8: Beispiele für enzymatische Reaktionen in der Umweltüber-

wachung/-analytik.

Enzymtyp Reaktion Beispiele

Peroxidase Enzymimmunoassay - Atrazin, Carbofuran, 2,4-D, DDT, Diazinon, Kohlenwasserstoffe, Lindan, PCB, Pro-

panil

Im Bereich der Schad- und Wirkstoffanalytik ist insbesondere die Ent-wicklung so genannter kompetitiver ELISA-Tests vorangetrieben wor-den, bei der entsprechende Enzym-Schadstoffkonjugatgemische und freie Schadstoffmoleküle aus der Probe miteinander konkurrieren. Man unter-scheidet zwischen direkt (siehe Abbildung 16) und indirekt kompetitivenAssays. Dabei werden nach der selektiven Affinitätsreaktion überschüs-sige gebundene Reagenzien entfernt und eine Chromogen zugegeben, dasvon dem gebundenen Enzym-Konjugat in ein gefärbtes Produkt umge-wandelt wird. Die Messung erfolgt photometrisch im Anschluss an die enzymatische Reaktion, wobei die Schadstoffgehalte anhand einer Stan-dardkurve ermittelt werden. Alternativ lässt sich jedoch der ELISA auch durch Kombination eines zusätzlichen Farbstoffes und einer neutralen Stopplösung visuell (ohne Photometer) auswerten. Wesentliche Vorteile des Tests liegen in seiner einfachen Handhabung und seiner Eignung zur Bearbeitung großer Probenzahlen. Besondere Nachteile des Tests beste-hen in Querempfindlichkeitsproblemen bzw. störenden Wechselwirkun-gen, die zwischen den Enzymkonjugaten auftreten können, so dass übli-cherweise die positiv gemessenen Proben durch eine Referenzmethode(z. B. durch Hochleistungs-Flüssigkeits-Chromatographie, HPLC) bestä-tigt werden. Neben der Optimierung der Array-Bedingungen und der notwendigen Verbesserung bei den Inkubationszeiten für den Kompeti-tionsschritt werden aus markttechnischer Sicht in der Zukunft die Kosten

52 ELISA: Enzyme-Linked Immuno Sorbent Assay

Page 51: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 49

Ausweitung des Spektrums an kommerziell ver-fügbaren Test-Kits in den let-zen Jahren

ImmobilisierteEnzyme zur Her-stellung von Bio-sensoren

für die einzelne Analyse, die Investitionskosten für das Gerät, die multi-analytischen Fähigkeiten sowie die Nachweisgrenzen von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung der enzymbasierten Umweltana-lytik sein.53

Sub-strate

1 3

2 4

Sub-strate

Color

Enzymetracer

Anti-body

Analyte

POD

PODPOD

POD

POD

POD

1. Coating

2. Pre-Incubation

Washing

Color

Washing step step

Sub-strate

3. Tracer incubation

4. Signal development

Abbildung 16: Prinzip des direkt kompetitiven ELISA.

Während der Markt für Immunoassays in der medizinischen Analytik, mit einem Anteil von 3 Mrd. Euro im Jahr 2004 allein bei den ELISA-Kits im Bereich der in-vitro Diagnostik, eine beträchtliche Größenord-nung erreicht hat und sich immer noch im Wachstum befindet, lässt der endgültige Durchbruch enzymbasierter Immunoassays als Standardver-fahren in der Umweltanalytik noch auf sich warten. Dennoch hat sich dasSpektrum an kommerziell verfügbaren Test-Kits in den letzten Jahren enorm ausgeweitet. Obwohl nach wie vor von Pestiziden dominiert, sind zunehmend auch persistente Analyten (PCBs, PAHs, Pentachlorphenolu. a.) hinzugekommen. So sind inzwischen auch multianalytischeSchnelltests für Wasseranalysen erhältlich, bei der die einfache Handha-bung mit der erforderlichen Sensitivität verbunden wird. Diese „Dip-and-Read“-Teststreifen (z. B. für den Nachweis von Sprengstoffen) eröffnen die Möglichkeit, umweltanalytische Produkte für breitere Bevölkerungs-schichten erschwinglich und damit im täglichen Leben anwendbar zu machen.

Immobilisierte Enzyme (überwiegend Oxidasen) werden immer mehrauch zur Herstellung von Biosensoren verwendet, bei der durch die di-rekte Verbindung mit einem physikalischen Transducer der biochemi-sche/biophysikalische Vorgang in ein elektrisches Signal umgewandelt wird (z. B. optisch, elektrochemisch, piezoelektrisch, thermoelektrisch), um anschließend verstärkt an eine elektronische Messeinheit gesendet zuwerden. Als Biologischer Rezeptor54 der Sensoren zeichnen sich die im-

53 http://www.xfaweb.baden-wuerttemberg.de/bofaweb/print/mzb05.pdf54 Neben Enzymen werden als biologische Komponente der Biosensoren auch ganze Zellen,

Gewebe, Oligonukleotide, Antikörper und Coenzyme eingesetzt.

Page 52: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

50 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Vorteil der Biosensorenist die Mög-lichkeit der kontinuierli-chen Messung

Abwasser-bzw. Abfallbe-handlung, Bio-remditation

mobilisierten Enzyme durch eine hohe Selektivität aus, so dass auch in komplexen Analytlösungen (Schad-) Stoffe spezifisch nachgewiesenwerden können. Enzymsensoren werden häufig unter Durchflussbedin-gungen angewendet (flow injection analysis), indem das Enzym auf einermikroporösen Kunstoffmembran immobilisiert ist. Die Stabilisierung der Enzymimmobilisierung gegen die vorbeiströmende Flüssigkeit gilt alseine der wichtigsten Forschungsherausforderungen. Eine Vision in der Umweltüberwachung (z. B. von Fabrikabwässern) ist die flächendecken-de Online-Echtzeitmessung von Schadstoffen durch Biosensoren. Bei-spiele für Stoffe, die bereits mit Biosensoren nachgewiesen werden kön-nen, sind Phenole, Phosphate, Cyanid, Nitrat, DMF, Methan und Pestizi-de (z. B. Organophosphor-Verbindungen) sowie Toxine.

Biosensoren haben den Vorteil, dass sie eine einfache und vor allem kon-tinuierliche Messung der Analytkonzentration erlauben, während bei denkommerziell erhältlichen Test-Kits (s. o. ELISA) sich die Messung und Auswertung wesentlich aufwendiger gestaltet. Sie erfordert im Allge-meinen mehrere Waschschritte, ist relativ zeitaufwendig, nur für Einzel-messungen geeignet und produziert erhebliche Mengen Abfall. Der euro-päische Markt für Biosensoren ist von Frost & Sullivan für das Jahr 2004mit fast 200 Millionen US-Dollar beziffert worden.

Eine wichtige Stellung nehmen enzymbasierte Reaktionen in der Abwas-ser- bzw. Abfallbehandlung sowie der Bioremediation ein. So sind heute allein in der Abwasserreinigung über 100 Mikroorganismenarten im Ein-satz. Dabei findet der Abbau von Schad- und Abfallstoffen im nachsor-genden Umweltschutz überwiegend durch Biotransformation statt, d. h.nicht durch isolierte Enzyme, sondern durch enzymkatalysierte Reaktio-nen in lebenden Mikroorganismen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass in der Regel keine definierten Reaktionsbedingungen, sondern wechselnde heterogene Stoffgemische vorliegen. Besondere Einsatzmöglichkeiten bieten thermophile Mikroorganismen bei der Entsorgung schwerlöslicher Substanzen wie Fette, Öle oder polyzyklische aromatische Kohlenwas-serstoffe (PAK), da deren Löslichkeit und Bioverfügbarkeit bei Tempera-turen von mehr als 60 °C zunimmt. Neben dem Abbau der PAK stehen insbesondere die Zersetzung schwefel- und chlorhaltiger Verbindungensowie die Beseitigung von Schwermetallen (siehe Abbildung 17) in be-lasteten Böden bei der Erforschung und Modifizierung der für die mikro-bielle Sanierung von Altlasten geeigneten Mikroorganismen im Vorder-grund.

Page 53: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 51

eingelagerterQuecksilbertropfen

extremophilerBakterienstammPseudomonas p.

Abbildung 17: Beispiel für den Schwermetallabbau durch den auf einer

Ca-Alginat-Oberfläche immobilisierten extremophilen Bakterienstamm

Pseudomona putida mit eingelagertem Quecksilbertropfen.55

55 Quelle: National Institute of Environmental Studies (NIES), Japan

Page 54: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

52 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Medizin,Pharmazeutik

5.3.4 Medizin

Die Anwendungsfelder von Enzymen in den Bereichen Medizin und Pharmazeutik greifen naturgemäß ineinander. Enzyme werden in der Medizin (als Produkt) sowohl zur Therapie (siehe Abbildung 18) als auch zu diagnostischen Zwecken (Enzym-Immunoassay) eingesetzt, während sie im pharmazeutischen Bereich am Herstellungsprozess medizinischerWirkstoffe beteiligt sind.

TherapeutischeEnzyme

Genkrankheiten

Blutgerinnung

Krebs

BrandwundenDebridement

sonstige therapeutischeAnwendungen

Gaucher Fabry MPS I Pompe MPS VI SCID PKUCF

Infektionskrankheiten

Antiprotozoa

AntibacteriaAntifungi

Prodrug AktivatorEnzyme

AntineoplastischeEnzyme

Antikoagulan-

iProkoagulantien

Abbildung 18: Anwendungsfelder therapeutischer Enzyme.56

Tabelle 9: Beispiele für den Enzymeinsatz im therapeutischen, pharma-

zeutischen und diagnostischen Bereich.

Anwendungsbereich/Enzymtyp

medizinische/pharmazeutischeFunktion

Enzyme als Therapeutika

Lipase Fett-Abbau, Unterstützung der Verdauungs-funktion

Protease Eiweiß-Abbau, Unterstützung der Verdauungs-funktion

Lysozym Antibakteriell, löst Bakterienzellwände auf

Urokinase Auflösung von Blutgerinnseln

Thrombin Fördert Blutgerinnung/Wundverschluss

Pegaspargase Abbau von Asparagin in Krebszellen

56 Quelle: Vellard, M.: The enzyme as drug: application of enzymes as pharmaceuticals, Curr.

Opin. Biotechnol. (2003) 14, 1 - 7

Page 55: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 53

Enzyme zur Herstellung von Pharmazeutika

Lipase Herstellung von ACE57-Hemmern

Protease Herstellung von Ibuprofen (entzündungshem-mend)

Penicillinacylase Penicillinherstellung

Carboxypeptidase Insulinherstellung aus Pancreas

Enzyme zur Diagnose

Phosphatasen, Peroxidasen Tumornachweis durch ELISA58

Phosphatasen, Peroxidasen BSE59-Diagnose durch ELISA bei Rindern

Elastase Bestimmung Pankreasinsuffizienz

Glucoseoxidase Blutzuckerbestimmung mit Biosensor

TherapeutischeEnzyme

Die Entwicklung medizinischer Anwendungen für den Einsatz natürli-cher und gentechnisch modifizierter Enzyme ist in den letzten Jahren fast ebenso intensiv verfolgt worden, wie die Suche nach industriellen An-wendungen der enzymatischen Katalyse in der Weißen Biotechnologie. Obwohl schon im 19. Jahrhundert pankreatische Enzyme zur Behandlung von Verdauungsbeschwerden zum Einsatz gekommen sind, hat sich erst mit der Verbesserung biotechnologischer Methoden in den letzten zehn Jahren das ökonomische Potenzial therapeutischer Enzyme deutlich aus-geweitet. Die pharmazeutischen Unternehmen sind heute in der Lage, Enzyme preisgünstig und mit erhöhter Leistungsfähigkeit und Selektivi-tät herzustellen.

Weitere Impulse ergeben sich aus den zunehmenden internationalen Be-strebungen, z. B. seitens der amerikanischen Food and Drug Administra-tion (FDA), die Forschung, Entwicklung und medizinische Zulassung für so genannte „Orphan Drugs“ (Arzneimittel für seltene Leiden) stärker zufördern. Zu den seltenen Leiden zählen ca. 5000 unter den etwa 30.000 weltweit registrierten Krankheiten, wobei insbesondere genetisch verur-sachte Krankheiten wie die Muskoviszidose (CF) oder die Fabry-Krankheit in den medizinisch-pharmazeutischen Fokus gerückt sind. Bei-spiel hierfür ist das 2003 unter dem Handelsnamen Fabrazyme zur Be-handlung der Fabry-Krankheit zugelassene enzymatische Therapeutikum der amerikanischen Firma Genzyme, das 2004 einen Umsatz von über 200 Millionen US-Dollar erzielen konnte.60

57 Das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE) spielt bei der Regulation des Blutdrucks, des Blut-

volumens und der Natriumkonzentration im Körper eine wichtige Rolle.58 Enzyme-linked Immunosorbent Assay59 Bovine Spongiforme Encelopathie (BSE)60 Quelle: Research and Markets; http://www.researchandmarkets.com/reports/28956/28956.htm

Page 56: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

54 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Nicht-zytotoxischeBehandlungs-methoden in der Krebsthe-rapie

Agroprodukte

Futtermittel-enzyme

Gegenwärtig sind die erfolgreichsten Enzymtherapeutika in erster Liniein extrazellulären Anwendungen zu finden: so z. B. bei rein lokal-medizinischen Anwendungen, bei der Entfernung und Zersetzung toxi-scher Substanzen sowie bei der Behandlung lebensbedrohender Störun-gen der Blut-Zirkulation (z. B. Thrombosen). Obwohl therapeutisch ein-setzbare Enzyme, im Gegensatz zu den industriellen Enzymen, in ver-gleichsweise geringen Mengen bei gleichzeitig hoher Reinheit benötigt werden, können sie trotz der hohen Herstellungskosten aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und schnellen Wirkungsentfaltung mit konventionel-len Präparaten konkurrieren. Ein Beispiel hierfür liefert die Urokinase (ein so genannter Plasminogen Aktivator), die entweder direkt aus dem menschlichen Urin oder über gentechnische Methoden gewonnen wird und als Thrombolytikum zur Lösung von Blutgerinseln bei akuten Herz- und Hirninfarkten eingesetzt wird. Der Weltmarkt thrombolytischer Prä-parate wird 2005 laut Prognosen etwa 1,7 Milliarden US-Dollar ausma-chen, von den über 40 % so genannte tPA-Substanzen (tPA = Tissue Plasminogen Activator) sind.61

Zu den vielversprechenden zukünftigen Einsatzgebieten therapeutischer Enzyme zählt, neben der Behandlung von seltenen Erbkrankheiten, die Entwicklung nicht-zytotoxischer Behandlungsmethoden in der Krebsthe-rapie. Ansätze hierfür sind z. B. die Inhibierung des so genannten Uroki-nase Plasminogen Aktivator Systems (uPA System), welches eine ent-scheidende Rolle in der Invasion und Metastasierung von Tumorzellenspielt62, oder der Einsatz von Pegaspargase (eine modifizierte Form der Asparaginase) zur Behandlung lymphoblastischer Leukämie, bei der aus-genutzt wird, dass Krebszellen im Gegensatz zu normalen Zellen nicht in der Lage sind die, z. B. für den Aufbau von DNA/RNA, essentielle Ami-nosäure Asparagin zu synthetisieren.

5.3.5 Agroprodukte

Bei den Agroprodukten erfolgt der Enzymeinsatz hauptsächlich bei den Futter- und Pflanzenschutzmitteln. Darüber hinaus werden Mikroorga-nismen, die in der Enzymproduktion beteiligt sind, in inaktivierter Form als Düngemittel eingesetzt.

Insbesondere in der Nutztierhaltung gewinnt der Enzymeinsatz stark an Bedeutung. Hinzugefügte Futtermittelenzyme (siehe Tabelle 10) haben die Aufgabe, den Abbau von Futterinhaltsstoffen, die die Verdaubarkeitherabsetzen und/oder zu einer höheren Ausscheidung von Fäkalien und Freisetzung von Stickstoff oder Phosphor führen, zu beschleunigen. So genannte monogastrische Tiere, zum Beispiel Schweine oder Geflügel, verfügen nicht über körpereigene Enzyme zur Spaltung bestimmter Sub-

61 Quelle: http://www.genzyme.com/corp/structure/fastfacts.asp62 siehe auch das uPA-Programm der Wilex AG, München; http://www.wilex.com/

Page 57: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

5. Märkte und Anwendungsfelder von Biokatalysatoren 55

strate wie Nicht-Stärke-Polysaccharide und Phytate, d. h. ein Teil desFutters wird normalerweise nicht verdaut. Diese unverdauten Bestandtei-le passieren den Darmtrakt und belasten die Umwelt zusätzlich, was be-sonders in Gebieten mit starker industrieller Tierhaltung ein Problem darstellt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass beispielsweise durch den Zusatz des Enzyms Phytase in der Schweinezucht der Phosphataustrag über die Gülle um 30 % reduziert werden konnte. Für ein landwirtschaftlich mo-nokulturell geprägtes Land wie die Niederlande63 bedeutet dies, dass auf diese Weise jährlich ca. 20.000 Tonnen weniger Phosphat in die Umweltgelangen.64

Tabelle 10: Enzymbeispiele für den Futtermittelzusatz.

Enzymtyp Reaktion Beispiel

Amylase Stärke-Abbau - Phosphatverwertung

Galactosidase Zuckerabbau zu Galacto-se

- Bessere Futterverwertung

Cellulasen, Xyla-nasen, Hemicellu-lasen, Glucanasen

Aufschluss pflanzlicher Zellen

- Bessere Futterverwertung

Endoxylanasen Depolymerisation vonArabinoxylane

- Bessere Verdaulichkeit; ge- ringere Phosphorausschei- dung

Phytase Phytinsäure-Abbau,Phosphatfreisetzung

- Bessere Futterverwertung (z. B. Geflügel-/Schweine-

futter); kein Phosphatzusatzzum Futter notwendig

Protease Eiweiß-Aufschluss - Bessere Futterverwertung

Ein Nebeneffekt der Enzymzugabe ist darüber hinaus, dass sich die Jung-tiere in kürzerer Zeit wesentlich besser entwickeln und somit zusätzliche ökonomische Potenziale in der Viehwirtschaft ausgeschöpft werden kön-nen. Durch den gezielten Enzymeinsatz können die Gewichtszunahmender Tiere verbessert, der Futteraufwand reduziert und so eine flexiblere Rationsgestaltung realisiert werden. Das bedeutet für den Agrarökono-men höhere Effizienz bei den von ihm eingesetzten Ressourcen und die Möglichkeit zur Weitergabe des Kostenvorteils in Form attraktiver Preisefür die Verbraucher. Aus diesem Grund ist die Futtermittelindustrie in den letzten Jahren einer der am schnellsten wachsenden Märkte für En-zyme, mit einem nach OECD-Angaben weltweiten Absatz von mehr als120 Millionen US-Dollar.

Jungtiere ent-wickeln sich besser

Im Zuge des inzwischen standardmäßigen Einsatzes gentechnischer Me-thoden ist, vor dem Hintergrund der weltweiten Forschungsbemühungen

63 In den Niederlanden existieren seit 1990 gesetzliche Vorschriften, die die zulässige Höchst-

menge tierischen Phosphorpentoxids pro Hektar festschreiben.64 Biotechnologie für umweltverträglichere industrielle Produkte und Verfahren, OECD, 1998

Page 58: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

56 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Einsatz von Enzymen zum Pflanzenschutz

zur Verbesserung des Ertrags- und Resistenzpotenzials von Nutzpflan-zen, in den letzten Jahren der Einsatz von Enzymen zum Pflanzenschutz in den Fokus weltweiter Forschungsaktivitäten gerückt. Dabei werdenEnzyme entweder in reiner Form als Pflanzenschutzpräparate eingesetzt oder sie entfalten, nach der Expression eines entsprechenden Mikroorga-nismusgens in so genannten transgenen Pflanzen, ihre Wirkung durch Auslösen einer spezifisch auf den jeweiligen Pflanzenschädlinge abge-stimmten Reaktion. Beispiele der intensiven Forschungsbemühungen aufdiesem Gebiet sind der Einsatz modifizierter Replicasen gegen den Kar-toffelblattrollvirus sowie die Nutzung der Cholesteroloxidase zur Be-kämpfung des Baumwollkapselkäfers.

Page 59: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

6. Chancen und Entwicklungspotenziale der Biokatalyse 57

6 CHANCEN UND ENTWICKLUNGSPOTENZIALE DER BIOKATALYSE

6.1 Vorteile der Biokatalyse

Biokatalytische Verfahren können gegenüber traditionellen industriellenProduktionsverfahren verschiedenenartige Vorteile aufweisen. Der Nut-zen reicht dabei von funktionellen Vorteilen (z. B. neue Reaktionsmög-lichkeiten) über ökologische und ökonomische Vorteile (z. B. geringerer Wasser-/Energiebedarf). Eine Übersicht über die wichtigsten Vorteile desEinsatzes der Biokatalyse gibt Abbildung 19. Anzumerken ist, dass nicht bei jedem biokatalytischen Verfahren generell alle Vorteile zum Tragen kommen.

Funktionelle,ökologische und ökonomische Vor-teile

Spektrum möglicher Vorteile der Biokatalyse

ökologisch ökonomisch

funktionell

Katalysator biologisch abbaubar

milde Reaktionsbedingungen

weniger Abfall- und Nebenprodukte

weniger Aufreinigungsschritte

geringerer Energiebedarf

Synthese ohne Schutzgruppen

hohe Stereo-/Enantioselektivitäthochspezifische Katalyse

hohe Raum-Zeit-Ausbeuten

weniger Syntheseschritte

sichere Verfahrensbedingungen

geringerer Wasserverbrauch

verbesserte Umweltbilanz geringerer Rohstoffeinsatz

Biokatalyse

neue katalytische Reaktionen

Spektrum möglicher Vorteile der Biokatalyse

ökologisch ökonomisch

funktionell

Katalysator biologisch abbaubar

milde Reaktionsbedingungen

weniger Abfall- und Nebenprodukte

weniger Aufreinigungsschritte

geringerer Energiebedarf

Synthese ohne Schutzgruppen

hohe Stereo-/Enantioselektivitäthochspezifische Katalyse

hohe Raum-Zeit-Ausbeuten

weniger Syntheseschritte

sichere Verfahrensbedingungen

geringerer Wasserverbrauch

verbesserte Umweltbilanz geringerer Rohstoffeinsatz

Biokatalyse

neue katalytische Reaktionen

Abbildung 19: Übersicht möglicher Vorteile biokatalytischer Verfahren

(Auswahl), Quelle: ZTC.

6.2 Entwicklungsmöglichkeiten der Biokatalyse

Das große technologische Potenzial der Biokatalyse liegt in der Vielsei-tigkeit ihrer Werkzeuge: den Enzymen. Von den schätzungsweise über 10.000 Enzymen, die in der Natur vorkommen, sind aktuell nur ca. 3.000 bekannt. Lediglich ca. 120 werden industriell genutzt. Von über ca. 4,5 Millionen Arten von Mikroorganismen als wichtigste natürliche „En-zymquelle“ sind erst ca. 100.000 bekannt.

Von den schät-zungsweise über 10.000 Enzymen, die in der Naturvorkommen, sind aktuell nur ca. 3.000 bekannt

Lange Zeit war die schlechte Verfügbarkeit „isolierter Enzyme“ ein Hin-dernis für ihre wirtschaftliche Verwertung, da Biokatalysatoren nur in sehr geringen Mengen unter natürlichen Bedingungen vorliegen. Eine

Page 60: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

58 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

chemische Synthese ist wegen der komplexen Molekülstruktur in der Regel nur schwer möglich. Mittlerweile werden zahlreiche Enzymedurch biotechnische Verfahren gewonnen. Verschiedene Mikroorganis-men wie Bakterien und Pilze werden darauf gezüchtet, die für ihren eige-nen Stoffwechsel benötigten Enzyme, aber auch „Fremdenzyme“ in gro-ßen Mengen zu produzieren und bei Bedarf sogar ins Kulturmedium aus-zuscheiden.

Mittlerweile wer-den zahlreiche Enzyme durchbiotechnischeVerfahren ge-wonnen

Um den großen Bedarf an neuen Katalysatoren zu decken, werden ver-schiedene Strategien angewendet. Zunächst wird die „Natur als natürli-che Quelle“ systematisch nach neuen Mikroorganismen „durchsucht“(siehe Abbildung 20/A). Von besonderem Interesse sind hier die soge-nannten „extremophilen Mikroorganismen“, die sich hinsichtlich derUmweltbedingungen besondere Lebensräume erschlossen haben. So sind Mikroorganismen, die sich beispielsweise in der Arktis bei 0 - 5 °C, inheißen Quellen bei 70 - 130 °C, in Salzseen mit 20 - 30 % Salzgehaltoder bei pH-Werten zwischen 0 - 1 bzw. 9 - 12 erst richtig wohl fühlen, für „raue“ technische Produktionsbedingungen bei hohen Temperaturen,Drücken oder Säurebelastungen besonders interessant.

ExtremophileMikroorganismen

Die Enzyme der Mikroorganismen, die derartigen Umgebungsbedingun-gen standhalten, liegen jedoch in der Regel nur in sehr geringen Mengenvor, und ihre natürlichen Wirtsorganismen wachsen häufig sehr schlecht unter üblichen Kulturbedingungen. Die Gene für diese dann in der Regel auch „extremstabilen“ Enzyme (Extremozyme) werden daher isoliert und in geeignete Produktionsstämme transformiert (siehe Abbildung 20/B). Mit der gleichen Intention werden Genbanken, z. B. aus Bodenbakterien, Enzymsammlungen und Stammsammlungen angelegt, die dann mit Hilfe des Hochdurchsatz-Screenings durchsucht werden.

Neben der Ressource Natur als (natürliche) Enzymquelle ermöglicht dieMolekularbiologie immer gezielter, Enzyme zu verändern und an ge-wünschte Reaktionen/Reaktionsbedingungen anzupassen. Wie alle Ei-weiße sind auch Enzyme komplexe Moleküle, die im Wesentlichen ausvielen aneinander gereihten Aminosäuren (AS-Ketten) bestehen und sich zu einer genau festgelegten dreidimensionalen Struktur falten. Die In-formation für die Reihenfolge der Aminosäuren eines Eiweißes ist je-weils in einem Gen festgelegt. Genau hier setzen die Möglichkeiten der modernen Gentechnologie an, indem sie in der Lage ist, Gene und damitdie durch sie kodierten Aminosäuren bzw. Enzyme zu verändern.

Die Molekularbio-logie ermöglicht immer gezielter, Enzyme zu ver-ändern und angewünschte Reak-tionen/Reak-tionsbedingungenanzupassen

Page 61: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

6. Chancen und Entwicklungspotenziale der Biokatalyse 59

Zwei molekular-biologische/gen-technische An-sätze, um be-kannte Enzymezu verändern

Strategien zurIdentifizierungneuer biokataly-tischer Ansätze

6.3 Strategien zur Herstellung maßgeschneiderterEnzyme

Grundsätzlich existieren zwei molekularbiologische/gentechnische An-sätze, bekannte Enzyme zu verändern („Protein Engineering“). Das so genannte „rationale Design“ (siehe Abbildung 20/C1) erfordert eine ge-naue Kenntnis der Funktions-/Strukturbeziehungen des Enzyms und sei-nes zugehörigen Gens. Durch Computersimulationen werden vorab ge-zielte Gen- bzw. Aminosäureveränderungen, z. B. zur Funktionsoptimie-rung, durchgespielt. Auf Basis der Simulationen werden dann gezielt nur wenige Varianten hergestellt und biochemisch auf Aktivitätserhöhungetc. untersucht.

Strategien zur Identifizierung neuer biokatalytischer Ansätze

Identifizierung neuer Wildtyp-MikroorganismenA

BÜbertragung von enzymkodierenden DNA-Fragmentenin Produktionsstämme

Veränderung / Optimierung bekannter EnzymeC

rationales Design= ortspezifische Mutagenese

= Protein-Modelling

C1 C2

gerichtete Evolution= kombinatorischer Ansatz

= zufällige Mutagenese

• Voraussetzung:genaue Funktions-/Struktur-kenntnisse des Enzyms/Gens

• Computersimulationen zugezielten Gen-/Aminosäure-veränderungen

• wenige Varianten

• Biochemische Erfolgs-kontrolle

• keine genauen Funktions-/ Strukturkenntnisse notwendig

• natürliches Evolutionsprinzipder zufälligen Mutationen durchin vitro-Mutagenese(Mutantenbibliotheken)

• 103-106-Varianten

• Screening zur Selektion/ Erfolgskontrolle

Abbildung 20: Strategien zur Identifizierung und Entwicklung neuer

biokatalytischer Verfahren.

Die „gerichtete Evolution“ verfolgt eine andere Strategie zur Generie-rung neuer Enzymeigenschaften (siehe Abbildung 20/C2). Im Gegensatz zum „rationalen Design“ sind keine genauen Kenntnisse über Struktur-Funktionsbeziehungen notwendig, sondern es wird das natürliche Evolu-tionsprinzip kopiert. Die Natur nutzt seit Jahrmillionen den Weg der zu-fälligen Veränderung von Genen und damit ihrer Eiweiße sowie der an-

GerichteteEvolution

Page 62: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

60 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

schließenden Selektion des am besten angepassten Organismus („survival of the fittest“, Charles Darwin 1859). Im Labor werden durch verschie-dene Mutageneseverfahren65 zahlreiche Mutanten (103 - 106) erzeugt, die durch immer effektivere/schnellere Screeningverfahren geeignete Varian-ten identifizieren. Die kurzen Generationsfolgen der Mikroorganismenführen zu sehr hohen Evolutionsgeschwindigkeiten mit nahezu idealen Versuchsbedingungen für die Molekularbiologie. BASF hat eine roboter-gestützte Screeninganlage entwickelt, die pro Tag über 50.000 Enzymva-rianten testen kann.

Mit derartigen Hochdurchsatz Screening Verfahren, einem gezielten Pro-tein-Design und verfahrensoptimierenden Metabolic Engineering wird es in der Zukunft möglich sein, auf der Basis umfassender Genom-Datenbanken Biokatalysatoren für bestimmte Reaktionen und Anwen-dungen Maß zu schneidern. Auf dieser Grundlage wird es mittelfristig zu einer Umstellung traditioneller Top-Down-Herstellungsverfahren von Enzymen auf Fermentationsbasis auf kostengünstige und ressourcen-schonende Bottom-Up-Produktionsvarianten kommen.

Hochdurchsatz-Screening Ver-fahren

Ein vielversprechendes Anwendungsgebiet der gerichteten Evolution für organische Synthesen ist eine Veränderung der Stereoselektivität, die, wie bereits dargestellt, für viele Syntheseverfahren essenziell ist. Mit dergerichteten Evolution konnten schon beachtliche Erfolge erzielt werden,wie beispielsweise die Aktivitätserhöhung einer Esterase gegenüber dem Wildtypenzym um den Faktor 60 oder eine Erhöhung der Thermostabili-tät des Enzyms. Die Untersuchung der „zufällig generierten“ Mutanten stellte ergab, dass die ausschlaggebenden Mutationen häufig auf der En-zymoberfläche lokalisiert sind, d. h. eher unwahrscheinlich durch Com-putersimulationen des rationalen Designs vorhergesagt/berechnet wordenwären. Dies liegt daran, dass vergleichsweise wenig über die Beziehung zwischen der Aminosäuresequenz und der sich daraus ergebenen dreidi-mensionalen Struktur der Eiweiße bekannt ist.

Veränderung der Stereoselektivi-tät

65 DNA-Vervielfältigung durch „Fehlerhafte Polymerasekettenreaktion“ (Error prone PCR);

Verwendung von Mutationsstämmen; DNA- oder gene-shuffling.

Page 63: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

6. Chancen und Entwicklungspotenziale der Biokatalyse 61

Vorteile gentech-nisch hergestell-ter Enzyme

Vorteile gentechnisch hergestellter Enzyme66

Verfügbarkeit von Enzymen: einige Enzyme, die natürlicherweise nur in Pflanzen, Tieren oder seltenen Mikroorganismen produziert werden, können nur mit gentechnischen Verfahren wirtschaftlich loh-nend hergestellt werden.

Effizienzverbesserung: z. B. kann ein Enzym derart verändert wer-den, dass es effektiver arbeitet und höhere Stoffwechselleistungen er-bringt bzw. kostengünstigere Rohstoffe umsetzt.

Reduktion des hygienischen Risikos: z. B. kann ein Enzym viel reiner aus einem Mikroorganismus statt aus seinem ursprünglichen Wirtsorganismus gewonnen werden, so ist gentechnisch hergestelltes Chymosin zu 98 % rein und das aus Kälbermägen gewonnene nur zu 75 %.

Erhöhung der Prozesssicherheit: z. B. kann ein Enzym nicht in dem ursprünglichen Mikroorganismus hergestellt werden, wenn die-ser nicht für den Einsatz im Lebensmittelbereich geeignet ist.

Ökonomischere Produktion: z. B. durch Verkürzung der Prozess-zeit oder Einsparung von Ressourcen während des Herstellungspro-zesses.

Umweltschonendere Produktion: z. B. durch Einsparung von Res-sourcen und Reduktion des Abfalls.

6.4 Vorurteile gegenüber der Biokatalyse

Mittlerweile kann sich die Biokatalyse in der Industrie neben der chemi-schen Synthese behaupten. Umwelt- und energiesparende Verfahren, verbesserte Verfügbarkeit von Enzymen sowie spezielle Leistungsanfor-derungen (z. B. steigender Bedarf an enantiomerenreinen Verbindungen)sind nur einige Gründe, die dazu beigetragen haben. Grundsätzliche Vor-behalte gegen Anwendungen, in denen gentechnisch veränderte Orga-nismen beteiligt sind, bestehen bei biokatalytischen Verfahren in der in-dustriellen Produktion weniger. Dies liegt einerseits darin, dass entweder mit isolierten Enzymen gearbeitet wird, oder die GVO in geschlossenen Fermentern kultiviert werden und häufig nur unter speziellen Bedingun-gen lebensfähig sind.

Mittlerweile kann sich die Biokata-lyse in der In-dustrie neben der chemischen Syn-these behaupten

Trotz zahlreicher positiver Erfahrungen im Einsatz mit biokatalytischenVerfahren existieren einige Vorurteile und Fehleinschätzungen zur Bio-katalyse, die der kommerziellen Verwendung von Enzymen in der indus-triellen Produktion immer noch häufig im Wege stehen. David Rozzell,

Vorurteile und Fehleinschätzun-gen

66 Quelle: www.geneticdiner.com

Page 64: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

62 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Einsparungsmög-lichkeiten

EuropäischeStudie:BilanzierungbiokatalytischerVerfahren

Präsident und CEO des Unternehmens BioCatalytics in Kalifornien, äu-ßerte sich in einem Interview67 zu den häufigsten Vorurteilen und Mythen über Enzyme folgendermaßen:

Enzyme sind zu teuer:

Enzyme können, bei Kosten pro Mol oder Gewichtseinheit, teuer er-scheinen. Die Hauptkosten, die in der Biokatalyse zu betrachten sind, sind jedoch nicht die Kosten des Enzyms, sondern der Kostenanteil, den sie zum Endprodukt beitragen. Dies ist tatsächlich nur ein kleiner Anteil, da Enzyme sehr effizient sind. Um Kosten zu sparen, können Enzyme auch immobilisiert werden, so dass sie viele Male wiederverwertet wer-den können.

Enzyme sind zu instabil:

Es stimmt, viele Enzyme sind bei hohen Temperaturen oder extremen pH-Werten instabil. Der wichtige Aspekt der Stabilität ist jedoch die un-ter Betriebsbedingungen für einen gewünschten Prozess. Es gibt viele Beispiele für Enzyme, die ausgezeichnete Stabilität zeigen, wenn sie, insbesondere immobilisiert, in einem Verfahren verwendet werden.

Die Produktivität ist niedrig:

Stimmt nicht! In einstufigen enzymatischen Umsetzungen sind Produkti-vitäten von einigen zehn oder sogar hundert Gramm Produkt pro Liter und Stunde mit immobilisierten Enzymen erreicht worden.

Enzyme katalysieren diese Reaktion nicht:

Dies ist ein verbreiteter Grund, sich nicht für Enzyme zu entscheiden. Es wird vermutet, dass typische organische Synthesen nicht für die enzyma-tische Katalyse geeignet sind. Es gibt jedoch für fast jede bekannte che-mische Reaktion eine biokatalytische Entsprechung.

6.5 Einsparungsmöglichkeiten durch Biokatalyse

Biokatalytische Verfahren können auf verschiedenen Ebenen Einspa-rungsmöglichkeiten ergeben. Ökonomische Betrachtungen werden sek-tor- bzw. verfahrensspezifisch durchgeführt und sind nur schwer zu gene-ralisieren. Im Folgenden sind daher einige Beispiele zu Einsparungsmög-lichkeiten im Bezug auf Umwelt- und Ressourcenschonung biokatalyti-scher Verfahren in verschiedenen Industriezweigen qualitativ skizziert.

Für weiterführende Informationen hinsichtlich ökonomischer und ökolo-gischer Bilanzierungen biokatalytischer Verfahren in verschiedenen In-

67 Commercial Scale Biocatalysis: Myths and Realities, Bioorganic & Medicinical Chemistry, 7, 2253 - 2261, 1999

Page 65: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

6. Chancen und Entwicklungspotenziale der Biokatalyse 63

Einsparungs-beispiele

Herkunft der eingesetztenEnzyme ist für Einsparungenvon Bedeutung

dustriezweigen sei an dieser Stelle auf eine europäische Studie68 verwie-sen, an der ZTC mitgearbeitet hat.

Einsparungen in der Lederindustrie:

NatronlaugeSulfidOxidationsmittelWasser

Einsparungen bei der Wasch- und Reinigungsmittelherstellung:

Energie (bessere Reinigungswirkung bei geringeren Temperaturen)Detergenzien (waschaktive Substanzen)

Einsparungen in der Textilindustrie:

NatronlaugeReduktionsmittelOxidationsmittelSulfidWasserEnergie (geringere Temperatur 40 - 50 statt 80 - 90 °C) Bimssteine beim Stone Washing

Einsparungen in der Papierindustrie:

Bleichmittel (Chlor etc.)NatronlaugeEnergieEDTA

Bei der Betrachtung der Einsparmöglichkeiten durch den Einsatz bioka-talytischer Verfahren ist auch die Herkunft der eingesetzten Enzyme von Bedeutung. Bei gentechnischer Enzymgewinnung liegen noch größere Potenziale hinsichtlich Einsparungen von Energie und Rohstoffen sowie Verringerungen von Abfall, Abwasser und Schadstoffen vor (siehe Ta-belle 11).

68 „The Assessment of Future Environmental and Economic Impacts of Process-Integrated Bio

catalysts”, IPTS, 2002

Page 66: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

64 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Tabelle 11: Einsparungen durch Nutzung von gentechnisch veränderten

Mikroorganismen (Novo Nordisk, 1996).

Rohstoff[Masse]

Wasser[Masse]

Dampf[Masse]

Elektri-zität

[kWh]

Herkömmliche Mikroorganismen

Fermentation 65 36 26 75

Gewinnung 35 64 74 25

Summe 100 100 100 100

Genetisch veränderte Mikroorganismen

Fermentation 32 18 13 38

Gewinnung 27 35 39 13

Summe 59 53 52 51

Einsparung 41 % 47 % 48 % 49 %

Page 67: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

7. Biotechnologie im VDI 65

VDI bündelt unterseinen Mitglie-dern und Mitar-beitern um-

technologischeKompetenzen

Sechs Arbeits-schwerpunkte

Aufgaben des Kompetenzfeldes

VDI Publikationen Biokatalyse

7 BIOTECHNOLOGIE IM VDI

Der VDI bündelt unter seinen Mitgliedern und Mitarbeitern umfangrei-che biotechnologische Kompetenzen. Um die Aktivitäten in den ver-schiedenen Bereichen zu vernetzten und dem Querschnittscharakter der Biotechnologie gerecht zu werden, hat der VDI das „Kompetenzfeld Bio-technologie“ eingerichtet. Das VDI-Kompetenzfeld Biotechnologie ist eine zentrale Informationsplattform für die Biotechnologie im VDI und gliedert sich in sechs Arbeitsschwerpunkte (siehe Abbildung 20):

Umweltbiotechnologie (graue Biotechnologie)

Industrielle Biotechnologie (weiße Biotechnologie)

Landwirtschaft und Ernährung (grüne Biotechnologie)

Monitoring gentechnisch veränderter Organismen(GVO-Monitoring)

Medizin, Pharma (rote Biotechnologie)

Grenzgebiete und Grundsatzfragen der Biotechnologie

Abbildung 21: Struktur VDI-Kompetenzfeld Biotechnologie

(www.vdi.de/biotechnologie).

Das VDI-Kompetenzfeld Biotechnologie setzt sich auf verschiedenen Ebenen für die Ausgestaltung dieses Technologiefeldes in Deutschland und Europa ein. Die Aufgaben des Kompetenzfeldes sind darüber hinaus sowohl die Zusammenführung als auch der Ausbau der umfangreichen Angebote, Dienstleistungen und Produkte (z. B. VDI-Handbücher Bio-technologie) des VDI auf dem Gebiet der Biotechnologie. An der Aus-gestaltung des Kompetenzfeldes sind daher alle Einheiten des VDI, die sich auf diesem Gebiet engagieren, beteiligt (VDI-KoordinierungsstelleUmwelttechnik, VDI Technologiezentrum GmbH, VDI-GesellschaftVerfahrenstechnik und Chemieingenieurwesen, Kompetenzfelder, Kom-mission Reinhaltung der Luft u. a.). Die Aktivitäten des Kompetenzfel-des werden durch ein mit ehrenamtlich tätigen Entscheidungsträgern be-setztes Lenkungsgremium geplant und koordiniert. Die Geschäftsstelle ist im Haus des VDI in Düsseldorf angesiedelt.

Beispiele für spezielle Aktivitäten des VDI im Bereich Biokatalyse sind aufgeführt unter: www.zt-consulting.de/publikationen (Thema: Biokata-lyse).

fangreiche bio-

Page 68: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

66 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Enzymkatalyse in organischen Lö-sungsmitteln

TrägerfixierteEnzyme

Mehrphasenreak-toren

Reaktionen mit suspendiertenEnzymen

8 ANHANG

Enzymkatalyse in organischen Lösungsmitteln69

Für die enzymkatalysierte Synthese mit organischen Lösemitteln sindneben Mikroemulsionen verschiedene alternative reaktionstechnischeKonzepte entwickelt worden, welche im Folgenden weiter erläutert wer-den:

Trägerfixierte EnzymeGanz besondere Aufmerksamkeit für den Einsatz in organischen Löse-mitteln haben an Oberflächen oder in Netzwerken fixierte Enzyme ge-funden, da diese in organischen Reaktionsmedien durch das im Immobi-lisat vorhandene Wasser aktiv und geschützt sind. Zu dieser Immobilisie-rung bieten sich die Adsorption an Oberflächen oder die kovalente Bin-dung an polymere Träger an, wofür anorganische(z. B. Glas, Ton, Sand, Metalloxide, nichtrostender Stahl) und organische Stoffe (z. B. Polysac-charide, Polyamide, Vinylpolymere) in Frage kommen (Buchholz 1997).

MehrphasenreaktorenMittlerweile haben sich Zweiphasenreaktoren als ein geeignetes Reaktor-konzept zur Enzymkatalyse mit hydrophoben Substraten etabliert. Hier-bei bilden die Substrate und Produkte eine organische Phase, während die Enzymkatalyse in der zweiten, wässrigen Phase stattfindet, in der dasSubstrat in einer Konzentration unterhalb der Löslichkeitsgrenze vorliegt.Da viele Enzyme an der Grenzfläche adsorbieren und dadurch denaturie-ren können, sind Membranverfahren für eine kontinuierliche Katalyse entwickelt worden (Biselli 1995). Hierbei werden die Enzyme in der wässrigen Phase zunächst durch eine Ultrafiltration separiert und die ab-getrennte wässrige Phase durch eine Extraktion mit neuem Substrat ver-setzt, während das Produkt in die organische Phase übergeht (Kruse 1996, Kragl 1996 b). Ein Vorteil der Zweiphasenreaktoren liegt in der Trennung von Produkt und Enzym durch die kontinuierliche Extraktion, wodurch einer Produktinhibierung entgegengewirkt werden kann (Liese 1996 & 1998 a, b).

Reaktionen mit suspendierten EnzymenDa Enzyme in hydrophoben Reaktionsmedien unlöslich sind, gibt es ver-schiedene Strategien, sie mit den Substraten in Kontakt zu bringen. Zum einen können tensidbeschichtete, nahezu wasserfreie Enzyme in Ölen suspendiert werden (Kamiya 1997), zum anderen haben sich quervernetz-te Enzymkristalle in wäßrigen wie auch in organischen Lösemitteln alsäußerst aktiv und stabil erwiesen (Zelinski 1997, Khalaf 1996, Persichetti 1996). In verschiedenen Arbeiten am Massachusetts Institute of Techno-

69 aus Orlich, Bernhard: Biokatalyse an hydrophoben Substraten mit Tensiden und Membranen

als reaktionstechnische Werkzeuge, Dissertation Technischen Universität Berlin, 2000

Page 69: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

7. Biotechnologie im VDI 67

Reaktionen inMBG (Microemulsi-on based gel)

logy konnte sogar gezeigt werden, daß suspendierte Enzyme in organi-schen Lösemitteln höhere Stabilitäten als in wäßrigen Systemen zeigen (Therisod 1986 & 1987, Klibanov 1986, Ke 1998).

Reaktionen in MBG (Microemulsion based gel)Eine Immobilisierungsmethode bei der Enzymkatalyse in Mikroemulsio-nen ist die Katalyse in Gelen, in denen die enzymhaltigen, inversen Mi-zellen, immobilisiert werden (Backlund 1995 & 1996, De Jesus 1995,Nagayama 1998, Fadnavis 1999). Gegenüber dem Einschluss der Bioka-talysatoren in Gelen, ohne die Verwendung von Tensid oder inversen Mizellen, hat die MBG-Methode keinerlei Vorteil und wird vorrangig als alternative Immobilisierungsmethode zur Ultrafiltration von inversenMizellen erforscht. Die MBG-Methode hat den Vorteil, dass die Katalysekontinuierlich betrieben werden kann, da die enzymhaltigen, inversenMizellen in den Gelen fest eingeschlossen und dadurch immobilisiertsind. Reaktorkonzepte, bei denen die Gele in Pellet-form kontinuierlich von der Reaktionslösung umspült werden, haben sich bereits bewährt (Jenta 1997). Ein wesentlicher Nachteil der MBGs ist jedoch eine Reak-tionslimitierung aufgrund des diffusiven Stofftransportes der Substrate zu den Enzymen.

Reaktionen inFlüssigkristallen

Enzym-Membran-Reaktorsysteme

Reaktionen in FlüssigkristallenEin ähnliches Reaktionskonzept, wie die MBGs, bietet die Enzymkataly-se in flüssigkristallinen Reaktionsmedien. Hierbei werden die Enzyme in der flüssigkristallinen Phase eines zweiphasigen ternären Gemisches ausÖl, Wasser und eines Tensides gehalten, während sich die Substrate in der zweiten Phase befinden (Boy 1996 & 1998). Der Stofftransport der Substrate zu den Enzymen im Flüssigkristall ist zwar ebenfalls diffusiv,jedoch zeichnet sich die Methode durch gute Enzymstabilitäten aus. Ein Wickelmodul für die Mehrphasenreaktion (Persönliche Mitteilung von M. Boy, TU-Gratz, Östereich 1998) hat sich in Langzeitversuchen bereits bewährt, ohne dass es zu einem nennenswerten ”Ausbluten” des Enzyms aus dem Flüssigkristall gekommen ist.

Enzym-Membran-ReaktorsystemeEnzym-Membran-Reaktoren (EMR) werden zur Immobilisierung der teuren Biokatalysatoren verwendet. Das Enzym wird hierbei durch eine Filtration in der Reaktionslösung gehalten, während entstandenes Pro-dukt über den Permeatstrom separiert werden kann. Bei der VerwendungCoenzym-unabhängiger Enzyme kann bereits eine einfache Ultrafiltrati-onszelle dieser Reaktoranforderung gerecht werden. Im Falle von Coen-zym-abhängigen Biokatalysatoren haben sich verschiedene Strategien bewährt, bei denen auch der teure Cofaktor vom entstandenen Produkt separiert werden kann. Besonders Nanofiltrationsmembranen (Seelbach1997, Lin 1997, Nidetzky 1996), im Falle von polymergebundenem Co-faktor Ultrafiltrationsmembranen (Biselli 1995, Obon 1998), und Mehr-phasenrektoren haben sich hierbei bewährt (Yang 1995, Giorno 1995 & 1997 a, Liese 1998 a).

Page 70: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

68 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

Enzymkatalysier-te, „lösemittel-freie“ Synthese

Enzymkatalysierte, „lösemittelfreie“ Synthesen

Wird anstatt eines Lösemittels eine enzymkatalysierte Umsetzung in rei-nem Substrat durchgeführt, so spricht man von einer supersaturierten oder lösemittelfreien Synthese (Metzger 1998). Ob Enzyme in reinemSubstrat sowohl aktiv als auch stabil sind, hängt stark vom meist sehr geringen Restwassergehalt des Reaktionsmediums ab (Pepin 1999). Gute Ergebnisse konnten sowohl mit Lipasen bei der Racemattrennung vonIbuprofen (Pepin 1999), mit Glucosidasen (Millqvist-Fureby 1998 a & b) als auch bei der Darstellung von oberflächenaktiven Alkylglucopyranosi-den -Zuckertensiden- (Metzger 1998) gezeigt werden.

Page 71: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Literatur 69

Literaturzum Anhang

Literatur zum Anhang:

- Biselli, M., Kragl, U., Wandrey, C., 1995. Reaction Engineering for Enzyme-Catalized Biotransforma-

tions; Kap, A4 in Drauz, K., Waldmann, H. (Editor) Enzyme Catalysis in Organic Synthesis, VCH-

Weinheim (u.a.)

- Boy, M., Voss, H. 1996. Reaktionstechnik der Biokatalyse in mikrostrukturierten Mehrphasensyste-

men, Chem. Ing. Tech. 68(7), 831-835

- Boy, M., Voss H. 1998. Biocatalysis in microstructured lyotropic liquid crystals. J. Mol. Cat. B: En

zymatic 5, 355-359

- Buchholz, K., Kasche, V. 1997. Biokatalysatoren und Enzymtechnologie. Weinheim: VCH Verlagsge

sellschaft mbH

- De Jesus, P.C., Rezende, M.C., Nascimento, M.G. 1995. Enzymatic Resolution of Alcohols via Lipases

Immobilized in Microemulsion based Gels. Tetrahedron Asymmetry 6(1), 63-66

- Fadnavis, N.W., Koteshwar, K. 1999. An Unusual Reversible Sol-Gel Transition Phenomenon in Or-

ganogels and Its Application for Enzyme Immobilisation in Gelantin Membranes. Biotechnol. Prog.

15, 98-104

- Giorno, I., Molinari, R., Drioli, E., Bianchi, D., Cesti, P. 1995. Performance of a Biphasic Or-

ganic/Aqueous Hollow Fibre Reactor Using Immobilized Lipase. J. Chem. Tech. Biotechnol. 64, 345-

352

- Giorno, I., Molinari, R., Natoli, M., Drioli, E. 1997. Hydrolysis and regioselective transesterification

catalized by immobilized lipase in membrane bioreactors. J. Memb. Sci. 125, 177-187

- Jenta, T. R.-J., Batts, G., Rees, G.D., Robinson, B.H. 1997. Kinetic Studies of Chromobacterium visco-

sum Lipase in AOT Water in Oil Microemulsions and Gelatin Microemulsion-Based Organogels. Bio-

technol. Bioeng. 54, 416-427

- Kalaf, N., Govardhan, P.C., Lalonde, J.J., Persichetti, R.A., Wang, Y-F., Margolink A.L. 1996. Cross-

linked Enziyme Drystals as Highly Active Catalysts in Organic Solvents, J. Am. Chem. Soc. 118,

5494-5495

- Kamiya, N., Goto, M. 1997. How Is Enzymatic Selectivity of Menthol Esterification Catalyzed by

Surfactant Coated Lipase Determined in Organic Media? Biotechnol. Prog. 13, 448-492

- Ke, T., Klibanov, A.M. 1998. On Enzymatic Activity in Organic Solvents as a Function of Enzyme

History, Biotechnol. Bioeng. 57, 746-750

- Klibanov, A.M. 1986. Enzymes that work in organic solvents. Chemtech 16, 354-359

- Kragl U., Kruse W., Hummel W., Wandrey C. 1996 b. Enzyme Engineering Aspects of Biocatalysis:

Cofactor Regeneration as Example. Biotechnol. Bioeng. 52(2), 309-319

- Kruse, W., Hunmel W., Kragl, U. 1996. Alcohol-dehydrogenase-catalysed production of chiral hydro-

phobic alcohols. A new approach leading to a nearly waste-free process. Recl. Trav. Chim. Pays-Bas.

115, 239-243

- Liese A. 1998 a. Reaktorkonzepte für Biotransformationen in Zweiphasensystemen. Dissertation.

Lehrstuhl für Biotechnologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn

Page 72: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

70 Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen

- Liese A., Karutz M., Kamphuis J., Wandrey C., Kragl U. 1996. Enzymatic resolution of 1-phenyl-1,2-

ethanediol by enantioselective oxidation: Overcoming product inhibition by continuous extraction.

Biotechnol. Bioeng. 51(5), 544-550

- Liese A., Zelinski, T., Kula, M.-R., Kierkels, H. Karutz, M., Kragl, U., Wandrey, C. 1998 b. A novel reac-

tor concept of poorly soluble ketones. J. Mol. Cat. B.: Enzymatic 4, 91-99

- Lin, S.-S., Miyawaki, O., Nakamura, K. 1997. Continuous Production of L-Alanine with NADH Regen-

eration by a Nanofiltration Membrane Reactor. Biosci. Biotech. Biochem. 61(12), 2029-2033

- Metzger, J.O. 1998. Lösungsmittelfreie organische Synthesen. Angew. Chem. 110(21), 3145-3148

- Millqvist-Fureby, A., Gill, I.S., Vulfson. E.N. 1998 a. Enzymatic Transformations in Supersatured

Substrate Solutions: 1. A General Study with Glycosidases. Biotechnol. Bioeng. 60(2), 190-196

- Millqvist-Fureby, A., MaxManus, D.A., Davies, S., 1998 b. Enzymatic Transformations in Supersatured

Substrate Solutions: 2. Synthesis of Disaccharides via Transglycosylation. Biotechnol. Bioeng. 60(2),

197-203

- Nagayama, K., Karaiwa, K., Doi, T., Imai, M. 1998. Esterfication activity and stability of Candida

Rugosa lipase in AOT microemulsion based organogels. Biochem. Engl. J. 2, 121-126

- Nidetzky, B., Neuhause, W., Haltrich,. D., Kulbe, K.D. 1996. Continuous Enzymatic Production of

Xylitol with Simultaneous Coenzyme Regeneration in a Charged Membrane Reactor. Biotechnol.

Bioeng. 52(3), 387-396

- Obon, J. M., Manjon, A., Iborra, J. L. 1998. Retention and Regeneration of Native NAD(H) in Non-

charged Ultrafiltration Membrane Reactors: Application to L-Lactate and Gluconate Production,

Biotechnol. Bioeng. 57(5), 510-517

- Pepin, P., Lortie, R. 1999. Influence of Water Activity on the Enantioselective Esterfication of (R,S)-

Ibuprofen by Candida antarctica Lipase B in Solventless Media. Bioatechnol. Bioeng. 63(4), 502-505

- Persichetti, R.A., Lalonde, J.J., Govardhan, C.P., Khalaaf, N.K., Margolin, A.L. 1996. Candida Rugosa

Lipase: Enantioselectivity Enhancement in Organic Solvent. Tetrahedron Letters 37(36), 6507-6510

- Seelbach, K., Kragl, U. 1997. Nanofiltration membranes for cofactor retention in continuous enzy-

matic synthesis. Enzyme Microb. Technol. 20, 389-392

- Therisod M., Klibanov, A.M. 1996. Facile Enzymatic Preparation of Monoacylated Sugars in Pyridine.

J. Am .Chem. Soc. 108, 5638-5640

- Therisod M., Klibanov, A.M. 1997. Regioselective Acylation of Secondary Hydroxyl Groups in Sugar

Catalized by Lipase in Organic Solvents. J. Am. Chem. Soc. 109, 3977-3981

- Yang, F., Russel, A. L. 1995. A Comparison of Lipase-Catalized Ester Hydrolysis in Reverse Micelles,

Organic Solvent and Biphasic Systems. Biotechnol. Bioeng. 47, 60-70

- Zelinski, T., Waldmann, H. 1997. Quervernetzte Enzymkristalle (CLECs) – effiziente und stabile

Biokatalysatoren für die präperative organische Chemie, Angew. Chem. 109, 746-748

Page 73: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Zukünftige Technologien Consulting

ist eine Beratungseinheit der VDI-Technologiezentrum GmbH in

Düsseldorf.

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) berät Entscheider aus

Politik / politischer Administration / Regionen

EU - Bund - Länder - etc.

Industrieunternehmen

Großunternehmen - KMU - junge Unternehmen - etc.

Verbände / Vereine / Organisationen

Industrieverbände - Forschungseinrichtungen - etc.

Finanzdienstleister

Banken - Venture Capital Gesellschaften - etc.

Versicherungen

Rückversicherer - etc.

in technologischen und gesellschaftlichen Zukunftsfragen.

ZTC deckt durch ein Team verschiedenster Fachdisziplinen ein breites

Themen- und Methodenspektrum ab. Systematisch und mit Unterstüt-

zung eigener Softwareinstrumente werden kundenspezifisch strategi-

sche Themen identifiziert, Ideen entwickelt sowie praxisnahe Lösungen

umgesetzt.

Beispiele für Beratungsdienstleistungen sind:

Innovations- und Technologiemonitoring

Technologiefrüherkennung

Newsmonitoring

Szenarien und Prospektionen

Studien und Innovationsanalysen

Prozessberatungen, Prozessmoderationen

Innovations- und Technologiemanagement

Themengenerierung

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.zt-consulting.de

Page 74: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge
Page 75: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge
Page 76: Biokatalyse in industriellen Produktionsprozessen, page 1 ... · durch dieselbe Katalyse nennen, gleichwie wir mit dem Wort Analyse die Trennung der Bestandteile der Körper, vermöge

Übersichtsstudie

Biokatalyse in der industriellen ProduktionMatthias Braun, Olav Teichert und Axel Zweck

2010

2015

2020

Zukünftige Technologien Consulting (ZTC) VDI Technologiezentrum GmbHGraf-Recke-Straße 8440239 DüsseldorfTelefon: +49 (0) 211 62 14-5 72Telefax: +49 (0) 211 62 14-1 39Email: [email protected]

www.zt-consulting.de

Zukünftige Technologien Consulting

Im Auftrag des

Zuk

ünft

ige

Tec

hnol

ogien

Cons

ulting

Ban

d 5

7Bioka

taly

se in

der

ind

ustr

iellen

Pro

duk

tion