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Blickpunkt Hämatologie Die Makrozytose MQZH 2009-02 Einleitung Ein MCV-Anstieg beruht auf einem vermehrten Auftreten von Makro- bzw. Me- galozyten. Bei gleichzeitiger Polychromasie der Makrozyten muss an das Vorlie- gen einer Retikulozytose gedacht werden. Bei den Makro- und Megalozyten handelt es sich um abnorm vergrösserte, reife Erythrozyten mit azidophiler Färbung. Polychromatische Erythrozyten sind meist junge Erythrozyten. Sie sind aufgrund ihres Ausreifungsgrades noch grösser und in der May-Grünwald-Giemsa-Fär- bung blau-viole, was ihnen auch den Namen gibt. Sind morphologisch vermehrt polychromatische Erythrozyten nachweisbar, bezeichnet man dies auch als Polychromasie. Ursachen der Makrozytose Megaloblastäre Erythropoese Vitamin-B12- oder Folsäuremangel 21 % Medikamente u.a. - Zytostatika z.B. Methotrexat - Virostatika z.B. Zidovudin bei HIV - Antiepileptika z.B. Phenytoin 11 % angeborene DNA- Synthesestörungen (z.B. Dyserythropoe- tisches Syndrom) sel- ten Makroblastäre Erythropoese Alkoholismus 36 % Lebererkrankungen 11 % Hämatologische Erkrankungen (MDS) 5 % Hypothyreose 2 % Gesteigerte Erythropoese z.B. bei Hämolyse oder akuter Blutung (Makrozytose durch Polychromasie) 7 % Weitere z.B. - chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) - Raucher - Down-Syndrom - Postsplenektomiestatus Entstehungsmechanismen und Ursachen Morphologie Prozentangaben = Ursachenhäufigkeit bei Makrozytosen Makrozyten, Megalozyten Durch eine Knochenmarksuntersuchung kann festgestellt werden, ob eine makro-, megalo- oder normoblastäre Erythropoese vorliegt. Polychromatische Erythrozyten Die vermehrte Ausschwemmung unreifer Erythrozyten aus dem Knochen- mark (gesteigerte Erythropoese) tri kompensatorisch nach Blutungen oder bei Hämolysen auf. Mikroskopie, Blutausstrich Zellquer- schnitt Morpholo- gische Be- schreibung Erythrozyten- indices Verwechslungs- möglichkeit Normozyt normochrom, normozytär Zentrale Auf- hellung MCV normal MCH normal MCHC normal Makrozyt normochrom, makrozytär Zentrale Auf- hellung wenig ausgeprägt MCV erhöht MCH erhöht MCHC normal polychroma- tischer Erythrozyt Megalozyt normochrom, Zentrale Auf- hellung wenig ausgeprägt/ fehlend MCV / MCH deutlich erhöht MCHC normal Ovalozyt Polychro- matischer Erythrozyt polychroma- tisch, keine zentrale Auf- hellung MCV erhöht MCH normal MCHC normal Makrozyt 7 µm > 11 µm > 8 µm 9 µm Megaloblastäre Erythropoese Es liegt eine gestörte DNA-Synthese vor. Bei weiterhin normaler RNA-Synthese kommt es zur asynchronen Reifung von Zellkern und Zytoplasma. Es entstehen vergrösserte Ery- throzytenvorstufen, welche z.T. bereits im Knochenmark zugrunde gehen (ineffektive Erythropoese). In der Peripherie finden sich ma- kro- bzw. megalozytäre Erythrozyten, deren Überlebenszeit ebenfalls verkürzt sein kann. Die gestörte DNA-Synthese wirkt sich auch auf die Myelo- und Thrombopoese (Megalopoese) aus. So kann im Verlauf auch eine Neutro- und Thrombozytopenie, sowie eine Hypersegmen- tation der Neutrophilenkerne entstehen. Makroblastäre Erythropoese Die Mechanismen, welche zu Makrozytosen ohne megaloblastäre Erythropoese führen, sind nur teilweise geklärt. Bei Lebererkrankungen entsteht die Makro- zytose beispielsweise durch eine vermehrte Einlagerung von Cholesterin und Phospholi- piden in die Erythrozytenmembran. Eine Makrozytose liegt definitionsgemäss vor, wenn der MCV (das mittlere zelluläre Volumen) bei über 100 Femtolitern liegt.

Blickpunkt Hämatologie Die Makrozytose

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Page 1: Blickpunkt Hämatologie Die Makrozytose

Blickpunkt Hämatologie Die Makrozytose MQZH 2009-02

Einleitung

Ein MCV-Anstieg beruht auf einem vermehrten Auftreten von Makro- bzw. Me-galozyten. Bei gleichzeitiger Polychromasie der Makrozyten muss an das Vorlie-gen einer Retikulozytose gedacht werden.Bei den Makro- und Megalozyten handelt es sich um abnorm vergrösserte, reife Erythrozyten mit azidophiler Färbung. Polychromatische Erythrozyten sind meist junge Erythrozyten. Sie sind aufgrund ihres Ausreifungsgrades noch grösser und in der May-Grünwald-Giemsa-Fär-bung blau-violett, was ihnen auch den Namen gibt. Sind morphologisch vermehrt polychromatische Erythrozyten nachweisbar, bezeichnet man dies auch als Polychromasie.

Ursachen der Makrozytose

Megaloblastäre Erythropoese

Vitamin-B12- oder Folsäuremangel

21 %

Medikamente u.a. - Zytostatika z.B. Methotrexat - Virostatika z.B. Zidovudin bei HIV- Antiepileptika z.B. Phenytoin

11 %

angeborene DNA-Synthesestörungen(z.B. Dyserythropoe-tisches Syndrom)

sel-ten

MakroblastäreErythropoese

Alkoholismus 36 %

Lebererkrankungen 11 %

Hämatologische Erkrankungen (MDS)

5 %

Hypothyreose 2 %

Gesteigerte Erythropoese z.B. bei Hämolyse oder akuter Blutung (Makrozytose durch Polychromasie)

7 %

Weitere z.B.

- chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)- Raucher- Down-Syndrom- Postsplenektomiestatus

Entstehungsmechanismen und Ursachen

Morphologie

Prozentangaben = Ursachenhäufigkeit bei Makrozytosen

Makrozyten, Megalozyten

Durch eine Knochenmarksuntersuchung kann festgestellt werden, ob eine makro-, megalo- oder normoblastäre Erythropoese vorliegt.

Polychromatische Erythrozyten

Die vermehrte Ausschwemmung unreifer Erythrozyten aus dem Knochen-mark (gesteigerte Erythropoese) tritt kompensatorisch nach Blutungen oder bei Hämolysen auf.

Mikroskopie, Blutausstrich

Zellquer-schnitt

Morpholo-gische Be-schreibung

Erythrozyten-indices

Verwechslungs-möglichkeit

Normozyt normochrom, normozytär

Zentrale Auf-hellung

MCV normalMCH normal

MCHC normal

Makrozyt normochrom, makrozytär

Zentrale Auf-hellung wenig

ausgeprägt

MCV erhöhtMCH erhöht

MCHC normal

polychroma-tischer

Erythrozyt

Megalozyt normochrom, Zentrale Auf-hellung wenig

ausgeprägt/ fehlend

MCV / MCH deutlich erhöht

MCHC normal

Ovalozyt

Polychro-matischer Erythrozyt

polychroma-tisch, keine

zentrale Auf-hellung

MCV erhöhtMCH normal

MCHC normal

Makrozyt

7 µm

> 11 µm

> 8 µm

9 µm

Megaloblastäre Erythropoese

Es liegt eine gestörte DNA-Synthese vor. Bei weiterhin normaler RNA-Synthese kommt es zur asynchronen Reifung von Zellkern und Zytoplasma. Es entstehen vergrösserte Ery-throzytenvorstufen, welche z.T. bereits im Knochenmark zugrunde gehen (ineffektive Erythropoese). In der Peripherie finden sich ma-kro- bzw. megalozytäre Erythrozyten, deren Überlebenszeit ebenfalls verkürzt sein kann. Die gestörte DNA-Synthese wirkt sich auch auf die Myelo- und Thrombopoese (Megalopoese) aus. So kann im Verlauf auch eine Neutro- und Thrombozytopenie, sowie eine Hypersegmen-tation der Neutrophilenkerne entstehen.

Makroblastäre Erythropoese

Die Mechanismen, welche zu Makrozytosen ohne megaloblastäre Erythropoese führen, sind nur teilweise geklärt. Bei Lebererkrankungen entsteht die Makro-zytose beispielsweise durch eine vermehrte Einlagerung von Cholesterin und Phospholi-piden in die Erythrozytenmembran.

Eine Makrozytose liegt definitionsgemäss vor, wenn der MCV (das mittlere zelluläre Volumen) bei über 100 Femtolitern liegt.

Page 2: Blickpunkt Hämatologie Die Makrozytose

Erkennen von Makro- und Megalozyten im Blutausstrich

ImpressumAutorin Annette SteigerFotografie Dr. Roman Fried

Fachliche Beratung K. Bruni, Dr. J. Goede, Klinik für Hämatologie, Universitätsspital Zürich

© 2009 Verein für medizinische Qualitätskontrolle www.mqzh.ch

Erythrozyten-Indices

c) Grössenvergleich: Megalozyt (Me) mit Normozyten, Neutrophilem und Lymphozytd) Vergleich: Megalozyt (Me) mit Ovalozyt (Ova)

Normozyten

Makrozyten

Megalozyten

Polychromatische Erythrozyten sind häufig junge Erythrozyten bzw. Retikulozyten. Sie sind auf-grund ihres Reifungsgrades noch ca. 20% grösser als reife Normozyten und zeigen aufgrund ihres RNA-Gehaltes eine bläulich/ hellviolette Färbung.

Bei Ovalozyten liegen die gegenüberliegenden Zellseiten nahezu parallel zueinander. Im Gegensatz dazu liegen sie beim viel grösseren Megalozyten unterschiedlich weit auseinander, d.h. die Seiten zeichnen einen Bogen.

Grösse: Der Durchmesser eines Normozyten ent-spricht dem Kerndurchmesser eines kleinen Lymphozyten. Der Durchmesser von zwei Nor-mozyten entspricht dem Zelldurchmesser eines neutrophilen Granulozyten.

Färbung: Bei normochromen Erythrozyten nimmt die zentrale Aufhellung ca. 1/3 des Zelldurchmes-sers ein.

Mikroskopie des Blutausstrichs

a) Grössenvergleich: Makrozyt (Ma) mit Normozyten, Neutrophilem und Lymphozytb) Vergleich: Makrozyt (Ma) mit Polychromatischem Erythrozyten (Poly)

«Wie schwer ist das im Erythrozyten enthaltene Hämoglobin?»

«Wie hoch ist der Anteil des Hämoglobins am ge-samten Erythrozyten?»

Die Erythrozyten-Indices sind Werte, welche aus den Parametern des roten Blutbildes berechnet werden. Sie ge-ben Auskunft über Grösse und Hämo-globinanteil der Erythrozyten.Da in die Berechnung die gesamte Zahl analysierter Erythrozyten ein-fliesst, handelt es sich um Durch-schnittswerte.

MCV Mittleres zelluläres Volumen

Berechnung Hämatokrit : Ec Zahl

Normwerte 80-100 Femtoliter

MCH Mittlerer zellullärer Hb- Gehalt

Berechnung Hämoglobin: Ec Zahl

Normwerte 26 - 34 Picogramm

Das Gewicht des Hämoglobins steigt proportional zur Zellgrösse. Je grösser die Zelle desto „schwerer“ das enthal-tene Hämoglobin.

MCHC Mittlere zellulläre Hb- Konzentration

Berechnung Hämoglobin: Hämatokrit

Normwerte 310 - 360 g/L

Anteilig am Gesamtvolumen ent-hält jeder produzierte Erythrozyt rund 1/3 Hämoglobin. Pathologische Werte sind selten (erhöht bei nachträglicher Verminderung des Zellvolumens z.B. Sphärozytose oder Autoimmunhämoly-tische Anämie).

a) Grössenvergleich eines Makrozyten (Ma) mit dem Kern eines Lymphozyten (Ly) b) Grössenvergleich eines Makrozyten (Ma) mit einem Neutrophilen (Neut) c) Grössenvergleich eines Megalozyten (Me) mit einem Neutrophilen (Neut) d) Vergleich eines Makrozyten (Ma) und eines Megalozyten (Me)

b)

Poly

Ma

a) Ma

c) Me

d) Me

Ova

Der Begriff «Hyperchrom»

In Zusammenhang mit einer Makrozytose taucht häufig auch der Begriff hy-perchrom auf. Diese Bezeichnung bezieht sich fälschlicherweise auf einen er-höhten MCH-Wert. In der Mikroskopie werden Makro- und Megalozyten als normochrom bezeichnet obwohl deren zentrale Aufhellung tatsächlich schlecht erkennbar ist. Dies liegt aber nicht an einer «Überfüllung» mit Hämoglobin, sondern daran, dass sie nicht nur grösser sondern auch dicker sind als Normo-zyten. Der normale MCHC belegt, dass der Hämoglobinanteil bezogen auf die Zellgrösse normal ist.

«Wie gross ist der Erythrozyt?»

b)

Me

Neutc) d) Ma

Me

e)h)

Poly

Ma

g)

Poly

No

Neut

Ma

b)a)

Ly Ma

Ova

e) Me

f)

Ova

Mono

e) Vergleich eines Ovalozyten (Ova) mit einem Megalozyten (Me)f) Ovalozyt (Ova) neben einem vakuolisierten Monozyten (Mono) g) Polychromatischer Erythrozyt (Poly) im Vergleich mit einem Normozyten (No)h) Polychromatischer Erythrozyt (Poly) im Vergleich mit einem Makrozyten (Ma)

Blickpunkt Hämatologie