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Kompass 01/13 Fair und fokussiert. Anforderungen an ein neues Marktdesign.

bne-Kompass 1/2013

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Fair und fokussiert. Anforderungen an ein neues Marktdesign.

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Kompass 01/13

Fair und fokussiert. Anforderungen an ein neues Marktdesign.

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Inhaltsverzeichnis

3 Editorial

5 Das neue Energiemarktdesign: komplex aber machbar 10 Pflicht zur Direktvermarktung schafft neuen Markt Ein Gastbeitrag von Gero Lücking 14 System- oder Marktdesign — was braucht die Energiewende? Interview mit Dr. Felix Christian Matthes und Prof. Dr. Uwe Leprich 21 Die Energiewende wettbewerblich gestalten! Ein Gastbeitrag von Uli Huener 26 Flexible Erneuerbare durch aktive Marktteilnahme Ein Gastbeitrag von Jonas Katz 30 Energiewende 2.0 Ein Beitrag von Michael Gassmann 32 Netzwerken beim bne 34 Fragen zu Marktdesign und EEG an Oliver Krischer, MdB Köpfe der Energiepolitik — Folge 14

36 Impressum

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Liebe Leserinnen und Leser,

kein Tag vergeht derzeit ohne einen Bericht über die Schwierigkeiten bei der Umsetzung des ehrgeizigen Projektes Energiewende. In der Tat gestaltet sich der Übergang in ein völlig neues System – das die Erneuerbaren in den Mittelpunkt stellt, ohne Atomkraft auskommen will und die Versorgung dennoch zu 100 Prozent sicherstellen soll – schwieriger als angenommen. Doch komplizierte Zusammenhänge und anstrengende Übergangspro­zesse dürfen nicht zur Stagnation führen. Sie müssen Ansporn sein, neue Wege zu gehen. Davon sind wir überzeugt.

Der bne hat mit seiner Studie zu Kapazitätsmechanismen schon 2011 einen neuen Weg ein­geschlagen – als noch keiner etwas mit dem Begriff Marktdesign an­fangen konnte. Zwei Jahre und eine Energiewende später ist das Wort vom neuen Marktdesign zwar in aller Munde, doch die Definition des Begriffs ist auch heute noch schwammig; die politische Ent­scheidung über die konkrete Aus­gestaltung steht noch immer aus.

Wie unterschiedlich die Idee eines neuen Energiemarkt designs definiert werden kann, zeigt unser Doppelinterview mit Prof. Dr. Uwe Leprich vom Institut für Zukunfts­EnergieSysteme in Saarbrücken und Dr. Felix Christian Matthes vom Öko­Institut in Berlin auf S. 14. Beide sehen dringenden Reformbedarf.

Doch während Matthes die Lösung in einem zentralen fokussierten Ka pazitätsmarkt sieht, setzt sich Leprich für ein neues Systemde­sign ein, das unter anderem die Rückkehr zur physikalischen Wälzung beinhaltet.

Dass das Erneuerbare­Ener­gien­Gesetz (EEG) schon heute einen marktorientierten Ansatz enthält, der lediglich weiterent­wickelt werden muss, beschreibt der Geschäftsführende Direktor Energiewirtschaft der LichtBlick SE, Gero Lücking, in seinem Gast­artikel auf S. 10: Die Direktvermark­tung von erneuerbarer Energie schafft seiner Ansicht nach einen Markt für Unternehmen, die durch ihr Know­how zu innovati­ven neuen Lösungen beitragen.

In Dänemark ist das längst Alltag. Über die positiven Erfahrun­gen, die sein Unternehmen mit der Direktvermarktung von erneuerba­ren Energien gemacht hat, berich­tet Jonas Katz von der Neas Energy A/S in seinem Beitrag auf S. 26. Sein Fazit: Die Direktvermarktung ist der Schlüssel zu Flexibilisie­rung, Mehrwert und Wettbewerb.

Für Uli Huener, Geschäfts­führer der Yello Strom GmbH, sind die Kunden der Schlüssel zum Erfolg. Viel zu wenig werde nach den Bedürfnissen der Ver­braucher gefragt, erläutert er in seinem Beitrag auf S. 21. Statt­dessen werde immer mehr regu­

liert – ohne Rücksicht auf Akzep­tanz oder Durchführbarkeit.

Dass auf dem Erzeugungs­markt dringend ein paar neue Regeln gebraucht werden, erklärt Oliver Krischer, MdB, energiepo­litischer Sprecher der Bundestags­fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Interview auf S. 34. Er fordert, dass neben Gaskraftwerken unbe­dingt auch die Poten ziale aus Last­steuerung und Stromspeicherung mit in Kapazitätsauktionen einbe­zogen werden müssen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Ihr Robert Busch bne-Geschäftsführer

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Die verzweigten Diskussionen um das Energiemarktdesign der Zukunft haben ein Schlaglicht auf die enormen energiepolitischen Herausforderungen geworfen. Zur Redlichkeit in dieser Debatte gehört, dass es keine ganz einfachen Ant­worten gibt. Symptomatisch ist, dass die Energieabteilungen des Bundeswirtschafts­ und Bundes­umweltministeriums in den letzten Monaten erheblich erweitert wur­den und sich in ungezählten Sit­zungen neu gegründeter Plattfor­men mit Wissenschaftlern und Verbändevertretern beraten.

Auf Komplexität mit Marktwirtschaft antwortenDie Komplexität hat in der Tat deutlich zugenommen. Ein Grund ist, dass Deutschland sich mit der Energiewende ein Projekt vorge­nommen hat, das in technischer, ökonomischer und politischer Hin­sicht ohne Vorbild ist. Dringliche Fragen lauten: Was geschieht mit

den Instrumenten, die erfolgreich Anschubförderung für erneuerbare Energien geleistet haben? Sind sie noch optimal, wenn Wind­ und Photovoltaikanlagen tragende Säu­len im Energiemix darstellen?

Ein weiterer Komplexitäts­treiber ist die Tatsache, dass sich die europäische Energiewirtschaft noch immer in einer Phase der Tran­sition von monopolistischen Struk­turen hin zu liberalisierten Märkten befindet. In einer Branche mit lang­lebiger Infrastruktur sind auch sol­che Übergänge langwierig und ma­chen von Zeit zu Zeit Anpassungen erforderlich. Das gegenwärtig pro­minenteste Beispiel kommt aus dem Bereich der konventionellen Strom­erzeugung. Vor der Jahrtausendwen­de hatten die großen Strommono­polisten für mehr als ausreichend Erzeugungskapazitäten gesorgt, um die ihnen politisch zugestandene, komfortable wirtschaftliche Lage nicht durch Blackouts zu gefährden. Im Zuge der Liberalisierung und

des zunehmenden Wettbewerbs zeichnet sich nun aber ab, dass ein Kapazitätsmechanismus notwen­dig ist, um ein hohes Niveau von Versorgungssicherheit garantieren zu können.

Ein weiterer Grund für die hohe Komplexität ist, dass das wirt­schaftspolitische Standardinstru­mentarium in vielen Fällen nicht anwendbar ist. Auch im Energie­sektor gilt zwar, dass Wettbewerb für Effizienz und Innovation un­verzichtbar ist, doch Wettbewerb benötigt stets eine Rahmenord­nung – und auf den Energiemärk­ten sogar eine ganz spezielle: Sie muss an die spezifischen Formen des energiewirtschaftlichen Markt­versagens angepasst werden, insbe­sondere an das natürliche Mono­pol im Bereich der Energienetze und an das Problem der übermäßigen Emission von Treibhausgasen. Hin­zu kommt, dass die Energiewende keineswegs nur eine nationale Herausforderung ist. Sie muss in

Dass das Ringen um ein neues Energiemarktdesign keine einfache Aufgabe ist, weiß mittlerweile jeder — die Medien berichten fast täglich über die Kom-plexität der Energiewende. Doch Komplexität darf kein Grund zur Stagnation sein. Für den bne ist klar: Nur wettbewerblich organisierte Strukturen schaffen Raum für Innovation und Kosteneffizienz. Dr. Thies Clausen vom bne benennt die zentralen Probleme und die wichtigsten Handlungsoptionen. Sein Ergebnis: Fokussierte Kapazitätsmärkte und eine verpflichtende Direktvermarktung sind die passenden Instrumente.

Das neue Energiemarktdesign: komplex aber machbar

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die Regeln des europäischen Bin­nenmarkts für Energie eingepasst, auf dessen Instrumente und mit den europäischen Partnern abge­stimmt werden.

bne-Kompass für ein optimales MarktdesignAuf die Effizienz stiftende und Innovationen auslösende Kraft des Marktes kann die Energiewende nicht verzichten. Die Ziele der Ener­giewende durch das Auslösen le­bendigen Wettbewerbs zu erreichen ist deshalb die zentrale Heraus­forderung bei der Schaffung eines neuen Marktdesigns. Nur so wird es gelingen, die Energiewende zu einer unternehmerischen Grün­derzeit werden zu lassen. Es passt nicht zu einer sozialen Marktwirt­schaft und einem Land der Ideen, wenn sich unternehmerische Chan­cen vorwiegend aus dem Zugang zu staatlich garantierten Zahlun­gen ergeben. Subventionen bedeu­ten innovationsökonomische Lähmung, sind industriepolitisch nicht nachhaltig und ungerecht.

Die Energiewende erfolg­reich anzusteuern heißt außerdem nicht nur, den geplanten Dekarbo­nisierungskurs einzuschlagen, son­dern auch, dies kostenminimal zu tun. Die deutsche Energiewende wird klimapolitisch unbedeutend bleiben, wenn sie aufgrund über­bordender Kosten international keine Nachahmer findet. Verant­wortungsvolle Vorschläge für das Marktdesign der Zukunft müssen

dies berücksichtigen und wett­bewerblichen Lösungen breiten Raum verschaffen.

Was das konkret heißt, kann schwierig festzustellen sein. Viele Vorschläge schmücken sich mit dem Attribut „wettbewerblich“, ohne dies tatsächlich zu sein. Zwar weisen sie durchaus mehr oder weniger wettbewerbliche Elemente auf. Doch die meisten dieser Vorschläge würden volks­wirtschaftlich teuer bezahlt, da sie die eigentlich Verantwortlichen aus der Pflicht nehmen und stattdessen

ungeeignete Akteure adressieren, Markteintrittsbarrieren er richten, hohen bürokratischen Aufwand auslösen, bestehende Geschäftsmo­delle verdrängen und neue Märkte schaffen, deren Funk tio nieren un­sicher ist. Aufrichtig und hilfreich ist das Bekenntnis zum Wettbewerb also nur dann, wenn sich dahinter weder eine pseudo­wettbewerbli­che Konzep tion noch eine naive Laissez­faire­Haltung verbirgt.

Die Evolution der Erneuerbaren Förderung Wie ist, mit diesem Kompass wett­bewerblicher Umsicht in der Hand,

die Förderung erneuerbarer Ener­gien (EE) auszugestalten? Die klassi­schen Einspeisevergütungen des EEG haben ausgedient. Ihr Ziel war es, für Markteinführung zu sor­gen; im Vordergrund stand also, dass erneuerbare Erzeugungsanla­gen überhaupt zugebaut werden. Dies ist durchaus gelungen, doch die Phase der Markteinführung ist längst vorbei. Heute stehen wir vor neuen Herausforderungen. Einige von ihnen müssen durch An­passungen des Energiesystems – etwa im Bereich des Ausbaus der

Energienetze, der Flexibilisie­rung von kon­ventioneller Er­zeugung und Nachfrage – ge­meistert wer­den. Ein neues Förderregime

wird aber auch den Betreibern von erneuerbaren Anlagen Lösungs­beiträge abverlangen müssen. An­ders als gelegentlich propagiert, ist dies nicht das Ende, sondern ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg der Energiewende.

Das EEG muss dafür nicht revolutioniert werden, denn einen in der Praxis bewährten Ansatz enthält es bereits: Das Marktprä­mienmodell. Es sieht zwei Erlös­ströme für Anlagenbetreiber vor. Neben einer gesetzlich garantier­ten Prämie auf der einen Seite, kön­nen Anlagenbetreiber den von ih­nen erzeugten Strom auf der anderen

„Die deutsche Energiewende wird kli ma-politisch unbedeutend bleiben, wenn sie aufgrund überbordender Kosten inter-national keine Nachahmer findet.“

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Seite auch im Stromgroßhandel verkaufen. Die konsequente Wei­terentwicklung dieses Modells zu einer verpflichtenden Markt­prämie verspricht, die drei zen­tralen Herausforderungen der Er­neuerbaren­Förderung zu lösen: 1. Mehr Systemdienlichkeit. Die Energiemärkte und die von ihnen ausgehenden Preissignale sind auch in Zukunft zentral für Entscheidungen über den Ein­satz von Erzeugungsanlagen. Eine Marktprämie sorgt dafür, dass diese Preissignale auch den Be­trieb erneuerbarer Anlagen er­reichen: Sie setzt Anreize dafür, dass Anlagen bei stark negativen Preisen infolge eines Überange­bots abgeregelt werden, sowie Anreize zur Steigerung der Progno­següte und erlaubt so eine effizien­tere Aufnahme der schwanken­den EE­Einspeisung durch das Energiesystem. Außerdem eröffnet die Marktprämie den Erneuerba­

ren die Möglichkeit der Beteiligung am Regelenergiemarkt. 2. Keine unnötig hohen Kosten. Das Marktprämienmodell stand auf­grund eines anfänglichen Konstruk­tionsfehlers in der Kritik: Da es ledig­lich optional war, mussten Anlagen­ betreiber durch besonders lukrative Konditionen – hier sei insbesondere die Managementprämie genannt – aus der Einspeisevergütung gewis­sermaßen herausgekauft werden. Eine verpflichtende Marktprämie kommt ohne diese Kosten aus.

Eine weitere wichtige Kos­ten ersparnis ergibt sich, wenn die Förderung nicht administrativ und politisch, sondern wettbewerblich festgelegt wird. Regelmäßig statt­findende Ausschreibungen sollten genutzt werden, um die Höhe der Marktprämie festzulegen. Kleinan­lagen können an diesen Ausschrei­bungsverfahren über Aggregatoren teilnehmen oder in Höhe des Auk­tionsergebnisses gefördert werden.

Gegen die Marktprämie wird manch­mal eingewandt, Investoren dürf­ten keinerlei Unsicherheit durch den Marktpreis ausgesetzt werden – im Kontext einer Marktwirtschaft eine überraschende Position. Richtig ist sicherlich, dass Investoren Risiken einpreisen. Ein Fördermechanis­mus, der den Investor großen und kaum antizipierbaren Risiken aus­setzt, wäre deshalb zu teuer oder ineffektiv, wahrscheinlich beides. Dies ist bei der Marktprämie aber nicht zu befürchten, da nur ein Teil des Erlösstroms dem normalen Marktrisiko ausgesetzt ist. Das Inves­torenrisiko ist also wohldosiert und setzt den nötigen Anreiz für system­dienlichen Betrieb, was von großer volkswirtschaftlicher Bedeutung ist.

3. Effizientere Allokationsmuster. Das EEG der Einspeisevergütung sorgte – teils durch zu hohe Förder­sätze, teils durch ihre Differenzie­rung – dafür, dass beim Zubau von erneuerbaren Anlagen auch inef­

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„Ein neues Förderregime muss dafür sorgen, dass die effizientesten Anlagen an den besten verfügbaren Standorten zugebaut werden.“

fiziente Technologien in subop­timalen Anlagengrößen an relativ schlechten Standorten wirtschaft­lich waren. Das eklatante Auseinan­derklaffen betriebs­ und volkswirt­schaftlicher Renditen war die Folge. Ein neues Förderregime muss da­für sorgen, dass selbstverständlich die effizientesten Anlagen an den besten verfügbaren Standorten zu­gebaut werden. Ein mittels Auktio­nen wettbewerblich festgelegter För­dermechanismus tut genau dies.

Das verpflichtende Markt­prämienmodell ist konkretisierungs­bedürftig und keine Antwort auf alle Fragen. So kann es etwa bei der Koordination des EE­Zubaus mit dem Netzausbau oder der Frage nach der Zukunft der Offshore­Wind­kraft nicht weiterhelfen. Doch grundsätzlich ist es in der Lage, die Energiewende effizient zu flankie­ren, was auch die Erfahrungen zei­gen, die mit der optionalen Markt­prämie bereits gemacht wurden.

Ein Wort zu Kapazitäts-mechanismenZum Marktdesign gehört auch die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass im Interesse der Ver­sorgungssicherheit zu jedem Zeit­punkt ausreichende Kapazitäten zur Verfügung stehen. Der vom bne diesbezüglich favorisierte Ansatz ähnelt der Idee der EE­Förderung mittels Markprämie. Um das Mis­sing­money­Problem potenzieller Investoren zu lösen, müssen diese künftig mit zwei Erlösströmen kal­

kulieren können: Den Einnahmen aus der Vermarktung ihres Stroms und einer weiteren, für den Inves­tor gut antizipierbaren Komponente, die in wettbewerblichen Auktio­nen zu ermitteln ist. Geeignete Aus­schreibungsmodalitäten sorgen für Wettbewerb um die besten Lö­sungsbeiträge aus dem Bereich der konventionellen Erzeugung, des Demand­Side­Managements und der Speicher.

Auf diese Weise wird dafür gesorgt, dass die Einsatzentschei­dungen aller Kapazitäten nach wie vor von den Preissignalen der Großhandelsmärkte bestimmt wer­den. Wettbewerbliche Ausschreibun­gen und der Verzicht auf un nötig risikoträchtige Fördermechanismen verhindern eine überhöhte Förde­rung und unerwünschte Verteilungs­effekte. Unter den derzeit intensiv diskutierten Vorschlägen kommt dieser Beschreibung die Konzep­tion „Fokussierte Kapazitätsmärkte“, wie sie im Auftrag des WWF aus­gearbeitet wurde, am nächsten.

Nur Wettbewerb sorgt für Bezahlbarkeit und InnovationBei aller Komplexität lässt sich mit großer Sicherheit sagen: Nur wettbewerbliche Lösungen, die gleichzeitig für die besonderen Be­dingungen des im Umbruch be­findlichen Energiesystems sensibel sind sowie eine starke und innova­tive Unternehmenslandschaft sichern die Bezahlbarkeit des Energiesys­tems. Die Großhandelsmärkte und

die von ihnen ausgehenden Preis­signale müssen deshalb das Herz­stück eines zukunftsfähigen Ener­giemarktdesigns sein. Sie sorgen für effiziente Energielogistik und set­zen unverzichtbare Investitionsan­reize. Um Systemsicherheit und die Erneuerbaren­Ausbauziele zu erreichen, sind sie um wettbe­werbliche und risikosensible Me­chanismen zu ergänzen. Eine Variante fokussierter Kapazitäts­märkte und eine verpflichtende Marktprämie sind hier die Instru­mente der Wahl.

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Ein Gastbeitrag von Gero Lücking

Die Welt wird dezentral und elek trisch. Vielleicht sind das – neben der Umstellung auf eine vollständig regenerative Energie­erzeugung – die zwei wesentli­chen Schluss fol gerungen aus der beschlossenen Energiewende. In der dezentralen Welt sind wir, auch wenn wir das auf den ersten Blick nicht wahr haben wollen, schon heute angekommen. 1,3 Millionen dezentrale, erneuerbare Anla­ gen erzeugen und speisen bereits heute Strom ins Netz ein. Hinzu kommen rund 40.000 dezentrale Kraft­Wärme­Kopplungsanlagen. Zunehmend elektrisch wird die Welt, wenn regenerative Erzeu­gungsüberschüsse, die derzeit noch vorhandenen, hohen fos­silen Anteile verdrängt haben und anschließend im Wärme­ und Verkehrssektor die Anteile anderer Energieträger kontinu­ierlich reduzieren.

Hinter der Dezentralität, die mit dem weiteren Ausbau der regenerativen Erzeugung zuneh­men wird, stehen Endkunden und oftmals private Investoren, die – gepaart mit einem Hang zur Autar­kie – ihren Beitrag zur Lösung

der Energie­ und Klimaprobleme leisten wollen. Die Netzbetreiber haben eine gesetzliche Pflicht – und das sowohl gemäß des Kraft­Wär­me­Kopplungs­Gesetzes (KWKG) als auch des Erneuerbaren­Energien­Gesetzes (EEG) – diese Anlagen an ihr Netz anzuschließen und den erzeugten Strom ins Netz aufzuneh­men. Den EEG­Strom müssen die Netzbetreiber – sofern der Anlagen­betreiber sich nicht für einen Weg der Direktvermarktung entscheidet – vermarkten; den Anlagenbetrei­bern müssen die Netzbetreiber die gesetzlich festgelegten Vergütun­gen auszahlen.

Zentrale Frage des zukünfti­gen Marktdesigns ist es, wie dieses derzeit durch das EEG vom Markt­geschehen abgeschirmte System sinnvoll, dauerhaft und vollständig in den Markt integriert werden kann. Diese Marktintegra tion muss außerdem sicherstellen, dass der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien nicht abgewürgt wird. Denn Marktintegration soll einen marktwirtschaftlichen Rahmen für die Energiewende bilden; sie also unterstützen und sie nicht etwa durch die Hintertür verlangsamen

oder gar beenden. Wichtigste Rand­bedingung für das neue Markt­design ist also weiterhin, Investi­tionssicherheit sicherzustellen.

Netzbetreiber können keinen Markt Bei der Analyse des derzeitigen Ordnungsrahmens fällt auf, dass die Netzbetreiber bei der Vermark­tung der erneuerbaren Energien eine Rolle erhalten, die ihnen zum einen per Marktdefinition nicht zusteht und die sie zum anderen nicht ausfüllen können. Den Netz­betreibern kommt im Markt die Auf­gabe zu, für den Netzanschluss, den Netzausbau und die Netzsta­bi lität zu sorgen. Sie sind keine Vermarkter von Strom. Sie betrei­ben kein Trading, sie besitzen kein Prognose­Know­how, sie kön­nen weder Energieflüsse handeln noch optimieren. Durch die Libe­ralisierung des Messwesens wer­den sie auch nur noch begrenzt mit der Datenerfassung und dem Datenaustausch zu tun haben. Mit Energie haben sie aus ihrer Markt­rolle heraus nur zu tun, wenn sie Energie zum Ausgleich der in ihren Netzen auftretenden Verluste be­schaffen müssen.

Wie das Ökostromunternehmen LichtBlick SE sich die Struktur eines reformierten EEG vorstellt, beschreibt dessen Geschäftsführender Direktor Energiewirtschaft, Gero Lücking. Seine These: Mit der gesetzlichen Pflicht zur Direktvermarktung — und dem Verzicht auf die Managementprämie — können Erneuerbare kosteneffizient ins System integriert werden.

Pflicht zur Direktvermarktung schafft neuen Markt

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Strikte Trennung von Netz und Markt beibehaltenInsofern muss der erste Schritt einer Reform sein, den Netzbetrei­bern auch im Rahmen der Ver­marktung von erneuerbaren Ener­gien die Rolle zu geben, die sie übernehmen können. Das ist nicht die Rolle des Vermarkters, sondern die Rolle desjenigen, der den Netz­anschluss und die Netzstabilität sicherstellen kann und muss. Die­se Definition und Abgrenzung ist auch in Hinblick auf den weiteren Liberalisierungsprozess, ohne den die Energiewende nicht erfolgreich bewerkstelligt werden kann, wich­tig. Die klare Abgrenzung zwischen Monopolbereich – also dem Netz­betrieb – auf der einen Seite und den Aufgaben und Leistungen, die im Wettbewerb stehen, auf der an­deren Seite, ist zentrale Aufgabe eines langfristig tragfähigen und sauber strukturierten, neuen Markt designs. Die Bundesnetz­agentur ist in dieser Rollende­

finition mit der Unterscheidung in die Smart Grids einerseits und die Smart Markets andererseits inhaltlich richtig und zielführend unterwegs. Der Begriff des dienen­den Netzes beschreibt hier völlig korrekt die zukünftige Rolle der Netzbetreiber. Die vom bne mitent­

wickelte sogenannte Netzampel ist ein wichtiges Element in dieser Marktabgrenzung, weil hier der Netzbetreiber verpflichtet wird, grundsätzlich alle Aufgaben der Versorgungssicherheit und Netz­stabilität wettbewerblich zu orga­nisieren. Nur im kritischen Fall

eines drohenden Kollapses (rote Ampel) kann er hart eingreifen und Erzeuger und Verbraucher ab­ und/ oder einschalten. In allen anderen Netzzuständen (grüne und gelbe Ampel) muss er die Dienstleistun­gen und Kapazitäten, die er für einen sicheren Netzbetrieb benö­

tigt, im Wettbe­werb ausschrei­ben. Vertriebe, Erzeuger und Dienstleister können sich an diesen Aus­schreibungen beteiligen und stellen mit ihren Angeboten die

wettbewerbsfähigste, effizienteste und preisgünstigste Dienstleistung dem Markt zur Verfügung. Vorbild für dieses Verfahren ist die Ebene der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Die dort gelernten und ein­gespielten Prozesse müssen jetzt auf die Verteilnetzebene erweitert

„Derzeit erhalten Netzbetreiber bei der Vermarktung der Erneuerbaren eine Rolle, die ihnen zum einen nicht zusteht und die sie zum anderen gar nicht beherrschen.“

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werden. Anders ausgedrückt: Alles, was jetzt in Richtung Systemdienst­leistungen auf Verteilnetzebene implementiert wird, muss in Pro­zessen und Fristen kompatibel zu dem sein, was auf ÜNB­Ebene bereits heute Standard ist. Zu­sammengefasst kann also festge­halten werden, dass die syste­matische Trennung zwischen Netz und Monopol bei einer Reform des EEG implementiert und abge­bildet werden muss.

Markt schaffen durch gesetzliche PflichtDiese Erkenntnis führt direkt zum zweiten Schritt einer notwendigen Marktreform: Es muss ein Markt für die erneuerbaren Energien ge­schaffen werden. Dies geschieht am einfachsten durch die gesetzli­che Verpflichtung für alle Betreiber erneuerbarer Anlagen, die erzeug­ten Mengen direkt zu vermarkten. Das bedeutet, dass sich jeder Anla­genbetreiber einen Dienstleister suchen muss, der die von ihm er­zeugten Mengen bestmöglich ver­kauft und damit in den Markt inte­griert. Diese Dienstleistung kann von Vertriebsgesellschaften erbracht werden, die die erneuerbaren Men­gen im Rahmen von Endkunden­portfolien an ihre Kunden liefern. Auch Großhandels­ und Kraftwerks­gesellschaften können tätig wer­den, indem sie die Mengen an den Großhandelsplätzen zu Bestprei­sen vermarkten. Unternehmen, die das Grünstromprivileg nutzen

oder gegen Eigenbedarf optimie­ren, können die Direktvermarktung ebenfalls anbieten. Viele weitere Ideen und Vermarktungsmöglichkei­ten werden sich ergeben – dafür wird der Wettbewerb sorgen. Jeden­falls dann, wenn die Pflicht für alle Anlagenbetreiber, die Direkt­vermarktung zu nutzen, gesetz­lich festgelegt wird. Dann kann wirklicher Wettbewerb ins Sys­tem einziehen. Wesentlich wird dabei sein, die Verpflichtung zur

Direktvermarktung ohne die bis­herige Managementprämie einzu­führen. Nur dann ist Kosteneffizi­enz gewährleistet. Damit trotzdem die Investitionssicherheit für bis­herige Direktvermarkter bestehen bleibt, muss die Differenz zwi­schen Vermarktungserlös und Ein­speisevergütung – wie bisher – dynamisch ausgeglichen werden.

Klare Linie bei der StromkennzeichnungEin Baustein dieser Marktreform wird auch sein müssen, das gesam­te Thema der Stromkennzeich­nung zu reformieren. Denn dass

die regenerative Qualität des Stroms im Rahmen der Stromkennzeich­nung innerhalb des Grünstrompri­vilegs genutzt werden darf, im Marktprämienmodell aber verbo­ten ist, kann niemandem vermit­telt werden. Regenerative Qualität muss im Rahmen der notwendi­gen EEG­ und EnWG­Reform also stets nutzbar und damit dem im oben dargestellten Sinne neu ge­schaffenen Markt zur Verfügung gestellt werden. Wenn wir jetzt noch

einen gut klin­genden Namen für die Idee der verpflichtenden Direktvermark­tung finden, ha­ ben wir einen Vorschlag, der den Rechtsrah­men weiter kon­sequent struk­

turiert und einen neuen Wettbe­ werbsmarkt für die erneuerbaren Energien schafft.

Dieser Vorschlag wird nicht alle Probleme der Energiewende lösen können, er kann aber einen wichtigen Beitrag zur Marktinte­gration der Erneuerbaren dadurch leisten, dass er – verpflichtend für alle – einen neuen Marktplatz für jene Energiemengen schafft, die mittelfristig über 80 Prozent der Erzeugung bereitstellen sollen.

„Ein Markt für Erneuerbare wird am einfachsten dadurch geschaffen, dass man Betreiber erneuerbarer Anlagen gesetzlich verpflichtet, die erzeugten Mengen direkt zu vermarkten.“

Gero Lücking sammelte seine beruflichen Erfahrungen in einer Nichtregierungsorganisation, arbeitete in Forschung und Industrie und ist seit Anfang 1999 für die LichtBlick SE tätig — zunächst als Prokurist, später als Mitglied der Geschäftsführung und des Vorstan-des. Seit 2013 ist der Diplom-Ingenieur Geschäftsführender Direktor Energiewirtschaft der LichtBlick SE. Seit 2006 ist er Mitglied des bne-Vorstandes.

System- oder Marktdesign — was braucht die Energiewende?Interview mit Dr. Felix Christian Matthes und Prof. Dr. Uwe Leprich

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Beide sind sich einig in der Frage, dass der Energiesektor ein neues Design braucht — ihre Lösungsansätze unterscheiden sich deutlich. Der bne hat Dr. Felix Christian Matthes, Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut e. V. und Prof. Dr. Uwe Leprich, wissen-schaftlicher Leiter des Instituts für ZukunftsEnergieSysteme (IZES) ge-fragt, was es mit ihren Modellen auf sich hat und wie es um einen Kom-promiss bestellt ist.

bne: Herr Dr. Matthes, Sie sprechen sich für ein neues Marktdesign mit einem fokussierten, wettbewerblichen Kapazitätsmarkt aus. Was bedeutet das?Dr. Felix Christian Matthes: Ein neues Design für den Strommarkt ist eine der wichtigsten Herausforde­rungen für die Energiewende. Denn Marktprozesse, richtig verstanden und ohne Scheuklappen betrach­tet, sind aus meiner Sicht der einzige Mechanismus, mit dem wir das zukünftig deutlich vielfältigere und vor allem von einer sehr großen und heterogenen Zahl neuer Akteure betriebene Stromsystem effektiv und effizient betreiben können.

Also soll sich der Staat völlig raushalten?Matthes: Wichtig ist mir dabei, ein grandioses Miss­verständnis vieler Diskussionen zu diesem Thema zu vermeiden. Markt ist ein Mechanismus, der die Koor­dination zwischen Angebot und Nachfrage über eine wettbewerbliche Preisbildung ermöglicht. Das hat

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nichts, aber auch gar nichts zu tun mit dem weit verbreiteten Mythos, dass sich ein Marktsystem dadurch auszeichnet, dass die Nachfrage „freiwillig“ oder „aus dem Markt heraus“ entstehen müsse. Ein Markt­system kann auch durch eine Nach­frage geprägt sein, die von der All­gemeinheit oder einem Regulator (wie beim CO2­Handel oder bei Ka­pazitätsmärkten) vorgegeben wird. Die Marktfrage stellt sich bei der zukünftigen Gestaltung des Strom­systems vor allem bei der Frage, ob und wie weit wir wettbewerbli­che Preissignale für die Koordi­nation des Systems nutzen wollen. Aus meiner Sicht werden wir den heutigen Strommarkt um Preissig­nale für die Bereitstellung von Ka­pazitäten ergänzen müssen, aber auch das heutige Festpreissystem für erneuerbare Energien schritt­weise in ein Marktmodell überfüh­ren, das auf wettbewerblich gebil­deten Preissignalen für den Wert des erzeugten Stroms, den Wert gesicherter Kapazität und den Wert CO2­freier Produktionskapazi­ tät basiert. Für diesen Transfor­mationsprozess haben wir das Konzept des fokussierten Kapazi­tätsmarktes für konventionelle Kraftwerkskapazitäten, flexible Nachfrage und Speicher vorge­schlagen. Für die erneuerbaren Energien wollen wir das EEG nach dem Konzept der Stromwert­optimierung reformieren. Die Schwerpunkte liegen also präzise auf „Markt“ und „Design“.

Sie wollen, dass auch von Still-legung bedrohte Kraftwerke mit in das Vergütungssystem einbe-zogen werden. Wie würden Sie die definieren?Matthes: Unser Modell des fokus­sierten Kapazitätsmarktes basiert auf getrennten Kapazitätsauktio­nen für die zwei Segmente, bei denen wir heute vor relevanten Heraus­forderungen stehen. Beim ersten Segment für Neubaukraftwerke, die vor allem speziellen Flexibili­täts­ und Umweltanforderungen entsprechen müssen, stehen wir doch vor der Situation, dass wir mit sich abzeichnenden Kapazitäts­ und Flexibilitätsdefiziten umge­hen müssen. Das zweite Segment zielt auf den Teil der Kraftwerks­flotte, der seine fixen Betriebskos­ten nicht mehr decken kann und ohne weitere Erträge aus der Kapa­zitätsbereitstellung zu schnell ab­schmilzt. In diese Auktionen wollen wir auch Maßnahmen zur Lastfle­xibilisierung einbeziehen, so dass wir einen marktlichen Klärungs­prozess darüber initiieren, welche Altkapazitäten über den Kapazi­tätsmarkt im System gehalten wer ­ den sollen. Als Präqualifikations­kriterium für die Bestandsanlagen­auktion haben wir eine Höchst­auslastung von 2000 Stunden in einer rollierenden Basisperiode vorgesehen. Für beide Segmente definiert der Regulierer die zu auktionierenden Mengen. Diese sollen in einem mit dem Netz­entwicklungsplan verknüpften

Verfahren transparent und mit umfangreichen Konsultationen eingegrenzt werden. In diesem Prozess sollen auch die Präquali­fikationsbedingungen ständig überprüft werden – um strategi­sches Verhalten der Kraftwerks­betreiber zu minimieren.

Und was ist mit den Erneuerbaren? Die können doch teilweise auch gesicherte Leistung bereithalten. Dürfen die mitbieten?Matthes: Wenn Stromerzeugungs­anlagen auf Basis erneuerbarer Energien nicht mehr im Rahmen einer Garantiepreisförderung be­trieben werden, können sie ihre ge­sicherte Leistung im fokussierten Kapazitätsmarkt anbieten. Das wird einer der vier Einkommensströme, aus denen sich erneuerbare Ener­gien zukünftig finanzieren sollen. Der Rest der Betriebs­ und Inves­titionskosten muss über die Strom­börse, den Markt für CO2­freie Leistung (für den wir in der nächs­ten Reformstufe erst einmal bei Preisregelungen bleiben wollen) und den Regelenergiemarkt er­wirtschaftet werden.

Herr Professor Leprich, was halten Sie davon?Prof. Dr. Uwe Leprich: Mir ist das ein bisschen zu viel akademisches Reißbrett und zu wenig realweltli­cher Inkrementalismus. Abgesehen davon, dass die Einführung eines Kapazitätsmechanismus in Deutsch­land noch überhaupt nicht in Sicht­

Dr. Felix Chr. Matthes: „Marktprozesse sind der einzige Mechanismus, mit dem wir das zu künftig deutlich vielfältigere und heterogene Strom-system effektiv und effizient betreiben können.“

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weite ist und zudem angesichts seines Pervertierungspotenzials sehr wasserdicht ausgestaltet werden muss, sollte man völlig unterschiedliche Sachverhalte wie Versorgungssicherheit als öf­fentliches Gut und die Finanzie­rung fluktuierender erneuerbarer Energien (FEE) wie Wind und Solar rein konzeptionell nicht in einen Topf rühren. Zudem ist mir Felix Matthes dann doch etwas zu marktgläubig, wenn er meint, dass die für den optimalen Ein­satz bestehender fossiler und nuklearer Kraftwerke konzipierte Strombörse einen substanziellen Beitrag zur Refinanzierung der FEE­Anlagen leisten könne. Es ist ja nicht einmal klar, ob die Strom­börse überhaupt sinnvolle Preis­signale für den Einsatz bestehen­der Wind­ und PV­Anlagen liefern kann, wenn man beispielsweise bedenkt, dass ein simultanes Abschalten der Wind­ und PV­An­lagen bei negativen Preisen die Preise automatisch ins Positive drehen würde und die fossilen Kraftwerksbetreiber sich ins Fäust­chen lachen würden.

Ihr Modell nennen Sie ein neues „Systemdesign“. Was darf man sich darunter vorstellen?Leprich: Die Bezeichnung „System­design“ statt „Marktdesign“ ist weit mehr als Semantik – sie respektiert die Komplexität des Stromsektors und bestreitet die Existenz einfa­cher Lösungen. Niemand wird ernst­

lich Märkte für Stromnetze verlan­gen, niemand wird die netztechni­ schen Systemdienstleistungen in Gänze über Märkte beschaffen wollen, und immer mehr Ökono­men gelangen zu der Erkenntnis, dass das öffentliche Gut Versor­gungssicherheit nicht quasi ne­benbei über die bestehenden Teil­märkte bereit gestellt werden kann, sondern explizit nachge­fragt werden muss. Angesichts dieser Aspekte ist es nachgerade grob fahrlässig, weiterhin von „dem Strommarkt“ zu sprechen.

Unser Systemdesign geht davon aus, dass wir für einen heute nicht absehbar langen Zeitraum einen separaten Finanzierungsme­chanismus für die FEE wie Wind und Solar benötigen, dass sich die Dispatchmärkte – also die Groß­handels­ und Regelenergiemärk­ te – stärker an die Charakteristika der FEE anpassen und beispiels­weise die Handelszeiten weiter verkürzen müssen. Außerdem liegt unserem Systemdesign die Annahme zugrunde, dass die Systemdienstleistungen immer stärker von den Erneuerbaren erbracht und über die Netzent­gelte refinanziert werden müssen und dass die Versorgungssicher­heit zusätzlicher Kapazitäts­mechanismen zur Honorierung von Leistungsvorhaltung bedarf. Zwischen diesen vier Segmenten des Stromsystems bestehen frei­ lich Interdependenzen, die es gründlich zu analysieren gilt; aus

heutiger Sicht halte ich aber keines der Segmente für entbehrlich.

Sie sprechen sich für die Wiederein-führung einer angepassten phy sikali - schen Wälzung der EE-Mengen aus. Ist das angesichts der hohen instal-lierten Leistungen von EE-Anlagen eine langfristig tragfähige Lösung? Leprich: Ich habe zunächst einmal ein Stromsystem vor Augen, in dem die Erneuerbaren bis zur Hälfte der gesamten Stromerzeugung bei­tragen, insbesondere natürlich Wind­ und Solaranlagen. Bei gut ausgebauten Stromnetzen kom­men wir hier noch ohne signifikan­ten Speicherzubau aus. Und rege­nerativer Überschussstrom spielt eine sehr untergeordnete Rolle. Die benötigten Flexibilitäten gibt das heutige System weitgehend her, sie müssen nur systematisch erschlossen werden. Und da halte ich die Lieferanten als erfahrene Marktakteure einfach für am bes­ten geeignet, diese Flexibilitäten zu erschließen und damit ihre ei­gene Residuallast so kostengünstig wie möglich abzudecken. Und last but not least ist der erneuerbare Strom wieder da, wo er eigentlich hingehört: in den Bilanzkreisen.

Ob dieser Vorschlag auch langfristig tragfähig ist, wenn wir in Richtung 100 Prozent er­neuerbare Stromerzeugung mar­schieren, ist sehr schwer abzu­schätzen, weil noch nicht klar ist, welche erneuerbaren Energien und welche Techniken für diese

18 Kompass 01/2013

zweite Hälfte des Weges entschei­dend sein werden. Insgesamt wür­de man sich meiner Ansicht nach ohnehin verheben, schon heute einen Masterplan für das Design des Stromsystems über den ge­samten Zeitraum der Systemtrans­formation präsentieren zu wollen.

Die finanzielle Wälzung hat die Kosten der Erneuerbaren-Förderung sehr transparent gemacht. Wie wollen Sie diese Transparenz mit Ihrem Modell sicherstellen?Leprich: Die EEG­Umlage spiegelt ja nun gerade nicht die Kosten der Erneuerbaren­Förderung wider, sondern lediglich die Differenz zwi­schen der durchschnittlichen Ver­gütung der EEG­Anlagen und den Brennstoffkosten des Grenzkraft­werks. Hier werden leider regelmä­ßig Äpfel mit Birnen verglichen. Selbst wenn man die durchschnitt­liche EEG­Vergütung mit den Voll­kosten eines neuen fossilen Kraft­werks vergleichen würde, wäre das ein Äpfel­Birnen­Vergleich, da nur eine Gegenüberstellung der durchschnittlichen Systemkosten der beiden unterschiedlichen Systeme aussagekräftig wäre. So­viel zum Thema Transparenz durch die EEG­Umlage.

Ihrer Abschaffung wäre daher keine Träne nachzuweinen, und ob die Lieferanten die Be­schaffungskosten ihres EEG­Profils separat in der Stromrechnung aus­weisen, würde ich zunächst einmal nicht reglementieren wollen.

Der Gesamtbetrag der bundes­deutschen EEG­Vergütung wäre weiterhin einer breiten Öffentlich­keit bekannt; die Interpretation dieser Summe obliegt dann den Wissenschaftlern, Politikern und Medien im Meinungswettstreit.

Ginge es nach Ihnen, würde statt den Netzbetreibern nun den Händ-lern die Last der Abpufferung der Erneuerbaren-Fluktuation zuge-wiesen. Müssten nicht auch die EE-Erzeuger einen Beitrag leisten?Leprich: Frei nach Radio Eriwan würde ich hier antworten: Im Prin­zip ja, wenn sie die Wind­ und so ­ laren Einstrahlungsverhältnisse be­ einflussen können, und wenn sie trotz einer solchen Auflage weiter investieren würden. Letztlich also ein klares Nein, wenn es um skurrile Vorschläge geht, wie die Finanzie­rung von Backup­Kapazitäten und/ oder Netzverstärkungen durch Wind­ und Solaranlagenbetreiber. Entscheidend ist für mich, dass wei­ter in diese Anlagen investiert wird und dass die Ren diten die relativ geringen Risiken widerspiegeln, also bescheiden bleiben. Wenn mit „Bei­trag“ ein Beitrag zu den System­dienstleis tungen gemeint ist, ein kla­res Ja, solange er kosteneffizient ist.

Herr Dr. Matthes, wie bewerten Sie diese Vorschläge und worin be-steht der Hauptunterschied zu Ihrem Modell?Matthes: Sagen wir’s doch ganz offen: Im Kern laufen die Vorschläge

des IZES auf die weitgehend un­veränderte Beibehaltung des heuti­gen Fördersystems mit Garantie­preisen hinaus. Und das halte ich bei massiv zuwachsenden Antei­len erneuerbarer Energien strate­gisch für nicht zukunftsfähig und für politisch naiv. Ich gehe davon aus, dass damit sowohl bei Be­triebs­ als auch bei Investitions­entscheidungen wichtige Opti­mierungspotenziale verschenkt werden, die wir dringend erschlie­ßen müssen. Mit diesem Lern­prozess sollten wir sehr schnell beginnen. Das gilt auch für Wind­ und Solarenergie, bei denen es ja durchaus verschiedene Ausle­gungsvarianten gibt, die man jen­seits der Preissignale nur über Feinsteuerungen im EEG adressie­ren könnte. Gerade in der Kom­bination mit der physikalischen Wälzung kann ich mir schließ­lich nicht vorstellen, wie dieses System jenseits eines Produk­tionsanteils von 30 Prozent noch kompatibel zum Binnenmarkt gehalten werden kann. Letztlich ist das Ganze eine Frage der Prä­missen: Geht man davon aus, dass man Optimierungspotenziale langfristig über Preissignale er­schließen sollte und dies ein gewisses Mehr an Risiko für die Anlagenbetreiber rechtfertigt? Will man damit frühzeitig und in Schritten beginnen? Und: glaubt man, dass das derzeitige System längerfristig in den europäi­ schen Binnenmarkt und die euro­

Prof. Dr. Uwe Leprich: „Man würde sich ver heben, schon heute einen Masterplan für das Design des Stromsystems über den gesamten Zeitraum der Transformation präsentieren zu wollen.“

Kompass 01/2013 19

päischen Rahmensetzungen passt? Mit diesen Prämissen kann und muss man sich klar und transpa­rent auseinandersetzen, um die am Ende notwendige politische Ent­scheidung hinreichend zu flan­kieren – damit man zu längerfristig robusten Modellen kommen kann.

Herr Dr. Matthes, Herr Professor Leprich: Nach erfolgreich vollzo-gener Energiewende sollten Er-neuerbare im Mittelpunkt eines wettbewerblichen Energiemark-tes stehen. Könnte die verpflich-tende Direktvermarktung ein effizienter Weg sein, Erneuerbare in diesen Markt zu integrieren? Leprich: Insgesamt fußt die Direkt­vermarktung auf dem Glauben, der grenzkostenbasierte Spotmarkt könnte grenzkostenfreien darge­botsabhängigen Anlagen grund­sätzlich die richtigen systemischen Signale vermitteln. Dafür wurde dieser Markt jedoch nie „designed“, und deshalb erscheint mir dieses Ziel auch nicht erreichbar. Die einzige Möglichkeit der dargebots­abhängigen Anlagen, auf das

Preissignal der Börse zu reagie­ren, ist die Abschaltung, die in der Regel sowohl volkswirtschaftlich als auch ökologisch unsinnig ist. Lediglich bei stark negativen Prei­sen, die durch systeminkompatible inflexible Großkraftwerke tem­porär verursacht werden, kann es an wenigen Stunden im Jahr Sinn machen, Windanlagen aus dem Wind zu drehen. Und selbst in diesen Stunden muss man genau hinschauen, wie die negativen Preise zustande gekommen sind und wer die Zeche für die negati­ven Preise tatsächlich zahlt. Kurzum: die Direktvermarktung insbesondere deshalb zu pro­pagieren, um die Abschaltung von FEE­Anlagen an wenigen Stunden im Jahr anzureizen, sind die berühmten Kanonen, die auf Spatzen schießen. Dies suggeriert eine Marktintegration der FEE­ Anlagen, ohne die fundamentale Veränderung dieses Marktes durch die FEE­Anlagen („Merit Order Effekt“) überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Letztlich werden sich die Märkte an die

Rationalität der FEE­Anlagen anpas­sen müssen und nicht umgekehrt.

Matthes: Die verpflichtende Direktvermarktung im heutigen Strommarktdesign und mit der Rückfallsicherung einer Festver­gütung ist ganz sicher ein Holz­weg. Nur wenn das konventionelle und das erneuerbare Segment des Stromsystems, zusammen mit Nachfrageflexibilisierung und Speichern in einen Konvergenz­prozess geführt werden, hin zu Einkommensströmen für Kilowatt­stunden, gesicherter Leistung, CO2­freier Leistung und System­dienstleistungen, kann Direkt­vermarktung effizient funktionie­ren. Denn eines ist klar: Am Ende wird auch Strom aus erneuerbaren Energien im Wettbewerb vermark­tet werden müssen. Weil schon sehr bald zu mindest zeitweise keine konventionelle Stromerzeu­gung mehr da ist, die man noch verdrängen könnte.

Die Fragen stellte Kerstin Maria Rippel

Kompass 01/2013 21

Die Debatten um die Kosten der Energiewende haben derzeit Hoch­konjunktur. Das Design des Strom­marktes – von der Förderung erneu­erbarer Energien über die Notwen­ digkeit von Kapazitätsmärkten und die Diskussion zu Smart Grids/Smart Markets bis hin zur Energie­effizienz – wird aktuell infrage ge­stellt. Bundesumweltminister Peter Altmaier hat mit geschätzten Ge­samtkosten von einer Billion Euro ein Schreckensbild an die Wand gemalt.

Tatsächlich soll das gesamte Energiesystem im Rahmen der Ener­giewende umgebaut werden: Bis 2050 wird ein Anteil von 80 Prozent erneuerbarer Energien (EE) am ge­samten Strom­Mix angestrebt. Das Fördermodell der Einspeisevergü­tung, das von der deutschen Politik zur Einführung der Erneuerbaren geschaffen wurde, kommt damit an seine Grenzen. Ein mittlerweile sichtbarer EE­Anteil verdrängt kon­ventionelle Kraftwerke, macht einen stärkeren Netzausbau notwendig und lässt dadurch die Kosten, die Ver­braucher in Deutschland über eine Umlage bezahlen, immer weiter

steigen. Zusammen mit dem Aus­stieg aus der Kernenergie erscheint in dieser Situation eine Sicherstel­lung des Kapazitätsbedarfs als beson­ders dringlich. Es wird befürchtet, dass die installierte gesicherte Kapa­zität nicht ausreichen könnte, da die Erneuerbaren das Preisniveau an der Börse drücken, die Margen da­mit sinken und eine Auslastung kon­ventioneller Anlagen nicht mehr gegeben ist. Darüber hinaus gibt es noch weitere Themen wie etwa Smart Grid/ Smart Market oder Ener­gieeffizienz, die im Fokus der Auf­merksamkeit und damit auch der Regulierungsanstrengungen der Politik stehen. Bei der Vielzahl der Baustellen und der Komplexität der genannten Themen stellt sich nun die Frage, ob die derzeit diskutier­ten Konzepte den Anforderungen an ein neues Marktdesign tatsäch­lich gerecht werden und ob die Schwerpunkte richtig gesetzt sind.

Der Kunde ist zentraler Player einer erfolgreichen Energiewende Dieser Beitrag kann nicht auf alle Details der Energiemarktdesign­

Debatte eingehen. Es soll an dieser Stelle aber die These aufgestellt werden, dass der zentrale Player für eine erfolgreiche Energiewende aktuell nicht ausreichend berück­sichtigt wird: der Kunde.

Der Kunde trägt – als Inves­tor oder als Verbraucher – entschei­dend zum Erfolg oder Misserfolg der Energiewende bei: Er wählt An­lagen, technische Anwendungen oder Produkte nach seinen indivi­duellen Bedürfnissen aus, inves­tiert in diese, betreibt und nutzt sie nach seinen Präferenzen. Es geht dem Kunden in erster Linie darum, die für ihn effizienteste Lösung zu realisieren. Daher muss er in einem neuen Marktdesign seine Vorlieben artikulieren und danach handeln können. Nur dann wird er aktiv an der Energiewende teilnehmen und seine Anlagen (Erzeugung und Ver­brauch) dem Markt zur Steuerung zur Verfügung stellen. Seine Ein­willigung ist immer dann notwen­dig, wenn beispielsweise Last oder Produktion verschoben werden soll. Eine Energiewende am Verbrau­cher­Willen vorbei wird – auch wenn

Bei aller Notwendigkeit, die Entwicklung eines neuen Marktdesigns auf Exper-tenebene voranzutreiben, darf der Kunde nicht aus den Augen verloren werden. Das fordert Uli Huener, Geschäftsführer der Yello Strom GmbH: Bund und Länder müssten sich endlich gemeinsam auf einen langfristigen Rechtsrahmen verstän-digen, auf den sich die Unternehmen verlassen können. Das jedenfalls ist für Uli Huener die Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende.

Die Energiewende wettbewerblich gestalten! Ein Gastbeitrag von Uli Huener

22 Kompass 01/2013

einige Verteilnetzbetreiber sich das wünschen – nicht stattfinden! Die individuellen Bedürfnisse des Kun­den auch mit der Erzeugung und den Netzkapazitäten in Einklang zu bringen, muss über die richti­gen Produktangebote gewährleistet werden. Daher kann die Basis für ein kundengetriebenes Marktdesign nur ein wettbewerblicher Rahmen sein. Im Unterschied zu einem stark regulierten Rahmen, in dem der Staat für den Kunden die Präferen­zen festsetzt, verfügt der Kunde in einem wettbewerblichen Umfeld über mehr Informationen (über Ver­brauch, Produktion, Verhalten etc.) als jeder andere Akteur. Dazu muss er aber die Wahl zwischen unter­

schiedlichen Angeboten haben. Dem Kunden entsprechende, attrak­tive Angebote zu unterbreiten ist Aufgabe des Vertriebs. Eine starke Regulierung dagegen birgt die Ge­fahr, dass Kunden sich verweigern, weil sie ihre jeweiligen Präferen­zen nicht wiederfinden und ihnen keine effizienten Lösungen ange­boten werden.

Regulierungsintensität nimmt ständig zu Die Feststellung, dass der Kunde so wichtig für das Gelingen der Ener­giewende ist, sollte dazu führen, dass der Bereich, in dem der Wett­bewerb eine Rolle spielt, immer größer wird. Doch exakt das Ge­

genteil ist der Fall. Ein Indikator für die Regulierungsintensität ist der marktliche Anteil am Strom­preis: Seit 1999 sind alleine die Steu­ern und Abgaben von 4,93 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh) auf 11,72 ct/kwh im Jahr 2012 gestie­gen. Auch die Netzentgelte steigen stetig – der wettbewerbliche An­teil am Strompreis hingegen sinkt zusehends. Die aktuell diskutier­ten Ansätze zur EEG­Reform oder des Kapazitätsmarktdesigns deu­ten ebenfalls eher in Richtung einer Ausweitung des staatlich festgelegten Anteils – sei es über eine (eventuell etwas langsamer, aber dennoch steigende) EEG­ Umlage oder über Kapazitätsprä­mien für neue oder alte Kraft­werke. Diese Entwicklung ist in sofern problematisch, als dass die Akzeptanz bei den Kunden wei­ter sinken wird und damit auch die notwendigen Spielräume für eine Beteiligung des Kunden – ob als Investor oder Verbraucher – zukünftig nicht gegeben sind.

Regulatorisches Verwirrspiel hilft nichtAufgrund der Komplexität des Ener­giesystems und vor allem aufgrund der Schnelligkeit der gesellschaftli­chen und technischen Entwicklun­gen ist es für den Gesetzgeber kaum mehr möglich, dem eigenen An­spruch gerecht zu werden und sinn­volle Rahmenbedingungen für ei­nen funktionierenden Energiemarkt zu setzen. Ausdruck dessen ist ein

Die Energiewende funktioniert nur mit dem Kunden

Stromlieferung

Messdaten EE-Produktion

Netzzustandsdaten Speicher

Kunde

Last- verschiebung

Produktions- verschiebung

Quelle: Yello Strom GmbH

Kompass 01/2013 23

häufiges Nachregulieren: Gesetz­liche Rahmenbedingungen werden kurzfristig verändert, angekündig­te Regelungen zu spät getroffen. Das führt zu Verunsicherung auf Seiten der Kunden, die ihre Inves­titionsentscheidungen auf Basis von gesetzlichen Regelungen tref­fen, welche dann oft nur noch von kurzer Dauer sind.

Als Beispiel sei an dieser Stelle die Liberalisierung des Mess­ und Zählwesens genannt. Dieser Markt ist seit 2008 vollständig liberali­siert, allerdings gibt es bis heute kaum Wettbewerb im Zähl­ und Messwesen (Zählwesen: Einbau, Betrieb und Wartung der Hard­ware (Zähler); Messwesen: Ab­ und Auslesung der Daten). Die Yello Strom GmbH hat als erster bundes­weiter Anbieter 2009 intelligente Zähler in den Markt gebracht. Auf einen verlässlichen und wettbe­werbsfreundlichen regulatorischen Rahmen warten wir und unsere Kunden jedoch bis heute. Wie auch bei der Liberalisierung des Strom­markts sahen wir uns anfangs denk­bar schlechten Ausgangsbedin­gungen gegenüber: Rahmenverträge fehlten, Marktprozesse waren von der Bundesnetzagentur nicht gere­gelt. Ein solcher Start ist mit hohen Anfangsinvestitionen verbunden, die Yello gerne in Kauf genommen hätte, wenn sichere Rahmenbedin­gungen in einem vernünftigen Zeit­raum gesetzt worden wären. Doch auch heute, fünf Jahre nach der Li­beralisierung des Zähl­ und Mess­

marktes, fehlt noch immer Grund­sätzliches wie beispielsweise die Definition der Rolle des Verteilnetz­betreibers (darf dieser wettbewerb­lich tätig werden oder nicht?) oder die technischen und funktionalen Anforderungen an den Zähler (für 2013 angekündigt), um nur einige Themen zu nennen. Stattdessen wird seit nunmehr über zwei Jah­ren an den zukünftigen sicherheits­technischen Anforderungen an Messsysteme gefeilt (Stichwort: Schutzprofil, technische Richtlinie), die zwar inhaltlich abgeschlossen sind, deren verbindliches Inkraft­treten aber nach wie vor aussteht. So fehlt u.a. noch die Notifizierung durch die EU sowie die Verabschie­

dung einer entsprechenden Rechts­verordnung. Problematisch ist dabei insbesondere, dass diese An­forderungen nicht lediglich ver­bindliche sicherheitstechnische Vor­gaben enthalten, deren Umsetzung den jeweiligen Unternehmen über­lassen bleibt, sondern im Detail vorgeben, wie eine Umsetzung zu erfolgen hat. Die Möglichkeit einer wesentlich effizienteren und damit kostengünstigeren Umsetzung der Anforderungen – selbstredend unter Beibehaltung des gleichen Sicher­heitsniveaus durch die Unterneh­men – wird so im Vorhinein ausge­schlossen. Dies wirkt sich nachteilig auch auf die Angebote für den Kun­den aus. Schließlich fehlt es nach

Regulatorisches Verwirrspiel — ein Beispiel

2005: Libera li sierung des Zählwesens

2008: Liberalisierung des Messwesens

bis 2013: Wettbewerb??? Nein!!

Ein solches Umfeld ist weder für den Vertrieb noch für die Kunden zumutbar

Funktionierende Prozesse erst seit 2011

Verpflichtender Roll-out?

Regulatorischer Rahmen

Rahmenverträge erst seit 2010

Rolle Netzbetreiber?

Vorgabe Funktio-nalitäten in 2013

BSI-Schutz-verträge in 2013

Quelle: Yello Strom GmbH

24 Kompass 01/2013

Uli Huener ist seit September 2009 Ge-schäftsführer der Yello Strom GmbH und seit März 2012 auch Geschäftsführer der EnBW Vertrieb GmbH. Er studierte an den Universitä-ten Bielefeld und Hamburg Mathematik

sowie BWL und erlangte am California Ins-titute of Technology einen Master of Science in Angewandter Mathematik. Vor seinem Wechsel in die Energiebranche war Uli Huener für die Deutsche Telekom in verantwortli-cher Position tätig. Insgesamt blickt er auf 25 Jahre internationaler Erfahrung in der IT- und Telekommunikationsbranche zurück.

wie vor an angemessenen Bestands­schutzregelungen für bereits ver­baute Messsysteme, in die die Unternehmen in der Vergangen­heit im Vertrauen auf einen ver­lässlichen regulatorischen Rahmen bereits investiert haben.

Das Beispiel Zähl­ und Mess­markt zeigt, dass der Staat nicht in der Lage sein kann, alle Bedürf­nisse des Kunden vorauszusehen, geschweige denn, sie abschließend zu regeln. Auch weitere Bereiche, die ebenfalls Teil eines neuen Markt­designs sind, wie die Nachjustie­rungen beim EEG in Sachen Eigen­verbrauchsvergütung ließen sich hier nennen.

Lessons learned: Kunden und Unternehmen tätigen Investitionen im Vertrauen auf politische Rah­menbedingungen, die jedoch kei­nen dauerhaften Bestand haben. Damit wird von Seiten der Politik billigend in Kauf genommen, dass privates und unternehmerisches Engagement bestraft wird. Das ist ein fatales Signal in den Markt, denn ohne Vertrauen in die Politik wird niemand mehr Risiken in neu liberalisierten Märkten eingehen und es wird eine Haltung des Abwar­tens gefördert. Mit einer solchen Haltung aber wird die Energiewen­de sicher nicht gelingen.

Basis muss ein wettbewerblicher Rahmen seinDie Lösung kann nur darin liegen, dem Kunden wieder mehr Freiheit bei den Auswahlmöglichkeiten von

Produkten zu geben und den Unter­nehmen jenen Freiraum zu gewäh­ren, den sie brauchen, um neue Pro­dukte und Dienstleistungen zu entwickeln. Der Kunde muss aktiv teilnehmen können, sei es an ei­nem wie auch immer gearteten Kapazitätsmarkt, am Smart Market oder einem Erneuerbaren­Regime. Warum sollte beispielsweise nicht der Kunde die benötigte Kapazität selbst fest legen, indem er Produkte wählt, die seine Erwartungen an die Versorgungssicherheit wider­spiegeln? Eine zentrale Kapazi­tätsplanung durch den Staat wäre dann nicht notwendig.

Die Basis für eine Teilnah­me an der Energiewende – und da­mit ihre kundenfreundliche Aus­gestaltung – muss ein wettbewerb­ licher Rahmen sein. Da das Energiesystem hoch komplex ist, sollten von Seiten des Gesetzge­bers Anreize – und nicht in erster Linie Ge­ oder Verbote – gesetzt werden, sonst entstehen keine ef­fizienten Regeln für den Markt. Geschäftsmodelle basieren auf ge­setzlichen Regelungen, die im Ver­trauen auf längere Sicht angelegt sind. Zwar ist es nicht notwendig, alle Fragen, die sich bei einem neuen Marktdesign stellen, in ei­nem monolithischen Gesamtkon­zept zu beantworten. Es ist aber dringend erforderlich, die ver­schiedenen gesetzlichen Regelungen aufeinan­der abzustimmen und solche Re­geln zu setzen, die dem Kunden

tatsächlich nutzen, die Bestand haben und die nicht fortwährend nachgebessert werden müssen.

Bei der aktuellen Diskus sion um ein neues Marktdesign darf eines nicht vergessen werden: Die Billion, die Herr Altmaier in die Diskussion gebracht hat, zahlt nicht der Staat. Die Rechnung zahlt am Ende der Kunde.

„Der zentrale Player für eine erfolgreiche Energiewende wird aktuell nicht ausreichend berücksichtigt: der Kunde.“

26 Kompass 01/2013

Ein Gastbeitrag von Jonas Katz

Flexible Erneuerbare durch aktive Marktteilnahme

Die variable Einspeisung aus er­neuerbaren Energien wird zu einer immer größeren Herausforderung für unsere Stromsysteme. An den Zwangsabschaltungen deutscher Netzbetreiber ist dies bereits deut­lich zu erkennen. Ein funktionie­

rendes nachhaltiges Stromsystem braucht aber die Erneuerbaren und andere dezentrale Erzeuger als flexible und aktive Marktteil­nehmer. Denn bei aktiver Markt­teilnahme bieten sich den Anla­genbetreibern Anreize, zur Lösung

der entstandenen Pro bleme selbst beizutragen.

Dänemark hat gute Erfahrun­gen damit gemacht, Anlagen durch die richtigen Anreize zu flexibilisie­ren. Die Erfolge sind beeindruckend: Schon heute erzeugt Dänemark

In Dänemark geht die aktive Förderung erneuerbarer Energieträger Hand in Hand mit der Forderung nach größerer Systemverantwortung und der Orientierung an Marktmechanismen. Jonas Katz vom dänischen Energiehandelshaus Neas Energy A/S macht in seinem Artikel deutlich, zu welchen Erfolgen dieser Ansatz in dem skandinavischen Land geführt hat und warum Deutschland sich ein wenig am kleinen nordischen Nachbarn orientieren sollte.

Abbildung 1: Jahreserzeugung nach Anlagentyp in Dänemark (Quelle: Energistyrelsen)

GWh/a

Abbildung 1: Jahreserzeugung nach Anlagentyp in Dänemark Angaben in GWh/a

0

5.000

10.000

15.000

20.000

25.000

30.000

35.000

Wind & Wasser Dezentral Kraftwerke

40.000

20072005 20092004 20082006 2010 20112001 2002 20032000

Quelle: Energistyrelsen

Kompass 01/2013 27

etwa 30 Prozent seines Stroms aus Windkraft; mehr als die Hälfte der übrigen Erzeugung wird in effizien­ter Kraft­Wärme­Kopplung (KWK) produziert. Für das Jahr 2020 hat sich das Land in breitem politischem Konsens einen Anteil von 50 Pro­zent Windstrom zum Ziel gesetzt. Die jetzige Regierung verfolgt zu­dem das langfristige Ziel einer voll­ständigen Stromversorgung aus Erneuerbaren bereits im Jahr 2035.

Auch Deutschland verfolgt ambitionierte Ziele – und hier wer­den die Herausforderungen un­zweifelhaft größer sein. Umso mehr sollten alle Optionen und Erfah­rungen auch aus anderen Ländern genutzt werden, um die gesteck­ten Ziele zu erreichen.

Dominanz der dezentralen ErzeugerDoch welche Rahmenbedingungen haben in Dänemark zu dieser Er­folgsstory geführt? Bereits Mitte der Achtzigerjahre setzte in Dänemark eine beispiellose Dezentralisierung der Erzeugungsstruktur ein. Die Wärmeversorgung in einer Vielzahl von Ortschaften wurde auf Fern­

wärme umgestellt, und die Wärme in der Folge größtenteils aus dezen­tralen KWK­Anlagen bereitgestellt. Hinzu kam der Ausbau der Wind­kraft. Vor allem im westlichen Teil des Landes kamen viele Anlagen hinzu, und so trug die Windkraft ebenfalls erheblich zur Dezentrali ­ sierung der Erzeugungsstruktur bei. Mittlerweile erfolgt rund 50 Pro­zent der Stromerzeugung in dezen­tralen Anlagen. In Abbildung 1 ist diese Tendenz in der Entwicklung seit 2000 deutlich erkennbar.

Bei solch hohen Anteilen erneuerbarer und dezentraler Erzeu­ger ist es erforderlich, dass diese Anlagen mehr Verantwortung im Stromsystem tragen. Erzeugung nach dem Prinzip „Produce and forget“ ist für das System nicht tragbar. Anlagenbetreiber, die dazu grundsätzlich in der Lage sind, soll­ten sich am Bedarf orientieren. Dem­entsprechend werden in Dänemark die Rahmenbedingungen gestaltet.

Marktnahe VergütungsmodelleDie Stromerlöse sind in der Regel die wichtigste Einnahmequelle der

Anlagenbetreiber. Die zentralen Anreize ergeben sich daher aus den unterschiedlichen Vergütungsmodel­len. Damit sich eine Anlage markt­gerecht verhält, sollte aus dem Ver­gütungsmodell bereits hervorgehen, dass ein flexibles, am Markt ausge­richtetes Verhalten vorteilhaft ist.

Dänemark hat in wesentli­chen Bereichen der Erneuerbaren­ und KWK­Förderung marktbasierte Modelle eingeführt. So erhalten z. B. Wind­ und Feststoff­Biomasse­An­lagen nur eine feste Prämie. Darüber hinaus müssen Erlöse aus der Ver­marktung gewonnen werden. Nur für einen geringeren Teil der Anla­gen wie Biogas­ und Solaranlagen gibt es noch Ausnahmen. Einen Überblick gibt Abbildung 2.

Bedingungen für eine aktive MarktteilnahmeWelche weiteren Rahmenbedin­gungen können dazu beitragen, die aktive Marktteilnahme und Flexi­bilisierung der Erneuerbaren vor­anzutreiben? Es sind in jedem Fall drei grundsätzliche Voraussetzun­gen zu erfüllen, die im Detail un­

Abbildung 2: Unterschiedliche dänische Vergütungsmodelle Angaben in DKK/MWh

0100200

500

700800

600

400300

Feste Prämie zzgl. Managementprämie

Wind

0100200

500

700800

600

400300

3-stufige Einspeisevergütung (indexiert)Wahlweise Wechsel in Spot-Vermarktung

KWK (bis 5MWel)

0100200

500

700800

600

400300

Feste Prämie

Biomasse

0100200

500

700800

600

400300

Spot-Vermarktung zzgl. Managementprämie

KWK (über 5MWel)

0100200

500

700800

600

400300

Einspeisevergütung (Indexwert)

Biogas

Solar

0

200

800

1200

1400

1000

600

400

Eigenverbrauch und Einspeisevergütung

Vergütung Managementprämie Spotpreis 1 EUR = 7,45 DKK 1 DKK = 0,13 EUR

Quelle: Neas Energy A/S

28 Kompass 01/2013

terschiedlich ausgestaltet werden können. Anlagenbetreiber müssen erstens Verantwortung für ihre Er­zeugung übernehmen, benötigen zweitens Anreize zu flexiblem Be­trieb und sollten drittens keinen unverhältnismäßigen Risiken aus­gesetzt werden.

1. Mehr Verantwortung. Mehr Verantwortung an die Anlagenbe­treiber zu übertragen bedeutet: weg vom „Produce and forget“, hin zur eigenverantwortlichen Ver­marktung. Eine aktive Marktteil­nahme wird unter anderen Be­dingungen kaum möglich sein.

In Dänemark etwa ist die eigenverantwortliche Stromver­marktung für Wind­, Biomasse­, Biomethan­ und größere dezentrale KWK­Anlagen (ab 5 MW ) ver­pflichtend. Für viele weitere Anla­gen ist eine eigene Vermarktung freiwillig möglich.

Es kann ebenfalls eine ei­genverantwortliche Vermarktung der „grünen Eigenschaft“ als Herkunftsnachweis erfolgen. Alle erneuerbaren Erzeuger können sich in Dänemark Herkunftsnach­weise ausstellen lassen und diese weitervermarkten.

2. Effektive Anreize. Effektive An­reize zu flexiblem Betrieb können auf vielfältige Weise geboten wer­den. Für Anlagen, die ihren Strom ohnehin eigenverantwortlich ver­markten, wird der Spotmarkt im­mer ein relevanter Benchmark sein.

Ein zentraler Markt für den Ein­satz von Flexibilität ist außerdem die Regelenergie. Die Erneuerba­ren­Marktteilnehmer können auf Anreize aus diesem Markt aller­dings leichter reagieren, wenn die Bedingungen auf sie zugeschnit­ten sind. In Dänemark wurden die Regeln über die letzten Jahre im­mer wieder den Anforderungen der dezentralen Erzeuger angepasst, was letztlich zu einiger Bewegung im Markt geführt hat.

Da Erneuerbare und KWK häufig einen kürzeren Planungs­horizont haben als konventionelle Großkraftwerke – das Dargebot und der Wärmebedarf sind schwer vor­herzusagen – sind kurze Zeitschei­ben und kurze Fristen im däni­schen Regelenergiemarkt ein wesentlicher Türöffner für diese Anlagen. In der Minutenreserve etwa werden stündliche Gebote abgegeben, die noch eine Stunde vor einem potenziellen Abruf an­gepasst werden können.

3. Faire Risiken. Eine aktive Markt­teilnahme birgt auch Risiken für die Anlagenbetreiber. Fahrpläne müssen eingehalten werden, auf Regelenergieabrufe muss reagiert werden. Strafzahlungen und ande­re Sanktionen können bei Fehlver­halten die Konsequenz sein.

Die Gestaltung der Rahmen­bedingungen sollte solche Risiken nicht unverhältnismäßig erschei­nen lassen, da vor allem kleinere Betreiber von einer aktiven Markt­

teilnahme Abstand nehmen könn­ten. Wichtig ist insbesondere, dass ein eventueller Anlagenausfall nicht potenziell das gesamte Jahres­ergebnis verdirbt. Das Ausgleichs­energierisiko in einem solchen Fall muss kalkulierbar bleiben. Das dänische System ermöglicht hier, Ausfälle kurzfristig zu melden und dadurch einen Teil der Ausgleichs­kosten zu vermeiden.

Die positiven EffekteEine zentrale Rolle im dänischen Energiesystem spielt die KWK. Von Anfang an hat man die dezentralen Anlagen dabei auf Flexibilität aus­gelegt. Der Grund hierfür ist haupt­sächlich im dreistufigen Vergütungs­modell zu suchen, das sehr deut­ liche Vergütungssprünge zwischen Grund­, Mittel­ und Spitzenlast­zeiten vorsieht.

Das Modell besteht als Alter­native für kleinere Anlagen auch heute noch; die meisten Anlagen sind jedoch längst in die aktive Vermarktung gewechselt und spie­len ihre Flexibilität sowohl am Spotmarkt wie auch an den Regel­energiemärkten aus. Möglich ist dies nur, weil die Vergütung von vornherein Flexibilität belohnt hat. Ein flexibler Betrieb setzt schließ­lich voraus, dass die Anlagen schon flexibel ausgelegt wurden.

Für gewöhnlich wird der Strom über bilanzkreisverantwort­liche Händler gebündelt und ver­marktet. Oftmals werden Anlagen auf Basis der Vermarktungsergeb­

„Dänemark hat in wesentlichen Bereichen der Erneuerbaren-Förderung markt basierte Modelle eingeführt. Alle erneuerbaren Erzeuger können sich Herkunftsnachweise ausstellen lassen und diese weitervermarkten.“

Kompass 01/2013 29

nisse bzw. kurzfristiger Regelener­gieabrufe durch den Händler fern­gesteuert – das ist im Prinzip das Konzept eines virtuellen Kraftwerks.

In solche virtuellen Kraft­werke lassen sich auch Windanlagen integrieren. Zwar kommen einem bei dem Gedanken an flexible und regelbare Anlagen nicht als erstes Windräder in den Sinn, aber auch solche Anlagen lassen sich in Gren­zen flexibel vermarkten. In Däne­mark nehmen – wahrscheinlich welt­weit die ersten – Wind anlagen aktiv am Markt für Minutenreserve teil und regeln marktbasiert ihre Leistung ab.

Die aktive Marktteilnahme durch Wind, Biomasse und KWK wird durch entsprechende Erlöse an den Märkten belohnt. Die An­lagenbetreiber tragen so zu einem effizienten Gesamtsystem bei. Durch die Vielzahl neuer dezentra­ler Marktteilnehmer entsteht au­ßerdem erhöhter Wettbewerb und die Liquidi­tät am Markt steigt. Insbesondere an den Regelenergie­märk­ten, an denen häufig nur

wenige große Unternehmen teil­nehmen, ist das eine enorm positi­ve Entwicklung.

Flexibilisierung, Mehrwert und WettbewerbDer Ausbau erneuerbarer Ener­gien ist das zentrale Element auf dem Weg zu einem nachhaltigen Energiesystem. Es ist jedoch eben­so wichtig, die Erneuerbaren in das bestehende System zu integrie­ren, so dass sie zur Zuverlässig­keit der Stromversorgung angemes­sen beitragen können. Ein effektiver Weg dahin geht über eine aktive Marktteilnahme dieser Anlagen. Dies geschieht jedoch nicht von allein; es müssen zunächst die pas­senden Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Das Beispiel Dänemark zeigt, dass mit dem passenden Rahmen auch die Erneuerbaren und andere dezentrale Erzeuger wesentlich zur Stabilisierung des Systems bei­tragen können. Auf diese Weise schaffen sie Mehrwert für sich und für das gesamte Stromsystem.

Seit Anfang 2010 ist Jonas Katz bei dem dänischen Energie-handelshaus Neas Energy A/S tätig, wo er an der Entwick-lung und Vermark-tung von Produkten für Stromerzeuger in den Bereichen er-neuerbarer Ener-

gien und Kraft-Wärme-Kopplung arbeitet. Zu-vor war er beim dänischen Energieversorger DONG Energy A/S in Kopenhagen beschäftigt. Der Diplom-Wirtschaftsingenieur promoviert derzeit am Risoe-Campus der Technischen Universität von Dänemark.

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Energiewende 2.0Ein Beitrag von Michael Gassmann

Links: Staatssekretär Dr. Günther Horzetzky (Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen), rechts: Dr. Britta Buchholz (ABB AG)

Das Erneuerbare­Energien­Gesetz in seiner heutigen Form hat ausge­dient. Man muss kein Prophet sein, um voraussagen zu können, dass sehr bald – sagen wir: nach der Bundestagswahl – eine neue Markt­ordnung her muss. Das EEG war vor gut einem Jahrzehnt das richtige Modell für die Durchsetzung der Wind­ und Solarkraft gegen mäch­tige Interessen. Heute führt es zu Fehlallokationen großen Stils und verschärft soziale Spannungen.

Was aber kommt künftig auf Stromerzeuger und Verbraucher zu? Ein Kongress auf der Essener Energiemesse E­world hat sich auf die Suche nach einem neuen „Gesamtkonzept für ein stimmi­ges Marktsystem“ begeben, so der Titel. Eingeladen hatte der Bun­desverband Neuer Energieanbieter

(bne). Herausgekommen ist eine Art Workshop, der wichtige Anforde­rungen und Aspekte aufzeigte, aber keine fertigen Rezepte lieferte. Wie denn auch? Welches Ausbautempo künftig angepeilt wird, welche Kos­ten noch toleriert werden, dies wird ganz wesentlich vom Wahler­gebnis im Herbst abhängen.

Klar ist aber schon jetzt: Für Erzeuger von Ökostrom aus Sonne, Wind oder Biomasse wird es ein einfaches „Produce and forget“ wie bisher nicht mehr geben, wie Felix Matthes vom Öko­Institut einräum­te. „Preissignale in zukunftsfähiger Struktur müssen auch für erneuer­bare Energien an Bedeutung ge­winnen“, sagte er in Essen. Auf der von mir moderierten Tagung ka­men unterschiedliche Sichtweisen nicht nur in Nuancen zum Aus­

druck. Helmfried Meinel aus dem grün regierten Stuttgarter Umwelt­ministerium etwa warnte davor, Investoren in erneuerbare Energie zu geringe Anreize zu bieten und damit den Ausbau ins Stocken zu bringen. Sein Kollege Günther Horzetzky, Staatssekretär im SPD­geführten Düsseldorfer Wirt­schaftsministerium, erinnert der­weil an die 200.000 Jobs, die in Nordrhein­Westfalen von energie­intensiven Wirtschaftszweigen abhingen. „Nordrhein­Westfalen produziert die Versorgungssicher­heit, die die Energiewende mög­lich macht“, postulierte er.

Der laufende Totalumbau der deutschen Energiewirtschaft fordert jedoch nicht nur den ge­setzlichen und organisatorischen Rahmen heraus, sondern auch

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Rechts: Dr. Oliver Koch (Europäische Kommission, Generaldirektion Energie)

die technischen Systeme. Gero Lücking, Geschäftsführender Direk­tor Energiewirtschaft des Energie­anbieters LichtBlick SE, nannte es einen „untragbaren Zustand“, dass die Verantwortung für die Netz­sicherheit nicht klar geregelt sei. Sowohl die Betreiber der Über­tragungsnetze als auch die Bun­desnetzagentur lehnten sie ab. Oliver Koch von der Generaldirek­tion Wettbewerb der EU­Kom­mission wiederum zeigte in diplo­matischer und gleichwohl unmiss­ verständlicher Weise auf, wie weit sich das deutsche Fördersystem von den einstigen Idealen eines ge­meinsamen EU­Energiemarkts ent­fernt hat. Koch würde es zwar nie so ausdrücken, aber an seinem und anderen Referaten wurde klar: Dass die Deutschen mit ihren schwankenden Wind­ und Solar­

strommengen polnische, tschechi­sche oder auch belgische Strom­händler zur Verzweiflung treiben und die Netze dieser Länder ins Wanken bringen, übergeht man hier gern mit der Arroganz des Großen. Die Nachbarn wehren sich mit Tech­nik und bauen Dämme gegen die unkalkulierbare deutsche Stromflut. „Phasenschieber“ könnte zum Wort des Jahres werden. Zumindest war es auf der Tagung in Essen häufig zu hören – wie eine Art Chiffre, dass es so nicht weitergehen kann.

Auf den gemeinsamen Nen­ner, dass ein konzeptioneller Neu­anfang für den Einbau der Erneu­erbaren in den Energiemarkt her muss, konnte man sich in Essen einigen. Politisch wird es spannend, wenn es ans Eingemachte geht. Schon warnen Banken, es werde negative Auswirkungen auf die

Finanzierbarkeit der Projekte haben, wenn etwa Windparks künftig kei­ne absoluten Abnahme­ und Preis­garantien mehr erhielten. Dem ist entgegenzuhalten: So etwas nennt man Marktwirtschaft. Wer die Chan­cen des Kapitalismus will, muss auch die Risiken in Kauf nehmen.

Viel Zeit für die Entwicklung neuer Konzepte bleibt nicht. „Die Herausforderungen kulminieren Mitte bis Ende dieser Dekade“, pro­phezeite Matthes. Das wären ganze zwei bis sieben Jahre. Die bne­Ver­anstaltung kam zur rechten Zeit.

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Netzwerken beim bne

In Deutschland existiert bereits ein reger Markt für Energiedienstleis­tungen – zumindest was die Ange­botsseite betrifft. In diesem Punkt waren sich die Podiumsteilnehmer des bne­Fachgesprächs zur Umset­zung der EU­Effizienzrichtlinie am 16. April in Berlin einig. Auf der Nachfrageseite gibt es dagegen noch einiges zu tun. „Die Frage ist doch: Wie können wir die Endkunden mo­tivieren“, brachte der Leiter För­derprojekte und Energiepolitik bei der RWE Effizienz GmbH, Claus Fest, das Problem auf den Punkt.

Annegret­Claudine Agricola, Bereichsleiterin Energiesysteme und Energiedienstleistungen bei

der Deutschen Energie­Agentur GmbH (dena), erläuterte, dass die ordnungsrechtlichen Instrumente für einen erfolgreichen Energieef­fizienzmarkt zum größten Teil schon implementiert seien. Aller­dings reichen sie ihrer Meinung nach bei weitem nicht aus: „Wir müssen sie verstetigen, bündeln und verstärken“, so Agricola in ihrem engagierten Vortrag.

Dass auch das Bundeswirt­schaftsministerium diesen Weg für geeignet hält, machte der dortige Abteilungsleiter Energiepolitik, Detlef Dauke, deutlich: „Wir setzen auf einen Markt mit innovativen Unternehmen und wollen das Ord­

nungsrecht auf die Bereiche be­schränken, in denen es wirklich nötig ist!“ Unterstützung erhielt Dauke von Michael Paul von der CDU/CSU­Bundestagsfraktion. Selbst der einer Einsparverpflich­tung für Lieferanten nicht abge­neigte Sprecher für Energiepo litik der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, sprach sich zunächst für eine marktliche Lösung aus. Dann machte er deutlich, was er darunter versteht: Die Systeme Dänemarks und Großbritan­ niens – beides Länder mit strik­ ten Einsparverpflichtungen für Energielieferanten – hält er für nachahmenswert.

Effizientes bne-Fachgespräch

Foto links: V. l. n. r.: Dagmar Dehmer (Tagesspiegel), Claus Fest (RWE Effizienz GmbH), Oliver Krischer, MdB (Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Bundestag), Dr. Michael Paul, MdB (CDU/CSU-Fraktion im Bundestag), Eckhard Fischer (SPD-Fraktion im Bundestag), Detlef Dauke (Bundeswirtschafts ministerium), Annegret-Cl. Agricola (dena GmbH); Foto rechts: Annegret-Cl. Agricola

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Dass Verbraucher im Prozess der Energiewende beson­deren Schutz brauchen, betonte der Parlamentarische Staatssekretär Peter Bleser auf dem bne­Neujahrsemp­fang am 28. Februar in Berlin – und lag damit ganz auf Verbandslinie. Über 100 geladene Gäste aus Politik, Wirt­schaft, Wissenschaft und den Medien tummelten sich um den Ehrengast aus dem Bundesministerium für Er­nährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in der bne­Geschäftsstelle am Hackeschen Markt. Intensive Gespräche festigten die Netzwerkkontakte des bne und seiner Mitglieder, delikates Essen und wunderbare Jazz­musik machten den Abend zu einem vollen Erfolg.

Erfolgreicher bne-Empfang

Foto oben: Peter Bleser, Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Foto links oben: Uli Huener (Yello Strom GmbH), Dr. Holger Krawinkel (vzbv); Foto links unten: Peter Bleser, Robert Busch (bne)

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Fragen zu Marktdesign und EEG an Oliver Krischer, MdB

bne: Ein neues Marktdesign muss sein — darüber herrscht unter nahe-zu allen Experten Konsens. Warum sind die Grünen davon überzeugt, dass ein Kapazitätsmarkt uner-lässlich ist, und wie soll das Mo-dell funktionieren?Krischer: Der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die verschärfte Wettbewerbsintensität unter den Stromerzeugern wird dazu führen, dass konventionelle Kraftwerke – die mit Kohle und Erdgas betrieben werden – immer weniger Betriebsstunden erreichen und zunehmend aus dem Markt verdrängt werden. Durch den Aus­bau der fluktuierenden erneuer­baren Energien benötigt Deutsch­land jedoch auch Kapazitäten, die je nach Bedarf rasch zu­ oder abgeschaltet werden können. Ein vieldiskutiertes Instrument ist da­bei die Schaffung von Kapazitäts­märkten, also einer Vergütung für die Bereitstellung von Kapazitä­ten zur Abdeckung der Stromver­sorgung durch Ausschreibungs­modelle. Diese Kapazitäten müssen jedoch durch hohe Anforderun­gen an Effizienz, Emissionen, Fle­

xibilität und Verfügbarkeit techno­logieoffen qualifiziert werden und dürfen keinesfalls auf fossile Kraft­werke beschränkt werden. In einer Ausschreibung und anschließen­den Auktion wird die verlässliche Bereitstellung von Kapazitäten marktwirtschaftlich vergütet.

Sollen Ihrer Meinung nach auch bestimmte, schon bestehende fos-sile Kraftwerke an diesem Leis-tungsmarkt teilnehmen dürfen? Wenn ja, wie wollen Sie die not-wendige sachliche und zeitliche Abgrenzung vornehmen: Welche alten Kraftwerke sollen noch teil-nehmen dürfen und welche nicht?An den Ausschreibungen für Ka­pazitätsmärkte sollten neben Gas­kraftwerken mit Kraft­Wärme­Kopplung (KWK) auch Potenziale der Laststeuerung und Strom­speicherung und Verstetigung der erneuerbaren Energien (z. B. über Biogas) einbezogen werden. Kohle­kraftwerke kommen schon allein wegen ihrer Inflexibilität und hohen Emissionen nicht in Frage. Im Rah­men des von Bündnis 90/Die Grü­nen vorgeschlagenen fokussierten

Kapazitätsmarktes werden zwei Teilmärkte geschaffen, die über Ausschreibungsverfahren und eine anschließende Auktion wettbe­werblich organisiert sind. Die güns­tigsten Bieter erhalten den Zu­schlag. Dabei gibt es einen Teil­ markt für stilllegungsgefährdete fossile Kraftwerke und Lastmanage­ment­Maßnahmen sowie einen Teilmarkt für hochflexible Neubau­projekte, wie etwa Gaskraftwerke mit Wärmeauskopplung, Speicher und verstetigte erneuerbare Ener­gien (Biogas) mit längerfristigen Kapazitätszahlungen. Beide Teil­märkte befinden sich ebenfalls innerhalb des Marktes und können wie gewohnt am Energy­only­Markt teilnehmen, womit dem Markt nicht künstlich Kapazitäten entzo­gen werden und aufgrund eines geringeren Angebots der Strom­preis steigt – wie dies etwa bei der strategischen Reserve der Fall ist.

Ihre Partei hat einen Gegenvor-schlag zur Strompreisbremse von Bundesumweltminister Peter Alt-maier vorgelegt. In vier Sätzen: Wie wollen die Grünen konkret und

Oliver Krischer ist Sprecher für Energiewirtschaft der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen. In den Bundestag wurde der Biologe 2009 gewählt. Dort ist er außerdem Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sowie stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit. Der bne hat ihn gefragt, wie die Grünen das Marktdesign ändern und das EEG reformieren wollen.

Köpfe der Energiepolitik — Folge 14

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Köpfe der Energiepolitik — Folge 14

kurzfristig die Kosten der Erneuer-baren senken?Kurzfristig wollen wir die Kosten des EEG fairer verteilen, indem wir den Kreis der begünstigten Unter­nehmen wieder auf energieinten­sive Branchen beschränken, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen, und auch den Mindestbeitrag der begünstigten Unternehmen zum EEG deutlich anheben. Eigenstromerzeuger müssen ebenfalls einen angemes­senen Anteil zur Finanzierung der Energiewende leisten – aller­dings unter Berücksichtigung der Leistungen von Erneuerbaren und von hocheffizienten Kraft­Wärme­Kopplungsanlagen für den Klimaschutz und für die Energie­wende. Darüber hinaus wollen wir das so genannte Referenzertrags­modell bei Onshore­Wind refor­mieren, denn wir halten eine Ab­senkung der Vergütungen an windreichen Standorten für mög­lich, ohne den Ausbau abzubrem­sen. Weiter wollen wir die teure und unwirksame Marktprämie abschaffen, und stattdessen das kosteneffizientere Grünstrom­privileg als zentrales Vermark­tungsinstrument für Ökostrom weiterentwickeln, und auch die unnötig hohe Liquiditätsreserve wollen wir abschmelzen. Mit die­sen Maßnahmen könnten Privat­verbraucher und Mittelstand um 4 Mrd. Euro entlastet und die E EG­Umlage um etwa 1 ct/kWh gesenkt werden.

Und welche Änderungen am EEG sind nach Ihrer Meinung mittel- bis langfristig notwendig? Der Umlagemechanismus im EEG muss überarbeitet werden. Hier gab es in jüngster Zeit ver­schiedene Vorschläge und Pub­likationen, welche nun auf ihre Praxistauglichkeit überprüft wer­den müssen. Mindestens genau so wichtig ist aber mittel­ bis langfristig, dass die Rahmenbe­dingungen außerhalb des EEG richtig gesetzt werden. Die Energie wende krankt zurzeit vor allem an dem niedrigen Börsenpreis für Strom, welcher die EEG­Umlage deutlich stei­ gen lässt. Gleich zeitig werden die niedrigen Börsenpreise nicht an die Endverbraucher weitergegeben. Um den Börsen­mechanismus zu reparieren, fordern wir im Gleichklang mit der deutschen Wirtschaft eine Reform des Emissionshandels. Die schwarz­gelbe Bundes­regierung muss ihren Wider­stand gegen die Verknappung von Emissionszertifikaten und gegen ein europäisches Klima­schutzziel von 30 Prozent für 2020 endlich aufgeben. Außer­ dem sollte Deutschland einen CO2­Mindestpreis nach briti­schem Vorbild einführen, um die derzeit stattfindende indirek te Subventionierung der fossilen Stromerzeugung, ins be son dere bei der klima­ und umwelt­ schädlichen Kohle, zu beenden.

Die Erneuerbaren werden im Energy-only-Markt ohnehin immer bevorzugt — schlicht weil sie die geringsten Grenzkosten auf-weisen. Warum braucht man dann noch den gesetzlich fest-gelegten Einspeisevorrang? Die erneuerbaren Energien müs­sen im Stromnetz weiter Vorrang genießen, andernfalls werden Kohle­ und Atomstrom den Netz­zugang für Ökostrom blockieren. Es muss weiterhin feste, langjährig garantierte Einspeisevergütungen geben, damit Investoren Planungs­sicherheit haben. Ohne diese Pla­nungssicherheit hätte die Erfolgs­geschichte der Erneuerbaren mit einem Anteil von heute 25 Prozent am deutschen Strommix und 400.000 Arbeitsplätzen in dieser innovativen Branche nicht statt­finden können. Die Vergütungs­sätze müssen weiterhin nach Technologien differenziert aus­gestaltet sein; sie sind für Neu­anlagen über die Degression regelmäßig abzusenken, um über­mäßige Renditen zu verhindern.

Die Fragen stellte Kerstin Maria Rippel

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Impressum

Herausgeber:BundesverbandNeuer Energieanbieter e. V. (bne)Hackescher Markt 410178 Berlin

Fon: + 49 30 400548­0Fax: + 49 30 400548­10mail@bne­online.dewww.bne­online.de

Steuer­Nr.: 27/620/55384 Vereinsregister­Nr.: 23212 AG Charlottenburg

V. i. S. d. P.: Robert Busch

Redaktion: Kerstin Maria Rippel

Mitarbeit: Dr. Thies Clausen, Cornelia Nix, Margrit Zubler Homuth

Gastautoren dieser Ausgabe: Michael Gassmann, Uli Huener, Jonas Katz, Gero Lücking

Gestaltung: BÜRO WEISS

Druckerei: agit­druck GmbH

Redaktionsschluss: 22. April 2013

Bildnachweise: S. 2, 4, 7, 9, 11, 13, 14, 17, 19, 20, 25, 29, 32, 33: Jan PaulsS. 12: LichtBlick SES. 24: Yello Strom GmbHS. 30 u. 31: Stephanie Kaczala

Auflage: 2.500

Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Heraus­gebers