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BÔ YIN RÂ J. SCHNEIDERFRANKEN DER WEG MEINER SCHÜLER KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG BASEL-LEIPZIG 1932

Bo Yin Ra - Der Weg meiner Schüler

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BÔ YIN RÂ

J. SCHNEIDERFRANKEN

DER

WEG MEINER

SCHÜLER

KOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNGBASEL-LEIPZIG 1932

COPYRIGHT BYKOBER'SCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG

BASLE 1932

BUCHDRUCKEREI WERNER-RIEHM IN BASEL

Inhaltsverzeichnis Seite

Wer mir als Schüler gilt 7Notwendige Unterscheidung 27Unnötige Selbstquälerei 51Unvermeidliche Schwierigkeiten 69Dynamischer Glaube 93Das ärgste Hindernis 107Der Schüler und seine Gefährten 121Innenleben und Außenwelt 145Wie meine Bücher gebraucht werden wollen 177

„ Daß wir solche Dinge lehren,Möge man uns nicht bestrafen:

Wie das alles zu erklären,Dürft ihr euer Tiefstes fragen. ”

Goethe

(„ Höheres und Höchstes ” ).

Wer mir als Schüler gilt

Daß ich gewiß nicht alle, die sich son e n n e n , als meine Schüler a n e r k e n n e nkann, soll denen nicht zum Hemmniswerden, die sich wirklich in Tat und Ver-halten als meine Schüler erwiesen h a b e n ,oder bereit sind, sich als wahre geistigeSchüler zu b e w ä h r e n .

Jeder Mensch ist sein eigener R i c h t e r !

Ein Richter über sich selbst, gegendessen Wahrspruch es in aller Ewigkeitkeine „ Berufung ” gibt!

Und sein Urteil ist nicht eine Rechts-findung im D e n k e n , sondern Rechts-bestätigung durch T a t !

Jeder bestimmt sich selbst durch seineigenes Verhalten, so, daß er nichts Anderes

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zu sein vermag, als eben das, wozu ihndieses Verhalten fähig zeigt.

Die äußere Geste, oder eine Selbstbe-zeichnung, kann zwar das eigene Urteils-vermögen betören und die Nebenmenschentäuschen, aber an der durch das eigene T u nbestimmten Stellung im substantiellen gei-stigen Leben nicht das mindeste ändern.

Wer mir wirklich Schüler ist, w e i ß e s ,weil er sich h a n d e l n weiß, wie meinLehren A l l e handeln h e i ß t .

Er braucht nicht meine ausdrücklicheAnerkennung, weil sein T u n ihm mit allerSicherheit sagt, ob ich ihn den Meinen zu-zählen kann, oder nicht.

Ich kann keinen Menschen der Welt zumeinem wirklich mit mir im Urlichtgeistverbundenen Schüler machen, der es nichtdurch sein Denken, Empfinden, Wollen,Reden und Handeln von s i c h aus i s t !

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Ob einer meiner Schüler mich persönlichkennt, ist das Allerunwesentlichste für ihn.

Der vergängliche, mängelreiche, sich selbstin allerlei Pein erleidende Körpermensch,als der ich im Irdischen wese, ist mir fürdiese Sichtbarkeit nichts anderes, als wasder sichtbare Uhrzeiger ist für das ver-borgene Werk der Uhr.

Mit der von mir dargebotenen Lehrehat er nur als Mittler zu schaffen.

Es ist auch gänzlich bedeutungslos, undbringt mir keinen Menschen in Schüler-nähe, daß einer etwa von sich, auf peinlichkonventikelmäßige Weise, sagt: er „ stehein der Lehre ” , weil er sich so ziemlich alles„ g e m e r k t ” hat, was in meinen Schriftensteht.

Solange das aus meinen Worten Auf-genommene nur G e h i r n b e s i t z bleibt,

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wird es auch nur so lang Besitz sein, alsdas Gehirn es „ behalten ” kann.

Nichts davon geht in die D a u e r ein!

Nur was umgesetzt wurde in W i r k e nund L e b e n s f o r m , bleibt für die D a u e rerhalten: — dann, wenn kein Atom desGehirns mehr in der gleichen Form be-steht, die voreinst nötig war, das von mirÜbernommene aufzugreifen. —

Mein Schüler zu sein, ist keine Folgeeiner Art A u s z e i c h n u n g , die ich etwazu „ verleihen ” hätte.

Mein Schüler ist jeder Mensch der sichin die von mir dargebrachten Lehren v e r -t i e f t , und sich v o r s i c h s e l b s t ver-pflichtet: soweit es ihm möglich ist, seineigenes Leben fortan nach den Konse-quenzen einzurichten, die sich aus meinenLehren dem logisch Folgernden ergeben.

Mit mir hat das nur insofern etwas zutun, als ich der sprachliche Former der

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Mitteilungen eigener Erfahrung, und derAusleger uralter Lehren wurde, deren Wahr-heit ich erproben durfte.

Es handelt sich hier freilich um Er-fahrungsbezirke, die keinem meiner Mit-menschen auf der westlichen Seite des Erd-balls zugänglich sind, — auf der a n d e r e nSeite aber auch nur verschwindend Wenigen,von denen keiner die A u f g a b e hat, Mit-teilungen an die Öffentlichkeit gelangenzu lassen.

Ich kann es einem meiner Schüler kaumverbieten, mich seinen „ Meister ” zu nennen,nachdem bekannt ist, daß man in denLändern des Sonnenaufgangs Menschenmeiner Art, wie überhaupt jeden geistigenLehrer, mit Worten bezeichnet, die diesemBegriff am nächsten kommen, — ja ichkönnte hier wirklich auf geistig begründete„ Berechtigung ” verweisen, — aber ich sehein diesen Bezeichnungen n u r d a n n Sinn

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und Wert, wenn der sie Gebrauchende der-gleichen Worte mit seinem Wissen um diedamit bezeichnete W i r k l i c h k e i t zu er-füllen vermag.

Da das aber nur den Allerwenigstenmöglich wird, bitte ich immer wieder da-rum, die Bezeichnung „ Meister ” zu u n t e r -l a s s e n , denn keinesfalls tritt man durch dieBezeichnung oder Anrede mit der man michbenennt, in ein Verhältnis der Schüler-schaft zu mir.

Es ist keine geringe Torheit, wenn maneine über alles Erdendasein weit hinaus-wirkende, r e i n g e i s t i g e Beziehung, vonirgend einer äußeren Anerkennungs-Be-zeugung abhängig glaubt!

Eine nicht ganz richtige Auffassungmeiner geistigen Lehrtätigkeit verrät sichauch dadurch, daß man, in der an sichlieben Absicht, eine Freude zu bringen, essich nicht versagen zu dürfen meint, mir

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jede Zeitungsbesprechung, deren UrheberGutes über meine Bücher zu sagen hat,beglückt zuzusenden, während man mirwahre Kondolenzbriefe schreibt, wenn irgendein namenloser Hinterwäldler in einemBierbankblättchen, dessen Liebhaber ganzgewiß n i e m a l s als Schüler meiner Lehrenin Betracht kommen k ö n n e n , sich sein gutesRecht auf knabenhafte Ungezogenheit nichtnehmen läßt, das er braucht, will er seinenLesern etwas gelten.

Ich betrachte im allgemeinen die Bücher-besprechungen gutgeleiteter Zeitschriftenund Tageszeitungen mit aller nur wünsch-baren Ehrerbietung, die man der Meinungs-äußerung eines Mitmenschen, der selbstetwas zu sagen hat, unbedingt schuldet.

Es ist ja auch meistens am ersten Satzschon zu sehen, „ wes Geistes Kind ” derRezensent ist, und welchen Grad der Be-achtung seine Meinungsäußerung verdient,auch wenn man n i c h t schon sein Signumoder seinen Namen kennt.

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Würde ich rein d i c h t e r i s c h e Werkeschaffen, oder wissenschaftliche Bücherschreiben, dann wären mir die Besprech-ungen meiner Bücher schon deshalb rechtwichtig, weil ich mich verpflichtet fühlenwürde, die Widerspiegelung meiner Arbeitim Urteil urteilsreifer Mitmenschen darauf-hin zu untersuchen, ob und wie sie meinemferneren Schaffen nutzbar zu machen sei.

Da ich aber nicht als Dichter und nichtals Vertreter einer Wissenschaft oder einerReligionsgemeinde vor der Öffentlichkeitstehe, sondern nur aus Ergebnissen meinerindividuellen Erfahrungen, und aus einermir gewordenen Möglichkeit der Wahr-nehmung, die heute in Europa kein ande-rer Mensch besitzt, meine Lehrtexte forme,so hat auch der wohlwollendste Rezensentes nicht leicht mit dem, was ich schreibenmuß, und mir kann sein Urteil wenighelfen, wenn seine Besprechung der Bücherauch sehr viel dazu beitragen kann, daß

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sie in die Hände derer kommen, die sienötig haben und bisher noch suchen.

Ich glaube aber, daß gerade die vielenernst zu nehmenden Rezensenten, denenmeine Bücher auf solche Weise ihre Ver-breitung mit z u v e r d a n k e n haben, amehesten verstehen werden, daß mein Lehr-werk e r s t d a n n b e u r t e i l t werden kann,wenn der Urteilende bereits begonnenhat, n a c h m e i n e n A n w e i s u n g e n z uh a n d e l n .

Von g a n z a b w e g i g e n Einordnungenmeiner Schriften oder meiner Person lohntsich im übrigen nicht zu reden, wenn mirauch abseits der Öffentlichkeit immernoch Seltsames genug begegnet: bald indrolligster Verkleidung, bald mit anmaß-licher Gebärde, — in manchen der vielenB r i e f e , die ich niemals beantwortenkann.

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Hier dürfte nun wohl der Ort sein,ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß ichauch meinen wirklich echten und erprobtenSchülern gegenüber unmöglich die Ver-pflichtung zu brieflichem Austausch ein-gehen könnte, so daß die Nichtbeantwortungan mich gerichteter Briefe n i e m a l s soaufgefaßt werden darf, als wolle ich nachdem bekannten Sprichwort: „ Keine Ant-wort ist auch eine Antwort ” , etwa meinerBeurteilung des an mich gelangten Briefes,oder gar seines Schreibers, Ausdruck geben.

Ein Brief kann mich leidenschaftlichinteressieren oder zu brennendem Mitfühlenzwingen, — ich kann sehr vieles zu seinemInhalt zu sagen haben, — und muß mirdoch die Antwort darauf verbieten, weilsich der gegebene Umkreis meiner Korre-spondenz schon längst nicht mehr erweiternläßt, — ja nicht einmal aufrecht erhaltenwerden kann, wenn ich meine wesentlichenLebensaufgaben nicht schädigen soll durch

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Zersplitterung von Kräften, die nach inner-ster Konzentration verlangen. —

Das wissen und beachten meine nächstenSchüler aus eigener Erwägung, aber auchfernerstehende zeigen die gleiche Einsicht,was sich aus den zahlreichen Briefen ergibt,die nur als herzwarmer Gruß genommenwerden wollen, so daß die Absender zu-meist nicht einmal ihre Adresse erwähnen.

Ihnen allen sei an dieser Stelle meinbesonderer Dank gesagt!

Deutlichst muß ich hingegen einer Auf-fassung der Pflichten des Schülers entgegen-treten, die sich leider da und dort, auchbei im übrigen recht bewunderungswür-digen und weit vorangeschrittenen Schülern,findet! —

Ich meine hier das Bestreben, P r o -s e l y t e n machen zu wollen: — das Be-streben, für die Aufnahme der von mirvertretenen Lehren eine Art „ Missions-

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tätigkeit ” zu entfalten, und sich als „ Apo-stel ” der von mir gegebenen Lehren aus-zuzeichnen.

Nichts kann mir fataler sein, und nichtssteht der ruhig würdigenden, nüchternenAufnahme dessen, was ich zu sagen habe,mehr im Wege, — ja, nichts hat bishermein Wirken auch nur annähernd so sehrgehemmt, — als solcher irrende Eifer ge-treuer Schüler!

Ich verstehe wahrhaftig die gute A b s i c h t ,und kenne auch gewiß alle Erwägungen,die zu derart unlöblichem Übereifer ver-führen, aber ich kann solchem ungedul-digen Verkündigungswillen leider die bittereWahrheit nicht vorenthalten: — daß erweit mehr Menschen von einer vorurteils-losen Beschäftigung mit dem Inhalt meinerBücher a b s c h r e c k t , als er jemals zu ihrhinzuführen vermag. —

Außerdem offenbart sich in dieser Un-geduld stets eine kleine, wenn auch ver-

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zeihliche Überschätzung der eigenen K r a f t ,z u ü b e r z e u g e n , und zugleich eine argeU n t e r s c h ä t z u n g der urgeistigen Gewalten,von denen allein die Auswirkung meinerLebensaufgabe abhängig ist.

Deutlich zeigt mir die Erfahrung, daßunter allen Menschen, die ich heute alsmeine wirklichen geistigen Schüler an-erkennen kann, nur ein ganz winzigesHäuflein solcher ist, die zuerst durch einen„ missionierenden ” Schüler von meinenBüchern hörten. Zu allen anderen sindd i e B ü c h e r s e l b s t auf irgend eine Weise„ g e k o m m e n ” , — mochte es auch auf selt-samsten Wegen geschehen, und sich zuweilenum recht robuste Menschen handeln, denenjede Absicht fehlte, Geistiges aufzunehmen.

Manche meiner Schüler sehen offenbarachtlos über den Unterschied hinweg, derzwischen ihrer so gut gemeinten Missio-nierungsarbeit und der k a u f m ä n n i s c h

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g e f o r d e r t e n V e r l a g s w e r b e a r b e i t be-steht. —

Hier aber handelt es sich um W e s e n t -l i c h e s !

Während bei aller persönlichen Einzel-werbung immer die willkürliche A u s w a h lder Umworbenen d u r c h d e n W e r b e r imVordergrund steht, bringt der Verlegerseine Werbung vor die allgemeine Öffent-lichkeit, und überläßt es d e r g e i s t i g e nF ü h r u n g eines jeden Einzelnen, wem siedie Bücher bereits zuführen will, und wemnicht.

Alle Verlagswerbearbeit geht von derÜberzeugung aus, daß es unzählige Men-schen gibt, die meine Bücher dringendbrauchen könnten, aber noch nichts vonihnen wissen. Der Verlag richtet seineWerbung an j e d e n Leser seiner Propaganda,und hütet sich, irgend eine Auswahl treffenzu wollen. Die A u s w a h l Derer, denenmeine Bücher durch Verlagswerbearbeit

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nahekommen, bleibt g e i s t i g gelenkterSeelensichtung anheimgegeben, die sichniemals irrt.

Demgegenüber ist auch die bestgemeintep r i v a t e E i n z e l w e r b u n g — bis auf selteneSonderfälle — ein recht grober Eingriff indie seelische Rechte-Sphäre des Neben-menschen.

Ein solcher unerbetener und zumeistunzeitiger Eingriff kann dazu führen, daßder so voreilig bearbeitete Mensch, demmeine Bücher vielleicht noch durchaus nichtgelegen kommen, obwohl mein eifrigerSchüler darüber anders dachte, — nun einewahre Abneigung gegen das ihm so dring-lich Empfohlene faßt, zumal es ja auchzahlreiche Leute gibt, die nur d a s geltenlassen, was sie s e l b e r für sich gefundenhaben.

Möglicherweise aber — h ä t t e der nunAbgeschreckte in wenigen Tagen oder

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Wochen von s i c h aus meine Bücher e n t -d e c k t , die er jetzt, durch den Übereifermeines Schülers veranlaßt, geflissentlichvon sich fern hält, — bis er, vielleichtdann erst nach J a h r e n , endlich in der ihmg e m ä ß e n Weise zu ihnen hinfindet.

Ich kann mich leider auf z a h l r e i c h eFälle berufen, in denen allzueifrige Schülerversucht hatten, andere Menschen für meineSchriften zu gewinnen, und nur h e f t i g s t eA b w e h r erzielten, bis endlich die auf solcheWeise Behinderten d o c h zu mir hinfanden,wonach sie mir dann Bericht von ihremvorherigen Ergehen gaben.

Wer also in diesen Dingen richtig han-deln will, der überlasse es den geistigenMächten, in deren Obhut meine Bücherstehen, wem sie zugeleitet werden sollen.

Das heißt durchaus nicht, daß es etwaschon vermieden werden müsse, von denBüchern a u c h n u r z u r e d e n ! Ich will

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nichts anderes vermieden sehen, als dasm i s s i o n i e r e n d e „ Bearbeiten ” und „ Über-reden ” Anderer!

Da es aber zumeist s e h r b e w ä h r t eSchüler sind, die sich g e d r ä n g t fühlen, nunauch bei Anderen für das einzutreten, wasihnen selbst Licht und Erleuchtung brachte,so sehe ich diesen Hinweis ganz besondersam Platz.

Zugleich muß ich hier schon jedenmeiner Schüler davor warnen, a l l z u v i e lvon sich selbst oder seinen ihm bekanntenMitschülern z u v e r l a n g e n .

Ich habe den Weg, auf dem der Schülerzum substantiellen Geiste und damit indas sichere Bewußtwerden der eigenenGeisteszugehörigkeit gelangt, als arbeitsamerWegewärter, von sehr vielen Hemmnissenfreigelegt, die ehedem fast übermenschlicheAnstrengung verlangten, um überwundenzu werden.

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Ich bin aber außerstande, auch alleS t e i g u n g e n , die nur mit A u s d a u e r zubezwingen sind, aus dem Wege zu räumen,denn der Weg führt seit Urzeittagen herüber gewachsenen Fels!

Keinem meiner Schüler kann ich dieMühe des S t e i g e n s ersparen, — keinenkann ich auf meinen Schultern zum Gipfeltragen!

Es wird aber jeder steile Anstieg amehesten überwunden, wenn der Wanderernicht hetzt und drängt, sondern seine Kräftestets solcherart in weiser Mäßigung zu ge-brauchen weiß, daß er niemals eine Beuteder Übermüdung werden kann. —

Ruhige Z u v e r s i c h t und wacher G l a u b ea n s e i n e e i g e n e K r a f t , bringen den Stre-benden viel eher seinem hohen Ziele nah,als alle Willensverkrampfung, zu der sichder Ungeduldige so leicht verleitet sieht!

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Notwendige Unterscheidung

Was ich unter „ G e i s t ” verstandenwissen will, dürfte in allen meinen Büchernklar erkennbar sein.

Da aber im alltäglichen Sprachgebrauch,und selbst in der Terminologie der Ge-lehrten, das gleiche Wort auch als Bezeich-nung für die Funktionen des menschlichenG e h i r n s , und ihre Resultate, gebrauchtwird, so sehe ich immer wieder den oderjenen meiner Schüler das Wort: „ G e i s t ” ,wo es ihm in meinen Büchern begegnet,gewohnheitsmäßig m i ß d e u t e n .

Das ist gewiß nicht verwunderlich, daman ja im Alltag doch von „ geistiger ” Ar-beit, „ geistiger ” Ermüdung, „ geistvoller ”Diktion, „ geistreichen ” Bemerkungen, „ gei-

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stiger” Frische, wie auch von „ geistiger ”Umnachtung spricht, und bald den s o l c h e r -a r t gemeinten „ Geist ” auf den höchstenThron erhebt, bald ihm, zu Gunsten derS e e l e , den K r i e g erklärt.

Was aber da mit dem Worte „ Geist ”bezeichnet wird, ist G e h i r n a r b e i t , — istÄußerung angeborener und durch steteÜbung vervollkommneter G e h i r n f u n k -t i o n , — Zeugnis besonders r a s c h e r Arbeitdes Gehirns, oder seiner anhaltenden L e i -s t u n g s e n e r g i e , wie andererseits das, wasman „ G e i s t e s k r a n k h e i t e n ” nennt, G e -h i r n -Krankheiten sind, mögen diese Er-krankungen durch e r k e n n b a r e p h y s i s c h eUrsachen, oder durch Einwirkungen o k k u l -t e r Art entstanden sein.

Es ist nur ein Zeichen der eigenenGeistferne, daß der aus dem bewußten Seindes substantiellen Geistes „ gefallene ” Erden-mensch die Manifestationen seines Gehirnsals etwas „ Geistiges ” empfindet, so daß man

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von einem „ regen Geiste ” spricht, wenn manein regsames G e h i r n meint.

Nur dort, wo das Wort „ Geist ” einnormalerweise unsichtbares, entkörpertesEinzelwesen: eine „ Erscheinung aus demJenseits ” , bezeichnen soll, flimmert nochder letzte, vom Dunkel fast aufgesogeneStrahl eines Urerlebens s u b s t a n t i e l l e n„ Geistes ” auf, mögen auch die Vorstellungs-bilder, die sich der Erdenmensch schuf, umsich Unsichtbares faßlich zu gestalten, mit-unter recht phantastisch-schauerlich-groteske,abgeschmackte Formen zeigen.

Hingegen wird in den Bezirken europäi-sierter Religionen zwar sehr viel vom Geisteg e s p r o c h e n , — hört man aber auf derWorte wirklich erfühlten Ton, so gewahrtman alsbald, daß a u c h d a n n nur eine sub-tilere Art der G e h i r n f u n k t i o n als „ Geist ”bezeichnet wird, wenn vom Geiste der E w i g -k e i t , vom Geiste G o t t e s , vom „ h e i l i g e n ”Geiste die Rede ist.

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Gott ist zwar Geist, und „ die ihnanbeten ” sollen ihn „ im Geiste ” und somitin „ Wahrheit ” anbeten, aber unter diesemGeiste, der G o t t ist, wird nur eine, dermenschlichen Gehirnerfahrung analoge, insGigantische gesteigerte gehirnmäßige Be-wußtheit verstanden, und das A n b e t e n imGeiste wird nicht viel anders, als ein An-beten i n G e d a n k e n aufgefaßt.

Vom s u b s t a n t i e l l e n e w i g e n G e i s t e ,als dessen durchleuchtende Strahlung unsGott allein i n u n s lebendig erfahrbarwerden kann, hat man keine Ahnung.

Kein Wunder, wenn sich Kampfstimmenerheben gegen die Suprematie des in sovielerlei verdächtigen Farben schillernden„ Geistes ” der G e h i r n e !

Kein Wunder, wenn man der S e e l eRechte ihm gegenüber zu verteidigen sucht!

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Impuls zu solchem Kampfe gibt die er-fühlte Gewißheit, daß der irdische „ Geist ”der Gehirne unmöglich das höchste unsinnerlich erlebbare Gut sein kann.

Mit „ hellfühlenden ” inneren Sinnentastet man sich der S e e l e zu, in derenÄußerungen eine Kraft erspürt wird, diedem Gehirnwissen um sich selbst unendlichweit überlegen ist.

Man m u ß , notgedrungen, das Wort desPaulus verwerfen, daß der Geist alles durch-dringe, selbst „ die Tiefen der Gottheit ” ,— solange man bei diesem Ausspruch an„ Geist ” denkt, der nichts anderes ist, alsResultat der Gehirnzellenbewegung. —

Daß hier jedoch vom substantiellen, dasGehirn aus sich erst s c h a f f e n d e n , ink e i n e r Weise g e h i r n a b h ä n g i g e n , ewigenGeiste die Rede geht, ist leider längst Ge-heimnis geworden...

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Immer differenzierteren Denkaufgabenhat sich der Erdenmensch zugewandt, stetsim Banne des Irrglaubens, daß sein gehirn-bedingtes Denken „ G e i s t ” sei vom Geisteder Ewigkeit, — und nur in Seltenen konntesich noch eine leise Ahnung erhalten, daßErkenntnis möglich sein müsse, die niemalsdurch Gehirnarbeit erreichbar werden könne,— Erkenntnis aus dem wirklichen E r l e b e ndes Geistes, — nicht aus verstandesmäßigemFolgern, Erschließen und Erspüren.

W i e man aber zu dieser geahnten Er-kenntnis gelange, wußte kaum einer zusagen, obwohl es nicht an Zeugnissen fehlte,d a ß solches möglich sei.

Möglich ist es aber zu allen Zeiten nur de-nen geworden, die „ in den Geist ” gelangten:„ i n ” den substantiellen, aus sich selbstlebendigen, unzerstörbaren, unveränder-lichen Geist der Ewigkeit!

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D i e s e r „ Geist ” ist ebensowenig im ge-hirnlichen D e n k e n , wie mit irdisch-tierischen Sinnen zu fassen.

Wir müssen „ i n ” ihm sein, wenn wirin i h m erkennen, ergründen, erforschenwollen, und wir k ö n n e n in ihn gelangen,weil wir — auch physisch — von ihm d u r c h -l e b t werden: — weil er in u n s „ lebt ” ,auch wenn wir noch n i c h t in i h m zu lebenvermögen...

Niemals aber können wir mit Hilfeirgend einer Art G e h i r n t ä t i g k e i t „ in denGeist ” kommen!

Es handelt sich ja um ein G e s c h e h e n ,und nicht um ein Erdenken oder Vorstellen!

Dieses Geschehen kann zwar vom Gehirn„ registriert ” und dann als gesichertes Faktumins Denken e i n b e z o g e n , aber unmöglichdurch das Gehirn h e r b e i g e f ü h r t werden.

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W i e man dahin gelangt, es zu erleben,zeige ich in meinen Büchern.

Nur um das hier Nötige a u f z u z e i g e n ,habe ich sie g e s c h r i e b e n ! Wahrlich: mitmeinem H e r z b l u t geschrieben!

Da es aber v i e l e Möglichkeiten gibt,das hier gemeinte Geschehen auszulösen,so zeige ich auch die B e s o n d e r h e i t e n dereinzelnen, individuell verschiedenen F o r -m e n , den Weg zu durchschreiten, der zumZiele führt.

Dem Aufzeigen des Weges, so, daß jederEinzelne, der ihn beschreiten will, mitwenig Mühe, die seinen Befähigungen ent-sprechende Form, ihn zu bewältigen, findenkann, dient jedes Wort, das ich geschriebenhabe, auch wenn ich nicht nur den Wegabstecke, sondern zugleich manchen A u s -b l i c k schaffe, der sich von gewissen Weg-stationen, oder vom Endziel des nur soWenigen bekannten Weges her ergibt.

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Es ist ein nicht ganz unbedenklicherIrrtum, wenn manche Leser meiner Schriftenglauben, ihre Fähigkeiten seien u n b e -g r e n z t , so daß es in des Einzelnen Beliebenstünde, in dieser u n d jener, von mir ge-wiesenen Form, oder auch in allen z u g l e i c hden Weg zu beschreiten.

Jeder Mensch bringt eine a n d e r e Ver-anlagung mit auf diese Erde, jeder wirddann, von Jugend auf, durch Menschen undVerhältnisse, durch Erfahrungen, wie durcheigene und fremde Vorstellungsbilder be-stimmt, so daß sich aus alledem auch ergibt,nach welcher F o r m er den Weg beschreitenmuß, will er „ in den Geist ” gelangen.

Ich glaube deutlich genug in meinenBüchern zu zeigen, was jeweils der e i n e n ,und was wieder einer a n d e r e n Form Be-dingnisse sind.

Menschen meiner Art, die, ebenso wieich, die verschiedenen Formen, den Wegzu durchschreiten, kennen, aber in der

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unerbittlichen, uns „ grausam” erscheinen-den Zucht östlicher Weisheitslehrer auf-gewachsen sind, empfinden den Inhalt meinerSchriften als „ allzu leicht verstehbar” dasie der Ansicht sind, der Weg, in denGeist zu kommen, könne gar nicht genugmit Hindernissen verbaut werden, weil nurder des Zieles würdig sei, der sich auchdurch das furchtbarste Hindernis nicht ab-schrecken lasse.

Ebenso dachten die echten Eingeweihtena n t i k e r „ Mysterien ” in China, Indien,Babylonien, Persien, Aegypten, Griechen-land und Rom, soweit es sich noch umein wirkliches Wissen der gleichen Gescheh-nismöglichkeiten handelte, von denen inmeinen Büchern gesprochen wird.

Man darf mir aber, trotz alledem, nichtzutrauen, daß ich so „ deutlich ” wurde, wieich es in meinen Texten bin, ohne ver-antwortungsgültige Gründe dafür zu haben!

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Wohl lag hier die Entscheidung nurb e i m i r , aber ich wußte zugleich, weshalbsie gerade mir anheimgestellt blieb.

Ich bin weder ein Mensch der Antike,noch ein Asiate, obwohl ich, zeitlich wieräumlich, b e i d e Lebenskreise g e i s t s u b -s t a n t i e l l in den meinen e i n b e z o g e n finde,— aber als Europäer des nach der christ-lichen Zeitrechnung zwanzigsten Jahrhun-derts, weiß ich leider um die U n g e d u l d ,als Charakteristikum der Menschheit meinerZeit, und weiß damit auch, daß nur rechtWenige der gleichzeitig Lebenden Hoffnunghegen dürften, aus meinem Lehrwerk Nutzenzu ziehen, wollte ich in meinen Lehrworteneine geheimnisverbündete Sprache sprechen,und möglichst verbarrikadieren, was ichallen zugänglich machen möchte.

Wohl aber handelt es sich in all meinemSchriftwerk um Dinge, die sich gewiß nichtwillig d e r S p r a c h e ergeben.

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Was ich zu sagen habe, mag sich nichtgerne i n W o r t e einfangen lassen.

Auch habe ich es nicht etwa mit einergenügend v o r b e r e i t e t e n Leserschaft zutun, denn bei aller Vulgarisierung jeglichenWissens um vergangene oder westferneKulturkreise, weiß man doch selbst unterden hier in Betracht kommenden Gelehrtennicht um die Merkmale, die innerhalb solcherWissensgebiete Aberglaube von echter W i r k -l i c h k e i t s e r k e n n t n i s abscheiden könnten.

Um diese Merkmale können nur Men-schen wissen, die bereits „ in den Geist ”g e f u n d e n haben und somit „ aus demGeiste ” zu erkennen vermögen.

Aber für solche Menschen schreibe ichnicht, und sie können meine Mitteilungenleicht entbehren.

Wer jedoch mein Schüler sein will,weil es ihm darum geht, in seiner ihm

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wesenseigenen Weise den Weg „ in denGeist ” zu finden, der wird gut tun, wenner die verschiedenen Formen, w i e dieserWeg zu erwandern ist, nicht willkürlichu n t e r e i n a n d e r v e r m e n g t , sondern sichaussucht, was ihn besonders anspricht, wo-nach er dann unbesorgt die anderen vonmir aufgezeigten Möglichkeiten auf sichberuhen lassen kann.

Ich gebe nicht Kunde vom substantiellenGeiste, um eine harte Lehre aufzustellen,der nur die Härtesten zu folgen vermöchten.

Ich zeige aus dem Geiste der die L i e b eist, die Weise der Liebe und allewig un-erschöpfbaren Barmherzigkeit: — den Wegdes sich selbst verströmenden Erbarmens.

Ich weise nicht nur den Weg, sonderngebe auch seine Merkmale an, soweit derSuchende sie kennen muß.

Jeder kann die ihm am l e i c h t e s t e nfaßbare Wegmarke sich merken, und soll

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sich dann nicht beirren lassen durch dieZeichen, denen a n d e r e Sucher besser zufolgen vermögen.

Was ich in meinen Schriften mit demWorte „ Geist ” bezeichne, läßt sich irdischBekanntem nicht vergleichen.

Es ist die w e s e n s g e m ä ß e s t e Darstel-lungsform für das U r - S e i n aus dem allesDasein ausgeht, — von dem alles Dasein„ L e b e n ” empfängt, solange es bestehenbleibt in seiner jeweiligen Eigenform.

Wenn ich sage: es ist wie freie, unfaß-bar hochgespannte Elektrizität, die jedenin ihr Kraftfeld gebrachten Körper d u r c h -d r i n g t , und je nach seiner Eignung sichi n i h m m a n i f e s t i e r t , — so ist das gewißkein Vergleich, wohl aber doch ein brauch-bares Bild, das Irrtum verhüten helfenkann.

Wir tragen ein Erlebnisvermögen fürdieses Ur-Seiende in uns, aber ohne unser

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bewußtes Mitwirken vermag auch keine„ Gnade ” das hier gemeinte Vermögen sozu entfalten, daß es uns die ihm zugäng-liche Welt des wesenhaften substantiellenGeistes zu offenbaren imstande ist.

Diese Welt des urewigen Geistes, diewieder unzählige Einzelwelten in sich faßt,ist kein unwandelbar Starres, kein unge-ordnetes Chaos, sondern ein stets Beweg-tes: — ein Kosmos klarster, in steter Ver-wandlung begriffener, dennoch im Sein mitsich selbst identischer Formen.

Wer im Geiste die Welt des Geisteserleben lernen will, der muß zuvor in sichselbst die Hemmungen beseitigen, die ihmaus der Vorstellung erwachsen sind, alssei das dem irdischen Auge unerfaßbareGeistige in keiner Weise sinnengemäß, viel-mehr ein flüchtiges, in sich ungegliedertesWehen und Wogen ohne bestimmte For-menerzeugung.

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Er wird sich klar darüber werden müssen,daß seine eigene letzte L e b e n s u r s a c h eder Geist ist, — daß auch in irdischer Ver-körperung der Organismus des g e i s t i g e n„ Leibes ” zur Tätigkeit kommen kann, unddaß dann rein g e i s t i g e „ Sinne ” an Stelleder Körpersinne sich entfalten.

Allerdings wird sich der Suchende auchsagen müssen, daß im Geiste nur erlebtwerden kann nach g e i s t i g e r Anschauungs-weise, genau so, wie die uns hier auf Er-den umgebende und leibvertraute physischeWelt nur infolge p h y s i s c h -sinnlicherAnschauungsart erlebbar ist.

Und wie in der physischen Welt dasWelterlebnis durch die p h y s i s c h e n Sinnebedingt ist, so kann auch im Geiste n u rd a s erlebt werden, was der jeweilige Ent-faltungszustand der g e i s t i g e n Sinne desEinzelnen erlebensmöglich werden läßt.

So, wie nun in unserer physischen Er-denwelt die irdischen Sinne ganz verschie-

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dene Entwicklungsmöglichkeiten aufweisen,wodurch denn das Welterlebnis eines je-den Menschen a n d e r s bestimmt wird, jenachdem der eine oder der andere Sinndie Führung übernimmt, so ist auch dasGeisterlebnis von der in jedem Menschen-geist anders geordneten Entfaltungsfähigkeitder g e i s t i g e n Sinne abhängig.

Soll die Reihe der Analogien, die ichhier aufzeige, aber vollständig sein, so mußich den Schüler noch auf eine sehr wesent-liche Gleichheit aufmerksam machen, diezwar alles Vorgenannte v o r a u s s e t z t , aberfür die Beurteilung geistigen Erlebenskeineswegs etwa erst an letzter Stelle steht.

Ich meine hier die Tatsache, daß wirdas Geistige ebenso wie das Physischsinn-liche sowohl k a l t - s a c h l i c h erkennend,wie auch mit der ganzen Wärme s e e l i s c h e nEinklangs erleben können.

Beim e r d e n s i n n l i c h e n , wie beimg e i s t s i n n l i c h e n Erleben handelt es sich

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immer nur um das Erleben von verschie-denen A s p e k t e n der gleichen U r k r a f t ,die ich in einem meiner Bücher daher gerade-zu als „ d a s e i n z i g W i r k l i c h e ” bezeich-net habe.

In dieses „ E i n z i g w i r k l i c h e ” vermagin aller Ewigkeit kein anderes, als seine i g e n e s „ Bewußtsein ” einzudringen, sodaß es selbst den höchsten, irdisch schonunvorstellbaren Stufen ewigen Geistesmen-schentums wie nicht vorhanden wäre, be-wirkte sein Dasein nicht die Influenz-Er-scheinung der S e e l e n k r ä f t e , die sich so-wohl im physisch-sinnlichen wie imgeistsinnlichen Leben in uns auszuwirkentrachten, wenn wir dieses Wirken nichtselbst unterbinden.

Darum ist es so überaus bedeutsam,welche Seelenkräfte wir in unserem innerstenWollen zu e i n e n , — m i t diesem Wollenzu i d e n t i f i z i e r e n wissen. —

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Nicht nur für unser erdenzeitliches, son-dern in noch weit höherem Maße auch fürunser g e i s t i g -e w i g e s Erleben!

Darum ist es Denen, die in den Geistgelangen wollen, höchste und strengstePflicht, ihre Seelenkräfte vor „ Schaden ”zu wahren, damit nicht höchstes Strebenmit dem „ T o d e ” der Seele ende, dennjenes kalt-sachliche Erkennen, dem dieInbrunst der Seele fehlt, ist S e l b s t v e r -d a m m n i s die sich nicht eher endigen läßt,als bis sich das Individualbewußtsein imLaufe von Aeonen darin verbrauchte...

Darum sind die ungestümen Streiter fürdie S e e l e , denen es darum geht, daß der„ Geist ” der G e h i r n e nicht die Seele töte,zwar in Unkenntnis des e w i g e n s u b s t a n -t i e l l e n Geistes, aber innerhalb ihrer Er-lebnisweite keineswegs im Irrtum. —

Das Erleben des ewigen, substantiellenGeistes ist an sich gänzlich unabhängig

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vom „ Geist ” der Gehirne: — vom Denkenund gedanklichen Erschließenkönnen.

Nur zur W i d e r s p i e g e l u n g und M i t -t e i l u n g des geistig Erlebten bedürfen wirhier, im physisch-sinnlichen Zustand, derArbeit des Gehirns.

Hingegen sind die S e e l e n k r ä f t e , die —wenn ich ohne Gefahr, irriges Verstehenzu begünstigen, so sagen darf — in unseremgeistgeformten „ Ich ” a n S t e l l e des phy-sischen Gehirns treten, erst dieses Erlebensewige Rechtfertigung.

Nach allen diesen Erörterungen, diedazu dienen sollen, meinen Schülerndie Lebensgestaltung nach den Anweisungenmeiner Bücher zu e r l e i c h t e r n , muß ichaber doch wieder darauf hinweisen, daß esmir selbst am meisten bewußt ist, wie allemenschliche Sprache nur ein recht unzu-längliches Mittel bildet, um geistige Wirk-lichkeit zur Darstellung zu bringen.

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Ich muß also darum bitten, daß sichmein Schüler nicht das billige Vergnügenmache, an meinen Worten seinen unzweifel-haft vorhandenen Scharfsinn zu üben, indemer aufzuspüren sucht, ob man ihnen nichtauch vielleicht a n d e r e n Sinn geben könne,als den von mir gemeinten, den ich immer-hin deutlich genug bestimmt zu haben glaube.

Es ist nun einmal nicht anders möglich,von einem Erleben, das man e r f a h r e n habenmuß, um es zu kennen, anders zu sprechen,als in Umschreibungen, Bildern und Gleich-nissen.

Ich muß den aufrichtigen W i l l e n zumVerstehen bei meinen Schülern voraussetzen!

Andererseits kann ich kaum scharf genugdavor warnen, meinen Büchern gegenübereinen starren W o r t k u l t u s zu treiben.

Mein Schüler soll aus meinen Wortenden gemeinten S i n n erfühlen lernen unddiesem Sinne gemäß h a n d e l n .

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Ich will wahrlich keine neue Orthodoxieins Leben rufen!

Jeder mag ruhig meine Worte in seine,ihm persönlich näherliegende Sprache über-setzen, wenn ihm das zur Erleichterungdes Verständnisses hilft.

Je weiter aber dann der Suchende aufseinem Wege voranschreitet, desto wenigerwesentlich wird ihm alle Gleichniswahl,oder die gegebene Unzulänglichkeit der aufirdisch-äußere Verhältnisse eingestelltenWorte der Sprache sein, denn was er be-reits aus eigener Erfahrung bestätigt fand,wird ihm für alles Kommende als auf-schlußgewisser Schlüssel dienen.

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Unnötige Selbstquälerei

Die meisten Menschen des abendländ-ischen Kulturkreises — einerlei welcherReligionsgemeinschaft sie zugehören —w i s s e n n i c h t s von der Möglichkeit, hierschon, während des irdischen Lebens, densubstantiellen geistigen Organismus, der unsnach der Beendung erdenkörperlichen Da-seins allein noch Bewußtseinsträger ist, zurErlebnisfähigkeit zu entfalten.

Andere haben wohl von solcher Ent-faltungsmöglichkeit gehört, — wenn auchvon fragwürdigster Seite her, — und ver-mögen es nicht, daran zu glauben.

Noch andere endlich ahnen, daß dieauf eigenes Erleben gegründete Kenntnisder n i c h t mit erdenkörperlichen Organenerfahrbaren Welt: — der Welt des ewigen

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Geistes — m ö g l i c h ist, und suchen ver-geblich nach einer „ Methode ” um zu sol-cher Kenntnis zu gelangen.

Weit verbreitet ist unter diesen Suchen-den der Glaube, als handle es sich bei demZiel ihres Suchens um eine „ Vergeistigung ” ,— und da sie nichts anderes an sich kennen,als ihre erdenkörperlich bedingte Art desDaseins, so glauben sie ihrem Ziele amehesten sich zu nähern durch eine ver-meintliche Vergeistigung des Erdenleibes.

Dieser arme Erdenleib aber ist zwar nuri m L e b e n durch den Geist, kann aberniemals Geist w e r d e n .

Da man nun sehen muß, daß er sichgegen die ihm ungemäße Zumutung aufseine Weise wehrt, so strebt man danach,ihn zu „ ü b e r w i n d e n ” und hält es fürseine Besiegung, wenn man des geistbelebtenKörpers beste Kräfte endlich „ a b g e t ö t e t ”zu haben meint.

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Die in solcher „ Abtötung ” besonders Ge-waltsamen gelten nun als die am meisten„ Vergeistigten ” , und sie selbst werden indiesem Wahn vor sich bestärkt durch dieHalluzinationen und sonstigen vermeint-lichen „ Begnadungen ” , die in Wahrheitnichts anderes sind, als Folgen der demKörper ungemäßen, feineren oder gröberenFolterung.

Die Geschichte aller Religionssysteme istreichlich bedacht mit Beispielen solcherSinnverkehrung, und leider auch mit Zeug-nissen ihrer Verherrlichung.

So sehr der Mensch aber auch bewun-dern mag, daß einer seinesgleichen denMut zur Selbsttortur zu finden wußte, sowenig i s t solches Unmenschentum bewun-derungswürdig.

Wir Menschen hier auf Erden sind wederdazu im Leben, um n u r das, was des T i e r e san uns ist, zu pflegen, und uns durch die

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Lustsucht, oder die Bequemlichkeitsliebedes tiergleichen Körpers bestimmen zulassen, noch haben wir die Aufgabe, dieTiernatur in uns zu q u ä l e n .

Wohl aber handeln wir richtig, wennwir den erdenhaften Körper dazu erziehen,A u s d r u c k des uns belebenden substan-tiellen Geistes zu werden.

Dazu ist aber alles andere eher tauglich,als Selbstquälerei und Körpertortur!

Ich rede hier nicht etwa wie einer, derseinem Körper nichts zu versagen vermag.

Vor Zeiten einst selbst der Meinung ver-bunden, „ Fasten und Kasteien ” sei „ gott-wohlgefälliges ” Tun, hielt ich viele Jahrelang nicht nur die vorösterliche vier-zigtägige Fastenzeit weit strenger als einBüßermönch, sondern wußte es auch zuanderen Zeiten durchzuführen, mich tagelangjeder Nahrung, außer Quellwasser, zu ent-halten.

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Es mag in solchen Künsten Geübteregeben, und ich lasse ihnen gewiß gernejeden Vorrang, denn mit meinem Erwachenim Erleben des substantiellen, ewigen Gei-stes, ist mir jeglicher Ehrgeiz auf dem Ge-biet der Askese abhanden gekommen.

Ich weiß seitdem, daß alle Motive as-ketischen Lebens auf folgenschweren Irr-tümern beruhen, — ja, daß es nur e i n ee i n z i g e Berechtigung zur Askese gibt: —ihre Forderung durch die Therapeutik, zumHeile des Erdenkörpers selbst. —

Dahin gehört auch die persönliche Nei-gung Einzelner zu frugaler oder gar spar-tanisch-strenger Lebenshaltung, solange diesenur durchgeführt wird um — vermeintlichoder tatsächlich — die Gesundheit unddas Gedeihen des irdischen Körpers zufördern.

Sobald jedoch das Motiv solcher Lebens-haltung aus der Meinung erwächst, asketisches

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Leben könne dem ewigen G e i s t e näher-bringen, ist sie verwerflich.

Was die Athleten der Askese für „ Er-lebnisse im Geistigen ” halten, ist, ohne jeg-liche Ausnahme, recht bedenklicher Natur!

Entweder handelt es sich dabei um Re-aktionen des geschwächten Körpers auf dasG e h i r n , oder aber: der mißhandelte Kör-per ist schon zur Beute lemurischer Ge-walten der unsichtbaren p h y s i s c h e n Weltgeworden, die ihr armes Opfer gutwillignicht mehr loslassen, es aber mit allemzu „ unterhalten ” suchen, was sich ihnengeeignet erweist, seine Kritikfähigkeit nichtaus ihrem Schlaf zu erwecken...

Was der Getäuschte dann für ein Er-leben des G e i s t i g e n hält, ist Nervener-regung, und gespenstiger Spuk recht wenigerfreulicher, ihrer Natur nach dem körper-lichen Auge unsichtbarer Halbtierwesen,die zur physischen Welt gehören, auch wenn

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sie durch kein Ultramikroskop jemals „ nach-gewiesen ” werden können.

Über ihre Lebensauswirkung, ihre na-turhaft geforderte Betätigung, wie überderen perverses Ausarten, durch Anreizevon seiten des Erdenmenschen her, habeich in verschiedenem Zusammenhang diedeutlichsten Aufklärungen in meinenBüchern gegeben.

Wer etwa glauben sollte, es erübrigesich, solche Dinge ernsthaft zu erörtern,der ahnt nicht, wie v i e l e seiner Mitmen-schen in den Fußangeln der unsichtbarenp h y s i s c h e n Wesen h ä n g e n , von denenhier die Rede ist. —

Aber nicht nur vor der asketischenSelbstpeinigung des Erdenleibes und denaus ihr erwachsenden psychischen Gefahrenhabe ich zu warnen, sondern auch voreiner anderen Art Selbstquälerei zu der vieleSuchende neigen.

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Es sind durchaus nicht die Schwächlich-sten der zum Lichte Strebenden, die ammeisten in Gefahr sind, ihre Kräfte zu über-schätzen!

Aus solcher Überschätzung heraus mei-nen sie ihren Weg i n w i l d e n S p r ü n g e nzurücklegen zu dürfen, und bilden sich allenErnstes ein, in wenigen Monaten schon dasZiel erreichen zu können, zu dessen Er-langung Andere viele Jahre, — öfters garein ganzes Menschenleben, — brauchten.

Die tobende Ungeduld des Gehirnbe-wußtseins, ehestens erfahren zu wollen, wiedas Erleben des substantiellen ewigen Geistesempfunden werde, erzeugt dann eineUnrast, die nur dem psychischen wie demphysischen Leben schwere S c h ä d i g u n gbringen kann, aber n i e m a l s zu dem führt,was man, verquält und fast verzweifelnd,erstrebt. —

Bei dieser Art von Suchenden bestehtdie unnötige Selbstquälerei in einem un-

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ausgesetzten Zermartern des Gehirns, dasdoch gerade zur R u h e gelangen muß, undzu bewußtem geduldigen Zuwarten-W o l -l e n , wenn der Weg, der „ in den Geist ”führt, wirklich beschritten werden soll. —

Ungeduld und ungezügelte Sehnsuchtleiten nicht nur vom Wege a b , der zumZiel führt, sondern fördern auch die gleicheGefahr, getäuscht zu werden, wie sie fürden Asketen besteht. —

Zwar wurde einmal das Wort geprägt,vom „ Reich Gottes ” , das nur jene an sichzu ziehen vermöchten, die „ G e w a l t ” ge-brauchten, — aber was hier als „ Gewalt ”bezeichnet ist, läßt sich nur dann richtigerkennen, wenn man die Worte des mitdem Engel ringenden Jakob zum Vergleichheranzieht: „ Ich lasse dich nicht, bevor dumich gesegnet hast! ”

Es ist keine „ Gewalt ” im Sinne desÜberwältigenkönnens gemeint, sondern ein

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zähes Festhalten, bei allem Wissen um dieeigene Ungewalt, Schwäche und Kleinheit.

Fühlt sich ein Suchender aber diesemWort so verhaftet, daß er nicht davon los-zukommen vermag, dann ist ihm zu raten,die „ Gewalt ” , die er nicht entbehren zukönnen meint, auf die dauernde Nieder-haltung aller in seinem rastlos grübelndenGehirn erzeugten H e m m n i s s e zu lenken,die ihm das Erreichen seines Zieles er-schweren wollen.

Wer, als mein Schüler, den Weg zuseinem Ziel, den ich ihm zeige, auf dieseiner Art entsprechende Weise einmal be-schritten hat, für den darf es kein H a s t e n ,D r ä n g e n und J a g e n nach dem Ziele geben!

Mit sicherer Zuversicht muß er einenSchritt an den andern reihen, ausdauerndund mit Bedacht, immer auf seine ihmeigene Weise, wie er sie in meinen Worten

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beschrieben fand und sonach wählte, —denn dieser „ Weg ” wird beim endlichenErreichen des Zieles nicht „ aufgegeben ” ,wie etwas, das man nun nicht mehr braucht,sondern wird ewiger geistiger B e s i t z deszum Ziele Gelangten.

Der b e d a r f dieses, nun für i h n — weild u r c h ihn — „ geöffneten ” Weges, soll seinerlangtes ewiges Geistesbewußtsein mit demvereinigt bleiben, was ihm die Identitätverbürgt in seinem geistigen und irdischenErleben...

Das „ Durchschreiten ” des Weges, derin den Geist gelangen läßt, ist ein „ Schrei-ten ” in der äußeren Zeit, aber im e i g e n e ninneren, geistigen R a u m !

So ist auch das Ziel zwar in der äußerenZeit, jedoch nur im inneren, geistigenRaum zu finden. —

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Darum nutzt es nichts, n a c h a u ß e n h i nzu suchen, und es ist verkehrt, zu glauben,daß sich das Ziel an einem Orte leichtererlangen lasse, als an einem anderen.

Das Gleichnis des „ W e g e s ” ist aber fürdas Vorwärtsgelangen im eigenen Innern,und während des ununterbrochenen Ab-laufs der äußeren Zeit, durchaus nicht will-kürlich gewählt.

Nicht „ zufällig ” gebrauchten, seit denältesten Zeiten, alle „ aus dem Geiste ” Leh-renden immer wieder den Hinweis auf diehier bestehende Analogie.

Obwohl der Suchende sein Ziel nur imeigenen inneren, geistigen Raum findenwird, kann er doch im gleichen innerenRaum noch unendlich f e r n von seinemZiele sein. —

Er muß d i e ä u ß e r e Z e i t „ e r w a n d e r n ” ,die ihn Tag um Tag näher an den Tagder Erlangung bringt.

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Es sind erfühlbare Zustände des Empfin-dungsvermögens, die sich da aneinanderreihen.

Jeder folgende ist durch den zu Bewußt-sein gelangten vorhergehenden bedingt, undkeiner kann etwa „ übersprungen ” oder er-lassen werden!

So ist es denn auch unnötige Selbst-quälerei, wenn der Suchende sich sorgt,weil er nur langsam vorwärts kommt, oderweil ihm deutlich bewußt ist, daß er erstnoch am Beginn steht, während er denTag der Erlangung lieber heute als morgenerleben würde.

Es ist nur f ö r d e r n d , zu wissen, w oman wirklich steht, während der allzu hoch-gemute Glaube, man habe wohl schon dengrößten Teil des Weges durchmessen, zuarger Enttäuschung umschlagen kann...

Manche, die schon der Meinung sind,meine Schüler zu sein, weil sie alles „ kennen ”

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was ich geschrieben habe, verschärfen sichihre unnötige Selbstquälerei auch noch, in-dem sie danach trachten, ihr ureigenesTempo zu beschleunigen, durch oft sehrfragwürdige Befeuerung aus allerlei philo-sophischer, oder okkultistischer Literatur,die mit d e m , was i c h lehrend in Worteforme, weder in der Strebensweise, nochin Bezug auf das zu erreichende Ziel, nurdas allermindeste zu tun hat, mögen auchdie dort gebrauchten W o r t e zugleich zum e i n e m Sprachgut gehören.

Ich könnte lächelnd, wie man törichtesTun urteilsunreifer Kinder betrachtet, vor-übergehen an diesen Versuchen: selbst„ nachzuhelfen ” , indem man von ander-wärts her zuzufügen sucht, was ich ver-meintlich vorenthielt, — wenn ich nichtimmer wieder gewahren müßte, wie sichdie so Beflissenen ihren Weg verbauen...

Daher muß ich denn wohl oder übel,im allereigensten Interesse der Suchenden,

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deutlichst jede Verantwortung ablehnen fürdas, was aus solchem „ überklugen ” Zu-sammenkleistern des niemals Vereinbarenresultiert, und naturnotwendig zu gröbsterSelbsttäuschung der Eigenmächtigen führt!

Wer dennoch glaubt, auf eigene Faustb e s s e r voranzukommen, als wenn er meinen,im Wissen um meine ewige Verantwortunggegebenen Anleitungen — und diesen, s ow i e s i e g e g e b e n s i n d — folgt, dem istnur zu raten, meine Bücher ungelesen zulassen, damit er sich wenigstens nicht ihresMißbrauchs schuldig mache.

Es könnte aber mancher, der sich alsmein Schüler fühlt, obwohl er das Meinemit allerlei unverantwortlichem Gedanken-wust in einem Atem nennt, vielleicht docheine Lehre daraus ziehen, daß unter denvon mir anerkannten Schülern, die ich heuteam weitesten vorangekommen sehe, keineinziger ist, der sich nicht in strenger Selbst-

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disziplin darauf konzentriert hätte, den vonmir gegebenen Anweisungen — und n u rihnen allein — bei der Gestaltung seinesStrebens Gehör zu schenken.

Das ist gewiß nicht verwunderlich, dadie Lehren, denen ich Wortgewandung schuf,so wie ich sie gegeben habe, erprobt sindseit Jahrtausenden.

Aller Folgerichtigkeit im Geistigen zu-widerlaufend aber ist es, zu glauben, manerlange n o c h m e h r , als durch die in meinenBüchern enthaltenen Anleitungen zu er-langen ist, wenn man zugleich auch jedwedesmenschliche Meinen und Wähnen sich zurRichtschnur dienen lasse...

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Unvermeidliche

Schwierigkeiten

Jede menschliche Mitteilung, die ausnicht allgemein zugänglichen Bezirkenstammt, hat mit Schwierigkeiten der Über-tragung sowohl, wie auch im Aufnahme-vermögen der Angesprochenen, zu rechnen.

Verstärkt werden diese Schwierigkeiten,wenn es sich um Berichte über Erfahrungenhandelt, die a n d e r s sind als das, was all-gemein zu erfahren ist, so daß direkterVergleich fast ausgeschlossen bleibt, unddie Verständigung nur möglich wird durchUmschreibung, bildhafte Rede und Gleichnis.

Es kann nicht dem leisesten Zweifelunterliegen, daß bei dem, was ich zu sagenkomme, alle diese Schwierigkeiten vorliegen.

Würde mein Lehrwerk nur asiatischenVölkern gelten, denen viele der Begriffe,

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die ich voraussetzen dürfen sollte, seitJahrtausenden l e b e n d i g sind, wenn sienicht gar zum Urerbe der Rasse gehören,dann wäre mir Pflicht und Aufgabe weit-aus leichter gemacht, aber keineswegs wärenalle Schwierigkeiten etwa behoben.

Sie würden nur w e c h s e l n , indem sichdie irrigen Auffassungen meiner Worte,vermeintliche Bestätigung aus a n d e r e n re-ligiösen und philosophischen Vorstellungs-welten zu holen berechtigt sehen möchten.

Die Männer, von denen ich, als von meinengeistigen „ Brüdern ” zu sprechen habe, unddie alle in A s i e n leben, wenn auch nichta l l e asiatische A r i e r sind, wissen das ganzgenau, und halten es darum für ein O p f e r ,das nicht die entsprechenden Früchtebringen würde: auch nur v e r s u c h s w e i s emit gleicher Lehre vor ihre Völker zu treten.

Sie sind sogar des Glaubens, daß weiteher die durch mich bewirkte Verkündigungv o n E u r o p a h e r ihr Heimatland erreichen

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und dort in beträchtlichem Umkreis diedafür reifen Seelen ergreifen könne, alsdaß es einem Asiaten möglich wäre, alledie durch religiöse Vorstellungen bedingtenI r r t ü m e r und grotesken D e u t u n g e n deswunderlüsternen A b e r g l a u b e n s fernzu-halten, die seiner Selbstoffenbarung aufdem Fuße folgen würden, wollte er dasGleiche sagen, was ich in meinen Büchernvorzubringen habe.

Finden sich also die Verhältnisse selbstd o r t derart gelagert, wo seit Jahrtausendenunzählige Menschen, die allerdings überkontinentgroße Länder hin v e r s t r e u t sind,durch Erbmitteilung und selbsterlangteSchülerschaft von den Dingen w i s s e n , dieich in meinen Büchern dem europäischenKulturkreis verstehbar darzustellen suche, —um wieviel sicherer darf dann die durchmich verbreitete Lehre damit rechnen, aufder w e s t l i c h e n Erdhälfte erheblichen, wennauch a n d e r s a r t i g e n Schwierigkeiten inden Gehirnen zu begegnen.

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Ich betrachte diese Schwierigkeiten aberkeineswegs als „ unüberwindbar ” , wenn ichauch bekennen muß, daß es mich ebensowenig von meinem Lehrauftrag befreienkönnte, sähe ich mein Lehrwerk mit pessi-mistischen Bedenken an, und zweifelte anseiner Durchführbarkeit.

Auch i c h würde vermutlich, — wennich nicht der w ä r e , der ich nun einmalohne mein irdisches Zutun b i n , — gewißgroße Schwierigkeiten in mir gewahren,sähe ich mich unvorbereitet, und an alt-überkommene A p r i o r i -A n n a h m e n reli-giöser und philosophischer Art gefesselt,dem Lehrwerk gegenüber, das heute meinenNamen trägt.

Es darf keiner glauben, ich könne viel-leicht selbst nicht nachfühlen, wie schweres einem Menschen der westlichen Welt indiesen Tagen werde, — angefüllt bis oben-hin mit einem vermeintlich todsicherenWissen um die Ursachen allen Geschehens,

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— nun alles das auch nur von Anfang an„ ernst zu nehmen ” , was ich ihm zu sagenhabe!

Ich bin ja doch selbst ein Mensch dieserÜbergangszeit, kenne ihre Bildungsbezirke,die Formen ihres wissenschaftlichen Denkens,ihre wirklichen Verdienste und ihre allzu-sicheren Ambitionen, wozu aber — ich kannes nicht leugnen — noch die Tatsachekommt, daß ich infolge der in mir wir-kenden substantiellen g e i s t i g e n Organe,auch Zusammenhänge und Gegebenheitenzu durchschauen vermag, die n i c h t geradejeder durchblickt, auch wenn er noch sosicher zu sein meint, daß vor seinem Scharf-sinn sich nichts zu verbergen vermöge.

Ich weiß also nur zu gut, was europäisch,oder auch amerikanisch gezüchtetes Denkenan S c h w i e r i g k e i t e n zu überwinden hat,wenn es wirklich das erfassen will, was inden Lehrtexten meiner Bücher dargebotenwird: — d a r g e b o t e n in meinen Worten,

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aber wahrlich nicht erst von mir e r d a c h t ,sondern vorgefunden im ewigen Geiste, woes seit Beginn der Menschenverbreitungauf diesem Planeten allen zugänglich war,die sich zu meiner Art rechnen durften.

Daß das zu jeder Zeit nur s e h r w e n i g eMenschen waren, ist geistig geforderterNotwendigkeit Folge.

Aber die Schädeldecken der mensch-lichen Häupter bilden durchaus keinen her-metischen Abschluß der Gehirne gegen ge-hirnlich wahrnehmbare Außenschwingungen,— und die Kräfte aus denen sich organischdie Seele formt, lassen sich nie und nimmerso vollkommen isolieren, daß sie dem All-bewußten, Allfühlenden, Allerlebenden imunermeßlichen Meere der b i n d u n g s f r e i e nSeelenkräfte unzugänglich würden.

So kommt es denn dazu, daß jedemMenschen viel mehr b e k a n n t ist, als erweiß, auch wenn dieses hier gemeinte „ Be-

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kannte ” erst einen Anruf braucht, um be-wußt zu werden, — sei dieser „ Anruf ” einWort, ein sichtbares Ding, oder ein inneresErleben.

Und auf diese Weise ist einer unver-krüppelten Seele denn auch von dem, wasich ihr nahezubringen habe, bereits weitmehr „ bekannt ” , als der nur gehirnerleuch-tete Mensch beim Schein seiner immerfortunruhig flackernden Lichtquelle sich träumenläßt...

Um aber vielleicht naheliegende I r r -t ü m e r zu vermeiden, muß ich betonen,daß sich die Begriffe des „ U n b e w u ß t e n ” ,unter der „ Schwelle des Bewußtseins ” Ge-lagerten, oder auch des „ K o l l e k t i v b e -w u ß t e n ” , wie sie heutigentages durch diePopularisierung der Psychoanalyse und ihrerSeitenzweige weithin zu begrifflichem Klein-geld geworden sind, in keiner Weise mitdem hier von mir Gemeinten decken.

Es handelt sich hier auch durchaus nichtum etwas, dem Gehirnbewußtsein einst-

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mals Zugängliches, das ihm a b h a n d e n ge-kommen wäre, sondern um der ewigenS e e l e Bekanntes, das aber n o c h n i c h tvom Gehirnbewußtsein erfaßt werden konnte.

Am wenigsten wird man in Gefahr ge-raten, sich irrtümlichen Vorstellungen hin-zugeben, wenn man ruhig meine Weise,etwas Erlebtes zu erklären, f ü r s i c h be-stehen läßt, und ganz davon absieht, dasvon mir Vorgebrachte, einer, den Begriffs-inhalt immerfort wechselnden, wissenschaft-lichen Terminologie anzupassen.

Ich vermöchte gewiß, mich einer solchenTerminologie anzubequemen, befinde michaber wohler dabei, wenn ich mir die Frei-heit lasse, die Worte, als Mittel zur Ver-ständigung, jeweils nur nach ihrer v o n m i re r f ü h l t e n Brauchbarkeit zu wählen, undsie den Meinigen einzuordnen, unbeküm-mert um ihren konventionellen Wert.

Es ist schon manche Schwierigkeit ausdem Wege geräumt, wenn man sich klar

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macht, daß ich in a l l e r e r s t e r Linie mitdem von mir charakterisierten, noch nichtdem Gehirn Faßbaren, aber der Seele be-reits „ Bekannten ” , als Verständigungsfaktorrechne.

Wenn der Leser meiner Bücher — einst-weilen — den stets vordringlichen, immervorlauten Einreden des seiner selbst soahnungslos „ sicheren ” Verstandes einiger-maßen zu wehren weiß, so daß jenes derSeele „ Bekannte ” , wenn auch dem Gehirn-bewußtsein noch nicht Nahegekommene,überhaupt aufgerufen werden k a n n , dannhat er sich selbst den Zugang geöffnet, umauf den Weg „ in den Geist ” zu gelangen,wie meine Worte ihn zeigen und beschreitenlehren.

Dann wird er schwerlich noch beson-deren „ Schwierigkeiten ” begegnen, voraus-gesetzt, daß er die A u s d a u e r wirklich be-sitzt, die unerläßliche Vorbedingung fürAlle ist, die den Weg in den Geist be-schreiten lernen wollen.

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Gewiß muß das, was ich mitzuteilenhabe, solange auf Treu und Glauben an-genommen werden, bis der Schüler selbstzu inneren Einsichten gelangt ist, die ihmein Urteil m ö g l i c h machen.

Gewiß wird der Suchende, in seinemeigenen Interesse, sich auf seine Weise klar-machen müssen, was ich in meinen An-leitungen ihm nahelege, und wird es nichtmit a n d e r w e i t i g e n Anweisungen — auswelcher Quelle sie ihm auch zufließenmögen — v e r m e n g e n dürfen.

Selbst Anweisungen, denen gegenübernicht der leiseste Zweifel erlaubt ist, daßsie von den lautersten und erhabenstenMenschen stammen, muß der Schüler, derzu e i g e n e r Einsicht kommen will, vorläufigauf sich beruhen lassen, wenn die Befolgungmeiner Anleitungen ihm nützen soll.

Erst wenn er selbst e r l a n g t e , was ihmzu erlangen möglich wird, können ihm dieweisen Ratschläge, wie er sie etwa in der

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m i t t e l a l t e r l i c h e n , und — anders gefärbt— in der ö s t l i c h e n Mystik findet, in ihrerganzen Tiefe erfaßbar werden.

Gleichzeitig aber wird er auch dann dieunbewußt zwischen diese Bekundungen derWahrheit geratenen zahlreichen I r r t ü m e rerkennen, und bei aller Ehrfurcht vor denZeugnissen geistnahen, oder geistgeeintenMenschentums, sich nicht zu scheuen brau-chen, die „ Spreu ” , auch wenn sie reichlichervorhanden ist, als er vordem ahnte, vomkeimlebendigen „ Weizen ” zu s o n d e r n . —

B e v o r er aber einmal soweit ist, wirder gut tun, alles, was ihm etwa an solchenAnweisungen bekannt ist, zeitweilig zuvergessen.

Daß er die Entwicklungsrezepte neuererMystagogen, denen er etwa bisher folgte,f ü r i m m e r beiseite legen muß, ist eineSelbstverständlichkeit!

Wenn ich nun auch im Namen dessen,was ich niederschrieb, ein gewisses Vertrauen

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zu verlangen habe, bevor die eigene Urteils-fähigkeit des Schülers einsetzen kann, soist hier doch keinesfalls ein „ Glaube ” imSinne einer endgültigen Entscheidung ge-fordert, sondern nur das gleiche V e r t r a u e n -w o l l e n , wie man es beispielsweise einem diehohe See befahrenden Schiffskapitän entgegen-bringt, von dem man ohne weiteres gläubigannimmt, daß er die Schiffahrtswege kenne,und die ihm Anvertrauten in den rechtenHafen zu bringen wisse, — oder auch einemverantwortungsbewußten Bergführer, dersehr wohl weiß, daß von seiner sicherenWegekenntnis und Beurteilungskraft dasLeben des Touristen abhängt.

Wie man nun aber dem Bergführerdas Recht zugesteht, Ratschläge über dasbeste Verhalten beim Klettern im Fels, oderschon bei schwierigeren Gletscherübergängen,zu erteilen — so und nicht anders wirdmein Schüler die Ratschläge gutzuheißenhaben, denen er in meinen Büchern be-gegnet.

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Ich weiß von den G e f a h r e n seinesWeges, und weiß ihm zu raten, wie sie zuü b e r w i n d e n sind!

Hingegen steht mir nichts ferner, alsdie Forderung eines blinden „ Kadaverge-horsams ” , zu der ich mir weder ein Rechterteilen würde, noch sie von irgend einemStandpunkt her, als im Interesse des Schülersliegend, oder auch nur als wünschenswert,betrachten könnte.

Soweit es nur irgend m ö g l i c h ist, sollder Suchende wissen, oder doch sich vor-stellen können, was er zu erhoffen hat, undw e s h a l b ich ihm diesen oder jenen Rat-schlag zu erteilen habe, — w e s h a l b ichihn vor einer Gefahr warne.

Es steht in meinen Büchern sehr vieleszu lesen, was mir u n s a g b a r s c h w e r nie-derzuschreiben war, weil es mich nötigte,mit dürren Worten eigenes Erlittene, Er-lebte und Empfangene zu berühren, das

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ich so unbeschreiblich hoch über allem sonstirdisch Erlebbaren, Erleidbaren und Em-pfangbaren weiß, daß ich mich selbst derE r i n n e r u n g daran nur nach würdigerVorbereitung zu nahen wage...

Ich hätte mir die „ Selbstzermalmung ”s p a r e n können, die nötig war, um auchnur e i n e n der Sätze, auf die ich hier deute,darzubieten, wenn ich mich vor der geistigenPflicht, dem Suchenden sozusagen „ stereo-skopischen ” , plastischen Einblick in geistigeVorgänge zu vermitteln, auf andere Weisehätte verantworten können!

Alle diese Dinge sind dem Leser meinerBücher nur deshalb dargeboten, weil er n i c h tin bloßer Vertrauenseligkeit den Ratschlä-gen folgen soll, die ich ihm zu geben habe,sondern i n f r e i e r E n t s c h e i d u n g v o r s e i -n e m G e w i s s e n , nachdem es ihm ermög-licht wurde, die geistigen Zusammenhänge,auf denen meine Ratschläge beruhen, wenig-stens in der Vorstellung zu erfassen.

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Unerbittlich muß ich jedoch darauf be-stehen, daß der Suchende bei seiner Ent-scheidung n u r v o m t e x t l i c h e n I n h a l tm e i n e r B ü c h e r ausgeht, und mich alsaußenmenschliche Person gänzlich unbeach-tet läßt!

Wenn er mein Schüler sein will, somuß er wissen, daß ich mich ihm in mei-nen Lehrtexten o h n e j e d e n V o r b e h a l tdargeboten habe, und daß er nur in d e mSinne „ m e i n ” Schüler ist, als er S c h ü l e rd i e s e r L e h r t e x t e zu sein vermag, derena b s o l u t e Wahrheit, als Darstellung substan-tiellgeistiger Wirklichkeit, ebensowenig je-mals erschüttert werden könnte, w e n ndiese Bücher n i c h t aus tiefster geistigerV e r a n t w o r t u n g heraus, von einem s e i n e rS i n n e M ä c h t i g e n , niedergeschrieben wor-den wären, sondern wenn sie, — falls esm ö g l i c h wäre! — ein N a r r geschriebenhätte! — —

Bei dem Worte: „ g e i s t s u b s t a n t i e l l ”bitte ich zu bedenken, daß ich überall, wo

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ich vom s u b s t a n t i e l l e n Geiste spreche, —im Gegensatz zu dem Geistbegriff, der denmenschlichen V e r s t a n d und die Äußer-ungen der G e h i r n b e w e g u n g e n meint —unter den Worten geistige „ Substanz ” dasA l l e r w i r k l i c h s t e : — die Fülle aller Ur-seinskräfte, verstanden wissen will!

Diese Geistes-„ Substanz ” ist nichts Starres,sondern aus sich selbst heraus das A l l e r -f r e i e s t e , durch nichts zu Behindernde,e w i g B e w e g l i c h e , e w i g s i c h B e w e g e n d e .

Sie ist nicht etwa „ geschaffen ” , sondern,— o h n e besonderen Willensakt, — g e g e -b e n durch das bloße V o r h a n d e n s e i n des„ U r s e i n s ” , wie ich das Allerinnerste des-sen, was „ i s t ” , nennen muß, wenn es be-zeichnet werden soll.

Auch die, heute kaum erst von genialenTheoretikern der Physik erahnten a l l e r -s u b t i l s t e n Kräfte des Weltalls sind nurals eine Art „ Induktionswirkung ” dervon mir gemeinten geistigen „ Substanz ”

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zu verstehen, während die „ gröberen ” ir-dischen Kraftäußerungen, wie etwa alles,was wir elektrische oder magnetische Er-scheinungen nennen — um nur ein Bei-spiel zu geben — erst gleichsam R e f l e x -w i r k u n g e n dessen sind, was ich, — inbildmäßiger Erinnerung an die Induktions-spule, in der ein i n d i r e k t bewirkter elek-trischer Strom entsteht, — als „ Induktions-wirkung ” bezeichne...

Es ist mir unmöglich, hier noch deut-licher zu werden, aber ich habe Anlaß zuglauben, daß die kommende wissenschaftlicheForschung zu irdisch belegbaren Erkennt-nissen gelangen wird, die das von mir gleich-sam nur stammelnd Bedeutete in einenganz neuen, umfassenden Darstellungsbe-reich einführen werden.

Das wirkliche B e w u ß t w e r d e n in derSubstanz des ewigen Geistes steht abera u ß e r h a l b aller Wissenschaft, und selbst

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die größten und höchsten wissenschaftlichenErkenntnisse werden n i e m a l s auch nur umHaaresbreite dem eigenen E r l e b e n dessubstantiellen Geistes näher bringen können.

Es dürfte begreiflich sein, daß der Su-chende, der „ in den Geist ” gelangen will,— außer dem Deuter und Wegbereiter, alsder ich in meinen Lehrworten zu wirkenhabe, — auch noch a n d e r e Hilfe braucht,sobald er sich, wenn auch fast überreichbelehrt, selbst auf dem Wege findet!

Für diese Hilfe aber ist dann gesorgt,und um ihrer habhaft zu werden, brauchtes nur die innere Haltung der Zuversichteines im voraus Dankenden.

Dem M e n s c h e n kann aber kein „ Gott ”unvermittelt helfen, sondern nur der M e n s c h ,und, wenn es sich um „ göttliche ” Hilfeh a n d e l t : — nur ein Mensch, der zum Trans-formator substantieller geistiger Kräfte wurde!

Was dann den Menschen an geistigerHilfe erreicht, ist seiner Aufnahmefähigkeit

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a n g e p a ß t , und b l e i b t ihr angepaßt, biser selbst das substantielle ewige Geistige,in seinem, aus der Latenz erweckten geistigenOrganismus zu erleben vermag, — einerlei,ob der dazu nötige Prozeß während desirdischen Leibeserlebens schon beendet wer-den kann, oder — wie zumeist — hier nurbegonnen wird, um in nachirdischen Er-lebenszuständen seine Vollendung zu finden.

Es gibt da u n z ä h l i g e , verschiedeneStufen der Entfaltung, und das Gleiche giltvon dem einzig möglichen, wahrhaft w i r k -l i c h e n Gotteserlebnis, das dem Menschenwerden kann: — dem Erleben seines „ leben-digen ” Gottes in der eigenen Seele. — —

Dieses einzige wirklich „ reale ” Gott-erlebnis („ Gott ” ist nicht nur „ Geist ” , son-dern, vergleichungsweise gesagt: die subtilsteEigengestaltung des Geistes! —) ist keines-wegs erst zu erlangen nach der V o l l e n d u n gdes substantiellgeistigen Organismus, wohl

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aber muß dieser tatsächlich „ erweckt ” wordensein, so daß er bereits das distinkte Bewußt-sein der Identität des „ I c h ” (als der singu-lären Erlebensform aller ewigen Bezirke) inder Seele zum Aufleuchten bringen konnte.

Der Mensch, dem dann solches Erlebenwirklich wird, f r a g t nicht mehr, und k a n nnicht mehr fragen, ob es ihm nun auchwahrhaft g e w o r d e n sei, oder ob er nichtnur einer Selbsttäuschung erliege, denn waser erlebt, durchstrahlt seine Ich-Form mitder u n a n g r e i f b a r s i c h e r s t e n G e w i ß h e i t ,die es in Zeit und Ewigkeit gibt!

Wer sich aber — wenn auch nur inseinen, zeitweise im Erdenleben unvermeid-baren, dunkleren Stunden — überhauptnoch der F r a g e gegenübersieht, ob dennsein erhabenes Erlebnis etwas W i r k l i c h e sgewesen sei, der darf sicher sein, daß ervorerst selber „ nachgeholfen ” hatte, und sodenn in einer der vielen Fallen der Selbst-täuschung hängen blieb, aus der er sich

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gar nicht bald genug befreien kann, will erdereinst doch noch zum w i r k l i c h e n Er-leben seines lebendigen Gottes kommen . . .

Dieses einzige m ö g l i c h e reale Gott-erleben ist auch kein Überstürzen der Seelemit einem Erlebniszwang, den sie kaumauszuhalten vermag, sondern, wo immeres Ereignis wird, ist es der jeweiligenEigenart des Menschen entsprechend.

Darum ist in meinen Lehrworten gesagt:daß jeder nur s e i n e n lebendigen Gott er-leben kann, und daß er seinen lebendigenGott n i e m a l s , hier auf Erden und in allerEwigkeit, seinem Bruder zu zeigen vermag.

Jeder Versuch, dieses Erleben „ m i tG e w a l t ” herbeiführen zu wollen, m u ßzur Selbsttäuschung führen!

Wenn man hingegen das so viel miß-brauchte (und darum von mir fast niemalsverwendete) Wort: „ G n a d e ” , hier um der

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Verdeutlichung willen heranziehen, und soverstehen will, daß es eine B e g l ü c k u n gbedeutet, für die man d i e V o r a u s s e t z u n ge r f ü l l t hat, so daß eben diese Beglückungeintreten m u ß , weil sie von k e i n e m , auchnicht von einem g ö t t l i c h e n Willen zurück-gehalten werden k a n n , — dann kommtman in Wahrheit dem Verständnis fürdieses Erlebendürfen ziemlich nahe...

Ob es einer e i n m a l i g , immer e r n e u t ,oder für die Dauer u n u n t e r b r o c h e n zuerleben vermag, hängt nur von ihm selbst:— von seinen seelischen Möglichkeiten ab,aber jeder, dem es in der für ihn möglichenWeise einmal wurde, tritt damit in einneues Leben ein und findet sich in einerErneuerung, die nur von dem, der sie weiß,e m p f u n d e n , aber niemals in Worten dar-gestellt werden kann.

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Dynamischer Glaube

Es ist ja eigentlich eine Binsenweisheit,daß jegliches menschliche Bestreben nurdann e r f o l g r e i c h wird, wenn der G l a u b ean die M ö g l i c h k e i t , ja an die S i c h e r h e i tdes Erfolges hinter ihm steht.

Wer es nicht a n s i c h s e l b s t erfahrenhat — und es wird w e n i g e geben, die esn i c h t im Laufe ihres Lebens wieder undwieder erfahren mußten — der wird inseinem Umkreis nicht lange zu suchenbrauchen, um Menschen zu finden, die ihmsowohl B e i s p i e l wie G e g e n b e i s p i e lliefern.

Stärkste Begabung, die zu allen Hoff-nungen berechtigt hatte, versagt, und er-reicht nicht ihr Ziel, nur weil der G l a u b efehlt an die eigene Kraft, während da-neben der kaum mittelmäßig Talentierte

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von Erfolg zu Erfolgen schreitet, geführtvon dem G l a u b e n an sein Können...

Und wie gar oft wird eine Idee, an derenVerwirklichung ein Leben verblutete, erstnach dem Tode ihres Schöpfers zum Siegegeführt, aufgegriffen durch selbst un-schöpferische Naturen, die aber den G l a u -b e n mitbringen, den der erfolglose Ur-heber, bei aller Energie seines Strebens,vermissen ließ. — —

Obwohl aber solche Erfahrung wahrlichleicht zu erlangen ist, kann man dennochauf allen Gassen Unzähligen begegnen, diezwar recht guten Willens sind und mitaller Zähigkeit einem Ziele zustreben, da-bei aber selbst kaum g l a u b e n , es jemalse r r e i c h e n zu können.

Ist es verwunderlich, daß da so wenige nurj e n e s Ziel erreichen, zu dem ich in allenmeinen Büchern den Weg aufweise, unddas doch allen erreichbar ist, die denG l a u b e n in sich tragen: — den G l a u b e na n s i c h s e l b s t ! ? —

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Das Sprichwort redet die Wahrheit,wenn es zu sagen weiß:

„ H i l f d i r s e l b s t , s o h i l f t d i r G o t t ! ”

Hier wird göttliche Hilfe keineswegs i nF r a g e gestellt, aber die B e d i n g u n g wirdaufgezeigt, die erfüllt werden muß, sollgöttliche Hilfe e r m ö g l i c h t werden. — —

So ist auch aller vorgebliche „ Glaubean Gott ” nur S e l b s t b e t r u g , so lange ernicht durch den felsenfesten G l a u b e n a ns i c h s e l b s t gerechtfertigt wird.

G l a u b e aber ist W i l l e , und jene wissennichts vom „ Glauben ” die ihn nicht als eineForm des W i l l e n s kennen!

Hier ist jedoch der Torheit zu wehren,die den eigensinnig und krampfhaft gehegtenW u n s c h als „ Wille ” wertet. —

Wohl mag der Sprachgebrauch auchleichthin vom „ Willen ” reden, wo nur derungezähmte Wunsch ein Ziel erstrebt,

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während der W i l l e , der es e r r e i c h e nkönnte, tief im Schlafe ruht.

Wenn aber gesagt wird: „ Glaube istWille ” , so ist auch weiter zu sagen: —W i l l e , wie er h i e r gefordert wird, istnichts anderes als d i e h o h e K r a f t d e r„ I m a g i n a t i o n ” , durch die der Mensch inseinem Innern sich die Form seines Schick-sals g e s t a l t e t , sei es in Bezug auf seinä u ß e r e s Dasein oder im Hinblick auf dasErreichen seines höchsten Zieles in derg e i s t i g e n Welt. — —

Man weiß das längst, wo es gilt, Ge-breste des K ö r p e r s zu heilen, und klugeÄrzte suchen vor allem in solchem Sinneden W i l l e n zur Gesundung im Krankenvon den Fesseln zu befreien, in die ihnder Kranke selbst geschmiedet hat.

Ob „ wunderbare ” Heilungen einst demA s k l e p i o s h e i l i g t u m z u E p i d a u r o s ho-hen Ruf verschafften, oder ob heute L o u r -

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d e s für seine Gläubigen in gleichem Rufesteht: — in beiden Fällen ist die Anregungdes W i l l e n s zur Gesundung, die Auslösungder I m a g i n a t i o n , der G l a u b e an dieM ö g l i c h k e i t der Genesung das „ wunder-wirkende ” Agens, auch wenn es nur dieVorbedingung erfüllt, um helfenden Kräftena n d e r e r Art den Weg frei zu machen. — —

Zu allen Zeiten hörte man in gleicherWeise nicht nur von „ h e i l i g e n ” S t ä t t e n ,an denen Kranke Genesung fänden, sondernauch von M e n s c h e n , die da noch zu heilenwußten, wo Tränke und Mixturen nichtserreichen konnten, und auch bei dieserM e n s c h e n oft sehr segensreichen Wirk-samkeit ist das „ Wunder ” nur darin zusehen, daß es ihnen gelang, den echtend y n a m i s c h e n G l a u b e n in den Krankenzu erwecken, den Glauben, der da „ W i l l e ”zur Gesundung ist und das Bild der wieder-zuerlangenden G e s u n d h e i t an die Stelledes Bildes der Krankheit setzt, wie es vor-

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dem der gleiche Wille — nur mißleitet —geschaffen hatte.

Gewiß war zu k e i n e r Zeit eine j e d eKrankheit auf solche Weise heilbar, undgar zu leicht übersehen Enthusiasten, daßsowohl menschliche H e i l e r wie jene „ G n a -d e n s t ä t t e n ” f r o m m e r G l ä u b i g e n somanchen geplagten Kranken wieder ziehenlassen mußten, u n g e h e i l t , oder nur demaugenblicklichen S c h e i n e nach gebessert. —

Torheit aber nur wird leugnen wollen,daß die Macht des G l a u b e n s ganz erstaun-licher Wirkung auf den Körper einesMenschen fähig ist. —

Was nun dem dynamischen Glaubenaber möglich ist, dort, wo es gilt, aufK ö r p e r l i c h e s einzuwirken, wird weitü b e r t r o f f e n durch die Wirkungen, dierechtgeleiteter Glaube i m u n s i c h t b a r e nO r g a n i s m u s d e s G e i s t e s hervorzubringenvermag. — —

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So, wie jedoch der k ö r p e r l i c h K r a n k e ,dessen Krankheit von einer Art ist, diedurch den Glauben geheilt werden kann,das Bild der G e s u n d h e i t in sich aufrich-ten muß, und zwar aus gleicher Kraft, durchdie er bisher in sich das Bild der Krank-heit aufgerichtet hatte, so muß auch derSuchende, der s e i n h ö c h s t e s Z i e l i mR e i c h e d e s G e i s t e s erreichen will, ausder Kraft des G l a u b e n s in sich selbst d i eg e i s t i g e F o r m erschaffen, in die er sichwandeln will...

Noch nie hat auch der glühendsteW u n s c h aus einem S u c h e n d e n einen F i n -d e r werden lassen im Reiche des Geistes!

Auch hier muß die M ö g l i c h k e i t desFindens erst zur G e w i ß h e i t gewordensein, bevor das hohe Ziel erreicht werdenkann.

D e r G l a u b e a n s i c h s e l b s t ist dereinzig wirksame W i l l e z u G o t t , und dieserformgebende Wille allein errichtet „ das

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Bildnis dessen, was er werden soll ” , imInnern des Suchenden. —

Nach diesem Bildnis wandelt sich dannder unsichtbare geistige Organismus desSuchenden dergestalt um, daß er mehr undmehr des Findens f ä h i g wird.

V e r k e h r t e L e h r e und ärgster M a n g e ld e s V e r t r a u e n s z u s i c h s e l b s t habenden Glauben der Allermeisten dazu miß-leitet, daß er in ihrem eigenen Innern dasBild ihrer selbst errichtet, als das eines,seiner Natur nach, von höchstem undsicherem geistigen Erkennen A u s g e s c h l o s -s e n e n , und r i c h t i g g e l e i t e t e r Glaubemuß anstelle dieses Irrtumsbildes das Bilddes B e r u f e n e n — d e s B e r u f e n e n z u rG o t t v e r e i n i g u n g — setzen!

Vertrauen und Gewißheit, daß seinhöchstes Ziel für ihn e r r e i c h b a r ist, mußzu allererst in einem Menschen lebendigwerden, wenn er dem Reiche wesenhaften,

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reinen Geistes und dem, was dort seinerwartet, wirklich nahen will!

Alle Z a g h a f t i g k e i t ist vom Übel, denndas ewige Heil läßt sich nun einmal n i c h t„ in Furcht und Zittern ” erwirken, auchwenn man solchen, aller Wirklichkeit un-endlich fernen Worten seit Jahrtausendengewichtige Bedeutung hier auf Erden gab!

Unzählige haben da ihr Leben lang g e -s u c h t und konnten doch nicht finden, nurweil sie einem solchen üblen Worte sichvertrauten und also alles S e l b s t v e r t r a u e nin sich niederhielten!

Es ist aber ohne den G l a u b e n , vondem ich hier rede, keinem Erdgeborenenmöglich, wieder i n d e n G e i s t zu gelangen,und dieser dynamische G l a u b e kann nurin rechter Weise wirksam werden, so erden Menschen im unerschütterlichsten V e r -t r a u e n z u s i c h s e l b e r findet — im Ver-

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trauen darauf, daß er fähig ist, sein g e i -s t i g e s Hochziel zu erreichen.

Alle geistige, hohe Hilfe, die dem Men-schen stetig dargeboten ist, damit sie er-setze, was ihm noch mangeln muß, wenner, aus irdischer Dunkelheit heraus, sichauf den Weg zum Lichte wendet, bleibtvöllig m a c h t l o s , so lange sie nicht d a sV e r t r a u e n z u s i c h s e l b s t in dem Su-chenden wirksam findet. —

Nur einer, der s i c h s e l b s t vertraut,vermag es auch, der hohen H i l f e zu ver-trauen, die er auf seinem steilen Höhenpfadenicht entbehren kann. —

Nur einer, der s i c h s e l b s t vertraut, istdes rechten dynamischen Glaubens f ä h i g :— steht im W i l l e n zu seiner Erlösung,entwunden dem bloßen W u n s c h e !

Bei allen meinen Anweisungen undRatschlägen, setze ich dieses J a s a g e n z u

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s i c h s e l b s t , ungeachtet aller Fehler undMängel um die er wohl wissen soll, beimeinem Schüler voraus.

An vielen Stellen meiner Bücher wirdaufs deutlichste gezeigt, wie der Menscherst dessen gewiß werden muß, daß er ausdem ewigen, substantiellen Geiste s t a m m t ,bevor er Hoffnung hegen darf, wieder „ inden Geist ” z u g e l a n g e n .

Es ist dem Suchenden, auch beim bestenWillen, nicht einmal m ö g l i c h , die ihm vonmir erteilten Anweisungen zu gebrauchen,solange er noch nicht in sich den festenGlauben an sich selbst und seine ewigeGeistigkeit geschaffen hat.

Dieser Glaube darf aber nicht ein Für-wahr-halten sein, oder eine bloße Annahme.

Nur der d y n a m i s c h e Glaube: — dieserGlaube, der Kraft i s t und Kraft aus siche r z e u g t , — kann auch die innere S i c h e r -h e i t geben, die jeder besitzen muß, derden Weg in den Geist beschreiten will.

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Hingegen ist das „ Glauben ” an irgend-welche V o r s t e l l u n g s b i l d e r — mögen sienun der Wirklichkeit entsprechen oder nicht— eher ein Hemmnis als eine Hilfe. —

Nicht um Vorstellungsbilder im Gehirndes Schülers schaffen zu helfen, versuche ichdie dem physischen Auge entrückten Weltenin Worten darzustellen, sondern um eineBrücke zu schlagen für das voraufgehendeVerstehen der Forderungen, die ich im Inter-esse des Suchenden an seinen Tatwillen stel-len muß.

Wo man in solchen Darstellungen „ W i d e r -s p r u c h ” zu finden glaubt — was zuweilennicht schwer ist, — dort lasse man vorerstalles auf sich beruhen, bis eigener d y n a -m i s c h e r Glaube scheinbaren Irrtum auf-zulösen lehrt.

D y n a m i s c h e r Glaube ist gesichert i ns i c h s e l b s t und kann niemals durch Fehl-deutung eines Wortbildes erschüttert werden.

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Das ärgste Hindernis

Das ärgste Hindernis auf seinem innerenWege ist für den Suchenden nicht etwaeine allezeit zu vorschnellem Zweifel be-reite, hypertrophierte Skepsis, sondern diein vielerlei Masken ihn bedrängende —A n g s t !

Selbst die vermeintliche Skepsis ist aller-meist Angst, die sich nur im Mantel derZweifelsucht zu verstecken trachtet.

A n g s t , einem Irrtum, oder gar Schlim-merem anheimzufallen, — A n g s t , seineigenes Weltbild revidieren zu müssen, —und schließlich A n g s t , etwa von Anderenverlacht zu werden.

Die Menschen nennen einander gar zugerne große und beachtenswerte Gründe

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für ihr Tun, indessen sich hinter ihm nurirgend eine Form der A n g s t verbirgt.

Oder, sie verstecken sich vor ihr hinterhohle Wortvorwände, um sie nicht sehenzu müssen...

Es gibt mehr Opfer der A n g s t in derWelt, als je eine mörderische Seuche anMenschenopfern für sich verlangte!

So ist es kein Wunder, daß auch derSuchende nach sich selbst und seinem inihm verborgen thronenden l e b e n d i g e nG o t t , von mancherlei Formen der Angstbedrängt wird und harte Hemmung durchsie erfährt.

Es wird nicht Allen ganz leicht, alleAngst zu besiegen, — doch ist es weitausleichter als das A u f s p ü r e n der Angstin ihren vielen, und sie gar gut verber-genden M a s k e n . . .

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Der Suchende kann nicht sorgfältig ge-nug prüfen, ob sich hinter dem, was erseine Gründe, seine Motive, seine Absich-ten nennt, nicht irgend eine Form derA n g s t verbirgt.

Übersieht er auch nur e i n e solcheMaskierung, dann hat er dauernd die Be-feindung quasi: „ im eigenen Haus ” , undvermag sie nicht hinauszuweisen, da er sieals solche ja nicht e r k e n n t .

Die Angst ist für viel mehr Torheitund Greuel in der Welt verantwortlich,als die Verängsteten ahnen, und zugebenmöchten. —

Wo man auch hinsehen mag, dort wirdman in unzähligen Fällen hinter den Ent-scheidungen der Menschen die A n g s t ge-wahren!

Angst um dieses und jenes, — Angstum tausenderlei, — Angst in den trüge-rischsten Masken.

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So quält sie den Suchenden vor allemgerne als „ G e w i s s e n s a n g s t ” , weil er nichtzu fassen vermag, daß ihm, t r o t z seinenFehlern und Mängeln, der Zugang zumewigen Geiste offenstehen soll.

Aber „ Gewissensangst ” hat es durchausnicht immer mit dem G e w i s s e n zu tun!

„ Gewissensangst ” hat nur zu viel „ aufdem Gewissen ” , womit Gewissenhaftigkeitden Menschen nie belastet haben würde. —

In solchen zeitweiligen Nöten tut derSuchende gut, seine innere Entfaltungeinige Zeit u n b e a c h t e t zu lassen, und sichin keiner Weise mit s i c h s e l b s t zu be-schäftigen, bis es ihm gelang, die offeneoder verkappte A n g s t zu b e s i e g e n , undsie dann von ihm gewichen ist.

Er wird dadurch nicht das Geringstev e r l i e r e n , denn: — niemals kann aus derAngst G u t e s kommen!

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Hat ihn die Angst verlassen, — einerleiin welcher Form sie zu ihm gekommenwar, — dann wird er gewahren, daß seineEntfaltung in der selbstauferlegten Warte-zeit keineswegs wirklich unterbrochen war.

Angst ist nur, wo Mangel an Vertrauenin die eigene Selbstberechtigung aufkommenkonnte, — aber in Zeiten solchen Ver-trauensmangels zu sich selbst, soll mannicht an sich arbeiten wollen!

Vergebens wird man die ganze Weltdurchsuchen nach irgend einer förderndenTat, die i n A n g s t b e s e s s e n h e i t gewirktworden wäre!

Dort, wo man behauptet, irgend einGutes sei aus irgend einer A n g s t hervor-gegangen, liegt nur ein Übersehen vor,weil man nicht beachtet, daß das spätereGute keineswegs aus der Angst, sondernaus dem dazwischenliegenden Moment plötz-

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licher A n g s t ü b e r w i n d u n g seine Kraftempfing um ins Dasein zu kommen.

Angst ist s c h l i m m e r noch als bloße„ F u r c h t ” , weil sie alle Lücken stopft,durch die noch der M u t Zugang findenkönnte, der von der Furcht nur „ vergessen ”wird, um, im Moment des Wiedererinnerns,oft plötzlich mit erneuter Kraft herbeige-rufen zu werden.

A n g s t aber w i l l keinen Mut! —

Der geängstete Mensch betrachtet denZuruf: seine Mutlosigkeit von sich abzutun,als feindliche Einmischung in seine ver-meintlichen Rechte.

Angst ist wie ein Zustand der Selbst-hypnose, aus dem es nur dann ein baldigesErwachen gibt, wenn es zu angstfreier Zeitenergisch „ befohlen ” wurde.

Der irgendwelchen Formen der Angstleicht Zugängliche kann sich kaum oft ge-nug solchen Befehl erteilen.

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Der Schüler im Geistigen aber würdeallen Erfolg seiner Arbeit an sich selbst inFrage stellen, wollte er Angstzustände insich gewähren lassen.

Immer wieder muß er sich selbst be-lehren, daß es tatsächlich n i c h t s g i b t , vordem er Angst haben müßte.

Solange sein Wille nicht sein hohesStreben verneint, sind ihm außerdem jeder-zeit hohe Helfer zur Seite, die seine Abwehrdurch ihre eigenen Kräfte auf höchste Wirk-samkeit steigern.

Hat der Suchende seine Angst ü b e r -w u n d e n , dann wird er jedesmal aufs neueentdecken, daß all sein Sich-ängsten nurdurch ein von ihm selbst erzeugtes Schreck-gespenst verursacht war.

Durch solche selbstgeschaffene, ihre Kräftezersprengende Bedrohung haben sich schonviele Menschen selbst g e t ö t e t , ohne es zuwollen!

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T o d aus bloßer A n g s t ist viel wenigerselten, als gemeinhin angenommen wird.

Angst ist nichts a u ß e r uns Seiendes,sondern empfängt all ihr Leben nur durchden Menschen.

Angst ist natürlich nicht gar etwas„ Geistiges ” , und ebensowenig etwas „ Seeli-sches ” , obwohl man das Wort „ Seelenangst ”geprägt hat!

Diese „ Seelenangst ” ist wie alle andere,als solche e r k e n n b a r e , oder m a s k i e r t eAngst, nichts anderes als eine Art „ Krampf ”gewisser allerfeinster N e r v e n , der durchdie Rückwirkung bestimmter V o r s t e l l u n -g e n auf die Gehirnbewegung erregt wird:— also eine n u r in der P h y s i s und demrein physischen G e h i r n b e w u ß t s e i n sichabspielende Störung. —

Daß es sich bei den V o r s t e l l u n g e n ,deren Rückwirkung den speziellen Angst-

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krampf auslöst, um solche aus dem g e i -s t i g e n , oder dem s e e l i s c h e n Gebiet e b e n -s o handeln kann, wie um solche aus demGebiet der p h y s i s c h - s i n n l i c h e n Welt, darfnicht dazu verführen, das Phänomen derAngst in seelische oder gar geistige Bereichezu p r o j i z i e r e n !

Die B e k ä m p f u n g der Angst wird nurdann erfolgreich vor sich gehen, wenn, dieim jeweiligen Fall wirksamen, angsterzeu-genden V o r s t e l l u n g e n klar erkannt, unddie a n g s t b e w i r k e n d e n M o m e n t e dieserVorstellungen durch nüchterne Betrachtungzur Zersetzung gebracht werden.

Da diese Vorstellungen nicht nur in deneinzelnen angstanfälligen Menschen ver-schieden sind, sondern auch im Einzelnenselbst vielfältig wechseln können, so ist esratsam, sich immer wieder den schon er-wähnten Gehirnbefehl zu geben, sofort ausdem eingetretenen Angstkrampf zu „ er-wachen ” .

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D a n a c h aber muß unbedingt die angst-bewirkende Vorstellung gedanklich isoliertund auf ihre angsterzeugenden Momentehin untersucht werden.

Hat man diese Momente genau festge-stellt, dann sind sie leicht im Denken a u f -z u l ö s e n und können dann fernerhin nichtmehr zur Wirkung kommen.

Ich will hier nicht Dinge erörtern, dieden A r z t angehen, sondern nur meinemSchüler Anweisung geben, wie er das ärgsteHindernis seines inneren Voranschreitensauf seinem Wege zu beseitigen vermag.

Das ist umsomehr nötig, als auch dieim Außenleben mutigsten Menschen zuwei-len in die wunderlichsten verkappten Angst-zustände verfallen, nachdem sie begonnenhaben, an der Entfaltung ihres geistigenOrganismus ernstlich zu arbeiten.

Erklärbar wird das, wenn man sich vorAugen hält, daß zwar viele Menschen ge-

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wohnt sind, ihren p h y s i s c h e n K ö r p e rirgendwie zu trainieren, andere, ihr G e h i r nauf die höchste Leistungsfähigkeit zu bringensuchen, und wieder andere ihr s e e l i s c h e sE m p f i n d e n pflegen, — daß aber für dieAllermeisten der eigene s u b s t a n t i e l l -g e i -s t i g e O r g a n i s m u s , — vom Erdentier herinstinktiv gemieden, — durchaus im Latenz-zustand bleibt, so daß er eine vollkommenunbekannte, dem Gehirnbewußtsein „ un-heimliche ” Region darstellt.

Das Ungekannte, nicht Durchforschte,bildet jedoch immer den u n b e s t i m m t e s t e n ,und darum a m l i e b s t e n v o r g e s t e l l t e nSchauplatz aller durch die Angst erzeugtenSchreckbilder menschlicher Phantasie.

Solange solche Schreckbilder, — ausden im Gehirn verbliebenen Ablagerungenfrühgehörter K i n d e r m ä r c h e n , einst ge-glaubter B e h a u p t u n g e n d e s ü b e r k o m -m e n e n R e l i g i o n s s y s t e m s , und den Vor-

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stellungen selbstbegangener, vermeintlicheroder wirklicher „ Schuld ” gebildet, — nichtendgültig gebannt sind, ist ein resolutesWeiterschreiten auf dem Innenwege, der„ in den Geist ” führt, noch kaum möglich.

Daher erwächst dem Suchenden diePflicht zu tagtäglich wiederholter Über-prüfung der w i r k l i c h e n Motive seinesDenkens, Redens und Handelns, um soallmählich die A n g s t in allen ihren Mas-kierungen zu e r k e n n e n , und aus ihrenSchlupfwinkeln zu treiben.

Das ist wahrhaft f ö r d e r n d e Kontrol-lierung des innern Lebens, und hilft weitmehr, als alle „ Gewissenserforschung ” , die,nach jedem Splitterchen wirklicher odernur eingebildeter „ Schuld ” sucht, und da-durch zu einem Fluch werden kann, demgerade die g e w i s s e n h a f t e s t e n Naturen amehesten zum Opfer fallen...

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Der Schüler

und seine Gefährten

Weniges verträgt wirkliche geistige Schüler-schaft so schlecht, wie den E h r g e i z !

Während bei allem anderen menschlichenTun das Bestreben, m e h r zu wissen, m e h rzu können als Andere, den so Beflissenenv o r a n b r i n g e n kann, wirkt für den Schülerim G e i s t i g e n schon der leiseste Wunsch,seine Gefährten und Mitstrebenden ü b e r -f l ü g e l n zu wollen, r e t a r d i e r e n d .

Eine Regung des N e i d e s gar, die nichtaugenblicklich b e k ä m p f t und zum dauern-den V e r l ö s c h e n gebracht wird, bringtalles geistige Wachstum zum S t i l l s t a n d ,— wie sehr sich der Schüler auch weiter-hin mühen möge...

Erst wenn er auch die letzte Neidregungin sich s p u r l o s a u s g e t i l g t hat, darf erauf wirkliches Weiterschreiten hoffen.

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In diesen Dingen gibt es keine „ Aus-nahme ” : — keine Sonderstellung für ein-zelne Menschen, — mögen sie auch an er-habenster Stelle stehen, oder sich in be-wunderungswürdigster Weise um die ganzeErdenmenschheit verdient gemacht haben. —

Was sich mit solcher Unerbittlichkeitauswirkt, ist das allem substantiellen gei-stigen Leben innewohnende, ihm selberentstammende, und von ihm nicht geson-dert zu denkende „ G e s e t z ” allen geistigrealen Geschehens, das in aller Ewigkeitkeinen Übertreter zu befürchten hat.

Es k a n n niemals im Bereiche geistigenGeschehens — bis an seine äußerste Pe-ripherie hin — a u c h n u r d a s G e r i n g s t eg e s c h e h e n , was diesem „ Gesetz ” n i c h tentsprechen würde, das inhärente und inte-grierende B e s t i m m t h e i t des substantiellenewigen Geistes ist.

Dem hier gemeinten eigenen „ Gesetz ”des substantiellen, ewigen Geistes gegen-

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über gilt nur d a s am Menschen, was desG e i s t e s ist.

Ob das, was an ihm „ des Geistes ” ist,bereits zu seinem B e w u ß t s e i n erwachte,ist zwar für den einzelnen E r d e n m e n -s c h e n wichtig, aber niemals für den G e i s t ,dem es ja angehörig bleibt, auch wenn esn i c h t in einem Menschenbewußtsein ver-nehmbar wird.

Man darf sich nicht irreführen lassen,durch die zwar Dichtern allenfalls erlaub-ten, aber so wenig wirklichkeitsnahen ele-gischen Träumereien von einer Gottheit,die des Menschen L e i d als das i h r e er-lebt, und vom Menschen her ihre eigeneE r l ö s u n g erwartet!

Die Dinge liegen in Wirklichkeit rechtwesentlich anders...

Stets soll sich der Schüler gegenwärtighalten, was ich von unser aller e w i g e m S e i n s -

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g r u n d zu sagen suche, wenn auch geradebei d i e s e m Sagenwollen die Unzulänglich-keit aller erdenmenschlichen Worte nochq u ä l e n d e r empfunden und dennoch hin-genommen werden muß, als bei jedema n d e r e n Darstellungsversuch...

So über alle Begriffe erhaben d a s auchi s t , von dem ich da in meinen Büchernimmer wieder zu handeln habe, so darfdoch der natürliche Drang des Menschen,sich von Allem V o r s t e l l u n g e n bilden zuwollen, nicht ganz ohne Hinweis und An-deutung gelassen werden.

Ich spreche in erlebender Ehrfurcht voneiner h ö c h s t e n T r i a d e , die ich: U r s e i n ,U r l i c h t und U r w o r t nenne, — von ihrerS e l b s t d a r s t e l l u n g , die ich in Menschen-worten faßlich zu machen suche in derTrias: U r l i c h t , U r w o r t , U r - G e i s t e s -m e n s c h , — und ich zeige, wie das, wasich voll erschauernder Anbetung als „ Ur-Geistesmensch ” zu benennen versuche,

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„ V a t e r ” ist — und auch „ Mutter ” zugleich:— der e r s c h e i n e n d e n D r e i h e i t des g e i -s t i g e n , s e e l i s c h e n , und v e r s t a n d e s a r t i gb e g r e i f e n d e n Menschen . . .

Ich versuche, zu zeigen, wie solcher-weise der wirkliche „ M e n s c h ” hinauf- undhineinreicht in die innerste G o t t h e i t , diesich ihm liebend erlebensfaßbar macht, alssein, ihm i n d i v i d u e l l vereinter „ l e b e n -d i g e r ” G o t t ...

Ich habe schließlich darzulegen, wie in-folgedessen begriffen werden muß, daß das,was man auf Erden als den „ Menschen ”bezeichnet, nicht etwa d e r e w i g e M e n s c hist, sondern d a s erdgehörige Tier, in demsich ewige Menschenemanationen zu erlebensuchen, die ü b e r den Kulminationspunktihres Individualzustandes h i n a u s g e l a n g -t e n , was für sie ein F a l l e n m ü s s e n zubedeuten hatte, — einen „ sündhaften ” ,weil v e r s c h u l d e t e n „ Fall ” aus höchstemLeuchten, — für den es keinen, den Wieder-

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aufstieg ermöglichenden Ausgleich gibt, alsdie Inkarnation in einem der s c h u l d f r e i e n ,physischen Wesen des Weltalls: — einemT i e r e , — wobei allerdings nur eine Tier-form in Betracht kam, die Eignung zeigte,ewig Menschlichem dereinst A u s d r u c kwerden zu k ö n n e n .

Wir kennen diese Tierform nur zu gutaus eigenem physischen Erleben! —

So gut wir aber auch unsere Tierform:das „ Menschtier ” , in seinen Bedürfnissen,Neigungen und Trieben selbsterlebendkennen, so sehr finden wir uns bereit, ihmvieles a b z u s p r e c h e n , was ihm in Wahr-heit z u k o m m t , — nur, weil wir es schwerertragen, daß wir weit mehr, als wir wün-schen könnten, mit den anderen Tieren ge-meinsam haben, während gerade das E i n e ,was wir — als Tiere — n i c h t mit unserenMit-Tieren zusammen uns zurechnen dürfen:— d i e S c h u l d l o s i g k e i t — Gegenstand

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heißen Sehnens für uns wäre, k ö n n t e nwir hieran noch Anteil haben, nachdemdie in rein tierhafter Unschuld verbrachtenallerersten Kindheitsjahre hinter uns lie-gen. —

Nicht nur, daß wir unseren gehirnbe-stimmten irdischen Verstand gar zu gerneaus dem Bereiche der Tierheit lösen möch-ten, wie ein reichgewordener Emporkömm-ling sich gerne aus seinem Herkunfts-Milieuzu lösen sucht, — sondern es liegt unsauch recht nahe, unseren Mit-Tieren d a sabzusprechen, was wir nach landläufigemGebrauch unsere „ Seele ” nennen, und wassich nur d u r c h b e w u ß t e E n t w i c k l u n güber die primitivere Region, die es in an-deren Tieren bildet, in uns erhebt. —

Um hier sich kein Hindernis der Ent-faltung zu schaffen, muß der Schüler er-kennen, daß f a s t a l l e s , was wir gemein-hin „ seelische ” Regungen nennen, noch dervergänglichen T i e r s e e l e zugeschrieben wer-den muß, die wir mit allen anderen Tieren

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gemeinsam haben, auch wenn sie in uns, —durch die Influenz der nur dem M e n s c h e neigenen, aus u n v e r g ä n g l i c h e n K r ä f t e nd e r G o t t h e i t hervorgegangenen Seele, —für ihre irdisch begrenzte Lebensdauereine reichere Empfindungs- und Ausdrucks-fähigkeit erlangt.

Aus der t i e r i s c h e n „ Seele ” , und n u raus ihr, stammt aller Ehrgeiz, alle Wett-bewerbsucht und aller Neid, die dem Schüler,der die Entfaltung seines G e i s t i g e n er-strebt, so überaus verhängnisvoll werdenkönnen! — —

Es liegt auf der Hand, daß es Sachedes Schülers sein muß, die vergänglichet i e r h a f t e „ Seele ” den e w i g e n S e e l e n -k r ä f t e n , die ihm als gottgezeugten seeli-schen „ M e n s c h e n ” eignen, so weit es nurmöglich wird, zu u n t e r o r d n e n .

So müssen alle tierseelischen Regungen,die mit der erstrebten Einung der ewigen

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Seelenkräfte in der Erlebensform — „ I c h ”— ü b e r e i n s t i m m e n d gefunden werden,während dieser erdbegrenzten Lebensdauerdes Tiermenschenleibes e r h a l t e n , gepflegt,und zur Erleichterung des Einheitserlebensder e w i g e n Seele eingesetzt werden.

Alle Regungen der Tierseele aber, dieder Einung e w i g e r S e e l e n k r ä f t e in derIdentitätsform: — „ Ich ” —, oder der Ent-faltung des substantiellen, ewigen mensch-lichen Geistorganismus e n t g e g e n wirken,müssen nach und nach zum austönendenAbklingen gebracht werden, — und wennauch dieser Prozeß mit der alle Verwand-lung fördernden Zeit zu rechnen hat, somuß doch schon v o m A n f a n g a n allemStörenden g e w e h r t werden.

Das Trachten nach der Ü b e r f l ü g e l u n gdes Mitstrebenden in der geistigen Schulung,oder gar der N e i d auf den Grad geistigerEntfaltung, den der Andere bereits erreichte,sind bloße Äußerungen der T i e r s e e l e ,

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und haargenau dem K a m p f der Tiere umdas Futter, und dem wohlbekannten Futter-n e i d gleichzusetzen.

Der Suchende aber muß nicht nur H e r rüber derart niedere Tierseelenregungen sein,sondern die g e g e n t e i l i g e n Empfindungenin seiner e w i g e n Seele erwecken.

Er darf nicht rasten, bis es ihm gelingt,beglückende F r e u d e zu empfinden bei derWahrnehmung, daß seines Mitschülers gei-stige Entfaltung schon viel weiter gediehenist, als die eigene!

Es muß ihm zur Selbstverständlichkeitwerden, dem hinter ihm Zurückbleibendenalle nur mögliche H i l f e zu bringen!

Auch d i e Menschen, die als „ Meister ”der Kunst des Lebens in den drei Welten(— der Welt des verstandesartigen Begrei-fens, der Welt der Seelenkräfte, und derWelt des substantiellen ewigen Geistes! —)angesprochen werden, handeln niemalsanders.

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Sie sehen einzelne ihrer „ Brüder ” infast unerreichbaren H ö h e n wandelnd, undandere noch in N i e d e r u n g e n , die sieselbst lange schon überstiegen haben, oderniemals zu durchmessen hatten.

Würde es mir, oder einem aus meinenBrüdern, auch nur noch m ö g l i c h sein,die glühende F r e u d e vermissen zu lassenbeim Hinaufblick zu dem e r h ö h t e n Bru-der, oder den brennenden Helferwillen demvorerst noch d u r c h s e i n e T i e f e n schrei-tenden gegenüber, — so hätten wir auf-gehört, das zu sein, was wir sind, und un-ser Leuchten im Urlicht wäre unmöglichgeworden. — —

Eine weitere Regung der T i e r s e e l e ,die der Geistschüler von allem Anfang anüberwinden lernen muß, ist der hämischeTrieb, die F e h l e r und M ä n g e l des Mit-strebenden zu entdecken, und sie womög-lich Anderen auch noch aufzuzeigen.

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Auch d i e s e Regung bildet ein v e r h ä n g -n i s v o l l e s Hemmnis wirklicher geistigerEntfaltung, und ehe sie nicht b i s a u f d i el e t z t e S p u r g e t i l g t ist, bleibt alles ver-meintliche „ Weiterschreiten ” auf dem Wege,nichtige Selbsttäuschung...

Der Schüler, der vom ewigen, substan-tiellen Geiste her Belehrung und Hilfe er-wartet, darf die F e h l e r und M ä n g e l seinesGefährten nicht einmal s e h e n w o l l e n ,und wenn sie ihm u n v e r m e i d b a r e r w e i s edennoch bekannt geworden sind, dann hater die P f l i c h t sie zu i g n o r i e r e n !

Sollte es sich aber um Dinge handeln,die dem Fehlenden selbst und Anderenwesentliche S c h ä d i g u n g bringen könnten,sodaß sie also n i c h t ignoriert werden d ü r -f e n , dann möge der unfreiwillige Ent-decker solcher Mängel sie nur s o l c h e nMenschen offenbar machen, von denen ermit aller Bestimmtheit weiß, daß sie keinanderes Bestreben leiten wird, als den Feh-

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lenden v o r s i c h s e l b s t und die Anderenv o r i h m zu schützen.

Es findet sich auch da eine Parallelezu den im Urlicht Leuchtenden.

Da es sich bei ihrer biologischen We-sensart um Jahrtausende vor der irdischenGeburt erlangte B e s t i m m t h e i t des Da-seinswillens handelt, so muß im vorausge-gebenen Zeitpunkt Geburt angenommenwerden, die a l l e p s y c h o p h y s i s c h e nV o r a u s s e t z u n g e n für die übertrageneAufgabe verbürgt, a u c h w e n n in ihrzugleich Erbteil mitgegeben ist, das derGeborene während seines Erdendaseinsnur gerade im Zaum zu halten suchenkann, weil er seine Kräfte a n d e r w ä r t sbraucht, und weil zugleich ein N i e d e r -r i n g e n des Nichtgewollten, so wünschens-wert es auch wäre, die physische Basisseines Wirkens in nicht zu verantworten-dem Grade v e r e n g e n würde.

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Die in seiner vergänglichen physischenNatur ihm solcherart „ mitgegebenen ” offen-sichtlichen Fehlneigungen können auf je-dem Gebiet erdenmenschlichen, durch diephysisch-tierischen Kräfte bedingten Han-delns sich bis zu einem gewissen Gradezeigen, auch wenn der Leuchtende des Ur-lichts immer erneut Barrieren aufrichtenwird, um allzudrastische Äußerungsformenunmöglich werden zu lassen.

K e i n Leuchtender im Urlicht h a t t ejemals den kinderhaft törichten, eitelkeit-genährten Ehrgeiz, als ein „ Heiliger ” geltenzu wollen, und keiner wird je solchen Ehr-geiz in sich nähren k ö n n e n !

Wehe aber dem Leuchtenden, — undstehe er auch auf menschlich kaum vor-stellbarer geistiger Höhe, — der die Äußer-ungen physisch-erdenmenschlicher Mängelan einem seiner geistigen „ Brüder ” etwain a n d e r e r Art aufnehmen wollte, alsmit humorgetränkter, wissender N a c h s i c h t !

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Da eine andere Haltung in diesem gei-stigen Kreise u n m ö g l i c h ist, darf es hiernur als dem Verstehen dienende F i k t i o naufgefaßt werden, wenn ich, um der gei-stigen Bedeutung dieser Dinge willen er-klären muß, daß auch schon die leisesteN e i g u n g eines Leuchtenden im Urlicht,sich über den in physisch-irdischen Dingenfehlbar gewordenen Bruder „ e r h a b e n ” zufühlen, die Selbstvernichtung des eigenenGeistesorganismus bedeuten müßte...

Der Schüler des substantiellen, ewigenGeistes kann nur dann auf den wirklichenErfolg seiner Mühen rechnen, wenn er injedem Mitstrebenden, — sei er ihm per-sönlich nahe, oder ganz unbekannt, — allesvergängliche, physischirdisch Bedingte, inwahrer Herzensgüte und verstehender Nach-sicht betrachtet, jedoch mehr und mehr dahingelangt, zu begreifen, daß der individuelleG e i s t o r g a n i s m u s , den sein G e f ä h r t e insich bewußtseinsnahe erreichen will, g l e i -c h e r S u b s t a n z ist, wie sein eigener.

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Wer ein großes Erbe in einer bestimmtenirdischen Geldwährung erhalten soll, derwird schwerlich darauf ausgehen, eben dieseWährung zu e n t w e r t e n , nur weil ihm ei-nes Anderen Gehaben wenig zusagt, derReichtümer in der gleichen Geldwährungbesitzt, oder zu gewärtigen hat.

Wenn aber schon aus diesem Beispielsfallklar hervorgeht, daß sich ein unvernünftigerErbe um sein ihm zugedachtes Gut bringenwürde, gelänge es ihm, die Geldwährung sei-nes Erbes zu schädigen, so dürfte erst rechtbegreifbar sein, daß man im Geistigen nichtdas, wonach man s e l b e r in sich strebt, —f ü r s i c h s e l b s t b e j a h e n , im Anderen aberzugleich v e r n e i n e n kann. —

Es handelt sich hier um ein Gut, daszwar mit dem Gut des Anderen keineswegsi d e n t i s c h , wohl aber seiner Qualität undseinem Ursprung nach, dem Gut des Anderenin jeder Beziehung „ g l e i c h ” ist!

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Wer die Erlangung dieses urgeistigenGutes einem Anderen verwehrt sehen möchte,der entzieht es sich damit selbst.

Wurde nun bisher bezeichnet, was ver-mieden werden muß, so sei hier jetzt ge-sagt, was sein soll:

Die Erlangung identischen Bewußtseinsim v e r s t a n d e s a r t i g -b e g r i f f l i c h e n , ims e e l i s c h e n , und im s u b s t a n t i e l l -g e i s t i -g e n Erfassen ist gewiß ein Postulat dersubstantiell-geistigen Welt, aber keineswegslautet diese Forderung etwa dahin, daß derInhalt des verstandesmäßig-begrifflichenBewußtseins einfach nur g e w e c h s e l t werdensolle, so daß fortan lediglich B e g r i f f e v o ng e i s t s u b s t a n t i e l l e n Dingen aufzunehmenwären.

Es handelt sich vielmehr um drei, d i s -t i n k t i n i h r e r E r l e b e n s a r t v o n e i n a n d e rg e s c h i e d e n e Bewußtseinsarten, die in der,selbst dem innersten Göttlichen eigenen,

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Erlebnisform: — „ Ich ” — gemeinsamerBesitz eines Individuums werden sollen!

Darum hängt so Außerordentliches hiervom Willen des Menschen ab: — von seinerBereitwilligkeit, g a n z n e u e Bewußtseins-formen in sich kennenzulernen, die mit demihm bisher bekannten v e r s t a n d e s a r t i g -b e g r i f f l i c h e n Bewußtsein sehr wenig ge-meinsam haben, und sich auch in Wortennicht schildern lassen, da sie nur durcheigenes „ I n n e w e r d e n ” erfahrbar sind.

Es würde den Suchenden aber in keinerWeise weiter bringen, wenn er sich nundarauf verlegen wollte, sich allerlei „ aus-zumalen ” um zu irgend einem Begriff vonder besonderen, ihm noch nicht bekanntenEigenart des Bewußtwerdens in den ewigenKräften der S e e l e , und im substantiellen,ewigen G e i s t e zu gelangen.

Was wirklich v o m G e i s t e h e r von je-dem Schüler des Geistes erwartet wird, liegta u f p h y s i s c h g r e i f b a r e m Gebiet, wenn die

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Auswirkungen auch bereits weit darüberhinaus in rein seelische und geistsubstan-tielle Gefilde reichen.

Hier ist nun die Rede von der Ver-pflichtung eines jeden Geistes-Schülers, imLeben der Außenwelt, und den ihm etwaverbundenen Gleichstrebenden gegenüber,seiner, wenn auch noch in der Latenz ver-harrenden Geistigkeit jederzeit ein würdigerund währender Ausdrucks-Schöpfer zu sein.

In dem Augenblick, in dem sich einMensch entschließt, Schüler des Geistes zuwerden, um sein ewiges s e e l i s c h e s , unddas Bewußtsein des ewigen G e i s t e s imeigenen geistigen Organismus zu erreichen,hat er zugleich, auch wenn das Selbstver-ständliche hier keine Gelübde benötigt,sich w i l l e n t l i c h von allen Daseinsäus-serungen seiner Mitmenschen z u r ü c k g e -z o g e n , die der Entfaltung seines geistigenOrganismus h e m m e n d im Wege stehen,oder sie ganz u n m ö g l i c h machen.

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Das alltägliche Vergnügungsleben unsererZeit ist eine wahre Sammlung von „ Schul-beispielen ” solcher, die Erlangung des Be-wußtwerdens im Geiste sabotierenden Da-seinsäußerungen des zu mancherlei Raffine-ment gediehenen Menschentieres, — aberauch auf anderen, sehr ernst zu nehmendenGebieten, fehlt es nicht an Daseinsbekun-dungen, die kaum noch auf der Höhe derTierseele stehen.

Wer mich verstehen w i l l , der w i r dmich verstehen! —

Dem allem aber soll der Schüler desGeistes n i c h t k ä m p f e r i s c h begegnen, son-dern nur dadurch, daß er Derartiges fürseine Person i g n o r i e r t , — daß er demewigen Geiste E n t s p r e c h e n d e s an dieStelle des A b g e s c h m a c k t e n , T i e r b r ü n -s t i g e n , und der m a n i s c h e n L e b e n s v e r -z e r r u n g zu setzen sucht, soweit es in s e i -n e n Kräften steht, — und daß er nichtmüde wird, im eigenen Verhalten Anderen

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z u z e i g e n : wie es sich bei alledem über-haupt nicht um wünschbare und beachtens-werte Dinge des Lebens h a n d e l t .

Nur bitte ich dringend darum, michnicht falsch zu verstehen!

Ich kann k e i n e Art der Ablehnunggeistig geächteter Lebensäußerungen ernstnehmen, der das L a c h e n und A u s l a c h e n -k ö n n e n nicht mehr recht gelingen will!

Sauertöpfisches Abseitsstehen, Nörgelnund Räsonnieren sind s c h l e c h t e Mittel,Anderen die Augen dafür zu öffnen, daßsie Sklaven törichter Selbstsuggestionen undüberreizter Nerven wurden! —

Wirksamer als alles Andere vermagimmer das B e i s p i e l zu wirken, und b e i -s p i e l g e b e n d voranzugehen, ist daher dievornehmste Aufgabe eines Menschen, der„in den Geist ” gelangen will.

Eine einzige beispielhafte Handlung kanndem G e f ä h r t e n weit wertvollere Lehre

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sein, als stundenlange Disputation, und sowird auch das Wirken eines Geistschülersin engerer oder weiterer Ö f f e n t l i c h k e i tdesto wertbringender sein, je mehr er sichganz auf die Wirkung seines B e i s p i e l sverläßt, und infolge eigener straffer Selbst-erziehung auch jederzeit verlassen k a n n ...

Der Schüler wird scharf der Tatsachebewußt werden müssen, daß er tief imtrüben Nebel törichten Verstandesdünkelssteckt, solange er noch glaubt, ein Sieg inder Disputation mit seinen Gefährten seietwa gleichbedeutend mit dem Besiegeneigener innerer Finsternis. —

Nicht durch Worte, sondern nur durchsein B e i s p i e l kann er erweisen, daß er insich selber wirklich Sieger wurde.

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Innenleben und Außenwelt

Daß Suchende mir insofern „ meine ”Schüler sein können, als sie sich bei derR i c h t u n g und eigenen B e s t i m m u n g ihresStrebens an die in meinen Büchern nie-dergelegten Mitteilungen, Anweisungen undLehrtexte halten, ohne in meiner Personanderes sehen zu wollen, als den berufenenV e r m i t t l e r und F o r m e r der dargebotenenEinblicke und Ratschläge, habe ich hin-reichend deutlich ausgesprochen.

Es handelt sich um ein r e i n g e i s t i g e sSchülerverhältnis, bei dem ich für jedenSuchenden, der sich in solcher Weise nachmeinen Lehren richtet, daß er wahrhaftein R e c h t hat, sich meinen „ Schüler ” zunennen, ewige Verantwortung trage.

Das ist hier nicht etwa gleichzusetzenmit dem von allen gewissenhaften Seel-

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sorgern der Religionsgemeinschaften gefühl-ten und geäußerten „ Verantwortungsbe-wußtsein ” gegenüber ihren Gläubigen, —sondern meine Verantwortung für den Su-chenden, der e x a k t den von mir erteiltenRatschlägen f o l g t , um „ in den Geist ” zugelangen, besteht in einer unablösbarenV e r p f l i c h t u n g , die auch in den kommen-den n a c h i r d i s c h e n Zuständen weiter ihreForderungen stellt, und nicht eher e r f ü l l tist, als bis der Suchende, der sich meinenLehren anvertraute, e r r e i c h t hat, was ichihm versprechen konnte. —

Allerdings muß ich darum bitten: —g e n a u u n t e r s c h e i d e n zu wollen, was ichin meinen Büchern als geistig m ö g l i c h ,und unter gewissen, klar gezeigten Vor-aussetzungen e r l e b b a r bezeichne, und nurdarstelle, um die verschiedenen S t u f e ngeistigen Erlebens zu schildern, die ganzfraglos n i c h t allen Menschen schon aufErden erreichbar werden k ö n n e n , — undw a s ich deutlich und ganz unmißverständ-

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lich von j e d e m Geistschüler während seinesirdischen Lebens erreicht sehen will.

Daß ich den Strebenden lebendigen An-teil nehmen lasse, auch am Erleben derh ö h e r e n , ihm möglicherweise hier aufErden noch unerreichbaren Stufen geistigerErlebensfähigkeit, ist nötig, um ihm zuermöglichen, sich selbst „ R i c h t u n g ” zugeben, heißt aber gewiß nicht, daß ich ihmdas Erreichen dieser Erlebensfähigkeit imGeiste etwa v e r s p r e c h e n könne.

A l l e s , was ich als erreichbar aufzeige,setzt einen gewissen geringeren oder höherenGrad der Entfaltung des substantiell-gei-stigen Organismus voraus, und an jederStelle meiner Bücher, die von im geistigenLeben erreichbaren Erlebnissen handelt,zeige ich auch auf, was jeweils bereits er-reicht sein m u ß , soll die nächst höhereStufe des geistgemäßen Erlebens ersteigbarsein.

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Der Schüler im Geistigen kann nachaufnahmebereitem Lesen meiner Schilder-ungen s e l b s t genau erkennen, wo er steht,wobei er sich natürlich hüten muß, dieCharakteristiken der jeweiligen Erlebens-fähigkeit, die ich unmißverständlich gebe,zu seinen Gunsten umzumodeln.

In i r d i s c h e n Dingen kann einer mit-unter Grade der Vollendung v o r t ä u s c h e n ,so, daß Andere glauben, er besäße sie be-reits, — aber im g e i s t i g e n Leben mußjeder Versuch, sich „ emporzutäuschen ” , er-barmungslos mißlingen, da ja der zu solcherVortäuschung Bereite, nur — s i c h s e l b e rtäuschen kann.

Die geistige Stufe, die er wirklich er-reicht hat, ergibt sich a l l e i n aus seiner er-langten E r l e b e n s f ä h i g k e i t im substan-tiellen ewigen Geiste.

Daß es sich nicht um „ Stufen ” oder„ Grade ” handelt, die etwa nach einer fest-gesetzten „ Rangordnung ” einmal für alle-

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mal starr bestimmt wären, sollte demSuchenden außer Frage stehen.

Nachdem ich aber immer wieder sehenmuß, daß man gar zu gerne die Stufen derJakobsleiter „ n u m e r i e r t ” sähe, und weilich dabei einem Fehlverstehen auf die Spurkam, das unbedingt behoben werden muß,sei hier das Folgende gesagt:

Geistiges kann nur G e i s t i g e m „ be-wußt ” werden!

Geistiges wird nur e r l e b t in der V e r -e i n u n g , und was sich Geistigem vereinenwill, muß s e l b s t des Geistes sein.

Alles N i c h t g e i s t i g e ist dem Geistenicht „ real ” : — nicht „ wirklich ” !

(— Ich rede vom ewigen, substantiellen,a l l e i n wahrhaft unzerstörbaren, e w i g e nGeiste, — nicht von den Resultaten derBewegungen verweslicher Gehirne! —)

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Niemals könnte der Erdenmensch „ inden Geist ” gelangen, wäre er nur das, wasan ihm auf Erden sinnenfällig in Erschei-nung ist.

Nur weil er zugleich s u b s t a n t i e l l e r ,e w i g e r G e i s t ist, kann er nach vollbrach-ter V e r e i n u n g Geistiges e r l e b e n , — kanner in sich selbst, als Geist vom Geiste derEwigkeit, s e i n e r s e l b s t geistbewußt wer-den. —

Es ist dazu vonnöten, daß ein bestimmtesVerhalten, ausdauernd für lange Zeit, ein-gehalten wird.

In meinen Lehrtexten sind die verschie-denen Formen, in denen sich dieses Ver-halten darstellen kann, genau beschrieben.

Zweck dieses Verhaltens ist in ersterLinie: — die Gewohnheit, das Leben z ud e n k e n , statt es zu leben, mehr und mehraufzuheben, und wirklich aktiv und be-wußt l e b e n zu lernen. —

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Aktives L e b e n soll an Stelle des „ Ge-dankenlebens ” treten.

V o l l k o m m e n hat solches Streben seinenZweck d a n n erreicht, wenn auch das Denkeng e l e b t wird, nicht mehr nur: „ gedacht ” . —

Was hier g e m e i n t ist, kann ich nichtdeutlicher sagen, weiß aber wohl, daß sichKeiner, der noch gewohnt ist, sein Lebenzu d e n k e n , auch nur schattenhaft v o r -s t e l l e n kann, was ich hier meine...

Das ist auch nicht notwendig, denn eshandelt sich nicht um ein Vorstellenkönnen,sondern um das L e b e n l e r n e n !

Der sein Leben d e n k e n d e Mensch glaubtin dem Denken: d a ß er lebe, und dessen,w a s er erlebt, sein L e b e n zu umfassen, —aber dem Denken ist das Leben nur G e -g e n s t a n d , wenn auch d e r Gegenstand,der alle anderen möglichen Gegenständedes Denkens i n s i c h schließt, — und dasLeben ist für das Denken im gleichen

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Moment e r l o s c h e n , in dem das Denkens e l b s t erlischt.

Nun k a n n aber das Leben immerhindoch gedacht w e r d e n , und ungezählteMillionen k e n n e n es nur im Denken, —aber n i e m a l s ist der substantielle ewigeG e i s t im Denken erfaßbar, sondern n u rim L e b e n : — im g e s c h e h e n d e n , — n i c h tgedankenbedingten, — Erleben! — —

Während im Denken das Leben immernur g e d a c h t wird: — nur als G e d a n k eRealität aufweist, — bildet das wirklicheL e b e n des Lebens ein G e s c h e h e n in dasman e i n v e r w o b e n ist.

Daher ist „ l e b e n l e r n e n ” die Aufgabedessen, der „in den Geist ” gelangen will,denn in den Geist gelangt man nicht imD e n k e n , sondern durch ein erhabenesG e s c h e h e n , das nur d e m erfahrbar ist,der dort, wo Andere zu leben d e n k e n ,erfahrungsfähig im aktiven L e b e n wurde.

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Dieses L e b e n -l e r n e n wird nicht „ miteinem Schlage ” erreicht, und das Leben-k ö n n e n kommt nicht über den Menschenwie eine „ urplötzliche Erleuchtung ” .

Es muß vielmehr e r a r b e i t e t werden!

Es ist ein „ L e r n e n ” , — wenn auchkein Lernen m i t d e m V e r s t a n d , — undwie j e d e s Lernen hat es seine verschiedenenStufen, oder, wenn man bei dem Gleichnisdes inneren W e g e s bleiben will, — seineverschiedenen Wegstationen! —

Um einen verstandesmäßigen Begriff desA u f e i n a n d e r f o l g e n d e n zu vermitteln, dadoch der Suchende vorerst nur d e n k t undb e g r e i f t , aber nicht l e b t (vom passivenG e l e b t w e r d e n des Körpers, das man als„ leben ” b e z e i c h n e t , rede ich hier nicht!)haben zu allen Zeiten die „ Meister ” derKunst des L e b e n s von aufeinanderfolgenden„ Stufen ” , oder nacheinander zu erreichendenWegstationen gesprochen, aber niemals soll-

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ten dadurch s t a r r b e s t i m m t e L e h r p l a n -s t u f e n , im Sinne einer Lehr-„ Methode ” ,bezeichnet werden.

Man könnte statt dem Bilde des Weges,oder der Stufen einer Treppe, einer Leiter,auch das Bild des wachsenden B a u m e swählen, an dem vielleicht k l a r e r würde,wie sich bei dem Vorgang des L e b e n -l e r n e n s im Laufe der Jahre e i n Wachstums-zustand an den a n d e r e n reiht, — wie einerin den anderen übergeht. —

Ich kann natürlich das Wachstum desBaumes nach den verschiedensten Systemene i n t e i l e n , und ebenso das Vorangelangenbeim L e b e n l e r n e n , — aber alle solcheEinteilung mag zwar das Verständnis fürdas Allmähliche, Aufeinanderfolgende desWachstums beim Baum, des Voranschreitensbeim Lebenlernen, wecken, — kann aberjederzeit auch durch a n d e r e Einteilungersetzt werden.

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Der Vorgang des Vorangelangens wirdin keiner Weise verändert, ob ich ihn nunin sieben, in achtundsechzig, oder zweitausend Stationen, Stufen, Grade, einteile! —

Man kann also nicht sagen: — „ Der,oder Jener, steht auf der soundsovieltenStufe ” , sondern nur: — „ er steht wohl erstam A n f a n g , er ist schon z i e m l i c h , oderschon s e h r w e i t vorangekommen ” . —

(Abzusehen ist natürlich hier von „ Gra-den ” im Sinne der Freimaurerei, oder ähn-licher Orden, in denen der erlangte „ Grad ”vergleichsweise dem erlangten militärischen„ Rang ” entspricht.)

Alles Andere ist Unsinn!

„ Unsinn ” , weil o h n e wirklichkeits-entsprechenden S i n n !

Das scheint aber manchen meiner Schü-ler noch nicht überzeugend klar gewordenzu sein, weshalb ich es nun so deutlich wienur möglich dargelegt habe.

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Ich trage hier keine Theorien vor, beidenen sich „ B ” aus „ A ” , und „ C ” aus „ B ” er-gibt, sondern spreche aus eigenem E r l e b e n !

Ich d e n k e mein Leben seit vielen Jahrennicht mehr, sondern l e b e es, — und ebensol e b e ich seitdem mein D e n k e n !

Ich war durchaus nicht „ bevorzugt ” aufmeinem Wege, sondern mußte das „ L e b e n -k ö n n e n ” in unvergleichlich i n t e n s i v e r e rund s c h w e r e r e r Art lernen, als das einemmeiner Schüler möglich würde!

Es wurde mir wahrhaftig nichts „ ge-schenkt ” !

Auch gibt es bei diesem „ Lernen ” k e i nE n d e , denn es fordert immerwährende A u s -ü b u n g , sobald es „ gelernt ” ist.

Der Tod des Erdenleibes berührt diese„ Ausübung ” des „ Gelernten ” nur insofern,als danach d i e s e r L e i b nicht mehr g e l e b twird, — wohl aber das von diesem Leibe

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gelernte D e n k e n , das ein Mensch im e w i -g e n Leben nur dann z u g l e i c h z u l e b e nweiß, wenn er es hier im irdischen Leibe,durch den Leib, „ gelernt ” hat...

Wer es n i c h t „ leben ” lernte i m L e i b ,der kann es auch nach des Leibes Tod nurt r ä u m e n d d e n k e n , wie er auch s i c h s e l b s tnoch lange Zeit — bis er das Geistige l e b e nlernt — traumhaft d e n k t , wenn auch d i e -s e s Denken nicht mehr in einem Gehirnregistriert wird.

Ich rede auch nicht umsonst von unseremsubstantiell-geistigen O r g a n i s m u s !

Ein „ Organismus ” ist mir etwas aus sichselbst Erwachsenes und im eigenen LebenStehendes.

Der irdische Leib ist mir in meinemSinne k e i n „ Organismus ” , sondern eineK o m b i n a t i o n von O r g a n e n .

Ich weiß wohl, daß man auch in a n d e r e rTerminologie denken kann, und als ich nochmein Leben d a c h t e , war sie auch die meine,

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— aber seitdem ich mein Denken zu l e b e nvermag, kann ich sie nicht mehr brauchen...

Es mag aber jedem meiner Schüler un-benommen bleiben, sich alles, was ich ihmin den m i r möglichen Worten sage, in seinee i g e n e Redeweise zu „ übersetzen ” .

Ich meine: — man sollte das Wort n i c h t„ lassen stahn ” , sondern man soll es vielmehrw a n d e l n und s i c h b e w e g e n lassen! —

Aber ich werde hier meinem Schülernoch sagen müssen, weshalb ich leider inmeinen Büchern auch recht viel v o n m i rzu berichten habe: — weshalb ich michimmer wieder erwähnen muß, obwohl mirnichts schwerer ankommt, als mich im irdi-schen Leben auch nur genannt zu finden.

Daß ich also ganz gegen alle Lust undNeigung zu verfahren gezwungen bin, hatzweierlei Ursachen:

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Erstens bin ich, zu meinem nicht geringenLeid, vom Geiste her v e r p f l i c h t e t , michvor denen, die meine Worte lesen, quasi„ auszuweisen ” , ganz einerlei, ob mir dasgefällt, oder nicht, und ohne Rücksicht dar-auf, wie ich die Art der A u f n a h m e meinerMitteilungen durch Andere e m p f i n d e n mag.

Ich bin, kurzweg gesagt, geistig in Pflicht,den Lesern meiner Bücher Einblick zu ge-ben, auf welche Weise ich dazu gelangte, dasniederzuschreiben, was ich niederschrieb.

Zweitens aber bin ich natürlich mir selbstdas nächstgelegene und bestbekannte, sowiein allen Stücken b e s t k o n t r o l l i e r b a r eErlebensfeld.

Da ich mich nun bis in die unwahr-nehmbar winzigsten Neigungsfalten absolutfrei weiß, auch vom leisesten Schimmerpersönlicher, wenn auch noch so „ unschul-diger ” Selbstbetonungslust, sondern michselbst, weit mehr wie jeden anderen Men-

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schen, sachlich nüchtern zu betrachten ge-wohnt bin, so weiß ich mir auch am bestenRede und Antwort zu stehen, wenn es sichum Dinge handelt, deren Erleben mir ver-traut ist, und die ich Anderen verstehbarmachen soll.

Es wird kein Mensch, der mich auchnur einigermaßen kennt, den törichten Ge-danken je e r w ä g e n können, ich würde miretwa d e s h a l b Material der Darstellung, weiles mir dabei in irgend einer Weise u mm e i n e , mir wahrhaftig nur in strengenDiensten stehende P e r s o n gehe.

H ä t t e ich Neigung zu persönlichemSelbstgenuß in eitler Eigenbespiegelung,dann wüßte ich ihn mir wahrlich auf mirw ü n s c h e n s w e r t e Weise zu bereiten, dennich bin kein Asket, und die wunderlicheL u s t des Asketen, sich an dem zu freuen,was ihm P e i n bereitet, ist mir fremd...

So, wie ich aber wahrlich sagen darf,daß ich nicht m i c h s e l b s t suche in meinem

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Wirken, so muß ich doch auch sagen, daßmir nicht nur „ das ewige Heil ” meinerSchüler Motiv meines rastlosen Wirkensist, sondern in gleicher Weise die Aus-lösung ihrer sichernden, zu jeglichem Auf-bau in der A u ß e n w e l t nötigen Kräfte.

Scharf wird freilich der Schüler schei-den müssen, was i c h um seinetwillen g e i -s t i g zu wirken vermag, und was an all-täglicher Arbeit an sich selbst v o n i h mallein getan werden kann...

Das Leben im Geiste ist k e i n e s w e g sdem Alltag f e i n d , und so muß auch derSuchende nach geistiger Erlebnisfähigkeit,in a l l e r e r s t e r Linie seinem A l l t a g Ge-nüge leisten lernen.

Man darf sich nicht durch die über-spannten Phantasten aller Zeiten einredenlassen, der Geist der Ewigkeit sei nur dannerreichbar, wenn der Suchende aller e r -d e n h a f t e n Darstellung des Wirklichend e n R ü c k e n k e h r e .

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Das G e g e n t e i l von solcher Annahmeentspricht der Wahrheit!

Wohl darf der Suchende sich niemalsderart kurzkettig an die Erde verhaften,daß er sich nicht mehr zu „ e r h e b e n ”vermag, doch muß er jederzeit wissen, daßauch das Irdische von Ewigkeit umschlos-sen ist.

In der irdischen Außenwelt wird zwarnur das mehrfach umgewandelte, letzteR e s u l t a t , vom ewig Wirklichen ausgehen-der Kräfte — in der R e f l e x w i r k u n g die-ser Kräfte aufeinander — erfahren, aberdamit ist dem Erdenmenschen keineswegsnur ein Schein und Schatten gegeben!

Alle irdische Erscheinung läßt sich fürden seiner g e i s t i g e n Sinne bereits Mäch-tigen zurückverfolgen bis zur A n s c h a u -u n g s w e n d e , von der an die alle Formwirkenden Urseinskräfte dann als ein sub-stantielles G e i s t i g e s erlebbar werden.

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So ist das Alleräußerste kontinuierlichdem Allerinnersten v e r b u n d e n , wenn das„ Ä u ß e r e ” , seiner Darstellungsform nach,auch der ewigen S t a r r e : — dem absoluten„ Nichts ” , — schon zu nahe ist, als daß esjemals in das A l l e r f r e i e s t e , das in ewiger,unfaßlicher B e w e g u n g verharrende „ In-nere ” e i n z u g e h e n vermöchte.

Da der Erdenmensch aber ein in dasAlleräußerste verirrtes I n n e r e s ist, so darfer auch nur dann hoffen, wieder seinerselbst als eines substantiell wirklichenInneren bewußt zu werden, wenn er vondem Punkte ausgeht, auf dem er sich nuneinmal findet, — also vom A l l e r ä u ß e r -s t e n : — von seiner eigenen leiblichen, undder dieses Erdenleibliche umgebenden „ A u s -s e n w e l t ” . —

Diese Außenwelt wird ihm, soweit essich um sein eigenes L e i b l i c h e s handelt,e m p f i n d u n g s b e w u ß t , und alle Z u s t a n d s -

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v e r ä n d e r u n g wird f ü h l e n d wahrge-nommen.

Was aber außerhalb des eigenen Erden-leibes, diesen u m g i b t , gelangt nur inso-weit zu einer Wahrnehmung im leiblichenF ü h l e n , als es eben dieses Leibliche b e -e i n d r u c k t , mögen die Einwirkungen k a u mw a h r n e h m b a r oder ü b e r a u s h e f t i g sein,— mögen sie das Gefühlsvermögen a n g e -n e h m oder q u ä l e n d erregen.

All dieses sinnenfällig Wirkende ist je-doch dem Fühlen nur für den jeweiligenA u g e n b l i c k gegeben und wird sogleichdurch n e u e s Fühlen abgelöst, mag auchdieses Aneinanderreihen von Augenblicks-inhalten zuweilen als konstantes W ä h r e ndes Fühlens erscheinen, wie die unzähligenProjektionsbilder, die von einem Film-streifen herrühren, a l s w ä h r e n d e s B i l daufgenommen werden, solange in diesesBild keine Bewegung der Darsteller oderanderer bewegungsfähiger Erscheinungeneintritt.

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Für begrenzte Zeit, — im äußerstenFalle bis zum Tode des Erdenleibes, —können sich dem Bewußtsein E r i n n e r -u n g s b i l d e r ehemaligen Empfindens dereigenen leibesbedingten Existenz, sowie desjeweiligen Gefühlswertes der sinnenfälligenBeeindruckungen durch die Außenwelt, er-halten.

Alle w e i t e r e Beziehung zur Außenweltwird dem Erdenmenschen n u r durch seinV o r s t e l l u n g s v e r m ö g e n , — aber die P r o -d u k t e , die das Vorstellungsvermögen her-vorbringt, sind derart dem menschlichenWillen — in seinem Aspekt als G l a u b e —unterworfen, daß der philosophische Irrtumauftauchen konnte, als sei „ die Vorstellung ”S c h ö p f e r i n der außenweltlichen Erschei-nungsformen.

Wenn sie das nun auch freilich gewißn i c h t ist, sondern vielmehr das Resultatdes Vermögens darstellt, sinnlich unerfaß-

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bare Wirkungen der Ur-Seinskräfte in B i l d -f o r m zusammenzufassen: — gleichsam Ab-breviaturen komplizierter Geschehensab-läufe, in einer, den menschlichen Sinnenangepaßten Formierung zu gestalten, — sobildet doch die Welt der Vorstellung auchkeineswegs die wirkliche, den physischenSinnen zugängliche Welt.

Wie tiefgründig verankert dem Einzelnenseine Vorstellungswelt auch erscheinen mag,so wird es doch für ihn zuweilen Momentegeben, in denen er sich vor der Erkenntnisfindet, daß er noch s e h r weit davon ent-fernt ist, die seinen physischen Sinnen m ö g -l i c h e Aufnahmefähigkeit vollständig in Ge-brauch genommen zu haben. —

Die Welt der V o r s t e l l u n g ist aber un-streitig die für den Einzelnen m a ß g e b e n d eWelt, einerlei, wie wenig sie der Welt ent-spricht, die ihm bei gänzlicher Ausnützungder Möglichkeiten seiner Erdensinne erfaß-bar werden könnte.

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Nun ist aber diese, für das menschlicheHandeln so folgenschwer bedeutungsvolleWelt der selbsterzeugten Vorstellungsbilderein sehr variables Gebilde, das nicht nurdurch eigene Einsichten und Erfahrungenbeeinflußt wird, sondern gleichzeitig auchdurch die Vorstellungswelten der Anderen.

So bilden sich denn Menschengruppenaus v i e l e n Einzelnen, die ihre Vorstellungs-welten sehr weitgehend einander angeähnelthaben, und aus der F e s t s t e l l u n g solcherÄhnlichkeit wird den Einzelnen ein schein-bar „ schlagendes ” Argument für die „ Rich-tigkeit ” ihrer Vorstellungsbilder, obwohldiese vielleicht nur K a r i k a t u r e n der Weltsind: der Welt, die u n v e r b l e n d e t e n phy-sischen Sinnen wahrnehmbar ist.

Der Schüler im Geistigen wird also nichtnur immer wieder sein e i g e n e s Vorstellungs-weltbild zu überprüfen haben, sondern auchdas der G r u p p e , zu der er im Verlaufseiner Lebensumstände hinfand, — oder

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auch der, v i e l e Untergruppen oder „ Par-teien ” umfassenden V o l k s g r u p p e , in dieer sich hineingeboren weiß.

Da die Forderungen des Geistes die glei-chen bleiben, ob es sich um den E i n z e l n e n ,oder um eine „ M a s s e ” Einzelner handelt,so k a n n man nicht als Einzelner den For-derungen nachleben, deren Erfüllung V o r -a u s s e t z u n g sind für Jeden, der „ in denGeist ” gelangen will, — und g l e i c h z e i t i g ,ohne klaren Vorbehalt, dem Vorstellungs-weltbild einer Gruppe dienen, deren Äus-serungsformen automatisch den inneren Wegin den Geist v e r b a u e n .

Es ist eine wahnwitzige Verkennungder U n i v e r s a l i t ä t des substantiellen, ewi-gen Geistes, etwa zu glauben, man könne„ in den Geist ” gelangen, während man nochirgend etwas, das dem Geiste zugehört,m i ß a c h t e t , oder gar mit H a ß verfolgt!

Da aber a l l e E r d e n m e n s c h h e i t laten-tes Geistiges in sich birgt, so ist s e h r sorg-

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lich zu unterscheiden zwischen der striktenAblehnung dieser oder jener, im Tier-menschlichen verankerten M e i n u n g oderH a l t u n g , und der überheblichen Ab-schätzung anders Meinender, handle es sichnun um Einzelne, um Gruppen, Völker,oder Rassen. — —

Daß ein Hegen von H a ß g e f ü h l e n„geistestaub ” und „ geistesblind ” macht,wird leicht verstehbar sein. —

Wohl soll die F ä h i g k e i t , Haß empfin-den zu können, nicht etwa a u s g e r o t t e twerden, denn mit ihr wäre auch die Fähig-keit, urgeistige, ewige L i e b e zu empfinden,ausgerottet, — aber die aufkeimende Empfin-dung des Hasses darf nicht g e h e g t , sondernnur „ k o n s t a t i e r t ” werden, wonach fürden Schüler im Geistigen die große Tatbeginnt, den eben in seiner ganzen Wuchtin sich vernommenen Haß — in L i e b eumzuwandeln, deren Gegenpol er ist, als

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Äußerungsform e i n e r u n d d e r g l e i c h e nK r a f t . . .

Wo also Haß — gegen Einzelne, gegenParteigebilde, oder gegen andere Völkerg e h e g t wird, dort ist für den Schüler desGeistes keine Entfaltungsmöglichkeit, under möge füglich den ihm dargebotenen, oderbereits eingenommenen Platz einem über-lassen, der n i c h t über seine mehr oderweniger emporgezüchtete Tiernatur hinausw i l l ! —

W e l c h e r l e i Einflüssen der Außenweltein Suchender aber auch gegenüberstehenmag, — er muß stets dessen bewußt bleiben,daß ihm n i c h t s in dieser Außenwelt denWeg in den Geist ungangbar machen k a n n ,solange er in genauer Befolgung den Rat-schlägen n a c h l e b t , die ich ihm überreichlichin meinen Lehren dargeboten habe.

Aber auf das „ N a c h l e b e n ” kommt esan, — nicht auf das G u t h e i ß e n und dafürS c h w ä r m e n !

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Das Nachleben meiner Lehren bedingtaber, daß der Schüler zum a l l e r e r s t e n :Ordnung schaffe in Bezug auf seinen ganzpersönlichen A l l t a g . —

Erst wenn d a alles „ i m R e i n e n ” ist, —in a l l e n Stücken und in j e g l i c h e r Be-ziehung, — hat sich der Suchende das Rechterworben, weiterstreben zu d ü r f e n , underst dann ist auch seine Erwartung b e -r e c h t i g t , daß er das ihm auf Erden E r -r e i c h b a r e im Geiste, auch wirklich wäh-rend seiner Erdenlebenszeit erreichen w e r d e .

Die sehr verbreitete und beliebte „ Groß-zügigkeit ” , die da glaubt, im Streben nachdem Geiste alles Alltägliche als Bagatellebehandeln zu dürfen, ist sehr vom Übel!

Mag auch eine Sache an sich w i r k l i c h„ Bagatelle ” sein, so ist doch n i e u n d n i m -m e r Bagatelle, ob sie g e i s t g e m ä ß behandeltwurde, oder nicht. — —

In einem Gleichnis der Evangelien wirddem getreuen Haushalter gesagt: „ Da du

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Weniges g e t r e u verwaltet hast, will ich dichüber V i e l e s setzen! ”

Was da gleichnishaft geformt ist, be-trifft aber eine der wichtigsten Forderungendes Geistes!

Wer es nicht dahin bringt, daß er inseinem vergänglichen i r d i s c h e n Leben be-reits sich so zu verhalten weiß, daß seinDenken, Reden und Handeln vom G e i s t eher a n e r k a n n t werden kann, der hat nochnicht begriffen, wozu ihm die Außenweltzu dienen vermag, und all sein Strebennach urgeistigem Bewußtwerden kann ihmnichts nützen.

Wer aber hier in seiner Alltagswelta u c h d i e k l e i n s t e Entscheidung zum Han-deln, — und werde sie auch in äußersterE i l e von ihm verlangt, — mit aller S e l b s t -v e r s t ä n d l i c h k e i t in s o l c h e r Weise trifft,als sei sein ewiges Heil n u r von diesere i n e n Entscheidung a b h ä n g i g , der stehtdem geistigen Bewußtwerden schon viel

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näher als er ahnt, und selbst wenn seinevererbten Anlagen einer vollen Entfaltunghier in seinem Erdenleben entgegenstehensollten, geht er doch a l s e i n B e w u ß t e rin die Ewigkeit ein! —

Weniges ist im Verlauf der Mensch-heitsgeschichte — auf allen Weltteilen undjeder Kulturstufe — derart m i ß v e r s t a n -d e n worden, wie die in jedem Erdenmen-schen mehr oder weniger regsame Erahn-ung des substantiellen, ewigen Geistes imeigenen menschlichen Selbst!

Verführt durch platte gedankliche Schluß-folgerung, meinte und meint heute nochder dem Geistigen suchend Zugewandte, esmüsse das alltägliche, physisch-sinnlich zuerlebende Dasein dem Geiste gewissermaßengreuelhaft und ein Abscheu sein.

Aus solcher Meinung glaubt man sichberechtigt, folgern zu dürfen, daß es un-möglich sein müsse, in den Geist zu ge-

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langen, wenn nicht das erdenhafte Alltags-leben verachtet, und wie eine arge Schmachund Schande betrachtet werde.

Bis auf den heutigen Tag kann mandie Wenigen leicht zählen, die über solchehemmende Überlieferung hinausgelangtenund alsdann erkennen lernten, daß derWeg in den e w i g e n , s u b s t a n t i e l l e n G e i s tmitten im zeitlichen, scheinbar so nichtigenA l l t a g beginnt...

Es kann aber Niemand S c h ü l e r g e i -s t i g e r S c h u l u n g sein, der sich nicht zusolcher primären Erkenntnis durchzuschla-gen weiß!

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Wie meine Bücher

gebraucht werden wollen

Als ich, bald nach der Jahrhundert-wende, vor über dreißig Jahren, die erstenVersuche unternahm, das, was mir bis da-hin an lebendig erfahrenen geistigen Auf-schlüssen geworden war, i n s p r a c h l i c h eF o r m zu fassen, — aber auch noch einJahrzehnt später, nachdem mein geistigesErleben wie meine Versuche das Erfahrened a r z u s t e l l e n , zu einem vertrauten Ge-schehen und Tun geworden waren, — dachteich nicht im Traum daran, etwas aus dem,zur Verhütung jeglicher Profanation invon mir eigens ersonnener GeheimschriftNiedergelegten, schon w ä h r e n d m e i n e s E r -d e n l e b e n s zu veröffentlichen.

Es war mir vielmehr zu selbstgetroffenerAnordnung geworden, daß ich in entspre-chender Zeit den „ Schlüssel ” meiner Ge-

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heimschrift einer mir vertrauenswert er-scheinenden Persönlichkeit übergeben würde,der es dann obliegen sollte, das Vorgefun-dene n a c h m e i n e m T o d e in geeigneterWeise herauszugeben.

Zwischen meinen Papieren befand sichaußerdem jahrelang in verschlossenem Um-schlag eine diesbezügliche „ letztwillige Ver-fügung ” und eine zweite Aufzeichnungdes Schriftschlüssels, für den Fall plötz-lichen Todes, v o r der erfolgten Einsetzung deszu betrauenden „ Testamentsvollstreckers ” .

Ich ahnte nicht, daß ich eines Tagess e l b s t diese vorzeitige „ Hinterlassenschaft ”der Öffentlichkeit zugänglich machen, unddas sorglich in nur mir selbst verständ-licher Schrift Niedergelegte, für den S e t z e rtranskribieren sollte. — —

Nachdem mein bedeutsamster geistigerFührer und Belehrer, der begreiflicherweiseallein für mich „ A u t o r i t ä t ” geworden

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war, bei Gelegenheit eines Besuches, mirzum erstenmal überzeugend klargelegt hatte,daß es mit dem bloßen H i n t e r l a s s e n vonLehrtexten nicht getan sei, sondern daßauf mir die Verpflichtung laste, das Nieder-geschriebene p e r s ö n l i c h , w ä h r e n d m e i -n e s ä u ß e r e n E r d e n d a s e i n s , vor allerWelt zu vertreten, — geriet ich für langeZeit in einen Zustand unsagbarer Be-drückung, da ich Tag um Tag vergeblichnach einer Möglichkeit suchte, ein solchesnotgedrungene Sich-selbst-offenbaren-müs-sen mit meinem geistbegründeten Bedürf-nis nach Verborgenheit und Isolation zuvereinen.

Diesen inneren Plagen vermochte ichmich erst zu entwinden, nachdem mir dergleiche, voll Ehrfurcht geliebte, väterlichegeistige Leiter e r n e u t begegnet war, —diesmal fern von meiner Heimstatt, —und ich dann, während eines Jahres gei-stiger und künstlerischer Arbeit in Grie-chenland, auch noch mit anderen Männern

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bekannt gemacht wurde, deren geistigerBruder ich fortan sein sollte.

Von A t h e n aus sandte ich daraufhinauch das erste kleine Manuskript, unterdem Titel „ Das Licht vom Himavat ” , —vorerst nur mit den drei A n f a n g s b u c h -s t a b e n meines mir von Lehrer und Brü-dern übertragenen geistigen Namens signiert,— probeweise in eine begrenzte Öffent-lichkeit.

Das geschah im Jahre 1913.

Die Aufnahme der kleinen Lehrschriftwar weit besser als ich vorher erwartenzu dürfen glaubte.

Jetzt ist das damals e i n z e l n Veröffent-lichte dem „ Buch der Königlichen Kunst ”wieder einbezogen, dessen Material ich eszuerst entnommen hatte.

Als dann in der Folgezeit fast kein Jahrverging, in dem nicht eines der, wenn auch

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zumeist wenig umfangreichen Bücher vonmir erschien, — oder gar Verschiedenesz u g l e i c h herauskam, — wußten mancheLeser nicht recht, sollten sie solche reicheProduktion bewundern, oder den Autorunter die „ Vielschreiber ” einreihen?

Man konnte ja nicht wissen, wie vielesvon dem, was da so bald nacheinanderherausgegeben wurde, schon viele Jahre lang,fast druckfertig geformt, i n m e i n e mS c h r e i b t i s c h verschlossen lag, oder aberi n G r i e c h e n l a n d , lang vor dem Erschei-nen, niedergeschrieben worden war.

Es gehört dazu: fast alles im „ B u c hv o m l e b e n d i g e n G o t t ” und im „ B u c hv o m M e n s c h e n ” , — fast alles in „ M e h rL i c h t ! ” und im „ B u c h d e r K ö n i g l i c h e nK u n s t ” , sowie manches im „ B u c h d e rG e s p r ä c h e ” , — ganz abgesehen von demvielen, das zwar schon einmal schriftlichniedergelegt war, aber von mir umgeformtwerden mußte, weil es in seiner erstmals

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gegebenen Form nur n a c h m e i n e m T o d ehätte veröffentlicht werden sollen.

Nachdem mir die Aufgabe verpflichtendgeworden war, schon w ä h r e n d m e i n e sä u ß e r e n E r d e n d a s e i n s über alle in mei-nen Büchern zur Sprache kommenden Dingereden zu müssen, konnte das unmöglichin der ehedem gewählten Form einergeistigen H i n t e r l a s s e n s c h a f t geschehen.

Ich erwähne alle diese Dinge hier, weilich zuweilen einer allzu „ literarisch ”eingestellten Auffassung meines lehrendenWirkens begegne, die sich unerlaubt weitvon den gegebenen Tatsachen entfernt.

Mich hat zu keiner Zeit auch nur dermindeste literarische Ehrgeiz geplagt!

Die Dinge über die ich schreibe — trotzihrer Gegenwehr gegen alles Dargestellt-werden — in sprachliche Form zu zwingen,war mir jederzeit härteste, hart verantwort-liche V e r p f l i c h t u n g , deren ich mich nur

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zu gerne entledigt haben würde, wäre dasmöglich gewesen.

Ich schreibe nicht um mich am Schrei-ben zu erfreuen!

N i c h t s von allem, was ich bis zu dieserheutigen Stunde schriftlich gegeben habe,ist etwa „ l e i c h t ” geschrieben worden, wasauch ganz unmöglich wäre, da die fast un-tragbare e w i g e V e r a n t w o r t u n g , die mirnicht abgenommen werden k a n n , mir zurPflicht setzt, nicht nur jeden S a t z , sondernjedes W o r t und jede S i l b e daraufhin zuprüfen, ob sie taugliche Träger des ihnenanvertrauten Inhalts sind, — nicht im l i t e -r a r i s c h e n Sinn, sondern in Bezug auf diein den Worten dargebotene Tragfähigkeitfür s u b s t a n t i e l l G e i s t i g e s !

Überall, wo es nötig wird, sind die vonmir formulierten Sätze, Worte und Silbenmit substantiellem Geistigen — gleichnis-weise gesagt: — „ g e l a d e n ” .

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Ich kann den dazu nötigen, im h ö c h -s t e n Sinne „ magischen ” Vorgang, wederbeschreiben noch lehren, sondern nur dar-auf hinweisen, daß es sich dabei um garnichts Mysteriöses, wohl aber um das Be-nützen der in fast allen Sprachelementenlatent vorhandenen, und beim lauten oderauch nur „ gedachten ” Aussprechen frei-werdenden substantiell geistigen Schwing-ungen handelt.

Viele haben sie bewußt e m p f u n d e n ,ohne zu ahnen, wie die von ihnen wahr-genommene Hilfe in den ihnen dargebotenenWorten „ akkumuliert ” war...

Aus dieser Darlegung eines außerge-wöhnlichen Sachverhalts, — die ich nurmit erzwungener Überwindung begreiflicherScheu vor den Unterstellungen des Unver-standes niederschreiben kann, — ergibt sichschon klar genug: wie man meine Büchern i c h t gebrauchen soll!

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Man soll sie n i c h t wie etwas mehr oderweniger Interessantes, Phantastisches, Seltsa-mes, oder auch vertrauend Hingenommenes,auf die Art „ lesen ” , wie man gemeinhinheute zu lesen pflegt: — also indem mannur noch in S a t z g r u p p e n , — kaum mehrin Sätzen, — liest, und immer schon i r g e n d -w o a n d e r s ist als beim S i n n eines W o r t e s ,das man soeben „ überflogen ” hat. —

Man soll sie nicht lesen in der Meinung,sie seien nach der längst stereotyp gewor-denen Auslegung zu verstehen, die mang e w o h n h e i t s m ä ß i g allem Gelesenen zuteilwerden läßt. —

Ich bin schon aus den oben erwähnten,das s u b s t a n t i e l l e G e i s t i g e betreffendenVerpflichtungen heraus genötigt, sehr oftdas sonst Gewohnte in u n g e w o h n t e r Weiseanzuwenden, weil ja Rhythmen, Vokal- oderKonsonantwiederkehr und Ähnliches, n i c h tnur s t i l i s t i s c h bedingt sind, — ganz ab-gesehen davon, daß ich mir das Recht geben

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muß, die Worte so anzuordnen, die Sätzeso zu gestalten, daß sie m i r s e l b s t das aus-drücken, was ich anderen Menschen ver-mitteln will.

Unmöglich kann ich anders beurteilen,ob ich meiner Pflicht Genüge leiste, odernicht!

Um wirklich das a u f n e h m e n zu können,was in meinen Büchern g e g e b e n ist, wird mans e h r b e d a c h t s a m lesen lernen müssen. —

Allerdings wird sich s o l c h e s Lesen dannl o h n e n !

Beim a l l e r e r s t e n Lesen sollte man sichvorerst noch um nichts anderes kümmern,als um den allgemeinen „ I n h a l t ” , so, wieer sich auch dem e i l f e r t i g e n Leser dar-stellt, der niemals „ Zeit ” hat.

Das Buch, das der Schüler in der Handhält, muß bereits seine Neugier: zu wissen,was drinnen steht, b e f r i e d i g t haben, wenn

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er es dann auf eine a n d e r e Art zu lesenunternimmt, die in seiner ewigen Seele undin seinem eigenen s u b s t a n t i e l l -g e i s t i g e nOrganismus ein helles, beglückendes A u f -k l i n g e n bewirken kann...

Solange eine Stelle in einem meiner Bü-cher, die vom wirklichen ewigen Geiste undden Dingen des substantiellen geistigen Le-bens handelt, noch nicht den f r e u d i g e nW i d e r h a l l weckt, den man empfindet, wennetwas lang Vergessenes, dem voreinst unsereL i e b e gehörte, wieder vor uns genanntwird, — solange ist die betreffende Text-stelle noch nicht verstanden!

Es hat aber gar keinen Zweck, nun überdiese Stelle zu g r ü b e l n , oder gar eine Emp-findung k ü n s t l i c h h e r b e i f ü h r e n zu wol-len, die nun einmal noch nicht von innenher zum Aufklingen kommt.

Auf solche Weise könnten nur die übel-sten Selbsttäuschungen Nahrung erhalten!

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Ist die Empfindung des W i e d e r e r -k e n n e n s , die sogleich volle S i c h e r h e i tgibt, und mit einer tiefen F r e u d e auf-genommen wird, n o c h n i c h t d a , dann lasseman jede solche Textstelle vorläufig aufsich beruhen, und wende sich a n d e r e nzu, die im gegebenen Augenblick etwas zusagen haben.

Der Schüler wird das gleiche Buch nochu n z ä h l i g e m a l e zur Hand nehmen müssen,wenn es ihm geben soll, was es zu gebenhat! —

Durchaus verfehlt wäre es jedoch, wennman sich in den Kopf setzen wollte, diesese i n e Buch in dem man gerade liest, nunsolange i m m e r w i e d e r zu lesen, bis esalles, was es zu geben hat, dargeboten habe.

Auf diese Art würde der Suchende nichtnur nichts erreichen, sondern sich innerlichderart abstumpfen, daß er bestenfalls erstnach Jahren wieder fähig würde, eines der

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Bücher aufgeschlossenen Sinnes und mitNutzen zu lesen.

Man darf mir wahrhaftig glauben, daßes nicht aus Willkür geschah, wenn ich das,was mir zu lehren oder darzustellen oblag,auf die verschieden in sich abgeschlossenenkleinen Bändchen verteilte.

Und wenn ich jeweils ein solches Bänd-chen als „ Buch ” bezeichne, so entsprichtdas durchweg seinem I n h a l t s g u t , dem ichweit leichter in u m f a n g r e i c h e n Darleg-ungen hätte Ausdruck schaffen können,als es in der, zum Besten des Schülersdurchgeführten, auf den knappesten Raumgedrängten Form möglich war.

Wer etwas näher zusieht, der wird nichtnur bemerken, daß es gewiß nicht schwergewesen wäre, den Inhalt eines solchen,wenig umfangreichen „ Buches ” , zum An-laß eines recht voluminösen Bandes werdenzu lassen, — aber man wird bei solcher

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Prüfung auch entdecken, daß es nicht nurseine guten Gründe hatte, weshalb ich stattdessen, dem Menschen unserer Tage, —der „ keine Zeit ” zum Lesen hat, — allesin „ Büchern ” darbot, deren Umfang zub e s c h r ä n k e n meine stete Sorge war, son-dern man wird auch sehen, daß die vonmir getroffene S o n d e r u n g durch p s y c h o -l o g i s c h e Gegebenheiten gerechtfertigt ist.

Wenn einer seine Mitmenschen überpersönliche, vielleicht recht unmaßgeblicheAuffassungen außererdensinnlicher Dingebelehren will, dann kann das gewiß i ne i n e m e i n z i g e n Buche geschehen, das dannzum Volumen eines Lexikonbandes an-schwellen mag, ohne dadurch an Wert zugewinnen oder zu verlieren.

Wenn ich aber Menschen, die in ihresubstantielle G e i s t i g k e i t hinzufinden su-chen, derart führen will, daß sie zu F i n -d e r n werden, dann muß ich mit den durch

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die Art des Ablaufs der Gehirnbewegungengegebenen A u f f a s s u n g s m ö g l i c h k e i t e nim Menschen rechnen, und noch mit vielemAnderen mehr, — so daß ich n u r d a n nHilfe bringe, wenn ich das erstrebte Hoch-ziel immer wieder von a n d e r e r Seite hersehen lasse.

So habe ich denn auch meinem gei-stigen Schüler nur zu raten, daß er sogleichzu einem a n d e r e n meiner Bücher greifenmöge, sobald er bemerkt, daß den ebenaufgenommenen Lehrworten und Schilder-ungen kein inneres Entgegenklingen zuantworten vermag.

Und zwar soll er solchen Wechsel s o o f tvornehmen, bis er bei d e m Buche ange-langt ist, das ihm Werte zu geben hat, dieim gegebenen Zeitpunkt innerlichen W i d e r -h a l l wecken.

Wir sind durchaus nicht zu jeder Zeitimstande, d a s G l e i c h e aufzunehmen!

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Zu verschiedenen Zeiten bedarf es nichtnur verschiedener Ausdrucksgestaltung, son-dern auch einer anderen „ Perspektive ”aus der wir den befragten Gegenstand un-seres Erfahrenwollens erblicken können,soll er uns die von ihm verlangte Antwortgeben.

Da aber nun in meinen einzelnen Bü-chern dem Geistigen immer n e u e r Aus-druck gesucht und gefunden wird, und daich das, was des Geistes ist, auch aus allennur in Betracht kommenden Gesichtspunk-ten heraus betrachten l e h r e , so wird derSuchende nie in Verlegenheit kommen,w e l c h e s meiner Bücher er im gegebenenAugenblick zu wählen hat.

Man wird aber gut tun, das, was inmeinen einzelnen Büchern zu Worte kommt,nicht miteinander zu v e r m i s c h e n !

Alles v e r e i n t sich zwar mit Notwendig-keit Allem, was ich jemals darzustellen im-

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stande bin, aber ich habe es von Anfangan nicht für zwingend nötig erachtet, inallen Büchern streng nach der gleichen Wort-Verwendungsweise zu sprechen, weil solcheAusdrucksbegrenzung mich gezwungen hätte,Allzuvieles ungesagt zu lassen, was zu sa-gen mir am Herzen lag, — nachdem ichwußte, wie sehr die Suchenden seiner be-dürfen.

So könnte es denn, — da ich in meinenBüchern kein „ System ” einer „ Weltanschau-ung ” zu geben trachtete, und jeweils dasgeschilderte Erleben nur als f ü r s i c h g e -s e h e n zu schildern suchte, leicht zu gewißnicht gewollten Irrtümern führen, wenndie Redeweise des einen Buches mit derdes anderen u n t e r m i s c h t werden würde.

Einer tieferen Einsicht wird sich den-noch natürlich bald zeigen, daß alle Aus-sage miteinander im Tiefsten harmoniert,möge sie nun in d i e s e r oder j e n e r Hin-

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sicht auf Besonderes, ihre e i g e n e Betonungtragen.

Immer wieder wird es sich darum han-deln, ob man meine Bücher nur als „ L e s e -s t o f f ” betrachtet, oder in ihnen taugliche,und wahrlich schon von Vielen e r p r o b t eHilfen sieht, um auf den Weg zum Geiste,und zuletzt „ in den Geist ” zu gelangen. —

Als A n w e i s u n g e n , den Weg „ in denGeist ” zu f i n d e n , sind diese Bücher ge-dacht!

Das Motiv meiner Niederschriften lagvon Anfang an sehr ferne dem Wunscheoder der Hoffnung, als Schreibender etwavon anderen Schreibenden beachtet werdenzu wollen.

Es ging mir viel zu sehr um den vonmir selber bestimmten Z w e c k meinesSchreibens, als daß dieses selbst mir be-achtenswert a n s i c h erschienen wäre.

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Ich kann aber freilich keine Wunderwirken, und wenn ich es könnte, würde iches gewiß nicht tun, da ich schon den bloßenWunsch: „ es möge sich ein Wunder er-eignen ” , nicht mit der Struktur des mirerlebensoffenen substantiellen ewigen Gei-stes in Einklang zu bringen vermöchte.

Trotz allem, was ich meinen Büchernmitgegeben habe, genügt es daher nicht,sie nur gelegentlich zur Hand zu nehmen,darin zu blättern, und sich irgend eineStelle eine Zeitlang durch den Kopf gehenzu lassen.

Wenn diese Bücher r i c h t i g gebrauchtwerden sollen, so daß sie zu geben v e r -m ö g e n , was sie zu geben haben, dannmüssen sie s t ä n d i g e L e b e n s b e g l e i t e r desSchülers im Geistigen werden.

Es darf kein Tag vergehen an dem sienicht vernommen würden! —

Das ist schon darum nötig, weil derSuchende sich in einer Z e i t und einer aus

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ihr gezeugten Welt findet, deren Tendenzennoch immer auf Durchdringung und mög-lichste Beherrschung des A l l e r ä u ß e r l i c h -s t e n gerichtet sind, während er selbst seineEigenrichtung auf das A l l e r i n n e r s t e zubewahren suchen muß.

Die heutige Z e i t ist nicht besser undnicht schlechter als irgend eine andere!

Die heutige W e l t ist in jeder BeziehungAusdruck dessen, was der heutige Menschauf Erden d u r c h l e b t haben muß, soll seine,seit vielen Jahrhunderten beibehaltene Stre-bensrichtung ins Ä u ß e r e und A l l e r -ä u ß e r s t e , wieder u m k e h r f ä h i g werdenund sich dem Inneren zuwenden k ö n n e n .

Man darf sich nur eine solche Umkehrnicht wie eine Art „ Massenbekehrung ” vor-stellen!

Was wirklich w a n d l u n g s f ä h i g wurde,wird g a n z u n v e r m e r k t gewandelt, — und

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so stehen wir heute bereits mitten i n d e rV e r w a n d l u n g , während doch die Meistenmeinen, es gehe immer noch w e i t e r nacha u ß e n hin...

Die Augen sind vorerst noch zu sehran das Suchen w e i t d r a u ß e n vermuteter,oder nur erhoffter Horizonte gewöhnt, alsdaß sie heute schon klar zu erkennen ver-möchten, wie v e r k r a m p f t bereits alles Stre-ben ins Äußere, Alleräußerlichste wurde,weil es nur noch peripheres A u s b e b e n -m ü s s e n längst schon in ihre Triebkraft-quelle z u r ü c k g e n o m m e n e r Allmensch-heitsimpulse ist. —

Wie ein kaum noch leuchtendes Kerzen-licht kurz vor dem Erlöschen noch einmalüberhell aufflackert, so feiert heute derTrieb ins Äußere Triumphe die nichtsanderes als Bestätigungen seines E r l ö s c h e n -m ü s s e n s sind, weil die Richtungsumkehrbereits unvermerkt überall dort b e g o n n e nhat, wo sie die ihr gemäßen Bedingungenerfüllt fand.

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Die großen Allmenschheitsimpulse b i e -g e n die Strebenskräfte u m , aber sie b r e -c h e n sie nicht!

In solcher Zeit ist das Denken, Redenund Tun des Einzelnen weitaus bedeutungs-voller als i n m i t t e n der noch n i c h t end-nahen Auswirkung zeitbedingter Allmensch-heitsimpulse.

Mehr als jeder Andere braucht aber derSuchende nach seinem eigenen geistgegebenenSeinsmittelpunkt, in solcher Zeit eine innereErfahrungswelt, in der schon das dem Äus-seren noch Z u k ü n f t i g e , in wirklichkeits-gemäßer Gestaltung w i r k u n g s k r ä f t i g ist...

Diese geistig bestimmte Erfahrungsweltim Innern des Suchenden ihm eröffnen z uh e l f e n , ist eine der vornehmlichsten Auf-gaben meiner Bücher.

Sie können diese Aufgabe aber nur dannerfüllen, wenn der Suchende sie T a g f ü rT a g z u R a t e z i e h t und dabei stets der

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tausendfach erwiesenen Tatsache eingedenkbleibt, daß er sie n i e m a l s zu e r s c h ö p f e nvermag.

Ich darf getrost behaupten, daß einMensch, wenn er viele Jahrhunderte aufErden in seinem Leibe zu leben vermöchteund tagtäglich in innerer Gemeinsamkeitmit meinen Büchern wäre, doch den Tagnicht erleben würde, an dem er behauptendürfte, diese Bücher hätten ihm nichts Neuesmehr zu sagen.

In Zeiten der U m k e h r der allmensch-heitlichen Strebensrichtung hält sich garVieles für sehr fortschrittlich und zu-kunftsbildend, was in Wahrheit nur letzteNachwirkung des bedenklichen Willens zumF e s t h a l t e n des G e w e s e n e n ist.

Daher ist der Suchende immer in Gefahrarger Täuschung, wenn ihm nicht Einsichtenzugänglich sind, die das i n W a h r h e i tZukunftsbildende klar erkennen lassen.

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Solchen Einsichten aber wird er fastauf jeder Seite meiner Bücher begegnen.

Läßt er sich tagtäglich durch sie beraten,dann wird sich ihm die Zukunft i n s e i n e re i g e n e n G e g e n w a r t bereits offenbaren,und er wird M i t s c h ö p f e r des K o m m e n -d e n sein aus e i g e n e m vorempfangenenE r l e b e n !

Dann erst wird er an sich selbst erfahren,daß das irdische Dasein auch in den s c h w e r -s t e n und t r a u r i g s t e n Zeiten seinen „ Sinn ”nicht verlieren kann, — daß es ihn abernicht etwa im D e n k e n und G e d a c h t e nhat, sondern in der Fähigkeit, geistgemäßh a n d e l n zu können.

Wer mir „ Schüler ” im Geistigen seinwill, der ist es keineswegs schon, weil erso d e n k t , wie er mich denken findet oderzu finden g l a u b t , — sondern wird es erstdann, wenn s e i n t ä t i g e s L e b e n sich derartumgestaltet, wie die Ratschläge meiner Bü-cher das nahelegen!

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Kann er sich dann eines Tages sagen,daß diese Bücher ihm zum Anlaß wurden,ein neues, von innerer G e w i ß h e i t und frü-her ungekannter T ä t i g k e i t s f r e u d e erfülltesLeben zu beginnen, und daß er nicht mehrohne die Lehren und Anregungen, die ichfür ihn niederschrieb, leben möchte, —dann hat er meine Bücher gebraucht, „ w i es i e g e b r a u c h t s e i n w o l l e n ” !

Gleich anderen Dingen dieser Welt, wer-den auch Bücher nicht allein durch ihrenE i g e n w e r t zum Segen oder zum Fluch,sondern mehr noch durch die Art, wie mansie g e b r a u c h t .

So hängt denn auch die Auslösung dersubstantiellen geistigen H i l f e die meineBücher zu bringen vermögen, in hohemMaße von der Art des G e b r a u c h e n s durchden Leser ab.

Es gibt nichts auf Erden, was man nichtm i ß b r a u c h e n , — was man nicht seinem

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s e g e n b r i n g e n d e n Gebrauchtwerden ent-fremden könnte! —

Meine Bücher machen da gewiß keineAusnahme.

Wer sie aber heute noch nicht in rechterWeise zu gebrauchen versteht, der lege sielieber einstweilen noch beiseite, bis er sieso zu gebrauchen w e i ß , wie sie es verlangenmüssen.

Er wird n i c h t v e r g e b l i c h auf seinbesseres Verstehenkönnen warten, wenn nurder W i l l e , zu Licht und Klarheit zu kom-men, lebendig bleibt!

Nur s o l c h e Menschen werden durchden Gebrauch meiner Bücher den innerenF r i e d e n finden, die in Wahrheit vor ihremeigenen Gewissen: „ g u t e n W i l l e n s ” sind....

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