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B˛rsen-Zeitung Zeitung fˇr die Finanzmärkte Ausgabe 170 vom 05.09.2015, Seite 5 Kritik am EU-Entwurf fˇr Verbriefungen Haftungsrisiken dˇrften abschreckend wirken B˛rsen-Zeitung, 5.9.2015 fed Brˇssel – Der EU-Gesetzesvor- schlag fˇr Qualitätsstandards von Verbriefungen provoziert bereits vor seiner offiziellen Vorlage Kritik. ,,Die vorläufige Fassung des Vor- schlags der EU-Kommission fˇr den Verordnungsentwurf sorgt bei vie- len, die sich an den Konsultationen beteiligt haben, fˇr Ernˇchterung‘‘, berichtet Michael Rˇtzel, Local Part- ner bei White & Case in Frankfurt. ,,Der Vorschlag ist an vielen Stellen nicht geeignet, den europäischen Markt fˇr Verbriefungen wieder in Schwung zu bringen – obwohl er ja eigentlich genau das zum Ziel hat‘‘, bedauert der Experte fˇr Verbriefun- gen. EU-Kommissar Jonathan Hill will am 30. September eine EU-Verord- nung vorstellen, mit der ein Rechts- rahmen fˇr ,,simple, transparente und standardisierte Verbriefungen‘‘ (STS) geschaffen werden soll. Der Inhalt des vorläufigen Entwurfs ist bereits vor einigen Tagen durchge- sickert (vgl. B˛rsen-Zeitung vom 1. September). Ziel ist es, den europä- ischen Markt fˇr diese Finanzpro- dukte zu revitalisieren. Es sei zwar erfreulich, argumen- tiert Rˇtzel, dass eigene Kriterien fˇr ABCP-Transaktionen – also fˇr besicherte Geldmarktpapiere (Asset Backed Commercial Paper) – vorge- schlagen werden. Allerdings sei nicht nachvollziehbar, warum die Laufzeit der Basiswerte (Under- lyings) auf ein Jahr begrenzt werden solle. ,,Das läuft dem Ziel entgegen, faire Wettbewerbsbedingungen bei- spielsweise gegenˇber Pfandbriefen zu schaffen‘‘, beklagt Rˇtzel. Mit dem Verordnungsentwurf will die EU-Beh˛rde sicherstellen, dass sich Investoren nicht mehr im bishe- rigen Umfang auf die Einschätzun- gen von Ratingagenturen verlassen und daher interne Ratings stärker in den Vordergrund stellen. Zudem wolle die EU-Kommission von den Forderungsverkäufern also den Originatoren – und den Emittenten verlangen, STS-Verbriefungen zu notifizieren und strafbewehrt zu be- stätigen, dass ihre Papiere die Krite- rien erfˇllen. ,,Diese Haftungsver- pflichtung wird allerdings viele ab- schrecken‘‘, warnt der Anwalt. Denn die Beteiligten wˇrden damit hohe Rechtsrisiken eingehen, zumal viele Anforderungen unscharf formuliert seien. So ˇbernehme die Verord- nung unbestimmte Rechtsbegriffe aus den delegierten Rechtsakten zu Solvency II und der Liquidity Cove- rage Ratio, ,,was schon dort nicht zu einer stärkeren Nutzung von Ver- briefungen gefˇhrt hat‘‘. Rˇtzel kritisiert außerdem, dass die EU-Kommission den europä- ischen Aufsichtsbeh˛rden die weite- re Konkretisierung von Kriterien ˇberlassen wolle. ,,Sinnvoller wäre: Wenn schon die Zertifizierung durch eine unabhängige Drittpartei von der EU-Kommission verworfen wird, sollten wenigstens von vornherein die Kriterien klar und eindeutig for- muliert sein, welche Bedingungen fˇr Qualitätsverbriefungen gelten.‘‘ ID: 2015170019

Börsenzeitung - Kritik am EU-Entwurf für Verbiefungen 20150905

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Page 1: Börsenzeitung - Kritik am EU-Entwurf für Verbiefungen 20150905

B˛rsen-ZeitungZeitung fˇr die Finanzmärkte Ausgabe 170 vom 05.09.2015, Seite 5

Kritik am EU-Entwurf fˇrVerbriefungen

Haftungsrisiken dˇrften abschreckend wirkenB˛rsen-Zeitung, 5.9.2015

fed Brˇssel – Der EU-Gesetzesvor-schlag fˇr Qualitätsstandards vonVerbriefungen provoziert bereitsvor seiner offiziellen Vorlage Kritik.,,Die vorläufige Fassung des Vor-schlags der EU-Kommission fˇr denVerordnungsentwurf sorgt bei vie-len, die sich an den Konsultationenbeteiligt haben, fˇr Ernˇchterung‘‘,berichtet Michael Rˇtzel, Local Part-ner bei White&Case in Frankfurt.,,Der Vorschlag ist an vielen Stellennicht geeignet, den europäischenMarkt fˇr Verbriefungen wieder inSchwung zu bringen – obwohl er jaeigentlich genau das zum Ziel hat‘‘,bedauert der Experte fˇr Verbriefun-gen.EU-Kommissar Jonathan Hill will

am 30. September eine EU-Verord-nung vorstellen, mit der ein Rechts-rahmen fˇr ,,simple, transparenteund standardisierte Verbriefungen‘‘(STS) geschaffen werden soll. DerInhalt des vorläufigen Entwurfs istbereits vor einigen Tagen durchge-sickert (vgl. B˛rsen-Zeitung vom 1.September). Ziel ist es, den europä-ischen Markt fˇr diese Finanzpro-dukte zu revitalisieren.Es sei zwar erfreulich, argumen-

tiert Rˇtzel, dass eigene Kriterienfˇr ABCP-Transaktionen – also fˇr

besicherte Geldmarktpapiere (AssetBacked Commercial Paper) – vorge-schlagen werden. Allerdings sei

nicht nachvollziehbar, warum dieLaufzeit der Basiswerte (Under-lyings) auf ein Jahr begrenzt werdensolle. ,,Das läuft dem Ziel entgegen,faire Wettbewerbsbedingungen bei-spielsweise gegenˇber Pfandbriefenzu schaffen‘‘, beklagt Rˇtzel.Mit dem Verordnungsentwurf will

die EU-Beh˛rde sicherstellen, dasssich Investoren nicht mehr im bishe-rigen Umfang auf die Einschätzun-

gen von Ratingagenturen verlassenund daher interne Ratings stärkerin den Vordergrund stellen. Zudemwolle die EU-Kommission von denForderungsverkäufern – also denOriginatoren – und den Emittentenverlangen, STS-Verbriefungen zunotifizieren und strafbewehrt zu be-stätigen, dass ihre Papiere die Krite-rien erfˇllen. ,,Diese Haftungsver-pflichtung wird allerdings viele ab-schrecken‘‘, warnt der Anwalt. Denndie Beteiligten wˇrden damit hoheRechtsrisiken eingehen, zumal vieleAnforderungen unscharf formuliertseien. So ˇbernehme die Verord-nung unbestimmte Rechtsbegriffeaus den delegierten Rechtsakten zuSolvency II und der Liquidity Cove-rage Ratio, ,,was schon dort nichtzu einer stärkeren Nutzung von Ver-briefungen gefˇhrt hat‘‘.Rˇtzel kritisiert außerdem, dass

die EU-Kommission den europä-ischen Aufsichtsbeh˛rden die weite-re Konkretisierung von Kriterienˇberlassen wolle. ,,Sinnvoller wäre:Wenn schon die Zertifizierung durcheine unabhängige Drittpartei vonder EU-Kommission verworfenwird,sollten wenigstens von vornhereindie Kriterien klar und eindeutig for-muliert sein, welche Bedingungenfˇr Qualitätsverbriefungen gelten.‘‘

ID: 2015170019