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Aktuelle politische Themen, verständlich erklärt: Das sind die Brennpunkte der Welthungerhilfe.
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1
BRENNPUNKT 27/2012 Politisches Pulverfass Sahel
BRENN PUNKT
Schon zum dritten Mal in einem Jahrzehnt
droht dieses Jahr eine akute Ernährungskrise
in der Sahel-Zone. Verschiedene Frühwarn-
systeme sagen voraus, dass der Höhepunkt
der Krise Mitte des Jahres eintreten wird.
Dann nämlich werden die wenigen Vorräte
der überwiegend von bäuerlicher Subsistenz-
wirtschaft lebenden Bevölkerung in den be-
troffenen Gebieten zu Ende gehen und die
nächste Ernte hat noch lange nicht begon-
nen.
Die regelmäßig auftretenden Dürren lassen
den Bauern kaum Zeit, sich von der vorheri-
gen Krise zu erholen. Ihre Ersparnisse sind
aufgebraucht und der Bestand ihrer Viehher-
den ist reduziert. Sie sind äußerst verwund-
bar, ihre traditionellen Bewältigungsstrate-
gien sind erschöpft und sie müssen auf nega-
tive Bewältigungsstrategien wie Migration,
die Veräußerung von Betriebsmitteln wie
Zugtiere und Arbeitsgerät, Fahrrädern und
Land, den Verzehr von qualitativ schlechten
Nahrungsmitteln und von Saatgut etc. zu-
rückgreifen. Die Zahl der Kinder, die nicht
mehr die Schule besuchen, steigt.1
Schon jetzt befinden sich rund 8 Millionen
Menschen in einem Stadium akuter Ernäh-
rungsunsicherheit und sind auf Nothilfe an-
gewiesen. Das Risiko besteht, dass noch
einmal die gleiche Zahl von Menschen sich
nicht mehr ausreichend ernähren kann. Ge-
schätzte 1 Million Kinder werden dieses Jahr
an Unterernährung (Severe Acute Malnutriti-
on – SAM) leiden.2 Schwere Entwicklungs-
schäden werden die Folge sein.
Die internationale Gemeinschaft hat bereits
erhebliche Anstrengungen unternommen, um
der drohenden Krise zu begegnen. Allein, die
Maßnahmen reichten bisher nicht aus, um
die Krise abzuwenden. Das Welternährungs-
programm (WFP) bereitet sich derzeit darauf
vor, in den nächsten Monaten 570.000 Ton-
1 WFP 2012 : 1
2 European Commission 2012: 1
Politisches Pulverfass Sahel Bewaffnete Konflikte bedrohen Ernährungssicherheit
Schon seit November vergangenen Jahres warnen Hilfsorganisationen, darunter auch die
Welthungerhilfe, vor einer drohenden Nahrungsmittelkrise im Sahel. Trotz verschiedener
Präventivmaßnahmen – die internationale Gemeinschaft hat dieses Mal unter dem Eindruck
der Krise am Horn von Afrika schneller und entschlossener gehandelt – spitzt sich die Krise
zu. Die bereit gestellten Mittel und Maßnahmen reichen nicht aus. Rund 8 Millionen
Menschen in Mali, Niger, Burkina Faso, Mauretanien, Senegal und Tschad befinden sich
bereits in einem Stadium akuter Ernährungsunsicherheit, weitere 7 Millionen drohen
hinzuzukommen. Die Ursachen der Krise sind komplex. Vordergründiger Auslöser sind
zahlreiche aufeinander folgende schwache bzw. unregelmäßige Regenfälle in den
vergangenen Jahren. Andere Faktoren wie hohe Nahrungsmittelpreise, die Folgen des Kriegs
in Libyen und andauernde Migrationsbewegungen erhöhen die Vulnerabilität der Bevölkerung
zusätzlich. Um die drohende Hungersnot abzuwenden, müssen die Anstrengungen der
internationalen Gemeinschaft drastisch erhöht werden. Gleichzeitig müssen auch die
strukturellen Probleme der Region in Angriff genommen werden.
2
BRENNPUNKT 27/2012 Politisches Pulverfass Sahel
nen Nahrungsmittel zu verteilen. Bisher steht
hierfür jedoch nur rund die Hälfte der benö-
tigten finanziellen Mittel zur Verfügung. 3
Genug Nahrungsmittel, aber zu hohe Preise
Ein wichtiger Grund für die Ernährungskrise
sind zeitlich verschobene und ausbleibende
Regenfälle in einigen Regionen. So leiden
insbesondere die Regionen Kayes, Koulikoro
und Mopti in Mali, Zentralsenegal, der Nor-
den, Osten und das nördliche Zentrum von
Burkina Faso, der gesamte Niger abgesehen
von den Regionen Maradi und Dosso sowie
die Regionen Logone und Tandjilé im
Tschad, einige Gebiete in Mauretanien und
Gambia sowie der Norden, das westliche und
das östliche Zentrum des Senegals unter
signifikanten Dürre bedingten Ernterückgän-
gen.4
Hinzu kommt ein eklatantes Defizit an Fut-
termitteln für das Vieh im gesamten Sahel.
Der niedrige Wasserstand des Nigerflusses
und die damit ausbleibende Überflutung von
Weideflächen führten zu früheren Wanderbe-
wegungen von Pastoralisten aus Mali, Niger,
Tschad und Mauretanien in die südlich gele-
genen Nachbarländer. Überweidung und
massive Konflikte mit sesshaften Bauern
werden die voraussichtliche Folge sein.
Die Ursachen der drohenden Krise allein in
ausbleibenden oder unregelmäßigen Regen-
3 WFP (2012)
4 UN-OCHA (2012a): 6
zeiten und schlechten Ernten zu suchen,
würde allerdings zu kurz greifen. Zwar folgte
eine schlechte Regenzeit im vergangenen
Jahrzehnt der nächsten – möglicherweise
auch als Folge des Klimawandels - doch fiel
die letzte Ernte in West-Afrika und der Sahel
Zone mit geschätzt 55.451.000 Tonnen
sogar um 4 Prozent besser als der Durch-
schnitt der vergangenen 5 Jahre aus.5 Im
Jahr 2010 wurde sogar eine Rekordernte
eingebracht.
Das Problem ist, dass der Regen in den ver-
schiedenen Regionen äußerst ungleich ver-
teilt fiel und damit auch die Ernten unter-
schiedlich ertragreich waren. Prinzipiell kön-
nen die Märkte in der Region den von der
Dürre bedingten Mangel an Nahrungsmitteln
in einigen Regionen ausgleichen. Das heißt
es sind genug Nahrungsmittel in der Region
vorhanden und diese erreichen auch fast alle
lokalen Märkte. Nur verfügen die Menschen
in abgelegenen Regionen nicht über genug
Einkommen, um ausreichend Nahrungsmittel
zuzukaufen. Die Ernährungskrise wird also
überwiegend nicht durch eine begrenzte
Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln verur-
sacht, sondern aufgrund von erschwertem
Zugang zu Nahrungsmitteln, weil die Preise
so hoch sind. Tatsächlich bewegen sich die
Preise für Nahrungsmittel in vielen Ländern
des Sahels auf höherem Niveau als gewöhn-
lich. Laut dem „Famine Early Warning Sys-
tem Network“ (FEWS-Net) liegen die Preise
für Getreide derzeit um rund 20 Prozent und
mehr über dem Durchschnitt. In einigen
Regionen berichten Welthungerhilfe-
Mitarbeiter von Preissteigerungen, die deut-
lich höher liegen. Während sich die Preise im
Februar und März zu stabilisieren schienen,
waren im April wieder hohe Preissteigerungs-
raten zu beobachten. Die hohen Preise tref-
fen vor allem die armen und sehr armen
Haushalte. Sie können sich keine Nahrungs-
mittel mehr leisten.6
Ob sich das Niveau der Nahrungsmittelpreise
weiter erhöht, hängt unter anderem auch von
5 UN-OCHA (2012a): 6
6 FEWS Net (2012a und 2012b)
Karte der wahrschein-
lichsten Entwicklung
der Ernährungssituati-
on zwischen Juli und
September 2012
Quelle: FEWS Net
2012
3
BRENNPUNKT 27/2012 Politisches Pulverfass Sahel
der politischen Lage in der Sahel-Region und
insbesondere in Mali ab.
Politisches Pulverfass Sahel
Ein rund 3.000.000 km² messendes wüsten-
artiges Gebiet, das sich über mehrere Län-
dergrenzen in der nördlichen Sahelzone hin-
weg erstreckt, hat sich zu einem rechtsfreien
Raum und zu einem Umschlagplatz für Dro-
gen sowie illegalem Waffen-, Personen- und
Autohandel entwickelt. Keinem der Sahel
Staaten gelingt es, sein gesamtes Territorium
zu kontrollieren. Ein undurchsichtiges Ge-
flecht von politisch und ökonomisch motivier-
ten bewaffneten Gruppen operiert von hier
aus.
Zu den wichtigsten Gruppierungen gehört die
2011 gegründete Bewegung zur Befreiung
von Azawad (Mouvement National de Libéra-tion de l’Azawad - MNLA). Die sich überwie-
gend aus Tuareg aus dem Norden von Mali
zusammensetzende Bewegung kämpft für die
Abspaltung der Region Azawad von Mali und
für die Errichtung eines
Tuareg-Staates. Grund
dafür ist auch die ekla-
tante Unterentwicklung
der Region. Zwischen
Januar und April brach-
te sie mehrere Städte
im Norden von Mali – darunter auch Timbuk-
tu – unter ihre Kontrolle. Unterstützt wird sie
dabei von der Gruppe Ansar Dine, die sich für die Einführung der Scharia in Mali einsetzt.
Der Machtverlust der malischen Regierung im
Norden des Landes führte im März zu einem
Putsch des Militärs mit dem Ziel, den Auf-
stand der Tuareg unter Kontrolle zu bringen.
Unter dem Druck der Nachbarländer überga-
ben die Streitkräfte aber im April die Macht
wieder an eine zivile Übergangsregierung
unter Parlamentspräsident Diouncounda
Traoré. Dieser sollte noch im Mai freie Wah-
len organisieren. Aufgrund der angespannten
Lage konnte dieser Plan jedoch nicht umge-
setzt werden. Wann demokratische Wahlen
stattfinden können, ist weiter unklar. Die
Spannungen in der Hauptstadt Bamako stei-
gen indes – auch weil Traoré als Vertreter des
alten und korrupten Systems gilt und von
Teilen der Bevölkerung nicht akzeptiert wird.7
Eine weitere wichtige Gruppierung, die in der
Sahel-Zone zunehmend Fuß fasst und die in
engem Kontakt zu Ansar Dine steht, ist Al Qaida im Maghreb (AQIM). Die auf den Bür-
gerkrieg in Algerien zurückgehende und ur-
sprünglich unter dem Namen „Groupe Sa-
lafiste pour la Prédication et le Combat“
(GSPC) operierende Gruppe hat sich dem
Djihadismus verschrieben. Ihr werden Kon-
takte zur von Osama Bin Laden gegründeten
Al Qaida nachgesagt. Im Jahr 2007 verübte
sie Anschläge auf den Amtssitz des algeri-
schen Ministerpräsidenten und ein Polizei-
kommissariat im Osten von Algier. In den
vergangenen Jahren trat die Gruppe insbe-
sondere durch die Entführung von Touristen
in der Sahel Region in die öffentliche Auf-
merksamkeit.8
Immer mehr entwickelt sich die Sahel Zone
auch zum Rückzugsgebiet von bewaffneten
Gruppen, die in den Nachbarländern kämp-
fen. So flohen hunderte Kämpfer der radikal-
islamischen Gruppe Boko Haram aus Nigeria
in den Niger und Tschad. Auch die Al-
Shabab Milizen suchen aufgrund von Gefech-
ten mit der äthiopischen und kenianischen
Armee zunehmend Zuflucht in der Sahel-
Zone.
Seit dem Ende des Libyen-Krieges hat sich
die Situation noch zugespitzt. Rund 400.000
Migranten, meist junge Männer ohne Zu-
kunftsperspektive, kehrten in die Sahel-Zone
zurück. Sie müssen nun von Ihren Familien
ernährt werden und erhöhen das Problem der
mangelnden Verfügbarkeit von Nahrungsmit-
teln. Aufgrund ihrer prekären Lage lassen sie
sich leicht von bewaffneten Gruppen rekrutie-
ren. Hinzu kommt die Tatsache, dass sich
unter den Rückkehrern auch zahlreiche Tua-
reg befanden, die als Söldner für Gaddafi
gekämpft hatten und die sich nun anderen
bewaffneten Gruppen anschließen. Mit den
7 Leymarie (2012)
8 Zandt (2012): 2
Seit dem Ende des Libyen-
Krieges hat sich die Situation
zugespitzt“
4
BRENNPUNKT 27/2012 Politisches Pulverfass Sahel
Rückkehrern gelangten auch Waffen aus dem
Libyenkrieg
in die Sahel-Zone.9
Sicherheitslage verschärft Ernährungskrise
Die angespannte Sicherheitssituation wirkt
sich in verschiedener Weise negativ auf die
Ernährungslage im gesamten Sahel aus. 10
• Durch den Konflikt im Norden von Mali
werden Handelsrouten im Land selber
und zwischen den Ländern der Sahel-
Zone teilweise unterbrochen. Sowohl lo-
kale als auch grenzübergreifende Märkte
werden nur eingeschränkt mit Nah-
rungsmittel versorgt - mit der Folge von
weiter steigenden Preisen in den be-
troffenen Gebieten.
• Die traditionellen Migrationsrouten der
Pastoralisten wurden durch den Konflikt
im Norden von Mali unterbrochen. Der-
zeit werden große Mengen Vieh in Rich-
tung Süd-Mali und Burkina Faso, Maure-
tanien und Niger getrieben, wo Futter
und Nahrungsmittel sowie Wasser so
knapp sind, dass ihr Überleben teilweise
gefährdet ist. Auch gibt es schon erste
Konflikte zwischen ansässigen Bauern
und den Rindernomaden, die oft tödlich
ausgehen.
• Die Möglichkeiten der Menschen, Arbeit
und Einkommen jenseits der Landes-
grenzen zu suchen, eine traditionelle
Bewältigungsstrategie im Fall von Krisen,
sind durch den Konflikt eingeschränkt.
• Seit Januar wurden mehr als 240.000
Menschen aus dem Norden von Mali ver-
trieben. Etwa die Hälfte von ihnen kam
in den Nachbarländern unter. Die Flücht-
linge sind dringend auf Hilfe von außen
angewiesen.
• Aufgrund der prekären Sicherheitssitua-
tion können viele Flüchtlinge und intern
Vertriebene nicht von Hilfsorganisationen
erreicht werden. Es gibt bereits Berichte
über Plünderungen von Lagern.
9 Leymarie (2012)
10 Vgl. auch Oxfam et al. (2012)
Das Famine Early Warning System Network
(FEWS-Net) der amerikanischen Entwick-
lungsorganisation USAID prognostiziert, dass
bei einer weiteren Eskalation des Konfliktes
zwischen der malischen Regierung und den
Rebellen der MNLA die Ernährungssituation
in Mali sich drastisch verschlechtern wird.11
Auf vielen Ebenen ansetzen
Eine adäquate Antwort auf die Ernährungs-
krise muss an verschiedenen Stellen anset-
zen. Besonders wichtig sind aus Sicht der
Welthungerhilfe folgende Forderungen:
1. Fest steht, dass eine dauerhafte Lösung
der Krise nur möglich sein wird, wenn
sich auch die Sicherheitssituation in der
Sahel-Zone verbessert. Die derzeit unter-
nommenen Bemühungen der internatio-
nalen Gemeinschaft und einzelner Staa-
ten (u.a die USA, Frankreich und die
EU), die Sicherheitssituation mit militä-
rischen Mitteln anzugehen – entweder
durch die finanzielle Unterstützung des
Ausbaus von Militär und Polizeiapparat
in verschiedenen Ländern oder aber auch
durch direkte militärische Manöver wie
etwa die "Pan Sahel Initiative" und
"Trans-Sahara Counterterrorism Part-
nership" - haben sich allerdings bislang
als wenig erfolgreich erwiesen. Außerdem
gehen diese Bemühungen an den Ursa-
chen vorbei. Denn diese liegen wie im
Fall des Tuareg-Aufstands vor allem in
der Armut und Unterentwicklung der Re-
gion. Trotz der zunehmenden Rufe nach
militärischem Engagement in der Sahel-
Zone sollte die Bundesregierung daher
im Sicherheitsbereich eher auf friedens-
schaffende Maßnahmen setzen wie etwa
die Demobilisierung von Kämpfern aus
Libyen.
2. Neben friedenspolitischen Maßnahmen
ist die langfristige Investition in Entwick-
lungsmaßnahmen unabdingbar für eine
Stabilisierung der Region und die Ver-
besserung der Ernährungssituation der
Menschen in der Sahel Zone. Die Krise
im Sahel erscheint zwar akut, sie ist aber
in erster Linie chronisch. Schon in „nor-
11 FEWS-Net (2012b)
Welthungerhilfe im
Sahel Die Welthungerhilfe arbeitet seit den siebziger Jahren in verschiedenen Ländern der Sahel-Zone. Derzeit ist die Welthungerhilfe in Burkina Faso, Mali und Niger tätig. Sektorale Schwerpunkte der Arbeit sind landwirtschaftli-che Entwicklung, Ernäh-rungssicherung, Wasser- und Sanitärversorgung, Zivilgesellschaft, Gleichstel-lung von Männern und Frauen. Darüber hinaus unterstützt die Welthungerhilfe in Burkina Faso das Millenni-umsdorf Kongoussi. Im Rahmen der Millenni-umsdörfer Initiative leistet die Welthungerhilfe ge-meinsam mit den Dorfbe-wohnern einen Beitrag zur Erreichung von einem oder mehreren der Millenniums-entwicklungsziele. Das Millenniumsdorf in Kon-goussi existiert seit 2006. Nach der ersten Projektpha-se, die im Jahr 2010 ende-te, konnten bereits deutli-che Verbesserungen der Lebenssituation der Dorf-bewohner festgestellt wer-den, z.B. im Hinblick auf die wirtschaftliche Situati-on, auf Einschulungsquoten und den Gesundheitszu-stand.
5
BRENNPUNKT 27/2012 Politisches Pulverfass Sahel
malen“ Jahren sterben in der Sahel Zone
226.000 Kinder an Unterernährung. An-
gesichts von über 3 Prozent Bevölke-
rungswachstum, Umweltzerstörung, ho-
her Korruption und schlechter Regie-
rungsführung ist die nächste Krise ab-
sehbar. Die Bundesregierung sollte daher
vermehrt in die ländliche Entwicklung
und eine standortgerechte Landwirt-
schaft in den Ländern der Sahel Zone in-
vestieren. Sie sollte lokale Märkte stär-
ken und Infrastrukturmaßnahmen för-
dern, die den Transport und die Lage-
rung von Nahrungsmitteln ermöglichen.
Darüber hinaus sollte sie die Regierun-
gen der Länder der Sahel Zone dazu auf-
fordern, Ernährungssicherung zu einer
prioritären Aufgabe zu machen. Dazu ge-
hören Investitionen in die kurzfristige
Krisenprävention, z.B. durch die Verbes-
serung von Lagerhaltung, das Anlegen
von Finanzreserven und den Ausbau von
Krisenmanagementsystemen. Besonders
wichtig ist es aber auch, die langfristige
Stabilisierung der Situation in Angriff zu
nehmen. Die Aufwertung ländlicher
Räume und eine integrierte, transparente
und partizipative Regionalpolitik, die den
Agrarsektor besonders berücksichtigt und
dezentrale Strukturen für effiziente öf-
fentliche Dienstleistungen fördert wäre
hier ein wichtiger Schritt.
3. Aufgrund der geringen Investitionen in
langfristige Entwicklungsmaßnahmen ist
angesichts der akuten Not die zügige Be-
reitstellung von finanziellen Mitteln für
die drohende Katastrophe notwendig.
Laut Vereinten Nationen stehen für die
Sahel Krise mit rund 565 Millionen Dol-
lar derzeit nur 35% der benötigten Mit-
tel (rund 1,5 Milliarden Dollar) bereit
(Stand 29.5.2012, 16.30 Uhr). Diese
Finanzierungslücke muss unbedingt zü-
gig geschlossen werden. Eine Studie von
Oxfam und Save the Children aus dem
Jahr 2011, die im Zuge der Hungersnot
am Horn von Afrika erstellt wurde, zeigt,
dass sehr viel mehr Leben zu sehr viel
geringeren Kosten hätten gerettet werden
können, wenn die Mittel schon Monate
vor dem Ausbruch der akuten Hungers-
not bereit gestellt worden wären. Noch
kann das Schlimmste in der Sahel Regi-
on verhindert werden.
6
BRENNPUNKT 27/2012 Politisches Pulverfass Sahel
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rad Adenauer Stiftungrad Adenauer Stiftungrad Adenauer Stiftungrad Adenauer Stiftung
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Autorin
Katrin RadtkeKatrin RadtkeKatrin RadtkeKatrin Radtke
Referentin Humanitäre HilfeReferentin Humanitäre HilfeReferentin Humanitäre HilfeReferentin Humanitäre Hilfe
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