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c Doris Samm 2015 1 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen 1 Der Versuch im ¨ Uberblick Wir sehen mit unseren Augen. Manchmal funktioniert das gut: Wir sehen alles gestochen scharf. Manchmal erscheinen Buchstaben unscharf, und man braucht zur Korrektur der mangelhaften Abbildungseigenschaften der Augen eine Brille. Brillen bestehen - abgesehen von einem modischen Gestell - aus Linsen, die Lich- strahlen so geschickt auf die Netzhaut lenken, dass der Mensch ein scharfes Bild sieht: Der Brennpunkt f¨ allt mit der Netzhaut zusammen (Abb. 1). Abbildung 1: Das kurzsichtige Auge wird mit Hilfe einer Brille normalsichtig. Linsen k¨ onnen noch vielmehr. Linsen, eingebaut in einem Teleskop, verhelfen uns zu Einblicken ins Universum. Sonnen und Nebel, die so weit entfernt sind, dass das menschliche Auge sie nicht erkennen kann, werden sichtbar (Abb. 2). Abbildung 2: Ein Teleskop macht Staubnebel und weit entfernte Sterne sichtbar. Auch im Kleinem verhelfen uns Linsen - eingebaut in einem Mikroskop - zu einem Blick in die Materie (Abb. 3).

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c⃝Doris Samm 2015 1

Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

1 Der Versuch im Uberblick

Wir sehen mit unseren Augen. Manchmal funktioniert das gut: Wir sehen allesgestochen scharf. Manchmal erscheinen Buchstaben unscharf, und man brauchtzur Korrektur der mangelhaften Abbildungseigenschaften der Augen eine Brille.

Brillen bestehen - abgesehen von einem modischen Gestell - aus Linsen, die Lich-strahlen so geschickt auf die Netzhaut lenken, dass der Mensch ein scharfes Bildsieht: Der Brennpunkt fallt mit der Netzhaut zusammen (Abb. 1).

Abbildung 1: Das kurzsichtige Auge wird mit Hilfe einer Brille normalsichtig.

Linsen konnen noch vielmehr. Linsen, eingebaut in einem Teleskop, verhelfen unszu Einblicken ins Universum. Sonnen und Nebel, die so weit entfernt sind, dass dasmenschliche Auge sie nicht erkennen kann, werden sichtbar (Abb. 2).

Abbildung 2: Ein Teleskop macht Staubnebel und weit entfernte Sterne sichtbar.

Auch im Kleinem verhelfen uns Linsen - eingebaut in einem Mikroskop - zu einemBlick in die Materie (Abb. 3).

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2 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Abbildung 3: Ein Mikroskop gewahrt uns Einblicke in den Mikrokosmos.

Doch technisch gefertigte Linsen konnen Fehler aufweisen. Sei es, dass Linsen nurdie Mitte eines Objektes scharf abbilden oder Farben verfalscht wiedergeben.

In dem Praktikumsversuch sollen Sie das Abbildungsverhalten von Linsen expe-rimentell uberprufen und die Brennweite einer Sammellinse messen. Zum Prak-tikumsversuch gehoren ebenfalls Untersuchungen von Abbildungsfehlern, wie diechromatische und die spharische Aberration.

2 Grundlagen

Licht ist eine elektromagnetische Welle, die sich von anderen elektromagnetischenWellen, z. B. Radio- oder Mikrowellen, lediglich durch ihre Wellenlange bzw. ih-re Frequenz unterscheidet. Das sichtbare Spektrum der elektromagnetischen Wel-len liegt im Wellenlangenbereich zwischen λ ≈ 400 nm und λ ≈ 780 nm. DieWellenlange λ ist mit der Frequenz f und der Ausbreitungsgeschwindigkeit c derelektromagnetischen Welle − etwas ungenau als Lichtgeschwindigkeit bezeichnet− durch

c = fλ

verknupft. Im Vakuum gilt fur die Ausbreitungsgeschwindigkeit elektromagneti-scher Wellen c = c0 ≈ 3 · 108 m/s. Somit erhalt man fur die Frequenzen dessichtbaren Spektrums Werte, die zwischen f = 3, 8 · 1014 s−1 und 7, 9 · 1014 s−1

liegen.

Elektromagnetische Wellen − und somit auch das Licht − sind elektromagnetischeFelder, die sich in Raum und Zeit ausbreiten. Die Ausbreitung kann klassisch mitHilfe der Maxwell’schen Gleichungen erklart werden. Insbesondere ist es moglich,

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alle Gesetze der Optik aus den Maxwellschen Gleichungen herzuleiten. Dies istaber nur mit großem Aufwand zu leisten. Unter bestimmten Bedingungen ist esnicht notig, die Welleneigenschaften von Licht zu berucksichtigen, namlich dann,wenn die Dimensionen von optischen Instrumenten, wie z. B. Linsen, Spiegeln undBlenden, groß verglichen mit der Wellenlange des Lichts sind. In diesem Fall spielendie typischen Wellenerscheinungen wie die Superposition von Wellen, welche zuInterferenzen bzw. zu Beugungserscheinungen fuhren, keine Rolle. Die Effekte desLichts lassen sich dann mit Hilfe der geometrischen Optik beschreiben.

Die geometrische Optik oder Strahlenoptik beruht auf der Vorstellung, dass Lichtmit Hilfe von Lichtstrahlen beschrieben werden kann, die sich geradlinig ineinem homogenen Medium ausbreiten.

Was aber definiert man zu einem Lichtstrahl? Nehmen wir als Beispiel eine punkt-formige Lichtquelle, die eine kugelformige Welle aussendet. Zur Darstellung derWelle zeichnen wir Oberflachen durch Punkte gleicher Phase, z. B. Wellenbergeoder Wellentaler. Die Oberflachen gleicher Phase nennt man Wellenfronten. InAbb. 4 ist eine zweidimensionale Ansicht von moglichen Wellenfronten gezeigt.

Abbildung 4: Wellenfronten und Lichtstrahlen einer punktformigen Lichtquelle.

In dieser zweidimensionalen Ansicht einer kugelformigen Welle sind die Wellen-fronten konzentrische Kreise. Der Abstand zwischen gleichen Wellenfronten (z. B.Wellenberge oder Wellentaler) entspricht der Wellenlange λ, der raumlichen Pe-riode der Welle. Die radialen Linien, die von der punktformigen Lichtquelle nachaußen zeigen, sind senkrecht zu den Wellenfronten und werden (Licht-)Strahlengenannt. Die Lichtstrahlen zeigen in Ausbreitungsrichtung der Welle.

In Abb. 5 ist ein kleiner Bereich zweier benachbarter kugelformiger Wellenfrontendargestellt.

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4 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Abbildung 5:Wellenfronten einer kugelformiger Welle in verschiedenen Abstanden.

In großen Abstanden von der punktformigen Lichtquelle erscheinen die Wellen-fronten immer weniger gekrummt und nahern sich einer flachen Oberflache. Wel-len, deren Fronten flach oder eben erscheinen, nennt man ebene Wellen. Da dieLichtstrahlen immer senkrecht zu den Wellenfronten sind, bedeutet dies, dass sieparallel zueinander sind (Abb. 6).

Abbildung 6: Wellenfronten von parallelen Lichtstrahlen

Das Modell der Lichtstrahlen spielt eine große Rolle im Verstandnis der Eigen-schaften von Linsen.

Um die optischen Eigenschaften von Linsen berechnen zu konnen, benotigen wir dasSnellius’sche Brechungsgesetz. Es macht Aussagen uber das Verhalten von Licht(und jeder anderen elektromagnetischen Welle), wenn es von einem transparentenMedium in ein anderes ubergeht.

2.1 Brechung des Lichts

Fallt ein Lichtstrahl schrag auf eine Grenzflache zwischen zwei verschiedenen Me-dien, so wird die Richtung des Strahls an der Grenzflache geandert: Der Strahlwird gebrochen (Abb. 7).

Der Zusammenhang zwischen Einfallswinkel α1 und Brechungswinkel α2, beiderelativ zum Lot der Grenzflachen gemessen, wurde von Snellius (eigentlich Snelvan Royen) gefunden. Das Brechungsgesetz lautet:

sinα1

sinα2

=n2

n1

. (1)

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Abbildung 7: Brechung an einer Grenzflache.

Dabei sind n1 und n2 die Brechzahlen der beiden Medien. Sie sind die Quotientenzwischen der Lichtgeschwindigkeit c0 im Vakuum und der Lichtgeschwindigkeit c1und c2 in den beiden Medien:

n1 =c0c1, n2 =

c0c2

. (2)

Die Ursache der Brechung liegt also in den unterschiedlichen Ausbreitungsge-schwindigkeiten des Lichts in den verschiedenen Medien.

2.2 Linsen

Linsen sind Korper aus durchsichtigem Material mit einer Brechzahl n2, die aufbeiden Seiten von Kugelflachen von einem anderen Medium mit der Brechzahl n1

(im allgemeinen Luft) begrenzt sind. Die Verbindungslinie der Kugelmittelpunkteheißt optische Achse. Man unterscheidet grundsatzlich zwischen Sammel- undZerstreuungslinsen. Verschiedene Linsen lassen sich in beliebiger Weise (je nachgewunschter Abbildungseigenschaft) zu Linsensystemen kombinieren.

2.2.1 Bildkonstruktion bei einer Sammellinse

Sammellinsen − auch Konvexlinsen genannt − sind in der Mitte dicker als amRand. Man unterscheidet zwischen folgenden Linsen (der Index 1 bezieht sich aufdie linke und der Index 2 auf die rechte Linsenflache):

bikonvex r1 > 0 r2 < 0 (Abb. 8a),plankonvex r1 = ∞ r2 < 0 (Abb. 8b),konkavkonvex r1 < 0 r2 < 0, |r1| > |r2| (Abb. 8c).

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6 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Abbildung 8: Verschiedene Arten von Sammellinsen.

Die verschiedenen Linsentypen werden nach Große und Vorzeichen der Krummungs-radien ri klassifiziert. Der Krummungsradius wird als positiv definiert, wenn derKrummungsmittelpunkt auf der der Lichtquelle abgewandten Seite der Grenzflacheliegt (M1)(Abb. 9). Er ist negativ, wenn er auf der Seite der Lichtquelle (M2) liegt.

Abbildung 9: Vorzeichendefinition der Krummungsradien.

Fur die Brechung der Lichtstrahlen ist die Krummung der Linsenoberflache vonentscheidender Bedeutung. Bevor der Zusammenhang zwischen Abbildungseigen-schaften und Krummungsradien erlautert wird, sei auf eine wesentliche Eigenschaftvon Linsen hingewiesen. Fallen namlich Lichtstrahlen parallel zur optischen Achseauf eine (dunne) Sammellinse, werden die Lichtstrahlen durch Brechung konver-gent gemacht und im Brennpunkt F vereinigt (Abb. 10). Der Abstand des Brenn-punktes von der Linsenmitte heißt Brennweite f . Den Kehrwert der Brennweitebezeichnet man mit Brechkraft D und misst diese in Dioptrie (1dpt = 1 m−1).

Die Brennweite ist direkt mit den Krummungsradien verknupft. Fur dunne Linsengilt die sogenannte Linsenmacher-Formel (ohne Beweis):

1

f= (n− 1)(

1

r1− 1

r2) , (3)

wobei r1 und r2 die Krummungsradien der vorderen bzw. hinteren Linsenflachesind und n die Brechzahl des Linsenmaterials ist.

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Abbildung 10: Parallele Lichtstrahlen werden im Brennpunkt F vereinigt.

Zu bemerken sei weiterhin, dass in Gleichung (3) davon ausgegangen wird, dassdie Linsen sich im Vakuum (≈ Luft) befinden, also die Brechzahl der UmgebungnM = 1 ist. Fur Medien mit nM = 1 muss man in Gleichung (3) n als die relativeBrechzahl nL/nM interpretieren, wobei nL die Brechzahl der Linse ist.

Nun zur Bildkonstruktion einer Sammellinse. Eine Sammellinse hat die Eigen-schaft, das von einem Gegenstand G ausgehende Licht in einem Punkt B, demzugeordneten Bildpunkt, abzubilden. Bei gegebener Brennweite f kann der Bild-punkt B durch zwei der drei ausgezeichneten Strahlen (Abb. 11) konstruiert wer-den:

1. Der Parallelstrahl wird nach der Brechung zum Brennstrahl und lauftdurch den rechten Brennpunkt.

2. Der Mittelpunktsstrahl , der durch den Mittelpunkt der Linse geht, wirdnicht gebrochen. Er geht also praktisch gerade durch die Linse, wobei derwinzige Parallelversatz vernachlassigt wird.

3. Der durch den linken Brennpunkt verlaufende Brennstrahl wird auf deranderen Seite zum Parallelstrahl.

Diese Strahlen bestimmen die Konstruktion der Abbildung und zwar folgenderma-ßen:

Aus Abb. 11 folgt aus der Bildgroße B und der Gegenstandsgroße G unmittelbarfur den Abbildungsmaßstab β:

B

G=

b

g= β , (4)

wobei b die Bildweite und g die Gegenstandsweite ist.

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8 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Abbildung 11: Bildkonstruktion bei einer Sammellinse.

Weiterhin gilt:

B

G=

f

g − f. (5)

Der Strahlensatz mit der Spitze von G als Strahlenzentrum liefert mit Hilfe vonGleichung (4) die Abbildungsgleichung (auch Linsenformel genannt):

f

b=

g − f

g=⇒ 1

g+

1

b=

1

f. (6)

Die Vereinigung paralleler Strahlen im Brennpunkt nach Abbildung 11 ist in derAbbildungsgleichung als Grenzfall g → −∞, b → f enthalten.

In der folgenden Tabelle sind vier grundsatzliche Abbildungsmoglichkeiten darge-stellt.

Gegenstandsweite g Bildweite b Bild

1. g > 2f f < b < 2f umgekehrt, reell, verkleinert2. g = 2f b = 2f umgekehrt, reell, gleich groß3. f < g < 2f b > 2f umgekehrt, reell, vergroßert4. g < f b < 0 aufrecht, virtuell, vergroßert

Man spricht von einem reellen Bild, wenn sich die Strahlen wirklich in einem Punktschneiden (Falle 1-3). Ein reelles Bild kann mit einer Mattscheibe aufgefangenwerden. Man spricht von einem virtuellen Bild (Abb. 12), wenn die Strahlen

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divergieren und sich ihre ruckwartigen Verlangerungen in einem Punkt schneiden(Fall 4).

Abbildung 12: Bildkonstruktion, wenn G sich innerhalb der einfachen Brennweitebefindet. Das Bild ist virtuell; die Bildweite wird negativ.

Ein virtuelles Bild kann nicht mit einer Mattscheibe aufgefangen werden. Es kannaber mit dem Auge gesehen werden. In diesem Fall macht die Augenlinse die vondem virtuellen Bild ausgehenden divergenten Strahlen wieder konvergent und er-zeugt ein reelles Bild auf der Netzhaut.

2.2.2 Zerstreuungslinsen

(Hinweis: Dieser Abschnitt ist nicht Bestandteil des Praktikums und kann daher uberschlagen

werden.)

Zerstreuungslinsen sind in der Mitte dunner als am Rand. Man unterscheidet zwi-schen folgenden Linsen:

bikonkav r1 < 0 r2 > 0 (Abb. 13a),plankonkav r1 = ∞ r2 > 0 (Abb. 13b),konvexkonkav r1 > 0 r2 > 0, r1 > r2 (Abb. 13c).

Abbildung 13: Verschiedene Linsenformen.

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10 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Zerstreuungslinsen machen parallele Strahlen divergent, so dass sich ihre ruckwarti-gen Verlangerungen in einem Punkt schneiden (Abb. 14); sie scheinen vom jensei-tigen Brennpunkt zu kommen.

Abbildung 14: Strahlenverlauf bei einer Zerstreuungslinse.

Zur Konstruktion des Strahlenverlaufs hinter der Linse bei achsenparallelen Strah-leneinfall hat man den

”diesseitigen“ Brennpunkt F zu wahlen. Schaut man den

divergent gebrochenen Strahlen entgegen, sieht man diesen Brennpunkt F .

Entsprechend lauft auch die Bildkonstruktion (Abb. 15).

Abbildung 15: Bildkonstruktion einer Zerstreuungslinse.

In Abb. 15 ist die Gegenstandsweite g großer als die Brennweite f (g > 2f).Man erhalt ein verkleinertes, aufrechtes, virtuelles Bild B innerhalb der einfachenBrennweite. Bei der Konstruktion des Brennstrahls aus einem Parallelstrahl undumgekehrt hat man zu beachten, dass f negativ ist.

Eine Zerstreuungslinse liefert kein reelles Bild. Zur Bestimmung ihrer (negativen)Brennweite muss sie mit einer Sammellinse von bekannter Brennweite zu einemLinsensystem vereinigt werden, das insgesamt als Sammellinse wirkt.

Bevor dieses Verfahren genauer betrachtet wird, seien zunachst grundsatzliche Be-trachtungen von Linsensystemen vorangeschickt.

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2.2.3 Linsensysteme

(Hinweis: Dieser Abschnitt ist nicht Bestandteil des Praktikums und kann daher uberschlagen

werden.)

Aus den genannten Linsenformen lassen sich in vielfaltiger Weise und fur die ver-schiedensten Zwecke Linsensysteme zusammenstellen, z. B. zur Beseitigung vonAbbildungsfehlern.

In Abb. 16 befindet sich eine punktformige Lichtquelle im Brennpunkt F1 der Linse(1), die daraus ein paralleles Lichtbundel macht. Die Linse (2) fokussiert das Lichtwieder in ihrem Brennpunkt F2.

Abbildung 16: Hintereinanderschaltung zweier Sammellinsen mit verschiedenenBrennweiten.

Werden die beiden Linsen zu einer einzigen zusammengefaßt und nah hinterein-ander aufgestellt, wird offenbar B der Bildpunkt des Gegenstandspunktes A. DieBrennweite f1 der Linse (1) wird zur Gegenstandsweite, die der Linse (2) zur Bild-weite. Mit Hilfe der Linsenformel erhalt man fur die Brechkraft:

1

g+

1

b=

1

f1+

1

f2=

1

f(7)

oder fur die Brennweite:

f =f1f2

f1 + f2. (8)

Wenn der Abstand d zwischen den Linsen nicht sehr klein ist (Abb. 17), muss einKorrekturterm berucksichtigt werden. Es gilt dann:

1

f=

1

f1+

1

f2− d

f1f2. (9)

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12 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Abbildung 17: Hintereinanderschaltung zweier Sammellinsen im Abstand d mitverschiedenen Brennweiten.

Gleichung (9) kann man nun nutzen, um die Brennweite einer Zerstreuungslinsezu bestimmen. Weiterhin nutzt man die sogenannte Besselsche Methode, diedarauf beruht, dass in der Abbildungsgleichung

1

g+

1

b=

1

f,

die Bildweite b und die Gegenstandsweite g vertauschbar sind. Bei fester Stellungvon Gegenstand und Mattscheibe gibt es deshalb zwei symmetrische Stellungender Linse, die ein scharfes Bild ergeben, wobei g′ = b und b′ = g ist (Abb. 18).

Abbildung 18: Linsensystem an zwei verschiedenen Positionen.

Ist e der Abstand Gegenstand-Bild und a der Abstand der beiden Linsenstellungen,die bei festem e ein scharfes Bild ergeben, so ist nach Abb. 18:

b+ g = e und (10)

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g′ − g = b− g = a . (11)

Mit Hilfe der beiden Gleichungen (10) und (11) erhalt man:

b =1

2(e+ a) und (12)

g =1

2(e− a) . (13)

Setzt man dies in die Abbildungsgleichung ein, so erhalt man die Besselsche Glei-chung

f =(e+ a)(e− a)

4e. (14)

2.3 Linsenfehler

Alle einfachen Linsen zeigen eine Reihe von Abbildungsfehlern, von denen zweinachfolgend beschrieben werden.

2.3.1 Farbabweichung oder chromatische Aberration

Lichtquellen senden im allgemeinen nicht Licht einer Wellenlange aus, sondern einSpektrum von Lichtwellen unterschiedlicher Wellenlangen. Dies kann zu Fehlernin der Abbildung durch Linsen fuhren, da die Brechzahl n jeder Glassorte mehroder weniger von der Wellenlange des Lichtes abhangig. Diesen Effekt nennt manDispersion. Fur blaues Licht (kleinere Wellenlange) ist n großer als fur rotes Licht(großere Wellenlange). Lasst man daher weißes Licht auf eine Linse fallen, so wirdnach Gleichung (3) die Brennweite fur den blauen Anteil des Lichtes kleiner als furden roten (Abb. 19).

Abbildung 19: Chromatische Aberration.

Dieser Fehler wird korrigiert, indem man eine Sammellinse aus einem Materialkleiner Dispersion mit einer Zerstreuungslinse aus einem Glas großerer Dispersionkombiniert (Abb.20).

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14 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

Abbildung 20: Chromatische Aberration einer Kronglaslinse und ihre Korrekturmit Hilfe einer starker brechenden Flintglaslinse.

2.3.2 Offnungsfehler oder spharische Aberration

Der Offnungsfehler oder die spharische Aberration ist in Abb. 21 dargestellt. Furdie Randstrahlen ist die Brennweite kleiner als fur die achsennahen Strahlen. Ahn-lich wie die chromatische Aberration kann auch der Offnungsfehler durch eine Kom-bination mehrerer spharischer Linsen korrigiert werden. Man bezeichnet ein solchesLinsensystem als Aplanat.

Abbildung 21: Spharische Aberration.

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3 Versuchsanordnung

Abbildung 22: Versuchsanordnung.

Auf einer optischen Bank sind verschiedene Objekte angeordnet (Abb. 22).

1. Ein beleuchtetes Dia stellt den abzubildenden Gegenstand dar.

2. Eine Sammellinse wird zur Abbildung des Gegenstandes genutzt.

3. Eine Mattscheibe dient zum Auffangen des Bildes.

Ihnen stehen weiter folgende Versuchskomponenten zur Verfugung (Abb. 23, 24)

Abbildung 23: Lampe, Farbfilter und Dia.

Abbildung 24: Unterschiedliche Linsen und Blenden.

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16 Brennweite und Abbildungsfehler von Linsen

4 Versuchsdurchfuhrung

Mit Hilfe der folgenden Versuche sollen die Brennweite einer Sammellinse und zweiAbbildungsfehler - die chromatische Aberration und der Offnungsfehler - untersuchtwerden.

4.1 Bestimmung der Brennweite einer Sammellinse

Zur Durchfuhrung dieses Versuchs steht Ihnen eine Sammellinse zur Verfugung.Verschieben Sie die Linse und/oder die Mattscheibe, bis das Bild auf der Matt-scheibe scharf erscheint. Lesen Sie dann am Linsenreiter die Gegenstandsweite gund an der Mattscheibe die Summe aus Gegenstands- und Bildweite (g + b) ab.Tragen Sie Ihre Messwerte und die berechneten Werte 1/g, b und 1/b in eine Tabel-le ein. Fuhren Sie mindestens 6 Messungen bei verschiedenen Gegenstandsweitendurch.

Tragen Sie in einem Diagramm 1/b als Funktion von 1/g auf. Auf Grund derAbbildungsgleichung

1

g+

1

b=

1

f

bzw.1

b= −1

g+

1

f

mussen die Messpunkte auf einer Geraden liegen. Die Steigung der Geraden ist -1und der Achsenabschnitt lautet 1/f . Achten Sie darauf, dass Ihre Messwerte einenmoglichst großen Bereich abdecken und nicht zu nah beieinander liegen, indem Sievergroßerte und verkleinerte Bilder erzeugen.

Falls es erforderlich ist, sollten Sie weitere Messpunkte ermitteln.

Berechnen Sie die Ausgleichsgerade mit Hilfe eines Geradenprogramms (Assistenzfragen), und zeichnen Sie die theoretisch berechnete Ausgleichsgerade durch dieMesspunkte. Bestimmen Sie die Brechkraft 1/f , und berechnen Sie daraus dieBrennweite f . Das Geradenprogramm gibt Ihnen neben der Steigung und Achsen-abschnitt auch die Fehler dieser Großen an. Berechnen Sie hieraus - unter Nutzungdes Gauß’schen Fehlerfortpflanzungsgesetzes - den Fehler der Brennweite.

4.2 Chromatische Aberration

Sie sollen die Differenz ∆f der Brennweiten fur rotes und blaues Licht bestimmen.Stellen Sie hierzu die Linse so auf, dass Sie ein vergroßertes Bild auf der Mattscheibeerhalten. Bringen Sie ein Rotfilter zwischen Dia und Linse, und verschieben Sie die

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Mattscheibe soweit, bis Sie ein Bild mit maximaler Scharfe haben. Lesen Sie amLinsenreiter die Gegenstandsweite g und am Mattscheibenreiter den Wert fur (g+b)rot ab. Wiederholen Sie die Messungen fur unterschiedliche Gegenstandsweiten.Beachten Sie hierzu die Hinweise des Assistenten.

Tragen Sie in einem Diagramm 1/b als Funktion von 1/g auf.

Berechnen Sie die Ausgleichsgerade mit Hilfe eines Geradenprogramms (Assistenzfragen), und zeichnen Sie die theoretisch berechnete Ausgleichsgerade durch dieMesspunkte. Bestimmen Sie die Brechkraft 1/f , und berechnen Sie daraus dieBrennweite f . Das Geradenprogramm gibt Ihnen neben der Steigung und Achsen-abschnitt auch die Fehler dieser Großen an. Berechnen Sie hieraus - unter Nutzungdes Gauß’schen Fehlerfortpflanzungsgesetzes - den Fehler der Brennweite.

Wiederholen Sie die Messungen mit einem Blaufilter.

Berechnen Sie die Differenz der beiden Brennweiten frot − fblau, und bestimmenSie den Fehler der Differenz.

Hinweis: Nutzen Sie zusatzlich eine Blende, damit Sie keinen Offnungsfehler derLinsen haben.

4.3 Offnungsfehler

Mit Hilfe zweier Blenden, die auf die Linse gesteckt werden, konnen Sie wahlweiseentweder den Rand oder die Linsenmitte abdecken. Wird der Rand abgedeckt, tra-gen nur achsennahe Strahlen zur Abbildung bei. Ist die Linsenmitte abgedeckt,werden nur dieRandstrahlen wirksam. Bei gleicher Gegenstandsweite unterschei-den sich die Bildweiten deutlich.

Hinweis: Nutzen Sie zusatzlich das Rotfilter, damit Sie keine chromatische Aberra-tion haben.

Wiederholen Sie die Messungen mit unterschiedlichen Gegenstandsweiten. Beach-ten Sie hierzu die Hinweise des Assistenten.

Bestimmen Sie anlaog zur chromatischen Aberration die Brennweiten inklusiveihrer Fehler.

Berechnen Sie die Differenz der beiden Brennweiten fachs − frand, und bestimmenSie den Fehler der Differenz.