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24. Juni 2011 Betreff: Ihre Entscheidung, Empfehlung an den Verteidigungsausschuss Herr Vizeadmiral Axel Schimpf Fontainengraben 150 53123 Bonn Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung Segelschulschiff „Gorch Fock“ Bordkameradschaft ehem. Stammbesatzung SSS „Gorch Fock“ Hermann Dirkes · Steinbach 14· 37581 Bad Gandersheim Sehr geehrter Herr Admiral Schimpf, die Bordkameradschaft ehem. Stammbesatzung Segelschulschiff „Gorch Fock“, wie auch die breite Öffentlichkeit wird immer wieder durch Berichterstattungen überrascht, die den Eindruck hinterlassen, bewusst aus Kreisen der Politik oder der Marine lanciert zu werden, bevor tatsächliche Abschlusser- gebnisse den zuständigen Instanzen zugeleitet und von diesen bewertet werden können. Jetzt aktuelle Presse-, Rundfunk- und Fernsehmeldungen sollen vorab Druck auf Sie als Inspekteur und verantwortlichen Personalchef ausüben, sich nicht gegen das Votum der Havariekommission und dessen Empfehlungen zu stellen. Schon einmal wurden in jüngster Vergangenheit unter dem Druck der Medien Fehlentscheidungen mit all ihren Folgen für das Segelschulschiff, den Kommandanten, Kapi- tän zur See Norbert Schatz und seiner Besatzung gefällt. Folgen, die der Marine noch viele Jahre zu schaffen machen werden. Politikberater Sebastian Graf Kielmansegg schrieb am 31. Januar 2011 in diesem Zusammenhang unter dem Titel »Schlimme Folgen für die Bundeswehr« unter anderem: „Der Minister im Besonderen hat sein Urteil rasch gefällt. Der betroffene Kommandant ist ein erfahrener Offizier, der in der Truppe hochgeschätzt wird und den Ruf großen Verantwortungs- bewusstseins für seine Soldaten genießt. Seine Amtsenthebung war, was immer das Ministerium jetzt hinterherschiebt, kein "üblicher Vorgang", sondern unter diesen Umständen gleichermaßen ungewöhnlich wie demütigend. Anders denn als Bauernopfer lässt sie sich kaum deuten. Wenn Guttenberg nicht über gravierende Informationen verfügt, die bislang nicht bekannt geworden sind, hat er hier seine politische Karriere in einem Maße über seine Verantwortung für Streitkräfte und Untergebene gestellt, dass er als Verteidigungsminister eigentlich unmöglich geworden ist.“ Die Marinekommission und die staatsanwaltlichen Ermittlungen haben kein gravierendes Fehlverhal- ten festgestellt. Die fünfmonatigen Ermittlungen der Havariekommission und die jetzt wieder in die Öffentlichkeit getragenen Ergebnisse der zweitägigen Abschlusssitzung mit den Vorabveröffentlichun- gen des Ergebnisses, offenbaren das Dilemma in dem sich Verantwortliche nun zu befinden scheinen. Es muss etwas gefunden werden, um von eigenem Fehlverhalten, von Dienststellen und politisch Ver- antwortlichen, abzulenken. Norbert Schatz hat in den letzten Jahren als Kommandant der „Gorch Fock“ hervorragende Arbeit, sowohl bei der Ausbildung als auch bei der Schiffsführung geleistet. Die „Gorch Fock“ um Kap Hoorn zu führen, wurde seitens der Marineführung in dem Bewusstsein getragen, dass Norbert Schatz dieser Aufgabe gewachsen ist. Der Zuführung des jeweiligen Ausbildungslehrgangs durch die Marineoffi- ziersschule Flensburg Mürwick muss ein Kommandant blindlings Vertrauen können. Hermann Dirkes – Schriftführer – Steinbach 14 37581 Bad Gandersheim Telefon (0 53 82) 95 82 91 E-Mail: [email protected] Internet: www.gorchfock.de

Brief der Bordkameradschaft an Inspekteur der Marine

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Brief der Bordkameradschaft an Inspekteur der Marine

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Page 1: Brief der Bordkameradschaft an Inspekteur der Marine

24. Juni 2011

Betreff: Ihre Entscheidung, Empfehlung an den Verteidigungsausschuss

Herr Vizeadmiral

Axel Schimpf

Fontainengraben 150

53123 Bonn

Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung Segelschulschiff „Gorch Fock“

Bordkameradschaft ehem. Stammbesatzung SSS „Gorch Fock“Hermann Dirkes · Steinbach 14· 37581 Bad Gandersheim

Sehr geehrter Herr Admiral Schimpf,

die Bordkameradschaft ehem. Stammbesatzung Segelschulschiff „Gorch Fock“, wie auch die breite Öffentlichkeit wird immer wieder durch Berichterstattungen überrascht, die den Eindruck hinterlassen, bewusst aus Kreisen der Politik oder der Marine lanciert zu werden, bevor tatsächliche Abschlusser-gebnisse den zuständigen Instanzen zugeleitet und von diesen bewertet werden können.

Jetzt aktuelle Presse-, Rundfunk- und Fernsehmeldungen sollen vorab Druck auf Sie als Inspekteur und verantwortlichen Personalchef ausüben, sich nicht gegen das Votum der Havariekommission und dessen Empfehlungen zu stellen. Schon einmal wurden in jüngster Vergangenheit unter dem Druck der Medien Fehlentscheidungen mit all ihren Folgen für das Segelschulschiff, den Kommandanten, Kapi-tän zur See Norbert Schatz und seiner Besatzung gefällt.

Folgen, die der Marine noch viele Jahre zu schaffen machen werden.

Politikberater Sebastian Graf Kielmansegg schrieb am 31. Januar 2011 in diesem Zusammenhang unter dem Titel »Schlimme Folgen für die Bundeswehr« unter anderem:

„Der Minister im Besonderen hat sein Urteil rasch gefällt. Der betroffene Kommandant ist ein erfahrener Offizier, der in der Truppe hochgeschätzt wird und den Ruf großen Verantwortungs-bewusstseins für seine Soldaten genießt. Seine Amtsenthebung war, was immer das Ministerium jetzt hinterherschiebt, kein "üblicher Vorgang", sondern unter diesen Umständen gleichermaßen ungewöhnlich wie demütigend. Anders denn als Bauernopfer lässt sie sich kaum deuten. Wenn Guttenberg nicht über gravierende Informationen verfügt, die bislang nicht bekannt geworden sind, hat er hier seine politische Karriere in einem Maße über seine Verantwortung für Streitkräfte und Untergebene gestellt, dass er als Verteidigungsminister eigentlich unmöglich geworden ist.“

Die Marinekommission und die staatsanwaltlichen Ermittlungen haben kein gravierendes Fehlverhal-ten festgestellt. Die fünfmonatigen Ermittlungen der Havariekommission und die jetzt wieder in die Öffentlichkeit getragenen Ergebnisse der zweitägigen Abschlusssitzung mit den Vorabveröffentlichun-gen des Ergebnisses, offenbaren das Dilemma in dem sich Verantwortliche nun zu befinden scheinen. Es muss etwas gefunden werden, um von eigenem Fehlverhalten, von Dienststellen und politisch Ver-antwortlichen, abzulenken.

Norbert Schatz hat in den letzten Jahren als Kommandant der „Gorch Fock“ hervorragende Arbeit, sowohl bei der Ausbildung als auch bei der Schiffsführung geleistet. Die „Gorch Fock“ um Kap Hoorn zu führen, wurde seitens der Marineführung in dem Bewusstsein getragen, dass Norbert Schatz dieser Aufgabe gewachsen ist. Der Zuführung des jeweiligen Ausbildungslehrgangs durch die Marineoffi-ziersschule Flensburg Mürwick muss ein Kommandant blindlings Vertrauen können.

Hermann Dirkes– Schriftführer –

Steinbach 1437581 Bad Gandersheim

Telefon (0 53 82) 95 82 91

E-Mail: [email protected]: www.gorchfock.de

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Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung Segelschulschiff „Gorch Fock“

Die jeweilige Überprüfung der Bordtauglichkeit und der Fitness, insbesondere der Eignung für die erste Umsegelung von Kap Hoorn, kann der Kommandant nicht übernehmen. Er und seine Besatzung haben das vor Ort nicht zu kontrollieren. Die Verantwortung dafür liegt bei der abkommandierenden Dienststelle und den Lehrgangsleitern.

Wir als Bordkameradschaft ehemalige Stammbesatzung „Gorch Fock“, der auch alle ehemaligen Kommandanten angehören, ersuchen Sie dringend, sich nicht von den Medien und der Politik Ihr Handeln vorschreiben zu lassen. Sie tragen Verantwortung für Menschen, für Untergebene, die der Marineführung vertrauen. Sie bauen darauf, dass sie sich schützend vor Verunglimpfungen, Vorverur-teilungen und Demütigungen vor sie stellt. „Bei diesem durchsichtigen Spiel geht es allen Beteiligten nicht um die Sache, sondern nur um den kurzfristigen politischen Vorteil, ohne jede Rücksicht auf die Folgen für die Truppe.“ Zitat: Graf Kielmansegg.

Diejenigen, denen ein Fehlverhalten nachweislich vorgehalten werden kann, sind dienstrechtlich zu belangen. Alle anderen haben Anspruch auf volle Rehabilitation in der Öffentlichkeit. Diesen An-spruch muss die Marineführung als moralische Verpflichtung sehen und umsetzen.

Der Historiker Professor Dr. Michael Epkenhans (Vater eines Kadetten, der 2010 auf dem zweiten Törn von Las Palmas nach San Salvador an Bord der „Gorch Fock“ war) der sich seit vielen Jahren mit den Wegen und Irrwegen des deutschen Militärs beschäftigt, schrieb in diesem Zusammenhang: „Innere Führung hieß einmal im Kern, dass der Soldat gerade in seinem Dienst rechtsstaatliche Praxis erfahren haben muss, um die Bundesrepublik Deutschland als Soldat überhaupt verteidigen zu können.“

Graf Kielmansegg meint hierzu: „Wenn sich militärische Befehlshaber so umstandslos demontieren lassen, wenn sie derart wenig Rückhalt von ihrem Dienstherrn und Auftraggeber erhalten, wird man in Zukunft von ihnen keine Innere Führung, sondern überhaupt keine Führung mehr erwarten dürfen.”

Bitte legen Sie, Herr Admiral Schimpf, das Kommando der „Gorch Fock“ wieder in die Hände von Kapitän zur See Norbert Schatz.

Dies scheint uns im Interesse aller Betroffenen, aber auch „im Hinblick auf unsere politische Kultur“ (Epkenhans) zwingend notwendig zu sein.

Stärken Sie das Vertrauen aller aktiven Marinesoldaten in die Marineführung und geben Sie den ehemaligen Marineangehörigen ihren, durch die Marine von Verantwortung geprägten, Crewstolz zurück.

Für die Bordkameradschaft, ehem. Stammbesatzung Segelschulschiff „Gorch Fock“

Peter Jacobs Reinhard Claves Hermann Dirkes Guido OeltermannCrewchef 2. Crewchef Schriftführer Kassenwart

Mit freundlichen Grüßen

Hermann DirkesSchriftführer der Bordkameradschaft

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