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JOURNAL F13R ORNITHOLOGIE Band 116 1975 Nr. 3 J. Orn. 116, 1975: S. 229--262 Aus dem Max-Plan&-Institut fiir VerhaltensphysioIogie Vogelwarte Radolfzell Brutverhalten and Jugendentwicklung beim Mauerl/iufer (Tichodroma muraria) Von Hans LShrl Einleitung Von einer brutbiologischen Untersuchung erwartet man nicht nur eine ausfiihrliche Schilderung des Brutablaufs, des Verhaltens und der 5kologischen Verh~iltnisse zur Brutzeit, sondern auch statistische Auswertungen tiber die Gelegegr5f~e und den Brut- erfolg der behandelten Art. Diese letztere Forderung l~if~t sich beim Mauerl~iufer his jetzt nicht erfiillen. Die Nester k6nnen, wenn iiberhaupt, nur yon erfahrenen Kletterern und unter relativ grot~em Aufwand kontrolliert werden. Kaum jemals wird in einem Nest die Zahl der Eier u n d die Zahl der ausfliegenden Jungen regi- striert werden, well dazu eine zweimalige Seilarbeit n6tig w~ire. Gliicklicherweise war 1972 ein Mauerl~iufernest in einer Spalte so angelegt, daf~ es yon der gegen/iberliegenden Wand einer Bachschlucht aus mit dem Feldstecher (16 X 56) eingesehen werden konnte, sofern die Witterung dies nicht durch dichten Nebel oder starken Schneefall kurzfristig verhinderte. Die bei diesem Nest festge- stellten Daten iiber Brutdauer und Nestlingszeit, die bisher nicht exakt bekannt waren, stimmten mit den Daten iiberein, die 1971 bei einer erfolgreichen Zucht in der Voliere gewonnen worden waren. Dadurch ergibt sich eine hohe Wahrscheinlich- keit, dal3 die Ergebnisse allgemein g/iltig sind, wobei natiirlich die fiJr alle Sing- vogelarten bestehenden Variationsbreiten nicht erfat~t sin& Uber das Verhalten der Altv5gel w~ihrend der Zeit des Nestbaus, des Brikens und der Jungenaufzucht liegen neben Beobachtungen an unserem Volierenpaar auch solche bei einer Anzahl weiterer Brutpaare im Freiland vor, die in den Jahren 1963 bis 1973 gewonnen wurden. Den ersten Einblick in das Brutverhalten erm5glichten Beobachtungen am Schlot~ Neu- schwanstein, wo Frau E. WALDHO~a ihren bekannten Film aufgenommen hat und mir dankenswerter Weise die zeitweilige Benutzung ihres Verstecks gestattere. Die meisten Freilandarbeiten konnte ich dann, meist zusammen mit meiner Frau, im oberen Utztal in Tirol dur&fiihren. Dort wurden auch die fiir die Voliere ben6tigten Versuchsv6gel dem

Brutverhalten und Jugendentwicklung beim Mauerläufer(Tichodroma muraria)

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Page 1: Brutverhalten und Jugendentwicklung beim Mauerläufer(Tichodroma muraria)

JOURNAL F 1 3 R

ORNITHOLOGIE Band 116 1975 Nr. 3

J. Orn. 116, 1975: S. 229--262

Aus dem Max-Plan&-Institut fiir VerhaltensphysioIogie Vogelwarte Radolfzell

B r u t v e r h a l t e n a n d J u g e n d e n t w i c k l u n g b e i m Mauer l / iu fe r

( T i c h o d r o m a m u r a r i a )

Von Hans LShrl

Einleitung Von einer brutbiologischen Untersuchung erwartet man nicht nur eine ausfiihrliche

Schilderung des Brutablaufs, des Verhaltens und der 5kologischen Verh~iltnisse zur Brutzeit, sondern auch statistische Auswertungen tiber die Gelegegr5f~e und den Brut- erfolg der behandelten Art. Diese letztere Forderung l~if~t sich beim Mauerl~iufer his jetzt nicht erfiillen. Die Nester k6nnen, wenn iiberhaupt, nur yon erfahrenen Kletterern und unter relativ grot~em Aufwand kontrolliert werden. Kaum jemals wird in einem Nest die Zahl der Eier u n d die Zahl der ausfliegenden Jungen regi- striert werden, well dazu eine zweimalige Seilarbeit n6tig w~ire.

Gliicklicherweise war 1972 ein Mauerl~iufernest in einer Spalte so angelegt, daf~ es yon der gegen/iberliegenden Wand einer Bachschlucht aus mit dem Feldstecher (16 X 56) eingesehen werden konnte, sofern die Witterung dies nicht durch dichten Nebel oder starken Schneefall kurzfristig verhinderte. Die bei diesem Nest festge- stellten Daten iiber Brutdauer und Nestlingszeit, die bisher nicht exakt bekannt waren, stimmten mit den Daten iiberein, die 1971 bei einer erfolgreichen Zucht in der Voliere gewonnen worden waren. Dadurch ergibt sich eine hohe Wahrscheinlich- keit, dal3 die Ergebnisse allgemein g/iltig sind, wobei natiirlich die fiJr alle Sing- vogelarten bestehenden Variationsbreiten nicht erfat~t sin&

Uber das Verhalten der Altv5gel w~ihrend der Zeit des Nestbaus, des Brikens und der Jungenaufzucht liegen neben Beobachtungen an unserem Volierenpaar auch solche bei einer Anzahl weiterer Brutpaare im Freiland vor, die in den Jahren 1963 bis 1973 gewonnen wurden.

Den ersten Einblick in das Brutverhalten erm5glichten Beobachtungen am Schlot~ Neu- schwanstein, wo Frau E. WALDHO~a ihren bekannten Film aufgenommen hat und mir dankenswerter Weise die zeitweilige Benutzung ihres Verstecks gestattere. Die meisten Freilandarbeiten konnte ich dann, meist zusammen mit meiner Frau, im oberen Utztal in Tirol dur&fiihren. Dort wurden auch die fiir die Voliere ben6tigten Versuchsv6gel dem

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Nest entnommen. Fiir die Bewilligung hierfiir danke ich der Tiroler Landesregierung in Innsbru& und I-Ierrn Dr. NIrDrRWOLrS~RnBrR vielmals. Weitere grogztigige Unterstiitzung verdanke ich den Herren Dr. THALgg und Dr. MosrR won der Alpinen Fors&ungsstelle Obergurgl der Universifiit Innsbru&; flir die l~bersendung der Witterungsdaten danke ich dem Meteorologis&en Institut der Universitiit Innsbru&. Vor allem bin ich meinem Freund Professor AM~XOS AmHHOR~, Salzburg, dankbar, der mir als bew~ihrter und umsi&tiger Kletterer die JungvSgeI beschaffte, die Beringung ermSglichte und als hervorragender Kenner der Alpenvogelweh auch andere wertvolle Erfahrungen beisteuerte.

Bruthabitat und Witterungsverh~iltnisse

Zur Brutzeh sind Mauerliiufer auf Felsgebiete angewiesen, die zu jeder Tageszeit und bei den verschiedensten Witterungsbedingungen geniJgend Insekten und Spinnen aufweisen. Es mug sich also um abwechslungsreiche, stark gegliederte Felsen handeln, die weder roll in praller Sonne noch ganz in tiefem Schatten liegen und an denen der Wind fliegende Insekten nicht allzustark behindert. Vielfach in der Literatur erw~hnte Schilderungen kahler, senkrechter Felsen in hSchsten Lagen betreffen nicht das Bruthabitat, sondern gehen auf Beobachtungen vor allem yon JungvSgeln nach dem Selbst~ndigwerden zuriJck. Sie beziehen sich wohl durchweg auf eine Beschrei- bung yon GmTANNr~ (1863--64). Dieser unrichtigen Darstellung ist schon Muter, (1938) entgegengetreten. Er schrieb richtig, dat~ die Felsen des Brutgebietes ,,yon Rasenbiindern und Polsterpflanzen durchsetzt" sin& Viele Insekten werden zweifel- los nur durch BliJten angelockt, die wir gerade in der Aufzuchtszeit der JungvSgel an solchen Grasb~ndern finden, und zwar bei der starken Wirkung der Sonneneinstrah- lung an den siJdlich exponierten Teilen wesentllch friJher als an schattigen Stellen. Damit ist eine lange Dauer der BliJtezeit gew~hrleistet. Vom Mauerlaufer bevorzugt verfiitterte Insekten, die man vielfach im Schnabel erkennen kann, sind Noctuiden, die als Tagesunterschlupf schattige und feuchte Orte brauchen. Sie sind wohl mit ein Grund dafiJr, dab in allen bisher yon mir beobachteten Brutrevieren fliel~endes Wasser vorhanden war, entweder als Bach in der Schlucht, die ein Brutrevier bildete, oder als kleiner oder grSf~erer Wasserfall. Die Vorliebe flJr Feuchtigkeit erw~hnt auch HAuv.i (1970) bei der ErSrterung der Frage, weshalb die Mauerliiufer in den yon ihm kontrollierten Winterrevieren zur Brutzeit fehlen.

Es w~re wertvoll, wenn Beobachter in den Alpen darauf achten wiJrden, ob Mauerl~ufer jemals in Felsgebieten o h n e Wasser in irgend einer Form erfolgrelch brliten. Dabei kommt es natiirlich nicht in erster Linie auf den Neststandort an, sondern auf das regelmiigig aufge- suchte Nahrungsrevler.

Die Frage, ob MauerlS.ufer Kalk- oder Urgestein bevorzugen, wurde yon Co~wi (1959) erSrtert. Anlag dazu hatten wohl HI~LLMAYR (1914) und GENOLrR (1928) gegeben, die den Mauerliiufer im Urgestein des Utztales nicht gefunden hatten. Da jedoch kaum anzunehmen ist, dat~ die Mauerl~iufer das (3tztal, in dem sie an allen geeigneten Orten briiten, erst in der Zwis&enzeit besiedeh haben, diirften diese Gew~ihrsm~inner die Art ilbersehen haben.

Die Verbreitung findet ihre obere Begrenzung in H~ihen iiber etwa 2500 m, wo Insekten aus klimatis&en Griinden weniger zahlreich sind. Mauerliiufer briiten gelegentlich aber auch sehr tief, z.B. nach G/~ROUDET (in GLUTZ YON BLOTZHEIM 1962) bei 350 m i m Tessin wie auch in 420 m am Genfer See.

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Temp. o C 24-

Juli 1 9 7 2

Biologie des Mauerliiufers

201612 / c ~ ~ f Temp. 14 tl

4,

- - ~ g e l a i ' i , , 2 6 10 14 18 22 26 3 0

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Abb. I. Temperaturverlauf im Juli 1972 w~ihrend der Entwi&Iung einer beob- achteten Brut des Mauer-

l~iufers im Dtztal.

Zweifellos besitzt der Mauerl~ufer spezielle Anpassungen, die ihm das erfolgreiche Brihen unter den wechselhaften Bedingungen des Hochgebirges erm6glichen. Man kann vermuten, dag die Bedingungen in tiefen Lagen insgesamt ungLinstiger sind, denn der Mauerl~iufer fehlt nach den bisherigen Beobachtungen als Brutvogel z.B. in den ausgedehnten Felsgebieten an der jugoslawischen Kfiste auch dort, wo Wasser vorhanden ist und wo die Art regelm~if~ig fiberwintert (L6HRL unverBff., TUTMAN mfindl.).

In den meisten Gebieten dfirften die Brutorte zwischen 1000 und 2500 m liegen; im Utztal lagen die beobachteten Bruth6hlen, mit zwei Ausnahmen, zwis&en 1900 und 2200 m. BEZZEL (1967) bestimmte in den bayeris&en Alpen die HShenlage yon 15 Bruten; dana& lagen 5 zwischen 500 und 1000 m, 3 zwischen 1000 und 1500 m, 5 zwischen 1500 und 2000 m und 2 fiber 2000 m.

Eine Vorstellung fiber die Witterungsbedingungen am Neststandort bieten Daten der Wetterstation Obergurgl des Meteorologischen Instituts der Universit~it Inns- bru&, in nSchster N~ihe, etwa 100 m unter der yon uns beobachteten Brut 1972 (Abb. 1). Im Mai gab es 15 Frosttage und an 19Tagen Nieders&lSge, z.T. als S&nee, im Juni 3 Frosttage und wiederum an 19 Tagen Regen oder Schnee, im Juli no& einen Frosttag und im August zwei, dazu kamen im Juli wiederum an 19 Tagen Niederschl~ige, im August an 15 Tagen. Bemerkenswert ist, dat~ im Juli, als die Jungen 9 bis 12 Tage alt waren, vom 11. bis 14.7. eine geschlossene Schneede&e yon 6, 24, 17 und 8 cm lag. Die Mittagstemperatur in diesen Tagen fiel yon 23°C am 9.7. auf 1 ° am 11.7. Dies iiberlebte die Mauerl~iuferbrut, w~ihrend s~imtliche jungen Mehls&walben in den bena&barten Orten umkamen. Allerdings haben au& junge Hausrotschw~inze der zweiten Brut fiberlebt, jedoch no& sehr kleine Junge mit gerin- gem Nahrungsbedarf. Au& der Hausrots&wanz ist hervorragend an das Klima im Ho&gebirge angepal]t. Junge S&neefinken iiberlebten gleichfalls im Nest.

Das Brutrevier

Da Mauerl~uferreviere yon der Gr6t~e der Felsfl~ichen in horizontaler und verti- kaler Ausdehnung abh~ngig sind, l~igt sich die Reviergr6t~e nicht wie bei anderen Vogelarten, die in einem gleichm~il~ig strukturierten Habitat brtiten, errechnen. Dat~ es sich um sehr ausgedehnte Reviere handeh, kann man aus der L~inge der Flug-

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strecke ersehen, die Brutpaare, welche Bachschluchten bewohnen, bei der Nahrungs- suche zuri~cklegen. Voraussetzung daf~ir ist allerdings, die V/Sgel entweder iiber die ganze Strecke im Auge zu behalten, was sehr selten m6glich ist, oder sie individuell zu unterscheiden. Mindestens die ~ find fast immer unterscheidbar, da ihr Brustfleck stark variiert oder ganz fehlt (L6~RL 1967 a). Bei der groi~en Variabiiit~it dieses Kennzeichens wird es nur selten vorkommen, daf~ zuf~illig zwei benachbarte ~ darin iibereinstimmen. So waren zwei 9 im Raum ObergurgI sogar im Flug unterscheidbar, well das eine einen extrem groi~en, das andere einen kaum sichtbaren Brustfleck hatte. Gelegentlich gibt es auch bei den d erkennbare Unterschiede, wenn man sie yon vorne zu sehen bekommt, well auch bei ihnen der Brustfleck, vor allem in seinen Randpartien, manchmal Verschiedenheiten aufweist.

Ein Brutpaar durchflog in sieben yon zehn Jahren eine Schlucht in ihrer ganzen L~inge yon 800 m bei der Nahrungssuche. In drei Jahren befand sich jedoch im unteren Tell dieser Schlucht zus~itzlich noch ein weiteres Brutpaar, dutch das die Strecke des ersteren in einem Jahr bis auf 550 m, in den beiden anderen auf 650 m verkiirzt wurde. Das neu hinzugekommene Paar im unteren Tell der Schlucht bezog noch eine Felspartie an einem gr/51~eren Nebenfluf~ in sein Revier ein.

Eine andere Schlucht im iJtztal war jedoch bei relativ guter Abgrenzung stets nut yon einem Paar bewohnt, das immer eine Stre&e yon 1000 bis 1100 m zur Verf~igung hatte und auch regelm~f~ig beflog. Dazu kommt dann no& die Ausdehnung des Reviers in vertikaler Richtung, je nach H6he der angrenzenden Felsen. Die beobach- tete HShe futtersuchender Altv~Sgel wurde au£ 150 m gesch~itzt, abet wahrscheinlich flogen die V~Sgel bei giinstigem Aufwind noch h~Sher.

Die S i e d 1 u n g s d i c h t e ist also nicht konstant. Besonders auff~illig war ein Riickgang der Population 1973. Bekannte Brutpl~tze und Neststandorte mit 7 Brut- paaren im Jahre 1972 wiesen 1973 nur 3, m~Sglicherweise 4 auf. Die Ursache dieses Riickgangs lag wahrscheinlich in einem versp~,iteten Wintereinbruch mit starken Schneef~illen im April/Mai, zu einer Zeit also, in der iiblicherweise die Brutv/Sgel zwar nur teilweise an den Brutplatz selbst, jedoch mindestens in das weitere Brut- gebiet zuri~&gekehrt sin& Solange das Brutrevier noch verschneit ist, halten rich solche V~Sgel vereinzelt an kleineren Felsgruppen auf, die an der Siidseite des Utztales in dieser Zeit meist schneefrei sind oder nach Schneef~illen rasch wieder frei werden. Es ist denkbar, daf~ alle derartigen Pliitze in jenem Jahr so verschneit waren, dai~ die Nahrung nicht ausreichte.

Paarbildung und Brutreife

Da Mauerl~iufer ihre Winterreviere als Einzeltiere aufsuchen (HAIJRI 1970, L6HRL 1976) und jeden Artgenossen bek~impfen, wird die Paarbindung im Winterhalbjahr zweifellos unterbrochen. Ein wiederholtes Briiten desselben Paares ist nur vorstellbar, wenn beide Partner an dem vo@ihrigen Brutort wieder zusammentreffen. Die Paare bilden sich auf alle F~ille neu nach der Riickkehr ins Brutgebiet.

Bis jetzt gibt es keine Anhaltspunkte dafi~r, dab beim Mauerliiufer, wie bei manchen anderen Arten, das d friiher zur[ickkehrt und ein Revier erk~impft, um es

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dann einem ~ anzubieten. Vielrnehr scheinen die Revierk~mpfe und die Paarbildung gleichzeitig stattzufinden. Bei den Revierk~impfen sind sehr h~iufig mehr als nur zwei V6gel beteiligt, ohne dal~ man dabei die Geschlechter unterscheiden k~Snnte, da es sich meist um Flug-K~mpfe handelt.

Die Paarbildung dtirfte sich an einer potentiellen Bruth6hle oder an einer Wand vollziehen, an der mehrere zur Brut geeignete Hohlr~ume vorhanden sind.

Daf~ ein 9 nicht immer die yore ~' ausersehene H/Shle annimmt, beobachtete ich bei einem Paar. Bei jedem Anflug des ~ mit Baumaterial beflog das ~ eine andere, wenige Meter entfernte H6hle in einem typischen Zeigeflug und schliipfte dort ein.

Wenn ich in der Voliere das ~ nach der notwendigen Trennung wiihrend des Win- terhalbjahres zum ~ einliet3, nahm dieses ira allgemeinen die bei vielen Singv6geln i~bliche Kopfhoch-Stellung ein, so dai~ die schwarze Brust besonders zur Schau gestellt und der Schnabel nach oben, also nicht gegen das ~ zu, gerichtet war. Das ~ ze~gte in solchen F~illen deutliche Hemmungen der Aggressivit~it, doch konnte es dazwischen das ~ auch gelegentlich verfolgen. Die Fl~igel hingen bei dieser Balzstellung nach unten, so da!3 die roten Fl~ichen deutlicher in Erscheinung traten. Vielfach sang das

dabei rasch hintereinander. Oft sat~ es auch am Eingang zur Bruth6hle oder konnte sich mit gespreizten Fliigeln an den Eingang anh~ingen.

Unklar ist, ob s~imtliche Mauerliiufer schon im ersten Jahr brutreif sind. Dai~ einj~ihrige V/Sgel bereits brfiten k6nnen, wurde schon yon ZOLLIKOF~R (nach NOEL 1956) ermittelt. Es ist jedoch nicht sicher, ob dies fi~r alle Individuen gilt. Das rege!- miii~ige Auftauchen nicht briitender Mauerl~iufer zur Brutzeit abseits von Brutpl~itzen ist kein Beweis f~ir fehlende Brutreife, denn es k~Snnte sich dabei um Brutreserven handeln, die etwa infolge hoher Siedlungsdichte und sp~iter Riickkehr kein passendes Revier gefunden haben.

Brutperiode Obwohl Brfite- und Nestlingszeit verglichen mit anderen Arten ungew6hnlich lange

dauern, ist die Brutperiode insgesamt relativ kurz, da sie entsprechend der sp~iten Vegetationsentwicklung im Hochgebirge s i l t beginnt.

In der Literatur gibt es fast keine Angaben iiber den Zeitpunkt des Nestbaus und der Eiablage. Im Utztal fiel die Nestbauzeit jedes Jahr relativ einheitlich in die letzte Mai-Dekade. Meine Versuchsv/Sgel begannen in der Freivoliere in 430 m NN zweimat am 2. Mai und einmal am 10. Mai mit dem Nestbau, in einer Zeit, als die Meisen in der Umgebung schon br~iteten. GII~TANNERS Mauerl~iufer begannen in der Zimmervoliere urn den 20. Mai mit dem Nestbau. G~ROUI)ET erw~ihnt in GLUTZ YON BLOTZHeIM (1962) als Nestbautermine den 11. Mai in 420 m, fl.ir h~Jhere Lagen die zweite Maih~Ifte.

Zahlreicher sind Angaben tiber den Ausfliegetermin der Jungen. Re&net man 52 Tage zurfick, so erhiilt man etwa den Legebeginn; bei zwei Monaten Rtickrech- hung ergibt sich die Nestbauzeit. W~ihrend die Brutv~Sgel in ~ber 1900 m innerhalb

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yon 10 Jahren ausnahmslos in der letzten Juli-Dekade ausflogen, ist die Variation in tieferen Lagen, wohl als Folge der dort wechselhafteren Temperaturverh~ittnisse, grSBer. HAtTI~I (briefl.) verdanke ich diesbeztigliche Daten yon einem Brutfelsen in 1050 bis 1120 m HShe, wo yon 1961 bis 1974 (ohne 1970) die Jungen fr'fihestens am 5. Juli, sp~itestens - - nach dem ,,Polarwinter" 1962/63 - - am 8. August aus- flogen, und zwar am: 5.7., 15.7., 8.8., 7., 8., 8., 12., 28., 12., 25., 28.7., 4.8. und etwa 21.7. Dies deutet wohl auf eine Abhiingigkeit yon den TemperaturverhiiImissen hin.

Am Schlot~ Neuschwanstein (1100m) flogen 1960 die jungen Mauerl~tufer nach E. WALI)ttO~R (briefl.) am 14. und 15. Juli aus. Der friiheste ,Ausfliegetermin yore 21. Juni, den G~t~OUD~T in GLUTZ YON BLOTZHEIM (1962) aufgrund einer Mitteilung yon J. HUBEt~ (1943) erw~hnt, bezleht sich nicht auf ein normales Ausfliegen, sondern auf das fluchtartige Verlassen des Nestes bel drohender Gefahr. Dies erfolgt bei vielen Vogelarten schon, sobald sie einigermal~en befiedert sind. Bedrohte Mauerl~,ufer verlassen das Nest etwa vom 20. Tag ab gelegentlich, indem sie zun~ichst nach hinten in der Nistspalte weiterkriechen; falls das nicht m6glich ist, suchen sie andere Verstecke innerhalb der BruthShle auf. Beim normalen Ausfliegen sind Mauerl2iufer roll flugf~.hig und wirken im Flug wie AltvSgel.

Aus dieser relativ kurzen Brutperiode geht hervor, dab Mauerl~ufer, wie schon GIRTANNER (1867--1868) feststellte, j~ihrlich nur eine Brut machen. Die Angabe yon BAILLY (1853), wonach in Savoyen Mauerl~iufer anfangs Juli eine zweite Brut machen kiSnnen, h~itte zur Vorausetzung, dab dann die Zeit fiir die Vollmauser der AltvSgel stark hinausgezSgert wiire. Dies w~ire nur vorstellbar, wenn die dortige Population aufgrund der giinstigen geographischen Lage das Winterquartier sehr versp~itet aufsuchen oder gar im Brutgebiet iiberwintern kiSnnte.

Standort des Nestes

Geht man yon der Tatsache aus, dafg der Mauerl~iufer nur eine Brut, d. h. maximal f~inf Junge aufzieht, so m u f~ die Art Neststandorte mit grSi~tmSglichem Schutz vor Nestr~ubern w~ihlen, die im Gebirge vor allem Hermelin (Mustela erminea) und Steinmarder (Martes foina) darstellen. Beide Siiugetiere sind gerade im Brut- gebiet des MauerI~ufers h~iufig.

Bei unseren Ansitzen am Nest waren regelm~f~ig Hermeline zu sehen, einmal auch ein Stelnmarder. Dieser war an allen n~her beoba~teten Brutorten zu Hause, was slch einerseits am Kot feststellen lief~, andererseits auch an den F~ihrten im Neuschnee. Marderkot lag oft nur wenige m yon der Mauerl~iufer-BruthShle entfernt.

Wenn also trotz dieser hohen Gef~hrdung yon 33 Nestern, die mir im Lauf der Jahre bekanntgeworden sind, nur e i n e s ausgeraubt wurde, so geht daraus hervor, dab der Selektionsdruck bei dieser Art sehr stark auf die Wahl eines feindsicheren Nistplatzes gewirkt haben muB. Es wird nur wenige einheimische Singv~gel geben, bei denen die Brutverluste so gering sin&

Die iibrigen Bewohner desselben Biotops, der stets vorhandene Hausrotschwanz, die Alpenbraunelle sowie der Schneefink, machen im allgemeinen zwei Bruten bei wesentlich Mirzerer Brut- ,and Nestlingszeit. Dazuhin ist der Hausrotschwanz Zugvogel, und die beiden anderen Arten kSnnen im Winterhalbjahr auf S~merelen ausweichen.

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Abb. 2. BruthShle des Mauerl~iufers (weifle Markierung) am Ramolbach bei Vent (Utztal).

Der gr6fke Teil der mir bekannten Mauerl~iufer-BruthShlen lag so, dag ein potentieller Nestr~iuber keinen Halt finden konnte und beim Versuch, die HtShle doch zu erreichen, in einen reiflenden Bach gefallen w~ire (Abb. 2). Etwa ein Drittel der Bruth6hten-Eing~inge lag nur 1 bis 2 m fiber dem Wasser, so dag sie h~iufig noch yore Wasser benetzt wurden, auch in 5 bis 10m HShe lagen Bruth6hlen unMttelbar /.iber dem Wasser. Die H~Shleneingiinge der nicht in Bach- s&luchten brtitenden Paare lagen gleichfalls so hoch und unzug~inglich, daf~ sie ffir Riiuber nicht erreichbar waren. H/Schstens ffinf von 33 H6hlen h~itte ein Hermelin m/Sglicherweise erreichen k/Snnen. Sie lagen jedoch so im Felsgestein, dal~ dort keine Kleins~iuger leben konnten und damit fiir das Hermelin kein Anreiz vorhanden war, zu jagen.

Der sprite Nestbaubeginn in den Hochlagen h~ingt vielleicht gleichfalls mit dem notwendigen Schutz vor R~iubern zusammen, da in der ersten Mai-H~ilfte in den Schluchten meist noch so viel Schnee liegt, dag Schneebrti&en das Oberqueren der B~iche erm/Sglichen wiirden und der Schutz yon Nistpl~itzen nicht gew~ihr- leistet w~re. Auffallenderweise wurden gerade in Jahren, in denen der Schnee besonders Iange am Grunde der Schlucht liegenblieb, die traditionellen niedrigen Brutfelsen gemieden.

Bei einern Nistort unmittelbar iiber dem Bachufer, der an sich relatlv leicht erreichbar schien, war eine Gef~ihrdung dadurch ausgeschaltet, daft ein {iberh~ingender Felsen yon oben Schutz bot, w~ihrend auf beiden Seiten glattes Gestein his ins Wasser reichte. Es sah also so

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aug als ob der Mauerl~.ufer ,,wiiflte", dab dies ein guter Schutz war under sein Nest in einer ungewghnlich freien Nische anlegen konnte.

Ein Schutz bietender Nistort hat offenbar Vorrang vor der Absicherung gegen benachbarte Rivalen. In einem Fall lag die Bruth6hle unmittelbar an der Revier- grenze, so daft das Brutpaar stets nur schtuchtaufvdirts Nahrung suchen konnte. Allerdings war im vorhergehenden Jahr derselbe Brutfelsen bei wesentlich weiter entfernten Reviergrenzen benutzt worden. Es kSnnte sich also u. U. um Nist- platztreue gehandelt haben.

Die Himmelsrichtung der Felsen, die eine BruthShle beherbergen, ist wahrschein- li& ohne Bedeutung. t4 BruthShlen £and ich an Ostw~inden, 8 an Westw~/nden, 7 an Siid- und 4 an Nordw~nden. Dies sieht zwar so aus, als ob Nordw~nde unbeliebt w~iren. HShlen lagen jedo& vorwiegend in S--N-verlaufenden Schluchten, so daft vorwiegend nach E oder na& W exponierte Felsen zur Auswahl standen.

Bei den meisten H/Shlen ist nur der Eingangsspalt zu sehen. Man kann jedoch erkennen, ob der Vogel yore Eingang aus nach unten oder seitlich hiipft. Der HShleneingang ist im allgemeinen nicht sehr eng, so daft man z. B. mit dem Arm durchgreifen kann. Auch ein Marder kgnnte demnach ohne weiteres bis zum Nest vordringen.

In einigen F~illen lag das Nest etwa 60 cm hinter dem Eingang, doch gab es Bruthghlen mit zwei Einschlupf~Sffnungen, die weniger als */~ m voneinander ent- fernt lagen; hier muff das Nest etwa in der Mitre gelegen haben. Dies gilt z.B. ftir drei BruthShlen, die auf einer Felsbank in einem Haufen lo&er aufeinander- getiirmter Steine lagen. Im Inneren befanden sich offenbar Hohlriiume, die fiir das Nest ausreichten. In der Voliere war das Nest 30 cm hinter dem Eingang. Bei den meisten BruthShlen konnten die JungvSgel einige Tage vor dem Ausfliegen den Ehern entgegenlaufen (s. unten).

Bei dem Brutpaar, das nach mehreren Versu&en in der Voliere erfolgrei& Junge aufzog, hatte si& zuniichst eine Schwierigkeit ergeben: Wir batten in dem kiinstlichen Felsen eine HShle~ angelegt, die auf glei&er H/She mit dem Eingang seitlich na& re&ts so abbog, daft die VSgel den Grad der Helligkeit, der ihnen am meisten zusagte, ausw~hlen konnten. Es zeigte sich dann aber, daft das ~ beim Nestbaubeginn das eingetragene Nistmaterial immer wieder heraustrug - - ein Zei&en dafiir, dag ibm irgend etwas nieht behagte. Ich erinnerte mi& dann daran, daft die meisten, wenn auch nicht alle BruthShlen im Brutrevier au& nach unten gefiihrt hatten. Nun fiigte ich in den unteren Tell des H6hleneingangs zus~itzli& einen Stein ein, so dag der Eingang zwar enger wurde, jedo& hSher lag als die BruthShle. Der Vogel mutate nun vom Eingang aus zun~ichst etwas nach unten hiipfen. Dies war ent- scheidend: yon diesem Moment ab wurde das Nest ohne ZSgern erbaut.

Nestbau

Das Nest wird ausschliegli& vom 9 erbaut. Anders lautende Literaturangaben dtirften auf unrichtige Bestimmung des Geschlechts zurii&gehen (LOHRL 1967 a, Abb. 3). Die grofle Ausdehnung des Reviers ist wohl die Ursa&e dafiir, daft das

ni&t in glei&bleibender Frequenz Material eintr~igt und verbaut, sondern intensive Bauphasen mit langer Abwesenheit abwechseln. Beispiet: bei einer drei-

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Abb. 3. Weibchen beim Eintragen vo~ Nistmaterial in der Voliere.

stiindigen Beobachtung am Vormittag des 24.5. 1967 yon 8.10h bis lt.10h erschien in den ersten 10 min ke~n Vogel. Dann kam das 9 mit einer Feder, legte sie ab, flog weg und blieb wiederum 10 rain lang aus. In den folgenden 11/2 Stunden kam das 9 25real mit Baumateriat, meist Moos, zum Nest. In den Bauphasen brachte es einmal innerhalb yon 12 min 9real Nistmaterial, sp~iter sogar inner- kalb vcn 9 rain 9mal. In den dann ans&lie~enden 60 m~n zeigte si& iiberhaupt ni&ts. Dann erschien das d und sang vor dem H6hleneingang, es ,,su&te ~' offenkundig nach dem 9, das si& bis zum Ende der Beoba&tungszeit (10 rain sp~iter) nicht mehr bli&en liefl.

Die zeitweilig hohe Bauintensiti/t war mSglich, weil das Nistmaterial, vor allem das Moos, in der n~i&sten Umgebung der Bruth6hle geholt werden konnte. Das eingetragene Material bestand in unserem Falle 22real aus Moos, 2real aus unbe- kannten braunen Fasern und einmal aus einer Feder. Das Moos wurde, wie ich auch sp~iter bei anderen Paaren beobachtete, oft an demselben Platz geholt, meist yon einem mit Moos bewachsenen Stein, an den si& das ~ anhSngte und das Material mit ru&artigen Bewegungen nach unten abrifl.

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Ganz ~ihnlich war das Nestbauverhalten des 9, das wir 1972 ausgiebig beobachten konnten, well wir in dessen Nest unmittelbar Einbli& batten: Am 21. Mai suchte dieses ~ immer wieder den erw~ihlten Neststandort auf und benahm sich dort, als ob es schon bauen wiirde. Es machte Drehbewegungen und strampelte in typischer Weise auf der Unterlage. Am Morgen des 24.5. baute das ~ tats~&li&, und die Menge des Materials liet~ darauf schliet~en, dat~ es am 23.5. zu bauen begonnen hatte. Wir beobachteten am 24.5. vormittags: Das ~ legte 5mal Nistmaterial ab, verbaute es anschlieSend, dann folgten 3 Ablagen ohne Bauditigkeit, ans&liet~end bra&te es 2mal Material mit jeweiligem Verbauen, das im wesentli&en aus Drehbewegungen und den wohl bei allen SingviSgeln iiblichen Strampelbewegungen bestand. Nach weiteren 4 Transporten und Baubewegungen flog das ~ mit dem c~ zusammen ab und blieb 1 */~ Stunden lang fern. Als es dana& wieder mit neuem Baumaterial ers&ien, blieb es 5 rain. im Nest sitzen, wobei es unentwegt ni&t nur strampelte und sich in der Mulde drehte, sondern au& Nistmaterial mit dem Schnabel ergriff und anderweitig ums&ichtete. Dabei kam es auch s&on zu Befestigungen des Nestrandes, indem das ~ an der Auf~enseite Material ergriff und fiber den Rand nach innen zog und dort verankerte.

Nach dleser Arbeit folgte wieder eine Pause yon 30 min. Im Anschlut~ daran brachte es noch 6real Baumaterial und verbaute dieses intensiv; daraufhin erschien es wieder 40 rain lang nicht mehr, worauf wit den viersttindigen Ansitz abbra&en.

Eine weitere viersdindige Beobachtung am folgenden Tag zeigte ganz Ahnliches: In den ersten 2 Stunden baute das ~ relativ gleichm~i~ig, wobei es in auffallender Weise tropfnasses Moos eintrug, und zwar 10mal hintereinander; das Moos wurde stets nnr im Nest abgelegt. Das 9 wurde selbst so naB, datg es selnen Kopf und die Kehle an trockenen Steinen abzureiben versu&te. Auf das nasse Moos folgte zun~ichst wieder tro&enes Moos, und dann wurde mit vielen Strampelbewegungen verbaut. Ans&lielgend holte es nochmals nasses Moos und verbaute es. Daraufhin vers&wand das 9, und tiber zwei Stunden lang erschien kein Altvogel mehr am Nest.

Es ist magli&, dab bei man&en Unterbrechungen das Auftauchen eines mitnnlichen Rivalen eine Rolle spielte, der yon dem Reviereigentiimer heftig verfolgt wurde.

Das 9 wird bei seinen Fliigen zum Nest h~iufig yore d begleitet, doch ist offenkundig das Brutpaar ni&t immer beisammen, denn oft kommt das 9 ohne d zurii&; andererseits erscheint wiederholt das c~ allein, wobei es oft au& bis ans Nest hiipft und dieses betra&tet.

Das Nest des Mauerl~iufers sieht einem Meisennest durchaus ~ihnli&, da es gr~Sfltenteils aus Moos besteht, w~ihrend zur Auspolsterung Haare, Federn und Wolle benutzt werden. Das Material wird nicht streng in einer bestimmten Reihen- folge eingetragen; zun~i&st iiberwiegt zwar das Moos, das den ganzen Unterbau bildet; wenn aber das 9 bei seinen Nahrungsfliigen Haare oder Federn findet, tr~igt es auch diese zum Nest und baut sie mit ein, so dag eine griindli&e Ver- flechtung entsteht. Wolle und Federn fiir die Innenauskleidung spielen dann gegen Ende der Nestbauzeit die Hauptrolle. Es kommt vor, dag das 9 beim Suchen nach diesen Baustoffen gelegentli& den Felsen verl~igt, wie Mauerliiufer ja au& bei der Nahrungssu&e durchaus im Gras hiipfen k6nnen.

Ein Mauerl{iufernest, das i& n~iher untersuchen konnte, enthielt neben dem Hauptbestandteil Moos noch einzelne Rentierfle&ten, tro&ene Nadeln der Zirbel- kiefer, Wiirzelchen und Grashalme. Das Polstermaterial bestand aus Federn, feinen Wurzeln, S&afwolle, einem Stii& Mausfell und einem farbigen Stri&wollfaden.

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Die hliufige Verwendung yon feu&tem Moos erleichtert die Bearbeitung und verleiht dem Nest, wenn es dann abgetro&net ist, einen festen Zusammenhalt. Allerdings sind Mauerl~iufernester an ihrem Standort oft dauernd feu&t. So stellte A. AmHHOgN bei dem Nest, dessen Bau hier beschrieben wurde, fest, dag es v~511ig feucht war, als er die Jungen zur Beringung herausnahm, weil an der anstehenden Wand Wasser herunterlief. PSENNet~ und THALER-KOTTEK 0969) er- w~hnen glei&falls, dag durch die Spalte, in der si& ein Nest befand, dauernd Wasser rieselte.

Das Nest in meiner Voliere, das in einer v611ig tro&enen H/Shle erbaut war, fiihlte sich beim Uberpriifen der Eier feu&t an; das Weib&en badete w~ihrend des Briitens t~iglida und kehrte mit no& feu&tem Gefieder aufs Nest zurii&.

Der gesamte Nestbau ist nach rund 5 Tagen beendet; die Bauphasen sind gr6gtenteils auf die Vormittage beschr~inkt. Am 3. Bautag hatte das yon uns beoba&tete Nest s&on weitgehend die endgiiltige Form angenommen.

Na& dem Ende des Nestbaus kam ein 9 no& regelm~igig ins Nest, ohne etwas mitzubringen, und baute, wobei es au& hier und dort Material ergriff und anderweitig einste&te. Sol&e Besuche mit Bauhandlungen dauerten his zu 24 rain.

Legebeginn Die Zeit zwischen Nestbaubeginn bzw. -ende und Legebeginn dauerte in drei

F~illen lange. In der Voliere begann das 9 am 10.5. sein Nest zu bauen, das am 14.5. praktisch fertig war. Zwei Tage sp~iter iiberna&tete das ~ erstmals im oder beim Nest. Am 23.5. lag das erste Ei darin, also 9 Tage nach seiner Fertigstellung.

Im folgenden Jahr begann der Nestbau am 2.5., das erste Ei war am 16.5. gelegt.

Bei der Brut im Freiland 1972 war der Nestbau, angefangen am 23.5., am 27. 5. mit grot~er Wahrscheinli&keit beendet. Noch am 7. 6. war mit Si&erheit kein Ei im Nest, das 9 sag darin und strampelte na& allen Seiten. Beim n~i&sten Besu& am 13.6. briitete das 9 am Vormittag mit Bestimmtheit noch ni&t, es waren jedoch in der Nestmulde yon unserem Standort aus zwei Eier sichtbar. Am Na&mittag des 13.6. begann das 9 mit dem Briiten. Falls das Gelege von 4 Eiern s&on vollz~ihlig war, wiirde der Legebeginn auf den 10. Juni fallen, anderenfalls auf den 11.6.

Na& diesen wenigen Beoba&tungen l~if~t si& natiirlich ni&t entscheiden, ob zwis&en dem Nestbauende und dem Legebeginn beim Mauerl~iufer i m m e r eine so lange Pause eintritt. Man k6nnte sich diese so erkl~iren, dat~ im Brutrevier des Mauerl~iufers in dieser Jahreszeit zweifellos die Nahrung noch sehr knapp ist. Die Pause wtirde dann der Ansammlung der fur die Eiproduktion ben~Stigten Reservestoffe dienen und miiflte genetisch verankert sein, denn meine Volieren- v/Sgel batten ja ein r.3berangebot an gehaltvoller Nahrung, eine derartige Pause also nicht n/Stig.

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Abb. 4. Voilgelege des MauerlS.ufers.

Gelegegr61te

Bei den wenigen Gelegen in Eiersammlungen ist fraglich, ob es sich stets um Vollgelege gehandelt hat, falls die Eier nicht angebriitet waren. Nach HA1~Trr~l: (1910--1922) besteht das Gelege aus 3 oder mehr Eiern (meist 4), nach NIET- HAMMER (1937) ,,3, meist 4, seltener 5". In GLUTZ VON BLOTZHEIM (1962) ftihrt GEROUDET 2 Vollgelege mit 4 und 5 Eiern auf.

H~iufiger festgestellt wurde die Anzahl der Nestlinge. GI~ROUDET erw~hnt ein Nest mit 2, sieben mit 3, acht mit 4 und sechs mit 5 Jungen.

Im oberen Utztal bestanden zwei Gelege aus je 4 Eiern. Mein Mauerl~iufer in der Voliere legte zwei Jahre hintereinander je 5 Eier (Abb. 4). In einer Brut- h/Shle im Citztal befand sich nur e i n befiederter Nestling neben zwei Eiern: ir~ einer anderen Bruth/Shle waren nur zwei Jungv6gel. Weitere kontrollierte Bruten bestanden aus 4 und 5 Jungen; am Schlot~ Neuschwanstein flogen 1959 5, 1960 4 Junge aus.

Nach diesen Angaben l~/f~t sich nicht mit Sicherheit sagen, welche Gelegegr~Sf~e am hiiufigsten ist; wahrscheinlich sind aber Fiinfer-Gelege nicht allzu selten, was man u. a. aus den Nestlingszahlen yon G~ROUDET s&liegen kann.

Ob der Mauerl~iufer Na&gelege zeitigt, diirfte, wie auch bei anderen Arten, yore Zeitpunkt des Brutverlustes abh~ingen. In der Voliere ma&te der Mauer- l~iufer ein Na&gelege mit 3 Eiern, na&dem i& das unbefru&tete erste Gelege yon fiinf Eiern nach dreiwtichiger Bebriitung entfernt hatte. Ein Eiersammler aus Vorarlberg beri&tete mir glaubhaft, dab ein Mauerl~iuferpaar in der N~ihe neu gebaut und gebriitet habe, na&dem er das erste Gelege gesammelt hatte.

Die Eier sind auffallend grog und schwer, wenn man in Betra&t zieht, dag Mauerl~iufer etwa soviel wiegen wie Kohlmeisen, n~imlich 17 bis 19 g (L6HRL 1970). In der Voliere war das niedrigste Gewi&t (ein ~) nac~h der Mauser) 16,7 g,

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das hSchste (9 vor Mauserbeginn) 19,3 g. Eier aus der Voliere wogen frisch: 2,52, 2,49, 2,41, 2,40g und aus einem Dreiergelege 2,55, 2,45 und 2,5 g. Eier der Kohlmeise wiegen dagegen 1,4 bis 1,8 g, Kleibereier 2,0 bls 2,2 g. Dabei ist der Kleiber mit durchschnittlich rum 23 g KSrpergewicht wesentlich schwerer als ein Mauerl~iufer. Der Gr61~enunterschied ~st auch aus den Ei-Mat~en ersichtli&.

Brutverhalten

W~hrend des Briitens wird das 9, das allein brtitet, regelm~f~ig yore d mit N a h r u n g versorgt. Wie beim F/.ittern der Jungen erscheint das ~ in gr~SBeren

Zeitabst~nden mit einem geftillten Schnabel, in dem mehrere Insekten gebiindelt werden.

Ich habe niemals festellen kSnnen, daf~ die Futteriibergabe erst am Nest erfolgt w~ire - - mit der einzigen Ausnahme am Tag vor dem Schliipfen der Jungen, wo si& das ~ nut auf den Nestrand setzte. VMmehr kam das 9, sobald es das d bemerkte, stets diesem entgegen, meist vor den Eingang der Bruth~hle. Es bettelte dabei, wie sp~iter die Jungv;Sgel, fli~gelschlagend. In vielen F~llen, vor allem, wenn das ~ schon eine Zeitlang gebriket hatte, flog es mit dem d zusammen ab und kam dann nach der Brutpause allein wieder zuriick. Ich konnte leider hie feststellen, ob das Paar auch unterwegs noch zusammenblieb und das ~ weiterhin geftittert wurde.

DaB slch die beiden nicht regelm~gig im Revier trafen, hat sich h~iufig gezeigt, wenn das 9 ohne Begleitung zur Brutpause weggeflogen war und das d nun vor dem leeren Nest mit Futter erschien. Es schliipfte, nachdem das ~? nicht entgegen- gelaufen war, in die Bruth~Shle ein und flog dann wieder ab, kam abet kurz darauf wieder mit demselben Futter zurfi&. Im allgemeinen trafen sich die beiden daim noch zur Futter~ibergabe, abet bei sehr langem Ausbleiben des 9 hat das d das Futter auch selbst verzehrt.

Traf das d kurz ha& der Rii&kehr des 9 ein, ging dieses sofort ha& der Fiitterung wieder aufs Nest zur~i&, doch erfolgte die Futteriibergabe auch in diesem Fall aullerhalb.

W~ihrend etwas weniger als 6 Stunden Beobachtungsdauer erschien das d 20real mit Futter; w~ihrend der Brutphasen des ~? wurde irn Durchschnitr alle 13,7rain gefiittert.

In den letzten drei Bruttagen betrugen die Brutphasen eines der beobachteten g im Durchschnitt 16,6 rain und die Pausen 5,9 rain. Die Brutphasen dauerten irn einzelnen 7 bis 29 rain, die Pausen 3 bis 9 rain. Zusammengerechnet hat dieses bei einer Beobachtungszeit yon insgesamt 337rain (in 6 Ansitzen vor- und nach- mittags) 254 min gebr/itet; 83 min enffielen auf die Pausen. Bei einem anderen Brutpaar dauerten die Brutphasen 11 bis 32, die Pausen 5 bis 7 rain.

In den ersten Tagen nach Brutbeginn sind die Schwankungen zwischen Brut- phasen und -pausen noch erheblich gr6~er. Am ersten vollen Bruttag, nachdem

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das ~ am Nachmittag des Vortages mit dem Br(iten begonnen hatte, sag das 122 rain auf dem Nest, w~ihrend 90 rain auf die Pausen enffielen. An diesem Tag waren die Brutphasen wie die Pausen jeweils wesentlich l~inger als sp~iterhin, n~imlich 30,5 rain Brut und 18 rain Unterbrechung.

Brutdauer

Die einzige bisher vorliegende Angabe fiber die Brutdauer beim Mauerl~iufer geht auf ZOLLIKOFEK (in Noll 1956) zuriick. In einem Fall war bei diesem Vogelliebhaber ein Junges nach 19Tagen Bebriitung geschRipft, wurde allerdings anschlieflend aus dem Nest getragen. Es war daher nicht ganz sicher, ob es sich nicht um eine gefangenschaftsbedingte VerzSgerung gehandelt hatte. Dies war nicht der Fall, denn die Mauerl~iuferbrut in unserer Voliere in Mgggingen dauerte gleichfalls 19 Tage. Das ~ hatte hier am 19. Mai zu briiten b,egonnen nach Ablegen des 4. Eies am fr/Jhen Morgen. Die beiden ersten Jungen aus den nume- rierten Eiern schliipften am 7. Juni, eines am Vormittag, das andere nachmittags. Am Morgen des 8. Juni war ein drittes Junges geschliipft, und das Junge aus dem 5. Ei lag am 9. Juni friihmorgens im Nest; es konnte abet schon am Abend, also nach 191/~ Tagen, geschliipft sein. Aus dem Ei 4 schl[ipfte kein Jungvogel.

Da die zuerst geschliipften beiden Jungen yon ihren Eltern aufgezogen wurden und weiterhin roll lebensf[ihig waren, lag kein Anzeichen fiir einen abnormen Entwicklungsvertauf vor.

Trotzdem war es eine wichtige Bestlitigung dieser langen Brutdauer, dat~ die im (~tztal im Jahre 1972 beobachtete Brut ebenso lange dauerte, n~imlich yore 13.6. nachmittags bis zum 2.7., wo ich gerade noch vor dem Einsetzen eines heftigen Schneesturms mindestens ein geschliipftes Junges und mindestens noch ein Ei sehen konnte. Das Junge war demnach am 19. Bruttag, allerdings einige Stunden vor dessen Ende, geschliipft.

Es l~iflt sich also sagen, dag die Brutdauer beim Mauerl~iufer 18 i/2 bis 20 Tage betr~igt.

Schliipfperiode

Dur& bloi~e Beobachtung der AltvSgel an der Bruth/Shle kann man den Zeitpunkt, an dem die Jungen ges&liipft sind, nicht feststellen. Von aut~en betrachtet ~indert sich zun~ichst gar nichts; das d tr~igt dem Q Futter zu, und dieses verl~if~t ab und zu zu mehr oder weniger langen Ausfliigen die Bruth/Shle. Auch wenn bereits Junge geschliipft sind, kommt es h~iufig ohne oder mit nicht erkennbarer Nahrung zur[i&.

Jugendentwicklung und Nestlingsdauer

Frisch geschltipfte junge Mauerl~iufer sind auf dem Kopf, den Schultern und dem Rti&en mit grauem Flaum bede&t (Abb. 5, 6).

Schon am 6. Lebenstag haben sich die Augen ein wenig ge/Sffnet, schmale Schlitze sind erkennbar. 8t~igige Junge /Sffnen die Augen vtillig, wenn man sie in die Hand nimmt.

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Abb. 5. Frisch geschlfipfter Mauerl~iufer. Auf dem R~i&en ist der Flaum no& nicht

roll entfaltet.

Abb. 6. MauerI~/ufer im AIter yon fiinf Tagen.

Im Alter yon 10 Tagen sind die Jungen bis auf den Flaum und zahtrei&e Kiele noch v611ig unbefiedert (Abb. 7). Junge Meisen haben in diesem Alter schon eine roll befiederte Oberseite. Erst bei den elft~igigen Jungen platzten die

Abb. 7. Zehnt~igige Jung- vSgel.

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Abb. 8. Die jungen sind 14 Tage alt. Die Hands&wingen begirt- nert sich zu entfalten; am Tag vorher 6ffneten sich die augeren Arm-

schwingen.

Kiele der Armde&en, und im Laufe dieses Tages zeigren si& auch die ersten Federspitzen an S&ultern und Rticken.

Am 12. Tag /Sffneten sich die innersten Armschwingen, und das K1eingefieder auf der Oberseite kam deutli& zum Vorschein.

Bei den 13 Tage alten Jungen batten si& nun au& die ~iut~eren Armschwingen an der Spitze entfaltet, w~ihrend die Handschwingen wie auch die Steuerfedern no& v~511ig ges&lossen waren.

Erst bei den 14digigen Jungen /Sffneten sich die Kiele der Handschwingen (Abb. 8). Bei jungen Kleibern erfolgt dies am 12. und bei Meisen am 10. Tag. Verglei&t man diese Termine mit der Gesamtentwi&lungszeit im Nest his zum Ausfliegen, so liegen sie jeweils ziemli& genau in der Mitre der Nestlingszeit, denn Meisen fliegen mit 19 his 20, Kleiber mit 24 Tagen aus.

Au& die Steuerfedern begannen si& bei den 14t~igigen Jungen zu entfalten. Die Handde&cn folgten einen halben Tag sp~iter. Das Rti&engefieder war zu diesem Zeitpunkt schon relativ gut entwickelt, nut an der Stirnregion iSffneten si& die Kiele erst am 16. Tag. Noch bei den Jungen yon 19Tagen sind die Kiele der Handschwingen und Armde&en si&tbar (Abb. 9, 10).

In der G e w i c h t s e n t w i c k l u n g (Abb. l l ) liegt der Gipfel yon tiber 23 g wesentlich fiber dem Gewicht erwachsener Mauerl~iufer yon 17 his 19 g.

In der Literatur werden nur ftir die asiatische Unterart nepalensis Gewichte yon h~S&stens 19,2 g angegeben, obwohl diese Rasse gr~Sgere Fltigelmage hat (vgl. L6Ht~L 1976).

Das hohe Nestlingsgewi&t war keine Gefangenschaftserscheinung, denn der erste Mauerl~iufer, den wir bekamen, wog gleichfalls 23 g; er war einer Naturh~Shle im Hochgebirge enmommen worden. Weitere Jungv/3gel in freier Natur wogen 22 und

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Abb. 9 u. 10. 19 Tage alte Mauerl~iufer.

zwischen 20 und 21 g, doch befanden sich diese noch nicht direkt vor dem Aus- fliegen. Das Gewicht all dieser jungen Mauerlgufer ist dann nach dem Ausfliegen deutlich zurii&gegangen.

Die N e s t 1 i n g s d a u e r betrug bei den beiden in der Voliere aufgewachsenen JungvSgeln je 29 1/2 Tage. Sie waren am 7. 6. geschliipft und haben die BruthShle am 6.7. nachmittags bzw. am 7. 7. am frtihen Morgen verlassen.

Bei der im Otztal beobachteten Brut war ein erstes Junges am 2.7. geschRipft. Ausgeflogen ist dort das erste Junge am Na&mittag des 30. Juli, na& mindestens 28 */2 Tagen. Zwei weitere Junge flogen am n~ichsten Tag aus und das vierte wahrscheinlich no& sp~iter, so dab auch bei jener Brut die Nestlingszeit rund 29 Tage betrug. Bisher ist die Nestlingsdauer beim Mauerl~iufer noch hie exakt

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Gewicht (ll) 24- 22"

20- 18- 16- 14- 12'- 10- 8" 6" 4- 2"

; ; 7 ; 1'1 1; 1; 17 1;2'1 2'3 2'S 27 2931 &33'5 3739 A l t e r ('[age)

Abb. 11. Die Gewichtsentwi&lung der jungen Mauerl~iufer in der Voliere.

ermittelt worden. Die in die weitere Literatur eingegangene Angabe ,,21 bis 26Tage" ist auf die dur& NOLL (1957) ausgewerteten Notizen ZOLLIKOFEt~S zurii&zuflihren. Bei einer in Gefangenschaft aufgezogenen Brut war jedoch nut der Ausfliegetermin bekannt, aber nicht das genaue Schliipfdatum. Nach einem anderen yon NOEL angeftihrten Beri&t war als Schliipfdatum der Tag angenommen worden, an dem beide AltviSgel Futter eintrugen. Dies ist insofern ni&t korrekt, als, wie wir wissen, das Weibchen in den ersten Tagen h~iufig noch ohne Futter zu den Jungen zurii&kehrt.

Als weiterer m/Sgli&er Fehler kommt die Annahme hinzu, dag der Ausfliege- terrain handaufgezogener V6gel exakt mit dem Ausfliegetermin in freier Natur iibereinstimmen wiirde. Nach dem Herausnehmen aus einem geschiitzten Nest und dem Einsetzen in eine ihm fremde Umgebung ist jeder Jungvogel etwas ver- unsi&ert, es fehlt ihm die Geborgenheit der vertrauten Bruth~Shle und er neigt u. U. dazu, diesen Ersatz-Brutort so rasch wie m~Sglich zu verlassen.

Der erste yon mir yon Hand aufgezogene junge Mauerliiufer verlietg seine Unter- kunft mehrere Tage, bevor er fliegen konnte. Dazu kommt no& die spezielle Eigenart der Art, dag die Jungen schon fiinf Tage vor dem Ausfliegetermin das Nest bei der Fiitterung zeitweilig verlassen und wieder dorthin zurii&kehren.

Trotzdem k~Snnen wir die Nestlingsdauer als die Zeit £estlegen, in der die Jungv/Sgel noch regelm~it~ig das Nest aufsuchen, denn die Zeitdauer, in der sie zum Futterempfang das Nest verlassen, steht in keinem Verh~iltnis zu der Zeit, w~ihrend der sie im Nest beisammen sitzen. Bei dem im Brutrevier beoba&teten Nest sagen alle vier Jungen, wenn nicht ein Altvogel mit Futter erschien, im Nest beisammen.

Dag die Jungen dieser beoba&teten Freiland-Brut weder gleichzeitig noch am selben Tag ausgeflogen sind, ist offenbar kein Zufall, denn an einer anderen Bruth~Shle verlief der Vorgang ~ihnlich: Frau E. Wt~LDHO~ (briefl.) hat bei ihren Filmaufnahmen am Schlog Neuschwanstein auf meine Bitte hin entspre&ende Aufzeichnungen gema&t. Dana& flogen dort yon vier Jungen das erste um 15.30 h aus, die n~ichsten erst am folgenden Tag und zwar um 6.07 h, 6.12 h und 14.40 h.

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Offenbar wird also bei Mauerl~iufern nach dem Wegfliegen des ersten Jungen nicht die ganze iibrige Brut, wie etwa bei Meisen und Kleibern, yon einer Unruhe erfat~t, die bewirkt, dai~ alle nacheinander ohne Riicksicht auf ihren Entwicklungs- stand die Bruth~ihle verlassen. Bleibt bei diesen Arten ein v611ig unterentwickeltes Nesth~ikchen zuriick, geht es zugrunde, da sich die Altv6gel nicht mehr darum kiimmern (L(3HRL 1968). Beim Mauerl~iufer dagegen werden die im Nest zuriick- gebliebenen Jungen bevorzugt mit Nahrung versorgt, da die Altv~Sgel traditions- gem~ifl mit dem Futter die Bruth/Shle anfliegen. Der yon uns beobachtete, als erstes ausgeflogene Jungvogel Griinring im natiirlichen Brutrevier, den wir gleich- zeitig mit der Bruth/Shle w~ihrend langer Zeit im Auge behalten konnten, erhielt innerhalb yon 75 min yon 25 Futterportionen, die die Altv6gel brachten, h/Schstens eine einzige.

Verhalten w~ihrend der Jungenaufzucht

A. I m B r u t r e v i e r

H u d e r n

Junge Mauerl~iufer werden sehr lange gehudert, well ihr Gefieder slch sehr iangsam entwickelt. Noch bei sedlstiiglgen Jungen verbringt das ~ mehr Zeit mlt Hudern aIs mit der Nahrungssuche.

Bei einer mehr als sechs Stunden dauernden Beobachtung am Vormittag dauerten die Huderzeiten durchschnittlich 17,2 rain, die Pausen 11,8 rain. Die Extreme waren dabei fast gleich fang: das Hudern konnte 5--35min, die Pausen zwischen 6 und 33 rain dauern. Insgesamt huderte das ~ diese sechst~gigen Jungen 206 mln lang und war 158 min abwesend.

Wenn die Jungen in diesem Alter sind, brlngt das ~ meist, aber noch nicht immer Futter mlt, wenn es zurtickkommt.

Mauerl~iufer zeigen beim Hudern dasselbe Verhalten, wie es bei manchen Arten schon beschrieben worden ist, niimlich das ,,Nestbodenrlitteln" (DEcK~RT 1964). Dabel scheint das ~ im Nest auf dem Kopf zu stehen, indem es zwischen den Jungen hindurch den Nestboden ergreift und deutlich sichtbar durchsch~ittelt, so dafg mSglicher Unrat zwischen dem Nistmaterial durchf~illt.

Nach den Beobadltungen in der Voliere werden junge Mauerl~ufer 14Tage gehudert, bis das Kleingefieder entwickelt ist und die Kiele der Handschwingen sich zu ~Sffnen beginnen.

N a h r u n g s f l i i g e

Beim Mauerl~/ufer mit seinem fiir einen Kleinvogel ungew~ihnlich grot~en Nahrungs- revier herrschen insofern besondere Verh~ilmisse, als beide Partner l~ingere Zeit hindurch nicht in gMchen Abst~inden mit Futter erscheinen (vgl. ZO~LIKOFER in NoL~ 1957).

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Dies kann man an 5eder Bruth~Shle erleben. So fiitterte ein c~ befiederte Junge w~ihrend 90min 6real, ohne dat~ das ~ erschien; in den folgenden 90 rain kam das ~ 8rnal mit Futter und das (~ nur ein einziges Mai. Am Nachmittag desselben Tages brachte das 9 im Verlauf yon 2Stunden 11real Futter, das c~ erschien iiberhaupt nicht.

Dies geht wohl darauf zurii&, dai~ die Mauerl~iufer bei den Nahrungsfltigen, die oft mehrere hundert Meter weit fiihren, zum Transport geeignete griSt~ere Beute- tiere sammeln, bis sie den Schnabel gefiillt haben. In dieser Zeit, d. h. nachdem sie das erste Beutetier aufgenommen haben, £ressen sie selbst nicht mehr, denn sie mtii~ten sonst die bisher gesammelte Beute ablegen oder diese selbst verzehren. Lediglich nach dem Fiittern kann man ~Sfters sehen, wie die Altv~Sgel Fliegen und andere kleine Beutetiere rasch hintereinander fangen und sofort verschlucken. Sobald sie jedoch das erste ,,Sammel-Objekt" gefunden haben, nehmen sie nur noch gr~Sf~ere Beutetiere auf, die ftir die Jungen bestimmt sin& Dieses Verhalten hat zur Folge, daf~ die Mauerl~iufer mehrmals t~iglich Nahrungsfltige einschalten, bei denen sie ausschliei~lich selbst Nahrung aufnehmen, und dann dem Nest stundenlang fernbleiben k~Snnen.

Es ist miSglich, aber nicht erwiesen, daf~ sie dabei entferntere Felsgebiete auf- suchen, die nicht zum tiblichen Nahrungsrevier geh~Sren, denn ich habe w~ihrend der Zeit der Jungenaufzucht im iiblichen Nahrungsrevier nie Futter suchende Altv~Sgel gesehen, die nicht zur Bruth/Shle zuriickgeflogen w~iren.

F t i t t e r u n g s f r e q u e n z

Die Zahl der Ftitterungen ist beim Mauerl~iufer wohl kleiner als bei den meisten Arten gleicher Gr~5t~e; doch sind die einzelnen Futterportionen oft sehr groin. Der lange Schnabel kann sehr viele Beutetiere aufnehmen, die, soweit es si& um l~ingliche Objekte handelt, also etwa um Nachtfalter oder Heus&re&en, quer im Schnabel getragen werden.

Nattirlich schwankt die Ftitterungsfrequenz je nach dem Alter der JungviSgel, sie h~ingt au& yon der jeweiligen Wetterlage ab.

Sechst~igige Junge wurden im Verlauf yon tiber 6 Stunden im Durchschnitt alle 13 rain gefiittert, acht- bis zehndigige innerhalb yon 68 min alle 9,7 rain. Zehn- bis ftinfzehntiigige Junge wurden bei sechs vers&iedenen Brutpaaren in fiinf ver- schiedenen Jahren innerhalb yon mehr als 10 1/2 Stunden alle 8,2 rain gefiittert. In dieser Phase ist der Nahrungsbedarf am griSi~ten. Etwa 25t~igige Junge erhielten im Verlauf yon nicht ganz 8 Stunden alle 10,9 min Futter. Zusammengerechnet bedeutet dies, daf~ im Durchschnitt etwa alle 10 rain eine Fiitterung erfolgt; aufgeteilt auf die beiden AltviSgel ergibt si&, daf~ jeder Partner im Durchschnitt aile 20 rain einmal fiittert.

Die Zeit v o r u n d nach dem Ausfliegen der Jungen ist im allgemeinen auch die Zeit des gr~Si~ten Nahrungsangebotes. Die zahlreichen Fluginsekten sind zwar w~ihrend der mitt{iglichen Sonnenscheindauer sehr aktiv und ftir den Mauerl~iufer

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schwer zu erbeuten; wenn jedoch die Sonne am Sp~itnachmittag hinter den Bergen verschwunden ist, erstarren diese Insekten meist rasch und k~Snnen dann, wie auch am friihen Morgen, ohne Miihe aufgesammelt werden. In sol& giinstigen Zeiten gehen die Mauerl~iufer zu einer vBllig anderen F/.itterungsart, der ,,Schnellfiitterung", tiber: sie kiSnnen dann auf Flllge ins Revier verzichten und bleiben in der N~ihe der Bruth6hle, wo sie mit jedem Beutest/ick einzeln oder mit den an derselben Pflanze aufgepickten Insekten stets sofort zu den Jungen fliegen. Es konnte dann vorkommen, daf~ ein d innerhalb von 11 min 8real fatterte, das ~ innerhalb yon 5 rain 5mal. Bei einem Paar, das w~ihrend mehrerer Tage in dieser Weise f~itterte, fiel w~ihrend 13 Stunden Beobachtungsdauer je eine Hitterung auf 3,4 min. Daran war das d 139, das ~ 92mal beteiligt. Der niedrigere Anteil des ~ an diesen ,,Schnellf~itterungen" entsprach jedoch nicht einer geringeren Futtermenge, denn w~ihrend das d die Schnellfi~tterungen weitgehend beibehielt, schaltete das 9 immer wieder FernfRige ein, wovon es dann mit gefi~lltem Schnabel zuriickkehrte, was zweifellos der Menge yon mehreren Schnellfiitterungen entsprach. Auch aus diesem Beispiel ist wieder ersichtlich, dat~ die Ermittlung yon F~itterungsfrequenzen mit Hilfe automatischer Z~ihlvorrichtungen ohne zus~itzliche laufende Beobachtung keine exakte Aussage tiber die Futter m e n g e erm~Sglicht.

A u f t e i l u n g d e s F u t t e r s

Unter normalen Be dingungen werden die Futterportionen einigermaflen gleich- m~il~ig an die Jungen verteilt.

l~ber die Mechanismen, durch die dies veranIat~t wird, wissen wit noch wenig. Die Verteilung des Futters geht nicht in erster Linie yore Altvogel aus, sondern wird dutch das Bettelverhalten der Jungen gesteuert. Ein gesunder, hungriger Jungvogel erh~ilt das Futter, well er am schnellsten reagiert, d. h. den Schnabel aufsperrt und - - das gilt far kleine Junge - - den Kopf am hSchsten reckt (L6HRL 1968).

Junge Mauerl~iufer haben in den letzten ffinf Tagen vor dem Ausfliegen die Eigenart, dem Futter bringenden Altvogel entgegenzulaufen, also das Nest kurz- fristig zu verlassen. Anfangs kommen sie dabei nur bis zum Ende der Brutspalte hervor, so dag sie stets yon oben noch Deckung haben. Befindet sich jedoch vor der Bruth/Shle noch eine begehbare Felsfl~iche, so verlassen sie in den letzten Tagen die sch/itzende l~berdachung und wagen sich etwas welter hinaus, jedoch stets nur, w~ihrend der Altvogel anwesend ist, also wenn sie ihn yon innen erkannt haben. Nach der Fiitterung ellen sie sofort wieder zur~ick. Wenn sie satt sind, setzen sie sich zu den Geschwistern in die Nestmulde.

In dem Nest, in das wir 1972 Einbli& nehmen konnten, waren die Jungen mit Farbringen individuell markiert worden. So konnten wir, als die Jung- v6gel anfingen, beim Ftittern herauszulaufen, jeweils die Fuf~ringe erkennen und auf diese Weise feststellen, wet geffittert wurde. G~instig daf~ir war eine besonders intensive ,,Schnellf[itterung", in der die Jungen innerhalb yon 3 Stunden 25 rain alle

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Abb. 12. Die Aufteilung der Futterportionen auf die vier Jungen einer Brut im ~tztal.

2,6rain geffittert wurden und dabei 81 Futtergaben erhielten (Abb. 12). Im End- ergebnis erhielten die vier Jungen einzeln je 20, 20, 17 und 24 Futterportionen.

Da wir zudem das Nest selbst im Auge hatten, konnten wir auch das weitere Verhalten des ge£itterten Jungen erkennen: es lief stets dasjenige Junge heraus, das im Nest am weitesten vorne, also dem Eingang zu, gesessen hatte. W~ihrend es auf~en war, rtickte sofort das benachbarte Junge in die entstandene Liicke nach, die iibrigen Geschwister rfickten gleichfalls vor. Das gefiitterte ging nun zum Nest zur~ick und setzte sich in die Lticke, die ganz hinten entstanden war. Dies geschah allerdings nur, wenn es ges~ittigt war. Hatte es bei der Schnellffitterung nur eine oder zwei Fliegen erhalten, so ging es noch nicht wieder ins Nest zurtick, sondern setzte sich v o r dem Nest auf das Gestein, um bei der n~ichsten Ankunft eines Altvogels nochmals am weitesten vorne zu sein und als erstes vor- laufen zu kSnnen. Es gab Junge, die sich in dieser Weise mehrmals hintereinander fiittern liet~en und dann erst auf den hintersten Nestplatz zuriickkehrten. Der ganze Vorgang erinnerte sehr an das yon HEINROTH (1926) geschilderte ,,Eisvogel- Karusseil".

Das Herauslaufen der noch nicht v/511ig fl~iggen Jungen kann man an jeder geeigneten BruthShle beobachten. Es hat den Vorteil, daf~ die Jungen sich schon vor dem endgi~itigen Verlassen des Nestes in der Umgebung orientieren kSnnen und mit den verschiedenen Unebenheiten der Felslandschaft vertraut werden.

Bei Bruthtihlen, die an einer Steilwand enden, erscheinen die Jungen allerdings nut am Eingang. Dort kSnnen sie also nut die Entfernung zwischen Nest und HShlenSffnung zu Fuf~ zuriicklegen.

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B. I n d e r V o l i e r e

Eine griindli&e Kennmis der Verhaltensweisen, die bei der Aufzucht einer Vogelbrut eine Rolle spMen, l~itgt sich vor allem unter den exper,imentellen Bedin- gungen einer Volierenzucht gewinnen. Je nach Vogelart setzt dies allerdings eine jahrelange Haltung voraus, da si& nur ha& griindlicher Beobachtung und Kennmis der Bediirfnisse ein Bruterfolg erm6glichen l~igt.

Die S&wierigkeiten waren beim Mauerl~iufer gr6ger als bei anderen Arten, da die Vggel im Winterhalbjahr als Einzetg~inger ein Revier gegen jeden Art- genossen verteidigen, und daher auch in der Voliere getrennt werden miissen. W~ihrend der Periode der Neuverpaarung im Friihjahr wechseln einige Zeit lang Aggression und Werbung ab. Da das ~ ni&t wie im natiirli&en Brutrevier weg- fliegen oder die Distanz vergrgtgern kann, fiihrt dies lei&t zu einer l~inger anhaltenden Ver~ingstigung, wodur& dann die fiir eine erfolgreiche Fortpflanzung n&ige Verringerung und Aufhebung der Distanz unm/Sglich wird. Das Problem wurde in der Voliere in tier Weise gel&t, dat~ die beiden Partner w~ihrend des Winterhalbjahres r~iumli& getrennt waren, si& jedoch dur& ein Drahtgitter hindurch sehen und bek~impfen konnten, ohne S&aden zu nehmen. Eine kleine Durchgangstiir konnte dann im Friihjahr, je nach Stimmung der Partner, ge/Sffnet werden, tim die beiden zusammenzufiihren, oder aber bei Zunahme der Aggressitiv~t wieder ges&lossen werden. Auf diese Weise gelang dann 1971 eine erstmalige Gefangen- s&aftszucht in der Freivoliere.

A n s p r i i c h e an d i e N e s t l i n g s n a h r u n g

Die Mauerl~iufer erhielten neben frischen Ameisenpuppen vor allem die in einer Li&tfalle gefangenen kleineren Na&tfalter, besonders die bei ihnen sehr beliebten Noctuiden.

Na&dem die ersten Jungen geschliipft waren, fiel auf, daft die im Futtergef~ig liegenden £ris&en Falter auf einmal vers&m~iht wurden und im Lauf des Tages eintro&neten, was in den vorherigen Wo&en und Jahren niemals vorgekommen war. Stattdessen verzehrten die Altv~Sgel Ameisenpuppen, und das ~ suchte die ganze Voliere ab und nahm dabei kleine Beutetiere auf, doch war ni&t zu sehen, ob es diese den Jungen zutrug. Am Na&mittag des S&liipftages erschien es jedoch am Futtergef~it~ und nahm mehrmals hintereinander je eine einzelne kleine Ameisen- puppe mit der Schnabelspitze au£ und trug sie ins Nest. Das d wurde nur einmal am Nachmittag beim Einschliipfen in die Bruth6hle beobachtet, w~ihrend das augen war. Am n~i&sten Tag ging es jedoch, wie das ~ am Vortag, mit einzelnen Ameisenpuppen und auch mit einem kleinen, erbeuteten Objekt zum Nest.

Die gr~itgte Nahrung, die die beiden Altv/Sgel am Schliipftag und dem folgenden Tag fiir sich selbst aufnahmen, bestand in grotgen Kgniginnenpuppen.

Die Mauerl~iufer ,,wut~ten" also ni&t nut, dat~ far die Jungen nut kleinste Beutetiere geeignet sind, sondern sie stellten sich selbst an diesen Tagen auf kleine Nahrungsobjekte um und ignorierten die Falter vNlig.

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Am dritten Lebenstag der zuerst geschliiphen Jungen wurden erstmals Falter eingetragen; es handelte sich dabei um ausgesucht kleine Arten. Dabei zeigte sich eine weitere Umstellung: Das Brutpaar hatte bisher, anders als mein friiher geha'ltenes d, die Falter fiir sich selbst nicht entfliigelt, sondern sie nach entsprechen- dem Aufschlagen auf die Unterlage stets als Ganzes verschluckt. Jetzt begannen sie, die Falter, die sie den Jungen zutrugen, nicht nur zu entfRigeln, sondern auch die Beine dieser Insekten zu beseitigen. Der Vorgang spielte sich ganz so ab, wie ich dies aus dem Freileben der Art kannte (L6HRL I967b). Diese Methode der Bearbeitung wurde auch weiterhin beibehalten, aber mit dem Unterschied, dag die Falter, die die Altv~Sgel selbst verzehrten, meist unbearbeitet, also mit FI~igeln und Gliedmal~en, verschluckt wurden. Dazwischen gab es allerdings Fiitle, die den Eindruck machten, als ob sich die Altv/Sgel selbst noch nicht entschieden h~itten, einen Falter zu verfiittern oder selbst zu s&lu&en. Sie zerlegten einen Falter kunstgerecht, um ihn dann doch selbst zu fressen.

Als die ~iltesten Jungen 5 Tage alt waren, begannen die AltvSgel, wenn sie ein Beuteobjekt vorbereitet hatten, nach einem weiteren zu suchen, obwohl die Brut- hShle ja unmittelbar daneben lag. Sie flogen erst ein, wenn sie noch mindestens ein zweites Beutestii& im Schnabel batten, au& wenn es neben einem Falter nur noch eine Ameisenpuppe war. Dieser Zwang, unbedingt Nahrung g e b ii n d e 1 t einzutragen, konnte nicht yon den Jungen veranlat~t worden sein, etwa durch erhShtes Nahrungsbediirfnis; vielmehr war immer ein lZlberangebot vorhanden. Die Altvtigel trugen h~iufig Nahrung ein, die sie nicht los wurden. Dies war an den fortdauernden Fiittertauten hSrbar, mit denen die Altv6gel zum Sperren zu ver- anlassen su&ten. Es konnte ges&ehen, dag nach 20 bis 25 solchen Fiitterlauten die Alten mit dem Futter wieder herauskamen, um nac,h kurzer Zeit erneut einen Versu& zu ma&en. Der pl6tzliche Beginn des Bilndelns war also zweifellos endogenen Ursprungs. Er geht wahrscheinlich auf die Notwendigkeit zurii&, bei Nahrungsfliigen im Revier weitab yon der BruthShle den Riickflug erst anzu- treten, wenn geniigend Futter gesammelt worden ist. Die Verhaltensweise war also auf den natiirli&en Mehrbedarf grSf~erer Jungen in freier Natur eingestelIt und palate ni&t zum vollen Futtergef~ig in der Voliere.

Bei einem geniigend grof~en Angebot begehrter Beutetiere konnten sich die V/Sgel nur s&wer vom Futtergef~if~ trennen, da der Anbli& dieser Nahrung sie auch bei bereits gefiilltem Schnabei veranlaf~te, zu versuchen, no& ein weiteres Objekt zu ergreifen, wobei dann immer wieder einzelne Teite aus dem S&nabel fielen und erneut aufgenommen wurden. Ein ganz ~ihnliches Verhalten hatten die in der Voliere briitenden Tannenmeisen bei der Jungenfiitterung gezeigt (L6m~ 1974 a).

Der Anbli& weiterer Beute im Nahrungsrevier wird den Vogel in freier Natur veranlassen, stets auch diese noch mitzunehmen, da die Nahrung dort ja miihsam gesu&t werden mug. Offenbar hat also der Anbli& noch erreichbarer begehrter Nahrung eine Hemmung zur Folge, abzufliegen, bevor sie gleichfalls erfagt ist.

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Im Lauf der Zeit haben meine Mauerl~iufer in der Voliere allerdings gelernt, trotz des Angebotes m&rerer Falter nut mit einem zum Nest zu fliegen, nachdem sie ihn entflfigelt hatten. Da dieses Entfliigeln nicht am Futtergef~ig selbst geschah, sondern auf einer Steinplatte am Boden, konnten sie also den Anbli& weiterer ,,Beutestii&e" umgehen.

Das Zutragen mehrerer entfltigelter Falter, wie man es im Brutgebiet regelm~iSig sehen kann, liet~ die Frage entstehen, wie Mauerl~iufer mit einer schon zubereiteten Beute im S&nabel eine weitere bearbeiteten. In der Voliere zeigte sich, wenn auch nut einige Male, dab die Mauerl~iufer den bearbeiteten Faker neben sich auf den Boden Iegten. Da das Entfltigeln yon Faltern stets auf einer ebenen Fl~iche clurch- geffihrt wird, war keine Gefahr vorhanden, da~ die Beute hinunterfallen kgSnnte. Das Ablegen bereits gefaf~ter Nahrungsteile kam auch dann vor, wenn der Schnabel scheinbar keinen Platz mehr bot fiir ein weiteres Objekt. Dann konnte der Vogel den Schnabel entleeren und die ersten Teile weiter hinten fassen, um auf diese Weise alles gleichzeitig transportieren zu k6nnen. Zun~ichst allerdings versuchten sie immer, durch kr~iftiges Daraufhacken die zus~itzliche Nahrung doch no& mit der Schnabel- spitze fassen zu k6nnen.

Eine weitere Eigenart, die vor allem auffiel, als die Jungen etwas gr~St~er waren, war das dringende Bedtirfnis der Altv/Sgel nach Abwechslung. Die Fiitterintensit~it liet~ auf einmal auffallend nach, auch wenn gentigend Falter oder frische Mehl- k~iferpuppen, die gleichfatls sehr begehrt waren, zur Verftigung standen. Die Mauer- l~iufer konnten dann mit einem sol&en Beutestfi& im Schnabel in der Voliere herumsuchen, obwohl no& genug gleichartige Nahrung im Futtergef~i~ lag. Bot ich dann etwas anderes an, etwa Ohrw/irmer, war augenblicklich der Fiitterungseifer wieder da und die V/Sgel bevorzugten nun die neu gereichte Nahrung. In freier Natur wird das Absuchen der vers&iedensten Standorte yon selbst dazu fiJhren, dat~ das Futter abwechslungsreich ist. Das Verhalten der Mauerl~iufer in der Voliere zeigt jedoch, dat~ hierzu endogen ein Bediirfnis vorliegt. Nur eine sol&e Abwechstung gew~ihrleistet, da/~ die vielf~iltigen Aufbaustoffe, die die Jungv/Sgel benftigen, au& zur Verfiigung stehen. Dieses Bedl.irfnis nach abwe&slungsrei&er Nahrung und dementsprechend die jeweils gesteigerte Fiitteraktivit~it nach einem neuen Angebot ist glei&falls ni&t auf die Mauerl~iufer beschr~inkt, sondern zeigte sich bei den verschiedensten in der Voliere geztlchteten Arten.

In gewissem Mai~ kamen dem Abwe&slungsbediirfnis au& die verschiedenen Falterarten entgegen, die wir bieten konnten. Die V~ge! nahmen abwechselnd ver- schiedene Arten yon Faltern. Das vielf~ltige Angebot lief~ jedoch eine deutliche Rang- folge in tier Beliebtheit erkennen: die Mauerl~iufer suchten nur noch das Beste heraus und liet~en Falter eintro&nen, die sie bei mangelndem Angebot jederzeit angenommen h~tten. Vollkommen verschm~iht wurde sowohl yore Mauerl~iufer wie auch yon der Tannenmeise der Zimtb~ir, Pbragmatobia fuliginosa. Obwohl diese Art keine auf- fallenden Warnfarben besitzt, wurde sie do& stets sofort erkannt und gar nicht erst mlt dem Schnabel geprfift. Fliegende Zimtb~iren erkannten meine Mauerliiufer

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Abb. i3. Der m~inixliche Mauerl~ufer mit Futter vor der Bruth~Shle ilx

der Voliere.

jedoch nicht, und es ist mir gelungen, einen zu veranlassen, einen soichen Falter im Flug in der Voliere zu erbeuten. Mit dem Falter im Schnabel landete er au£ einem bevorzugten flachen Stein, legte ihn dort ab und lief~ ihn liegen. Dagegen wurde eine andere B~irenart, die Tigermotte Spilosoma menthastri~ die yon manchen anderen Vogelarten v~511ig verschm~iht wird, yore Mauerl~iufer geradezu bevorzugt verfiittert (Abb. 13).

Zwischen solchen Nahrungsobjekten, die den Jungvageln zugetragen wurden, und denen, die die Altv/Sgel fiir sich selbst aufnahmen, liei~ sich eine Auswahl erkennen. Wenn an Schlechtwettertagen keine lebenden oder frischtoten Noctuiden zur Verfti- gung standen, gab ich aufgetaute Falter des Vorjahres aus der Kiihltruhe. Die AltJ v~Sgel nahmen diese Falter ohne weiteres an, jedoch nut ftir sich selbst. Fiir die Jungen verwendeten sie diese nie, sondern nur frischtote oder lebende Nahrung. Dasselbe geschah mit Ameisenpuppen, die etwa schon einen halben Tag lang im Futtergef~if~ ]agen. Die Altv~Jgel stillten damit jederzeit ihren Hunger, verwendeten sie aber nie zum Verfiittern. Auch Schmeif~fliegen, Calliphorinae, die bei den AltviSgeln immer begehrt waren, verschluckten sie nur sdbst und verftitterten sie nie an die Jungen. Khnlich war es beim Angebot yon Seidenraupen: w~ihrend jedoch Schmeigfliegen gerne und sofort gefressen wurden, nahmen sie Seidenraupen immer nur gelegentlich zwischen der anderen Nahrung. Dies kann abet nicht ftir ,,Raupen" verallgemeinert werden, denn sp~ter, als die Jungen schon befiedert waren, standen grtine Raupen eines Ztinslers, Eurhypara urticata, die sich in Brennesselbl~ittern einzurollen pi:legen, 2ur Ver£tigung; diese wurden bei jedem Angebot bevorzugt verf;.ittert, und zwar ohne Bearbdtung. Die ViSgel verftitterten solche Raupen so lange, bis die Jungen satt waren, dann verschlangen sie selbst den Rest begierig.

Auch bei einem grof~en Nahrungsangebot zeigte sich stets, dag die V~Sgel das begehrteste Futter zuniichst verfiitterten, bevor sie sich selbst daran s~ittigten. Die Beliebtheit der Ziinslerraupen wie auch die nur beschr~inkte Aufnahme yon Selden-

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raupen gilt im iibrigen au& fiir alle anderen in den Volieren gehaltenen insekten- fressenden Arten.

Vor allem in der ersten Lebenswoche der Jungv6gel suchten die Mauerl~iufer h~tufig trotz des vielf~iltigen Futterangebotes noch geradezu hektisch na& Nahrung, sowohl auf dem Boden der Voliere wie im Gestein. Es kam sogar vor, daf die V/Sgel si& an das Gitterdach anh~ingten und in dem obenauf liegenden diirren Laub herumsu&ten. Es war ganz offenkundig, daf die Mauerl~iufer ha& irgend etwas Bestimmtem su&ten. Es ist wahrs&einli&, daft es si& dabei um Kalklieferanten gehandelt hat, also etwa kleine Geh~iuses&ne&&en. Diese werden yon vielen, wenn nicht allen V~Sgeln periodisch verfiittert (und oft in vSlliger Verkennung als versehentli& ins Nest geratene ,,Fremdk~Srper" bezeichnet). Far die jungen Mauerl~iufer war allerdings der Kalkbedarf v611ig gedeckt, da i& t~ig!i& die frischen Mehlk~iferpuppen in pulveri~- sierten Hiihnereis&alen w~ilzte und au& fris~e Ameisenpuppen mit Kalkpuder bestreute. Vermutlich sind abet far Mauerl~iufer Geh~iuses&ne&en der einzig m6gli&e Sch!iisselreiz fiir Kalk.

B e s e i t i g e n y o n K o t

Als die Jungen vier Tage alt waren, ers&ien erstmals ein Altvogel mit Kot nach der Fiitterung. Vorher war dieser wohl stets verschlu&t worden. Der Kot der kleinen Jungen wurde zun~i&st am erstbesten Sitzplatz, auf dem der Altvogel landete, abgelegt (Abb. 14). Gr6ferer Kot wurde dann jedo& zun~i&st in der Voliere hin- und hergetragen und dann erst abgelegt oder fallen gelassen. Wit finden dieses Verhalten wiederholt bei den verschiedensten Arten, die in der Voliere briiren. Es handelt sich dabei offenbar um eine angeborene Verhaltensweise, die zur FoIge hat, daft der Kot m~glichst weir vom Nest entfernt abgelegt wird. Ob fiir das Verhalten des Vogels die zurii&gelegte Stre&e ,,gemessen" wird oder ob die Zeit, in wel&er der Kot getragen wird, mafgebend ist, kann nicht entschieden werden.

Abb. 14. Weibchen beim Verlassen der Bruth~Shle

mit Kot.

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W~ihrend die meisten Vogelarten den Kot nada dem Entfernen auf einer Unter- lage ablegen, andere, die nach dem Verlassen des Nestes weite Strecken fliegend zuriicklegen, diesen im Fluge fallen lassen (z. B. Schwalben, Stare), kommt beim Maueri~iufer beides vor. Sie kSnnen den Kot auf einem Felsblock ablegen oder aber, wenn sie zu einern l~ingeren Flug starten, aus der Luft abwerfen. Das Ablegen erfolgt dabei nicht am n~idastbesten Landeplatz, sondern der Mauerl~iufer kann yon dort aus nodamals starten und den Kot erst in gr~Sf~erer Entfernung liegenlassen.

F ~ n d e r u n g e n im F i i t t e r v e r h a l t e n

Vom 7. Tag an gab es die ersten Anzeichen dafiir, dai~ das Futter nidat mehr unent- wegt zugetragen wurde, sondern dai~ das Bettelverhalten der Jungen an der Steuerung der Fiitterfrequenz beteiligt war. Wenn die Altv~Sgel lange erfolgtos den F~itterlaut batten ert~Snen lassen, ohne das Futter loszuwerden, blieben sie oft l~ingere Zeit der HiShle fern, ohne neue Versudae zu madaen. Wurde allerdings zur Abwedas- lung neues, begehrtes Futter in die Voliere eingebracht, so folgten wiederum viele (oft vergebliche) Fiitterungsversudae.

Vom 12. Lebenstag ab liet~en beide Altv~Sgel gelegentlich neben dem F[itterlaut auch Teile der Gesangsstrophe h/Sren, und in der zweiten H~ilfte der Nestlings- entwicklung sang das ~ dann wohl tiiglich mehrmals die volle Gesangsstrophe in der BruthiShle. Dies k ~5 n n t e der Zeitpunkt sein, zu dem die Jungv/Sgel auf die arteigene Liedstrophe gepr~igt werden, die sie im Jahr darauf voll beherrsdaen, obwohl sie sie nada der Brutzeit kaum mehr h~Sren diirften, da die Altv~Sgel nada der Mauser, wiihrend der sie nicht singen, aggressiv sind und ins Winterterritorium abwandern.

Vom 14. Tag ab steuerte das Bettelgeschrei der Jungen nahezu aussdalief~lich das Futterangebot. Die Altv/Sgel beniitzten die Zeit, in der die Nestlinge satt waren, zu ausgiebigen Sonnen- und Sandb~idern und konnten Fiitterpausen yon ~iber einer Stunde einlegen. Wenn das ~ dann ohne Futter Nachschau hielt und yon heftigem Bettelgeschrei empfangen wurde, brachte es mehrmals hintereinander Futter; danach setzte es sein Sonnenbad fort.

In dieser Zeit flogen die Altv~Jgel hiiufig mit einem Nahrungsobjekt im Sdanabel auf den feudaten Erdboden unter dem Gebiisch und nahmen dort in eifrigen Pick- bewegungen zus~itzliche Bestandteile auf, bei denen es sich sicher nicht um tierische Nahrung handelte. Sehr wahrscheinlich fiigten sie dem Futter Erde oder Sand bei.

Als in den letzten Tagen der Nestlingszeit das Geschrei der Jungen bei der FiJt- terung weithin h/Srbar war, fiel auf, wie die Mauerl~iufer, vor allem das 8, vor- sichtiger waren, bevor sie in die Brnth~Shle einschl/ipften. W~ihrend sie sonst vielfach unmittelbar vom Futtergef~it3 weg am H~Shleneingang landeten und gleich darin verschwanden, blieben sie nun mif~trauisda dort sitzen. In den beiden ersten Wochen konnte ida jederzeit das Fenster offenlassen, um zu fotografieren, ohne dai~ dies die AltviSgel st6rte. Unter den v(Jllig gleichen Umst~inden schliipfte nun das ~ ~iber- haupt nicht mehr ein, sondern sicherte zu mir heriiber. Ida muf~te das Fenster

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schlietgen und durfte nicht mehr nahe der Scheibe beobachten. Die offenkundig eingetretene S&wellenerniedrigung gegeniiber potentiellen Gefahren in dieser Phase gilt au& far eine Anzahl sonstiger Vogelarten (L/3HRL 1950).

V e r h a l t e n n a c h d e m A u s f l i e g e n

W~ihrend die Jungv/Sgel in den ersten Stunden unmittelbar nach dem Ausfliegen frei auf einem Vorsprung sitzen k6nnen, wobei sie unentwegt den Standortlaut h/Sren lassen und beim Nahen eines Altvogels mit ho&schlagenden Fliigeln betteln, s&einen sie ans&lietgend vNlig zu verschwinden. Sie su&en si& m/Sglichst iiberda&te Ver- ste&pl~itze aus. Wenn ein Altvogel ers&eint, kommen sie pl/Stzlich hervor, fliegen ibm nach der Fiitterung no& eine kurze Stre&e nach, vers&winden aber dann wieder spurlos. Es ist also eine Art Fortsetzung des Verhaltens der letzten Nestlingstage nur mit dem Unterschied, daft sie si& start ins Nest in ein jeweils anderes, yon oben gede&tes Verste& zurii&ziehen.

Wiederholt fiitterte ein Altvogel l~ingere Zeit denselben Jungvogel. Dann wurde ein anderer bevorzugt mit Futter versorgt. Wahrscheinlich sind die JungvSgei nach einigen Tagen derart aufgeteilt, datg sich ein Teil dem d und der andere dem anges&lossen hat und diesem folgt, so dat~ die Jungen einer Brut an welt auseinander liegenden Often auftauchen k/Snnen.

Von unseren £arbig beringten Jungv6geln konnten 5 Tage na& dem Ausfliegen des ersten nut no& dieser und der zuletzt ausgeflogene in Begleitung des d beob- achtet werden, w~ihrend das ~ und die zwei anderen Jungen aus unserem Bli&feld vers&wunden waren.

Junge Mauerl~iufer beginnen sofort nach dem Ausfliegen, Insekten aufzupi&en und sogar zu erhaschen. Einer der im Utztal beobachteten Jungv/Sgel pi&te s&on einen Tag v o r dem Ausfliegen ha& der Fiitterung durch den Elternvogel nach allen m6gli&en auffallenden Objekten. Einige Stunden vor dem Ausfliegen ergriff er ein Stii& Moos und machte damit Tots&lagebewegungen auf der Unterlage. Als w~ihrend der Fiitterung ein Insekt auf den Boden gefallen war, pi&te er es ha&her auf und vers&lu&te es. Ein wahrs&einlich erst am vorhergehenden Tag ausgeflogener Jungvogel wurde neunmal hintereinander vom d gefiittert; als das d dann mit einem zweiten Jungvogel weggeflogen war, entde&te dieses Junge eine Heuschre&e, die es blitzs&nell ergriff und sofort verschlu&te - - obwohl es nach neun Futterportionen schwerli& mehr sehr hungrig gewesen sein konnte. Anschlieflend flog der glei&e Jungvogel sogar fliegenden Insekten nach, allerdings ohne sie zu erwis&en.

In den folgenden Wo&en haben wir wiederholt gleichzeitig mehrere junge Mauer- I~iufer an demselben Ort beobachtet, so z.B. am 10.9. 1971 vier Exemplare. Diese verjagten sich zwar gelegentlich spielerisch, abet es sah doch so aus, als ob sie in einer losen Verbindung zueinander stehen wlirden. Ob sie Ges&wister oder nur zuf~illig an einem giinstigen Oft zusammengetroffen waren, ist unbekannt. Die

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Aggressionsbereitschaft gegen Artgenossen scheint sich offenbar, wie bei den Alt- v/Jgeln, erst irn Lauf des Oktober zu entwickeln.

Diskussion

Als Anpassung an die besonderen brutbiologischen Verh~ilmisse des Mauerl~iufers f~illt zun~ichst die Reviergr6f~e ins Auge. Es diirfte kaurn einen anderen kleinen Sing- vogel geben, der ein ~ihnlich ausgedehntes Nahrungsrevier nicht nur abgrenzt, sondern auch regelrnilffig bei der Nahrungssuche ausniitzt. Dies l~if~t erkennen, daft rlur ein relativ geringes Angebot an erreichbarer Nahrung, vor allem bei unghnstiger Wetter- lage, zur Verfiigung steht. Erst die notwendige Vielfalt yon Felsgruppen, die nicht einheitlicher Sonneneinstrahlung ausgesetzt sing schafft die Voraussetzung dafi~r, daf~ Mauerl~iufer entweder an den sonnenbeschienenen Teilen oder, in der Mittags- wiirrne, an den schattigen Steilen Nahrung linden. Beg~instigt wird diese Verteilung dadurch, daf~ die Insekten, sobald eine Felspartie in den Schatten ger~it, in der kiihlen Hochgebirgsluft erstarren und auf diese Weise leicht erbeutet werden k~Snnen. Die starken Temperaturunterschiede zwischen sonnigen und schattigen Teilen gehen in Bachschluchten auch auf die Verdunstungsk~ilte zurtick, die yon den vielfach gletscher- gespeisten B~ichen ausgeht.

Die Brutperiode der Mauerl~iufer ist weitgehend an den Insektenreichturn irn Juli und August angepat~t. Die Aufzucht der Jungen f~illt fast stets in den Juli, die Mauser der Altv~Sgel, die eine geringere Beweglichkeit zur Folge hat, in den August, wiihrend die selbst~indigen Jungv~igel ira August und September die bisher nicht ausgenutzten und auch erst zu dieser Zeit insektenreichen h~heren Gebirgslagen aufsuchen. Die M~Sglichkeit einer vollen Erschlielgung des Brutreviers h~ingt zus~itzlich von dem h~iufigen Auftreten yon Wind ab, der dem Mauerl~iufer das Aufsteigen in die h6her gelegenen Gebiete auch w~ihrend der Nahrungssuche fiir die Jungen erleich- tert. Ein gegen Bodenfeinde geschtitzter Neststandort ist ein wesentlicher Faktor fiir die Sicherung der Verrnehrungsrate dieser Vogelart, die bei nur e i n e r Brut rnit relativ wenigen Eiem nicht in den Siiden zieht, obwohl sie ausschliet~lich yon tierischer Nahrung lebt.

Ungekl~irt ist, weshalb die Eier des Geleges gr~5t~er und schwerer sind als bei ver- gleichbaren Singvogelarten. Zweifellos schliipfen aus grof~en Eiern relativ groi~e Junge, die bei verh~ilmisrrn,if~ig kleinerer Autgenfl~iche weniger W~irrne verlieren, do& kann dies bei den langen Huderperioden kaurn eine wichtige Rolle spielen.

Als Folge einer extrern langen Nestlingszeit sind die Jungen beim Ausfliegen volt flugf~ihig, beweglich und sofort irnstande, selbst~indig leicht erreichbare Beute aufzu- nehrnen. Dies wird dadurch erleichtert, dal3 die Jungv/Sgel in den letzten Nestlings- tagen durch das Entgegenlaufen beim Futterernpfang Ubung irn Gehen und Hiipfen erlangen und ihre Umwelt kennenlemen, irn Gegensatz zu vielen Baurnh~Shlen- briitern, die beirn Ausfliegen erstrnals rnit der Urngebung konfrontiert werden. MtSg- licherweise h~ingt die lange Nestlingsperiode auch rnit dern Wachstum des tiber- dimensionalen Grof~gefieders zusarnmen.

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Zusammenfassung Das B r u t h a b i t a t des Mauerl~ufers besteht in abwechslungsreichen, yon Pflanzen

bewachsenen Felsgebieten in unteren und vor allem mittleren Gebirgslagen yon 1000--2500 m NN. Fliei~endes Wasser ist meist vorhanden, vMleicht n otwendig. Das B r u t r e v i e r ist als Nahrungsrevler sehr ausgedehnt und kann in Bachschluchten horizontal mehr als 1000 m betragen. Die S i e d 1 u n g s d i c h t e ist variabel, aber nie grog.

Die P a a r b i l d u n g erfolgt allj~hrlichim Brutrevier. Bel der B a l z singt das ~ und demonstriert dutch die Kopfhoch-Haltung seine schwarze Brust.

Das N e s t wird im Mai gebaut, in tiefen Lagen zu Beglnn, im Hochgebirge in der letzten Dekade des Monats. Der S t a n d o r t des Nestes ist extrem angepaf~t an das. Vermelden yon Brutverlusten dutch die im Brutgebiet hiiuflgen Raubsiluger. Oft liegt der - - meist nicht enge - - Eingang der HiShle fiber dem Wasser. Nut das ~ baut das Nest. Moos als Hauptbestandteil wird in n~chster N~ihe geholt und ist oft feucht bis nafk Intensive Bauphasen wechseln ab mit langen Pausen. Das Nest hat nach etwa drei Tagen die endgiiltlge Form und ist nach fi~nf Tagen fertig. Die 3 bis 5 E ie r wurden in mehreren Fiillen erst 9--14 Tage nach dem Ende des Nestbaus gelegt. Sie sind sehr grog und wiegen 2,4--2,55 g, mehr als die Eier glei&groger oder gr~t~erer Arten. Das b r ti t e n d e o+ wird vom ~ geftlt- tert. Die Brutphasen dauerten 16,6 (7--29), die Pausen 5,9 (3--9) mln. Die B r u t d a u e r betr~.gt 18J/2 bis 20Tage. Bis zum 10. Tag slnd die J u n g e n v~511ig unbefiedert. Die Handschwlngen iSffnen sich erst bei den 14tiiglgen Jungen am Ende der Huderzeit. Das Gewlcht fast fliigger Nestlinge liegt mit 23 g iiber dem der AltviSgel (17--19 g). Die Nest- lingszeit betr~igt 29 Tage. 5 Tage vorher laufen die Jungen den Eltern entgegen, nach dem Futterempfang gehen sie wleder ins Nest zurii&.

AIs N a h r u n g werden vor allem gr6flere Beutetiere, z.B. Noctuiden gesammelt und mehrere zuglelch, oft aus gro~er Entfernung, zum Nest getragen. Die Sammelfltige wechseln ab mlt langen Pausen, in denen die Eltern Nahrung fiir sich selbst suchen. 6t~igige Junge wurden im Durchschnitt alle 13, 10t~igige alle 9,7, 10--15t~igige alle 8,2, 25t~igige alle 10,9rain gefiittert. Bei gro~em Nahrungsangebot erfolgte eine Schnellfi.itterung: jedes in Nestn~he erbeutete Insekt wurde einzeln verfiittert in Abst~inden yon nur 3,4 rain oder wenlger.

Am Ende der Nestlingszelt erhielten vier farbig beringte Junge 20, 20, 17 und 24 Futter- portlonen. Zur Ftitterung verlie~ stets das vorne sltzende Junge das Nest, das n~chste rllckte in die Liicke nach, w~ihrend sich das geftitterte ganz nach hinten setzte.

Einzelheiten der Nahrungswahl konnten in der Voliere beoba&tet werden: in den ersten Lebenstagen brachten die Altv~gel klelne Ameisenpuppen elnzeln ins Nest und verzehrten selbst nut klelne Nahrungsteile. Fiir griSflere Junge wurden bei Faltern Fliigel und Beine entfernt und die Nahrung gebtindelt ins Nest getragen. Die Jungen wurden dutch einen Fiitterlaut zum Sperren aufgefordert. Die Altv6gel waren bestrebt, verschledenartige Nahrung zu verwenden; bei gleichartigem Angebot liet~ die SammelintensitS.t nach. Die Fiitterintensit~it ging zuniichst yon den AltvSgeln aus, yore 14. Tag ab wurde die Frequenz durch das BetteI- geschrei der Jungen gesteuert.

Der K o t wurde anfangs in der N~he abgelegt, spi/ter erst nach mehrmaligem Hin- und Herfliegen fallen gelassen. Im Brutrevier wird der Kot in gr/igerer Entfernung abgelegt, bei weiten Fliigen aus der Luft abgeworfen.

Die Jungen fliegen nicht gemeinsam, sondern einzeln aus, manchmaI an verschiedenerr Tagen, meist im Juli, manchmal erst anfangs August. Frisch ausgeflogene Jungv~Sgel ver- stecken sleh zunS.chst oft und kommen nur zur Fiitterung hervor, sie erbeuten jedoch schort sehr friih selbst Nahrung.

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Summary:: ')

B r e e d i n g b e h a v i o u r a n d d e v e l o p m e n t o f y o u n g i n W a l l C r e e p e r , T i c h o d r o m a rnurar ia

The Wall Creeper breeds in plant-covered rocky areas of varied character, at lower, and especially moderate altitudes of 1,000--2,500 m above mean sea-level. Flowing water is usually present and is perhaps a necessary condition. The Wall Creeper breeds regularly in gorges, but higher rocky regions above 2,500 m are generally visited only after the breeding season. Snowfalls and marked temperature variations, even in summer, are a typical feature of many breeding places. The breeding territory is considerably extended as a feeding territory, and in stream gorges it may stretch for more than 1,000 m horizontally. Population density is variable but never high.

Pair formation takes place each year in the breeding territory. In courtship the male sings and shows off his black breast in the head-up posture. It is not clear whether all Wall Creepers breed in their first year.

The nest is almost invariably built in May; at lower altitudes in the early part of the month, high up in the mountains, in t~e last ten days. The siting of the nest is an example of extreme adaptation to the need to avoid losses through predatory mammals that are usually common in the breeding area (Mustela, Martes). Often the entrance to the nesthole lies over water. The nest-site is not always centrally placed, it may be at one end of the territory, which quarter of the heavens it faces is of no significance. The breeding hole does not normally have a narrow entrance, the nest being seldom less than 60 cm from the entrance. Occasionally there are two entrances.

The female alone builds the nest. Moss, the main constituent, is gathered in the immediate vicinity of the nest and is often brought in a damp to wet condition. Periods of intensive building activity alternate with long pauses. In the periods of intensive activity the bird often does nothing but bring in and deposit material. The nest cup is formed by trampling an rotating movements. Often the male accompanies the female. The nest has its final shape after about 3 days and is completed after around five.

In several cases the eggs were laid only 9--14 days after nest-building was completed. The Wall Creeper lays 3--5 eggs, most frequently probably 4 or 5. They are very large and weigh 2.4--2.5 g, more than the eggs of similarly-sized or larger species.

The incubating female is fed every 13--14 rains by the male, which then often fetches her off the eggs for a break. Periods of incubation lasted on average 16.6 rains (7--29), the breaks 5.9 (3--9) mins.

The young hatch after an incubation period of 181h--20 days. They develop very slowly and are completely unfeathered right up to the 10th day. The primaries open only when the young are I4 days old; brooding of the young continues up to this point. The nestlings attain at 23 g a weight greatly exceeding that of the adults (17--19 g). Young Wall Creepers do not leave the nest before they are 29 days old. Five days before this however, they do begin to run towards their parents to be fed, but they always retreat into the nest afterwards.

Food collected consists mainly of larger prey items, e.g. Noctuidae, and several are carried to the nest at once, often from a great distance. Feeding of the young by the adults does not take place at regular intervals; collecting flights tend rather to alternate with long breaks during which the parents often spend hours hunting for food for themselves. For this reason often only one adult appears with food. At six days the young are fed on average every 13mins, at 10days every 9.7mins; young 10--15 days old received food

*) Fiir die ~3bersetzung danke ich Mr. MmHAEL WILSON, Wells, Somerset, England.

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every 8.2 mins and at 25 days old it was every 10.9 rains. In especially favourable conditions quick feeding of the young takes place, with prey being sought in the immediate vicinity of the nest hole and each individual item of prey fed to the young separately. In such periods feeding occurred every 3.4 mins, or even more frequently.

As the young ran to meet the adult in the last days it was possible to establish how the food was divided up amongst them. Of 4 colour-ringed young each individual received 20, 20, 17 and 24 portions of food respectively. The nestling nearest the front always left the nest to be fed first, with the next chick moving into the space vacated, while the young one which had been given food and was thus sated, moved into the now available space ~tt the year .

During successful breeding by a pair of Wall Creepers in an aviary it was possible to make a detailed study of food choice: in the first few days the adults brought small ant pupae to the nest singly. The parent birds similarly took only small pieces of food for themselves during this period and paid no attention to the otherwise much favoured Noctuidae. For larger young the moths were prepared, that is the wings and legs were removed, something which the adults had never done for themselves and which they hardly ever did afterwards when feeding themselves.

In this period the Wall Creepers always brought several pieces of prey to the nest, although the distance was very short. The young were encouraged to open their beaks by a special feeding call. The adults made great efforts to make use of different types of food. Collecting intensity slackened if food of only one kind was available and increased immediately, as soon as another sort of prey was offered. Even different moth species were distinguished: some species were completely rejected, others, e.g. those which had been frozen in a deep freezer and then thawed out again, were consumed by the adults themselves at any time, but never fed to the young. Blow flies too the adults took with relish themselves, but they were not brought to the young. Caterpillars were, depending on the species, eaten only by the adults themselves, or given preference over other prey items as food for the young. Feeding intensity was at first determined by the parent birds, which often waited in vain for the food to be taken. From the 14th day onwards, however, it was the begging calls of the young that directed feeding frequency. Soil was often mixed in with the food. During the last few days the adults became noticeably more wary of the observer when flying in to the nest hole.

Faeces were at first deposited near the nest hole, later they were dropped, but only after several flights hither and thither. In the breeding area in the wild the faeces are deposited at some distance but are dropped from the air in long-distance flights.

The young do not leave the nest together, bur individually, sometimes on different days. This usually takes place in July, sometimes not until the beginning of August. Young Wall Creepers that have recently flown often hide at first and only come out to be fed. They do however take prey for themselves very early. Probably each adult takes care of some of the young. Independent fully-fledged young may keep together in loose association.

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