BT_Drs_1713873_Volksentscheide

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  • 7/27/2019 BT_Drs_1713873_Volksentscheide

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    DeutscherBundestag Drucksache 17/13873

    17. Wahlperiode 11. 06. 2013

    Gesetzentwurfder Fraktion der SPD

    Entwurf eines Gesetzes zur Ergnzung des Grundgesetzes um Volksinitiative,

    Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum

    A. Problem

    Die im Grundgesetz verankerteparlamentarisch-reprsentative Demokratie hatsich in derBundesrepublikDeutschland bermehrals sechs Jahrzehntebewhrt.Doch auch derWunsch nach strkererBeteiligung wchst in derBevlkerung.Anders als in Lndern und Kommunen, in derEU und in vielenbefreundetenNationen kennt unsere Verfassung auerzurNeugliederung des Bundesgebietesund zurAblsung des Grundgesetzes (Artikel 29 und 146) keine Volksabstim-mung. Dies wird weithin als Lcke empfunden. Die BundesrepublikDeutsch-landbraucht deshalb heute auch aufBundesebene einebrgerfreundliche Rege-lung frdie Durchfhrung von Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentschei-den und Referenden.

    B. Lsung

    Das Grundgesetz wird ergnztbzw. gendert um die Einfhrung derunmittel-baren Brgerbeteiligung durch Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheidund Referendum auch auf Bundesebene.

    C. Alternativen

    Beibehaltung der bisherigen Verfassungslage.

    D. KostenVolksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheide und Referenden fhren zuDurchfhrungskostenbeim Bund, vorallem aberbei den Lndern und Gemein-den, die derBund zu erstatten hat. Hierzu gehren u. a. Kosten derPrfung derStimmberechtigung, von ffentlichen Bekanntmachungen, Druckkosten, Kos-ten frdie Versendung von Abstimmungsbenachrichtigungen,Kosten derFest-stellung von Abstimmungsergebnissen und die Kosten frdie Abstimmungs-kmpfe. Die Hhe derentstehenden Kosten ist vorallem davon abhngig, inwelchem Umfang die neuen Beteiligungsrechte genutzt werden.

    Diebisherigen in- und auslndischen Erfahrungenbei Volksentscheiden zeigen,dass sich die daraus entstehenden Demokratiekostenin einem berschaubarenRahmen halten.

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    Drucksache 17/13873 2 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode

    Entwurf eines Gesetzes zur Ergnzung des Grundgesetzes um Volksinitiative,Volksbegehren, Volksentscheid und Referendum

    Vom

    DerBundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates dasfolgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Absatz 2 desGrundgesetzes ist eingehalten:

    Artikel 1

    nderung des Grundgesetzes(Einfhrung von Volksinitiative, Volksbegehren,

    Volksentscheid und Referendum)

    Das Grundgesetz frdie BundesrepublikDeutschland inderim BundesgesetzblattTeil III, Gliederungsnummer100-1verffentlichtenbereinigten Fassung, das zuletzt durch Arti-kel 1 des Gesetzes vom 11. Juli 2012 (BGBl. I, S. 1478) ge-ndert worden ist, wird wie folgt gendert:

    1. In Artikel 76 Absatz 1 wird nach den Wrtern des Bun-destages das Wort oder durch ein Komma ersetzt undnach den Wrtern den Bundesrat werden die Wrteroderdurch Volksinitiative oderVolksbegehren einge-fgt.

    2. Artikel 77 Absatz 1 wird wie folgt gendert:

    a) In Satz 1 werden nach den Wrtern vom Bundes-

    tage die Wrter oder vom Volke durch Volksent-scheid eingefgt.

    b) In Satz 2 wird das Wort Sie durch die WrterVomBundestag beschlossene Gesetze ersetzt.

    3. Derbisherige Artikel 78 wird Artikel 77 Absatz 5, dieAngaben Artikel 77 und Artikels 77 Abs. werden ge-strichen und nach den Wrtern derFrist des wird dasWort Absatzes eingefgt.

    4. Folgender Artikel 78 wird eingefgt:

    Artikel 78

    [Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid,

    Referendum](1) Das Volkbt seine Staatsgewalt auch durch Volks-

    initiative, Volksbegehren, Volksentscheid und Referen-dum (Abstimmungen) aus. Die Wahlrechtsgrundstze (Ar-tikel 38 Absatz 1 Satz 1) gelten entsprechend. Abstim-mungsberechtigt ist, werwahlberechtigt ist (Artikel 38Absatz 2).

    (2) 100 000 Abstimmungsberechtigte haben dasRecht, den Bundestag im Rahmen seinerZustndigkeitmit einerGesetzesvorlage odereinem anderenbestimm-ten Gegenstand derpolitischen Willensbildung zubefas-sen (Volksinitiative). Der Haushaltsplan des Bundes inseinerGesamtheit, ffentliche Abgaben, die Dienst- und

    Versorgungsbezge sowie die Besetzung eines Amtes miteiner konkreten Person knnen nicht Gegenstand einerVolksinitiative sein.

    (3) Kommt innerhalb von sechs Monaten das vorge-schlagene Bundesgesetz nicht zustande oder fasst derBundestag keinen der anderen Vorlage entsprechendenBeschluss, so findet aufAntrag derVertrauenspersonenein Volksbegehren statt. Es kommt zustande, wenn inner-halb von weiteren sechs Monaten mindestens eine Mil-lion Abstimmungsberechtigte unterzeichnen.

    (4) Entspricht derBundestag dem Volksbegehren in-nerhalb von sechs Monaten nicht, so findet innerhalb vonweiteren sechs Monaten derVolksentscheid statt. Es ent-scheidet die Mehrheit der abgegebenen gltigen Stim-men. Das Bundesgesetz oderdie andere Vorlage kommtnurzustande, wenn mindestens ein Viertel derAbstim-mungsberechtigten zustimmt. Bedarfein zum Volksent-scheid gestelltes Gesetz der Zustimmung des Bundes-rates, so kommt es nur zustande, wenn die Zahl derBundesratsstimmen derjenigen Lnder, in denen eineMehrheit der abgegebenen gltigen Stimmen fr dasVolksbegehren gestimmt hat und das Zustimmungsquo-rum nach Satz 3 erreicht worden ist, der Mehrheit derStimmen des Bundesrates entspricht.

    (5) Eine Million Abstimmungsberechtigte haben dasRecht, ein vom Bundestag beschlossenes Gesetz dem

    Volksentscheid zu unterwerfen (volksbegehrtes Referen-dum). Absatz 2 Satz 2 sowie die Bestimmungen berdasVolksbegehren (Absatz 3) und den Volksentscheid (Ab-satz 4) gelten entsprechend.

    (6) Der Bundestag kann mit der Mehrheit von zweiDritteln seinerMitgliederbeschlieen, ein Bundesgesetzoderim Rahmen seinerZustndigkeit einen anderenbe-stimmten Gegenstand der politischen Willensbildungdem Volksentscheid zu unterwerfen (Parlamentsreferen-dum). Absatz 2 Satz 2 sowie die Bestimmungen berdenVolksentscheid (Absatz 4) gelten entsprechend.

    (7) Die Vertrauenspersonen haben in jedem Stadium

    des Verfahrens das Recht aufAnhrung in Bundestag undBundesrat. DerBundestag kann im Volksentscheid eineeigene Vorlage zurAbstimmung stellen, die im Verfahrennach Artikel 77 beschlossen wird. Bundestag und Ver-trauenspersonen knnen eine gemeinsame Vorlage zurAbstimmung stellen, die den Anforderungen nach Satz 2gengt. Die Vertrauenspersonen knnen zu diesemZweckvon ihrerursprnglichen Vorlage abweichen, so-fern diese nicht in ihrem Wesen verndert wird.

    (8) Die ausgewogene Information der ffentlichkeitber den Inhalt von Volksbegehren, Volksentscheidenund Referenden wird gewhrleistet.

    (9) DasNhere regelt ein Bundesgesetz, das derZu-

    stimmung des Bundesratesbedarf. Dieses enthlt insbe-sondere Regelungen zurWahrung derInteressen derLn-derund berdie Erstattung dernotwendigen Kosten fr

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    Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 3 Drucksache 17/13873

    die angemessene Information ber das Volksbegehrenund einen angemessenen Abstimmungskampf.

    5. Dem Artikel 79 Absatz 2 werden die folgenden Stze an-gefgt:

    Ein Volksbegehren, das eine nderung dieses Grundge-setzes zum Gegenstand hat, kommt zustande, wenn min-destens zwei Millionen Abstimmungsberechtigte unter-zeichnen. In derAbstimmung entscheidet die Mehrheitderabgegebenen gltigen Stimmen. Das nderungsge-setz kommt nur zustande, wenn mindestens ein DrittelderAbstimmungsberechtigten zustimmt. Artikel 78 Ab-satz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

    6. Artikel 93 Absatz 1 wird wie folgt gendert:

    a) In Nummer 4a werden nach der Angabe 38 einKomma sowie die Angabe 78 eingefgt.

    b) NachNummer4c wird folgendeNummer4d einge-

    fgt:4d. aus Anlass von Streitigkeiten ber die Durch-

    fhrung von Volksinitiativen, Volksbegehren,Volksentscheiden und Referenden auf Antragder Vertrauenspersonen, des Bundestages, desBundesrates, der Bundesregierung oder einesViertels der Mitglieder des Bundestages;.

    Artikel 2

    Inkrafttreten

    Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkndung inKraft.

    Berlin, den 11. Juni 2013

    Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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    Drucksache 17/13873 4 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode

    Begrndung

    A. AllgemeinesDas Grundgesetz sieht zwarin Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 dieAusbung derStaatsgewalt durch das Volkin Form von Ab-stimmungen (verstanden als Sachentscheidungen) vor, dieseVerheiung wird aberim markanten Gegensatz zu allen Bun-deslndern nicht einlst. Die im Grundgesetz vorgesehenenVolksentscheideim Rahmen derNeugliederung (Artikel 29Absatz 2 Satz 1, Absatz 3, 6 und 8 des Grundgesetzes; vgl.noch die Artikel 118 und 118a des Grundgesetzes) stellenzwarAbstimmungen in diesem Sinne dar, sind aberstrenggenommen lediglich Bevlkerungsentscheide. VordiesemHintergrund greift die nderung des Grundgesetzes den em-pirisch fassbaren Wunsch des Bundesvolkes nach mehrdirektdemokratischer Mitwirkung auf und ergnzt dasGrundgesetz um Volksinitiative, Volksbegehren und Volks-entscheid sowie Referenden, die entwedervon den Brgerin-nen und Brgern odervom Bundestag initiiert werden kn-nen.

    Die nderung des Grundgesetzes fut aufden mittlerweilevorliegenden Erfahrungen mit der direktdemokratischenPraxis der Lnder; der Entwurfbezieht dabei rechtsver-gleichende Einsichten ebenso ein wie den Stand der For-schung zurdirekten Demokratie in Rechts- wie Politikwis-senschaften.

    Dernderung des Grundgesetzes liegen folgende Leitlinienzugrunde:

    Sie geht vom normativen Gleichrang mittelbarerwie un-mittelbarerDemokratie aus; wederist die direkte Demo-kratie die eigentliche Volksherrschaft, noch gibt es eineirgendwie geartete Vorrangstellung des Reprsentativ-systems, die gegen Instrumente deridentitren Demokra-tie abzuschirmen wre. Das Regel-Ausnahme-VerhltnisbeiderLungenflgel derDemokratie ist ein rein fak-tisches: Direkte Demokratie ist die Ausnahme und wirddies bleiben.

    Konsequenz ist eine Gestaltung der direktdemokrati-schen Verfahren, die Bundestag und Bundesrat von An-fang an einbinden und einen Dialog zwischen den Repr-sentanten und den Vertrauenspersonen der direktdemo-kratischen Instrumente ermglichen. Das Verfahren

    wurde deshalbbewusst zeitlich gestreckt und um die Op-tion derModifikation derVorlagen ergnzt, um ffent-liche Debatten zu ermglichen und Kompromissebzw.konsensuale Lsungen zu erleichtern.

    Ein neuralgischerPunkt ist die Abbildung derfderalenStrukturderBundesrepublikDeutschland im VerfahrenderVolksabstimmung aufBundesebene.Neben eine andas schweizerische Stndemehr angelehnte Regelungtreten daherhierzahlreicheprozedurale Sicherungen inGestalt von Mitwirkungsrechten des Bundesrates, die so-wohl die Interessen derLnderwahren als auch sicher-stellen, dass derSachverstand derLandesexekutiven zurVerbesserung volksinitiierter Gesetze beitragen kann.

    Die nderung des Grundgesetzes hat sich nach demMusterderMehrheit derBundeslndermitjngeren Re-gelungen frein dreistufiges Verfahren mit Volksinitia-

    tive, Volksbegehren und Volksentscheid entschieden. Da-neben greift sie die Anregung aus derWissenschaft auf,auerdiesen Instrumenten deraktiven Gestaltung (Gas-pedal) auch das volksbegehrte Referendum als lediglichreaktive Mglichkeit der Korrektur des Parlamentsge-setzgebers (Bremse) vorzusehen; insofern wird inDeutschlandNeulandbetreten. Gleiches gilt schlielichfr die Mglichkeit des Bundestages, dem BundesvolkGesetze oder Sachfragen zur Entscheidung vorzulegen(Parlamentsreferendum).

    Die nderung des Grundgesetzes setzt die gelufigenHrden fr direktdemokratische Instrumente bewusstniedrigschwellig an und versteht sich insofern als Ein-ladung zurbrgerschaftlichen Aktivierung, greift aberkeine Maximalforderungen auf. Sie enthlt einen eng aufden gesamten Haushaltsplan, auf ffentliche Abgabenund aufDienst- und Versorgungsbezgebeschrnkten Fi-nanzvorbehalt und sieht nach eingehenderDiskussion einZustimmungsquorum von einem Viertel der Abstim-mungsberechtigten vor. Eingedenkdermittlerweile fasteinhelligen wissenschaftlichen Kritikan Quoren, die indieserForm ein deutscherSonderweg in Sachen direkterDemokratie sind, wird derverfassungsndernden Gesetz-geberzugleich in einerBeobachtungs- und gegebenen-falls Anpassungspflichtgesehen, sofern sich in derPraxiserweisen sollte, dass selbst dieses im Lndervergleichmavolle Quorum auf Bundesebene (immerhin gut15 Millionen Stimmen) prohibitiv wirken und Frustra-tionserlebnisse derBrgerinnen und Brgerprovozierensollte.

    Die nderung des Grundgesetzes setzt schlielich inso-fern Impulse, als sie Regelungen derjenigen Sachfragenvorsieht, die gegenwrtig in derWissenschaft alspoten-tielle Schwachstellen direkterDemokratie diskutiert wer-den, aufLandesebene aberbislang noch nicht odernurvereinzelt bercksichtigt worden sind. Dazu zhlen na-mentlich die faire und transparente Finanzierung direkt-demokratischerInstrumente sowie derRechtsschutz frund gegen sie. Die nderung des Grundgesetzes ver-pflichtet hierden einfachen Gesetzgeberzu hinreichen-den Vorkehrungen, ohne ihn im Detailbinden zu wollen.

    B. Einzelbegrndung

    Zu Artikel 1

    Zu den Nummern 1 und 2

    Sie enthalten notwendige redaktionelle Anpassungen derAr-tikel 76 und 77 des Grundgesetzes, da die Regelung des Ge-setzgebungsverfahrens aufBundesebenebislang nach ganzvorherrschenderAnsicht Volksinitiative, Volksbegehren undVolksentscheid ausschliet.

    Zu Nummer 3

    DieNorm integriert denbisherigen Artikel 78 des Gesetzesin die Regelung des Gesetzgebungsverfahrens undpasst indiesem Rahmen zwei Binnenverweise an.

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    Zu Nummer 4

    Absatz 1 verknpft die direktdemokratischen Instrumenteimplizit mit derdemokratischen Grundregel des Artikels 20Absatz 2 Satz 2; derVerweis aufdie Wahlgrundstze und dasWahlrecht unterstreicht den Gleichrang von Wahlen und Ab-stimmungen und entlastet den Text von eigenen Regelungen.

    Absatz 2 enthlt drei Regelungsbestandteile. Er sieht zu-nchst nach dem Musterdermoderneren Landesverfassun-gen die Volksinitiative als ersten Schritt eines dreistufigendirektdemokratischen Verfahrens vor, das sich zugleich nichtaufGesetzgebungbeschrnkt, sondern auch Voten des Bun-desvolkes zu sonstigen Sachfragen (Groprojekte, FragenauenpolitischerNaturu. a. m.) vorsieht (sog. andere Vorla-gen). Mit einem Quorum von 100 000 Abstimmungsberech-tigten (das entsprichtbei 62 200 000 Wahlberechtigten zurletzten Bundestagswahl ca. 0,16 Prozent derAbstimmungs-berechtigten) ist siebewusst niedrigschwellig kalkuliert, um

    die nach den Erfahrungen aus den Lndernbestehenden Mo-bilisierungsschwierigkeiten im Flchenstaat zu kompensie-ren. Schlielichbeschrnkt Satz 2 den Finanzvorbehalt aufden Haushaltsplan in seinerGesamtheit, aufffentliche Ab-gaben und aufDienst- und Versorgungsbezge; daneben sindVorlagen ad personam ausgeschlossen.

    Absatz 3 rumt frdie nchste Stufe des Volksbegehrensbe-wusst viel Zeit ein, um die Kompromissfindung zu ermgli-chen und zu verhindern, dass Entscheidungen unter demEindruckvon Ereignissen fallen, die die ffentlichkeitbe-sonders aufgewhlt haben. Mit 1,61 Prozent der Abstim-mungsberechtigten whlt derEntwurferneut ein Begehrens-quorum, das derAusdehnung des Bundesgebietes Rechnung

    trgt und sich daher am unteren Rand des im Lnderver-gleich blichen orientiert.

    Absatz 4 sieht frden Volksentscheid wiederum Zeit frVer-handlungen und konsensuale Lsungen vor. Ein mavollesZustimmungsquorum von 25 Prozent (Satz 3) vermeidet diein derWissenschaft analysierten Effekte des Beteiligungs-quorums, die im Einzelfall wie das negative Stimmgewichtim bisherigen Wahlrecht wirken knnen. Satz 4 orientiertsich zurWahrung derRechte derLnderan derbewhrtenSchweizerischen Regelung zum Stndemehr (sog. doppel-te Mehrheit).

    Absatz 6 erlaubt dem Bundestag, mit Zweidrittelmehrheit im

    Einzelfall eine ihm vorliegende Frage dem Volk zu unter-breiten (Parlamentsreferendum). Die Zweidrittelmehrheitstellt sicher, dass das Parlamentsreferendum nicht als Propa-gandainstrument derParlamentsmehrheit missbraucht wird.Satz 2 stellt sicher, dass auch in diesem Fall derFinanzvor-behalt sowie die Schutzvorkehrungen zugunsten derdemo-kratischen Legitimation (Zustimmungsquorum) wie des f-deralen Aufbaus gelten.

    Absatz 7 ordnet zunchst einen Dialog von Vertrauensper-sonen und Parlament an (Satz 1), ermglicht einen Gegen-vorschlag des Bundestages, der nach blichen Regeln mitdem Bundesrat abzustimmen ist (Satz 2), sowie einen ge-

    meinsamen Vorschlag von Vertrauenspersonen und Par-lament (Satz 3). Zentral ist die Mglichkeit derVertrauens-personen, im Interesse derKonsensfindung von Maximal-positionen ihrer Vorlage abzuweichen, ohne ihren Rege-lungsgehalt bzw. ihr Regelungsziel im Kern zu verndern(Satz 4).

    Absatz 8 regelt die Information derffentlichkeit und zieltdamit einmal mehrdarauf, die direktdemokratischen Verfah-ren weniger als punktuelle Entscheidungsmechanismendenn als gesellschaftliche Kommunikationsprozesse zube-greifen.

    Absatz 9 rumt dem Bund die ausschlieliche KompetenzzurRegelung derEinzelheiten ein und sichert gleichzeitig

    durch die Zustimmungspflichtigkeit, dass auch das Ausfh-rungsgesetz die Interessen derLnderwahrt. Zugleich ver-pflichtet dieNorm den Bundesgesetzgeberaufgewisse Min-destinhalte (Kostenerstattung und Information), ohne ihndarin festzulegen, wie er diese Zielvorgaben umsetzt.

    Zu Nummer 5

    Die Anpassung von Artikel 79 des Grundgesetzes stellt klar,dass nunmehrauch die vollplebiszitre Verfassungsnde-rung mglich ist. Um den erhhten Schutz derVerfassungs-urkunde gegen nderungen zu gewhrleisten, werden dasBegehrensquorum verdoppelt (ca. 3,22 Prozent derAbstim-mungsberechtigten) und das Zustimmungsquorum auf einDrittel erhht. Die Mitwirkung des Bundesrates wird durchdie entsprechende Anwendung derRegel zum Stndemehrkompensiert.

    Zu Nummer 6

    Die Regelung zum Rechtsschutz stellt zweierlei sicher: DasStimmrecht wird durch Ergnzung des Artikels 93 Absatz 1Nummer4a des Grundgesetzes verfassungsbeschwerdefhigund auch insofern dem Wahlrecht gleichgestellt. Die nachdem Vorbild einzelnerLandesverfassungen formulierte neueNummer 4d sorgt dafr, dass bislang bestehende Rechts-schutzlcken bzw. Unsicherheiten ber die Grenzziehungzwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit weg-fallen und das Bundesverfassungsgericht berAbstimmun-

    gen des Bundesvolkes einheitlich entscheiden kann. Das andie abstrakte Normenkontrolle angelehnte Viertelquorumdient dem Schutz derRechte derparlamentarischen Minder-heit.

    Zu Artikel 2

    Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.

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    Gesamtherstellung:H. Heenemann GmbH & Co., Buch-und Offsetdruckerei, Bessemerstrae 8391, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de

    Vertrieb:Bundesanzeiger VerlagsgesellschaftmbH, Postfach 10 05 34,50445 Kln, Telefon (02 21)97 66 83 40, Fax(02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

    ISSN 0722-8333