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Buchbesprechungen GREEN, D. E., und R. F. GOLDBERGER: Molekulare Prozesse des Lebens. Aus dem Englischen iibersetzt von L. und R. Trager, mit 98 Abb., X, 240 S. Springer-Verlag Berlin-Heidelberg- New York, 1971. Geb. DM 38,-. Molecular Insights into the Living Process, so der Originaltitel, erschien 1967. Gut fiinf Jahre werden also seit der letzten Korrektur durch die Verfasser vergangen sein. So scheint es wenig sinnvoll hier die Giiltigkeit einzelner Darstellungen der schnellebigen Molekular- biologie zu diskutieren - der Nachteil wurde in Kauf genommen. Bleibt die Frage, welche Vorziige eine Dbersetzung dennoch rechtfertigen. Die Verfasser haben in der englischen Originalfassung eine blendend erzahlte Darstcllung der «allem Leben gemeinsamen Prinzipien» vorgelegt. Wenig Vorkenntnisse Yom Leser ver- langend, wird dennoch ein recht anspruchsvolles Niveau erreicht. Die nun erschienene Dber- setzung prasentiert sich als leider schlecht gel un gene Kurzfassung dieses Buches. Eine Dar- stellung, die in erster Linie wegen ihrer Didaktik zu loben ist, laBt sich nicht schadlos kiirzen. Hier ist jeder Dbersetzer iiberfordert. Besonders wirkt sich dies in den ersten, Grundlagen vermittelnden Kapiteln aus. Man lese zum Beispiel die Beschreibung der kovalenten Bindung auf Seite 7. Wer es nicht schon wuBte, wird es kaum verstehen. Der Versuch, ganze Abschnitte in einem Satz wiederzugeben, fiihrt oft zu sinnlosen Verdrehungen: «Die Fahigkeit zur Quar- tarstrukturbildung weisen nur solche Proteine auf, die aus mehreren durch nichtkovalente Bindungen fixierten Untereinheiten bestehen» (S. 26). Vermeidbar gewesen waren allerdings die vielen kleinen Dbersetzungsfehler, die oft genug zu falschen oder sich widersprechenden Aussagen fiihren. Waren Verfiigbarkeit und Menge der chern is chen Elemente fiir ihren Einbau in biologische Molekiile auf Scite 5 noch ein Selek- tionsmerkmal von untergeordneter Bedeutung, stellt es schon wenige Absatze spater ein wich- tiges Kriterium dar. Oder: Kohlenstoffatome konnen Ketten beliebiger Struktur bilden (form myriad structural patterns), ... die knapp 100 chemischen Elemente (hundred odd elements) usw. Dberhaupt wird mit einer gewissen GroBziigigkeit verfahren. Wenn man alanin als Dipeptid (statt wie im Original als «Dipeptid») bezeichnet, so ist dies eben falsch und verwirrt den noch nicht sattelfesten Leser nur unnotig. Wo die Autoren vorsichtig formu- lieren: « ... known to be present ... », verkiindet die Dbersetzung kurz: «Es gibt ... ». Nicht ausrottbar scheint die Beschreibung der helicaren Struktur als Spirale, die Dbersetzung von billion als Billion oder die Bezeichnung Quantosom (statt Quantasom) zu sein. Krgerlich ist auch die Bearbeitung bzw. Nichtbearbeitung vieler Abbildungen und Formeln. Zumal in einer Einfiihrung soUte das angelsachsische Ll F nicht stehen bleiben (Abb. 27). In Tabelle 3 wird Dihydropyrimidin zu Pyridin dehydriert, Abbildung 9 soli einen Molekiil- ausschnitt zeigen, obwohl aile Glieder eine endsrandige Gruppe tragen, und zu Abbildung 25 wird eine Abkiirzung erlautert, die nirgends zu finden ist. Sicher hat das Buch auch viele lesenswerte Seiten. Die Enzymkapitel bieten eine Fiille gut gewahlter Beispiele. Goldbergers Beitrage zur Pathologie seien hier eben falls erwahnt. Andere Abschnitte sind nicht besser und nicht schlechter als die entsprechenden Darstellungen in anderen Biichern. «Zum kritischen Gebrauch neben Vorlesungen» kann es durchaus verwendet werden. Allerdings hatte es bei mehr Sorgfalt ein besseres Buch werden konnen, zumal man aufgrund des Verkaufspreises diese Sorgfalt erwarten durfte. F. HOFFMANN (Stuttgart-Hohenheim). PREECE, T. F., and B. J. DEVERALL: Physiological Plant Pathology. An International Journal of Experimental Plant Pathology. 86 S., Academic Press Inc., London 1971. $ 19,- per Vol. «Physiological Plant Pathology» hat sich dar auf spezialisiert, grundlegende experimenteUe Arbeiten iiber Wirt-Parasit-Beziehungen kranker Pflanzen zu veroffentlichen. Aile verschie- denen Aspekte, unter denen dieses Thema bearbeitet werden kann, sollen in diesem Journal zur Geltung kommen. Es steht physiologischen und biochemischen Arbeiten ebenso offen wie genetischen und molekular-biologischen oder solchen, die dem Studium der betreffenden Ultra-

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GREEN, D. E., und R. F. GOLDBERGER: Molekulare Prozesse des Lebens. Aus dem Englischen iibersetzt von L. und R. Trager, mit 98 Abb., X, 240 S. Springer-Verlag Berlin-Heidelberg­New York, 1971. Geb. DM 38,-.

Molecular Insights into the Living Process, so der Originaltitel, erschien 1967. Gut fiinf Jahre werden also seit der letzten Korrektur durch die Verfasser vergangen sein. So scheint es wenig sinnvoll hier die Giiltigkeit einzelner Darstellungen der schnellebigen Molekular­biologie zu diskutieren - der Nachteil wurde in Kauf genommen. Bleibt die Frage, welche Vorziige eine Dbersetzung dennoch rechtfertigen.

Die Verfasser haben in der englischen Originalfassung eine blendend erzahlte Darstcllung der «allem Leben gemeinsamen Prinzipien» vorgelegt. Wenig Vorkenntnisse Yom Leser ver­langend, wird dennoch ein recht anspruchsvolles Niveau erreicht. Die nun erschienene Dber­setzung prasentiert sich als leider schlecht gel un gene Kurzfassung dieses Buches. Eine Dar­stellung, die in erster Linie wegen ihrer Didaktik zu loben ist, laBt sich nicht schadlos kiirzen. Hier ist jeder Dbersetzer iiberfordert. Besonders wirkt sich dies in den ersten, Grundlagen vermittelnden Kapiteln aus. Man lese zum Beispiel die Beschreibung der kovalenten Bindung auf Seite 7. Wer es nicht schon wuBte, wird es kaum verstehen. Der Versuch, ganze Abschnitte in einem Satz wiederzugeben, fiihrt oft zu sinnlosen Verdrehungen: «Die Fahigkeit zur Quar­tarstrukturbildung weisen nur solche Proteine auf, die aus mehreren durch nichtkovalente Bindungen fixierten Untereinheiten bestehen» (S. 26).

Vermeidbar gewesen waren allerdings die vielen kleinen Dbersetzungsfehler, die oft genug zu falschen oder sich widersprechenden Aussagen fiihren. Waren Verfiigbarkeit und Menge der chern is chen Elemente fiir ihren Einbau in biologische Molekiile auf Scite 5 noch ein Selek­tionsmerkmal von untergeordneter Bedeutung, stellt es schon wenige Absatze spater ein wich­tiges Kriterium dar. Oder: Kohlenstoffatome konnen Ketten beliebiger Struktur bilden (form myriad structural patterns), ... die knapp 100 chemischen Elemente (hundred odd elements) usw. Dberhaupt wird mit einer gewissen GroBziigigkeit verfahren. Wenn man Cysteamin-~­alanin als Dipeptid (statt wie im Original als «Dipeptid») bezeichnet, so ist dies eben falsch und verwirrt den noch nicht sattelfesten Leser nur unnotig. Wo die Autoren vorsichtig formu­lieren: « ... known to be present ... », verkiindet die Dbersetzung kurz: «Es gibt ... ». Nicht ausrottbar scheint die Beschreibung der helicaren Struktur als Spirale, die Dbersetzung von billion als Billion oder die Bezeichnung Quantosom (statt Quantasom) zu sein.

Krgerlich ist auch die Bearbeitung bzw. Nichtbearbeitung vieler Abbildungen und Formeln. Zumal in einer Einfiihrung soUte das angelsachsische Ll F nicht stehen bleiben (Abb. 27). In Tabelle 3 wird Dihydropyrimidin zu Pyridin dehydriert, Abbildung 9 soli einen Molekiil­ausschnitt zeigen, obwohl aile Glieder eine endsrandige Gruppe tragen, und zu Abbildung 25 wird eine Abkiirzung erlautert, die nirgends zu finden ist.

Sicher hat das Buch auch viele lesenswerte Seiten. Die Enzymkapitel bieten eine Fiille gut gewahlter Beispiele. Goldbergers Beitrage zur Pathologie seien hier eben falls erwahnt. Andere Abschnitte sind nicht besser und nicht schlechter als die entsprechenden Darstellungen in anderen Biichern. «Zum kritischen Gebrauch neben Vorlesungen» kann es durchaus verwendet werden. Allerdings hatte es bei mehr Sorgfalt ein besseres Buch werden konnen, zumal man aufgrund des Verkaufspreises diese Sorgfalt erwarten durfte.

F. HOFFMANN (Stuttgart-Hohenheim).

PREECE, T. F., and B. J. DEVERALL: Physiological Plant Pathology. An International Journal of Experimental Plant Pathology. 86 S., Academic Press Inc., London 1971. $ 19,- per Vol.

«Physiological Plant Pathology» hat sich dar auf spezialisiert, grundlegende experimenteUe Arbeiten iiber Wirt-Parasit-Beziehungen kranker Pflanzen zu veroffentlichen. Aile verschie­denen Aspekte, unter denen dieses Thema bearbeitet werden kann, sollen in diesem Journal zur Geltung kommen. Es steht physiologischen und biochemischen Arbeiten ebenso offen wie genetischen und molekular-biologischen oder solchen, die dem Studium der betreffenden Ultra-

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strukturen gewidmet sind. Weitere Schwerpunkte sind: Einflu~ der Umwelt auf Wirt-Parasit­Verhaltnisse und die durch Pathogene verursachten Knderungen des WirtsstoHwechsels.

Es besteht kein Zweifel, da~ mit dies em Journal, des sen internationaler Charakter durch die Zusammensetzung des Herausgebergremiums unterstrichen wird, einem dringenden Bedtirfnis vieler Phytopathologen Rechnung getragen wird. Die bisher tiber die gesamte biologische Literatur weit verstreuten Arbeiten zu diesem wichtigen Thema haben eine Art von Kristalli­sationspunkt erhalten. Man kann hoHen, da~ dadurch neue Impulse gegeben werden, und die Kommunikation und Diskussion gefordert wird. Die in den ersten Heften erschienenen Beitrage sind von beachtlichem Niveau und lassen erwarten, da~ die Zeitschrift die Verbreitung findet, die sie verdient. Es ist zu hoHen, da~ die in «Physiological Plant Pathology» ver­oHentlichten Themen nicht nur die Vertreter der engeren Phytopathologie erreichen, sondern auch Pflanzenphysiologen und Biochemiker sich angesprochen fiihlen. Jedes vertiefte Studium der kranken Pflanze bereichert auch unser Wissen tiber die Funktionen der gesunden Pflanze. Es sei in diesem Zusammenhang nur an die Entdeckung der Gibberelline erinnert.

Es ware tragisch, wenn die im Erscheinen dieser Zeitschrift zum Ausdruck kommende Spezialisierung und Konzentration zu einer Abkapselung fiihrte. Das Gegenteil ist beabsichtigt.

Zu bedauern ist, da~ dieses internationale Journal nur englische Texte zur VeroHentlichung entgegennimmt. H. J. REISENER

RUDOLF SCHULZE: Strahl en klima der Erde. 217 Seiten, 108 Abbildungen und 36 Tabellen. Dr. Dietrich SteinkopH Verlag, Darmstadt, 1970. Leinen.

Das vorliegende Buch behandelt in 5 Kapiteln die nattirlichen Strahlungsquellen (Welt­raum, Atmosphare, Erdoberflache) und gibt einen Dberblick tiber Ma~systeme und Bestrah­lungsstarken. Sodann werden in 3 Kapiteln die Wirkungen, die Mengen und die spektralen Verteilungen biologisch wichtiger Strahlungsarten dargestellt. Je ein weiteres Kapitel ist der Strahlenanwendung und der Strahlenmessung gewidmet.

Das Buch besitzt einen hohen Informationsgehalt. Insbesonders ist hervorzuheben, da~ 108 Abbildungen in 217 Einzeldarstellungen, 36 Tabellen und zahlreiche nicht ausdrticklich als Tabellen aufgeftihrte, teilweise aber doch sehr ausfiihrliche Materialsammlungen eine Ftille von Originaldaten wiedergeben, die weit tiber die auch in vergleichbaren Werken zu findende bereits hohe Zahl an entsprechenden Datenangaben hinausgeht. Dabei treten aber leider die Zusammenhange zwischen Strahlung und biologischen Systemen - mit Ausnahme des mensch­lichen Problems «Sonnenbrand», der Strahlungsverhaltnisse in Btiroraumen sowie einer ge­ringer en Zahl weiterer, vornehmlich medizinischer Phanomene - weit in den Hintergrund. Aber gerade eine Darstellung auch solcher Zusammenhange hatte der Referent erwartet, denn tiber den Inhalt des Buches liest man in Anktindigungen und auch auf dem Buchumschlag selbst: Dieser neueste Band der «Wissenschaftlichen Forschungsberichte» behandelt die im Lebensraum der Menschen, Tiere und Pflanzen zu findenden Strahlungen unter dem Gesichts­punkt ihrer besonderen biologischen Wirkung (Zitat aus dem Text des Buchumschlags). Nun, die Photosynthese wird kurz erwahnt, doch leider in einer unglticklichen Form der Darstel­lung. Aber nach einer Erwahnung z. B. der morphogenetischen Wirkung von Strahlung auf Pflanzen sucht man vergebens; wie auch au~er der relativen spektralen Augenempfindlich­keitskurve des Menschen z. B. tiber Sehprozesse im Tierreich nichts gesagt wird.

Wer tiber das nattirliche Strahlenklima der Erde Information sucht, vielleicht als tlkologe, vielleicht als Photobiologe, findet diese in reichem Ma~e. Die Verkntipfung dieser Information mit biologischen Vorgangen muE der Leser jedoch weitgehend selbst vollziehen. Der Titel des Buches ist absolut zutreffend, dies selbst besonders im Hinblick auf die Originaldaten sehr zu empfehlen. Die Vorstellung des Inhalts in Anktindigungen und Prospekten kann dagegen vielleicht nicht ganz glticklich genannt werden. A. M. STEINER (Stuttgart-Hohenheim).