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Social Media für europäische Städte 1 Bürgerbeteiligung 2.0 für den RFSC Social Media im Referenzrahmen für nachhaltige europäische Städte

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Social Media für europäische Städte 1

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Inhalt

Kurzfassung 6

1. Einleitung 71.1 Zielsetzungen und Zielgruppen des Handbuchs 71.2 Lesehinweise 71.3 Sieben gute Gründe weiterzulesen 8

2. Der RFSC: ein Werkzeugkasten für den integrativen Ansatz 92.1 Die Leipzig Charta und der RFSC 92.2 Gemeinsames Lernen und Erfahrungsaustausch europäischer RFSC-Städte 102.3 Ein Social Media-Leitfaden für den RFSC 10

3. Social Media: Terminologie, Relevanz und Funktionalität 113.1 Terminologie und Relevanz 113.2 Funktionalität: neue Formen der Kommunikation und Interaktion 13

4. Social Media-Anwendungen und ihre Einsatzbereiche 164.1 Externe und interne Anwendungsbereiche 164.2 Social Media-Anwendungen: Kriterien und Auswahl 164.3 Information, Kommunikation und Netzwerken 164.3.1 Soziale Netzwerke 164.3.2 Foto- und Videoplattformen 204.3.3 Blogs 244.4 Konsultation der Crowd 264.4.1 Crowdmapping 264.4.2 Crowdfunding 284.4.3 Open Innovation 314.5 Professionelle Kommunikation und Wissensaustausch 344.5.1 Professionelle Soziale Netzwerke 344.5.2 Interne Blogs und Messenger 354.5.3 Cloud-basierte Speicherung und Zusammenarbeit 354.5.4 Wikis und kollektives Wissensmanagement 36

5. Ein Social Media-Strukturmodel: die Integration von Social Media in den RFSC 385.1 Die Integration von Social Media in den RFSC 385.2 Die Entwicklung einer Social Media-Strategie 385.2.1 Maßnahmenauswahl in Abhängigkeit von lokalen Prioritäten 385.2.1.1 Agenda-Setting 385.2.1.2 Schwerpunkte formulieren 405.2.1.3 Social Media-Hauptziele 425.2.2 Wahl der Verbindlichkeitsstufen 425.2.2.1 Initiierung 425.2.2.2 Bereitschaft 425.2.2.3 Reife 44

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5.2.3 Relevanz der Auswahl einer Social Media-Strategie überprüfen 445.2.4 Selbstevaluation und Strategieanpassung 445.3 Überprüfung des integrativen Ansatzes 445.3.1 Social Media-Prioritäten kategorisieren 455.3.2 Social Media-Prioritäten prüfen 455.3.3 Auswirkung der Instrumentenwahl prüfen 455.3.4 Social Media-Prioritäten bewerten 455.4 Bewertung des Social Media-Projekts 465.4.1 Indikatorenauswahl treffen 465.4.2 Auswahlsynthese vornehmen 465.5 Monitoring der Social Media-Aktivitäten 475.6 Evaluation der Social Media-Strategie 48

6. Glossar relevanter Begriffe 49

Imprint 51

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Abbildung 1: Darstellung unterschiedlicher Trends, die mit Social Media korrelieren 12

Abbildung 2: Kommunikationsmodelle 13

Abbildung 3: „Leiter der Partizipation“, „Potenzgesetz der Partizipation“ und Formen der Kommunikation und Interaktion 14

Abbildung 4: Emotionale und familienfreundliche Präsentation auf Facebook (Halmstad, Sweden) 18

Abbildung 5: Facebook-Seite des Schweizer Dorfes Obermutten mit mehr als 45.000 Fans 19

Abbildung 6: Tweets auf Twitter während eines Erdbebens 20

Abbildung 7: Webseite der Stadt Belfast mit einem YouTube-Video über gestiegene Bußgelder 22

Abbildung 8: Account der Stadt Seattle auf Pinterest 23

Abbildung 9: Blog von Auszubildenden der Stadt Hamburg 25

Abbildung 10: FixMyStreet-Karte London 27

Abbildung 11: Wheelmap-Karte Berlin 28

Abbildung 12: Citizinvestor-Webseite 30

Abbildung 13: Cycling Affairs-Wettbewerb 33

Abbildung 14: Social Media-Strukturmodel 39

Tabelle 1: Zuordnung von Interaktions- formen auf verschiedene Kategorien von Social Media-Instrumenten 15

Tabelle 2: Soziale Netzwerke 17

Tabelle 3: Foto- und Videoplattformen 21

Tabelle 4: Blog-Anwendungen 24

Tabelle 5: Crowdmapping-Plattformen 26

Tabelle 6: Crowdfunding-Plattformen 29

Tabelle 7: Professionelle Soziale Netzwerke 34

Tabelle 8: Internes Blogging und Kurznachrichten verschicken 35

Tabelle 9: Cloud-basierte Speicherung und Anwendungen der Zusammenarbeit 36

Tabelle 10: Wikis und Anwendungen für kollektives Wissen 37

Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis

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Innerhalb dieser Publikation wird zwischen sechs unter- schiedlichen Formen der Interaktion unterschieden: Information, Kommunikation, Konsultation, Netzwer-ken, Zusammenarbeit und Entscheiden. Social Media-Anwendungen bilden dabei unterschiedliche Interaktions-formen ab und unterscheiden sich so in Zugänglichkeit und Komplexität deutlich. Im Kontext des RFSC werden insbesondere die Funktionsweisen und Anwendungs- möglichkeiten von Sozialen Netzwerken, Foto- und Video- plattformen, Blogs, Crowdmapping-Plattformen, Crowd- funding-Plattformen und Open Innovation beleuchtet. Zusätzlich werden Möglichkeiten, den professionellen Austausch zwischen Städten zu unterstützen, dargestellt.

Um eine Social Media-Strategie entwickeln zu können, die den jeweiligen Bedürfnissen der Stadt bzw. Gemeinde und der Bürger entspricht, bietet diese Publikation ein Social Media-Strukturmodell an, das der Struktur des RFSC und seinen Tools entspricht. Dieses Strukturmodell bietet theoretische und praktische Handreichungen zu allen Phasen der Planung und Umsetzung von Social Media- Maßnahmen. Der Leser wird durch eine Reihe von Schritten, Fragen und Vorschlägen geleitet, um die Social Media-Strategie zu entwickeln, die am ehesten der vorliegenden politischen, geografischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Situation Rechnung trägt.

Die Leipzig Charta ist ein wichtiger Baustein zur Unter-stützung einer nachhaltigen Stadtentwicklung in Europa. Sie enthält ein gemeinsames Grundverständnis für den Weg zur Stadt der Zukunft, für Bürgerbeteiligung und Zusammenarbeit. Der RFSC (Referenzrahmen für nach- haltige europäische Städte) bietet europäischen Städten und Gemeinden ein praxisorientiertes Online-Tool zur Erreichung der gesteckten Ziele. Das Tool erlaubt es ihnen, Zielvorstellungen, Kriterien, Methoden und Maßnah- men für die nachhaltige Stadtentwicklung zu formulieren und zu beurteilen. Social Media bietet in diesem Kontext eine hervorragende Möglichkeit, sich mit sozialen, ökolo- gischen und ökonomischen Fragen der Nachhaltigkeit zu befassen und dabei insbesondere Bürger, aber auch weitere Stakeholder (Betroffene und Beteiligte) in Diskussionen, Planung und Umsetzung von Stadtent-wicklungsmaßnahmen einzubeziehen.

Der Begriff Social Media wird für eine Vielzahl unter-schiedlicher Netzwerke, Tools und Instrumente verwen-det, die die Kommunikation und Zusammenarbeit im Internet erleichtern. Die Zunahme der Bedeutung von Sozialen Netzwerken, Plattformen, Speicherangeboten, und interaktiven Wissensmanagementsystemen führt zu rasanten Veränderungen von Kommunikationsgewohn-heiten und Mediennutzung.

Kurzfassung

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1.2 Lesehinweise

Dieses Handbuch und seine sechs zugehörigen Broschüren bieten Einsichten und praktische Leitlinien für Leser mit unterschiedlichen Interessenlagen und Erfahrungs-hintergründen:

•   Informationen bezüglich des europäischen Kontexts dieses Handbuchs, dem Referenzrahmen für nachhaltige europäische Städte (RFSC) → Kapitel 2•   Informationen über die Relevanz von Social Media, begleitende Trends und deren Kommunikations- und Interaktionsmechanismen → Kapitel 3•   Verschiedene Mechanismen, Nutzungsmöglichkeiten und Beispiele für Social Media-Anwendungen → Kapitel 4•   Ein Planungsleitfaden für nachhaltige Social Media- Strategien → Kapitel 5•   Ein Glossar für relevante Begriffe aus dem Bereich Social Media → Kapitel 6•   Praktische Kurzinformation zu Planung, Kommunikation, Monitoring und spezifischen Social Media-Tools → Broschüren 1–6

1.1 Zielsetzungen und Zielgruppen des Handbuchs

Zielsetzung des Handbuchs ist es, durch Informationen, Erklärungen und Anregungen

•   europäischen Städten und deren Beschäftigten in der Verwaltung, ausführenden Stellen und Vertrags- partnern ebenso wie•   Lokalpolitikern, Planern und Bürgern

eine Vorstellung über die Möglichkeiten und die Relevanz von Social Media zur Unterstützung auf ihrem Weg zu nachhaltigen europäischen Städten und Gemeinden zu vermitteln.

Neben den Einblicken in spezifische Plattformen wie Facebook, Twitter oder YouTube bietet diese Publikation eine Auseinandersetzung mit neuen Kommunikations- und Interaktionsformen, die in den letzten Jahren durch die Verbreitung von Internet und mobilen Geräten an Bedeutung gewonnen haben. Diese führen zu grundle-genden Veränderungen der zwischenmenschlichen Kommunikation und dem Verhältnis zwischen Organisa-tionen und denjenigen, mit denen sie interagieren und kommunizieren. Tatsächlich befindet sich dieser Prozess noch in seinen Anfängen und in europäischen Städten bzw. Gemeinden und Verwaltungen ergeben sich deswegen oftmals mehr Fragen als Antworten.

Dieses Handbuch zeigt Nutzungsmöglichkeiten und Anwendungsbeispiele von Social Media in verschiedenen Bereichen auf. Es bietet dabei eine breite Auswahl von Themen, Komplexitäten und Zielgruppen, sodass der Leser für seinen individuellen Hintergrund passende Anregungen finden kann.

1. Einleitung

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prozesse (wie z. B. Crowdfunding) ebenso wie neue Wege, um alltägliche Aufgaben der Verwaltung zu erleichtern (durch Melden von Straßenschäden, defekter öffentlicher Beleuchtung oder Ähnliches (z. B. auf „fixmystreet.com“).

Zielgruppen werden dort erreicht, wo sie sind: Partizipationsmöglichkeiten, besonders für Bürger, basieren oft auf der Erwartung, dass Zielgruppen selbst aktiv werden und zu einem festgelegten Ort, gegebenenfalls sogar zu einer festgelegten Zeit, an einem Ort (auch digital, z. B. auf einer Webseite) erscheinen und ihr Recht auf Partizipation wahr-nehmen. Besonders junge Erwachsene sind jedoch täglich teilweise über Stunden mit Sozialen Netz-werken verbunden. Aktiv im Bereich Social Media zu sein bedeutet also, dorthin zu gehen, wo große Teile der Gesellschaft ohnehin bereits sind.

Politiker lieben Social Media: Barack Obama hat erfolgreich Twitter, Facebook und andere Social Media-Anwendungen bei zwei Wahl-kampagnen genutzt. Dies wurde von vielen Politikern und Kandidaten für politische Ämter nachgeahmt. Werden sie gewählt, beziehen sie Social Media-Anwen-dungen (und die Erwartungen der Community) in ihre Amtsführung und die Verwaltungen ein und stellen alle Beteiligten vor neue Herausforderungen.

Bereits bestehende Konzepte: Social Media-Anwendungen einzusetzen bedeutet oftmals lediglich, bereits existierende Kommunika-tions- und Partizipationsstrategien um Social Media- Elemente zu erweitern. Behörden und öffentliche Einrichtungen produzieren und verteilen umfang-reiche Informationsmengen über Presseerklärungen, ihre Webseiten, Stadtanzeiger usw. Zudem existieren zumeist Richtlinien für Gestaltung und Kommunika-tion und damit ist oft der Grundstein für Social Media-Aktivitäten bereits gelegt.

1.3 Sieben gute Gründe weiterzulesen

Social Media ist ein Massenphänomen: Eine deutsche Studie ergab, dass 96 % der Bevölkerung zwischen 14 und 29 Jahren bei mindestens einem Sozialen Netzwerk1 und 31 % der gesamten europäischen Bevöl-kerung bei dem verbreitetsten Sozialen Netzwerk Facebook registriert sind.2 Besonders für die jüngere Generation sind Soziale Netzwerke ein bedeutender Kommunikations- kanal, der insbesondere zur Information eine heraus-ragende Stellung einnimmt. Um Nachrichten und Informa-tionen innerhalb dieser Zielgruppe zu verbreiten, sind Soziale Netzwerke unverzichtbar geworden.

Es ist leichter, gefunden zu werden: Für die meisten Internetnutzer ist es zu einem selbst- verständlichen, intuitiven Prozess geworden, mittels Internetsuchmaschinen an Informationen zu gelangen oder diese zu überprüfen. Ist eine Kommune oder Institution nicht im Internet präsent und leicht zu finden, gehen wertvolle Möglichkeiten zur Steuerung von verfügbarer Information verloren. Zudem werden unter Umständen viele Möglichkeiten eines Engagements von Bürgerseite verpasst.

Bürger reden über ihre Stadt: Bürger und lokale Interessengruppen nutzen Social Media zur Information, Diskussion und Zusammenarbeit für lokale Themen und Entwicklungen – unabhängig davon, ob eine Kommune an diesen Aktivitäten teilnimmt oder nicht. Diese Diskussionen und Aktivitäten zu über-schauen ist deswegen notwendig, um auf dem aktuellsten Stand der Dinge zu bleiben und Argumente sowie Trends mitzubekommen.

Bürger sind Experten für lokale Fragen: Bürger haben oftmals starke Verbindungen zu ihrer Heimat und lokaler Identität. Intuitive Social Media- Technologien ermöglichen das gemeinschaftliche, ortsbezogene Sammeln von Informationen in Echtzeit mithilfe von Smartphones und des Internets. Dies ermöglicht neue Formen öffentlicher Partizipations-

1 Bitkom (2011). Soziale Netzwerke in Deutschland. http://www.bitkom.org/files/documents/PK_Praesentation_Social_media.pdf (15.02.2013).2 Socialbakers (2013): http://www.socialbakers.com/countries/continents/ (15.02.2013).

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•   Vereinbarkeit von Interessen zwischen Staat, Regionen, Kommunen, Stadtteilen, Bürgern und Akteuren der Wirtschaft •   Förderung sozialer und interkultureller Integration in sozial benachteiligten Stadtteilen•   Herstellung und Sicherung qualitätsvoller öffentlicher Räume•   Stärkeres Netzwerken europäischer Städte miteinander auf europäischer Ebene

Im Jahr 2008 beschlossen die für Stadtentwicklung zuständigen Minister der Mitgliedsstaaten in Marseille (Frankreich) die Entwicklung eines praktischen Instru-ments, welches die allgemeinen Nachhaltigkeitsziele und Zielvorstellungen der Leipzig Charta für Städte und Gemeinden unter Einbeziehung derselben umsetzen sollte.6 Der Referenzrahmen für nachhaltige europäische Städte (RFSC)7 ist die Antwort auf diesen Beschluss. Es handelt sich um eine internetbasierte Anwendung, die entwickelt wurde, um lokale Gebietskörperschaften bei ihrer Förderung und Verbesserung einer integrierten nachhaltigen Stadtentwicklung zu unterstützen. Der RFSC ist für alle städtischen und kommunalen Behörden Europas frei zugänglich und bietet praktische Unterstützung auf unterschiedlichen städtischen Ebenen.

Der RFSC ist das Resultat einer engen Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten, europäischen Institu- tionen und europäischen Organisationen, die Städte und Gemeinden vertraten. Mehr als 60 europäische Städte nahmen an der ersten Testphase des RFSC im Jahr 2011 teil. Ihr Beitrag war ein großer Schritt hin zur Realisierung einer „finalen“ Version der Tools, die den europäischen Städten, Gemeinden und Regionen seit Januar 2013 zur Verfügung steht. 8

Nationale Unterstützergruppen („National Support Groups“) bieten eine Plattform für Kooperation und Austausch auf nationaler Ebene, die für Organisationen und Institu- tionen aller Governance-Ebenen offen ist.9 Sie sind das

6 Marseille Statement (2008). http://app.rfsc.eu/texts?tsh=1&a=9 (01.02.2013).7 RFSC (2013). http://www.rfsc-community.eu/ (01.02.2013).8 RFSC (2013). What is the context of the Reference Framework? http://app.rfsc.eu/texts?tsh=1&a=1 (01.02.2013).9 RFSC (2013). National Support Groups. http://www.rfsc-community.eu/get-involved/national-support-groups/ (01.02.2013).

2. Der RFSC: ein Werkzeugkasten für den integrativen Ansatz

„Integrierte Stadtentwicklungspolitik bindet verwaltungsexterne Akteure ein und beteiligt die Bürger aktiv an der Gestaltung ihres unmittel- baren Lebensumfeldes.“ – Leipzig Charta3

2.1 Die Leipzig Charta und der RFSC

Nachhaltige Entwicklung ist ein fundamentales Prinzip, das von der Europäischen Union (EU), ihren Mitglieds-staaten und Gemeinden geteilt wird. Die Grundsätze – Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt, wirtschaftlicher Wohlstand und Governance – sind in der Europäischen Nachhaltigkeitsstrategie4 festgeschrieben, die eine fortwährende Entwicklung der Lebensqualität und des Wohlergehens heutiger und zukünftiger Genera-tionen zum Ziel hat. In den letzten Jahren hat die EU die Nachhaltigkeitsentwicklung zur Kernkomponente einer Vielzahl von Politikbereichen gemacht.5

Mit der Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt wurde 2007 von der EU der herausragenden sozialen, kulturellen und ökonomischen Bedeutung europäischer Stadtentwicklung Nachdruck verliehen. Politische Entscheidungen mithilfe eines integrierten Ansatzes zu verbessern, ist denn auch eine der zen- tralen Botschaften der Leipzig Charta zur nachhaltigen Entwicklung städtischer Politik. Die Charta beinhaltet ferner einen gesonderten Fokus auf sozial benachteiligte Stadtteile und basiert auf den folgenden Kernprinzipien und Werten:

•   Partizipation und Integration von Bürgern und Stakeholdern•   Entwicklung moderner, beteiligungsorientierter und effektiver Governance-Strukturen•   Die richtige Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Bildung, Versorgung und Freizeitgestaltung in städtischen Teilräumen

3 Leipzig Charta zur nachhaltigen europäischen Stadt (2007): S. 2.http://www.bmvbs.de/cae/servlet/contentblob/34480/publicationFile/518/leipzig-charta-zur-nachhaltigen-europaeischen-stadt-angenommen-am-24-mai-2007.pdf (15.02.2013).4 Communication from the Commission (2001). A Sustainable Europe for a Better World: A European Union Strategy for Sustainable Development (Commission’s proposal to the Gothenburg European Council), COM/2001/0264 final.5 European Commission. Sustainable Development (2012). http://ec.europa.eu/environment/eussd/ (01.02.2013).

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Der Referenzrahmen bietet drei Tools für teilnehmende Städte und Gemeinden:13

•   Tools zur integrierten, nachhaltigen Stadtentwick- lungsstrategie bzw. eines solchen Projekts•   Tool zur Überprüfung einer Strategie bzw. eines Projekts anhand der Vision einer nachhaltigen europäischen Stadt•   Tool, um anhand einer Vielzahl von Indikatoren Fortschritte bei der Strategie über einen bestimmten Zeitraum zu verfolgen

Die engagiertesten RFSC-Städte werden mit einem Botschafterstatus („RFSC Ambassador City“) ausgezeichnet und bekommen die Möglichkeit,

•   andere Städte und Gemeinden als Trainer und Coaches zu unterstützen,•   in das Monitoring und die Weiterentwicklung des RFSC einbezogen zu werden und•   die RFSC-Gemeinschaft auf europäischen Veranstaltungen zu repräsentieren.

RFSC-Botschafterstädte werden vom RFSC-Sekretariat aufgrund ihres aktiven Mitwirkens in der RFSC-Gemein-schaft ernannt.14

2.3 Ein Social Media-Leitfaden für den RFSC

Dieser Social Media-Leitfaden ist Teil der umfassenden Materialien, Tools und Trainingssangebote, die innerhalb des RFSC angeboten werden. Social Media bietet eine Vielzahl neuer Instrumente und Anwendungsmöglich- keiten für soziale und demokratische Beteiligungs- möglichkeiten in europäischen Städten und Gemeinden. Der Einsatz neuer Technologien kann zudem den inter- und intra-kommunalen Austausch und die Koope- ration erleichtern. Dieser Leitfaden ist an der Struktur und den Tools des RFSC ausgerichtet und ist für sämtliche europäische Städte und Gemeinden – unabhängig von ihrem individuellen Entwicklungsstatus – konzipiert.

13 RFSC (2013). Getting Started. http://www.rfsc-community.eu/get-involved/getting-started/ (01.02.2013).14 RFSC (2013). RFSC Ambassador City. http://www.rfsc-community.eu/rfsc-cities/rfsc-ambassador-city/ (01.02.2013).

Bindeglied zwischen dem RFSC-Prozess auf europäischer Ebene und den Stakeholdern der jeweiligen Mit-gliedsstaaten und spielen eine Schlüsselrolle bei der Verankerung der RFSC-Anwendungen im jeweiligen nationalen Kontext.10

2.2 Gemeinsames Lernen und Erfahrungs- austausch europäischer RFSC-Städte

Der Referenzrahmen baut auf vier Säulen der Nachhaltig-keit auf: Wirtschaft, Soziales, Umwelt und Governance. Die Anwendung bedient viele Grundsätze einer nachhalti-gen Stadt wie z. B. lokale Wirtschaft, Wohnungswesen, öffentlicher Raum, Transport, Gesundheitswesen, Biodi- versität, Beschäftigung, Bildung, sozial benachteiligte Quartiere und aktive Partizipation von Bürgern und Stake- holdern.11

Um möglichst umfassend von den angebotenen Möglich-keiten des Referenzrahmens profitieren zu können, werden alle europäischen Städte und Gemeinden dazu angeregt, sich als RFSC-Städte zu registrieren.12 Vor allem wird dies Städten und Gemeinden empfohlen, die es sich zur Aufgabe machen,

•   Nachhaltigkeitsprinzipien in ihren Behörden einzuführen, den Nachhaltigkeitsfokus von lokalen Politikinhalten zu verbessern,•   von Schulungsangeboten und Möglichkeiten zum gemeinsamen Lernen zu profitieren,•   ein Teil der europäischen Gemeinschaft von aktiven Städten zu sein und•   ihr Bekenntnis zur nachhaltigen Entwicklung zu zeigen.

10 RFSC (2013). National Support Groups. http://www.rfsc-community.eu/get-involved/national-support-groups/ (01.02.2013).11 RFSC (2013). Objectives that define the European sustainable city. http://app.rfsc.eu/texts?tsh=2&a=18 (01.02.2013).12 RFSC (2013). RFSC Cities. http://www.rfsc-community.eu/rfsc-cities/rfsc-city/ (01.02.2013).

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„Social media is the democratization of information, transforming people from content readers into publishers. It is the shift from a broadcast mechanism, one-to-many, to a many-to-many model, rooted in conversations between authors, people, and peers.“ – Brian Solis 15

Solis beschreibt also Social Media als die Demokrati-sierung von Information, die Menschen von Infor- mationskonsumenten zu Informationsproduzenten macht; damit entwickelt sich Kommunikation weg von unidirektionalen Eins-zu-vielen-Mechanismen hin zu Viele-zu-vielen-Mechanismen.

3.1 Terminologie und Relevanz

Der Begriff „Social Media“ wird für eine ganze Bandbreite unterschiedlicher Netzwerke, Anwendungen und Programme verwendet, welche mit internetfähigen PCs, Tablet-Computern oder Smartphones genutzt werden können, um Kommunikation, Veröffentlichungen sowie das Teilen von Texten, visuellem Material u. Ä. und ganz allgemein die Zusammenarbeit zu erleichtern.

Im Kontext dieser Publikation werden (jedoch nicht ausschließlich) folgende Social Media-Bereiche behandelt:

•   Soziale Netzwerke•   Foto- und Videoplattformen•   Blogs•   Crowdmapping-Plattformen•   Crowdfunding-Plattformen•   Open Innovation-Plattformen•   Cloud-basierte Speicherung und Zusammenarbeit•   Wikis und Tools für kollektives Wissensmanagement

15 Brian Solis (2010). Defining Social Media: 2006–2010. http://www.briansolis.com/2010/01/defining-social-media-the-saga-continues/ (12.11.2012).

3. Social Media: Terminologie, Relevanz und Funktionalität

Die Relevanz von Social Media für nachhaltige europäische Städte kann mithilfe einiger Statistiken illustriert werden, die die rasante Verbreitung von Social Media in Kommunikationsgewohnheiten und Mediennutzung aufzeigen:

•   Circa 1 Milliarde Menschen weltweit und ca. 40 % der europäischen Bevölkerung haben einen Facebook-Account.16 •   96 % der deutschen Internetnutzer zwischen 14 und 29 Jahren und ungefähr 50 % der Internet- nutzer über 50 Jahren ist mindestens bei einem Sozialen Netzwerk angemeldet.17

•   Bei YouTube werden monatlich mehr als 4 Milliarden Stunden Video angesehen.18

•   Knapp 90 % aller Kommunalverwaltungen in Großbritannien haben einen Account bei einem Sozialen Netzwerk.19

•   Bei Wikipedia können ca. 25 Millionen Artikel in 285 Sprachen, die von mehr als 1,6 Millionen Mit- wirkenden erstellt wurden, eingesehen werden.20

Digitale und analoge Welt verschmelzen, insbesondere für die jüngere Generation. Die Nutzung unterschiedlichster Social Media-Anwendungen ist selbstverständlicher Teil der Lebensrealität vieler. Smartphone-Applikationen und mobile Endgeräte sorgen für ein Verschwimmen der digitalen und analogen Realität. Unterhaltungen und Meinungsbildung zu lokalen (bzw. politischen) Themen finden auf Social Media-Plattformen statt (und oftmals nicht mehr über „traditionelle“ Medien). Wie in der Welt außer- halb des Internets, vertrauen die Nutzer ihrem sozialen Netzwerk und bewerten so Informationen, die aus dem persönlichen Netzwerk kommen, ähnlich wie solche, die aus dem analogen Freundeskreis stammen. Die Auseinander- setzung mit und ein Engagement in Social Media ist für europäische Städte und Gemeinden unabdingbar gewor- den, wenn man diese Zielgruppen („Konversationspartner“) erreichen und bestimmte Ziele effektiv verfolgen will.

16 Allfacebook: http://allfacebook.de/userdata/ (15.02.2013). 17 Bitkom (2011). Soziale Netzwerke in Deutschland. http://www.bitkom.org/files/documents/PK_Praesentation_Social_media.pdf (15.02.2013). 18 YouTube Statistics: http://www.youtube.com/yt/press/statistics.html (18.03.2013). 19 Headstar (2013). Nine in 10 Councils Embrace Social Media. http://www.headstar.com/egblive/?p=1118 (27.02.2013). 20 Wikipedia Statistics: http://stats.wikimedia.org/EN/TablesWikipediansContribu-tors.htm und http://stats.wikimedia.org/EN/TablesArticlesTotal.htm (18.03.2013).

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(z. B. „Wheel-Map“22) sind im Internet frei verfügbar. Der Trend zur Geo-Referenzierung bietet neue Möglich-keiten und kann für verschiedene Social Media-Strategien genutzt und in diese integriert werden.

Open Verschiedene Open Concepts23 (Data, Source, Govern-ment, Discussions etc.) haben in den letzten Jahren an Aufmerksamkeit gewonnen. Open Concepts beziehen sich oftmals auf öffentliche Institutionen und deren Daten oder Verfahren. „Open“ ist auch mit den Möglich-keiten in den Themenfeldern Social Media, Geotech-nologien und mobiler Kommunikation verknüpft. Das Thema ist relativ neu für Verwaltungen und so tun sich oftmals Konflikte zwischen dieser neuen Kultur der Transparenz und traditionell geprägten Verwaltungs-strukturen auf. Die gesellschaftlichen Vorteile kann man indes am Beispiel einiger Pionierstädte und dem europäischen Pionier Großbritannien sehen.24

22 www.wheelmap.org23 Wikipedia: http://en.wikipedia.org/wiki/Open_data (12.01.2013). 24 Tim Berners Lee (2012). Spending data has made the workings of government much clearer to journalists and citizens. http://apps4deutschland.de/category/statements/ (28.11.2012).

Die Entwicklung und Nutzung von Social Media ist eng verknüpft und beeinflusst von weiteren Trends, die in Abbildung 1 dargestellt werden.

Mobiles Internet Smartphones mit schneller Internetverbindung, GPS-Technologie und qualitativ hochwertigen Foto- und Videokameras stellen bereits heute einen großen Anteil der genutzten Endgeräte im Bereich Mobilfunk. Diese Hightech-Geräte machen die Kommunikation und Interaktion mithilfe von Social Media-Applikationen jederzeit und überall möglich. Aufgrund kurzer Produkt- lebenszyklen wird ihre Verbreitung weiter wachsen.

GPS und Geografische DatenZugang und Erzeugung von Geo-Daten war nie einfa- cher als heutzutage. Gemeinsam erstellte digitale Land- und Straßenkarten wie die Open Street Map21 („Crowd-mapping“) sowie unzählige thematische Variationen

21 www.openstreetmap.de

Quelle: Eigene Darstellung nach Stefan Höffken/Bernd Streich (2011). Engaging the Mobile Citizens – How Mobile Devices Offer new Ways of Civil Engagement, in: Schrenk/Popovich/Zeile. RealCORP 2010.

Mobil – Geo – OpenAbbildung 1: Darstellung unterschiedlicher Trends, die mit Social Media korrelieren

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Die Beziehung zwischen Städten oder Gemeinden und ihren Bürgern, einer der Schwerpunkte der Leipzig Charta und des RFSC, ist ein altbekanntes Thema: Bereits 1969 hat Sherry R. Arnstein das Modell der „Leiter der Partizipation“26 entworfen (Abbildung 3). Der wichtigste Grundsatz bleibt unverändert: Der Grad bzw. die Inten- sität von Partizipation und Interaktion zwischen öffent-licher Verwaltung und Bürgern variiert abhängig von Zweck und Motivation.

Gleiches gilt nach Ross Mayfield für Social Media: In seinem Artikel „Power Law of Participation“ adaptiert er Arnsteins Modell und wendet es auf Social Media- Aktivitäten an (Abbildung 3).27 Er illustriert, dass der Groß- teil der Nutzer auf wenig komplexem Niveau in niedrig-schwelligen Plattformen aktiv ist, während ein sehr kleiner Teil der Nutzer sich engagiert zu komplexen Frage- stellungen auf technisch und organisatorisch komplexen Plattformen einbringt.

26 Sherry R. Arnstein (1969). „A Ladder of Citizen Participation“, in JAIP, Jahrgang 35, Nr. 4, Juli 1969, S. 216–224.27 Ross Mayfield (2006). Power Law of Participation. http://ross.typepad.com/blog/2006/04/power_law_of_pa.html (01.03.2013).

3.2 Funktionalität: neue Formen der Kommunikation und Interaktion

Der grundlegendste Wandel, der mit Social Media ein- hergeht, ist im Bereich menschlicher Kommunikation und Interaktion zu beobachten. Traditionelle Medien – wie Zeitungen, Radio, Fernsehen oder auch Webseiten – waren immer Kommunikationskanäle, die von einem Sender an viele Empfänger gerichtet waren. Auch E-Mails sind von einer Person an eine oder mehrere gerichtet und des- wegen nicht in der Definition von Social Media enthalten.

Mit Social Media hat sich ein neues Modell entwickelt, das eine Kommunikation von vielen zu vielen erlaubt und mit niedrigen technischen Barrieren für Veröffentlichungen, Kommunikation und Interaktion für die Nutzer verbunden ist (Abbildung 2). Es macht „people from content readers into publishers“25, also Informationskonsumenten zu Informationsproduzenten bzw. Verteilern. Dies eröffnet europäischen Städten und Gemeinden ein immenses Potenzial, diese neuen Mechanismen und Kommunika-tionsmittel für eigene Ziele und Zwecke zu nutzen.

25 Brian Solis (2010). Defining Social Media: 2006–2010. http://www.briansolis.com/2010/01/defining-social-media-the-saga-continues/ (12.11.2012).

Quelle: Eigene Darstellung

Abbildung 2: Kommunikationsmodelle

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Anwendungen es zumeist erlauben, dass die Empfänger auf Informationen reagieren können (z. B. über Kommen-tarfunktionen). Deswegen bedeutet bei Social Media-Anwendungen „Information“ in der Regel ebenfalls gleich- zeitig „Kommunikation“ mit einer Zielgruppe.

KommunikationKommunikation umfasst alle dialogorientierten Prozesse, die über das Versenden von E-Mails und die Veröffentli-chung von Inhalten auf einer Webseite hinausgehen. Neue webbasierte Kommunikationsformen und Online- Dialoge (wie beispielsweise Chats, Online-Formulare, Instant Messenger, Internetforen, Social Plug-Ins oder Kom- mentarfelder) sind zu Hauptkanälen der Kommunikation geworden. Die meisten Social Media-Anwendungen bieten eine Vielzahl dieser Kommunikationsmechanis-men an, die für spezielle lokale Kontexte und Zwecke adaptierbar sind.

Eine ausgewogene Social Media-Strategie beinhaltet des- halb sowohl Anwendungen, die einen einfachen Zugang bieten, als auch Möglichkeiten für umfangreiches indivi- duelles und kollektives Engagement innerhalb von komplexen Anwendungen. In dieser Publikation wurden die verschiedenen Ebenen von Partizipation und Engage-ment in sechs Formen der Kommunikation und Interaktion zusammengefasst, die im Folgenden beschrieben werden.

Information„Traditionelle“ Webseiten, (E-Mail-)Newsletter, digitale Pressemitteilungen und auch eine Reihe von Social Media- Anwendungen bilden vor allem die Kommunikations-form „Information“ ab. Umfasst werden davon alle internet-basierten Prozesse, die darauf abzielen, andere in einer Ausrichtung vom Einzelnen zu vielen zu informieren oder zu benachrichtigen. Social Media-Anwendungen sind indes nicht auf diese Eindimensionalität beschränkt, da die

Quelle: Eigene Darstellung nach Sherry R. Arnstein (1969) und Ross Mayfield (2006)

Abbildung 3: „Leiter der Partizipation“, „Potenzgesetz der Partizipation“ und Formen der Kommunikation und Interaktion

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Kategorie, inklusive Prozesse gemeinsamer Finanzierung („Crowdfunding“) sowie das „Crowdmapping“, bei dem gemeinsam Geo-Daten gesammelt und visualisiert werden. Das bekannteste Beispiel eines gemeinsamen Produk-tionsprozesses ist die weltgrößte Enzyklopädie Wikipedia, die ausschließlich von freiwilligen Autoren zusammen-getragen wird. Social Media ermöglicht es Städten und Gemeinden, ihre Bürger in gemeinsame Projekte ein-zubeziehen, wovon schließlich alle profitieren können.

EntscheidenBürger Entscheidungen treffen zu lassen, geht über standardisierte Partizipationsprozesse hinaus. Gewöhnlich werden Entscheidungen auf Verwaltungsebene bzw. von den politisch Verantwortlichen gefällt. Inzwischen hat das Konzept des Beteiligungshaushalts („Participatory Budgeting“) in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Dies wird zwar zumeist als Teil der Konsultation (s.o.) angesehen, jedoch haben hier Bürger bei einigen Projekten die Möglichkeit, bei der Verteilung von gewissen Budgets oder Themen mitzubestimmen. Derartige Prozesse werden zusehends als kombinierte Varianten verwirklicht, bei denen Vor-Ort-Verfahren mit Online-Diskussionen miteinander verbunden werden und Social Media-Anwendungen zum Einsatz kommen.

KonsultationKonsultation (auch Partizipation genannt) beinhaltet alle Prozesse, welche es Bürgern und anderen Stakeholdern erlauben, an nachhaltigen städtischen Entwicklungs- prozessen auf administrativer Ebene teilzuhaben. Das können Prozesse der Meinungsbildung sein, aber auch Anhörungen, Wahlen sowie Umfragen. Zudem werden auch wenig komplexe Beteiligungen, die die Stadtver-waltung bei der Erledigung ihrer Aufgaben unterstützen, mit abgedeckt (z. B. Applikationen zur Meldung von Straßenschäden, Müll, Defekten usw.).

NetzwerkenEin Netzwerk mit Bürgern und Stakeholdern (eine Gemein- schaft, sogenannte „Community“) aufzubauen und zu pflegen, ist eines der wesentlichen Elemente von Sozialen Netzwerken wie z. B. Facebook oder Google+ und weiteren. Individuen oder Organisationen betreiben häufig ein eigenes Profil auf solchen Plattformen, um Informationen zu veröffentlichen oder bieten ein Forum für Diskussionen innerhalb ihrer Netzwerke an.

ZusammenarbeitDas Grundprinzip der Zusammenarbeit ist die freiwillige gemeinsame Mitwirkung von Personen an einem Projekt oder Prozess. Der Begriff „Crowdsourcing“ fällt in diese

Tabelle 1: Zuordnung von Interaktionsformen auf verschiedene Kategorien von Social Media-Instrumenten

Soziale Netzwerke

Foto- & Videoplattformen

Blogs

Crowdmapping

Crowdfunding

Open Innovation

Information Kommuni-kation

Konsultation Netzwerken Zusammen- arbeit

Entscheiden

✓ ✓ X ✓ X X

✓ O O O X X

✓ O ✓ X ✓ X

✓ O O X ✓ ✓

✓ X ✓ X ✓ O

✓ ✓ O X X X

✓: Geeignet O: Eingeschränkt geeignet X: Nicht geeignet

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einer Social Media-Plattform betreiben.28, 29 In Deutschland sind mehr als 750 Gemeinden und Städte in Social Media-Aktivitäten involviert.30 Folgende Social Media-Anwendungen werden nachstehend näher beschrieben:

•   Soziale Netzwerke (Kapitel 4.3.1)•   Foto- und Videoplattformen (Kapitel 4.3.2)•   Blogs (Kapitel 4.3.3)•   Crowdmapping (4.4.1)•   Crowdfunding (4.4.2)•   Open Innovation-Plattformen (Kapitel 4.4.3)

4.3 Information, Kommunikation und Netzwerken

Social Media-Plattformen wie Facebook, Twitter, YouTube oder Flickr werden mithilfe von internetfähigen PCs, Tablet-Computern und Smartphones regelmäßig von Millionen europäischer Bürger genutzt. Diese Netz- werke und Anwendungen bieten Städten vielerlei Möglich- keiten zu kommunizieren und zu interagieren, mit ihren Zielgruppen in einen Dialog zu treten, Informationen und Bildmaterial zu verbreiten, Aufmerksamkeit für be- stimmte Themen zu wecken oder Zielgruppen auf ihre Webseite aufmerksam zu machen. Dieses Kapitel befasst sich mit den verbreitetsten und beliebtesten Möglich-keiten, diese Ziele mittels Social Media zu verfolgen und zeigt zudem mögliche Alternativen auf.

4.3.1 Soziale Netzwerke

„Ein Soziales Netzwerk im Internet ist eine lose Verbindung von Menschen in einer Netzgemeinschaft. […] Soziale Netzwerke stehen für eine Form von Netzgemein-schaften (Online-Communitys), die technisch durch Webanwendungen oder Portale abgebildet werden.“ 31

Soziale Netzwerke sind die am weitesten verbreitete Form von Social Media und werden von großen Teilen der europäischen Gesellschaft genutzt. Neben großen, themen-unspezifischen Portalen gibt es unzählige Soziale Netzwerke

28 Headstar (2013). Nine in 10 Councils Embrace Social Media. http://www.headstar.com/egblive/?p=1118 (27.02.2013).29 Dean Spurrell (2012). An opportunity or a threat? How local government uses social media today. http://www.guardian.co.uk/local-government-network/2012/feb/07/local-government-social-media-today (28.02.2013).30 Pluragraph, Kommunen: https://pluragraph.de/categories/kommunen (27.02.2013). 31 Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Soziales_Netzwerk_(Internet) (14.05.2013).

4.1 Externe und interne Anwendungsbereiche

Social Media kann zur Kommunikation und Interaktion zwischen Städten bzw. Gemeinden und Bürgern sowie ex- ternen Stakeholdern für eine Reihe von Zwecken genutzt werden. Gleichzeitig können Social Media-Anwendungen helfen, interne Prozesse effektiver und effizienter zu gestal- ten. Aus diesen Gründen werden in den folgenden Kapiteln zwei Arten von Anwendungsbereichen unterschieden:

•   Externe Anwendungsbereiche:•   Kapitel 4.3: Information, Kommunikation und Netzwerken•   Kapitel 4.4: Konsultation der Crowd

•   Interne Anwendungsbereiche:•   Kapitel 4.5: Professionelle Kommunikation und Wissensaustausch

4.2 Social Media-Anwendungen: Kriterien und Auswahl

In den folgenden Kapiteln werden unterschiedliche Social Media-Anwendungen vorgestellt, die in europä-ischen Gemeinden und Städten anwendbar sind. Die unterschiedlichen Netzwerke und Anwendungen wurden anhand von Kriterien ausgewählt, die sich an den Prin- zipien des RFSC orientieren:

•   Umfassende Auswahl von Netzwerken und Anwendungen (und somit unterschiedliche Formen der Kommunikation und Interaktion, Kapitel 3.2)•   (Europäische) Reichweite des Netzwerks oder der Anwendung•   Bestehende Anwendungsbeispiele in einem vergleichbaren Kontext•   Flexibilität, Entwicklungspotenzial und innovativer Charakter•   Nützlichkeit für unterschiedliche Stakeholder und Zwecke•   Quasi-Standards ebenso wie Innovationen

Eine große Anzahl kommunaler Social Media-Angebote wird bereits genutzt. Verschiedene Studien, die 2012 in Großbritannien erschienen sind, belegen, dass ca. 90 % aller Kommunalverwaltungen bereits einen Account auf

4. Social Media-Anwendungen und ihre Einsatzbereiche

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mit thematischen Schwerpunkten wie etwa Musik, Sport, Reisen oder Berufe. Spezialisierte Angebote werden mittler-weile auch von Firmen und Organisationen intern zur Reali- sierung von Projekten ebenso wie zur effektiveren Kommu-nikation genutzt (Weiterführendes hierzu in Kapitel 4.5).

Während einige europäische Städte und öffentliche Insti- tutionen sich bereits mit diesem „Zeitenwandel“ der Medien-nutzung und Kommunikation arrangieren, indem sie eigene Auftritte auf Sozialen Netzwerken unterhalten, geben sich andere noch zurückhaltend. Tatsächlich belegt eine Reihe von Studien,32 dass die positiven Effekte einer Social Media- Präsenz mögliche Risiken weitgehend übertreffen.33

Die großen Anbieter wie Facebook, Google+ und Twitter haben ihre Anwendungen mit dem Internet und den

32 Bspw.: Anne Howard (2012), Connecting with Communities: How Local Government Is Using social media to Engage with Citizens. http://www.acelg.org.au/upload/documents/ 1345603527_Connecting_with_Communities_ANZSIG-ACELG_August_2012.pdf (20.02.2013). 33 Dean Spurrell (2012). An opportunity or a threat? How local government uses social media today. http://www.guardian.co.uk/local-government-network/2012/feb/07/local-government-social-media-today (28.02.2013).

entsprechenden Betriebssystemen auf Endgeräten ver- woben. So sind Social Plug-Ins wie z. B. der „Gefällt mir“- Button weit verbreitet. Diese Anwendungen können auf den Webseiten Dritter installiert werden und erlauben es, sich direkt auf der Seite mit dem Account des Sozialen Netzwerkes anzumelden oder Inhalte sowie Aktivitäten direkt von dort aus in ihrem Sozialen Netzwerk zu teilen. Gleichzeitig sind Social Plug-Ins massiv in die Kritik geraten, weil mit ihnen, so der Vorwurf, nationale und europäische Datenschutzrechte verletzt werden.34

Um ein großes Publikum zu erreichen, ist es notwendig, sich bei einem Sozialen Netzwerk anzumelden, das bereits eine große Nutzerzahl verzeichnet. Derzeit ist Facebook das Soziale Netzwerk mit den meisten Nutzern und der größten Reichweite. Eine kurze Auswahl der verbreitetsten und bekanntesten Sozialen Netzwerke ist nachfolgend in Tabelle 2 zu finden.

34 Europe vs. Facebook.org. Legal Procedure against “Facebook Ireland Limited“. http://www.europe-v-facebook.org/EN/Complaints/complaints.html (8 March 2013).

Tabelle 2: Soziale Netzwerke

Mit 980 Millionen Nutzern weltweit und 250 Millionen Nutzern in Europa35 ist Facebook (www.facebook.com) das populärste Soziale Netzwerk. Es ist leicht zu bedienen, wird vielfach zur Kommunikation genutzt und um Informationen, Videos, Fotos usw. zu teilen. Facebook-Seiten und Gruppen auf Facebook können Städten und Kommunen helfen, eine Online-Community, also ein Netzwerk aufzubauen, das regionales und überregionales Engagement befördert und die Identifikation mit der Gemeinde vorantreibt. Google+ (www.plus.google.com) ist ein Soziales Netzwerk, das entwickelt wurde, um mit der rasanten Entwicklung von Facebook zu konkurrieren. Ende 2012 haben 500 Millionen Nutzer ihren Google- Account mit dem Service „verbunden“ oder haben sich neu registriert. Die Anzahl der aktiven Nutzer beläuft sich Schätzungen zufolge auf 135 Millionen.36 Unter anderem sind deutsche Gemeinden aktiv auf Google+.37 Nutzer können ihre Kontakte mithilfe von „Circles“ sehr intuitiv kategorisieren.38 Google hat seinen Fotodienst Picasa in das Netzwerk integriert. Twitter (www.twitter.com) ist ein Micro Blogging-Service, der das Erstellen von Nachrichten mit bis zu 140 Zeichen erlaubt. Der Service verfügt jedoch über einige Eigenschaften, die ihn in die Kategorie Social Media rücken. So kann der Nutzer sich ein Netzwerk schaffen und mit diesem interagieren. Twitter hatte Ende 2012 mehr als 500 Millionen registrierte und rund 200 Millionen aktive Nutzer.39 Twitter ist zu einer bedeutenden Echtzeit-Informationsquelle geworden – für traditionelle Medien ebenso wie für die Nutzer des Services.

35 Socialbakers (2013): http://www.socialbakers.com/countries/continents/ (25.04.2013).36 Google+ (2012): http://www.socialmediastatistik.de/wp-content/uploads/2012/12/Google+InfographicDezember2012.jpg (28.02.2013).37 Bspw.: City of Frankfurt am Main, https://plus.google.com/+StadtFFM/posts (28.02.2013). 38 BRG (2012): http://bgr.com/2012/09/17/google-plus-stats-2012-400-million-members/ (29.11.2012).39 Lisa O’Carroll (2012). Twitter active users pass 200 million. http://www.guardian.co.uk/technology/2012/dec/18/twitter-users-pass-200-million (28.02.2012).

Facebook

Google+

Twitter

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•   Organisation und Bekanntgabe von Umfragen, Preisausschreiben und Wettbewerben

Anwendungsbeispiele

Die bürgerfreundliche Gemeinde Facebook ermöglicht es, den eigenen Account mittels „Gefällt mir“-Button mit einer Facebook-Seite zu verbinden. So erhält der Nutzer stets eine Benachrichtigung über Aktivitäten auf der Facebook-Seite. Zudem ist auf dem Nutzerprofil zu sehen, dass die jeweilige Seite dem Nutzer gefällt. So können Nutzer ganz bewusst sichtbare State- ments gegenüber ihrem Netzwerk abgeben und ihre lokale Identität sichtbar machen. „Persönliche“ und „emotionale“ Aspekte bieten Identifikationspotenzial mit der Verwal-tung (siehe das Beispiel Halmstad, Schweden, Abbildung 4).

Typische Verwendung

Von Institutionen, die bei einem Sozialen Netzwerk einen Account betreiben, werden sie meistens zu folgenden Zwecken genutzt:

•   Bereitstellung von Informationen über eine Person oder Einrichtung auf einem Profil oder einer Seite•   Aufbau einer Online-Community, also eines Netzwerks von Kontakten, die sich der Seite anschließen („Fans“ auf Facebook oder „Followers“ auf Twitter)•   Veröffentlichung von Fotos und Videos•   Führen eines Dialogs mit der Community (Bürger oder Stakeholder)•   Bekanntgabe und Bewerben von Events•   Verweise auf externe Ressourcen (z. B. die kommunale Webseite)

Abbildung 4: Emotionale und familienfreundliche Präsentation auf Facebook (Halmstad, Schweden)

Quelle: Screenshot von https://www.facebook.com/halmstadskommun (25.04.2013)40

40 Weiterführende Informationen über schwedische Städte, die Facebook nutzen, können unter http://www.idg.se/2.1085/1.409869/sa-utnyttjar-sveriges-kommuner-facebook (15.03.2013) gefunden werden.

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45.000 „Fans“ aus aller Welt auf Facebook. Das Dorf ver- spricht auf seiner Facebook-Seite, dass jeder neue „Fan“ auf der offiziellen Anschlagwand der Gemeinde genannt wird und dass jedes Geschenk, das dem Dorf geschickt wird, im „Internationalen Museum der Freundschaft“ aus- gestellt wird, welches zu diesem Zweck gegründet wurde (es handelt sich um eine kleine Ecke in einem öffentlichen Gebäude). Die Idee stammt von einer Marketingagentur und zeigt die Zugkraft einer guten Geschichte.42

42 http://lifeisworthy-prissues.blogspot.de/2011/11/obermuttens-social-media-phenomenon.html

Tourismus Tourismus ist für viele europäische Städte und Regionen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Social Media ermöglicht es Stadtmarketingagenturen, eine langfristige Bindung mit Menschen herzustellen, die an der Stadt interessiert sind. Das können Touristen sein, Einwohner oder Menschen aus der Region. Spezielle Anwendungen von Facebook er- möglichen es, Zielgruppen zu speziellen Events einzuladen und die Identifikation mit der Stadt/Region zu steigern.

Ein bekanntes Beispiel, wie Facebook zur Förderung des Tourismus genutzt wurde, ist das Dorf Obermutten in der Schweiz.41 Es hat nur 80 Einwohner, jedoch mehr als

41 https://www.facebook.com/obermutten

Abbildung 5: Facebook-Seite des Schweizer Dorfes Obermutten mit mehr als 45.000 Fans

Quelle: Screenshot von https://www.facebook.com/obermutten (25.04.2013)

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Abbildung 6: Tweets auf Twitter während eines Erdbebens

Quelle: Screenshot von https://twitter.com/twitter/status/106145327760936960 (25.04.2013)

4.3.2 Foto- und Videoplattformen

Zur Marketingunterstützung, Informationsverbreitung und Kommunikation bestimmter Themen können Städte visuelles Material auf Foto- und Videoplattformen hochladen. Plattformen wie YouTube, Vimeo, Flickr oder Picasa waren bereits vor der rasanten Markteroberung von Facebook und Twitter beliebt. Sie erlauben es Privat- personen und Organisationen, Fotos und Videos zu veröffentlichen, diese zu kategorisieren und online ver- fügbar zu machen. Fotos und Videos sind normaler- weise öffentlich und für jeden aufrufbar, sie können ohne Registrierung gesehen und über Suchmaschinen oder Suchfunktionen auf der Plattform selbst leicht ge- funden werden. Fotos und Videos auf diesen Plattformen können durch die Nutzung von Sozialen Netzwerken geteilt und auf Webseiten in andere Inhalte eingebettet werden.

Insbesondere Fotoplattformen können dazu genutzt werden, das Image einer Stadt durch eine visuelle Präsentation zu unterstützen oder aufzuwerten und sind aus einer Marketing- und Tourismusperspektive interessant. Fotoplattformen entfalten ihre Wirkung über Grenzen hinweg und ohne Sprachbarrieren, was ein wichtiger Grund für ihren Erfolg ist.

In den letzten Jahren sind die Fotoservices von Instagram und Pinterest sehr beliebt geworden. Sie haben einen stärkeren Fokus auf Funktionen, die man von Sozialen Netzwerken kennt. So erlauben sie das Teilen, Kommen-tieren oder „Liken“ und sind mit ihren Applikationen gut auf Smartphones anwendbar.

Notfallmanagement Das Thema „Notfallmanagement“ verdeutlicht, dass es für einige öffentliche Einrichtungen (z. B. Polizei, Feuer- wehr usw.) zwingend erforderlich ist, sich – zumindest intern – mit Social Media-Fragen auseinanderzusetzen. Insbesondere sind Facebook und Twitter gemeint: In den letzten Jahren wurden Facebook und Twitter oftmals von der Bevölkerung genutzt – ohne, dass dies vorher geplant gewesen wäre – z. B. wenn Kommunikationskanäle gebraucht wurden, die in Echtzeit funktionieren, um sich in Fällen von Katastrophen und ernsthaften Notfällen mitzuteilen.43, 44, 45

Folgende Gründe sprechen hier für die Nutzung von Social Media:

•   Soziale Netzwerke sind der schnellste und effektivste Weg, um Informationen, Videos, Bilder oder Karten an ein großes Publikum zu verbreiten. Sie ermöglichen es jeder registrierten Person, aktuellste Meldungen zum Stand der Dinge zu teilen und sind häufig sogar eine wichtige Quelle für traditionelle Medien.•   Diese Netzwerke ermöglichen es Menschen, die Hilfe benötigen, mit Sicherheitsinformationen zu versorgen, was zu effektiven Selbsthilfemaßnahmen führen kann. Freiwillige Helfer können mobilisiert oder befähigt werden, Informationen sinnvoll zu kanalisieren (vgl. das Beispiel Ushahidi unter Kapitel 4.4.1) sowie vermisste Personen aufzuspüren.•   Die Netzwerke können mit Smartphones genutzt werden und sind eine echte Alternative, wenn durch Stromausfälle Fernseher und Radios nicht mehr nutzbar sind.

43 Bspw.: Erica Goldfine (2011). Best Practices, the use of social media throughout emergency and disaster relief, http://www.american.edu/soc/communication/upload/Erica-Goldfine.pdf; Natalie Sisson (2012). The „How to“ of social media in Emergency Management Response. http://www.slideshare.net/NatalieSisson/how-to-use-social-media-in-emergency-response-management-in-response-to-emergency (20.02.2013).44 Australian Emergency Management Institute (2012): http://www.em.gov.au/Publications/Australianjournalofemergencymanagement/Pastissues/Pages/AJEM27ONE/Flooding_Facebook.aspx (20.02.2013).45 https://www.facebook.com/QueenslandPolice (20.02.2013).

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Tabelle 3: Foto- und Videoplattformen

YouTube (www.youtube.com) ist eine der weltweit bekanntesten Webseiten mit mehr als 1 Milliarde Einzelbesucher und über 4 Milliarden Stunden gesehener Videolaufzeit jeden Monat.46

Vimeo (www.vimeo.com) gibt es seit 2004 und hat jeden Monat ca. 70 Millionen Einzelbesucher.47 Der Fokus liegt auf hoher Qualität und kreativen Filmen, und so spricht der Service überwiegend Filmemacher, Künstler usw. an.

Flickr (www.flickr.com) hat knapp 51 Millionen registrierte Mitglieder und täglich werden auf der Seite ca. 4,5 Millionen Fotos48 hochgeladen. Flickr ist die größte Plattform zum Teilen von Fotos und wird sowohl von Privatpersonen, professionellen Fotografen als auch Organisationen genutzt.

Jeder, der einen Google-Account hat, ist, seitdem Google seine unterschiedlichen Services verbunden hat, ebenfalls ein registriertes Mitglied bei Picasa (www.picasa.google.com). Mit Picasa kann man Fotos hochladen, bearbeiten, speichern, teilen und der Service ist direkt mit Google+ verbunden. Auch wenn Picasa schon seit 2004 zu Google gehört, wird die Plattform eher mäßig genutzt.

Pinterest (www.pinterest.com) ist eine Mischung aus einem Sozialen Netzwerk (wie etwa Facebook) und einer Fotoplattform (wie etwa Flickr oder Picasa). Auf der Plattform können sehr einfach Fotos hochgeladen, geteilt und kategorisiert werden. Pinterest ist in den letzten Jahren eines der am schnellsten wachsenden Social Media-Phänomene. Heute verzeichnet der Dienst weltweit rund 50 Millionen Nutzer.49 Die Seite ist besonders bei Frauen beliebt und hat ein sehr ästhetisches Erscheinungsbild. Pinterest ist eng mit Twitter und Facebook verlinkt. Mit der Nutzung dieser Seite können Städte und Gemeinden Zielgruppen ansprechen, die einen hohen Standard bei visuellen Inhalten wertschätzen.

Instagram (www.instagram.com) ist ein Service zum Teilen von Fotos und ein Soziales Netzwerk, das es ermöglicht, Fotos hochzuladen, zu bearbeiten und zu teilen. Der Service ist bekannt für seine Filter zur einfachen Fotobearbeitung und die einfache Möglichkeit zur Geo-Referenzierung der Fotos. Die Plattform kann am besten mit Smartphone-Applikationen genutzt werden. Das Hochladen von Fotos via PC ist nicht möglich. Der Fokus liegt auf der Echtzeitpräsentation und dem Teilen und Kommentieren dieser Fotos. Mit Pinterest ist Instagram eine der am schnellsten wachsenden Social Media-Anwendungen der letzten Jahre. Anfang 2013 vermeldete Instagram 100 Millionen registrierte Nutzer.50 Der Service wurde 2012 von Facebook gekauft, seitdem sind beide eng verbunden. Instagram kann von Städten und Gemeinden genutzt werden, um Echtzeit-Visualisierungen für bestimmte Projekte und Themen zu realisieren und insbesondere eine junge Zielgruppe anzusprechen.

46 http://www.youtube.com/t/press_statistics?hl=en-GB (15.03.2013). 47 http://vimeo.com/about/advertisers (15.03.2013). 48 http://advertising.yahoo.com/article/flickr.html (15.03.2013).49 Reuters (2013). Start-up Pinterest wins new funding, $2.5 billion valuation, http://www.reuters.com/article/2013/02/21/net-us-funding-pinterest-idUSBRE91K01R20130221 (15.03.2013).50 Instagram (2013). Instagram Today. 100 Million People, http://blog.instagram.com/post/44078783561/100-million (15.03.2013).

YouTube

Vimeo

Flickr

Picasa

Pinterest

Instagram

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Anwendungsbeispiele

Belfast (Nordirland) Die Stadt Belfast in Nordirland hat im Februar 2009 einen eigenen YouTube-Kanal ins Leben gerufen.51 Obwohl der Kanal selbst lediglich 100 Abonnenten hat, wurden die ungefähr 80 Videos insgesamt mehr als 150.000 Mal angesehen.

Videos waren ein wichtiges Medium im Rahmen einer Kampagne, die dazu diente, Bürger über höhere Bußgelder für das Wegwerfen von Müll auf die Straße zu infor-mieren. Die Videos können direkt auf dem YouTube-Kanal gesehen werden oder eingebettet auf Facebook52 und der eigenen Webseite53 der Stadt. Links zur Webseite wurden auf den Social Media-Accounts der Stadt auf Facebook54 und Twitter55 gepostet.

51 Belfast City Council: http://www.youtube.com/user/BelfastCityCouncil, (15.03.2013).52 Belfast City Council. YouTube application on Facebook. https://www.facebook.com/belfastcitycouncil/app_57675755167 (22.03.2013).53 Bspw.: Belfast City Council, Litter makes a pig of you. http://www.belfastcity.gov.uk/antilitter/index.asp (22.03.2013).54 Bspw.: Post vom 11.03.2012. https://www.facebook.com/belfastcitycouncil (22.03.2013).55 Bspw.: Post von 08.08.2012. https://twitter.com/belfastcc (22.03.2013).

Typische Verwendung

Visuelles Material spricht mehr Menschen an als reiner Text, sowohl auf Webseiten als auch auf Sozialen Netzwerken. Deswegen macht es Sinn, bei der Beschreibung und Erklärung spezieller Projekte der Gemeinde oder Stadt visuelles Material hinzuzufügen, auch um die generellen Nachhaltig- keitsbestrebungen der Stadt zu dokumentieren. Foto- und Videoplattformen können genutzt werden, um

•   den Austausch mit der Online-Community auf einem Sozialen Netzwerk voranzutreiben,•   Informationen auf der Webseite mit visuellem Material zu ergänzen,•   den Fortschritt lokaler Projekte, wie Bauarbeiten oder andere Entwicklungen, zu dokumentieren,•   visuelle Anleitungen zur Verfügung zu stellen, z. B. bezüglich Leistungen von Ämtern oder Behörden,•   Image- und Tourismuskampagnen zu unterstützen,•   Veranstaltungen zu organisieren und zu kommunizieren oder•   ein Archiv anzulegen, das besondere Ereignisse in der Geschichte der Stadt visuell dokumentiert.

Abbildung 7: Webseite der Stadt Belfast mit einem YouTube-Video über gestiegene Bußgelder

Quelle: Screenshot von http://www.belfastcity.gov.uk/antilitter/index.asp (25.04.2013)

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Bilder bei und erhalten im Gegenzug visuelle Informationen. Ungefähr 1.400 Bilder in mehr als 20 Kategorien versor- gen den Nutzer mit einem reichhaltigen Überblick über die Geschichte der Stadt. Zusätzlich gelangt die Stadt in den Besitz von Material, das sie für eigene Zwecke nutzen kann.

Seattle (USA) Die Verwaltung der Stadt Seattle hat eine Sammlung von visuellem Material auf Pinterest veröffentlicht, um die Geschichte der Stadt zu illustrieren. Das bidirektionale Konzept ist einer der Erfolgsfaktoren: Nutzer steuern

Abbildung 8: Account der Stadt Seattle auf Pinterest

Quelle: Screenshot von http://pinterest.com/seattlearchives/ (25.04.2013)

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4.3.3 Blogs

Ein Blog (Kurzform für „Web Log“) ist eine Webseite, die in der Form eines Journals aufgebaut ist. Artikel und Posts sind in umgekehrt-chronologischer Reihenfolge angeordnet, sodass neueste Beiträge zuoberst erscheinen. Blogs haben für gewöhnlich einen thematischen Schwerpunkt und Einträge vereinen häufig Text, Bilder und Links zu anderen Webseiten oder beispielsweise Videos. Leser haben meistens die Möglichkeit, Kommen-tare zu hinterlassen. Blogs können zwischen den Interaktionsformen „Information“ und „Kommunikation“ eingeordnet werden (vgl. Kapitel 3.2).

Verschiedene Software-Lösungen und Hilfsprogramme zur Erstellung eines Blogs sind frei verfügbar. Abhängig

von den technischen Voraussetzungen können Blogs auf einem eigenen Server oder auf dem Server des Anbieters der Software betrieben werden. Derartige Software ermöglicht es auch, Blogs ohne technische (Vor-)Kennt- nisse zu betreiben.

Blogs sind zu Beginn der 2000er-Jahre populär geworden und wurden von Privatpersonen, lokalen Initiativen und anderen nicht-professionellen Akteuren genutzt. Der Begriff des Web 2.0 wurde seither oft mit Blogs in Ver- bindung gebracht. In den meisten Fällen repräsentieren sie die persönliche Meinung des Autors.

Tabelle 4: Blog-Anwendungen

WordPress (www.wordpress.com) ist ein Open-Source-Content-Management-System und wird vornehmlich für Blogs verwendet. WordPress gibt an, dass derzeit mehr als 64 Millionen Webseiten existieren, die auf dem Angebot aufbauen.56 Die Software kann heruntergeladen und auf städtischen Servern betrieben werden. Eine ganze Reihe von Layout-Vorlagen und Plug-Ins erlauben es dem Nutzer, einen Blog individuell zu gestalten. Für diejenigen, die den Blog nicht auf einem eigenen Server laufen betreiben können, stellt WordPress eigene Server mit limitierten Funktionen für den Service bereit.

Drupal (www.drupal.com) ist ein kostenfreies Angebot, das dem von WordPress ähnelt. Neben Blogs ermöglicht es auch die Realisierung von komplexeren Webseiten-Projekten. Diese Kombination macht den Service für Städte und Gemeinden attraktiv. Die Stadt kann ihre gesamte Internet-Präsenz so in einem zentralen Content-Management-System verwalten. Drupals Blogangebot bietet jedoch weniger Vorlagen und Plug-Ins als WordPress.

Tumblr (www.tumblr.com) bietet einen kostenfreien Micro Blogging-Service an, mit dem Nutzer Text, Links, Videos, Bilder und Zitate posten können. Nutzer treten die Rechte an gepostetem Material automatisch an Tumblr ab. Inhalte anderer weiterzuverbreiten ist daher eine viel genutzte Funktion der Plattform. Tumblr gibt an, mehr als 100 Millionen Blogs zu verwalten.57 Die Firma wurde im Mai 2013 von Yahoo übernommen.

Blogger (www.blogger.com) ist ebenfalls kostenfrei und ein Service von Google. Voraussetzung zur Nutzung ist ein Google-Account. Die Funktionen sind gemessen an anderen Lösungen für eigene Server limitiert.

56 http://en.wordpress.com/stats/ (18.04.2013).57 http://www.tumblr.com/about (18.04.2013).

WordPress

Drupal

Tumblr

Blogger

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über ihre Erfahrungen während ihrer Ausbildung berichten.58 Einige Beiträge werden zudem von gerade Ausgelernten beigesteuert. Die Autoren berichten von ihrer praktischen Arbeit und der theoretischen Aus- bildung an der Hamburger Universität für angewandte Wissenschaften.59

Zum einen hilft der Blog den Auszubildenden, indem er ihnen die Möglichkeit des Austauschs bietet, und zum anderen bietet er Außenstehenden gute Einblicke in die Ausbildung. Heutzutage müssen Verwaltungen mit Unter- nehmen um die besten Auszubildenden und Angestell- ten konkurrieren. Der Blog stellt die Stadt als potenziell interessanten Arbeitgeber dar. In diesem Fall sind auf dem Blog zudem Links zu anderen Webseiten der Stadt zu finden, auf denen es um Arbeitsstellen im öffentlichen Sektor geht.

58 Ausbildungsblog Allgemeine Verwaltung: http://ausbildungsblog.hamburg.de/ueber-diesen-blog/ (09.04.2013).59 https://www.haw-hamburg.de/ (09.04.2013).

Typische Verwendung

Blogs sind sinnvoll, wenn regelmäßig neue Beiträge mit neuen Informationen zu erwarten sind. Des Weiteren veröffentli-chen Autoren von Blogs ihre Artikel meistens unter Nennung ihres echten Namens und die Inhalte sind häufig subjektiv und präsentieren persönliche Sichtweisen auf bestimmte Themen. Mittlerweile gibt es auch viele Unternehmen, die einen Blog neben ihren Webseiten und Social Media-Accounts betreiben. Blogs können beispielsweise genutzt werden zur

•   regelmäßigen Verbreitung von Informationen über spezielle Projekte und Themen,•   Präsentation einer Verwaltung (z. B. als attraktiver Arbeitgeber) oder•   Durchführung moderierter Dialogverfahren.

Anwendungsbeispiele:

Blog von Auszubildenden der Stadtverwaltung Hamburg Die Stadt Hamburg hat einen Blog ins Leben gerufen, in dem die Auszubildenden der allgemeinen Stadtverwaltung

Abbildung 9: Blog von Auszubildenden der Stadt Hamburg

Quelle: Screenshot von http://ausbildungsblog.hamburg.de/ (29.04.2013)

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Bürger können sich engagieren, davon selbst profitieren und werden so weiter zur Partizipation motiviert.

Finanzielle Zuwendungen von Bürgern, mit dem Ziel bestimmte Projekte zu unterstützen, können Städte und Gemeinden in eine neue, interessante Position bringen. Dieses Kapitel legt auch dar, wie eine Stadt mit wenig finanziellem Aufwand eine Plattform unterstützen kann, die dazu dient, dass andere Personen oder Gruppen Geldmittel für Sektoren aufbringen, für die die Stadt oder Gemeinde originär verantwortlich ist.

4.4.1 Crowdmapping

Crowdmapping bedeutet das Sammeln von Geo-Daten über das Internet und die Verbreitung dieser durch die Darstellung auf digitalen Karten. Crowdmapping begann mit einem Projekt, bei dem die Ushahidi-Community

4.4 Konsultation der Crowd

Die vorangegangenen Kapitel konzentrierten sich auf bekannte Social Media-Anwendungen, die dazu geeignet sind, Informationen zu verbreiten und in einen Dialog zu treten. Doch Anwendungen wie Facebook, Twitter und dergleichen sind nicht für komplexere Interaktionen und Kommunikation bei bestimmten Projekten geeignet. Im folgenden Kapitel werden Möglichkeiten vorgestellt, wie Bürger motiviert und in die Lage versetzt werden können, an komplexen städtischen Vorhaben mitzuwirken. Zur Erreichung dieser Ziele müssen Social Media-Anwendun-gen konsequent an den Paradigmen des Web 2.0 ausge-richtet werden. Ernst gemeinte Interaktion und Einbezie-hung eröffnet Möglichkeiten, nützliche Informationen aus dem Alltagsleben der Menschen zusammenzutragen sowie von ihrer Expertise zu profitieren. Die Mobilisierung geht jedoch über die Nutzung kognitiven Inputs hinaus.

Tabelle 5: Crowdmapping-Plattformen

Crowdmap (www.crowdmap.com) ist eine Open-Source-Plattform, mit der man Crowdmaps für eigene Zwecke kreieren kann. Mithilfe dieser Karten kann man Informationen anderer zusammentragen, darstellen und evaluieren.

Google Maps (www.Maps.google.com) bietet eine ganze Reihe von Anwendungen, mit denen man Informationen sammeln und darstellen kann. Neben der Möglichkeit, Karten zu veröffent-lichen und diese von Nutzern bearbeiten zu lassen, kann Google Verkehrsdaten über Smart-phone-Applikationen von Nutzern sammeln und den Verkehr analysieren. Nutzer, die Google das Zusammentragen dieser Daten genehmigen, übermitteln automatisch, wie schnell sie sich bewegen. Aufbauend auf diesen Informationen kann Google berechnen, wie schnell sich der Verkehr wo bewegt, diese Daten zeitgleich zu Verfügung stellen und der Nutzer kann darauf aufbauend entscheiden, wie er fährt. Eine detailliertere Beschreibung findet sich auf www.googleblog.blogspot.de/2009/08/bright-side-of-sitting-in-traffic.html.

FixMyStreet (www.fixmystreet.com) ist eine Seite, auf der man Straßenschäden, unerlaubt entsorgter Müll usw. melden kann. Die gemeinnützige Organisation hinter der Plattform (MySociety) bietet Verwaltungen die Möglichkeit, ihre Stadt bzw. Gemeinde in die Plattform einzubinden und die Aktivitäten auf der Plattform zu betreuen. Die anfallenden Kosten bemessen sich an der Komplexität der Integration (Größe der Gemeinde, mobile Applikationen usw.).

Mark-a-Spot (www.markaspot.de) ist ein deutsches Unternehmen und bietet ähnliche Services wie FixMyStreet. Es werden zusätzlich weitere Crowdmapping-Projekte betrieben, wie bspw. „Nürnberg aktiv gegen Lärm“. Die Software basiert auf Drupal und kann kostenfrei heruntergeladen werden (Betrieb auf eigenem Server) oder man beauftragt das Unternehmen, den Service anzubieten.

Crowdmap

Google Maps

FixMyStreet

Mark-a-Spot

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•   Bürgern die Möglichkeit zu geben, von Mängeln im öffentlichen Raum zu berichten (Schlaglöcher, kaputte Laternen usw.),•   Orts-Informationen, die bestimmte Interessen und Gruppen betreffen, zu sammeln (Menschen mit Behinderung, Eltern mit Kindern, Nichtraucher usw.),•   Infrastruktur-Maßnahmen durch den Bürger bewerten zu lassen (z. B. Fahrradwege),•   kommunale Projekte (z. B. bezüglich der Infrastruktur von Ladepunkten für Elektromobilität) darzustellen und zu bewerten oder•   öffentliche Angebote lokale/nationale/internationale darzustellen (z. B. internationale Karte von Leihfahr- radSystemen).

Anwendungsbeispiele

FixMyStreet FixMyStreet (www.fixmystreet.com) wird von der Firma mySociety betrieben. Die Firma war die Erste, die auf die Idee kam, Crowdmapping zu nutzen, um Verwaltun-gen über Unzulänglichkeiten im öffentlichen Raum zu

Typische Verwendung

Seit die Ushahidi-Community das Projekt Crowdmapping startete, wurde das Konzept für unterschiedliche Projekte modifiziert. Einige Gemeinden und Städte haben die zu- grundeliegende Technik für eigene Zwecke genutzt. Gene- rell kann eine Crowdmap für alle möglichen Themen genutzt werden, bei denen es darum geht, geografische Informationen zusammenzutragen. Alles, was benötigt wird, ist eine gewisse Anzahl von Menschen, die Informa-tionen bereitstellt oder sammelt. Crowdmapping kann genutzt werden, um

während Katastrophen und kritischen Situationen, wie dem Erdbeben auf Haiti und der von Gewalt geprägten Zeit nach den Wahlen in Kenia, helfen wollte. Dabei rief die Gruppe dazu auf, dass Nutzer im Internet Informationen wie Twitter-Nachrichten, E-Mails und SMS zusammen-tragen sollten, die das jeweilige Thema betrafen. Mithilfe einer Karte, die fortlaufend aktualisiert wurde, konnten Helfer vor Ort sehen, wo ihre Hilfe am ehesten gebraucht wurde und entsprechend effektiver reagieren.

Abbildung 10: FixMyStreet-Karte London

Quelle: Screenshot von http://www.fixmystreet.com/around?pc=London (25.04.2013)

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informieren. Mittlerweile gibt es eine Reihe ähnlicher Unternehmen in verschiedenen Ländern (Kanada, Deutschland, Korea, Niederlande, Neuseeland, Griechen-land, Japan und Schweden).

Wheelmap Auf www.wheelmap.org werden Orte gepostet, die für Menschen mit Behinderung (z. B. für Rollstuhlfahrer) gut oder auch schlecht zugänglich sind. Die Seite informiert über Barrieren, Rampen, Fahrstühle, Toiletten und dergleichen, die für betroffene Personen von Belang sind.

Nürnberg gegen Lärm „Nürnberg aktiv gegen Lärm“ (www.nuernberg-aktiv-gegen-laerm.de) soll helfen, ein Bild davon zu entwickeln, wo Lärmbelastungen besonders stark sind. Diese Infor-mationen sind dazu gedacht, der Stadt Nürnberg bei der Reduzierung von Lärm in besonders belasteten Gegenden zu helfen.

Abbildung 11: Wheelmap-Karte Berlin

Quelle: Screenshot von http://www.wheelmap.org/map (25.04.2013)

MetroBike und Google Der Bike-Sharing-Blog (http://bike-sharing.blogspot.com) stellt auf Grundlage von GoogleMaps Fahrradverleihsysteme auf der ganzen Welt dar.

4.4.2 Crowdfunding

Crowdfunding beschreibt die Akquise von größeren Geld- beträgen durch Bündelung von Klein(st)beträgen, die durch eine große Gruppe von Nutzern über das Internet aufgebracht werden. Die Geldgeber engagieren sich häufig in Form einer stillen Beteiligung, während die unterstützten Projekte sehr unterschiedlich sein können. Crowdfunding ist zu einer Möglichkeit geworden, in nicht profitorientierten (oder unprofitablen) Bereichen wie Kunst oder Kultur unterschiedlichste Projekte zu realisieren. In diesen Fällen haben die Geldgeber nicht unbedingt finanzielle Interessen. Deswegen gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, wie Geldgeber belohnt werden. Das kann die Nennung im

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Tabelle 6: Crowdfunding-Plattformen

Indiegogo (www.indiegogo.com) gibt es seit 2007; dort werden alle möglichen Arten von Projekten, ob profitorientiert oder nicht, unterstützt. Es handelt sich um eine der führenden Plattformen für Crowdfunding weltweit und sie kann von überall aus genutzt werden. Alles, was man benötigt, ist ein Bankkonto. Die Registrierung und das Starten einer Kampagne sind kostenlos, jedoch muss ein Teil des eingenommenen Geldes als Provision bezahlt werden.

Startnext (www.startnext.de) hat seinen Sitz in Deutschland und ist im deutschsprachigen Raum die größte Community. Es werden Projekte aus den Bereichen Film/Video, Spiele, Musik, Veranstal-tungen, Literatur, Design, Hörbücher/-spiele, kulturelle Bildung, Erfindung, Theater, Journalismus, Fotografie, Comedy, Kunst, Mode, Technologie und Informationsangebote unterstützt. Eine Kampagne zu starten ist kostenlos, jedoch wird eine Provision vom eingenommenen Geld berech-net. Zudem muss der Projektstarter einen Wohnsitz in Deutschland oder Österreich haben.

Seedmatch (www.seedmatch.de) unterstützt in erster Linie Start-up-Unternehmen mit der Inten- tion, Geldgebern eine verlässliche Investitionsquelle zu bieten. Bevor ein Projekt freigegeben wird, prüft Seedmatch das Geschäftsmodell und wählt dann die erfolgversprechendsten aus. Seedmatch gibt an, bis April 2013 insgesamt für alle Projekte 5.265.250 € akquiriert zu haben.60

Kickstarter (www.kickstarter.com) ist neben Indiegogo ein weiteres weltweit agierendes Unter-nehmen. Seit dem Start im Jahr 2009 bis 2013 haben mehr als 3,9 Millionen Menschen über 579 Millionen US$ in 39.000 große und kleine Projekte investiert bzw. gespendet. Projekte müssen in eine der folgenden Kategorien passen: Kunst, Comedy, Tanz, Design, Mode, Film, Essen, Spiele, Musik, Fotos, Publikation, Technologie oder Theater. Kickstarter verlangt 5 % des einge-worbenen Geldes und zusätzlich eine Summe für laufende Kosten. Ausschließlich Projekte in Großbritannien und den USA werden unterstützt.

60 https://www.seedmatch.de/system/files/Seedmatch_Facts_130418.pdf (05.05. 2013).

Indiegogo

Startnext

Seedmatch

Kickstarter

Abspann eines Films sein oder der Erhalt einer Erstausgabe eines finanzierten Buchs. Auch Start-up-Unternehmen greifen immer häufiger auf das Mittel Crowdfunding zurück, um Kapital aufzutreiben. Auf diesem Wege erhalten die Unternehmen außerdem schon ein erstes Feedback, wie das Produkt oder der Service eventuell ankommen wird.

Es gibt viele Plattformen, auf denen Geld per Crowdfunding gesammelt werden kann. Sie unterscheiden sich darin, welche Art von Projekten sie unterstützen und wie der Vorgang or- ganisiert ist. Die meisten schreiben eine minimale und eine maximale Summe aus, sowohl einzelne Spenden als auch die gesamte Summe betreffend. Wenn die ausgeschriebene Gesamtsumme nicht erreicht wird, geht das Geld von einem Treuhandkonto zurück an die Investoren (nur wenige Platt-

formen überweisen das Geld direkt an das Projekt, auch wenn die Minimalsumme nicht erreicht wurde). Neben der Mög- lichkeit für Gemeinden, Projekte als Crowdfunding-Projekte auszuschreiben, gibt es noch die Möglichkeit, Crowdfunding-Aktivitäten Dritter – die unterstützungswürdig und eventuell von öffentlichem Interesse sind – zu unterstützen.

Typische Verwendung

•   Crowdfunding wird im nicht-profitorientierten Bereich genutzt, um Theaterstücke, Independent-Filme, Kunstausstellungen usw. zu finanzieren.•   Start-up-Unternehmen nutzen Crowdfunding, um ihre Produkte und Services weiterzuentwickeln und auf den Markt zu bringen.

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rungen wie Infrastruktur zur Geschwindigkeitskontrolle, Restaurierungen oder die Einzäunung einer Wiese für Hunde. Jedoch ist es oft unmöglich zu sagen, wann welches Projekt realisiert wird. Hier setzt Citizinvestor an. Zu- dem ermöglicht die Plattform es den Bürgern, neue Projekte zu beantragen. Projekte werden erst realisiert, wenn sie komplett finanziert sind, und niemand zahlt, bevor die Finanzierung nicht gewährleistet ist.

Nordstarter Die Stadt Hamburg hat ihre eigene Crowdfunding- Plattform (www.nordstarter.org) ins Leben gerufen, um die lokale kreative Szene zu unterstützen. Auch wenn es eine Menge Projekte gibt, die Hilfe benötigen und viele Menschen, die diese unterstützen wollen, ist es nicht immer profitabel für Plattformen, beide Gruppen zusam- menzubringen, denn die Projekte sind zumeist eher klein und es wird nicht viel Geld bewegt. Entsprechend ihrer

Seit der Trend Deutschland erreicht hat, wurden einige Platt- formen gegründet, aber ebenso wieder geschlossen, denn der Markt hierzulande scheint momentan relativ klein zu sein und die weltweit agierenden Unternehmen sind stark. Manche der hiesigen Anbieter haben daraufhin ihren Service ausgebaut und Crowdfunding-Plattformen für Städte und Gemeinden aufgebaut. Diese können eine solche Plattform betreiben, ohne Gewinne erwirtschaften zu müssen.

Anwendungsbeispiele

Citizinvestor Citizinvestor (www.citizinvestor.com) beabsichtigt, Bürgern zu helfen, kommunale Projekte in ihrem Lebensumfeld voranzubringen. Die Idee ist, dass eine Gemeinde ein Projekt auf der Webseite veröffentlicht und Bürger für dessen Realisierung sorgen können, indem sie es finanzieren. Normalerweise gibt es eine endlose Liste von Verbesse-

Abbildung 12: Citizinvestor-Webseite

Quelle: Screenshot of http://www.citizinvestor.com (25.04.2013)

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Verantwortung für den kulturellen Sektor unterstützen Städte wie Hamburg Plattformen für nicht-profitable Crowdfunding-Projekte.

I make Rotterdam Der Luchtsingel (en.imakerotterdam.nl/) ist ein Projekt, das nach einer Brücke benannt ist, die Gegenstand des Projekts ist und mit dem Geld von Bürgern erbaut wird. Sie wird gebraucht, um zwei Bereiche der Stadt Rotterdam miteinander zu verbinden, die derzeit von einer Stadt-autobahn zumindest für Fußgänger getrennt sind. Der ursprüngliche Plan der Stadt sah vor, eine solche Brücke in 30 Jahren zu bauen. Doch damit waren einige Bürger nicht einverstanden und starteten ein Crowdfunding-Projekt zur Konstruktion einer provisorischen Fußgänger- brücke aus Holz.

4.4.3 Open Innovation

Open Innovation beschreibt einen Paradigmenwechsel im Innovationsmanagement von Unternehmen. Fand Innovation traditionell im geschlossenen Prozess inner- halb eines Unternehmens statt, ist heute eine Öffnung von Unternehmen zu beobachten.

Am häufigsten findet Open Innovation als Wettbewerb statt. Man kann Open Innovation des Weiteren in drei Prozess-Kategorien einteilen:61 1) Der Outside-In-Prozess: Der Gebrauch externen Wissens im Prozess der Innovation. 2) Der Inside-Out-Prozess: Die Externalisierung von

61 Oliver G. Gassmann/Ellen E. Enkel (2006). Open Innovation. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotential, in: zfo, 3/2006, S. 132–138.

Theoretischer Hintergrund zu Open Innovation

Open Innovation beschreibt eine Strategie im Innovationsmanagement, um die

•   Zeit bis zur Markteinführung zu verkürzen,•   Kosten der Markteinführung zu senken,•   Marktkompatibilität zu erhöhen,

•   Innovativität (Alleinstellungsmerkmal) zu erhöhen,•   Akzeptanz zu steigern.

Um diese Ziele des Innovationsmanagements zu erreichen, adressiert eine Institution ein nicht definiertes Netzwerk von Menschen (in der Regel über das Internet), damit dieses ein Problem löst.62 Mit der Veröffentlichung des Problems kündigt die Institution in einigen Fällen zusätzlich ein Preisgeld für die beste Lösung an. Open Innovation hat mehrere Vorteile. Zum einen kann eine Vielzahl von Adressaten sehr unterschiedliche Expertisen vereinen, zum anderen kann sie auch ein mehr oder minder repräsentatives Meinungsbild liefern. In einer Studie aus dem Jahr 2007 von Lakhani et al. wurde die Effektivität des Konzepts Open Innovation bei höchst speziellen Problemen bewiesen.63 Im Rahmen der Studie wurden 160 (wissenschaftliche) Fragestellungen auf der Plattform InnoCentive veröffentlicht, die von einer Reihe von großen Forschungsinstituten nicht gelöst werden konnten. Die Community von InnoCentive löste 30 % der Probleme in durchschnittlich 74 Stunden – verglichen mit 6 bis 24 Monaten erfolgloser Arbeit unter Verwendung großer Geldsummen.

Reichenwald und Piller (2009) betonen, dass die, die man durch einen Open Innovation-Aufruf erreicht, aus sehr unterschiedlichen Arbeitsbereichen kommen und wahrscheinlich im Einzelfall nicht mehr wissen als die einzelnen Angestellten einer Firma, die ein ähnliches Fachwissen haben, jedoch viele Personen mit unterschiedlicher Expertise die Problemlösungswahrscheinlichkeit erhöht.64

62 Ebd.63 Karim R. Lakhani/Lars Bo Jeppesen/Peter Lohse/Jill A. Panetta (2007). The Value of Openness in Scientific Problem Solving. Harvard Business School Working Paper, No. 07–050.64 Ralf Reichwald/Frank Piller (2009). Interaktive Wertschöpfung: Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung.

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Typische Verwendung

•   Im industriellen Sektor wird Open Innovation zur Lösung von Problemen, die Unternehmen selbst nicht lösen können, genutzt. In solchen Fällen nutzen Unternehmen Plattformen, die von sehr vielen Experten besucht werden, um von der „Intelligenz der Masse“ zu profitieren. Dieses Vorgehen kann als „Challenge-Driven Innovation“ (auf Wettbewerb basierende Innovation) bezeichnet werden.•   Regierungen und Kommunen nutzen Open Innovation, um Denkanstöße und gute Ideen von Bürgern zu Fragen des öffentlichen Interesses zu erhalten. Diese Ideen können kreative Lösungen sein oder eine breite Meinung abbilden.

Anwendungsbeispiele

Apps für Deutschland Apps für Deutschland (www.apps4deutschland.de) ist eine Initiative, die, finanziert von der deutschen Regierung, von drei Nichtregierungsorganisationen und einer Reihe von Partnern betrieben wurde. Es gab einen öffentlichen Aufruf zur Entwicklung von Internet-App-likationen und Applikationen für mobile Geräte, die auf veröffentlichten Daten öffentlicher Einrichtungen basieren sollten. Ziel war die Entwicklung verwendbarer Applikationen. Ferner sollten Behörden dazu motiviert werden, sich in der Open Data-Bewegung zu engagieren und die Applikationen schlussendlich zu veröffentlichen.

InnoCentive InnoCentive (www.innocentive.com) ist ein Beispiel für ein Unternehmen, das mit Innovationswettbewerben (Challenge-Driven Innovation) arbeitet. Das Unternehmen bekommt von seinen Kunden (Unternehmen und Insti- tutionen) Probleme eingereicht und veröffentlicht diese mit der Hoffnung, dass mehrere Personen sich der Probleme annehmen und gute Lösungen finden. Für die beste Lösung wird eine vorher feststehende Belohnung vergeben.

iBridge Network Das iBridge Network (www.ibridgenetwork.org) veröffent-licht Innovationen und Technologien in frühen Phasen der Entwicklung. Das Netzwerk ist öffentlich zugänglich und vereint Veröffentlichungen unterschiedlicher Einrichtungen.

internem Wissen wird genutzt, um Lizenzgebühren für Patente und Innovationen einzunehmen, die für den eigenen Geschäftsbereich nicht verwendet werden. 3) Der Coupled-Prozess: Eine Institution nutzt externes Wissen, um einen Prozess zu verbessern oder um ein innovatives Moment einzuführen und nutzt zugleich eigenes Wissen (externalisiert es), um einen Markt für das kommende Produkt aufzubauen.

Apples iPhone und das dazugehörige Geschäftsmodell sind das bekannteste Beispiel eines solchen (Coupled-) Prozesses: Apple gibt externen Entwicklern in einem Inside-Out-Prozess die Möglichkeiten, durch offen gelegte Schnittstellen neue Applikationen zu entwerfen. Wäh- rend extern, also außerhalb des Unternehmens, die App- likationen entworfen werden, werden sie anschließend von Apple über den Apple Store verkauft, was als Outside-In-Teil des Prozesses verstanden werden kann.

In den letzten Jahren hat sich eine Reihe von Regierungen der Open Data-Bewegung zugewendet. Manche haben einen Coupled-Prozess, wie oben beschrieben, als Wettbe- werb veranstaltet. Öffentliche Einrichtungen haben Daten bereitgestellt, auf deren Grundlage innovative App- likationen entwickelt und davon die besten ausgezeichnet werden sollten.

Sogenannte Lead-User (trendführende Nutzer) können selbst auf Probleme eines Produkts oder einer Dienst-leistung stoßen und eventuell auch schon Lösungen entwickeln. Lead-User sind Geschäftskunden und Privatkunden, die den Bedürfnissen des Massenmarktes vorauseilen und Entwicklungen aufzeigen können. Lead-User entwickeln Bedürfnisse an Waren oder Dienst- leistungen, die für Unternehmen wegweisend sein können. Diese Bedürfnisse gilt es ausfindig zu machen, weshalb eine der Open Innovation-Strategien ist, die Kunden pro-aktiv anzusprechen. Open Innovation wird mit einer Reihe von ähnlichen Social Media-Strategien und -Trends assoziiert: Crowdsourcing, User-generated Content (vom Nutzer generierter Inhalt), Co-Creation (gemeinsames Schaffen von Inhalt), Schwarmintelligenz, Crowd-Contest (Wettbewerb der Masse) und Elite- sourcing (Schaffen von Inhalt durch eine Community ausgewählter Experten). Die Definitionen sind nicht immer eindeutig und es gibt zahlreiche Überschneidungen.

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Wissenschaftler und Entwickler aus Universitäten und der Industrie sowie Investoren können sich hier über neue Innovationen informieren. Manche Universitäten erzielen exzellente Resultate mit ihrer Forschung, aber ent- wickeln keine Geschäftsmodelle oder Ambitionen, um ihre Resultate marktkompatibel zu machen. Das iBridge Network bringt unterschiedliche Interessengruppen aus Forschung und Industrie zusammen, indem es neueste Entwicklungen und Innovationen veröffentlicht. Die Sinnhaftigkeit eines solchen Projektes kann man sich vor Augen führen, wenn man an die Technologie des MP3-Formates denkt, die in Deutschland entwickelt wurde, jedoch erst in den USA marktkompatibel gemacht wurde.

Cycling Affairs Departure (eine Kreativagentur der Stadt Wien) rief einen Wettbewerb ins Leben, bei dem es darum ging, Ideen zum

Fahrradfahren in der Stadt und zur Fahrradkultur in der Stadt zu entwickeln (www.cycling.departure.at).

The Ideas Campaign „The Ideas Campaign“ wurde am 5. März 2009 von einer irischen Bürgerinitiative ins Leben gerufen und hatte das Ziel, Ideen zur Erneuerung und Stärkung der irischen Wirtschaft zu sammeln; die Kampagne endete im Sommer 2009 mit dem Ergebnis eines Maßnahmenkatalogs und Zugeständnissen seitens der Regierung, die es Unter-nehmen und einzelnen Personen ermöglichen sollten, einige der Maßnahmen zu realisieren.65 Der Maßnahmen-katalog ist eine Auswahl von tausenden Ideen irischer Bürger, wie Irland seine Wirtschaft wieder aufbauen kann.

65 http://www.ideascampaign.ie/about/what-we-achieved/ (23.04.2013).

Abbildung 13: Cycling Affairs-Wettbewerb

Quelle: Screenshot von http://www.cycling.departure.at (25.04.2013)

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4.5.1 Professionelle Soziale Netzwerke

Professionelle Soziale Netzwerke funktionieren nach denselben Prinzipien wie ihre privaten Pendants. Sie werden genutzt, um ausschließlich die beruflichen Aspekte des Lebens einer Person abzubilden. Dies beinhaltet üblicherweise den Lebenslauf, spezielle Interessen oder Fähigkeiten, Referenzen vorheriger Arbeitsstellen und das berufliche Netzwerk.

Diese Plattformen sind wertvolle Instrumente für das Netzwerken mit Menschen aus dem gleichen Arbeits- bereich. Sie dienen dem Wissensaustausch und helfen bei der Suche nach neuem Personal. Neben dem individuellen Profil können offene oder geschlossene Diskussions- gruppen sowie Profile von Unternehmen oder Institutionen eingerichtet werden. Eine weitere Kernfunktion ist das Kontaktnetzwerk. Einerseits bildet es die direkten persön-lichen und verbundenen Kontakte von Personen und Institutionen ab. Andererseits schließt es die Kontakte der eigenen persönlichen oder verbundenen Kontakte wiederum mit deren Kontakten ein (sogenannte Verbin- dungen zweiten und dritten Grades). Aufbauend darauf kann man entweder direkt oder durch die Benennung der entsprechenden Referenz mit jemandem in Kontakt treten. Dies ist jedoch nur ein möglicher Weg, um beruf- liche Kontakte zu knüpfen. Um weitere Informationen zu erhalten, gibt es Suchfunktionen, die dabei helfen, Menschen in Institutionen und Unternehmen ausfindig

4.5 Professionelle Kommunikation und Wissensaustausch Social Media eröffnet nicht nur neue Perspektiven und Möglichkeiten für einen aktiven Dialog mit den Bürgern, sondern auch für die professionelle Kommunikation innerhalb und zwischen öffentlichen Einrichtungen. Ein Ziel der RFSC-Anwendung ist es, den Wissensaustausch über nachhaltige Stadtentwicklung zu fördern. Dieses Ziel kann mit einer Reihe der folgenden Social Media-Anwendungen verfolgt werden:

•   Professionelle Soziale Netzwerke (Kapitel 4.5.1)•   Interne Blogs und Messenger (Kapitel 4.5.2)•   Cloud-basierte Speicherung und Zusammenarbeit (Kapitel 4.5.3)•   Wikis und kollektives Wissensmanagement (Kapitel 4.5.4)

Da der Fokus dieser Publikation auf Social Media-Anwen-dungen für externe Kommunikation liegt, gibt das folgende Kapitel lediglich eine allgemeine Einführung. Grundsätzlich ist anzumerken, dass die meisten der im Folgenden vor- gestellten Anwendungen einen kostenfreien Account bzw. Versionen anbieten, die gegenüber den kostenpflichtigen Anwendungen für professionelle Accounts bzw. Versionen lediglich beschränkte Funktionen, einen geringen Speicher- platz usw. bieten. Zum Testen und Sondieren der Anwen-dungen ist dies jedoch häufig ausreichend.

Tabelle 7: Professionelle Soziale Netzwerke

LinkedIn (www.linkedin.com) ist mit mehr als 200 Millionen registrierten Mitgliedern das weltweit größte professionelle Soziale Netzwerk (Stand Ende 2012).66 Die Nutzer können sich zwischen einer kostenlosen und einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft entscheiden, die weitere Funktionen bietet.

Xing (www.xing.com) ist das deutsche Gegenstück zu LinkedIn und ist im deutschsprachigen Raum weit verbreitet. In diesen Ländern gibt es mehr als 5,7 Millionen registrierte Nutzer.67

Branchout (www.branchout.com) ist eine kostenlose Facebook-Applikation für die Nutzung des Netz- werks mit beruflichem Interesse und zur Arbeitssuche. Es ist Facebooks meistgenutzte Applikation in diesem Bereich.

66 http://de.press.linkedin.com/about (28.02.2013).67 http://www.heise.de/newsticker/meldung/Xing-macht-trotz-Wachstums-weniger-Gewinn-1667030.html (28.02.2013).

LinkedIn

Xing

BranchOut

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Social Media für europäische Städte 35

4.5.2 Interne Blogs und Messenger

Interne Micro Blogs und Messenger können als Ergän-zung zum internen E-Mail-Verkehr genutzt werden. Nachrichten werden an Abonnenten eines Micro Blogs oder eine Empfängerliste (z. B. eine Arbeitsgruppe) geschickt. Im Gegensatz zu E-Mails sind die Nutzer dazu angehalten, Informationen kurz und präzise zu formuli-eren, da die Zeichenanzahl häufig beschränkt ist. Außer-dem kann der Nachrichtenverlauf in chronologischer Reihenfolge gestreamt und gesichtet werden. Das macht es einfach, einzelne Beiträge von unterschiedlichen Personen zu verfolgen und den Gesprächsfaden an einer beliebigen Stelle aufzunehmen oder eine verpasste Diskussion nachzuverfolgen. Kurznachrichten können

auch eingerichtet werden, um den Eingang von Nachrichten zu bestätigen oder um eine umgehende Kommunikation zwischen Anbietern und Kunden zu realisieren.

4.5.3 Cloud-basierte Speicherung und Zusammenarbeit

Bei der Cloud handelt es sich um einen Marketingbegriff, der eine IT-Infrastruktur bezeichnet, deren Speicherplatz, Software, Rechenleistung und Leistungsfähigkeit des Netzwerks teilweise oder vollkommen dezentralisiert sind. Um einen Cloud-Service zu nutzen, müssen Nutzer mit einem Netzwerk verbunden sein, welches in den meisten Fällen das Internet ist, aber auch beispielsweise das Intranet einer Kommunalverwaltung sein kann. Außer-dem gibt es neben öffentlichen und privaten Clouds auch Hybrid- bzw. Community-Clouds. Community-Clouds werden häufig von miteinander in Verbindung stehenden Institutionen verwendet, die auf unterschiedliche Orte verteilt sind (Universitäten, unterschiedliche Behörden einer Stadt oder Unternehmen mit gemeinsamen Interessen).

Die Zusammenarbeit in der Cloud basiert auf einem Netzwerk, wie es soeben beschrieben wurde. Zusammen-arbeit mithilfe einer Cloud meint die Möglichkeit, dass Angestellte einer Institution zeitgleich an derselben Datei bzw. demselben Dokument arbeiten können, womit Arbeitsschritte optimiert werden und man zusammen von unterschiedlichen Orten aus Zugriff auf Informationen hat. Hochentwickelte Systeme für Cloud-basierte Zusammenarbeit sind in der Lage, parallele Echtzeitbear-beitung von Dokumenten anzubieten. Teilweise können

Tabelle 8: Internes Blogging und Kurznachrichten verschicken

Yammer (www.yammer.com) ist eine Mischung aus einem Sozialen Netzwerk und einem Micro Blogging-Service und einzig für Angestellte eines Unternehmens verfügbar, wenn sie einen von ihrem Unternehmen freigeschalteten Account besitzen. Der Fokus liegt auf dem Austausch und dem gemeinsamen Arbeiten an Dokumenten, ferner dem Wissensaustausch und unternehmensinterner Zusammenarbeit.

Hall (www.hall.com) bietet Unternehmen beispielsweise persönliche Einzel- und Sofortnachrichten, einen Konferenzservice mit Videofunktion in HD sowie Möglichkeiten zum Teilen von Dateien.

Yammer

Hall

und sich ein Bild über Abteilungen zu machen. Einige Netzwerkanbieter bieten Funktionen wie einen Assis- tenten zur Erstellung von Profilen, Bewertungen und Benotungen des Profils, Karrierevideos und weitere Dienste an.

Neben allgemeinen professionellen Sozialen Netzwerken gibt es solche für bestimmte Gruppen oder Themen, wie beispielsweise Selbstständige (Biznik), die dadurch Ressourcen teilen und Empfehlungen aussprechen oder sich anderweitig unterstützen können. IT-Fachkräfte können z. B. auf dem Netzwerk Spiceworks direkt von den Entwicklern technische Ratschläge erhalten und Anweisungen zum Umgang mit Programmen erhalten. Zusätzlich zu diesen autonomen Anbietern gibt es einige Facebook-Applikationen zur professionellen Nutzung des Netzwerks.

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4.5.4 Wikis und kollektives Wissensmanagement

Ein Wiki ist ein Hypertext-System, das es ermöglicht, Inhalt direkt in einem Browser zu bearbeiten. Das bekannteste Beispiel ist die freie Enzyklopädie Wikipedia. Die Idee ist, dass Menschen gemeinsam an der Erstel-lung von Artikeln arbeiten. In den meisten Fällen geht es darum, das Wissen vieler Personen zusammenzutragen und zu nutzen. An Wikis kann in der Regel jeder mitarbei-ten, was darin begründet ist, dass ihr Ursprung in der Open Content-Bewegung liegt. Die Softwarelösungen können jedoch auch dazu genutzt werden, Wissens- management für einen abgeschlossenen Nutzerkreis zu betreiben (z. B. Abteilungen der Verwaltung). Verglichen mit anderen Content-Management-Systemen sind Wikis auf Inhalte fokussiert und die Handhabung ist auch für Anfänger einfach, da Layout und Design von nachrangiger Wichtigkeit sind.

Es gibt noch weitere Social Media-Anwendungen, die zum Zusammentragen von Wissen genutzt werden können. Viele der Funktionen überschneiden sich mit anderen Social Media-Anwendungen, z. B. mit einigen der oben vorgestellten Cloud-basierten. Letztlich hat jede Anwendung Schwerpunkte und viele versuchen unterschiedliche Dienste zu vereinen.

die Dienste auch in gängige Officelösungen (z. B. MS Office) integriert werden.

Auch wenn solche Systeme vornehmlich von Unter- nehmen genutzt werden, können manche auch für externe Zwecke Anwendung finden. So kann man mit Kunden oder Konsortialpartnern Dokumente teilen und ausgereifte Systeme können dabei helfen, die Arbeit mehrerer Verwaltungseinheiten zu organisieren.

Private Nutzer speichern ihre Daten in Clouds, um ihre Daten vor Verlust zu schützen oder um ihren Speicher-platz auszuweiten. Diese Praxis wird immer üblicher, was unter anderem mit der Verbreitung von mobilen Medien wie Smartphones, Laptops und Tablets zu tun hat, die das Bedürfnis für Zugriffsmöglichkeiten auf eigene Daten erhöht haben. Bei jedem Einsatz von Cloud-Diensten ist jedoch vorab zu prüfen, ob die Datenschutzrichtlinien des Anbieters für die eigenen Zwecke ausreichend sind.

Tabelle 9: Cloud-basierte Speicherung und Anwendungen der Zusammenarbeit

Dropbox (www.dropbox.com) ist ein Service, der es ermöglicht, seine Daten automatisch auf unterschiedlichen Geräten zu synchronisieren. Dokumente werden in einem Cloud-Speicher aufbewahrt und bei Änderungen auf angeschlossenen Geräten sofort synchronisiert. Dropbox erlaubt zudem das Verteilen und Freigeben.

Basecamp (www.basecamp.com) ist eine Plattform für das Projektmanagement. Über Basecamp kann die Projektzeitplanung, die Erstellung von Dokumenten, die Projektkommunikation und das Projektnetzwerk einfach koordiniert werden.

Google Drive (www.drive.google.com) bietet für Google-Account-Inhaber kostenlos 5 GB Online-Speicherplatz. Google Drive hilft beim gemeinsamen Arbeiten und kann dazu genutzt werden, anderen einen Zugang zu einzelnen Dokumenten, Ordnern und Dateien zu gewähren sowie zur gleichzeitigen Arbeit an einem Dokument von unterschiedlichen Orten aus. Nutzer haben Zugang zu Google Docs und können die dort verfügbaren Funktionen nutzen. Nutzer können mit Gmail von Google Drive aus Links verschicken, was Anhänge überflüssig macht.

Dropbox

Basecamp

Google Drive

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Tabelle 10: Wikis und Anwendungen für kollektives Wissen

Mediawiki (www.mediawiki.org) ist eine frei verfügbare Software, die ursprünglich für Wikipedia geschrieben wurde und auf deren Grundlage Wikipedia auch immer noch läuft. Da es für Open Content konzipiert ist, eignet es sich kaum für Wissensmanagement in beschränkten Gruppen. Nichtsdestotrotz ist es ein leistungsfähiges und skalierbares Programm, das vielfältige Möglichkeiten zur Dokumentation und Wissensaufbereitung bietet.

Wikipedia (www.wikipedia.org) ist eine freie Online-Enzyklopädie. Jeder kann Artikel verfassen und bearbeiten, die Inhalte diskutieren und Teil des Prozesses sein. Es ist ein gemein-nütziges Projekt, das von der Wikimedia Foundation betrieben wird, die selbst eine nicht gewinnorientierte Organisation ist und weitere ähnliche Projekte mit der altruistischen Intention betreibt, Wissen für jeden allgemein verfügbar zu machen.

Mit ca. 60 Millionen Besuchern jeden Monat ist Slideshare (www.slideshare.net) die weltweit größte Community für das Teilen von Präsentationen im Internet. Es werden unterschiedliche Formate zum Teilen von Präsentationen unterstützt. Die Seite ist in ihrer Funktionsweise mit YouTube vergleichbar, nur ist sie für Präsentationen statt für Videos angelegt. Aufgrund der Charakteristik des Mediums wird es eher zu Berufs- und Bildungszwecken genutzt. Präsentationen können heruntergeladen, wiederverwendet und wiederaufbereitet werden. Slide-Präsentationen und MP3-Formate können kombiniert und als Slidecasts (ähnlich wie Podcasts) angeboten werden. Es sind noch eine Reihe weiterer Funktionen verfügbar.

Evernote (www.evernote.com) ist ein Programm zum Erstellen, Ablegen und Teilen von Notizen. Notizen können in diesem Fall ein formatierter Text sein, eine ganze Webseite, ein Auszug aus einer Webseite, Fotos, eine gesprochene oder eine handschriftliche Notiz. Evernote ordnet die Objekte und macht sie in verschiedenen Abstufungen verfügbar. Die Suchfunktion erkennt Texte sogar in gescannten oder fotografierten Objekten. Diese Notizen können entweder nur auf dem Computer des Nutzers gespeichert werden oder zusätzlich online auf einem Server von Evernote. Die Inhalte auf den Speicherplätzen werden automatisch synchronisiert. Über die Freigabe eines Accounts können kleine Gruppen ein vereinfachtes Wissensmanagement und eine zentrale Informationssammlung betreiben.

MediaWiki

Wikipedia

Slideshare

Evernote

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5. Ein Social Media-Strukturmodel: die Integration von Social Media in den RFSC

sowie diese Dialoge in einem ganzheitlichen Ansatz auf unterschiedlichen Governance-Ebenen integrieren können. Leser können sich aller Anwendungs- möglichkeiten bedienen oder solche situativ passend auswählen.

Nichtsdestotrotz verlangen Planung und Durchführung einer Social Media-Strategie einen strukturierten Prozess. Der Leser wird daher durch eine Reihe von Schritten, Fragen und Empfehlungen geführt, um seine eigene Heran- gehensweise für Social Media-Strategien (weiter) zu entwickeln.

5.2 Die Entwicklung einer Social Media-Strategie

Eine Social Media-Strategie muss geplant und entwickelt werden. Dieser Schritt soll bei der Auswahl derjenigen Maßnahmen unterstützen, die bei der Festlegung auf eine entsprechende Strategie mit den jeweils lokalen Beson-derheiten einhergehen und Orientierung bei der Entwick-lung eines groben Social Media-Konzepts bieten.

5.2.1 Maßnahmenauswahl in Abhängigkeit von lokalen Prioritäten

Um eine Social Media-Strategie zu entwickeln oder zu verbessern, sollten Entscheidungsträger eine Maßnahme wählen, die sich von einem Projekt ableiten lässt, welches im Einklang mit dem RFSC und den lokalen Schwerpunkten steht.

5.2.1.1 Agenda-Setting

Social Media-Aktivitäten erscheinen als Must-have mit unendlichem Potenzial. Es ist aber wichtig, Social Media-Projekte nicht als Selbstzweck zu betreiben, sondern mit definierten Zielen zu versehen und ein koordiniertes und nachhaltiges Konzept zu verfol- gen. Schlussendlich geht es um Kommunikation und nicht um bloße technische Fragen. Um für ein nach-haltiges Stadtprojekt mit den Bürgern und Stakeholdern in einen Dialog zu treten, muss eine Social Media- Strategie auf den zuständigen räumlichen und recht-lichen Ebenen angesiedelt sein und eine entsprechende Unterstützung durch politische Repräsentanten erfahren, damit

Es gibt kein Patentrezept für eine Social Media-Strategie oder ein allgemeingültiges Modell. Dennoch bietet die Nutzung von Social Media-Instrumenten eine hervor-ragende Möglichkeit, um finanzielle und ökologische Nachhaltigkeit zu adressieren und die Entwicklung einer aktiven, wissensbasierten und sozialen Gesellschaft voranzutreiben.

5.1 Die Integration von Social Media in den RFSC

Durch die Nutzung des RFSC stellen Städte und Gemein-den ihr Streben nach Nachhaltigkeit bereits unter Beweis und manifestieren das Bekenntnis zu nachhaltiger Entwicklung. Social Media bietet die Möglichkeit, die Verfolgung von sozialen, ökologischen und ökonomischen Zielvorstellungen zu unterstützen und so Einfluss auf das Leben von Stakeholdern und Bürgern zu haben.

Um eine Social Media-Strategie entwickeln zu können, die den Bedürfnissen von Städten und Gemeinden gerecht wird, empfehlen wir ein Social Media-Strukturmodell (Abbildung 14), das dem RFCS und seinen Anwendungen entlehnt ist.

Dieser Leitfaden erklärt Schritt für Schritt, welche Maß- nahmen notwendig bzw. möglich sind, um den Social Media- Prozess so zu organisieren, dass er eine bestmögliche Um- setzung der städtischen Nachhaltigkeitsstrategie begünstigt. Wir setzen dabei voraus, dass die Politikinhalte, Strategien bzw. Projekte von Städten und Gemeinden im Vorfeld mit- hilfe des RFSC und seinen weiterführenden Hilfsangeboten entwickelt und bewertet wurden. Als offenes und flexibles Instrument überlässt es das Social Media-Strukturmodell den Entscheidungsträgern, diejenigen Social Media- Anwendungen auszuwählen, die den jeweiligen politischen, geografischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Fragestellungen am ehesten Rechnung tragen können. Es bleibt Sache der jeweils Verantwortlichen,

•   die eigene Situation zu beurteilen,•   Ziele zu definieren und•   geeignete Social Media-Anwendungen auszuwählen bzw. zu nutzen, um diese Ziele zu erreichen.

Der Leitfaden bietet mehrere Anwendungsmöglichkeiten, die bei der Initiierung von Social Media-Dialogen helfen

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Abbildung 14: Social Media-Strukturmodel

Quelle: Eigene Darstellung basierend auf dem RFSC (2013)

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weise hilfreich für die Entwicklung, Unterstützung oder Leitung einer Social Media-Strategie sein könnte.

•   Informieren und involvieren Sie alle relevanten Stellen. Machen Sie sich deren Expertise zunutze.•   Klären Sie, wer für die Organisation der Kooperation zuständig sein soll.•   Unterstützen Sie die Kommunikation zwischen verschiedenen Abteilungen.•   Unterstützen Sie die Entwicklung von Kommunikations- kompetenzen und das generelle Verständnis von Social Media-Anwendungen (z. B. durch Online-Training oder externe Beratung). Dies hilft, Ängste und Vorein- genommenheit gegenüber Technologien bzw. befürch- teter Überforderung abzubauen, denn häufig setzen Anwendungen kein Vorwissen oder Erfahrungsschätze voraus.•   Bilden Sie vorab ein Social Media-Team für die Strategie- entwicklung.

Lokale Stakeholder

Zur Identifizierung passiver und aktiver lokaler Stakeholder müssen interessierte Parteien, Fürsprecher, Kritiker und Begünstigte identifiziert werden (z. B. Anwohner, Bürgerinitiativen, Gewerbe, politische Parteien usw.) Es ist wichtig,

•   Konfliktpotenzial und mögliche Interessen zu dokumentieren und zu evaluieren,•   potenzielle Multiplikatoren in lokalen Organisationen und Einrichtungen ausfindig zu machen (bspw. Läden, kulturelle Einrichtungen und Sportvereine) und•   ein Netzwerk mit relevanten lokalen Partnern aufzubauen bzw. zu nutzen.

Um Akzeptanz für eine Strategie zu generieren, müssen all diese Stakeholder durch belastbare, zugängliche und verständliche Informationen einbezogen werden. Ziel ist es, einen konstruktiven und ausgewogenen Dialog auf Augenhöhe zu führen. Dies wird den Einfluss und die Dominanz einzelner mächtiger Akteure reduzieren und ermöglicht einen fairen und paritätischen Prozess.

•   Informationen und Wissen aufseiten der Verantwort- lichen und der betroffenen Parteien aktiv verbessert werden können,•   die Identifikation von Bürgern mit der lokalen, nationalen und europäischen Ebene gestärkt wird und•   die Sichtbarkeit, Bekanntheit und das Image der Stadt aufgewertet werden.

5.2.1.2 Schwerpunkte formulieren

Um die zentralen Herausforderungen für die Social Media- Strategie zu klären, sollte zunächst ein grundlegender Entwurf bezüglich Inhalten und Anforderungen schriftlich fixiert werden. Vorbereitungen für eine transparente und verständliche Strategie beinhalten das klare Bekenntnis zu einem RFSC-Projekt und seinen Hintergründen. Daher sollte man damit beginnen zu dokumentieren:

•   Ziel der Strategie (z. B. Maßnahmen, Aktivitäten, Prioritäten auf unterschiedlichen Ebenen eines Prozesses, Nutzen)•   Ablauf und relevante formelle sowie strukturelle Erfordernisse•   Grenzen von Erwartungen und Beteiligung

Es sind rechtliche, ökonomische und von der Platt- form abhängige Hindernisse zu erwarten. Deswegen muss gegenüber Bürgern und Stakeholdern von Beginn an deutlich kommuniziert werden, dass es einen begrenzten Handlungsspielraum gibt und eventuell Kompromisse gefunden werden müssen.

Außerdem müssen alle relevanten Akteure identifiziert werden, um einen vorläufigen Überblick über in Betracht kommende Stakeholder zu erhalten und damit alle vor- geschriebenen Maßnahmen ergriffen und alle Interessen sowie Situationen einbezogen werden können.

Relevante Stakeholder sind:

Verwaltungsebenen, Verwaltungsbehörden und Abteilungen für Öffentlichkeitsarbeit Finden Sie heraus, wer formelle und informelle Kompe-tenzen bei einem RFSC-Projekt besitzt und wer möglicher-

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•   Geld (z. B. kostenpflichtige Anwendungen, IT, externe Hilfe von Spezialisten, mobile Geräte wie bspw. Smartphones) und•   Personal (z. B. mindestens eine Person, die jederzeit kommunikationsbereit ist, Überwachung des Risiko- managements und Einhaltung von Dienstpflichten, Beiträge und Feedback von Experten).

Der Mittelbedarf ist abhängig von Umfang, Dauer und Form des vorgeschlagenen Verfahrens, Problemlagen und Anzahl der Stakeholder. Darüber hinaus bedarf die Nutzung von Social Media einer breit angelegten Öffentlichkeitsstrategie zu ihrer Förderung und Bekanntmachung bei Stakeholdern. Mithin sollte das verfügbare Budget für die Implementierung der Strategie geklärt werden, ein Finanzierungsplan erstellt und die Strategie durch verfügbare Kommunikations-kanäle (wie z. B. Homepage, Medien) ergänzt und unter- stützt werden.

Social Media-Team Ein kompetentes Team muss den richtigen Ton finden, Fragen beantworten, auf Kritik reagieren und Akti-vitäten überwachen, die die Interaktion mit der Öffent-lichkeit betreffen. Wahrscheinlich wird die Abteilung, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, dieses Team führen. Dennoch muss das Team alle Ebenen von Expertise vereinen (was Formalitäten, Inhalt und Kommunikation betrifft) und das Projekt ausgewogen, kompetent, effektiv und effizient leiten. Bestimmen Sie die Zuständigkeiten innerhalb des Teams, definieren Sie z. B. Administratoren-Rechte für die unterschiedli-chen Accounts (Zugang, Passwörter, Verwaltung) und das Vorgehen (wer antwortet wann, wem, kommentiert oder löscht Inhalte).

Zeitplan Es sollte ferner ein Zeitplan für eine kurz- oder lang- fristige Social Media-Strategie bezüglich eines RFSC-Projektes erstellt werden. Dieser wird in der Regel von zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, formellen Voraussetzungen, etwaigen Hand-lungsspielräumen und möglicherweise auftretenden Konflikten abhängig sein.

Konversationspartner Um mögliche Konversationspartner bzw. Zielgruppen in einem Projekt einzugrenzen, empfehlen wir fünf maßgebende Fragen zur Identifizierung von Zielgruppen:

1. Besteht eine formelle Verpflichtung zur Beteiligung innerhalb des Projekts? Berücksichtigen Sie die rechtlichen Rahmenbedingun-gen. So werden stets die Akteure identifiziert, welche formell von der Verwaltung einbezogen werden müssen.

2. Welcher (soziale) Raum ist Teil des nachhaltigen Projekts?Abhängig von der Gegend werden bestimmte demogra-fische Gruppen oder Unternehmen auszumachen sein, die hilfreich bei der Optimierung des Projekts sein können, da sie mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertraut sind.

3. Ergeben sich Synergien?Wenn es bereits existierende Pläne, Entscheidungen und Aktivitäten zu einem bestimmten sozialen Raum gibt, hat unter Umständen bereits Kommunikation mit Bürgern und Stakeholdern stattgefunden.

4. Wie lange dauert das Projekt?Je länger das Projekt dauert, desto größer wird die zeit- liche Belastung der Konversationspartner.

5. Welche demografische Gruppe könnte sich als besonders nützlich herausstellen?Verschiedene Gruppen sprechen unterschiedlich auf verschiedene Social Media-Anwendungen an. Zudem sind bestimmt Gruppen in größerer Zahl auf Plattformen aktiv. Identifizieren Sie nützliche Gruppen und kommu-nizieren Sie über deren Kanäle.

Ressourcen Der Aufbau und Betrieb einer zuverlässigen Social Media-Präsenz verlangt erhebliche Ressourcen. Dialoge mit Stakeholdern und anderen Konversationspartnern zu führen und aufrechtzuerhalten verlangt zusätzlichen Aufwand bezüglich

•   Zeit (z. B. Kontaktpflege/Online-Kommunikation mit Stakeholdern bzw. Konversationspartnern, Arbeits- gruppen, Online-Aktivitäten, Monitoring and Evalua- tion der Strategie),

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tieren, Teilen“), werden möglicherweise viele Nutzer anzie- hen, werden engagierte Nutzer aber nur kurz zufrieden-stellen. Zusätzliche Elemente, die komplexere Nutzerinter- aktion fördern und fordern, führen zu einem nachhal-tigeren Resultat mit mehr Qualität und befriedigen auch anspruchsvolle Konversationspartner. Das Nutzen eines Social Media-Dashboards (z. B. Hootsuite, Netvibes) erlaubt eine zentralisierte Handhabung der Strategie (vergleiche Kapitel 5.3 bis 5.4).

5.2.2.2 Bereitschaft

Ein Social Media-Team sollte zusammengestellt sein bzw. werden, damit Pläne (weiter-)entwickelt und ausgeführt werden können. Dies wird Zeit in Anspruch nehmen, setzt Kommunikationsfertigkeiten voraus und bedeutet konstanten Aufwand.

Angestellte der Personalabteilung/en, Informations- technik, Rechtsabteilung/en und Datenschutzbeauftragte sowie Mitarbeiter aus der Stadtentwicklung sollten zu- dem in den Prozess einbezogen werden, damit ein Konsens über die personellen, technischen, rechtlichen usw. Voraussetzungen bzw. Erfordernisse der Strategie erzielt werden kann. Gibt es eine grundsätzliche Einigung hinsichtlich der Bereitschaft zur Weiterverfolgung einer Strategie, müssen Herausforderungen und Unstimmig-keiten benannt, angegangen und behoben werden.

Konfliktmanagement Um Konflikte zwischen Abteilungen zu vermeiden, sollte ein Konsens darüber erzielt werden, wie ein trag- fähiger Dialog zwischen Bürgern und Arbeitsgruppen zu etablieren ist, damit eine entsprechende Koordination stattfinden kann. Zu klären ist,

•   wer dafür verantwortlich ist, die Koordination und Kooperation zu organisieren,•   wo, wie, wann und in welcher Form Kooperation stattfindet,•   wer welche Rolle und Zuständigkeiten (interne Verantwortung) einnimmt,•   wie Entscheidungen bezüglich der Strategie getroffen werden (z. B. im Konsens, von der Mehrheit) und•   wie und von wem Inhalte archiviert werden.

5.2.1.3 Social Media-Hauptziele

Eine Liste allgemeiner und detaillierter Ziele hilft, die Social Media-Strategie für Nachhaltigkeit im städtischen Raum mit lokalen Besonderheiten in Einklang zu bringen und Konsensbildung vorzubereiten. Aus diesem Grunde ist es wichtig, die vorrangigen Ziele zu benennen, um mögliche Social Media-Anwendungen vorzuselektieren. Hauptziele (aufgelistet und erklärt in Kapitel 3.2) sind: Information, Kommunikation, Konsultation, Netzwerken, Zusammenarbeit und Entscheiden.

5.2.2 Wahl der Verbindlichkeitsstufen

In einem zweiten Schritt entwickelt sich der Grad der Verbindlichkeit von der Initiierung über die Bereitschaft hin zur Reife einer Social Media-Strategie.

5.2.2.1 Initiierung

Die Stadt oder Gemeinde unternimmt den ersten Schritt. Entweder anlässlich eines mit dem RFSC verbundenen Projekts oder davon unabhängig. Bevor irgendwelche Social Media-Aktivitäten initiiert werden, sollte der Status quo bereits existierender Social Media-Aktivitäten geprüft werden, die mit der Stadt oder Gemeinde oder mit dem Projekt zu tun haben. Prüfen Sie, ob es eventuell bereits Partizipationskonzepte gibt und wie weit dort die Kommunikation mit Stakeholdern eventuell schon fort- geschritten ist. Erfahrungen, aus denen sich Hand- lungsweisen ableiten lassen, sollten genutzt und an die neue Situation angepasst sowie durch Social Media- Anwendungen optimiert werden, sodass eine umfassende Strategie entsteht.

Es sollte eine Vorauswahl von Social Media-Anwendungen und die Zuweisung zu den verschiedenen Ebenen der Interaktion stattfinden (Kapitel 3.2). So kann Wissen und Verständnis um die Mechanismen der Anwendungen frühzeitig entwickelt werden, um diese situationsgerecht einsetzen zu können. Die Definition von Zielen und Partnern hilft, eine integrierte Strategie oder Schwerpunkte einer Strategie zu bestimmen. Abhängig vom Kontext wird empfohlen, unterschiedliche Anwendungen zu nutzen, die unterschiedliche Ebenen der Interaktion abbilden. Funktionen, die leicht zu verstehen sind („Lesen, Kommen-

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Machen Sie deutlich, inwieweit die Beiträge der Konver-sationspartner tatsächlich Einfluss haben (z. B. Erfassung und Bewertung, Umsetzung, Weiterverarbeitung).

Risikomanagement Social Media geht mit dem Verlust von Macht und Kontrolle einher. Es wird Kritiker und Meinungsführer geben, die Diskussionen vereinnahmen wollen oder gezielt Fehlinformationen streuen.

Manche lokalen Stakeholder können auch in (Online-)Aktivitäten eingebunden sein, die Ihren Bestrebungen diametral gegenüberstehen. Seien Sie also darauf vor- bereitet, sich gezielt mit vielfältigen Meinungen aus- einandersetzen zu müssen, um einen ausgewogenen Dialog führen zu können. Das mag hinderlich klin- gen, bietet aber die Möglichkeit für kreative Ideen und interessante Lösungen im Prozess.

Schaffen Sie eine Kultur der Konfliktlösung:

•   Benutzen Sie eine klare Sprache, die keinen Raum für Missverständnisse lässt.•   Seien Sie ehrlich, offen und transparent (bzgl. Informationen, der Dauer von Verfahren, verfassen Sie einen Verhaltenskodex („Netiquette“) der regelt, wie miteinander umgegangen werden soll).•   Moderieren Sie fair und respektvoll.•   Machen Sie klar, dass Manipulationen und nicht-respektvoller Umgang nicht toleriert werden.•   Installieren Sie Anwendungen fürs Monitoring (z. B. RSS-Feeds, Dashboards) und benennen Sie Zuständige, die jederzeit auf problematische Inhalte reagieren können, um beispielsweise „Shitstorms“ o. Ä. abzuwenden.

Rechtliche Anforderungen Social Media-Aktivitäten berühren eine Vielzahl rechtli-cher Fragen und deren Relevanz unterscheidet sich in den EU-Mitgliedsstaaten. Zurechenbarkeit und Haftungsfragen können wichtig werden, wenn es um Inhalte auf den eigenen Plattformen geht (z. B. Persönlichkeitsrecht und Urheber-rechte). Datenschutz und Schutz des Persönlichkeitsrechts sind ebenfalls wichtige Fragen, die jeden betreffen, der Online-Inhalte erzeugt, hoch- oder herunterlädt. Darüber hinaus gelten Arbeitsrecht und entsprechende Geheim-

Richtlinien für den Gebrauch von Social Media-Anwen-dungen schützen die Stadt bzw. Gemeinde und deren Personal und stellen eine erfolgreiche Kommunikation sicher. Die Richtlinien sollten den rechtlichen Hinter-grund, inhaltliche Aspekte und die Form der Kommuni-kation thematisieren.

Der Gebrauch von Social Media-Anwendungen im Betei- ligungsprozess und deren Relevanz muss herausgestellt werden, damit Konflikte mit Bürgern und Stakeholdern möglichst ausbleiben. Um Fallstricke zu vermeiden, sollte immer transparent, zeitnah und ehrlich informiert werden. Dies unterstützt dabei, ein Verfahren einzu- führen, das als generell fair angesehen wird und Konsens und Kompromissen den Weg ebnet, da so eine trag- fähige Basis für Vertrauen, respektvollen Umgang und gerechte Ergebnisse erreicht werden kann. Ferner kann dies dazu beitragen, „Ohnmachtsgefühlen“ und Überforderung bei manchen Stakeholdern vorzubeugen.

Ebnen Sie schon jetzt die internen Wege zur Beschaffung und Bereitstellung der nötigen Information im Beteiligungsprozess. Zu einer umfassenden Information von Bürgern und Stakeholdern gehören:

•   Ziele, Phasen, Verfahren, Status, Auswirkungen und (ökonomische) Effizienz•   Für und Wider einzelner Maßnahmen für Nachhaltigkeit (Ideen, Hintergrundinformationen, lang- und kurzfristige Ziele, Konflikte mit anderen Vorhaben in der Gegend•   Konkrete Fragen•   Verantwortlichkeiten und Phasen, in denen Sachkundige involviert werden•   Meilensteine•   Relevante formelle Anforderungen•   Einfluss und Raum für Partizipation•   Grenzen der Beteiligung und die Gründe dafür•   Zeitplan•   Grenzen etwaiger Ermessensspielräume•   Regeln für die ausgewählten Social Media- Anwendungen (z. B. deren AGBs)

Stellen Sie sicher, dass jeder an einer Diskussion teilnehmen kann und dass darüber hinausgehende Fragen und Vor- schläge Gehör finden. Machen Sie transparent, wer in einem Verfahren für welche Bereiche welche Zuständigkeiten hat.

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Planungsschritte ausreichend berücksichtigt wurden und die vorläufige Social Media-Strategie die gesteckten Ziele aus den vorherigen Schritten widerspiegelt.

Nutzen Sie die Resultate, um der Verwaltung mögliche Defizite und Widersprüche bewusst zu machen. Teilen Sie Ideen, Maßnahmen und Resultate in Arbeitsgruppen. Vielleicht möchten Sie die Ergebnisse mit involvierten Stakeholdern diskutieren, um Gründe für Schwächen und Defizite in der Strategie zu finden. Verbessern Sie die Vorschläge der Arbeitsgruppen während der Entwick-lungsphase bzw. Erneuerung der Strategie. Des Weiteren sind „nachhaltige Entwicklung“ und „Social Media“ Begriffe, die zwar mittlerweile viele Menschen – zumindest prinzipiell – kennen, wenn es jedoch um die konkrete Einführung von Social Media und dahingehende Nutzungs- möglichkeiten geht, sind einige Menschen doch nicht so gut informiert wie ursprünglich angenommen. Stellen Sie deshalb sicher, dass alle ein gleiches Verständnis der wichtigsten Begrifflichkeiten besitzen.

Meilenstein 1: Es sollte ein Rohentwurf für die Social Media- Strategie vorliegen, der von den Entscheidungsträgern genehmigt wird.

5.3 Überprüfung des integrativen Ansatzes

Um zu klären, ob eine Social Media-Strategie ganzheitlich angelegt ist, sollten Sie einen integrativen Ansatz wählen. Überprüfen Sie deshalb, ob Sie

•   weitergehende Informationen generieren können (z. B. über Konversationspartner und Stakeholder – eventuell wurde die Bedeutung bestimmter Akteure falsch eingeschätzt, war nicht ersichtlich oder hat sich in der Zwischenzeit verändert. Arbeiten Sie diese neuen Informationen entsprechend auf),•   Konsens erzielen und Konflikte auflösen können,•   Schwachstellen der Social Media-Strategie ausbessern können und•   gemeinsam mit Stakeholdern eine Einschätzung der Strategie vornehmen wollen, um diese dann zu verbessern.

haltungspflichten. Machen Sie sich dahingehend bitte ebenfalls entsprechend kundig.

5.2.2.3 Reife

Spätestens in dieser Phase sollten sich die Beteiligten bewusst sein,

•   dass ihr Handeln sehr unterschiedliche Auswirkungen zur Folge haben kann,•   über das Vermögen innerhalb des Teams, die Auswirkungen externer Aktivitäten und Projekte auf die Strategie zu minimieren, zu kompensieren und zu antizipieren und•   wie Synergieeffekte genutzt werden können (z. B. Links zur stadteigenen Website, Erstellung eines Redaktionsplanes, um festzustellen, wer in die Strategie mit welchem spezifischen Fachwissen bzw. Kompetenz eingebunden ist).

5.2.3 Relevanz der Auswahl einer Social Media-Strategie überprüfen

Eine Social Media-Strategie stellt häufig eine Ausweitung existierender Konzepte, Strategien und Verfahren auf einen neuen Anwendungsbereich dar. Social Media-Elemente sollten deshalb immer mit bestehenden Webseiten, Blogs oder anderen Anwendungen in Verbindung stehen und entsprechend deren Inhalte widerspiegeln sowie frei zugäng- lich sein, sodass sich jeder einbringen kann (einen Zugang zum Internet vorausgesetzt). Kommunikation muss offen, transparent, ehrlich und die Reaktionszeit unmittelbar sein. Die ausgewählten Verfahren und Verbindlichkeitsstufen sollten daher entsprechend der Hauptziele schriftlich zu- sammengefasst werden. Als Resultat sollte der Rohentwurf einer Strategie vorliegen, der Ziele, relevante lokale Stake- holder, Konversationspartner, Inhalte, eine Vorauswahl der Social Media-Anwendungen und Kommunikationsricht-linien (vgl. 5.4.2) beinhaltet. Des Weiteren muss dieses Konzept von den relevanten Entscheidungsträgern unterstützt und befürwortet werden.

5.2.4 Selbstevaluation und Strategieanpassung

Anhand der ersten Resultate der Selbstevaluation wird überprüfbar, ob bei der Auswahl der Social Media- Anwendungen Feedbacks, Best-Practices und nötige

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Der Einsatz von Social Media-Instrumenten wird die Interdependenzen zwischen den unterschiedlichen Stakeholdern sowie zur Strategie abbilden. Social Media kann so Gelegenheit zu offener und eher informeller Kommunikation anstelle von formell-bürokratisch wahr- genommenen Verfahren bieten. Sie sollten sämtliche Interdependenzen analysieren und sich vergegenwärtigen. Visualisieren Sie diese gegebenenfalls für sich. So können Sie die Aufmerksamkeit auf mögliche Synergien und Konflikte lenken.

5.3.4 Social Media-Prioritäten bewerten

Durch die wiederholte Überprüfung der Prioritäten kann ein detailliertes Strategiekonzept entwickelt werden. Dies ermöglicht eine Bewertung bezüglich der Ausgewogen- heit der angedachten Strategie, sodass entschieden werden kann, ob diese oder einzelne Maßnahmen unter Einbezug eventueller problematischer Ziele neu aus- gerichtet werden müssen:

•   Wiederholte Dialogführung mit den Stakeholdern bezüglich problematischer Ziele unter Einbezug der Bewertungsresultate•   Erarbeitung von Lösungen für bisher übersehene Standpunkte und Perspektiven•   Entscheiden Sie über den Fortgang der Strategie und ihrer Einzelmaßnahmen: Weiterführung, Beendigung von (Einzel-)Maßnahmeng oder Ein- führung neuer Maßnahmen

„Social Media“ und „Nachhaltigkeit“ sind komplexe und globale Angelegenheiten, die sich oftmals über die Grenzen einzelner Stadt- oder Gemeinden hinaus erstrecken. Fragen der Nachhaltigkeit müssen mithin des Öfteren in einem größeren Maßstab angegangen werden. In der Folge kann die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit mit anderen Städten und Gemeinden bestehen.

Es gibt zudem verschiedene Betrachtungsarten ein und desselben Problems. Unterbreiten Sie dieses den verschiedenen Stakeholdern, werten Sie deren Bei- träge aus, vergleichen und analysieren Sie die Resultate. Möglicherweise erhalten Sie wertvollen Input, mit dem Sie nicht gerechnet haben.

5.3.1 Social Media-Prioritäten kategorisieren

Der erste Schritt zum ganzheitlichen Ansatz ist die Diskussion jeder Priorität gemeinsam mit den involvi- erten Stakeholdern. Diskutieren Sie, wie wichtig die einzelnen Ziele zum aktuellen Zeitpunkt sind, wie wichtig sie in der Zukunft sein werden und wie wichtig der Gebrauch von Social Media für das zu-grundliegende Thema ist.

•   Geringe Priorität: Das Hauptziel ist von geringer Bedeutung in Relation zum Thema.•   Mittlere Priorität: Das Hauptziel ist von mäßiger Bedeutung in Relation zum Thema.•   Hohe Priorität: Das Hauptziel ist von großer Bedeutung in Relation zum Thema.

5.3.2 Social Media-Prioritäten prüfen

Um die Prioritäten zu prüfen, sind folgende Fragen hilfreich, um Stärken und Schwächen der Strategie einschätzen zu können:

•   Ist die Strategie ausgewogen?•   Wie hoch ist die Priorität?•   Sind die Maßnahmen relevant?

Erstellen Sie zusätzlich einen Informations- und Kom- munikationsplan. Bringen Sie Informationen fortlaufend auf den neuesten Stand (z. B. um Verzögerungen und Änderungen zu begründen) und synchronisieren Sie den Zeitplan der Strategie mit dem allgemeinen Zeitplan des kommunikativ zu begleitenden Projekts.

5.3.3 Auswirkung der Instrumentenwahl prüfen

Information über die Richtung der Maßnahmen, erwarteter Fortschritt und mögliche Planänderungen sollten in dieser Phase verfügbar sein. Seien Sie sich bewusst, dass es ein großes Bedürfnis nach Informa-tionen gibt: Informationen erlauben Bürgern und Stakeholdern, das Projekt, Veränderungen in dessen Um- feld und die Auswirkungen von Maßnahmen nach- vollziehen zu können. Eine proaktive und ausgewogene Ausrichtung wird das Vertrauen in die Aktivitäten der Verwaltung erhöhen.

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Nutzen Sie außerdem Dashboards zur Verwaltung und Speicherung der gesammelten Informationen, denn deren Funktionen erlauben die strukturierte Auswertung von Suchresultaten.

5.4.2 Auswahlsynthese vornehmen

Eine Synthese der Auswahl von Zielen wird die Ausfüh-rung der Strategie erleichtern. Mittlerweile sollte sich die Auswahl von Social Media-Anwendungen und deren Indikatoren als potenziell zweckdienlich erwiesen haben, sodass das Social Media-Team die Implementierung der Strategie vorbereiten kann. Sie werden sich mit der Überprüfung, Kontrolle und Handhabung folgender Fragen auseinanderzusetzen haben:

•   Überprüfung der Stakeholder und Konversationspartner•   Wiederholte Überprüfung der verschiedenen Zuständigkeiten•   Überprüfung der Begriffe und Konditionen der jeweiligen Social Media-Anwendung•   Überprüfung der gültigen Kommunikationsregeln einer Plattform•   Überprüfen der Postingregeln:•   Agieren Sie transparent.•   Geben Sie grundsätzlich Quellen an und verlinken Sie diese.•   Übereilen Sie nichts, sondern nehmen Sie sich die benötigte Zeit, um korrekte Informationen einzuholen und machen Sie einen Post bzw. eine Antwort zu etwas, das wertgeschätzt wird; halten Sie Posts und Antworten kurz und prägnant.•   Treffen Sie den richtigen Ton: Auch wenn Sie glauben, dass Ihre Informationen „narrensicher“ oder dass manche Nutzerkommentare unangemessen sind – die Art, wie Menschen denken und schreiben, kann sehr unterschiedlich sein. Betrachten Sie die Situation und mögliche Auswirkungen auf andere; testen Sie, wie Antworten bei Ihren Kollegen ankommen.•   Konzentrieren Sie sich auf eine ausgewogene und faire Moderation auf Augenhöhe.•   Seien Sie sich bewusst, dass alles, was einmal gepostet wurde, immer zurückverfolgt werden kann, auch wenn der Inhalt gelöscht wurde.•   Schaffen Sie Mehrwert: Nutzer erwarten nicht nur schnelle Antworten auf ihre Kommentare, sondern

Seien Sie grundsätzlich offen gegenüber dem Prozess und entwickeln Sie eine Toleranz gegenüber Fehlern und möglichen Rückschlägen.

Meilenstein 2: Fällen einer Entscheidung für eine Social Media-Strategie.

5.4 Bewertung des Social Media-Projekts

An dieser Stelle kann der integrative Ansatz genutzt wer- den. Nach der Entscheidung für eine Social Media- Strategie sollten die Implementierung und das Monitoring kurz darauf folgen. Vor der Implementierung müssen zunächst Indikatoren ausgewählt werden (z. B. um positive oder negative Auswirkungen bestimmen zu können, die von dem behandelten Thema ausgehen oder welche operativen Anforderungen z. B. bezüglich Datenvor- aussetzungen bestehen). Zudem muss eine Synthese bei der Auswahl der Ziele erfolgen.

5.4.1 Indikatorenauswahl treffen

Zunächst müssen die relevanten Indikatoren aus den Strategiezielen abgeleitet und die für sie relevanten Social Media-Kanäle identifiziert werden (Kapitel 4.2). Nun muss entschieden werden, ob das Monitoring nur die eige- nen oder auch Social Media-Kanäle Dritter einbeziehen soll. Wir schlagen Letzteres vor, da so ein Gesamtüberblick darüber entsteht, wie und in welchem Kontext die Strategie in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. So erhält man Einsichten in führende Meinungen, neu aufkommende Themen und Trends, aber auch falsche Wahr- nehmungen und Fehlinformationen. Die Webseite www.trendmap.com beispielsweise zeigt Trends auf einer Karte an, was die Identifizierung von regionalen Themen erleichtert.

Als Zweites müssen Schlagwörter der Strategie ausge-macht werden, damit diese nachverfolgt werden können. Eine Möglichkeit ist die Nutzung von RSS-Feeds. Diese sammeln automatisch und zentralisiert alle relevanten Informationen, die für Suchmaschinen wichtig sind.

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sowie Dritte, um Ihre Version von Vorgängen weiter darstellen zu können.

Die Stadt oder Gemeinde sollte ihr Kommunikations-konzept außerdem den lokalen Stakeholdern bekannt machen, z. B. durch Veröffentlichung oder Integration (mittels Social Plug-Ins) auf der Homepage oder entsprech-ender Unterstützung seitens der lokalen Medien (z. B. Zeitung) – und dann legen Sie los.

Meilenstein 3: Implementierung („Go live“) der Strategie.

5.5 Monitoring der Social Media-Aktivitäten

Stadtplanung sollte das Resultat eines öffentlichen Prozesses sein. Deswegen ist es wichtig, die Auswirkungen der Social Media-Strategie auf die Beteiligten herauszu-finden. Mittels Monitoring des Implementierungsprozesses sollten Stadt oder Gemeinde den Auswirkungen der Strategie auf ihre Bürger und deren Reaktionen nach- gehen. Monitoring beschreibt dabei den Prozess der genauen Beobachtung und Analyse der „Gespräche“ auf den Social Media-Kanälen.

Monitoring kann auf zweierlei Weise genutzt werden: Reaktiv im Sinne eines Frühwarnsystems genutzt, beugt es möglichen Krisen vor. Aktiv genutzt ermöglicht es Städten und Gemeinden die Identifizierung von Stake- holdern, unterschiedlicher Interessenlagen und Mög-lichkeiten zur Vernetzung.

Dokumentieren Sie:

•   die wichtigsten Kommunikationsindikatoren, z. B. wie oft ein Inhalt gesehen, auf „Gefällt mir“ gedrückt wurde, Anzahl der Kommentare, positives und negatives Feedback, reine Kritik, zeitungs- oder fern- sehbezogene Inhalte und Wechselwirkungen (die möglicherweise sogar „nach hinten losgingen“),•   ökonomische, soziale und ökologische Indikatoren, die sich aus den Kommentaren ergeben,•   Qualitätsmanagement durch Bestimmung ob:

auch Inhalte, die sie nicht über andere Quellen wie Zeitungen oder die Webseite der Stadt bekommen.•   Seien Sie glaubwürdig und authentisch (z. B. reagieren Sie zeitnah und machen Sie keine Versprechen, die Sie nicht halten können).•   Posten Sie eine „Netiquette“ und kündigen Sie Konsequenzen an (z. B. wann Kommentare gelöscht oder beleidigende Nutzer geblockt werden).

•   Halten Sie eine Exit-Strategie bereit, sollte sich ein Social Media-Projekt nicht als erfolgreich erweisen. Erkundigen Sie sich vorab, was passiert, sobald Sie den Account löschen.

Außerdem muss das Team die relevanten Monitoring-Anwendungen ausfindig machen. Dabei gibt es nicht nur große Unterschiede zwischen den Anwendungen selbst (z. B. Hootsuite, Netvibes, Google Alerts, Tweetdeck, WatchThatPage, Yahoo Pipes oder Boardreader), manche sind komplett kostenfrei, während andere nur bis zu einer bestimmten Anzahl von Kanälen keine Bezahlung verlangen oder eben auch grundsätzlich kosten- pflichtig sind. Das Monitoring selbst kann eine Heraus-forderung sein, denn mit zunehmender Datenflut kann dies schnell zeitaufwendig werden. Überlegen Sie, ob Sie diese Aufgaben an eine externe Firma über- geben möchten.

Monitoring-Aktivitäten erlauben einen schnellen, sach- bezogenen und angemessenen Umgang mit Kritik oder einem auftretenden „Shitstorm“. Stellen Sie deshalb sicher, dass Sie rund um die Uhr bestimmte Anwendungen nutzen (z. B. Google Alerts, RSS-Feeds). Intensive Diskussionen auf Social Media-Kanälen sind Anzeichen für großes Interesse innerhalb der Bevölkerung. Bürger werden Kritik äußern und es kann zu Konfliktsituationen kommen, in denen Sie bestimmten Diskussions- und Informationsverläufen nicht aufgeschlossen gegenüber-stehen werden. Löschen Sie keinen negativen Kom- mentar, sondern entscheiden Sie, ob dieser tatsächlich eine Antwort erfordert oder ob es besser ist, nicht auf die geäußerte Kritik einzugehen.

Falls Sie sich für eine Antwort entscheiden, entschul-digen Sie sich auf ehrliche und sachliche Weise und fügen Sie – wenn nötig – weitere Informationen an. Tun Sie dies zudem schnell und benutzen Sie Ihre „Fans“

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5.6 Evaluation der Social Media-Strategie

Grundsätzlich geht es bei Social Media-Strategien nicht um Quantität, sondern um Qualität: Je höher der Grad der Teilnahme, desto höher ist die Qualität, aber eben auch die Komplexität der Beiträge (Kapitel 3.2). Wenn es Bürger zu Ihren Social Media-Inhalten und -Informationen zieht, ist das ein Indikator für hohe Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit. Um herauszufinden, ob eine Social Media-Strategie den jeweiligen Bedürfnissen der Stadt oder Gemeinde entspricht, sollte auch die Kommu- nikationsstrategie mittels Monitoring auf ihren Erfolg hin untersucht werden. Das unterstützt das Erreichen von Effektivität und Effizienz und demonstriert letztlich die Problemlösungsfähigkeit von Politik und Verwaltung.

Leitfragen könnten sein:

•   Gab es Fortschritte in der Nachhaltigkeitsentwicklung oder im Gesamtsystem aufgrund der gewählten Social Media-Strategie?•   Gab es eine Verschiebung der Prioritäten?•   Was waren die Ergebnisse?•   Wie sind diese zu interpretieren?•   War es möglich, alle oder einzelne relevante Fragen zu identifizieren?•   Hat es Bürger zu online angebotenen Inhalten und Informationen hingezogen?•   Gab es einen Anstieg bezüglich Online-Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit?

Die Beantwortung dieser Fragen wird zeigen, welche Lektionen gelernt bereits wurden und welche Lehren noch für zukünftige Strategien zu ziehen sind.

•   Inhalte der geplanten und umgesetzten Strategie entsprechen (bspw.: Gab es online wirklich genug Informationen? Waren diese strukturiert, angemessen lang und leicht verständlich?),•   die Strategie sich als effektiv erwiesen hat oder•   ob sie modifiziert werden müsste.

Dies unterstützt die Reflexion der im Monitoring-Prozess festgestellten Ergebnisse. Und kann im weiteren Verlauf des Projekts genutzt, während gleichzeitig formelle Restriktionen berücksichtigt werden können. Machen Sie deutlich, warum bestimmte Vorschläge berücksichtigt wurden und andere nicht. Informieren Sie über weitere Entwicklungen in der Planung bzw. Implementierung des Nachhaltigkeitsprojektes.

Mithin können direkte Empfehlungen für einen nach-haltigen Planungsprozess aus den so gewonnen Erkennt-nissen abgeleitet werden. Monitoring ermöglicht folglich Reflexion, Lernen, Teilen, Unterstützung und weiterfüh-rende Diskussion. Zudem werden Beteiligungsresultate und unabhängige Strukturen, die sich aus der Strategie ableiten, gesichert. Daher:

•   Dokumentieren Sie den Prozess fortlaufend und nachvollziehbar.•   Bereiten Sie die Ergebnisse für den weiteren Verlauf so auf, dass sie für die Evaluation genutzt werden können.•   Stellen Sie die Ergebnisse allen zuständigen Behörden zur Verfügung. •   Stellen Sie klar, welchen Zweck Ihre Dokumentation verfolgt (z. B. Evaluation oder Informationen für die Öffentlichkeit) und ob Sie diesen aus Transparenz- gründen öffentlich machen wollen.•   Prüfen Sie Möglichkeiten für Kommunikations- angebote während der Implementierung.

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6. Glossar relevanter Begriffe

API Application Programming Interfaces – eine Schnittstelle zur Anwendungsprogrammierung.

Apps Synonym für Applikationen. Die Kurzform „App“ wird häufig für Applikationen für mobile Geräte wie Smartphones und Tablet-Computer genutzt.

Blog/Weblog Ein Blog oder auch Weblog (Zusammensetzung aus World Wide Web und Log für Logbuch) ist eine Webseite in Form eines Journals, auf der Einträge umgekehrt chronologisch angezeigt werden. Die dazugehörige Tätigkeit ist „bloggen“, der Betreiber wird „Blogger“ genannt.

Chat Elektronische Kommunikation in Echtzeit mit Texten und/oder Audio und/oder Video.

Community Auf einer Internetplattform zur Kommunikation zusammenkommende Online-Gemeinschaft.

Content-Management- Software zum Erstellen, Organisieren und Bearbeiten von Inhalten, zumeist auf Webseiten Systeme – CMS oder anderen Medien.

Crowd Bezeichnet in der Publikation die Masse der Internetnutzer, die sich ähnlichen Zielen verbunden sehen und entsprechend online aktiv werden.

Crowdfunding Crowdfunding beschreibt das Sammeln von Geldmitteln für vielfältige Zwecke (Projekte, Unternehmen, Veranstaltungen, Kunst usw.) – zumeist über das Internet – von einer großen Anzahl von Menschen, die diesen Zweck unterstützenswert finden. Eine genauere Beschreibung finden Sie in Kapitel 4.4.2

Crowdmapping Crowdmapping beschreibt das Sammeln geografischer Informationen einer großen Anzahl von Menschen und die Visualisierung dieser Informationen auf einer digitalen Karte. Eine genauere Beschreibung finden Sie in Kapitel 4.4.1

Crowdsourcing Das Auslagern von Dienstleistungen und anderen Tätigkeiten (Forschung u. Ä.) an eine größere Gruppe, zumeist durch Nutzung des Internets.

(Social Media-) Dashboards (wörtlich: Armaturenbrett) erlauben die Abbildung und Kategorisierung von Dashboard Suchresultaten zu Schlagwörtern einer Social Media-Strategie. Neben dieser Übersicht für den Nutzer lassen sich dort auch alle Social Media-Accounts zentral organisieren.

Follower/Subscriber/ Jemand, der den Account einer Person, Organisation o. Ä. abonniert. Der individuelle Fan/Friend Terminus leitet sich aus dem entsprechenden Social Media-Instrument ab (z. B. „Follower“ von Twitter, „Fan“ von Facebook).

„Gefällt mir“-Button Funktion, mit der man auf Facebook Fotos, Webseiten, Videos u. Ä. durch Anklicken sein Gefallen, seine Billigung u. Ä. ausdrücken kann.

Geotagging Geotagging (auch: Geocoding oder Geoimaging) ist die Zuordnung geografischer Daten zu Fotos, Videos, Webseiten, SMS, QR-Codes oder RSS-Feeds. Die Daten bestehen zumeist aus Breiten- und Längengraden, können aber auch Höhe, Lage, Entfernung, Genauigkeitsdaten und Ortsnamen angeben. Nutzer werden so mit einer Vielzahl von standortspezifischen Informationen versorgt.

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Social Media für europäische Städte 50

(Instant) Messenger Sind Internetdienste, die zeichen- oder textbasierte Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen in Echtzeit ermöglichen.

Micro Blog Micro Blogs sind eine Sonderform von Blogs, auf denen kurze Nachrichten, meist mit begrenzter Zeichenzahl, veröffentlicht werden. Zur Erstellung von Einträgen werden häufig mobile Endgeräte verwendet (z. B. Smartphones).

Open Content Aus einem kreativen Arbeitsprozess entstandener Inhalt, der von anderen kopiert oder modifiziert werden kann.

Open Data Movement Eine Bewegung, die zweckbestimmt gewisse (z. B. staatliche) Daten öffentlich bereitstellt, auf deren Grundlage dann z. B. Innovationen entstehen können.

Post, Posting Veröffentlichung eines Textes, Links, Fotos, Videos u. Ä. auf bestimmten Social Media-Plattformen.

Re-blogging Die Vervielfältigung eines in einem Blog veröffentlichten Inhalts mittels Weiterverlinkung, Weiterveröffentlichung, Re-Tweets usw.

Roter Hering ><((((º> Sogenannte „Trolle“ verfassen Kommentare, die nicht auf das Thema zugeschnitten sind bzw. mit dem Ziel zu provozieren. Um diese „Trolle“ kenntlich zu machen und sie von anderen Konversationspartnern „nicht füttern“ zu lassen („do not feed the troll“), kennzeichnen andere Nutzer Trolle mittels Tastaturzeichen in Form dieses Fisches.

RSS-Feed Rich Site Summary (oder auch: Really Simple Syndication, „wirklich einfache Verbreitung“) ist eine Technologie, die bei entsprechendem Abonnement automatisch aktualisierten Inhalt einer bestimmten Webseite (wie z. B. von Blogeinträgen und Nachrichtendiensten) zuführt.

Shitstorm Shitstorms sind eine Vielzahl aufgeregter, teils unhöflicher, höhnischer sowie beleidigender Kommentare, die auf einen Kommentar oder ein Ereignis reagieren.

Smartphones Smartphones sind ausgestattet mit mehr Computer-und Konnektivitätsfunktionen als normale Mobiltelefone. Die meisten Smartphones verwenden Betriebssysteme mit offenen API, um Programme (Apps) von Drittanbietern installieren zu können.

Smiley 6 Vereinfachtes Bild in einem Text, das mittels Satzzeichen gemacht wird, z. B. ;) oder :-). Diese sogenannten Emoticons werden oft verwendet, um einen Satz als z. B. humorvoll gemeint herauszustellen.

Tablets Kurzform für Tablet-Computer. Tablets sind leichte, schmale Computer, die leicht zu transportieren und mit einem Touchscreen ausgestattet sind.

Trolling Sogenannte (Internet-)Trolle kommentieren mit dem Ziel, zu provozieren bzw. beziehen sich grundsätzlich nicht auf das Thema.

Tweet Nachricht auf Twitter.

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Impressum

HerausgeberBundesministerium für Verkehr, Bau und StadtentwicklungInvalidenstrase 4410115 Berlin

Bearbeitungchoice GmbHKlosterstraße 7110179 BerlinJanett Kalina, Gritt Hoffmann, Maximilian Himmler

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)Deichmanns Aue 31–3753179 BonnAndré Müller

StandJuni 2013

BildnachweisTitel: Kathrin Jachmann, diamond.gestaltung

Gestaltung und Satzdiamond.gestaltung, Berlin

Nachdruck und VervielfältigungAlle Rechte vorbehalten.

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