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DER «GLUTENFREI»-TREND Erkenntnisse, Technologien und Lösungen FOKUS ENERGIEEFFIZIENZ Beschichtete Gläser für Chinas Wolkenkratzer ADDITIVE MANUFACTURING Neues Paradigma revolutioniert Industrie WISSEN MACHT STARK #170 / April 2015

Bühler Group Magazin

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Corporate, Porträts

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DER «GLUTENFREI»-TREND Erkenntnisse, Technologien und Lösungen

FOKUS

ENERGIEEFFIZIENZ Beschichtete Gläser für Chinas Wolkenkratzer

ADDITIVE MANUFACTURINGNeues Paradigma revolutioniert Industrie

WISSEN MACHT STARK

#170 / April 2015

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#170FOKUS: WISSEN MACHT STARKJE ANSPRUCHSVOLLER TECHNOLOGIEN UND PROZESSE, DESTO WICHTIGER EINE GRÜNDLICHE AUSBILDUNG DER BEDIENER.

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African Milling School

Wie Bühler Wissen schafftBühler eröffnete in Nairobi, Kenia, eine Schule für Müller und hilft so, eine Schlüsselindustrie mitzugestalten.

Bühler Training Center

12 Lernen – nah und fern Von London bis Johannesburg, von Brasilien bis Bangalore: Bühler Trainingscenter qualifizieren Menschen vor Ort.

Die Casting Technology Center

14 Übung macht den Meister Bühler hat für seine Kunden weltweit ein dichtes Netz an Trainingscentern aufgebaut.

Bakery Innovation Center

16 Kompetenz vom Korn zum Brot Bühler hilft Kunden aus der Backindustrie, möglichst produktiv zu sein.

Bühler und EPFL

Am Puls der ZukunftIn Bühlers neuem Innovationssatelliten in Lausanne sollen zukunftsweisende Lösungen zur Ernährung der Weltbevölkerung entstehen.

Interview mit Prof. Dominique Foray

20 Wissen – Geben und Nehmen Erfolgreiche Innovationen werden heutzutage im Dialog innerhalb einer lebendigen Community entwickelt.

Technologien von Bühler

22 Rock around the clock Jeden Tag kommen Milliarden Menschen mit Technologien von Bühler in Berührung und wissen dies nicht.

In Kürze

24 Bühler weltweit

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Inhalt

4 Editorial

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Additive Manufacturing

Obst aus dem Drucker3D-Drucktechniken und Additive-Manufacturing-Methoden ziehen Schritt für Schritt in den industriellen Alltag ein.

Retrofit bei Grand Mills in Abu Dhabi

44 Es kommt auf die Minute an Die Abschaltzeit während der Modernisierung musste auf ein Minimum begrenzt werden.

Technologie

34 Präzision bei der Verarbeitung von Mandeln Keine Splitter im Müsli, keine Kerne im Müll.

Ernährungstrend

40 Gluten, nein danke! Gluten ist in Verruf geraten. Die Nahrungsmittelindustrie muss reagieren.

Bühler Vollraummühlen in China

Einfach weiterdenkenBühler fand einen Weg, um einen verloren geglaubten chinesischen Markt mit neuen Ideen zurückzuerobern.

Whitworth Brothers Victoria Mills

Spreu vom Weizen trennenIm anspruchsvollen britischen Markt behauptet sich die Traditionsmühle ausserordentlich erfolgreich.

Klimaschutz und Wärmedämmung

Der blaue Himmel von PekingEnergieeffiziente Gebäude liegen in China im Trend. Wirt-schaftlicher Erfolg soll zunehmend ökologisch nachhaltig gestaltet werden.

CTO-Kolumne

54 Das Internet der Dinge Das Internet der Dinge eröffnet vielfältige neue Chancen für alle Wirtschaftszweige.

55 Wissenschaftliche Publikationen

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Liebe KundenWelche Zukunft hat der Wirtschaftsstandort Schweiz? Müssten wir angesichts des hohen Kos-tenniveaus und des starken Schweizer Frankens unsere Produktion nicht möglichst rasch ins Aus-land verlagern? Welche Rolle spielt Swissness über-haupt noch für Bühler?

Es gilt genau abzuwägen zwischen den Vor- und Nachteilen, die ein Standort bietet. Und da zeigt sich, dass die Schweiz einiges in die Waag-schale werfen kann. Unser duales Ausbildungs-system etwa ist ein enormer Standortvorteil. Hoch-schulen und Berufsschulen bringen auf allen Ebenen hochqualifizierte Leute hervor. Das ermöglicht uns, gute Leute anzustellen und dieses Netzwerk für unsere Innovation zu nutzen. Darum beneidet uns die ganze Welt. Wir haben jetzt angefangen, dieses Erfolgsmodell zu exportieren: nach Amerika, China und jetzt auch Afrika (siehe Seiten 6–11). Der zweite grosse Vorteil, den viele vergessen, ist der Arbeits-frieden – eine Errungenschaft, die nach wie vor wertvoll ist. Dazu gehört auch das flexible Arbeits-recht. Es gestattet uns eine Flexibilität in der Schweiz, die Sie nirgends sonst auf der Welt finden. Nur so konnten wir uns innerhalb von zwei Wochen mit unserer Belegschaft darauf einigen, ohne Aus-gleich eine Stunde mehr am Tag zu arbeiten. Wir dürfen aber auch auf eine gute Infrastruktur sowie ei ne effiziente Verwaltung und Bankenstruktur zu greifen. Alle diese Aspekte sind entscheidend im internationalen Wettbewerb und stärken unser Unternehmen.

Bühler: das ist ein globales und zugleich ein Schweizer Unternehmen. Wir werden deshalb wie schon in den vergangenen Jahren unsere Regi-onalisierung vorantreiben, etwa durch zusätzliche Servicestationen, und gleichzeitig unseren Standort in Uzwil – das Herz von Bühler – stärken. Dafür haben wir die volle Rückendeckung unserer Aktio-näre, der Familie Bühler. So stellen wir sicher, dass wir überall auf der Welt Qualität und Technologie nach Schweizer Massstäben entwickeln, herstellen und unseren Kunden liefern können.

Calvin Grieder, CEO

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Wissen macht starkFOKUS

Aus- und Weiterbildung, Schulungen und Trainingsangebote sind für Bühler zentraler Bestandteil seines Produkt- und Lösungsportfolios. Denn High-End-Technologien benötigen High-End-Wissen, um ihre Vorteile auszuspielen.

Gewusst, wie!Wie vermeide ich beim Druckgiessen Porösitäten im Bauteil und stelle damit eine hohe Qualität sicher? Wie gewährleiste ich, dass bei der optischen Sortierung die richtigen Teile ausgesiebt werden? Wie erhöhe ich die Effizienz einer Mühle? Durch welche Parameter steuere ich die Oberflächenbeschichtung optimal, um energie-effiziente Fassadengläser herzustellen? Wer glaubt, dass hochauto-matisierte Prozesse und Anlagen dazu führen, dass auf mensch-licher Seite weniger Know-how gebraucht wird, irrt gewaltig. Die Maschinen und Lösungen können nur so gut sein, wie sie verstan-den und beherrscht werden. Bühler hat deshalb in den vergange-nen Jahren über alle Geschäftsfelder hinweg ein globales Netz von mehr als 25 Ausbildungs- und Trainingszentren ins Leben gerufen, um seine Kunden und Mitarbeitenden mit dem notwendigen geis-tigen Rüstzeug auszustatten.

AFRICAN MILLING SCHOOL ......................................S. 6 Bühler eröffnete in Nairobi, Kenia, eine neue Schulmühle und hilft so, eine Schlüssel industrie zu entwickeln.

BÜHLER TRAINING CENTER .................................... S. 12 Von London bis Johannesburg, von Brasilien bis Bangalore: Bühler Training Center qualifizieren Menschen vor Ort.

DIE CASTING TECHNOLOGY CENTER ........... S. 14 Mit Bühler Training effizient und qualitativ hochwertig druckgiessen.

BAKERY INNOVATION CENTER ............................ S. 16Bühler hilft Kunden aus der Backindustrie, möglichst produktiv zu sein.

BÜHLER AN DER EPFL ................................................... S. 18 Am Puls der Zukunft.

INTERVIEW MIT PROF. D. FORAY ......................S. 20Innovation. Ein Geben und Nehmen.

INFOGRAFIK: MILLIARDEN MENSCHEN ......S. 22 Jeden Tag kommen Milliarden Menschen mit Bühler in Berührung.

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AFRICAN MILLING SCHOOL

Luis war bislang ein ordentlicher Müller – allerdings kein ausgebildeter. In den 15 Jahren, in denen er eine Anlage in Maputo in Mozambik steuerte, wunderte er sich des Öfteren über muffig riechendes Getreide, das manchmal nicht mehr zu verarbeiten war.

Seit wenigen Wochen kennt Luis die Ursache. Und, noch besser: Er weiss, was er dagegen unternehmen kann. Getreide ist ein organischer Roh-stoff, der atmet. Lagert es einige Wochen im Silo, führt die Atmung zu Wärme und Feuchtigkeit. Um das wertvolle Material zu trocknen, warf Luis die Belüftung an – allerdings am Tag, so dass warme Luft das Getreide durchflutete. Warme

Luft, die auf kühles Getreide trifft, macht dieses indes noch feuchter – Be- ginn eines Teufelskreises.

Seit Anfang März ist Luis Lernender an der Bühler African Milling School in Nairobi, Kenia. Und sein Aus-bilder Martin Schlauri hat ihm bereits innerhalb der wenigen Wochen beige-bracht, was bei feucht gewordenem Getreide zu tun sei: «Du musst die Belüf-tung nachts anstellen», klärt der Bühler Fachmann auf, der seit mehr als 30 Jah-ren im Müllereigeschäft unterwegs ist. Die kalte Nachtluft wärmt sich beim Durchlüften auf und kann die Feuchtig-keit des Rohstoffs aufnehmen, abführen und so trocknen. «Martin hat mir die

Die erste Klasse an der African Milling School mit ihren Ausbildern: «Wir sind Pioniere.»

Wie Bühler Wissen schafftNach dreijähriger Planungs- und Bauphase eröffnet Bühler seine African Milling School in Nairobi, Kenia. Mit dieser Müllerei Schule leistet Bühler einen Beitrag zum Aufbau einer Schlüsselindustrie des Kontinents und verbessert die Ausbildung seiner Müller.

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Wenn Afrika stärker in die weltweite Produktion von Waren und Dienstleis-tungen eingebunden wird, kann der Kontinent seinen wirtschaftlichen Wandel fördern und sich sprunghaft weiterentwickeln. Zu diesem Ergebnis kam der an der Jahresversammlung der African Development Bank Group herausgegebene jüngste African Eco-nomic Outlook. Für das Jahr 2015 geht der Bericht von einem Wirtschafts-wachstum des Kontinents von 5–6 Pro-zent aus – ein Wert, den Afrika seit der Weltwirtschaftskrise von 2009 nicht mehr erreicht hat. Das afrikanische Wirtschaftswachstum, so der Bericht, ist breit aufgestellt und wird von der Nachfrage auf dem Kontinent selbst, von Infrastrukturprojekten und dem verstärkten kontinentalen Handel mit Industrieerzeugnissen angetrieben. «Für ein nachhaltiges Wirtschafts-wachstum, das Chancen für alle schafft, sollten die Länder Afrikas wei-terhin für Konjunkturpuffer und ein kluges Gesamtmanagement sorgen», so Mthuli Ncube, Chefökonom und Vizepräsident der African Development Bank.

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Augen geöffnet», sagt Luis. Einfacher konnte die Lösung nicht sein – man muss sie nur wissen.

WissenWissen ist Ressource. Wissen ist Kapital. Wissen ist Marktmacht.

Um seine Kunden und Mitar-beitenden mit dieser Ressource best-möglich auszustatten, ist Bühler seit je dem Wissenstransfer verpflichtet. Für seine Mitarbeitenden gründete Bühler vor genau 100 Jahren eine der ersten Berufsschulen und war so einer der Vorreiter der dualen Berufsausbildung (siehe S. 11). In Partnerschaft mit ande-

ren Unternehmen entstand 1955 das Abendtechnikum St. Gallen – Vorläufer der Ingenieurschule St. Gallen und heu-tigen Fachhochschule. Für seine Kunden baute Bühler dann im Laufe der Jahr-zehnte Müllereischulen rund um die Welt, aber auch Trainingszentren für die anderen Geschäftsbereiche (siehe Grafik S. 12). Um etwa die Besonder-heiten der Bühler Druckgiesstechno-logie en détail zu vermitteln, betreibt die Business Area Die Casting diverse Technologiecenter (siehe auch S. 14). Die Eröffnung der African Milling School in Nairobi ist die konsequente Fortsetzung dieser Erfolgsstory, in der sich Kunden-

Wirtschaft in Afrika wächst

Diesem Bericht zufolge könnte die wirksamere Einbindung in die regiona-len und globalen Wertschöpfungs-ketten – alle Produktionsphasen, die ein Produkt in verschiedenen Ländern vom Entwurf bis zum Kunden durch-läuft – für Afrika ein Sprungbrett zur wirtschaftlichen Diversifizierung, zur Mobilisierung eigener Ressourcen und

zu Investitionen in kritische Infrastruk-turprojekte sein. Um dieses Ziel zu erreichen, darf der Kontinent jedoch nicht auf den unteren Stufen der Wert-schöpfungskette stehen bleiben.

«Afrikanische Volkswirtschaften haben ein grosses Potenzial: ihre dyna-mische demografische Entwicklung, eine rasch fortschreitende Urbanisie-

rung und ihre Bodenschätze. Für viele dieser Länder besteht die aktuelle Herausforderung darin, sich intensiver an der weltweiten Wertschöpfung zu beteiligen und so einen Nutzen für ih re Bürger zu erzielen», sagte Mario Pezzini, der Leiter des OECD-Entwick-lungszentrums. Der African Economic Outlook zeigt, dass bereits bemer-kenswerte Fortschritte erreicht wur-den: Es gibt weniger Armut, höhere Einkommen und einen verbesserten Zugang zu Bildungs- und Gesundheits-einrichtungen. Damit das Wirtschafts-wachstum die Lebenssituation aller Menschen verbessern kann, braucht es gute Ausbildung und eine umwelt-freundliche, nachhaltige Entwicklung. Auch für die Armen am Rand der Gesellschaft – oftmals Frauen – muss es einen Platz in der Wertschöpfungs-kette geben. Gezielte politische Mass-nahmen und auf Inklusion gerichtete Geschäftsmodelle sollten daher den Zugang zu Produktionsmitteln wie Land und Kredite erleichtern, die Pro-duktivität steigern und die kleinen Produzenten stärken.

orientierung mit gesellschaftlicher Ver-pflichtung und eigenem unternehmeri-schem Interesse paart.

Für den Aufbau der African Milling School liegt der Ausgangspunkt vier Jahre zurück. «Viele unserer afrika-nischen Kunden wollen von uns nicht nur die Anlagen beziehen, sondern auch qualifiziertes Personal», erklärt Martin Schlauri. Bis dahin erledigten vor allem qualifizierte Expatriats die Arbeit. Um eine gute Ausbildung zu erhalten, wur-den die afrikanischen Mitarbeitenden nach Europa zu Kurzkursen oder an die Schweizerische Müllereifachschule in St. Gallen geschickt. Doch das konnte

Kreisfarbe: Wachstum des BIP 2014

Kreisgrösse: BIP 2013 (US-Dollar PPP)

Quelle: African Economic Outlook

1% 8%

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sich nur eine Minderheit leisten. Allen Beteiligten war deshalb klar, dass dies keine nachhaltige Vorgehensweise ist, wenn sich das Müllereigewerbe in Afrika weiter entwickeln sollte. Und es soll. So entstand die Idee, mit einer eigenen Berufsschule dem wachsenden Bedarf nach gut ausgebildeten Müllern nach-zukommen. 2011 entstand das Konzept und der Investitionsantrag an die Kon-zernleitung von rund CHF 4 Mio. «In meinem Umfeld gab es damals sehr viel Skepsis gegenüber dieser Entscheidung. Doch ich spürte, dass der Zeitpunkt gekommen war, diesen Schritt zu machen», berichtet Bühler CEO Calvin Grieder.

Gesagt, getan: Jetzt ist sie in Betrieb, die African Milling School. Die ersten 27 Lernenden aus 9 afrikanischen Ländern

– von Ägypten über Nigeria bis hin nach Mozambik und natürlich Kenia – haben auf den Schulbänken Platz genommen; davon 26 Männer und 1 Frau, Shidi Huzeinat, die 25 Jahre alt ist und seit vier Jahren bei Flour Mills of Nigeria in Lagos arbeitet. Die Auszubildenden sind alle keine Youngsters, sondern gestan-dene Müller, die sich on the job bereits viel Wissen angeeignet haben. Jetzt wurden sie von ihren Unternehmen, zu denen die weltgrössten Mühlen gehören, in eine zweijährige Lehre geschickt, um sich von der Pike auf das notwendige Rüstzeug anzueignen: Wie lagere ich Getreide richtig? Wie steuere ich opti-mal den Vermahlungsprozess? Was sind die wichtigsten Qualitätskriterien für das Mehl, wie messe ich sie und stelle die Prozesse darauf ein? Dieses Wissen macht einen guten Müller aus. Er ent-

Die neue Müllerei Schule ist erst der Anfang.

Bühler gründet, zusammen mit Wild, Heerbrugg, und Saurer, Arbon das Abendtechnikum St. Gallen (dann Ingenieurschule SG, heute FHS St. Gallen)

Bühler gründet eine der ersten Berufs-, schulen in Uzwil

19551915 1957 1979 1985Gründung der Schule für Futtermitteltechnik in St. Margrethen

Gründung der Müllerei Berufs-schule (mit 4 verschiedenen Abteilungen) in St. Gallen

Bau des Ausbildungs- zentrums mit Schulmühle in Uzwil

Schulen mit Tradition

MARTIN SCHLAURI, GESCHÄFTSFÜHRER DER AFRICAN MILLING SCHOOL BÜHLER EAST AFRICA, NAIROBI, KENIAMartin Schlauri kam 1980, nach seiner Ausbildung zum Mühlentechniker, zu Bühler. Dort arbeitete er zunächst in den Bereichen Prozessentwicklung und Anlageninbetriebnahme. Danach war er in verschiedenen Ländern in verant-wortlicher Position für die Getreide-müllerei tätig. Als Geschäftsführer der Abteilung Flour Milling von Bühler in Mailand erwarb er umfassende Kennt-nis des italienischen Markts.

Anschliessend übernahm Martin Schlauri die Leitung des Ausbildungs-zentrums für Getreidemüllerei am Hauptsitz in der Schweiz, das Müller aus der ganzen Welt ausbildet. Von 2000 bis 2014 leitete Martin Schlauri das weltweite Grain-Milling-Geschäft bei Bühler. Als Geschäftsführer der African Milling School unterrichtet Martin Schlauri die Auszubildenden dort auch in Technologie und Qualitäts-kontrolle.

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scheidet darüber, ob seine Mühle gut oder schlecht läuft und ob sein Eigentü-mer Geld verliert oder verdient. Auch eine hohe Automatisierung der Prozesse ersetzt dieses menschliche Wissen nicht.

Ein Beispiel. Der Mahlpro-zess trennt die Kleie vom Mehl. Läuft der Prozess schlecht und sind die Walzen abgenutzt, verringert sich die Mehlaus-beute der Mühle. «Das kann dann bis zu 2 Prozent der Ausbeute ausmachen», weiss Martin Schlauri. Bei einer Mühle, die täglich bis zu 1’000 Tonnen Getreide vermahlt, heisst 2 Prozent weniger Aus-beute im Klartext 20 Tonnen weniger

Die Schulmühle ist hochmodern ausgestattet.

«Viele unserer afrika-nischen Kunden wollen von uns nicht nur die Anlagen beziehen, sondern auch qualifiziertes Personal.»Martin Schlauri

2005 2010 2012 2015Bau des Ausbildungszentrums mit Schulmühle in China

Eröffnung einer Müllereischule in Nairobi

Bau und Eröffnung eines Ausbildungszentrums in Johannesburg und Bangalore

Eröffnung der Lehrwerkstatt und einer Lehre im dualen System in Minneapolis und Bangalore

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Mehl – pro Tag. Das entspricht einem vollgeladenen LKW. Doch nicht nur die Ausbeute sinkt – gleichzeitig steigt der Energieverbrauch um bis zu 15 Prozent, wenn die Riffel der Walzen nicht mehr scharf sind. Allein dieses Beispiel belegt die Bedeutung einer fachgerechten Bedienung der Anlage – «wobei das nur einen Teil der Fachthematik darstellt», wie Bühler Experte Schlauri betont. Hygiene und Sicherheit steht auf dem Lehrplan ebenfalls ganz oben.

Kein Wunder, dass die An- kündigung der Schulgründung in der afrikanischen Mühlenindustrie auf ein

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grosses Echo stiess, die wenigen Plätze rasch ausgebucht waren und die jetzige Eröffnung vor über 100 Gästen auf ein begeistertes Publikum stiess. Kamaldeep S. Phull – ein langjähriger kenianischer Kunde, der vor Jahren sein Handwerk in der Schweizerischen Müllereifachschule in St. Gallen lernte –, betont: «Wir brau-chen in Afrika dringend qualifizierte Fachleute. Es ist absolut fan tastisch, dass wir nun unsere jungen Leute in die Bühler Schule vor Ort schicken kön-nen.» Und nicht nur das: die Müllerei-schule ist mit den modernsten Maschi-nen ausgerüstet, etwa einer optischen Sortierung, die in den meisten Mühlen des afrikanischen Kontinents noch unbekannt ist. Peter Kradolfer, Betriebs-leiter der Flour Mills of Nigeria, urteilt denn auch: «Das ist ein Meilenstein für den ganzen Kontinent.» Dass die Ler-

nenden voller Stolz sind, versteht sich fast von selbst: «Wir sind die Pioniere! Es ist für mich eine grosse Ehre, dabei sein zu dürfen», freut sich etwa Luis Mulanga aus Mozambik.

Die Eröffnung der Müllerei-schule kommt genau zum richtigen Zeit-punkt. Die Wirtschaft in Afrika wächst. Das zeigt der «African Economic Out-look», ein Wirtschaftsbericht, den die Organisation für wirtschaftliche Zusam-menarbeit und Entwicklung (OECD) gemeinsam mit der Afrikanischen Ent-wicklungsbank (AfDB) und dem UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) her-ausgibt. Das Wachstum soll um die 5 Prozent betragen – deutlich stärker als die Weltwirtschaft. Vor ein paar Jah-ren sei von Afrika noch als einem «hoff-nungslosen Kontinent» gesprochen worden, sagt AfDB-Wirtschaftsexperte

Auszubildende bei der praktischen Arbeit.

«Das ist ein Meilenstein für den ganzen Kontinent.»Peter Kradolfer

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»Wir brauchen in Afrika dringend qualifizierte Fach-leute. Es ist absolut phantastisch, dass wir nun unsere jun-gen Leute in die Bühler-Schule vor Ort schicken können»

BEST PEOPLE: 100 JAHRE DUALE BERUFSAUSBILDUNG BEI BÜHLER

Die Berufsbildung hat bei Bühler einen hohen Stel-lenwert und seit 100 Jahren Tradition. Bühler bil-det weltweit jährlich knapp 600 Auszubildende aus: in der Schweiz, Deutschland, China, den USA und Indien. «Wir haben das Erfolgsmodell der Dua-len Berufsausbildung inzwischen in viele Länder exportiert», sagt Christof Oswald, Personalchef bei Bühler. Und das nicht nur für die eigenen Mitarbei-tenden, wie das Beispiel der jüngsten Müllerei Schule in Kenia zeigt. Neben der Chance, einen Teil der Lehre im Ausland zu absolvieren, erwarten die Lernenden spannende Projektarbeiten und die Aussicht auf eine vielversprechende Karriere. Jedes Jahr schliessen rund 80 Lernende ihre Lehre ab und das in zwölf Berufen. In diesem Jahr feiert die Bühler Berufsbildung 100-jähriges Jubi-läum. Als einer der ersten Lehrbetriebe der Schweiz bietet Bühler seit damals Ausbildungen an. Über 7’500 Lehrabgänger haben seither den Abschluss geschafft. Rund zwei Drittel starten ihre berufliche Karriere direkt bei Bühler und sind bereit, dies auch im Ausland zu tun. Die Lernenden machen sich in der Lehrzeit vertraut mit der Bühler Firmenkultur sowie den Arbeitsprozessen, Produk-ten, Kunden und Märkten. «Am Ende der Lehrzeit sind sie gefragte Fachleute», sagt Leiter Berufsbil-dung, Andreas Bischof.

Neben den fachlichen Qualifikationen stehen die menschlichen Komponenten bei der Auswahl der Lernenden an erster Stelle. «Für uns zählt die Persönlichkeit. Wir gehen mit den Lernenden wäh-rend der Lehre eine Partnerschaft ein.

Im Gegenzug zum persönlichen Einsatz bieten wir den Lernenden attraktive Entwicklungsmöglich-keiten und haben zum Ziel, sie zu bestqualifizier-ten Mitarbeitenden auszubilden. Damit stehen ihnen innerhalb und ausserhalb von Bühler alle Türen für eine erfolgreiche Zukunft offen», so Andreas Bischof. Im letzten Lehrjahr erhalten besonders motivierte und talentierte Lernende bei Bühler die Möglichkeit, einen Teil ihrer Lehre im Ausland zu absolvieren. 2015 wird dieser Traum für 23 Lernende wahr. Für mehrere Monate ar beiten und leben sie in Amerika, China, Indien, Südafrika oder europäischen Ländern. Andreas Bischof: «Während der Einsätze setzen die Lernen-den das Gelernte in die Praxis um. Sie haben die Chance, in die Kultur und Arbeitsweise der Kolle-gen im Ausland einzutauchen und an Berufs- und Lebenserfahrung zu gewinnen.» Das einzigartige Ausbildungskonzept von Bühler wurde bereits mehrfach international ausgezeichnet.

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Die Lehrwerkstatt in Uzwil im Jahre 1955.

Anthony Musonda Simpasa. «Heute ist Afrika ein zukunftsträchtiger Ort, ein Kontinent voller Hoffnung, und wir gehen davon aus, dass das Wirtschafts-wachstum in den nächsten Jahren anhält.» Vor allem die Länder südlich der Sahara boomen. Dort erwarten die Experten eine Wachstumsrate von bis zu 7 Prozent.

Mit dem Wachstum und dem Entstehen einer neuen Mittelschicht verändern sich auch die Essgewohnhei-ten in den Ländern. Die neuen Konsu-menten verlangen nach höherer Vielfalt, Fertiggerichten und Pasta. All das treibt die Getreideindustrie Afrikas weiter an. Allein die Menge des verarbeiteten Wei-zens und Maises wuchs von 2010 bis heute um 6 Prozent auf 90 Millionen Tonnen pro Jahr mit steigender Ten-denz. Klar ist, dass dies den Bedarf nach modernen Anlagen und Fachpersonal ebenfalls erhöht.

Damit ist auch klar, dass die Eröffnung von der African Milling School nur den Anfang markiert. Schon jetzt drängeln sich die Bewerber für die Kurse im kommenden Jahr. Darüber hinaus sind weiterführende Lehrgänge zum Obermüller und auch spezielle Kurzseminare für Geschäftsführer in der Vorbereitung: «Wenn die Geschäfts-führer nicht mit dem Prozess vom Korn zum Mehl vertraut sind und den letzten Stand der Technik nicht kennen, verpas-sen sie oft Chancen und können vom Marktwachstum nicht profitieren», weiss Martin Schlauri aus Erfahrung.

Chancen verpassen will hier niemand – dafür mit dem richtigen Wis-sen voll durchstarten.

Infos zur African Milling School:www.africanmillingschool.com

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Lernen – nah und fern Weltweit betreibt Bühler für seine Kunden Ausbildungs- und Trainingscenter, um den aktuellsten Wissensstand zu vermitteln.

USA Bühler Food Innovation Center Minneapolis Minnesota

Business Area: Grain Milling

Bühler Technology Center Holland Michigan

Business Area: Die Casting

Bühler Training Center Mannhattan Kansas

Business Area: Grain Milling

Bühler Training Center Raleigh North Carolina

Business Area: Value Nutrition

Regional Application, Development and Education Center Mahwah New Jersey

Business Area: Grinding & Dispersion

SORTEX-Training Center Stockton Stockton

Business Area: Sortex & Rice

Deutschland Anwendungslabor Kakao und Nüsse Freiberg

Business Area: Consumer Foods

Bühler Ausbildungszentrum Alzenau Business Area: Leybold Optics

Bühler Ausbildungszentrum Beilngries Business Area: Grain Logistics

Bühler Ausbildungszentrum Bergneustadt Business Area: Consumer Foods

Bühler Ausbildungszentrum Viernheim Business Area: Die Casting, Grinding & Dispersion

Infos zu den Kursenwww.buhlergroup.com/ausbildung-kurse

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BÜHLER TRAINING CENTER

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Übrige Welt African Milling School (AMS) Nairobi, Kenia

Business Area: Grain Milling

Automation Training Center Joinville Joinville, Brasilien

Business Area: Grain Milling, Feed Milling

Bühler Training Center Johannesburg Johannesburg, Südafrika

Business Area: Grain Milling

SORTEX Training Center London London, Grossbritanien

Business Area: Sortex & Rice

Asien Bühler Application Center Bangalore, Indien

Business Area: Grain Milling, Die Casting

Bühler Indonesia Application Center Business Area: Grain Milling, Consumer Foods

Bühler School Mill Wuxi, China Business Area: Grain Milling

Bühler Technology Center Wuxi, China Business Area: Grain Milling, Value Nutrition, Die Casting

Bühler Training Center Beijing, China Business Area: Leybold Optics, Value Nutrition

Bühler Training Center Wuxi, China Business Area: Grain Milling

Regional Application, Development and Education Center Wuxi, China

Business Area: Grinding & Dispersion

Regional Application, Development and Education Center, Yokohama, Japan

Business Area: Grinding & Dispersion

Uzwil, Schweiz Bakery Innovation Center

Business Area: Grain Milling

Grain Milling Training Center Business Area: Grain Milling

Grain Technology Center Business Area: Grain Milling

Innovation Center Business Area: Consumer Foods, Die Casting, Grinding & Dispersion, Value Nutrition

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Die Anforderungen im Druckguss bewe-gen sich im industriellen Extrembereich: innerhalb weniger Millisekunden baut die Maschine einen Druck von bis zu 1200 bar auf und schiesst bei grösseren Bauteilen 60 Kilogramm 700 Grad heis-sen Aluminiums in die Form. Entspre-chend anspruchsvoll ist der Prozess, angefangen vom Design der Werkzeug-formen über das Einbringen des Metalls bis hin zur Kühlung und Bearbeitung des Bauteils. «Um mit hoher Effizienz durch-gängig hohe Qualität sicherzustellen, braucht es in diesem rauen Prozess viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung», weiss Marius Freitag, Leiter des Techno-logy Center Druckguss in Uzwil.

Befindet sich etwa beim Ein-schiessen noch zu viel Luft in der Form, kann dies zu Schwachstellen im Bauteil

führen. Oder das flüssige Aluminium erstarrt nicht voll kontrolliert, so dass beim Abkühlen sogenannte Erstarrungs-lunker entstehen. Um genau das zu ver-meiden, hat Bühler für seine Kunden vornehmlich aus der Automobilindustrie ein umfangreiches Trainingsangebot entwickelt, das sämtliche Aspekte des Druckgusses abdeckt:

– TechnologieIm Vordergrund stehen die Grundlagen der Metallurgie, Strömungstechnik, Pro-zessoptimierung und -überwachung oder das Erkennen und Beheben von Gussfehlern.

– BedienungWie ist eine Bühler Druckgiessmaschine aufgebaut, wie ist ihre Funktionsweise,

wie richte ich die verschiedenen Maschi-nentypen ein, programmiere diese und binde Peripheriegeräte wie Roboter ein?

– Wartung und InstandhaltungDie Schwerpunkte bilden in diesem Be-reich Hydraulik und Elektronik der Büh-ler Maschinen, um Störungen frühzeitig zu erkennen und zu beheben – oder durch präventive Wartungsstrategien gar nicht erst entstehen zu lassen.

Entsprechend der Vielfalt der Themen richtet sich das Trainingsangebot an alle, die mit Druckguss in Berührung kommen: Bediener, Einrichter, War-tungsexperten – und das Management. Denn es geht neben der Qualität der Bau-teile auch um die Effizienz der Abläufe und damit um die Stellschrauben, mit

Übung macht den MeisterDIE CASTING TECHNOLOGY CENTER

Je anspruchsvoller eine Technologie oder ein Prozess, desto wichtiger ist auch die Ausbildung. Deshalb hat Bühler ein weltumspannendes Netz an Trainingscentern aufgebaut, um seine Kunden etwa im Bereich des Druckgusses zu schulen.

Im Technology Center in Uzwil vermitteln Spezialisten den Kunden umfassende Kenntnisse über Druckgiessprozesse.

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denen sich Kosten einsparen lassen. Eine davon betrifft die Zykluszeiten – je schneller wieder in die Form geschossen werden kann, je kürzer die Abläufe, desto schneller der Return on Invest-ment der Maschine. So muss die Form zwischen jedem Zyklus mit Trennmittel besprüht werden, damit das abkühlende Aluminium nicht haften bleibt. Dieser Vorgang allein benötigt rund 30 Prozent eines Durchgangs. Lässt sich dieser opti-mieren, ist das bares Geld wert.

Mittlerweile bietet Bühler die Druckguss-Trainings global an. Das Angebot reicht von Kursen zur Quali-täts- und Prozessoptimierung bis hin zur Giessereiberatung und Fabrikplanung. Vor dem Hintergrund steigender Strom- und Gaspreise wird auch die Energiebe-ratung immer wichtiger. Zudem hält Bühler auch bei Kunden Schulungen ab. Nach Europa, den USA und Indien steht das neueste Schulungscenter in Wuxi, China. Anfang 2015 liefen dort die ersten Kurse an. Der Leiter und langjährige Bühler Service-Techniker George Li hat ein lokales Team aufgebaut, das nicht nur die Maschinen, sondern auch den chinesischen Markt kennt. «Die ersten Teilnehmer sind begeistert», berichtet Li. Bühler ist jetzt nah beim Kunden, und während das Betriebs- und Wartungs-personal auf Schulung ist, läuft die Pro-duktion weiter.

Alle Schulungsleiter sind erfahrene Fachleute und sprechen Chi-nesisch. An der Ecoline, der Einsteiger-Druckgiessmaschine, die auch in Wuxi produziert wird, können neue Formen bemustert werden, das heisst, erste Teile

gegossen, geprüft und optimiert wer-den. Demnächst soll noch eine Carat-Maschine hinzu kommen.

Auch die wichtigsten Peri-pheriegeräte sind im Tech Center vor-handen: Schöpfgeräte, Entnahmeroboter oder Sprühgeräte. Schliesslich geht es nicht nur um den Druckguss, sondern auch um die vor- und nachgelagerten Prozesse. Genau das ist eine Besonder-heit der Ausbildungszentren von Bühler: alle zielen darauf ab, dass der Kunde möglichst gut und günstig produzieren kann. Dazu muss man die Prozesse der gesamten Wertschöpfungskette kennen. Bühler gibt das entsprechende Wissen gerne an die Kunden weiter.

Technology Center China: An der Ecoline werden neue Formen bemustert und optimiert.

Blick ins Druckguss Technology Center.

«Nach Europa, den USA und Indien steht das neueste Schulungscenter in Wuxi, China.»George Li

Weitere Informationen erhalten Sie bei:Marius FreitagTeamleader Application TechnologyBühler Uzwil+41 71 955 17 [email protected]

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Obwohl seit Jahrtausenden bekannt, bleibt die Verarbeitung von Mehl noch immer anspruchsvoll. «Getreide ist ein lebendiger organischer Rohstoff», sagt Dr. Markus Schirmer, Leiter des Bakery Innovation Center von Bühler in Uzwil, Schweiz. Weil kein Korn dem anderen gleicht, weichen auch die Mehlchargen voneinander ab. Kleine Bäckereien kön-nen gut damit leben, der Bäcker gleicht die Unterschiede des Rohmaterials mit seiner Erfahrung aus. Doch Grossbe-triebe, die hochautomatisierte und stan-dardisierte Lösungen benötigen, stellt

diese Variabilität vor grosse Heraus- forderungen.

Um seinen Kunden das not-wendige Rüstzeug für solche komplexen Aufgabenstellungen zu vermitteln, hat Bühler bereits 2011 am Konzernsitz in Uzwil das Bakery Innovation Center (BIC) gegründet. Mit grossem Erfolg. Das Angebot wird ständig ausgebaut und reicht von der industriellen Backwaren-herstellung über Laboranalysen für Mehl und Brotqualität bis zu Kosten-einsparungen durch Optimierung der Mehlqualität. Im vergangenen Jahr wur-

Kompetenz vom Korn zum BrotBAKERY INNOVATION CENTER

Im Bakery Innovation Center werden Kunden von Bühler umfassend in der industriellen Backwarenherstellung geschult.

Seit 2011 bildet Bühler seine Kunden in einem dedizierten Schulungs zentrum in Uzwil umfassend in der industriellen Backwarenherstellung aus. Die Kurse zur Lebensmittelsicherheit werden auch von Behörden vertretern genutzt.

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den die Trainingsinhalte des BIC neu ausgerichtet mit dem Ziel, Mahlen und Backen als Einheit zu verstehen. Denn, so BIC-Leiter Dr. Markus Schirmer: «Gut backen heisst gut mahlen.»

Vor allem der Trend zum Backen ohne Zusatzstoffe rückt den Mahlprozess noch stärker in den Vorder-grund, so Schirmer, der selbst Bäcker-meister und promovierter Ingenieur ist. Was bislang Additive im Backprozess geregelt haben, muss jetzt die Beschaf-fenheit des Mehls besorgen. Ein Bei-spiel: Durch den Walzendruck lässt sich die Modifikation der Stärke anpassen. Dadurch kann etwa die Wasserauf-nahme des Mehls beeinflusst werden, was sich wiederum auf die Frische des Brots auswirkt: je feuchter das Brot, desto länger bleibt es frisch.

Neben den zusatzfreien Bro-ten gibt es in Westeuropa einen Trend zu Kleinmargen für Singles. Bei kleinen Broten sind Aroma und Haltbarkeit schlechter. Hier können Vor- und Sauer-teige Abhilfe schaffen. Sie enthalten mehr Wasser, bilden natürliche Aromen und fördern die Frischhaltung. Das Pro-blem sind jedoch Qualitätsschwankun-gen. Sie lassen sich nur mit genauen Ana-lysen, ausreichend Fachwissen oder automatisierten Prozessen vermeiden.

Ein weiteres wichtiges Thema im BIC ist die Hygiene. «Die kleinen Bäcker werden oft zu schnell gross», sagt Schirmer. Dann hinken die Strukturen bei der Qualitätssicherung, bei der Hygi-ene und der Rückverfolgbarkeit hinter-her. An den Kursen zur Lebensmittelsi-cherheit nehmen nicht nur Experten aus

der Lebensmittelindustrie teil, sondern auch Behörden mitarbeiter.

Angesichts der komplexen Materie wundert es nicht, dass das Bühler Trainingscenter sich grosser Beliebtheit erfreut. «Mit fünf bis zehn Kunden pro Woche sind wir fast immer ausgebucht», so Schirmer. Und nicht nur in Uzwil läuft die Wissensvermittlung auf vollen Touren. Auch in Südafrika, China und Indien sind die Ausbildungs-zentren gut besucht. Um noch näher am Kunden zu sein, werden Kurse auch in externen Schulen oder direkt bei Firmen angeboten.

Das erspart Kunden nicht nur Reisekosten. Die Präsenz im lokalen Markt stellt auch sicher, dass man ihn versteht und regionalspezifisches Know-how vermittelt. In Europa etwa sind die Trends eher kundengetrieben, in Afrika oder Südamerika oft staatlich vorgege-ben. «Ecuador etwa forderte die Beimi-schung von Bananenmehl zum Weizen-brot, um unabhängiger von Importen zu werden.» Bühler liefert nicht nur Tech-nologie, um solche Vorgaben zu erfüllen, sondern hilft Kunden dabei, möglichst produktiv zu sein.

Auch verschiedene Laboranalysen können effizient durchgeführt werden.

Der Mahlprozess hat einen unmittelbaren Einfluss auf die Qualität von Backwaren.

«Mit 5 bis 10 Kunden pro Woche sind wir fast immer ausgebucht.»Markus Schirmer

Infos zum Bakery Innovation Center finden Sie bei: Dr. Markus SchirmerHead of Bakery Innovation Center+41 71 955 37 [email protected]

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«Etwas nicht zu wissen oder zu verste-hen, mobilisiert in mir unglaubliche Energie und einen unstillbaren Wissens-durst», beschreibt Peter Böhni, was ihn bei der täglichen Arbeit antreibt. Seit neun Jahren ist der an renommierten Hochschulen wie der University of Cali-fornia in Berkeley ausgebildete Wissen-schaftler schon bei Bühler tätig. Der kommunikative Problemlöser ist aber nicht nur eine Koryphäe auf dem Gebiet der Forschung, sondern er verfügt auch über eine umfassende Erfahrung in der Entwicklung von tragfähigen Geschäfts-

Am Puls der ZukunftAus Forschungsresultaten durchdachte Geschäftsmodelle entwickeln und als neue Produkte erfolgreich am Markt einführen: das ist die Spezialität von Peter Böhni. Jetzt übernimmt der versierte Wissenschaftler mit Industrieerfahrung die Leitung des Bühler Innovationssatelliten an der EPFL in Lausanne.FOTOS VON THOMAS SCHUPPISSER

BÜHLER UND EPFL GEMEINSAM FÜR MEHR INNOVATION

modellen in der Lebensmittelindustrie. Unter seiner Leitung konnte Bühler bereits verschiedene neue Prozesse oder Technologien entwickeln, in die indus-trielle Reife überführen und erfolgreich auf den Markt bringen – etwa die Gewin-nung von Leuron aus den Aleuronzellen von Weizen oder die Herstellung von mit Mikronährstoffen angereichertem Reis.

Gesucht werden marktfähige Lösungen Ein Vierteljahrhundert nachdem er als Wissenschaftler Karriere gemacht hat, kehrt Böhni jetzt in die akademische

Welt zurück: Als Direktor des Innova-tionssatelliten von Bühler an der EPFL in Lausanne besetzt er künftig eine Schlüsselposition, denn die Zusammen-arbeit mit führenden Hochschulpart-nern bildet einen zentralen Eckpfeiler des «Collaborative Innovation»-Ansat-zes der Gruppe. In seiner neuen Funk-tion begibt sich Böhni auf die Suche nach vielversprechenden Forschungsprojek-ten und Jungunternehmen aus dem Umfeld der Hochschule: «Jedes Projekt, in das Bühler an der EPFL investiert, muss innerhalb weniger Jahre erfolg-

Ein Leben im Dienste der Innovation: Peter Böhni ist Head Corporate Technology Value Nutrition von Bühler und jetzt auch Managing Director des Innovationssatelliten der Gruppe an der EPFL.

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reich im Markt umgesetzt werden kön-nen oder unserer Gruppe zu einer Spit-zenposition bei einer neuen Technologie verhelfen», beschreibt er die ambitiösen Ziele der Zusammenarbeit. Anders als bei der Grundlagenforschung steht die Entwicklung von marktfähigen Lösun-gen im Zentrum.

Vielversprechende Projekte identifiziertBereits in den ersten Wochen konnte er erste Kontakte knüpfen und vielverspre-chende Forschungsprojekte identifizie-ren. Als Beispiel nennt er die Sichtbar-machung von mikroskopisch kleinen Organismen wie Bakterien oder Pilzen mit der Hilfe von neuen biochemischen Technologien. «Wenn man auf einer Lebensmittelproduktionslinie mit derar-tigen Verfahren die Kontaminationen sichtbar machen könnte, liesse sich die Anlage viel zielgerichteter und effizien-ter reinigen und so die Lebensmittelsi-cherheit erhöhen», blickt Böhni voraus.

Für den Teamplayer Böhni verfügt die Zusammenarbeit über ein gewaltiges Potenzial, um die Herausfor-

Austausch mit Wissenschaftlern und Start-upsIdentifizierung von Projekten mit dem Potenzial, innerhalb von 5 bis 10 Jahren neue Geschäfts-modelle oder Lösungen zu generierenGemeinschaftliche Innovationsprojekte mit Kunden entlang der gesamten Lebensmittel- Wertschöpfungskette

WISSENSCHAFTLER MIT INDUSTRIEERFAHRUNG

Peter Böhni hat an der ETH Zürich stu-diert und am Biozentrum der Universi-tät Basel doktoriert. Weitere Stationen seiner akademischen Karriere waren die University of California in Berkeley sowie die State University of New York. Danach war er 16 Jahre lang Geschäfts- leitungsmitglied der HOCHDORF-Gruppe, bevor er 2006 als Leiter der Business Unit Nutrition Solution zu Bühler stiess.

«Meine Vision bleibt nach wie vor: mindestens 1 Mio. Menschen das Leben zu retten.»Peter Böhni

Die EPFL in Lausanne ist eine der renommiertesten technischen Hochschulen.

Die EPFL (École polytechnique fédérale de Lau-sanne) ist der Studien- und Arbeitsort von über 13’400 Personen aus 125 Ländern. Die über dem Genfersee gelegene Hochschule gilt als Geburts-stätte von wegweisenden Erfindungen wie der modernen Computermaus. Hier wurden aber auch das schnellste Segelboot der Welt oder das Solar-flugzeug Solar Impulse von Bertrand Picard entwi-ckelt. Die Westschweizer Universität ist zudem im Human Brain Project der Europäischen Union invol-viert. Im Rahmen dieses ambitiösen Forschungs-projekts sollen neue Erkenntnisse über das mensch-liche Hirn gewonnen werden.

EINE FÜHRENDE TECHNISCHE HOCHSCHULE

DAS MACHT BÜHLER AM EPFL

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derungen der Zukunft zu bewältigen. Und diese sind gross: Von 2010 bis 2060 wird eine wachsende Weltbevölkerung genau so viele Lebensmittel benötigen, wie auf der Erde zwischen 1500 und 2010 verzehrt wurden. Der industrielle Ein-satz von an der EPFL entwickelten Tech-nologien kann dazu einen Beitrag leisten. «Die Zukunft liegt in offenen Innova-tionsprozessen», ist Böhni überzeugt. Als Mann von Bühler in Lausanne wird er alles tun, um die richtigen Akteure miteinander zu vernetzen.

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Prof. Dominique Foray erforscht, wie Wissen entsteht und verbreitet wird.

Wissen – Geben und NehmenDominique Foray hat seit dem Jahr 2004 einen Lehrstuhl für Innovationsökonomie und -management an der EPFL in Lausanne. diagramm sprach mit ihm – über Voraussetzungen für erfolg-reiches  Wissensmanagement und Innovation in Unternehmen.INTERVIEW MIT PROF. DOMINIQUE FORAY

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Welchen generellen Ratschlag können Sie Unternehmen geben, um ihr Wissen für erfolgreiche Innovationen zu nutzen?Sich vernetzen, offen sein und Wissen teilen. Das ist für viele Unternehmen noch ungewohnt, wird aber in Zukunft ein immer bedeutenderer Erfolgsfak-tor, Stichwort «Open Innovation». Wer dabei nicht mitmacht, wird irgend-wann abgehängt.

diagramm: Ihr Fachgebiet ist die Inno vation. Welche Innovation hat Sie in letzter Zeit überrascht oder begeistert?Dominique Foray: Wikipedia. Das meine ich als Metapher für alle neuen Modelle, das Wissen der Welt zu sammeln und für alle Menschen kostenlos anzubieten. Jeder Nutzer trägt dazu bei, den Inhalt zu erzeugen und die Qualität zu kontrol-lieren. Ganz nebenbei hat Wikipedia ein ganzes Geschäftsmodell vernichtet. Mit Enzyklopädien wird heute kaum noch Geld verdient. Diese sind mit Wikipedia zu einer sozialen Institution geworden. Und auch zu einer demokratischen: Jeder entscheidet, welches Wissen in die Enzy-klopädie aufgenommen wird und in wel-cher Form es vermittelt wird.

Was ist denn das Innovativste, was Sie selbst bisher geschaffen haben?Ich selber betrachte mich eher als krea-tiv; was ich auf privater Ebene realisiere. Auf Englisch nennt man das «common innovation».

Was empfehlen Sie Unternehmen für ihre Innovationspraxis? Unternehmen sollten sich in einem lebendigen Umfeld verorten. Sie soll-ten Teil der Community sein, die sie umgibt. Sie sollten sich vernetzen, zum Beispiel mit Universitäten, For-schungseinrichtungen, Verbänden, und diese Beziehungen pflegen. Das Wissen liegt sozusagen in der Luft. Sie sollten sich vor allem auch überlegen, was sie selbst für die Menschen und Institutionen in ihrem Umfeld tun können. Sie sollten sich darüber im Klaren sein, welche «collective goods», also Leistungen für die Gemeinschaft, sie anbieten können. Das ist ein Geben und Nehmen. Viele internationale Konzerne in der Schweiz weigern sich, so zu handeln. Das ist schlecht.

Haben kleine oder sehr grosse Unterneh-mens aus Ihrer Sicht die besseren Voraussetzungen, um innovativ zu sein?Kleine und sehr grosse Unternehmen sind auf unterschiedliche Art und Weise innovativ. Die kleinen sind flexi-bel, undogmatisch, unbürokratisch und häufig hochgradig motiviert. Das sind gute Voraussetzungen für Innova-

tionen. Aber sie haben häufig nicht den langen Atem, um ein mögliches Schei-tern auszuhalten. Dieses Risiko ist halt immer mit Innovation verbunden. Das können grosse Unternehmen weitaus besser schaffen. Vor allem können sie eine Innovation besser im Markt durchsetzen. Es gibt gute Modelle, wie kleine und grosse Unternehmen bei Innovationen sinnvoll kooperieren.

Wie definieren Sie eigentlich Innovation? Folgen Sie der klassischen Schumpeter-Theorie?Innovation heisst erstens, eine neue Idee zu haben, und sie zweitens zu kon-kretisieren, also umsetzbar zu machen. Im Falle von Innovationen in der Wirtschaft folge ich der Schumpeter-Theorie, dass eine Innovation nur so- genannt werden kann, wenn sie sich erfolgreich im Markt durchsetzt. Aber es gibt auch soziale Innovationen, wie zum Beispiel die sogenannten «Orphan Drugs». Hier entwickelt die Pharma-industrie Medikamente gegen sehr seltene Krankheiten, für die es keinen ausreichenden Markt gibt. Das kann zum Beispiel über Public Private Part-nerships organisiert werden.

Wie können Unternehmen ihr Wissen sinnvoll managen und nutzen?Wissensmanagement ist nicht als iso-lierte Disziplin zu betrachten. Wissen entsteht aus der Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachbereiche. Eine besonders grosse Rolle spielen dabei IT und Telekommunikation. Je stärker unterschiedliches Wissen in der prak-tischen Zusammenarbeit vernetzt wird, desto besser funktioniert das Wissens- management.

Welches sind die grossen Hindernisse und auf der anderen Seite Katalysatoren für Wissensmanagement?Wenn Unternehmen versuchen, Wis-sensmanagement isoliert zu implemen-tieren, kann das nicht funktionieren, da sie nicht ganzheitlich ansetzen. Es muss mit dem praktischen Tagesgeschäft ver-bunden werden. Ein sehr wirkungsvol-ler Katalysator ist die IT-Strategie eines Unternehmens, die das Wissensma-nagement geradezu erzwingt.

WISSEN MACHT STARK / Interview

«Unternehmen sollten sich in einem lebendigen Umfeld verorten.»

PROF. DR. DOMINIQUE FORAYDominique Foray ist Professor an der Eidgenössischen Technischen Hoch-schule Lausanne (EPFL) und hat dort den Lehrstuhl für Innovationswirtschaft und -management (CEMI) inne.

Er ist Mitglied im Nationalen For-schungsrat der Schweiz sowie im Be- ratungsgremium der Konjunkturfor-schungsstelle (KOF) der ETH Zürich und ist ausländisches Mitglied des Center of Capitalism and Society der Columbia University (New York). Ferner ist er neu Mitglied der deutschen Expertenkom-mission Forschung und Innovation (EFI).

Von 2008 bis 2011 war er Vorsit-zender der Expertengruppe «Know-ledge for Growth» (Wissen für Wachs-tum) einer Gruppe aus prominenten Wirtschaftswissenschaftlern, die die Europäische Kommission berät. Im Rahmen dieser Beratergruppe entwi-ckelte er (gemeinsam mit P. A. David und B. Hall) das Konzept der «intelligen-ten Spezialisierung», heute ein wichti-ger politischer Mechanismus der EU (Kohäsionspolitik).

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Leybold Optics Dünnfilmbeschichtung für Mobilgeräte

Consumer FoodsKaffee

Grinding & DispersionFarbpigmente für Lippenstifte

Grain MillingBrot und Cerealien

Value NutritionHeimtiernahrung, Fisch- und Nutztierfutter

TECHNOLOGIEN VON BÜHLER

Rock around the clock

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Jeden Tag kommen Milliarden Menschen mit Technologien von Bühler in Berührung, um ihre Grundbedürfnisse nach Lebensmit-teln, Mobilität oder Kommunikation zu decken. Mit unseren indus-triellen Prozesstechnologien und Lösungen leisten wir einen bedeutenden Beitrag zur Welternährung mit dem Fokus auf Ernäh-rungs- und Lebensmittelsicherheit. Mit Mühlen von Bühler werden

rund 65 Prozent des weltweit geernteten Weizens zu Mehl verar-beitet. Ähnlich hoch ist der Beitrag für Reis, Nudeln, Schokolade oder Frühstückszerealien. Darüber hinaus ist Bühler ein führender Lösungsanbieter für Druckguss-, Nassmahl- und Oberflächen-beschichtungs-Technologien mit den Schwerpunkten Automobil, Optik, Elektronik, Druck, Verpackung und Glas.

Die CastingMotorblöcke und - komponenten aus Aluminium

Consumer FoodsSchokolade

Value NutritionPasta

Sortex & RiceReis

Grain LogisticsMalz

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IN KÜRZE / Bühler weltweit

Aha-Effekt erwünschtE-Mobility

Gäste aus Übersee, die Bühler in Uzwil besuchen, können sich auf ein Aha-Erlebnis gefasst machen. Ein Chauffeur erwartet sie mit einer Limousine am Flug-hafen und händigt ihnen eine Grussnote von CEO Advanced Materials Samuel Schär aus. Dieser verspricht: «Wir wol-len Sie mitnehmen zu einem Tripp in die Zukunft.» «Das kann ja jeder sagen», denken die Besucher vielleicht. Dann lesen sie, dass viele Teile der Elektro-Limousine, in der sie sitzen, mit Maschi-nen von Bühler hergestellt worden sind und dass Bühler Innovationsführer für die Produktion von Lithium-Ionen-Bat-terien ist. «Interessant», könnten die Mitfahrer feststellen. Leistungsstärkere

DRUCKGUSS-SEGMENTEGetriebeDämpferbrücke

LICHTSTARKE FARBFILTER Navigationsgerät

DÜNNFILMBESCHICHTUNGENRückleuchten-/Scheinwerfer- Reflexionsschicht Innenraum- dekorteile Frontscheibenanzeige

ELEKTRONISCHE MATERIALIENMaterialien für Lithium-Ionen-Batterien

AUTOMOTIVE BESCHICHTUNGENGrundierungBasislackKlarlack Korrosionsschutz

Wussten Sie, dass viele Komponenten dieses Elektro-fahrzeugs auf Maschinen von Bühler produziert werden?

Batterien sind immerhin ein bisher feh-lender Baustein für die Einführung von Elektromobilität im grossen Stil. Schliesslich erklärt Schär, dass er jetzt ein Geheimnis verrät. Bühler habe es nämlich geschafft, Ausrüstung zur Her-stellung von Zerealien und Snacks so zu modifizieren, dass Materialien für die nächste Generation Lithium-Ionen-Bat-terien hergestellt werden können. Dass Frühstücksflocken Kraft geben, ist nicht neu. Aber für Elektroautos? «Wow! Da muss man erst mal drauf kommen!», kommentieren manche Gäste.

Das Geheimnis für die Her-stellung von High-Performance-Lithium-Ionen-Batterien ist die Vorbereitung der

Elektroden. Mit seiner Erfahrung in der Verarbeitung von Nanopartikeln kann Bühler die Elektroden-Materialien so umwandeln, dass die Batterien leistungs-stärker werden. Darüber hinaus bietet Bühler Komplettlösungen für die Herstel-lung von Lithium-Ionen-Anoden und -Kathoden sowie Separator Slurries, ein-schliesslich der Rohstoffbeschaffung.

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IN KÜRZE / Bühler weltweit

Kein kalter KaffeeKAFFEE RÖSTEN IN INDIEN

Seit Ende letzten Jahres setzt die indi-sche Traditionsrösterei Cotha Associa-tes aus Bangalore als erster Kunde die von Bühler neu entwickelte Kaffeeröst-technologie «InfinityRoast» ein. Der InfinityRoast repliziert das Master-Röstprofil präzise und automatisch, Charge für Charge, für traditionelle Röstprofile wie auch innovative Nicht-Standard-Profile und gewährleistet so grösstmögliche Qualitätskonstanz. Die Verantwortlichen bei Cotha sind so begeistert von der innovativen Techno-logie, dass sie diese zum Gegenstand ihrer eigenen Unternehmens-PR machen und damit auf viel Interesse stossen. So nahmen an der Einweihungsfeier mit Live-Demonstration des Rösters neben dem Präsidenten des Indian Coffee Board über 70 geladene Gäste aus der indischen Kaffeeindustrie teil. Indien entwickelt sich zu einem zunehmend wichtigen Markt für Kaffee, auch wenn man den Subkontinent klassischerweise eher mit Tee verbindet. Indien erzeugt

zwar zurzeit nur rund 4 Prozent des weltweit verbrauchten Grünkaffees, ist aber dabei, kontinuierlich mehr Kaffee anzubauen – sowohl für den Eigenge-

brauch wie auch für den Export. Das liegt vor allem daran, dass Inder immer häufiger Kaffee anstatt Tee trinken.

Indien erzeugt zurzeit rund 4 Prozent des weltweit verbrauchten Grünkaffees.

Leybold Optics wird zu Bühler AlzenauUMFIRMIERUNG

Seit Anfang des Jahres 2015 firmiert die bisherige Leybold Optics GmbH aus Alzenau unter dem Namen Bühler Alzenau GmbH. Bühler hatte den Spe-zialisten und Marktführer für Techno-logien zur optischen Beschichtung im Vakuum im Mai 2012 übernommen. Mit dieser strate gi schen Akquisition beab-sichtigte Bühler, die Kompetenzen zur Herstellung funk tionaler Schichten im Bereich Advanced Materials auszu-bauen. Leybold Optics bietet weltweit gefragte Lösungen beispielsweise in den Bereichen Fein- und Brillenoptik, Auto-mobil, Architekturglas, flexible Elek-tronik sowie Lebensmittelverpackungen.

Der traditionsreiche Name Leybold Optics lebt weiter und wird sich weiterhin in den Bezeichnungen der Business Area sowie der Maschinen wiederfinden.

Bühler Alzenau steht für Technologien zur optischen Beschichtung im Vakuum.

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Anschub für junge UnternehmerBÜHLER UND MASSCHALLENGE FÖRDERN START-UP

Bühler und die Non-Profit-Organisation MassChallenge aus Boston werden in Zukunft im Rahmen des Accelorator-Programms MassChallenge Internatio-nal Bridge zusammenarbeiten. Die Part-ner beabsichtigen, vielversprechende Start-up-Unternehmen aus der Schweiz mit finanziellen Mitteln und Know-how zu unterstützen.

«Wir sind überzeugt davon, dass Mass-Challenge Voraussetzungen wie Unter-nehmergeist, Selektivität und ein Gespür für Prioritäten mitbringt und das weitere Wachstum Schweizer Start-ups ankur-beln», kommentiert Ian Roberts, CTO von Bühler. «Die Kolla boration von Mass - Challenge und Büh-ler ist symbolisch für die starke Zusammen- arbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der Schweiz im Bereich der Inno va-tion», sagte Suzan G. LeVine, US-Botschaf-terin für die Schweiz und Liechtenstein. Mass-Challenge wird von Kapitalgebern aus Unterneh-men oder öffentlichen Institutionen getragen und begleitet erfolgverspre-chende Unternehmensgründungen aus allen Branchen. Bislang haben die über 600 Unternehmen, die von MassChal-lenge gefördert worden sind, Gelder von mehr als USD 706 Mio. aufge-

bracht, Betriebseinkommen in Höhe von USD 404 Mio. erzielt und 4,800 Arbeits- plätze geschaffen.

Bühler baut seit einigen Jah-ren das professionelle Innovations-management mit dem Schwerpunkt «Collaborative Innovation» aus. Des -

halb pflegt das Un ter -nehmen Partner-schaf ten mit Hoch - schulen auf der ganzen Welt und treibt gemeinsame Entwicklungen mit seinen Mit arbei ten-den sowie Kunden und Lieferanten vo r

an. Mit MassChallenge hat Bühler nun die Chance, auch die Verbindung zu Start-ups noch enger zu pflegen. «Bühlers hervorragende Kombination aus welt-weiter Führungsposi tion, solider Leis-tung und herausragenden Innovationen wird unser globales Netzwerk zweifellos stärken», so Gründer und CEO von Mass-Challenge, John Harthorne.

Bühler CTO Ian Roberts mit Susan G. LeVine, US-Botschafterin für die Schweiz und Liechtenstein.

Bühler Tugenden sind TrumpfGROSSAUFTRAG AUS BANGLADESCH

In Bangladesch ist es eine besondere Herausforderung, alle Menschen ausreichend und sicher zu ernähren. Hier leben rund 158 Millionen Menschen, immerhin halb so viele wie in den gesamten USA. Bühler trägt in der nächsten Zeit mehr als in den letzten Jahren dazu bei, die lokale Lebensmittelindustrie auszurüsten. Neben einer Grossanlage für Reis, Linsen

und Getreidelagerung für den einheimi-schen Lebensmittelkonzern City Group aus Dhaka verkaufte Bühler im letzten Jahr fünf Weizenmühlen und ein Ge- treideumschlagterminal nach Bangla-desch. Besonders stolz ist das verant-wortliche Team darauf, die türkische

Konkurrenz gestoppt zu haben, die sich seit Jahren sehr erfolgreich auf dem asi-atischen Markt breit gemacht hat. Im letzten Jahr konnte sie jedoch keinen ein-zigen Auftrag gegen Bühler gewinnen. Mit den typischen Bühler Tugenden Präzision, Qualität und Zuverlässigkeit hatten sie unter anderem City-Group-Chef Fazlur Rahman überzeugt. «Ich wollte keine Kopfschmerzen während der Umsetzung des Projekts bekom- men, deshalb beauftragte ich Bühler», erklärt er. 72 Tonnen Reis, 25 Tonnen Atta-Mehl sowie 8,5

Tonnen rote Linsen pro Stunde wird die City Group mit der Anlage produzieren.

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Die neue Servicestation in Marokko ist verantwortlich für die nord- und westafrikanische Teilregion.

SERVICENETZ WEITER AUSGEBAUT

Ende März hat Bühler seine Service-station in Casablanca, Marokko, einge-weiht. Hier können Kunden Ersatzteile kaufen und Rollen oder ganze Maschi-nen überholen lassen. Darüber hinaus bietet der Standort Service und Inbe-triebnahme von Maschinen sowie Schu-lungen für Kunden. Die neue Service-station in Marokko ist ver antwortlich für die nord- und westafrikanische Teil-region. Weltweit verfügt Bühler über 80 Servicestationen, allein im Jahr 2014 wurden 12 neue Stationen eröffnet. Ende April nimmt eine weitere in Pakistan ihren Betrieb auf. Weitere Servicestatio-nen sind geplant.

Neuer Bühler Standort in Marokko

Kluge Köpfe für neue IdeenINNOVATIONSBEIRAT

Um den Innovationsbereich von Bühler durch neue Kompetenzen, Sichtweisen und Erfahrungen zu stärken, hat das Unternehmen einen Innovationsbeirat ins Leben gerufen. Seine Mitglieder sind international anerkannte Führungs-köpfe für Innovation und verschiedene Spezialgebiete. Mit ihrer Unterstützung will Bühler Prozesse optimieren, neue Technologien einführen und Innova-tionszyklen verkürzen. Darüber hinaus verwaltet der Innovationsbeirat den Urs Bühler Innovation Fund. Das Gremium besteht aus Urs Bühler, Hal Gurley, Mat-thias Kaiserswerth und Ed Steinfeld und trifft sich viermal jährlich an ver-schiedenen Standorten der Bühler Welt.

Hal Gurley bekleidet seit zehn Jahren leitende Positionen bei Cisco. Derzeit ist er Managing Director von Cisco Schweiz und verantwortet den weltweiten Bereich Cisco Cloud/Net-work Systems. Anfang der 1980er-Jahre hatte er das Spezialsoftware-Unterneh-men Automation Intelligence gegründet und im Jahr 1993 verkauft. Anschlies-

send war er als CTO bei SIG tätig und leitete später das Internet/IP-Geschäft von Swisscom. Gurley hält einen Ab - schluss in Elektrotechnik vom Georgia Institute of Technology und einen Exe-cutive MBA vom IMD Lausanne.

Matthias Kaiserswerth ist Direktor des weltbekannten IBM Research Centre nahe Zürich. Zuvor lei-tete er die Software- und Sicherheitsfor-schung des IBM TJ Watson Research Centre, wo IBM gemeinsam mit Kunden Lösungen für die Zukunft entwickelt.

Kaiserswerth erwarb einen Master in Computer Science an der McGill Univer-sity in Montreal und eine Promotion an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen, wo er seither als Honorar-professor tätig ist.

Ed Steinfeld ist Experte für China-Studien. Er ist Professor für Poli-tikwissenschaften und Direktor der China Initiative an der Brown University in Providence, USA. Davor war er in der politikwissenschaftlichen Abteilung des MIT beschäftigt. Steinfeld lebte viele Jahre in China und ist Autor mehrerer Publikationen und Bücher zu Themen wie Innovation, Technologie und technischer Wandel. Er hält einen Bachelor- und Mas-terabschluss sowie einen PhD von der Harvard University.

«Innovationsquartett» berät Bühler.

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Der blaue Himmel von PekingDie fortschreitende Urbanisierung in China stellt die Bauindustrie bei der Errichtung energieeffizienterer Gebäude vor immer grössere Heraus-forderungen. Das Low-E-Glas von Jinjing kann die Wärmedämmung erheblich verbessern.VON JUSTUS KRÜGER (TEXT) UND RAFFAEL WALDNER (FOTOS)

KLIMASCHUTZ UND WÄRMEDÄMMUNG

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Ein ungewohntes Bild: Im Pekinger Vorort Yizhuang wimmelt es für gewöhnlich von Arbeitenden, Büro-personal und Lastwagen. Yizhuang ist ein Indus- triegebiet, das 45 Fahrminuten südöstlich des Stadtzentrums entfernt liegt. Heute, Anfang No- vember 2014, herrscht allerdings Ruhe im Ort, der beinahe menschenleer wirkt. Die Produktion steht still. Auf den Strassen kaum ein Fahrzeug. Der Grund: in Peking und den angrenzenden Gegenden wurden vorübergehend die Fabriken geschlossen, um den berüchtigten Smog über der chinesischen Hauptstadt für ein paar Tage zu verringern. Und die Massnahme hat gefruchtet. Doch während die Einwohner Pekings den blauen Himmel geniessen, sind langfristigere Massnahmen erforder-lich, die Chinas wirtschaftlichen Erfolg ökologisch nachhaltiger machen müssen. Natürlich sind sich Regierung und Privatunternehmen dessen bewusst. Eines der Unternehmen, das in dieser Angelegenheit aktiv wird, ist der Glashersteller Jinjing.

Energieeinsparungen ganzer Kraftwerke.Xu Jun, Technology Manager für die Glasherstel-lung im Unternehmen, ist einer der wenigen Mitar-beitenden, die während des Antismog-Betriebs-unterbruchs im Jinjing-Werk in Pekings Vorort anwesend sind. «Normalerweise arbeiten in diesem Werk um die 60 Mitarbeitende», sagt er. «Der Betriebsunterbruch wird nun für die Durchführung von Wartungsarbeiten genutzt.» Das Werk in Yizhuang, das Anfang November so ruhig dasteht, ist in der Regel einer der Hauptproduktionsstandorte des Unterneh-mens. Herzstück der Anlage ist eine grosse, hoch-moderne Glasbeschichtungsanlage mit dem Namen LEYBOLD OPTICS GLC Serie H (ehamals Apollon). Insgesamt misst der Anlagenteil mit der Leybold Maschine über 100 Meter in der Länge und füllt damit eine komplette Werkshalle aus. «Wir produ-zieren allein in diesem einen Werk in Peking jähr-lich Millionen von Quadratmetern Low-E-Glas», erklärt Xu Jun.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Low-E-Glas

«Low-E» steht für «niedriger Emissionsgrad» und bezieht sich auf die Isolationseigenschaften von Glas. Je niedriger der Emissionsgrad ist, desto bes-ser sind die aus diesem Glas gefertigten Fenster gegen Wärmeverluste isoliert. Die jährlichen Energieeinsparungen, die sich allein mit dieser einen Leybold Maschine von Jinjing durch das hergestellte Low-E-Glas erzielen lassen, wirken sich bereits deutlich aus: Sie entsprechen einem wesen t lichen Teil der jährlichen Energieproduk-tion eines gesamten Kernkraftwerkes.

«Genaue Mengen lassen sich nur sehr schwer abschätzen», weiss Xu Jun. Der Grund dafür ist, dass der Emissionsgrad eines Gebäudes neben der Glasqualität von zahlreichen weiteren Faktoren beeinflusst wird: In welchem Verhältnis steht die Fensterfläche zur Gebäudeoberfläche? Aus welchen Baustoffen bestehen die Wände? «All diese Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle», ergänzt Xu Jun. «Es steht jedoch fest, dass sich Low-E-Glas grundsätzlich äusserst positiv auf die Energieeffizi-enz auswirkt.»

Neue Städte für Hunderte von Millionen MenschenDies gilt insbesondere in China. Immobilien, und damit auch das Baugewerbe, sind ein ganz wesent-licher Faktor der chinesischen Gesamtwirtschaft. Und daran wird sich mit ziemlicher Sicherheit so schnell nichts ändern. Grund dafür ist der anhal-tende Megatrend zur Urbanisierung, der China auch in den kommenden Jahrzehnten bestimmen wird. Neben dem Wachstum der bestehenden Städte plant die chinesische Regierung seit dem ver-gangenen Jahr den Bau neuer Städte von Grund auf, um die Unterbringung von circa 120 Millionen Mi -granten aus den ländlichen Gebieten zu gewährleis-ten – und das alles innerhalb der nächsten zwölf Jahre. Die Urbanisierung Chinas bedeutet für Jin-jing ein gutes Geschäft. «Wir konnten Wachstums-raten von jährlich bis zu 80 Prozent beobachten», sagt Dr. Ji Yalin, Deputy General Manager der Jin-jing Group in Peking. «Inzwischen hat sich das Wachstum verlangsamt.» In diesem Zusammen-hang mutet das Wort «verlangsamt» allerdings erstaunlich an: «Zuletzt konnten wir Wachstums-raten in Höhe von jährlich 20 Prozent verzeichnen», fügt er hinzu.

Durch den immensen Umfang des Städ-tebaus in China kommt dem Wachstum der Städte nicht nur eine wirtschaftliche Bedeutung zu. Es ist zudem einer der wichtigsten Faktoren für die öko-logische Nachhaltigkeit des Landes. Beschichtetes Glas spielt für die Errichtung von Gebäuden und demzufolge für die höhere Energieeffizienz der Städte eine entscheidende Rolle. Und auf diesem Gebiet ist Jinjing seiner Konkurrenz einen Schritt voraus.

«Für die Isolierung des Glases werden dünnste, unsichtbare Silberschichten auf die Glasscheiben auf­getragen. Die Beschichtung wird Atomlage für Atomlage aufgebaut.»Xu Jun

Berühmte Gebäude mit Glas der Firma Jinjing:

Die Jinjing Group wurde 1904 gegründet.Der Hauptsitz befindet sich in Boshan in der ostchinesischen Provinz Shandong.Die Produktionsstätte von Jinjing in Peking wurde 2013 in Betrieb genommen.10 Millionen Quadratmeter: Jahresproduktion von beschichtetem Glas bei Jinjing Peking.33 Millionen Weight Cases (à 50 kg) Floatglas: Jahresproduktion der Jinjing Group. Das entspricht etwa 10  Prozent der Gesamtproduktion in China.

Die Experten für beschichtetes Glas

China-Pavillon der Expo 2010 in Shanghai.

«Water Cube», das Schwimmzentrum der Olympischen Spiele 2008.

Nationalstadion «Vogelnest», der Hauptaus-tragungsort der Olympischen Spiele 2008.

Burj Khalifa Tower in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Low-E-Glas

Einfach, zweifach, dreifachFür die Herstellung von Low-E-Glas aus herkömm-lichem Floatglas werden dünnste, unsichtbare Sil-berschichten auf die Glasscheiben aufgetragen, bis die Beschichtung eine Dicke von etwa 8 bis 10 Na nometern erreicht hat. «Die Beschichtung wird Atomlage für Atomlage aufgebaut», erklärt Xu Jun. Das entscheidende Qualitätsmerkmal von Silber besteht in diesem Zusammenhang darin, dass es als Spiegel für die Infrarotstrahlung fungiert. «Die dünne Silberschicht lässt den Grossteil des sichtba-ren Lichts durch», erklärt Xu Jun, «und schottet die Scheibe gleichzeitig gegen die unsichtbare Wär-mestrahlung ab.» Auf diese Weise verbleibt die Wärme wie beabsichtigt im Inneren des Gebäudes,

«Auf den Baustellen kann es zu erheblichen Ver­zögerungen kommen, nur weil ein paar Scheiben zu Bruch gegangen sind.» Xu Jun

Die Glasbeschichtungsanlage Leybold Optics GLC Serie bildet das Herzstück der Anlagen von Jinjing in Peking. Mit dieser einen Glasbeschichtungsanlage produziert das Unternehmen jährlich mehrere Millionen Quadratmeter Low-E-Glas.

während sich die Beschichtung – solange sie dünn genug ist – nicht wesentlich auf die Lichtdurch-lässigkeit auswirkt. Die heute gängigste Form dieses Glases nennt sich «Single Low-E-Glas», wobei es sich um einfach silberbeschichtetes Glas handelt. Das Isolationsvermögen des Glases lässt sich durch die Ergänzung einer zweiten oder dritten Lage allerdings noch deutlich erhöhen – so entsteht «Double bzw. Triple Low-E-Glas».

KonkurrenzlosDie Einfach-, Zweifach- oder Dreifachbeschichtung stellt allerdings für die Hersteller, die das Glas zur Erhöhung von dessen Langlebigkeit oder beim Zuschneiden für den Einbau in Gebäuden bearbei-ten, unter Umständen eine besondere Herausfor-derung dar. In der Regel kann die Beschichtung nämlich erst nach der Verarbeitung des Glases auf-gebracht werden. Dies führt unter Umständen zu einem echten Problem. «Auf den Baustellen kann es zu erheblichen Verzögerungen kommen, nur weil ein paar Scheiben zu Bruch gegangen sind», erklärt Ingenieur Xu Jun im leeren Werk. «Die Baufirma muss ihre Lieferanten kontaktieren, und diese wen-

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Low-E-Glas

Die Silberbeschichtung wird in einer Vakuumkammer aufgetragen. Hierbei werden Dicken von 8 bis 10 Nanometern bzw. etwa 80 Atomlagen erreicht.

ARCHITEKTURGLAS EFFIZIENT BESCHICHTEN

Thermische Schutzschichten auf Architekturglas leisten einen wichtigen Beitrag zur Energieeffizienz und zum Schutz der natürlichen Ressourcen. Bühler Leybold Optics ist ein Weltmarktführer für Dünn-schichttechnologie und spezialisiert unter anderem auf die Herstellung von grossflächigen Beschich-tungssystemen. Die LEYBOLD OPTICS GLC Serie H ist ein Hochvakuum-Beschichtungssytem, das spe-ziell für die Architekturglasbeschichtung entwickelt wurde. Beim Sputter-Prozess wird ein Beschich-tungsmaterial ionisiert auf dem Substrat wie etwa Architekturglas abgelagert. Typische Anwendungen

sind Sonnenschutz-, Antireflexions- sowie Einzel-, Doppel- oder Dreifach-Wärmeschutz-Beschichtun-gen (Low-E). Die Maschine kann Substrate von 2590 oder 3300 Millimetern Breite verarbeiten und lässt sich individuell für die jeweiligen Produktions-anforderungen konfigurieren. Dank fortschrittlichen Technologien ist sie zudem besonders produktiv und kostengünstig im Betrieb. So hat beispielsweise der Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Sub-straten einen massgeblichen Einfluss auf die effizi-ente Nutzung des Beschichtungsmaterials. Bei der Leybold Anlage beträgt der Abstand zwischen zwei

Substraten nur noch 30 Millimeter. Gegenüber konventionellen Lösungen mit einem Abstand von 100 Millimetern wird deutlich weniger Beschich-tungsmaterial benötigt.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Low-E-Glas

den sich wiederum an die Firma, die das Glas her-gestellt hat, um von ihr die neuen Scheiben in der erforderlichen Grösse zu beziehen. Es muss also alles von Grund auf neu gefertigt werden, nur um eine zerbrochene Scheibe zu ersetzen. Das kann Wochen, in Ausnahmefällen sogar Monate dauern.»

Kunden von Jinjing kennen dieses Prob-lem nicht. Die Leybold Glasbeschichtungsanlage kann sogenanntes «temperbares» Low-E-Glas mit Einfach-, Zweifach- oder Dreifachbeschichtung produzieren. Das bedeutet, dass die Glasscheiben, um deren mechanische Eigenschaften positiv zu beeinflussen, auch nach dem Auftragen der Be- schichtung thermisch behandelt werden können, ohne dass die Beschichtung selbst dabei Schaden nimmt. «Das hört sich sehr kompliziert an, stellt aber einen entscheidenden Vorteil dar», weiss Xu Jun. «Auf diese Weise können unsere Kunden die beschichteten Glasscheiben nach Bedarf bearbei-ten. Ein Beispiel ist der schnelle und unkomplizierte

Die Anforderungen an die Energieeffizienz in China steigen. Jinjing ist gut aufgestellt, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

Austausch von zerbrochenem Glas.» Das verschafft Jinjing einen klaren Wettbewerbsvorteil. «Viele Unternehmen in China sind in der Lage, dieses Ver-fahren für einfach beschichtetes Low-E-Glas anzu-wenden», sagt Xu Jun weiter. «Nur wenige Unter-nehmen können das Verfahren auch für zweifach beschichtetes Low-E-Glas anbieten. Für dreifach beschichtetes Glas gibt es keinen einzigen Anbieter. Wir sind in diesem Bereich die einzigen.» Diese Tat-sache war massgeblich für Jinjings Entscheidung über die Investition in eine Leybold Glasbeschich-tungsanlage. «Für uns war das ein bedeutender Faktor», erklärt Dr. Ji. Yalin «Bisher sind wir auf diesem Gebiet konkurrenzlos.»

Steigende Anforderungen.Dies ist umso wichtiger, da die Effizienzanforde-rungen für Gebäude in China mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit weiter steigen wer-den. «Bislang ist Low-E-Glas mit einer einfachen Beschichtung in China die gängigste Form von Low-E-Glas», erklärt Dr. Ji. «Das wird sich höchst-wahrscheinlich ändern.» Der Wettbewerbsvorteil von Jinjing wird sich folglich erhöhen – bis andere Unternehmen gleichwertige Produkte anbieten können. Was durchaus positiv wäre, denn dadurch würde sich der Energieverbrauch insgesamt ver-ringern – und der Himmel über China würde in einem kräftigeren Blau erstrahlen.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:André HerzogProduct ManagerLarge Area CoatingBühler AlzenauT +49 6023 500-472 [email protected]

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TECHNOLOGY & SOLUTIONS / Subtheme

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Saubere NüsseTECHNOLOGIE

Das automatische Aussortieren von Nussschalen war bislang schwierig. Jetzt hat Bühler mit BioVision eine neue Erkennungstechnologie entwickelt und kann damit ganzheitliche Lösungen für die Nusssortierung anbieten.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / BioVision

Nüsse schmecken nicht nur gut, sie sind erst noch gesund. Durch ihren hohen Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren senken die Schalen-früchte nachweislich den Cholesterinspiegel im Blut, stabilisieren den Zuckerwert und mindern sogar das Risiko von Herzkrankheiten. Kein Wun-der, tauchen sie bei immer mehr Menschen auf dem Speiseplan auf. «Von der Walnuss über die Hasel-nuss bis zur Mandel ist allen Sorten gemein, dass nur der von einer harten Schale umgebene Kern für den Verzehr ge eignet ist. Deshalb müssen Schalen und Schalenreste nach der Spaltung sorgfältig ent-fernt werden», wie Charith Gunawardena, Head of Business Unit Optical Sorting von Bühler, erklärt. Wichtig ist eine verlässliche Aussortierung der Schalen vor allem dann, wenn die Nüsse zu Snacks oder Süsswaren weiterverarbeitet werden. Schalen-reste stellen nämlich beim Verzehr ein beträchtli-ches Gesundheitsrisiko dar.

Um grosse Mengen von Rohprodukten wie Schalenfrüchte oder Erdnüsse zu reinigen, haben sich optische Sortierer als besonders effizi-ent erwiesen (s. Kasten nächste Seite). Mit solchen Anlagen können Fremd körper punktgenau erfasst und entfernt werden. Aber auch in Form oder Farbe mangelhafte sowie verunreinigte Exemplare lassen sich problemlos aussortieren. Optische Sortierer er möglichen den Produzenten, die strengen regu la-tori schen Vorschriften im Bereich der Lebens-mittelsicherheit sowie die steigenden Hygienean-forderungen der Konsumenten zu erfüllen.

Aussortieren der Schalen war bisher schwierigBesonders schwierig ist in der Praxis jedoch das Aussortieren der Schalen von Mandeln. «Der Grund dafür ist, dass es Dutzende verschiedene Varietäten von Mandeln gibt, die sich farblich jeweils unter-scheiden. Dies hatte zur Folge, dass mit den bisher erhältlichen Sortierlösungen die Einstellungen der Anlagen bei Produktwechseln jedes Mal leicht angepasst werden mussten», beschreibt Gunawar-dena die Ausgangslage. Die grossen Produzenten waren deshalb auf der Suche nach einer Lösung, mit der sie verschiedene Mandelvarietäten in nur einem Durchgang verarbeiten können und mit der sich mehrere Sorten hintereinander mit der gleichen Einstellung prozessieren lassen.

BioVision nutzt Unterschiede in der spektralen SignaturBühler nahm dieses Kundenbedürfnis zum Anlass, um ein grundlegend neues Erkennungssystem für das Aussortieren von Mandelschalen zu entwi-ckeln. Am Anfang standen umfassende Analysen des Spektrums von Nüssen und Schalen. Dabei haben die Ingenieure festgestellt, dass Kerne und

BioVision kann mehrere Varietäten von Mandeln gleichzeitig sortieren.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / BioVision

Schalen von Mandeln über verschiedene spektrale Signaturen verfügen. Sie unterscheiden sich also geringfügig in ihrem spezifischen Reflexionsver-halten. Die beobachteten Unterschiede traten bei verschiedenen Varietäten von Mandeln gleicher-massen auf. «Die BioVision-Erkennungstechnologie nutzt diese spektralen Eigenheiten gezielt und erlaubt deshalb eine effizientere Sortierung als bis-her», führt Gunawardena aus. Weil das optische Verfahren sehr leistungsfähig ist, lassen sich selbst kleinste Schalenfragmente identifizieren und ent-fernen. Die spektralen Unterschiede treten übrigens nicht nur bei Mandeln, sondern auch bei anderen Schalenfrüchten wie Haselnüssen oder Walnüssen auf. Die BioVision-Technologie soll deshalb künftig auch für das Aussortieren der Schalen bei anderen Sorten eingesetzt werden.

Für jeden Produzenten die optimale LösungIn ersten Tests hat das neue Verfahren seine Leis-tungsfähigkeit bereits eindrücklich unter Beweis gestellt: Bis zu zehn Varietäten von Mandeln konn-ten damit gleichzeitig sortiert werden, ohne dass die Einstellungen der Anlage geändert werden mussten. Die innovative Technologie wird in Kürze in die neue SORTEX E BioVision integriert. Eine ent sprechende Anlage liesse sich dann im Verarbeitungsprozess direkt nach der Spaltung der Nüsse platzieren. BioVision kann aber auch in Kombination mit anderen Erkennungsverfahren eingesetzt werden, falls zusätzlich Fremdkörper oder schadhafte Früchte aussortiert werden sol-len. «Bühler ist in der Lage, die neue Technologie sowohl für kleinere als auch für grössere Verar-beiter zu adaptieren und eine für die jeweilige An wendung optimierte Sortierlösung zusammen-zustellen», wie Guna wardena festhält.

(InGaAs) Defekte orten können, die sich farblich nicht vom Produkt unter-scheiden, aber eine andere optische Signatur besitzen. Moderne Sortier-systeme vergleichen jedes einzelne Objekt blitzschnell mit benutzerdefi-nierten «Accept»- oder «Reject»-Krite-rien. Mangelhafte Produkte oder Fremdkörper werden mit Luftdüsen punktgenau entfernt. Selbst bei hohem Durchsatz kann so eine konstante Qualität des Endprodukts und eine minimale Fehlerquote erreicht werden. Bühler Sortex ist seit 1947 führend auf dem Gebiet der intelligenten optischen Sortiertechnologie. Weltweit befinden sich über 25’000 Maschinen des Unternehmens im Einsatz.

Bei der Verarbeitung von Rohproduk-ten wie Kaffee, Getreide oder Hülsen-früchten müssen extrem grosse Men-gen bewältigt werden. Trotz viel Sorgfalt bei der Ernte gelangen jedoch immer wieder Fremdkörper wie Steine oder Glassplitter in das Produkt, die sorgfältig aussortiert werden müssen. Auch in Form oder Farbe mangelhafte oder verunreinigte Exemplare gilt es zu entfernen, um die individuellen Quali-tätsstandards der Produzenten zu erfüllen und die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten. Eine manuelle Aus-sortierung durch Menschen ist aber nicht nur aufwändig und teuer, sondern vor allem auch fehleranfällig. Deshalb hat sich bei der Verarbeitung von Lebensmitteln die automatische opti-sche Sortierung mit Hilfe von Kameras oder Lasern etabliert. Je nach Art der verwendeten Sensoren und Bilderken-nungs-Software können solche Sys-teme Farbe, Grösse, Form, Struktur oder chemische Zusammensetzung der Zielobjekte unterscheiden. Chro-matische Kameras etwa erkennen kleinste farbliche Unterschiede, wäh-rend Indium-Gallium-Arsenid-Kameras

Optische Sortierung: Präzise und effizient

BioVision-Technologie: Für alle Nusssorten geeignet.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:Faisal BaigGlobal Product Manager – Optical SortingBühler Sortex Ltd. T +44 20 7055 [email protected]

ADDED VALUE +++

Effiziente Trennung von Mandelkernen und -schalenGleichzeitige Sortierung verschiedener VarietätenKeine Änderungen der Einstellungen nötigBioVision auch für andere Nusssorten adaptierbar

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Additive Manufacturing

3D-Printing hat die Lebensmittelindustrie erreicht. (Foto: dovetailed.co)

Kulinarische Höhenflüge waren im Weltall bisher nicht zu erwarten. Das könnte sich ändern. Statt Essen aus der Tube sollen den Astronauten von morgen komplette Mahlzeiten serviert werden. Möglich machts ein Nasa-Forschungsprojekt mit einem 3D-Drucker. Der soll pulverisierte Nah-rungsmittelbestandteile nach einem vom Computer geladenen Rezept tellerfertig produzieren. Mit einer irdischen Variante hat kürzlich das englische Forschungsunternehmen Dovetailed nachgelegt, in dem es den ersten 3D-Obstdrucker vorstellte. Die

neue Drucktechnologie erlaubt es, nicht nur reales Obst nachzuahmen, sondern neue Früchte zu kre-ieren: Geschmack, Textur, Grösse und Form liessen sich neu bestimmen.

Auch wenn das nicht jedermanns Ge- schmack sein dürfte – solche Meldungen lassen auf-horchen. Was bislang vor allem ein Thema für Medizintechnik oder die Automobilindustrie war, erreicht die Nahrungsmittelindustrie. Und das in zweifacher Weise: Zum einen, weil Additive Manufacturing (AM) das Potenzial hat, bislang

3D-Drucktechniken und Additive-Manufacturing-Methoden ziehen Schritt für Schritt in den industriellen Alltag ein. Akteure der Nahrungsmittelindustrie haben gleich zwei Gründe, die Entwicklung aufmerksam zu verfolgen.

Obst aus dem DruckerADDITIVE MANUFACTURING

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Additive Manufacturing

unbekannte Nahrungsmittel zu kreieren oder auf neue Art herzustellen; andererseits, weil sich für die etablierten Produktionsverfahren neue Ansatz-punkte abzeichnen, die Fertigung effizienter und flexibler zu machen. Bei Bühler sind die Experten überzeugt: «Der 3D-Druck wird die Art und Weise, wie wir Geschäfte künftig betreiben und mit unse-ren Lieferanten und Kunden zusammenarbeiten, massiv beeinflussen», sagte etwa Chief Technology Officer (CTO) Ian Roberts. In Uzwil wurde der erste 3D-Drucker schon vor zwei Jahren angeschafft. Buchstäblich über Nacht werden seitdem dreidi-mensionale Gegenstände ausgedruckt, die mit kon-ventionellen Technologien sehr viel zeitaufwen-diger hergestellt werden mussten.

Ersatzteil aus dem DruckerDas Prinzip ist einfach: Spezielle Kunststoffe wer-den Schicht für Schicht aufgetragen, härten schnell aus und bilden die Grundlage für die nächste Schicht. So «wächst» Stück für Stück ein dreidi-mensionaler Gegenstand, den es vorher nur als 3D-CAD-Modell gab. Bei der Entwicklung von Pro-totypen hat sich die Technologie bereits bewährt. Mit dem sogenannten Additive Manufacturing las-sen sie sich schneller und günstiger entwickeln.

Jetzt geht das Verfahren in die nächste Runde: Immer schneller, kleiner und leistungsfähi-ger werden die 3D-Drucker; Fachleute von Siemens prognostizieren, dass sich die Herstellkosten für Additive Manufacturing in den kommenden fünf Jahren halbieren und sich die Produktionsgeschwin-digkeit vervierfacht. Und immer mehr Materialien werden erprobt – neben Kunststoffen vor allem

FUNKTIONSWEISE VON ADDITIVE MANUFACTURING

Additive Manufacturing ist eine umfassende Bezeichnung für Verfahren zur schnellen und kostengünstigen Fertigung von Modellen, Mustern, Prototypen, Werkzeugen und Endproduk-ten. Diese Fertigung erfolgt direkt auf der Basis der rechner-internen Datenmodelle aus formlosem (Flüssigkeiten, Pulver und Ähnliches) oder formneutralem (band-, drahtförmig) Material mittels chemischer und/oder physikalischer Prozesse. Der Ein-satz dieser Verfahren, zu denen unter anderem Stereolitho-grafie, selektives Laserschmelzen, 3D-Printing und Kaltgas-spritzen gehören, ist heute wirtschaftlich einsetzbar für die Fertigung kleiner Bauteile in grösseren Stückzahlen, für Uni-kate bei Schmuck oder in der Medizin- und Dentaltechnik sowie der Kleinserienfertigung oder Einzelfertigung von Teilen mit einer hohen geometrischen Komplexität, auch mit zusätz-licher Funktionsintegration.

In den letzten Jahren wurden die Anwendungsgebiete für diese Fertigungsverfahren, die sich am Anfang auf das Her-stellen von Modellen und Prototypen – daher der Begriff Rapid Prototyping – konzentrierten, auf weitere Felder ausgedehnt. Dazu zählen:– der Einsatz als Prototyp: Rapid Prototyping.– der Einsatz als Werkzeug: Rapid Tooling.– der Einsatz als Fertigteil: Additive Manufacturing.

In Verbindung mit weiteren modernen Technologien wie zum Beispiel dem Reverse Engineering (Digitalisieren), dem CAD, der virtuellen Realität sowie heutigen Verfahren des Werkzeug-baus wird die Verfahrenskette innerhalb der Produktentwick-lung auch als Rapid Product Development bezeichnet. Weiter-hin wird durch die digitale Schnittstelle generativer Fertigungs- maschinen und deren automatisiertem Fertigungsprozess eine dezentrale, geografisch unabhängig verteilte Produktion ermöglicht (Cloud Producing).

Komplexe Komponenten aus dem Drucker.

Quelle: Wikipedia

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Additive Manufacturing

ADDED VALUE +++

Hohe Integration von Funktionen in einem BauteilHohe geometrische Flexibilität von BauteilenGeringer MaterialeinsatzSchnellere ProduktentwicklungDezentrale Fertigung

Weitere Informationen erteilt:Patrik HöggerLeiter Entwicklungs-und Servicecenter+41 71 955 32 [email protected]

Metalle. Das interessiert auch Bühlers Produktions-chef Holger Feldhege: «Die Technologie bietet eine einzigartige Möglichkeit Lösungen zu schaffen, die bislang mit herkömmlichen Fertigungsverfahren nicht realisierbar sind», sagt der Leiter Division Manufacturing & Logistics. Bauteile, die früher aus dutzenden von Einzelteilen aufwendig montiert und in Zwischenschritten auf Qualität geprüft werden mussten, könnten so in einem Stück gefer-tigt werden, so Feldhege. Noch in diesem Jahr sol-len die ersten Teile serienmässig eingebaut werden. Schon in einigen Jahren könnte auch die Ersatzteil-bestellung über den Drucker erfolgen, hofft Patrik Högger, Leiter des Entwicklungs- und Service- centers.

Qualitätssprung in der ProduktionIn der Produktion werden flussoptimierte Geome-trien ohne Ecken und Kanten sogar für einen echten Qualitätssprung sorgen, prophezeit Mirko Meboldt, Professor für Produktentwicklung und Konstruk-tion an der Eidgenössischen Hochschule in Zürich (ETH). In den Düsen und Rohren bleibt weniger Teig, Pasta oder Schokolade hängen. Wenn durch eine neue Technologie 10 Prozent eingespart wer-den, ist das revolutionär, so Meboldt. Ausserdem lassen sich die Geräte besser reinigen. Auch das spart Zeit und Geld.

Einer der grössten Produktionsvorteile dürfte die Temperaturkontrolle sein, die vor allem in der Nahrungsmittelindustrie eine Rolle spielt. Mit der neuen Technologie können Kühlkanäle direkt in die Düsen eingebaut werden, die direkt vor Ort Wärme abführen.

Bauraumreinigung: Metallpulver bedeckt den Boden des Druckers, das nach dem Drucken entfernt werden muss.

Kürzere Entwicklungszeiten, niedrigere Produkti-onskosten und bessere Qualität – das Potenzial ist riesig. Allerdings sei man sich bewusst, dass auch andere mit der Technologie arbeiten, so CTO Ian Roberts. «Deshalb sind wir offen für Diskussionen, Kooperationen und Partnerschaften.» Mit der ETH in Zürich gibt es bereits eine Kooperation. In einem internen Wettbewerb wurden konzernweit Ideen für praktische Anwendungen gesammelt. Rund zehn Vorschläge sind so vielversprechend, dass sie weiterverfolgt werden sollen. «Bühler hat gute Ideen und ist früh dran», findet Meboldt.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Ernährungstrends

30 Prozent der Amerikaner meiden glutenhaltige Lebensmittel − ein Trend, der Herstellern von Weizenprodukten Sorge bereitet, aber eine Chance für glutenfreie Alternativen ist. Längerfristig könnte auch Vollkornweizen mit seinen ausgewiesenen gesundheitlichen Vorteilen profitieren.

Gluten, nein danke!

Seit 2011, als die Bücher «Wheat Belly» und «Grain Brain» («Weizenwampe» und «Dumm wie Brot») in den USA erschienen, hat sich der Trend zur gluten-freien Ernährung massiv verstärkt. Einer Mintel-Studie von 2013 zufolge wuchs der Markt für gluten-freie Produkte zwischen 2011 und 2013 um 44 Pro- zent auf ein Volumen von USD 10,5 Mrd. Das dürfte die geschätzten 1–2 Prozent der Weltbevölkerung freuen, die tatsächlich an einer Glutenintoleranz (Zöliakie) leiden. Sie profitieren von dem kontinuier-lich wachsenden Angebot an glutenfreien Produk-ten. Der gesundheitliche Nutzen der Glutenvermei-dung für alle übrigen Menschen wird zurzeit heiss diskutiert. Die verfügbaren Daten belegen keinen eindeutigen Bezug zwischen dem Genuss von Gluten und dem Zusammenhang von Magen-Darm-Be-schwerden, und die Forschung zur Auswirkung von

Gluten auf weit verbreitete Krankheiten wie Adipo-sitas, Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden steht erst am Anfang. «Es gibt mehrere Theorien zur Erklärung der von den Verbrauchern beobachteten Glutensensitivität. Eine dieser Theorien geht davon aus, dass Patienten, die auf Gluten reagieren, an einer vorübergehenden Störung des Magen-Darm-Trakts leiden. Ursachen dafür können unter anderem eine unausgewogene Ernährung oder die Einnahme von Antibiotika sein. Beide Faktoren bringen die Magen-Darm-Flora potenziell aus dem Gleichgewicht. Jüngste Studien legen einen Zusammenhang zwi-schen der Zusammensetzung der Darmflora und einer Reihe von Volkskrankheiten wie Übergewicht und Diabetes nahe. Welche Rolle einzelne Bestand-teile von Getreide – etwa verdauliche und unverdau-liche Fasern, aber auch Gluten – spielen, ist noch

ERNÄHRUNGSTREND

Liegt im Trend: Quinoa enthält kein Gluten.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Ernährungstrends

nicht abschliessend geklärt. «Die Auswirkungen des Gluten von den Effekten anderer Getreidebestand-teile zu trennen, ist eine Herausforderung für die Wissenschaft. Über die Wirkung einzelner Weizen-bestandteile ist bisher noch wenig bekannt. Dage-gen konnten in gross angelegten wissenschaftlichen Studien die positiven Langzeitwirkungen des Ver-zehrs von Vollkornprodukten belegt werden», sagt Dr. Nadina Müller, Leiterin Nutrition Program bei Bühler. «Bühler möchte verstehen, was die beobach-tete Glutensensitivität auslöst, um Prozesse für die Herstellung neuer Produkte entwickeln zu können. In diesen Produkten könnten beispielsweise die Wei-zenbestandteile so modifiziert werden, dass sie keine Magen-Darm-Beschwerden verur sachen, sondern das Wohlbefinden der Konsumenten sogar fördern.» Mit Blick auf dieses langfristige Ziel baut Bühler die Zusammenarbeit mit renommierten Forschungs-instituten auf. Lagern, Reinigen, MahlenWer glutenfreie Nahrungsmittel herstellt, muss die gesamte Lieferkette, vom Getreideanbau bis zum Handel, kontrollieren und zertifizieren. Glutenfreie Produkte können mit den bewährten Lösungen von Bühler gelagert, gereinigt und gemahlen werden. Glutenhaltige und glutenfreie Rohstoffe müssen während des Transports, im Lager und während der Verarbeitung unbedingt getrennt werden, damit eine Kreuzkontamination ausgeschlossen ist.

Samen werden in der Regel nur dann als «glutenfrei» zertifiziert, wenn der Glutenanteil nicht mehr als etwa 1 Prozent beträgt. Trotz aller Vorsichtsmassnahmen lässt sich eine geringe Kreuz-kontamination von wenigen Prozent meist nicht vermeiden. Ende 2014 führte Bühler seine neue SORTEX-A- Linie ein. Wie die bewährten SORTEX-Geräte lassen sich die optischen SORTEX-A-Sor-tierer mit einer Farberkennung und der starken InGaAs-Technologie ausrüsten. Diese sortieren glu-tenhaltige Körner nach Farbe, Form und Grösse aus. In eine vorhandene Reinigungsanlage von Bühler integriert, können SORTEX-A-Geräte je nach Roh-stoffqualität den Glutengehalt im Getreide auf unter 1 Prozent reduzieren.

Trendprodukt Quinoa Quinoa liegt zurzeit sehr stark im Trend – ob als gesundes Lebensmittel, als Zutat in Pastamehl oder in Frühstückscerealien. Das aus den Anden stam-mende, hirseähnliche Korn gilt als sehr gesund, da es viel Eiweiss und zahlreiche Mineralien, vor allem Magnesium und Eisen, enthält. Die Körner müssen allerdings zunächst aufbereitet werden, da ihre Schale einen Bitterstoff enthält, der die Pflanze gegen Insekten schützt. In Peru wäscht man Quinoa traditionell in grossen Stoffsäcken im Fluss. Für die industrielle Entschalung bietet Bühler eine vertikale Schälmaschine an, mit der die Schalen trocken ent-fernt werden können. Zur weiteren Verarbeitung des Korns hat Bühler unter anderem Extrusionsanlagen

WAS IST GLUTEN?

Gluten ist ein Stoffgemisch aus verschiedenen Proteinen. Techno-logisch ist Gluten aufgrund seiner netzwerkbildenden Eigenschaf-ten von Bedeutung. Dies erlaubt beispielsweise die Ausbildung eines Teiggerüstes und damit das Backen von Brot in Form eines Laibs mit Lufteinschlüssen und ist für das Zusammenhalten und die Al-dente-Textur von normaler Pasta verantwortlich.

Die bekanntesten Körner, welche kein Gluten enthalten und bei der Beachtung aller Vorschriften zertifiziert werden können, sind Mais, Reis, Hirse, Sorghum, Quinoa und in einigen Ländern Hafer. Auch Hülsenfrüchte enthalten kein Gluten.

Bei glutenfreier Pasta gibt qequollene Stärke die Struktur.

Die Struktur herkömmlicher und glutenfreier Pasta

ReispastaWeizenpasta

Konventionelle Pasta Glutenfreie Pasta

Ein Proteingerüst (Gluten)gibt der Pasta ihre Struktur.

Die Stärke- körner sind in das Proteingerüst eingebettet.

Protein ist in die gequollene Stärke eingebettet.

GequolleneStärkegibt der Pasta ihre Struktur.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Ernährungstrends

diagramm: Welche wichtigen Fakten zum aktuellen Trendthema «glutenfreie Ernährung» sollten wir kennen?Fred Brouns: In Amerika fragen über 40 Prozent der Menschen nach gluten-freien Produkten. In Australien sind es ungefähr 15 Prozent. In Europa steigt die Zahl der «Glutenmeider» – genaue Zahlen liegen allerdings nicht vor. In den Niederlanden liegt die Zahl laut vorläufigen Angaben bei etwa 15 Pro-zent. Jedoch leiden nur 0,7 bis maximal 2 Prozent der Weltbevölkerung unter Zöliakie, und bei weiteren 2 Prozent wird in einem Pricktest eine Glutenun-verträglichkeit nachgewiesen. Vorstu-dien zufolge reagieren 30 Prozent der Personen mit Reizdarm-Syndrom posi-tiv auf die Vermeidung von Weizenpro-dukten. Dies entspricht weiteren 5 Pro-zent der Bevölkerung. Insgesamt profitieren also 8–9 Prozent der Bevöl-kerung von einer weizenfreien Ernäh-rung, d. h. ein wesentlich geringerer Anteil als die Zahl der Glutenmeider. Fragt man den restlichen Teil der Bevölkerung, warum er auf glutenhal-tige Lebensmittel verzichtet, so wird mehr als die Hälfte der Befragten ant-worten, dass eine weizenfreie Ernäh-rung gesünder sei. Meist beziehen sich die Befragten dabei auf die Empfehlung eines Familienmitglieds oder Informa-tionen aus Fernsehen und Internet. Es liegen keine Daten vor, die bestätigen, dass Personen ohne medizinische Beschwerden (Zöliakie, Allergie), Wei-zen oder Gluten vermeiden sollten. Wenn aber viele Menschen davon be- richten, dass sie sich besser fühlen, sollten wir versuchen, die Ursache nachzuvollziehen? Handelt es sich um eine tatsächliche Wirkung oder einfach um Erwartungen, d. h. psychologische Faktoren?

Wissen Personen, die Gluten in ihrer Ernährung aus nichtmedizinischen Gründen vermeiden, was Gluten ist?Nein, in der Regel haben die meisten Verbraucher keine Ahnung, was Gluten ist. Behaupten aber viele Leute in Ihrem Umfeld, dass «etwas schlecht

für Sie ist», fangen Sie an, das zu glau-ben. Dieses Phänomen nennt man Nocebo-Effekt (das Gegenteil des Pla-cebo-Effekts). Wenn Ihnen jeder er-zählt, dass ein bestimmtes Lebensmit-tel nicht gut für Sie ist, fühlen Sie sich automatisch besser, wenn Sie dieses Lebensmittel von Ihrem Speiseplan streichen.

Sind Sie der Meinung, dass künftig also wieder mehr Weizen gegessen wird?Es gibt keinerlei Erkenntnisse, die bestätigen, dass die allgemeine Bevöl-kerung keinen Weizen essen sollte. In einer kürzlich durchgeführten, sehr gross angelegten Studie (>100’000 Teil-nehmer) wurden die gesundheitlichen Auswirkungen des Verzehrs von Voll-korngetreide (das hauptsächlich aus Weizen besteht!) untersucht. Der Stu-die zufolge wirkte sich der Verzehr positiv auf Herz, Diabetes- und Darm-krebsrisiko aus. Wir haben keine An - haltspunkte dafür, dass der Verzehr von Weizen zu Übergewicht und Dia-betes führt. Vollweizen- und andere Vollkornweizen sind eine wichtige Quelle für Ballaststoffe und Minera-lien, wie zum Beispiel Magnesium und Zink, und gehören deshalb zur tägli-chen gesunden Ernährung dazu.

Ich schätze, dass die wohl-tuende Wirkung einer glutenfreien Diät auf die Bevölkerung, die dem Trend aufgrund des Nocebo-Effekts folgt, in zwei bis drei Jahren verschwin-den wird, wie es ähnlich auch bei ande-ren Ernährungstrends wie Atkins und Montignac der Fall war. Ich gehe davon aus, dass der Anteil der Bevölkerung mit weizenglutenfreier Diät in naher Zukunft 10–12 Prozent der Gesamtbe-völkerung ausmachen wird.

Trotz allem hat das aktuelle Interesse auch etwas Gutes! Damit wird unglaublicher Druck auf die Lebensmittelindustrie ausgeübt, die schmackhafte, glutenfreie Produkte herstellen muss! Für Personen, die wirklich lebenslang auf eine gluten-freie Diät angewiesen sind, ist dies eine erfreuliche Entwicklung.

PROF DR. FRED BROUNSFred Brouns promovierte in Ernäh-rungsphysiologie an der Maastricht University in den Niederlanden. Er ver-fügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung im Bereich Biowissenschaften und Health Nutrition und war Leiter für F&E-Aufgaben bei Wander Dietetics, Sandoz Nutrition, Novartis Nutrition, Eridania Beghin Say, Cerestar Ltd und Cargill Inc, USA. Er ist Verfasser zahl-reicher Publikationen und referiert weltweit im Bereich Biowissenschaf-ten und Ernährung. Heute hat er einen Lehrstuhl in Health Food Innovation an der Faculty of Health, Medicine and Life and Sciences innerhalb des For-schungsinstituts NUTRIM-School of Nutrition and Translational Research in Metabolism der Maastricht Univer-sity inne.

Weizen ist besser als sein Ruf

Um Gluten zu vermeiden, haben viele Weizen vom Speiseplan verbannt. Prof. Fred Brouns hält dies in den meisten Fällen für unnötig.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Ernährungstrends

für die Herstellung von Cerealien im Angebot. Die Rezepturen können Quinoa oder andere glutenfreie Rohstoffe enthalten. Auch Hafer und Hülsenfrüchte sind als glutenfreie und nährstoffreiche Alternativen zu Weizen interessant. Während Hafer für seinen hohen Betaglucan-Gehalt bekannt ist, haben Hül-senfrüchte in den vergangenen Jahren vor allem als hervorragende Eiweisslieferanten und aufgrund ihres hohen Gehalts an Ballaststoffen und Mikro-nährstoffen stärkere Beachtung gefunden. Das bevorstehende Internationale Jahr der Hülsen-früchte (2016) dürfte die Nachfrage nach Produkten aus diesen Rohstoffen erhöhen. Im Rahmen einer internationalen «Arbeitsgruppe Hülsenfrüchte» hat Bühler eine ganze Reihe von Technologien für die Verarbeitung von Erbsen, Linsen & Co. entwickelt.

Glutenfreie PastaDie Nachfrage nach glutenfreier Pasta ist in den letz-ten Jahren stark gestiegen. Mit der vor mehr als zehn Jahren eingeführten Polymatik™-Presse besitzt Bühler die ideale Technologie für die Herstellung von glutenfreier Pasta. «Ursprünglich war diese Lösung als Alternative für Regionen gedacht, in denen es kaum Weizen gibt», sagt Beatrice Conde, Konzernexpertin für Lebensmitteltechnologie bei Bühler. «Es ist ein glücklicher Zufall, dass wir schon praxiserprobte Technologien im Programm hatten, als der Trend zu glutenfreien Nahrungsmitteln auf-kam. Im vergangenen Jahr verzeichneten wir einen überproportionalen Umsatzzuwachs», sagt Andreas Kratzer, Leiter der Business Unit Pasta & Noodles. Mit den flexiblen und langjährig erprobten Techno-logien von Bühler ist es möglich, sehr hochwertige

Pastaprodukte herzustellen. Als weltweit einziges Unternehmen bietet Bühler mit der Polymatik™-Presse eine Anlage an, die nicht nur glutenfreien Pastateig herstellen, sondern ihn auch formen kann. Ein weiterer Vorteil dieser Pastapresse: Sie lässt sich mit minimalem Aufwand von der Herstellung kon-ventioneller Produkte auf die Verarbeitung gluten-freier Rohstoffe umrüsten. Ausserdem beeindruckt sie mit kurzen Durchlaufzeiten und lässt sich dank ihrer First-in-first-out-Selbstreinigungsfunktion leicht reinigen, was die rasche Umstellung von einer Rezeptur auf eine andere ermöglicht.

Weitere Auskünfte erteilt:Dr. Nadina MüllerLeiterin Nutrition Program Bühler Uzwil+41 71 955 16 70 [email protected]

ADDED VALUE +++

Beratungs-Know-how entlang der gesamten WertschöpfungsketteGrosses Produktportfolio für glutenhaltige und glutenfreie Getreide sowie HülsenfrüchteSORTEX-A-Serie zur Reinigung kontaminierter KörnerVertikale Schälmaschine zur Entfernung der Schale bei QuinoaEinzigartige und etablierte Lösung zur Herstellung glutenfreier PastaForschung in Zusammenarbeit mit Wissenschaft, um Ursachen zu ergründen und Lösungen zu erarbeiten.

Die Quinoapflanze gilt als besonders gesund.Maispasta ist glutenfrei.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Retrofit

Grand Mills Abu Dhabi vermahlt 1’200 Tonnen Weizen pro Tag und versorgt die mehr als 2 Millionen Menschen im gesamten Emirat. Fällt die Mühle aus, gibt es kein Mehl in Abu Dhabi. Deshalb musste Bühler die Modernisierung in kürzest möglicher Zeit durchführen.

Es kommt auf die Minute an

Seit einigen Monaten schon diskutierten Area Manager Helmut Gerber und Jochen Schneider von Bühler mit dem Operations Director von Grand Mills, Nizar Kayali, über eine dringend notwendige Modernisierung der Grand-Mills-Mühle in Abu Dhabi. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 1999 hatte sich die Welt sehr schnell gedreht und Software sowie Steuerungen waren veraltet. Nun war es an der Zeit, die Steuerung der Anlage grundsätzlich neu aufzusetzen, einen «Retrofit» durchzuführen. Die neue Software WinCos ermöglichte jetzt ausser-dem zeitgemässe Funktionen, wie die Produktver-folgung oder die zentrale Überwachung auf dem Bildschirm. «Einverstanden», sagte Kayali, als sie die technischen Eckdaten und den Preis verhandelt hatten, «ich muss aber die Umbauphase auf 24 Stunden beschränken. Länger können wir die Produktion nicht unterbrechen.»

«Das ist ja mal eine echte Herausforde-rung», dachte Jochen Schneider. Normalerweise rechnet er für den Umbau einer derart grossen Anlage mit einer Woche Stillstandszeit, um alle Arbeiten gewissenhaft durchführen zu können. Aber Kayali wusste genau, dass er Bühler ein biss-

chen fordern und trotzdem sicher sein konnte, dass sein Geschäftspartner das Resultat in gewohnter Qualität abliefern würde. Alle Dinge, die man vorab und «nicht am offenen Herzen», also vor Ort erledi-gen musste, sparten während des Retrofits wert-volle Zeit.

Das Grand-Mills-Team rund um Nizar Kayali musste auch einen Beitrag leisten und seine Lagerhallen randvoll auffüllen sowie sämtliche Absackzellen vor der Operation mit Mehl befüllen, so dass auch während des Umbaus Bestellungen abgewickelt werden konnten.

Das Retrofit-Team reiste in Abu Dhabi an und richtete alles ein. Der Countdown lief. Am Stichtag, dem 15. Mai 2014, standen an jedem der vier Schaltschränke zwei aufeinander eingespielte Fachleute, die sich parallel um Soft- und Hardware kümmern würden. Nach zwölf Stunden wurden sie durch die Männer der zweiten Schicht abgelöst. Es war mucksmäuschenstill in den sonst lärmenden Maschinenhallen. Konzentration. Jeder Handgriff sass. Der Umbau dauerte nicht einmal 24 Stunden. Danach testeten und modifizierten sie die Para-meter, vor allem die Netz- und Notauskreise. Alle

RETROFIT BEI GRAND MILLS IN ABU DHABI

Im Wüstenstaat Abu Dhabi gibt es kaum Landwirtschaft. Die meisten Grundnahrungsmittel werden importiert.

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Retrofit

Männer sahen zu, als Kayali auf den Startknopf drückte und der erste Teil der Anlage zum ersten Mal nach dem Retrofit loslegte – und funktionierte. Im Anschluss prüften sie die neu hinzugekom-menen Prozesslinien und Erweiterungen rauf und runter, welche in demselben Umbau in Betrieb gesetzt werden konnten. Nach noch nicht einmal 48 Stunden lief die Anlage mit der neuen Steuerung stabil und hundertprozentig zuverlässig. Jochen Schneider erzählt, dass das Team immer noch sehr stolz auf den schnellsten Retrofit dieser Grössen-ordnung in der Bühler Geschichte ist.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:Silvan TrunzHead of Sales and Quotation Automation in Grain Milling+41 71 955 12 [email protected]

diagramm: Warum haben Sie das Retrofit an Ihrer Anlage vorgenommen? Welche Vorteile haben Sie sich vom Retrofit versprochen?Nizar Kayali: Das bestehende Betriebs-system war überholt und die Ersatzteile waren nicht mehr lieferbar, so dass häu-fig altersbedingte Störungen der SPS-Hardware auftraten, die zu Stillstands-zeiten der Produktionsanlagen führten. Der Mele-Remote-Support gestaltete sich als äusserst schwierig, da die Kom-munikation ausschliesslich über ISDN-Leitungen hergestellt wird. Die Support-Möglichkeiten des Bühler Teams waren dadurch begrenzt, und Techniker muss-ten vor Ort kostspielige Unterstützung leisten. Im Rahmen der Umrüstung er-hielt die Anlage ein neues Betriebssys-tem und erweiterte Funktionen, es wur-den die erforderlichen Aufrüstungen unter Berücksichtigung der Lieferbar-keit von Ersatzteilen vorgenommen und vor allem ein 24/7-Online-Support ein-

gerichtet. Zusätzlich profitiert die An - lage künftig von der Systemsicherheit der SPS S7.

Sind die Ergebnisse des Retrofits Ihren Erwartungen gerecht geworden?Das Retrofit hat alle unsere Erwartun-gen voll erfüllt: Mit dem Bühler Team verlief die Aufrüstung von der SPS S5 auf S7 bei nur minimalem Betriebsun-terbruch reibungslos.

Wie haben Sie und Ihr Team die Umbau-arbeiten durch das Bühler Team vor Ort erlebt?Uns beeindruckte die äusserst professio-nelle und gut organisierte Arbeit, die sorgfältige Planung und vor allem die pünktliche Fertigstellung des Projektes. Die Zusammenarbeit mit Bühler war insgesamt sehr kooperativ und trans - parent.

Drei Fragen an Nizar Kayali

ADDED VALUE +++

Technische Aufrüstung von WägeelektronikEinbindung von Ertragsrechner und NIR-Online-KontrollgerätTechnische Unterstützung bei Umbau und InbetriebnahmeVermahlungstechnologie gepaart mit AutomatisierungskompetenzKundendienstZuverlässigkeit und Kompetenz

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Neue Generation Centex™ T4/T5

Der wichtige chinesische Titandioxid-Markt schien bereits verloren für die Nassmahltechnik von Bühler. Schweizer Preise und chinesischer Markt passten nicht zusammen. Doch Bühler fand einen Weg, um mit neuen Ideen den Markt zurückzuerobern.

Einfach weiterdenken

Das Vertriebsteam rund um Zhao Nangang und Mark Traber zog lange Gesichter. Wieder einmal hatten sie wochenlang an einem Angebot für Rühr-werkskugelmühlen zur Feinmahlung von Titandi-oxid gearbeitet. Angefragt hatte ein aufstrebender chinesischer Kunde. Und wieder hatte ihr chinesi-scher Ansprechpartner gelächelt, bedauert und abgelehnt. «So sorry! Wir vertrauen Ihnen uneinge-schränkt und schätzen die Qualität der Anlagen von Bühler. Aber wir können diese Preise einfach nicht bezahlen.» Dabei hatten Mark Traber und sein Team die Kosten mit einem sehr spitzen Bleistift zusammengestrichen und gespart, wo es nur ging. Da gab es gar keinen Verhandlungsspielraum mehr. Jedenfalls nicht in den alten Denkweisen.

Deshalb setzte die Erfolgsgeschichte der Centex im Jahr 2008 genau da an. Die Ingenieure in Uzwil entwickelten eine komplett neue Generation von Rührwerkskugelmühlen, die Centex™. Diese

Technologie arbeitet auf einem wesentlich nie-drigeren Energieniveau als die Vorläufer und kann bis zu 6 Tonnen Titandioxid-Pulver pro Stunde pro-duzieren, das sind gegenüber dem Vorgänger Super-Tex™ rund 25 Prozent mehr Leistung. Die Partikel werden weisser und feiner als zuvor, die Grössen-verteilung enger, was für die Farb- und Lackindustrie ebenso wie für die meisten anderen Produzenten von Füllstoffen (Bulk Materials) die wesentlichen Qualitätskriterien sind.

Aber Bühler brauchte noch einen weite-ren Schachzug, um in China wieder auf Erfolgskurs zu gehen. Bis dahin hatten sie immer wieder Auf-träge vor allem gegen chinesische Wettbewerber verloren. Denn diese bauten Schweizer oder deut-sche Maschinen nach und verkauften sie in China zu konkurrenzlos günstigen Preisen. Nicht-chine-sische Anbieter bekamen in Asien kaum mehr einen Fuss auf die Erde. Warum aber sollte Bühler nicht

Centex™ T5, Qualitätscheck und Testlauf vor der Auslieferung zum Kunden.

COMEBACK VON BÜHLER VOLLRAUMMÜHLEN IN CHINA

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TECHNOLOGIE & LÖSUNGEN / Neue Generation Centex™ T4/T5

selbst seine Maschinen für den asiatischen Markt in China bauen? Je eigenständiger die Bühler Nieder-lassung in Wuxi dies schaffte, desto eher könnte das Preis-Leistungs-Angebot im chinesischen Markt bestehen. Das hiess im Klartext, Technologie von Uzwil nach Wuxi zu transferieren. In der Folge-zeit unterstützten erfahrene Ingenieure aus Uzwil chinesische Kollegen mit Coachings. Bühler/Wuxi erhielt eine eigene Forschungs- und Entwicklungs-abteilung und – ganz entscheidendes Erfolgskri-terium – es wurden sorgfältig zuverlässige lokale Lieferanten ausgesucht, die die Qualitätsanforde-rungen von Bühler ohne Kompromisse erfüllten.

Der Plan gelang. Mit Wuxi Haopu Titanium Co., Ltd. überzeugte Bühler einen Schlüs-selkunden, der zunächst eine Centex™ T5 orderte, in der Zwischenzeit bestellte er weitere sechs. Die Preise, die Bühler heute anbietet, sind konkurrenz-fähig auf dem chinesischen Markt und Leistung sowie Zuverlässigkeit der Mühlen den chinesischen Kopien weit überlegen.

In den letzten Jahren gewann Bühler mit der Centex™-Technologie neben Wuxi Haopu zahlreiche chinesische sowie koreanische und indische Kunden. Denn als kluge Geschäftsleute wissen alle, dass sich bei ausgezeichneter Qualität und gutem Service höhere Initial-Investitionen letztlich lohnen.

«Wir haben einen Markt zurückgewon-nen, der schon verloren schien. Wuxi Haopu ist sogar so zufrieden, dass sie uns in der Branche wei-terempfehlen. Man darf sich halt nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen», resümiert Mark Traber, Business Development Manager Asia für Grinding & Dispersion.

Hohe Produktivität durch hohe Durchflussrate– 10–13 m3/h Durchsatz bei niedrigem Betriebsdruck– Sehr grosse Abtrennsiebfläche– Ecomizer™-Rührscheiben-Design mit Förderwirkung

Lange Lebensdauer, Verschleissfestigkeit– Mahlraum und andere Kontaktteile aus elastischem Polyurethan (PU) anstatt aus Stahl– Elastisches Material sorgt für längere Lebensdauer der Maschine

Präzise Steuerung, stabile Produktion – PLC-Steuerung– Zielparameter können gesetzt werden– Betriebsparameter können auf dem Monitor verfolgt werden

Energieeinsparung– Energieeffizienter Betrieb durch innovatives Mühlendesign– Weniger Energieverbrauch pro Tonne gemahlenem Produkt– Aufgrund niedrigem Leistungseintrag kein Kühlwasser erforderlich Anwendungen der Cenomic™- und Centex™-T4/T5-Technologie– Füllstoffe wie TiO2, CaCO3, Talk, Bariumsulfat– Pigmentdispersionen für Druckfarben und Lacke– Elektroden-Slurries für Lithium-Ionen-Batterien– Agro-Chemikalien: Pestizide, Herbizide– Mahlung keramischer Stoffe

So sieht es Wuxi Haopu Titanium

«Wir sind mit den Centex™ T5 sehr zufrie­den. Sie laufen äusserst stabil mit einer hohen Durchflussrate, mahlen besser als die Vor gänger und zeigen über einen langen Zeit­raum kaum Verschleisserscheinungen am Mahlraum. Sie sind wartungsarm, energie­sparend und einfach zu bedienen. Bühler hat uns ausserdem sehr stark bei der Prozess­optimierung unterstützt und ist für uns ein zuverlässiger und hilfreicher Geschäfts­partner. Die höheren Anfangsinvestitionen sind sehr gut angelegtes Geld.»

Wissenstransfer: Ingenieure aus Uzwil unterstützten in Wuxi.

Weitere Informationen erhalten Sie bei:Mark Traber Business Development Manager AsiaGrinding and Dispersion +41 71 955 23 62 [email protected]

WAS KANN CENTEX™ BESSER?

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Spreu vom Weizen trennenDie Whitworth Brothers Victoria Mills ist ein erstklassiges Getreide ver arbeitendes Unternehmen, das sich erfolgreich am hart umkämpften britischen Markt behaup-tet. Seit 15 Jahren begleitet Bühler jeden Schritt des Unternehmens – eine Beziehung, die auf der gemeinsamen Leidenschaft für ideale Lösungen beruht.VON DANIEL WHITAKER (TEXT) UND RAFFAEL WALDNER (FOTOS)

KUNDE AUS GROSSBRITANNIEN

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Archäologen, Anthropologen und Historiker sind sich einig, dass das Wissen um den Anbau und das Mahlen von Getreide zur Verwendung als Nah-rungsmittel der wichtigste Schritt auf unserem Weg zur Zivilisation war. Brot wurde als «Grund-nahrungsmittel» bekannt. Zweifelsohne hat das Mahlen von Getreide zu Mehl entscheidend zum grossartigen Erfolg des Familienunternehmens Whitworth Brothers beigetragen. Die Firma betreibt die vermutlich modernste Mühle der Welt in Wellingborough in den East Midlands, Gross - britannien.

In den letzten Jahren verzeichnete das Unternehmen ein erstaunliches Wachstum. Bei der Übernahme durch den derzeitigen Eigentümer Martin George im Jahr 1998 erreichte Whitworth Brothers Limited kaum einen Anteil von 2 Prozent am britischen Müllereimarkt. Heute jedoch ist das Unternehmen mit einem Anteil von mehr als einem Viertel am freien Mehlmarkt der grösste Akteur.

Der Kampf um das britische BrotDiese Entwicklung ist umso bemerkenswerter, da der Mehlmarkt in Grossbri tannien – mit weit über einer Milliarde Euro – nicht nur gross ist, sondern auch welt weit als der vielleicht anspruchsvollste Handelsmarkt gilt. Maritimes Klima mit unerwar-teten Wetterfronten vom Atlantik und der Nordsee machen die Getreideernte versorgungstechnisch sowohl hinsichtlich der Qualität als auch der Ernte-menge zu einer unberechenbaren Aufgabe.

Roger Butler, seit 2000 Managing Di- rector bei Whitworth, hält dem letzten Nach mit- tagslicht von Northamptonshire am modernen Whitworth- Standort der Victoria Mills zwei Weizen-körner entgegen. Beide Körner stammen aus dem Herzen des britischen «Weizengürtels», den flachen, fruchtbaren Grafschaften östlich des M1 Motorway. Dieser Teil des Landes ist besser vor dem Regen geschützt als der westliche Teil des Landes, der regel-mässig von heftigen Niederschlägen heimgesucht wird. Roger Butler beschreibt eines der Körner liebe-voll als «ein ent zückend pralles Kugellager, das

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gerade lang genug ist, um die darin enthaltenen minimalen Lufteinschlüsse erkennen zu lassen». Das Korn stammt aus dem recht guten Erntejahr 2013. Sein Blick trübt sich jedoch, als er auf das zweite, kleinere, kümmerliche Korn aus dem verregneten Sommer 2012 zeigt, das Roger Butler als «schockie-rend» beschreibt. Diese zweite Probe lässt sich «kaum zum Mahlen verwenden», erklärt er.

Die heimische Ernte besitzt deshalb einen so hohen Stellenwert, weil weniger als 15 Pro-zent des gemahlenen Weizens in Grossbritannien Importware ist, die hauptsächlich aus Kanada, Deutschland und Frankreich stammt. Die Müller benötigen daher ein umfassendes Know-how, um analysieren zu können, welche Ressourcen ihnen zur Verfügung stehen und wie sie ihren Mahlvorgang an die jeweiligen Gegebenheiten anpassen können.

Auch die Nachfragesituation in Gross-britannien gestaltet sich nicht unbedingt einfacher. Einerseits besteht eine alt bewährte und traditio-nelle Vorliebe für ein breites Sortiment an Backwa-ren – von geschnittenem, industriell gefertigtem Weissbrot über handwerklich hergestelltes Voll-kornbrot bis hin zu Biskuitgebäck, Crumpets, Früchtebroten und sonstigen Backwaren. Anderer-seits bedeutet das Bevölkerungsmosaik in Grossbri-tannien mit seinem kosmopolitischen Geschmack für Whitworth aber auch, die Anforde rungen für indisches Chapati, polnisches Roggenbrot und nah-östliche Fladenbrote zu kennen. Aufgrund der mul-tiplen Herausforderungen, die sich in diesem Markt

Bühlers neueste Walzenstühle Antares beherrschen den Walzenboden.

DER MÜLLEREIMARKT IN GROSSBRITANNIEN

– Kapazität für die Mehlproduktion bei Victoria Mills: 800 Tonnen pro Tag

– Neue, von Whitworth Bros. erprobte Weizensorten: 50 – 100 pro Jahr

– Inbetriebnahme der originalen Victoria-Getreidemühle mit Dampfantrieb: 1886

– Eröffnung der weltweit ersten Getreidemühle mit Dampfantrieb (Albion, London): 1786

– Weizenernte in GB: 11,92 Mio. Tonnen– Gemahlener Weizen: 7,50 Mio. Tonnen– Ausfuhr von Weizen: 1,48 Mio. Tonnen– Einfuhr von Weizen: 1,63 Mio. Tonnen– Produziertes Mehl: 4,95 Mio. Tonnen

WeissbrotMisch- und VollkornbrotGebäckKuchenStärke und Sonstiges

(Alle Zahlen für 2013/14 geschätzt; Quelle: National Association of British and Irish Millers)

KUNDENSTORIES / Whitworth Brothers

51 %8 %

11 %2 %

28 %

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aus der Verarbeitung der Ressourcen und der Bereitstellung der fertigen Produkte ergeben, wird die benötigte Technik in der Regel vor allen anderen Müllereimärkten in Grossbritannien entwickelt.

Eine TechnologiepartnerschaftUm als Müller in Grossbritannien zu überleben geschweige denn einen Erfolg wie Whitworth zu verzeichnen, ist ein gutes Gespür für Investitionen unabdingbar. Es muss in Mitarbeitende, in Bezie-hungen zu Lieferanten und Kunden, in erster Linie aber in die Mahlmaschinen investiert werden. Vor 15 Jahren wählte Whitworth Bühler zu seinem Haupttechnologie partner, und gemeinsam haben die beiden Unternehmen Victoria Mills zur heute wahrscheinlich fortschrittlichsten Müllerei der Welt gemacht.

Roger Butler fasst die Gründe für Whit-worths Entscheidung wie folgt zusammen: «Bühler stellt herkömmliche Strukturen infrage. Ebenso wichtig ist, dass das Unternehmen seine Verspre-chungen einhält. Wenn es sich einer Herausforde-rung gegenübersieht, dann meistert es diese.» Glei-ches gilt für Whitworth, und das Ergebnis ist eine Anlage, die jährlich über 700’000 Tonnen Mehl produziert – gegenüber gerade einmal 85’000 Ton-nen im Jahr 1999 bei der Übernahme durch Martin George. Neben Maschinen zur Herstellung von her-kömmlichem Mehl besitzt das Unternehmen inzwi-schen vier Wärmebehandlungsanlagen, die im Ver-gleich zu den meisten Wettbewerbern zusätzliche Kapazitäten schaffen.

Moderne Griessputzmaschinen trennen die Stärke vor der Feinvermahlung.

Das Weizenkorn – seine drei verschie denen Bestandteile werden beim Mahlen getrennt.

Victoria Mills kann eine Vielzahl verschiedener Wei-zenqualitäten verarbeiten, dar unter auch «hartes» Getreide mit hohem Proteingehalt – das zu Mehl ver-arbeitet wird, welches beim Backen optimal die Form beibehält. Etwa 80 Prozent des Getreides machen den Mehlkörper aus, der als wichtigster Rohstoff für das spätere Mehl dient. Der restliche Teil, d. h. Keim-ling und Kleie, wird in der Regel in Form von Pellets als Futtermittel verwendet. Je nach Verwendungs-zweck variiert die Verarbeitung jedoch sehr stark: So wird bei Vollkornmehl das gesamte Korn verwendet, während für Weissmehl beispielsweise nicht viel mehr als die Hälfte des Korns genutzt wird. Die für die Vermahlung zuständigen Mitarbeitenden mischen das Getreide sorgfältig gemäss dem jeweiligen Auf-trag. Dieses Erzeugnis wird auch als «kontrolliertes Mahlgut» bezeichnet. Seit 2003 kommt ein «Schäl-prozess» zum Einsatz, bei dem die Aussenhülle des Korns und somit auch Rückstände von Schädlingsbe-kämpfungsmitteln entfernt werden. Am Standort Victoria Mills wurde dieses Verfahren zum ersten Mal angewendet; mittlerweile kommt es aber weltweit zum Einsatz. Die Hauptmahlung erfolgt durch riesige

Walzenstühle, die den Grossteil der «Walz ebene» der Anlage einnehmen und das Korn aufbrechen. Ein pneumatisches Ansaugsystem mit Zyklonabschei-dung fördert das Mahlzwischenprodukt zur obersten Ebene. Abschliessend durchläuft das Mahlgut den «Sichter», in dem es durch einen leistungsfähigen Rüttelvorgang in seine verschiedenen Bestandteile aufgeteilt wird. Von hier gelangt das Mahlgut über Kleieschleudern nach unten zum «Auslass», bevor das Mehl schonend auf einem Kettenförderer gesam-melt wird. Dieses Verfahren ist aus sanitären Grün-den dem eher traditionellen Schneckenmechanismus zur Entnahme von Mehl vorzuziehen. Ein pneumati-scher Förderer transportiert das fertige Mehl zum Mehl silo und zu Verladebehältern.

Das Sichten mit zweifacher Kontrolle dient als vorsorgliche, abschliessende Massnahme zur Ver-meidung von Verunreinigungen im Mehl. Für die Untersuchung des Endproduktes wird die Nah-Infra-rot-Technologie (NIR) verwendet. Dabei werden Mineralstoff-, Protein-, Feuchtigkeits- und Stärkege-halt überprüft.

Endosperm

Keim

Kleie

DER VERMAHLUNGSPROZESS

KUNDENSTORIES / Whitworth Brothers

Die erhöhten Produktionsmengen und das erwei-terte Produktsortiment sind allerdings vielmehr die Folge als der Grund für Whitworths Erfolg. Die-ser Erfolg hat sich durch Qualitätskontrolle und Lebensmittelhygiene, auf die sich die Kunden rund- um verlassen können, sowie durch Effizienz einge-stellt, welche dauerhaft wettbewerbsfähige Preise ermöglicht.

Fokus auf HygieneOperations Director Mike Peters demon striert begeistert die am Standort Victoria Mills ablaufen-den Prozessschritte. Der Weizen wird der Anlage

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KUNDENSTORIES / Whitworth Brothers

Bei Victoria Mills ist korrosionsbeständiger Stahl allgegenwärtig. Dieser soll eine Produktverunreinigung, beispielsweise durch abgelöste Farbpartikel, vermeiden.

Verladung aus einem der 20 riesigen Silos von Victoria Mills, die jeweils mehr als 100 Tonnen Mehl beinhalten, auf eines der 120 Transport-fahrzeuge des Unternehmens.

Martin George, Präsident des Verwaltungsrats.

Hinter Martin George hängt ein Porträt seines Gross-vaters, der als Lernender bei Whitworth Brothers begonnen hatte, bevor er die damaligen Eigentümer überzeugen konnte, das Unternehmen in den 1930er-Jahren an ihn zu ver kaufen. Beide Männer blicken recht zufrieden auf das, was sie erreicht haben. Seit Martin George das Unternehmen 1997 durch Auszahlung sei-ner Brüder und Familie selbst in die Hand nahm, wur-den Veränderungen im grossen Stil vorgenommen.

Zunächst erfolgte eine neue Fokussierung auf den Mahlvorgang, während andere Geschäftsfelder wie Bäckereierzeugnisse und Kochzutaten abgetre-ten wurden. Daran schloss sich die nachhaltige Ver-grösserung des Unternehmens an, welche die Whit-worth Bros. vom zwölften auf den ersten Platz der nationalen Mehlproduzenten verhalf und die Produk-tion in nur einem Jahrzehnt von 100’000 Tonnen Mehl auf eine Million Tonnen Mehl pro Jahr ansteigen liess. Für diesen Erfolg waren die unermüdliche Konzen tration auf die Qualität der Technik und die Kostenkontrolle massgeblich.

«Wir hatten Glück mit unserem Standort», gibt Martin George zu und meint damit die Nähe der Victoria Mills zu den weitreichenden Weizenanbauge-bieten und dem wichtigsten britischen Strassennetz, «ausserdem haben wir mit Sicherheit das Beste aus dem gemacht, was uns zur Verfügung stand.» Auf der anderen Seite des Flus ses Nene – der einst Wasser-mühlen antrieb und als Verkehrsweg diente – stehen heute verlassene Schuh- und Bekleidungsfabriken,

die sehr beeindruckend widerspiegeln, was mit Unter-nehmen geschieht, deren Eigentümer sich nicht ange-messen anpassen und unzu reichend investieren.

«Ein wesentlicher Aspekt ist, dass dieses Unter-nehmen ein langfristig planender Familienbetrieb ist», weiss Martin George. Bei öffentlichen Gesellschaften werden gegebenenfalls Einsparungen zugunsten der Quartalsergebnisse vorgenommen oder das Unter-nehmen wird für einen schnellen Gewinn verkauft. «Unsere Mitarbeitenden, Lieferanten und Kunden wis-sen aber, dass wir alle nötigen Investitionen tätigen und unseren Standort niemals aufgeben werden.»

Doch nicht nur Martin George ist Whitworth seit jeher persönlich verbunden. Roger Butlers Vater Bill beispielsweise war der Vertriebsleiter für Martin Georges Vater. Mittlerweile arbeitet der Bruder des derzeitigen Finanzdirektors für Martin Georges Sohn Michael in einer Private-Equity-Firma, was für beide den Beginn einer späteren Karriere bei Whitworth Bros. bedeuten könnte.

Die Beziehung zu Bühler beschreibt er beinahe so, als handle es sich um ein Familienmitglied. Die erfolgreiche Bewältigung zahlreicher Herausforde-rungen hat beide Unternehmen mit Sicherheit eng zusammen geschweisst. Martin George zählt die umgesetzten Innova tionen auf: «Indivi duelle Lager-behälter; der erste Walzenstuhl auf dem Dach des Gebäudes; ein Grad der Automatisierung, durch den ein Müller vier Mühlen bedienen kann. Wir haben auf unserem Weg viel dazugelernt.»

Martin Georges Familienunternehmen

«Ein wesentlicher Aspekt ist, dass dieses Unter­nehmen ein langfristig planender Familien­ betrieb ist.»

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KUNDENSTORIES / Whitworth Brothers

zugeführt, gereinigt, gemahlen und in Futterwei-zen – der pelletiert wird – und Mehl getrennt. Zum Schluss werden beide Sorten als Schüttgut in die gelben Whitworth-Lastwagen geladen, die wohl jedem bekannt sind, der auf den englischen Haupt-verkehrsstrassen unterwegs ist. Mike Peters hebt an dieser Stelle insbesondere die Qualitätskontrolle – die mittels automatisierter Regelkreise und optio-nal zuschaltbarer Qualitätsprüfungen nach Best-Practices-Verfahren erfolgt – und das hygienische Design hervor. Zudem erläutert er, warum dies so wichtig ist: «Die Bestimmungen zur Lebensmittel-sicherheit in Grossbritannien zählen zu den strengs-ten weltweit. Darüber hinaus besitzt der Schutz unserer eigenen Reputation sowie der Reputation und der Marke des Kunden oberste Priorität. Des-halb legen wir ständig Wert auf Filter. Gummidich-tungen wurden durch langlebigeres Metall ersetzt und Teile, die früher weiss gestaltet waren, sind heute blau gekennzeichnet, damit sie sich vom Mehl abheben.»

Bei der Betrachtung der Mahlmaschinen fällt zuerst der Glanz des korrosions beständigen Stahls ins Auge. Ernst Hobi von Bühler, der die bestehende Anlage am Standort in enger Zusam-menarbeit mit Whitworth etabliert hat, beschreibt,

warum dies erforderlich ist. «Mit korrosions-beständigem Stahl wird zwar ein hoch preisiger Werkstoff verwendet, dieser gewährleistet jedoch, dass das Mehl nicht durch abgelöste Farbpartikel, Metall beschichtungen oder Rost verunreinigt wird.» Im Laufe der Jahre hat Roger Butler das technische Know-how von Bühler im Bereich Metallurgie und Beanspruchung von Maschinen als entscheidenden Wettbewerbsvorteil schätzen gelernt. Ohne spe-zielle Vorkehrungen können an ursprünglich nütz-lichen Maschinenteilen allmählich Risse, uner-wünschte Schwingungen und Schäden entstehen, die mit zusätzlichen Kosten verbunden sind oder schlimmere Folgen haben: Sie gefährden die Sicher-heit und die Hygiene des Mehls. Ernst ergänzt noch einen weiteren Vorteil der Komponenten aus korro-sionsbeständigem Stahl: «Dieses Material erfüllt nicht nur eine Funktion, sondern sieht auch noch wunderschön aus. Wir sind Ingenieure, aber wir haben auch Gefühle.»

In guten wie in schlechten ZeitenWhitworth unterhält weitere enge Beziehungen zu verschiedenen Akteuren. Camgrain ist eine land-wirtschaftliche Genossenschaft mit einer Lagerka-pazität von über einer halben Million Tonnen, die Getreide von Landwirten beschaffen und für Whitworth bereitstellen kann. Über Camgrain unterstützt Whitworth seine ihn beliefernden Landwirte in schwierigen Zeiten. Beide Unterneh-men arbeiten in immer engerer Zusammenarbeit auf das gemeinsame Ziel hin, die Produktqualität auf einem gleich hohen Niveau zu halten. Auch im Hinblick auf die Zufriedenheit der Mühlenmitar-beiter, einschliesslich der Lernenden, führt Whit-worth vor zahlreichen Wettbewerbern.

Die Zusammenarbeit mit Bühler ist in der Tat von ganz besonderer Natur und hat sich nach dem von Roger Butler bereits beschriebenen, «schockierend» schlech ten Erntejahr 2012 noch verstärkt. Jenes Jahr stellte die britischen Müller auf eine harte Probe, denn schliesslich verlangten ihre Kunden ein gleichbleibendes Produkt, das mit dem verfügbaren Getreide offensichtlich nicht zu gewährleisten war. Durch die von Bühler bereitge-stellten analytischen und rezeptbasierten Anpas-sungen sowie Steuerungsfunktionen konnten die fachkundigen Müller von Whitworth jedoch ihre Mischungen und Verarbeitungen der Getreidekör-ner variieren, bis ein akzeptables Mehl entstanden war. Whitworth Brothers meisterte diese Phase mit Bravour – so war das Unternehmen beispielsweise als einzige Müllerei in der Lage, sämtliche Märkte der Supermarktkette «Sainsbury’s» mit ausschliess-lich in Grossbritannien produziertem Weizen be liefern zu können. Roger Butler berichtet, dass «Bühler uns eine Flexibilität im Mahlprozess ermöglicht, mit der wir auch einem sehr schwie-rigen Erntejahr gewachsen sind. Das wissen wir wirklich zu schätzen.»

Durch die vollständige Automatisierung kann ein Müller vier separate Getreidemühlen überwachen.

Mehrere Plansichter kalibrieren die Mehlpartikel.

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CTO-KOLUMNE / Ian Roberts

Das Internet der DingeDas Internet der Dinge verbindet Wirtschaftsgüter aller Art via Internet. Dies eröffnet vielfältige neue Chancen für alle Wirtschaftszweige im Business-to-Business-Bereich.

Das Internet der Dinge (englisch «Internet of Things», kurz «IoT»), «Internet of Everything», «Industrial Internet» oder «Industrie 4.0» wird in seinen verschiedenen Ausprägungen das Geschäft mit Geschäftskunden in allen Branchen grundle-gend verändern. Ähnlich wie Internet, Social Media und Mobilgeräte das Geschäft mit Privatkunden und den allgemeinen gesellschaftlichen Umgang neu definiert haben.

Regierungsprogramme, zum Beispiel in Deutschland, den USA und Japan fördern die IoT-basierte Forschung und Entwicklung. IoT wird in den nächsten 20 Jahren schätzungsweise erstaun-liche USD 10–20 Bio. zum Bruttoinlandsprodukt beitragen. Heute besitzen mehr Menschen Mobil-telefone als Menschen Zugang zu fliessendem Was-ser, und täglich finden mehr als 2 Milliarden soziale Interaktionen statt. Einzelhandel und Medien haben immense Geschäftseinbrüche erlebt, wäh-rend die Industrie nun aus diesen Beispielen lernen und die neuen Chancen nutzen kann.

Die Möglichkeiten des IoT zur Verbesserung der Prozesseffizienz, Re- duzierung ungeplanter Ausfallzeiten, Bereitstellung vorausschauender In- standhaltung oder Fernwartung sind aufgrund bisheriger Entwicklungen nicht mehr technisch beschränkt. Un- sere Lösungen im Bereich des opti-schen Abtastens und Sortierens sichern Qualität und schützen Werte. Die Steue-rung der Lebensmittelsicher-heit und -qualität bringt neue Generationen intelligenter Prozesse hervor.

Darüber hinaus wird das IoT ein Schlüs-selelement für einige unserer Nachhaltigkeits-ziele wie die Reduzie-rung von Energiever-brauch und Lebens- mittelverlusten oder die Optimierung der Lebensmittelsicher-heit sein. Beispiels-weise wird es mög-lich, unsere Verar- beitungstechnolo-

gien in Kürze über die gesamte Lebensmittel-Wert-schöpfungskette von der Getreidelagerung über Schiffsbe- und -entlader, Sortierung, Reinigung und Mehlherstellung bis möglicherweise hin zum Bereich Teigwaren oder extrudierte Snacks einzu-setzen. So können wir unsere Kunden bei der Opti-mierung ihrer Wertschöpfungskette unterstützen. Ausserdem können wir weitere Daten einbeziehen, wie z. B. Ertragsdaten oder Wetter bedingungen, um aussagekräftige Systemmodelle für den Bereich Food zu entwickeln, die Entscheidungen vereinfa-chen und die Nachhaltigkeit von Lebensmittel-Wert-schöpfungsketten verbessern. Damit wird es leich-ter, den Lebensmittelverlust von 1.3 Millionen Tonnen während der Produktion zu reduzieren.

Das Thema Datensicherheit nehmen wir sehr ernst und uns ist bewusst, dass dieses generell ein zentrales Anliegen für viele Kunden ist, wenn es um den Datenverbund geht.

Die grössten Hürden für die Nutzung des IoT sind nicht technisch, sondern liegen in der

Entwicklung von Win-win-Situationen. Die Akteure einer Wertschöpfungskette müs-

sen sich gegenseitig ausreichende Vorteile verschaffen, damit der Datenverbund und

die Entwicklung neuer Lösungen sinn-voll erscheinen. Nur gemeinsam können wir die Vorteile des IoT in vollem Umfang nutzen.Ich lade Kunden, Lieferanten oder

mögliche Partner, die an einer Zusammenarbeit im

Bereich IoT oder ähn-lichen Gebieten interes-siert sind, daher herz-lich ein, Kontakt mit

uns aufzunehmen und uns auf dieser spannenden Inno-vationsreise zu be-

gleiten.

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und die neuen Chancen nutzen kann.Die Möglichkeiten des IoT zur

Verbesserung der Prozesseffizienz, Re-duzierung ungeplanter Ausfallzeiten, Bereitstellung vorausschauender In-standhaltung oder Fernwartung sind aufgrund bisheriger Entwicklungen nicht mehr technisch beschränkt. Un-sere Lösungen im Bereich des opti-schen Abtastens und Sortierens sichern Qualität und schützen Werte. Die Steue-rung der Lebensmittelsicher-heit und -qualität bringt neueGenerationen intelligenter Prozesse hervor.

Darüber hinaus wird das IoT ein Schlüs-selelement für einige unserer Nachhaltigkeits-ziele wie die Reduzie-rung von Energiever-brauch und Lebens-mittelverlusten oder die Optimierung der Lebensmittelsicher-heit sein. Beispiels-weise wird es mög-lich, unsere Verar-beitungstechnolo-

des IoT sind nicht technisch, sondern liegen in der Entwicklung von Win-win-Situationen. Die

Akteure einer Wertschöpfungskette müs-sen sich gegenseitig ausreichende Vorteile

verschaffen, damit der Datenverbund unddie Entwicklung neuer Lösungen sinn-voll erscheinen. Nur gemeinsam können wir die Vorteile des IoT in vollem Umfang nutzen.Ich lade Kunden, Lieferanten oder

mögliche Partner, die an einer Zusammenarbeit im

Bereich IoT oder ähn-lichen Gebieten interes-siert sind, daher herz-lich ein, Kontakt mit

uns aufzunehmen und uns auf dieser spannenden Inno-vationsreise zu be-

gleiten.

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Page 55: Bühler Group Magazin

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AKADEMIE / Exkurs

Wissenschaftliche Publikationen

Impressum

NEBEN IHRER TÄGLICHEN ARBEIT WIDMEN SICH DIE WISSENSCHAFTLER BEI BÜHLER AUCH WISSENSCHAFTLICHEN VERÖFFENTLICHUNGEN. NACHSTEHEND STELLEN WIR EINE AUSWAHL VOR.

#170 Herausgegeben von Bühler AG, Corporate Communications, CH-9240 Uzwil, Switzerland Konzept, Redaktion und Produktion: Mondays Corporate Publishing, Steinhausen Druckerei: galledia AG, Flawil Ausgabe: 1/2015

1Erforschung neuer Technologien für die Lebensmittelsicherheit von Getreide Getreidekörner können eine hohe Bakterienbelas-tung aufweisen, die für bestimmte Einsatzbereiche reduziert werden muss. Gemeinsam mit dem Insti-tut für Verfahrenstechnik der ETH Zürich und der ZHAW hat Bühler die Wirkung der Behandlung von Weizenkörnern untersucht, die mit Endosporen des Bacillus amyloliquefaciens in einem Unterdruck-Wirbelschichtreaktor in einem Argon-/Sauerstoff-plasma beimpft wurden.

Quelle:Journal of Food Engineering, Erscheinungsdatum 10.1016/j.jfoodeng.2015.03.009, 2015

2Neues Handbuch zur Reisverarbeitung Mehrere Reisexperten von Bühler haben als Mit-autoren an einem Buch über die Reisverarbeitung entlang der gesamten Wertschöpfungskette mitge-wirkt, in dem sie ihr aktuelles Fachwissen zu Reis, Reismüllerei, reisbasierten Mehrwertprodukten und Marktinformationen bündeln. Das Buch gilt als «neues Standardhandbuch» für die Reismüllerei und verwandte Berufe.

Quelle:Joachim Sontag (Hrsg.), Dr. Ye Aung, Benedict Deefholts, Dr. Gabriel Hamid, Eleanor Ye Min: Rice Processing. The Comprehensive Guide to Global Technology and Innovative Products (ISBN: 978-3-86263-093-6), 2014Internet-Quelle:www.erling-verlag.com

3Physikalische Vorgänge bei der Teigbildung anschaulich erklärt In einer Zusammenarbeit zwischen dem Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz und Bühler wurden Veränderungen auf verschiedenen Zeit- und Längenskalen bei der Teigentwicklung beobachtet und quantitativ untersucht. Ein ver-einfachtes physikalisches und eigens entwickeltes Modell stellt die wesentlichen rheologischen Ver-änderungen dar. Dabei wird der Teig als kon ti-nuierliche Gluten-Polymer-Matrix betrachtet, in welche Stärkekörner als Füllstoffe eingebettet werden.

Quelle:Schiedt, B.; Baumann, A.; Conde-Petit, B.; Vilgis, T. A.:Short- and Long-Range Interactions Governing the Viscoelastic Properties during Wheat Dough and Model Dough Development.Journal of Texture Studies 44 (4), 2013, 317–332Internet-Quelle:www.mpip-mainz.mpg.de

neutralPrinted Matter

No. 01-14-425235 – www.myclimate.org© myclimate – The Climate Protection Partnership

PERFORMANCE

Page 56: Bühler Group Magazin

Innovations for a better world.

One step ahead in processing grains to food. IPACK-IMA 2015.

Unter diesem Motto präsentiert Bühler auf der IPACK-IMA 2015 ein umfassendes Lösungsspektrum über die gesamte Wertschöpfungskette der Nahrungsmittelindustrie – von den Rohmaterialien bis zum Endprodukt.

Erleben Sie live an unserem Stand eine spannende Mischung aus Produktpräsentationen und Expertenvorträgen zu den neuesten Industrietrends wie Energieeffizienz, Nahrungsmittelsicherheit und intelligenten Prozesstechnologien.Mehr unter: www.buhlergroup.com/ipackima

Bühler auf der IPACK-IMA 2015: 19.–23. Mai in Mailand – Halle 3, Stand B15