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Seit 1895 das Magazin der Credit Suisse Nummer 3 Juli/August 2010 Bewegung Der Mensch ist zum Laufen geboren. Doch nur wenige sind so schnell wie Dave Dollé. Lassen Sie den mehrfachen Schweizer Meister auf Ihrem Bildschirm lossprinten! (Anleitung auf Seite 30) Globale Initiative Credit Suisse ist treibhausgasneutral KMU-Studie Die Globalisierungswelle rollt Wolfgang Rihm Der deutsche Komponist im Gespräch Mit dem Magazin entrepreneur

Bulletin 3/10 'Bewegung' - Credit Suisse · 2019. 1. 29. · Nummer 3 . Juli/August 2010. Bewegung Der Mensch ist zum Laufen geboren. ... BMW Service Plus auf allen Modellen. Gratis-Service

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Seit 1895 das Magazin der Credit Suisse Nummer 3 Juli/August 2010

BewegungDer Mensch ist zum Laufen geboren. Doch nur wenige sind so schnell wie Dave Dollé. Lassen Sie den mehrfachen Schweizer Meister auf Ihrem Bildschirm lossprinten! (Anleitung auf Seite 30)

Globale Initiative Credit Suisse ist treibhausgasneutral

KMU-Studie Die Globalisierungswelle rollt

Wolfgang Rihm Der deutsche Komponist im Gespräch

Mit dem Magazin entrepreneur

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Editorial 3

Wenn Mathias Plüss in seiner Geschichte auf Seite 28 über den Menschen als Bewegungstier schreibt, der in früheren Zeiten die Beute buchstäblich zu Tode gehetzt haben soll, dann ist das für mich völlig nachvollziehbar. Schliesslich habe ich mich schon als Kind vorzugsweise im Laufschritt von A nach B bewegt. Mir war das gemütliche Spazieren immer etwas zu langsam und als Fussball-Junior überzeugte ich eher durch Ausdauer denn durch technische Raffinesse und Antrittsstärke.

Und ja, natürlich bin auch ich irgendwann meinen ersten Marathon gerannt. Nicht weil es mittlerweile zum guten Ton gehört, wie Plüss moniert, sondern weil mich der Mythos Marathon schon immer fasziniert hat und das Glücksgefühl im Ziel beim ersten Mal einfach unbeschreiblich ist. Doch dem nächsten in der Geschich te beschriebenen Trend, hin zu immer noch extremeren Herausforderungen wie etwa dem Jungfrau-Marathon mit 1829 Höhenmetern, bin ich (bislang) nicht gefolgt. Gehen Sie einfach mal am Montagmorgen nach dem Marathon in die Zürcher Bahnhofsunterführung und beobachten Sie, wie schwer sich viele mit 42,195 Kilometern in den Beinen beim Überwinden von ein paar Stufen tun, dann wissen Sie, warum. Mediziner sind sich denn auch einig: Für die Gesundheit muss keiner einen Marathon rennen.

Unser Mann auf dem Titelbild ist aber nicht etwa ein Langstreckenläufer, sondern der in Kalifornien geborene Schweizer Sprinter Dave Dollé, der mit 10,16 Sekunden immer noch den Schweizer Rekord über 100 Meter hält. Er stand (und rannte) für unser spezielles Titelblatt Modell, das Ihnen auf spielerische Art und Weise die neusten Möglichkeiten modernster Computertechnik veranschaulicht. Alles, was Sie brauchen, ist ein Computer mit einer Web-Kamera und die Anleitung auf Seite 30 zu befolgen. Sie werden staunen.

Das bulletin macht mit dieser Ausgabe noch weitere Schritte in Richtung mobile Kommunikation. So genannte QR Codes verlinken Ihr internettaugliches Handy direkt mit zusätzlichen Bildern, Videos und sonstigen Infos. Und über das Bilderken-nungssystem kooaba gibt es weiterführende Links und Dienstleistungen rund um die jeweilige bulletin Geschichte oder das ganze Heft. Die Anleitungen zu diesen neuen Dienstleistungen finden Sie auf den Seiten 10 und 11.

Und zu guter Letzt eine freudige Nachricht in eigener Sache: Bereits zum sechsten Mal seit 1993 wurde das bulletin bei den Best of Corporate Publishing Awards in Deutschland in der Kategorie Finanzen und Versicherungen mit einer Medaille ausgezeichnet und zwar wie schon im vergangenen Jahr mit Silber. Eine Ehrung, die die Redaktion überaus freudig bewegt ! Daniel Huber, Chefredaktor bulletin

Erweiterte RealitätAnleitung zum bewegten Titelbild mit Augmented-Reality-Technik Seite 30

BilderkennungAnleitung und Beschreibung der kooaba- Anwendungen Seite 10

QR CODEAnleitung für den mobilen Link zum Internet Seite 11

Der QR Code fürs mobile bulletin:

Um mit dem Browser Ihres Smartphones auf das mobile bulletin zuzugreifen, tippen Sie folgende URL ein: www.credit-suisse.com/mbulletin

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Inhalt 5

Der Forest Stewardship Council (FSC) setzt mit 10 Prinzipien und Kriterien den Standard für eine umwelt- und sozialver trägliche Waldbewirtschaftung. Schweizer Papier (Z-Offset, mit 30% FSC-Anteil), aus europäischem Zellstoff, hergestellt von der ISO-14001-zertifizierten Ziegler Papier AG, Grellingen.

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Bewegung Christian Kandlbauer bewegt seine linke Armprot hese nur kraft seiner Gedanken. Die bewegende Geschichte eines jungen Mannes, der sich mit modernster Technik und eisernem Willen seine Selbständigkeit Schritt für Schritt zurückerkämpft(e).

6 _ Die Zukunft ist mobil Handys werden immer mehr zum zentralen Monitor der vernetzten Welt.

Perpetuum mobile Der Traum von der Maschine, die sich ewig von selbst bewegt, ist noch nicht ausgeträumt.

Gedankengesteuerte Prothesen Modernste Technik und viel Willenskraft machen es möglich.

Modern Dance Die 90-jährige Anna Halprin gilt als eine der grössten Bewegungskünstlerinnen der Nachkriegszeit.

Ausdauerräuber Bei grosser Hitze ist der Mensch über lange Strecken jedem Tier überlegen.

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Credit Suisse

31 _ Kurzmeldungen Massnahmen zur nachhalti-gen Förderung der Schweizer Wirtschaft

Salzburger Festspiele Am Anfang stand der Wunsch nach «geistigem Frieden»

Marjana Lipovšek Damit die faltenlosen Talente für ihre Aufgabe wirklich gerüstet sind

Nicolas Altstaedt Der Schüler von Perga-menschikow macht seinem Meister alle Ehre

Davos Festival Zum Jubiläum wird auf der Schatzalp eine Zauberberg-Oper uraufgeführt

Risikokapital Wie Johannes Suter 100 Millionen Franken sinnvoll einsetzen will

Gesunde Tochter Credit Suisse Fleetma-nagement AG feiert ihren zehnten Geburtstag

Business Aviation In vielen Regionen gibt es keine Alternative zu Geschäftsflugzeugen

Weiterbildung Die firmeninterne Weiterbil-dung ist ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg

Klimaschutz Die Credit Suisse arbeitet nun weltweit treibhausgasneutral

Schulbildung Tansanias Nomadenkinder sollen auch zur Schule gehen können

Jugendarbeitslosigkeit «Jeunes@Work» erleichtert den Einstieg in die Arbeitswelt

Krebsliga In der Schweiz seit 100 Jahren unterwegs im Kampf gegen den Krebs

Kurzfutter Bildung, Menschenrechte und Aktivitäten zum Klimaschutz

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Wirtschaft

56 _ KMU-Studie Schweizer Unternehmen sind für die nächste Globalisierungswelle gerüstet

Multikulturell In den USA lernen immer mehr Kinder und Jugendliche Chinesisch

Indien-Fieldtrip Unterwegs auf dem Subkontinent der Kontraste und Chancen

Asset Allocation Vom Papier zum Portfolio –so wird die Anlagestrategie umgesetzt

Experten-Interview Bewegung als Strate-gie und Taktik

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Invest

73 _ Aktuelle Analysen und Trends

Leader

78 _ Wolfgang Rihm Die Gemüsefrau soll die Möglichkeit haben, neuer Kunst zu begegnen

Service

47 _ Impressum

77 _ Wissenswert/Nachlese

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Ihr Link zu unserem Know-how: www.credit-suisse.com/bulletin

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6 Bewegung Mobile Zukunft

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Die Zukunft

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ist mobilKommunikation aus einer Hand

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Mit schnelleren Netzen, neuen Anwendungen und innovativen Bedienungskonzepten wird das Handy der Zukunft zum zentralen Monitor der vernetzten Welt.

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OnlineShopping

Keitai Credit

Ticket

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Text: Claude Settele

Drei Dinge hat der Mensch dabei, wenn er seine Woh-nung verlässt: Portemon-naie, Hausschlüssel und Handy. In Zukunft wird es vielleicht nur noch das Mo-biltelefon sein. Als Sprech-

apparat hat seine Karriere begonnen, als portabler Musik- und Videoplayer hat es sich weiterentwickelt und nun öffnet das Handy dank Internetanschluss die Türen zur ver-netzten Welt. Inzwischen ist die Verbreitung des Mobiltelefons förmlich explodiert. Laut der International Telecom Union ( ITU) gibt es weltweit über vier Milliarden Handy-Benutzer. Stimmen die Prognosen der Marktforscherin Gartner Group, werden 2013 bereits 80 Pro-zent der Handys für die Datenkommunikation gerüstet sein und neue Anwendungen das mobile Internet erst richtig lancieren.

Elastische Handys und mehr Tempo

Der Erfolg des iPhones war der Startschuss für das mobile Internet, der gleich auch die Grenzen der Datennetze aufgezeigt hat. In Ballungszentren reicht die Bandbreite oft nicht mehr für eine flüssige Nutzung. Beim US-Provider AT&T ist der Datenverkehr in

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drei Jahren um 7000 Prozent gestiegen. Ab-hilfe soll demnächst die vierte Generation (4G) der Mobilfunktechnik bringen. Leis-tungsfähigere Netze sind denn auch drin-gend nötig. IBM prognostiziert, dass sich der mobile Datenverkehr von 2010 bis 2013 mehr als verzehnfachen und pro Monat auf über 2000 Petabytes (2 Milliarden Gigabytes) be-laufen wird. Swisscom hat bereits Tests für das 4G-Netz gestartet, das mit 150 MBit/s schon in der ersten Phase 10- bis 20-mal mehr Tempo bringt als heute. Diese Band-breite wird Anwendungen wie HDTV oder Online Gaming in 3D-Welten möglich ma-chen. Vor der Türe steht auch die Funktech-nik Near Field Communication (NFC), die der elektronischen Bezahlung per Handy auf die Sprünge helfen soll. Dank einer vergleich-baren Nahfunktechnik können die Handy-verrückten Japaner schon seit Jahren mit Mobiltelefonen kontaktlos bezahlen. Osaifu-

Keitai heisst das elektronische Portemon-naie, mit dem man Tickets und Zeitungen kaufen kann und das auch als elektronischer Schlüssel für Türen sowie als Identitäts- und als Kreditkarte dient.

Und wie wird das Handy der Zukunft aus-sehen? Sehr anpassungsfähig, sind Nokias Ingenieure überzeugt. Zusammen mit dem Cambridge Nanoscience Centre in Gross-britannien hat Nokia ein Handy-Konzept na-mens Morph entwickelt, das aus neuen, auf Nanotechnologie basierenden Materia-

7000% Wachstum beim Datenverkehr

verzeichnete AT&T in drei Jahren seit dem Durchbruch der mobilen

Internetnutzung.

Nokia will in Zukunft neue Werkstoffe ver- wenden, um dehn- bare und biegsame Telefone zu bauen.

Per Mobiltelefon bezahlen

Den Japanern dient das Handy schon seit Jahren als elektronisches Portemon-naie für Einkäufe und andere Zahlungen.

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lien gebaut ist und auf transparente Elektro-nik setzt. Es kann die klassische Form annehmen, lässt sich in die Breite dehnen oder um den Arm wickeln wie ein Schmuck-stück. Auch Sony setzt auf Dynamik und ex-perimentiert mit biegsamen Farbdisplays, während Patentanträge von Apple vermuten lassen, dass sich bei künftigen iPhones Funktionen auf dem Display erfühlen lassen und Tasten je nach Kontext verschwinden. Geht es nach der Firma Dynamic Digital Depth, werden wir künftig auf dem Handy 2D-Inhalte in 3D anschauen. Die Firma hat hierfür eine Software und ein «autostereos-kopisches» Display entwickelt. Kippt man das Handy in die Horizontale, erheben sich etwa Figuren eines Games scheinbar aus dem Dis-play heraus. Zu sehen ist der Effekt ohne Spezialbrille. Samsung will im spielverrückten Korea noch dieses Jahr ein entsprechendes Mobiltelefon lancieren.

Ferndiagnose mit Tele-Medizin

Drahtlose Geräte für die Überwachung von Patienten gibt es seit Längerem, nun drängt auch das Mobiltelefon in diesen Markt. Sein Einsatz kann insbesondere in ländlichen Ge-genden fern von ärztlicher Versorgung gute Dienste leisten. Nokia testet in einem mala-riagefährdeten Gebiet in Indien einen Health- Radar genannten Service, der vor Ort mit einem Handy einfach Daten erfassen und zur schnellen Auswertung des Verlaufs von Krankheiten und Epidemien an einen Server senden kann. Der Papierweg ist zu langsam, um die Ausbreitung zu stoppen.

Ein grosses Thema wird die Überwachung von Patienten werden, zahlreiche Anwendun-gen für das iPhone und andere Geräte sind in Entwicklung oder schon verfügbar. Die US-Firma Corventis hat einen unter dem Hemd tragbaren Sensor entwickelt, der per-manent ein Kardiogramm aufzeichnet und via Handy an einen Server sendet. Die Informa-

tion kann der Arzt live abrufen, auch unter-wegs auf dem Mobiltelefon. Auch Krankhei-ten wie Schlafstörungen, Asthma oder Dia-betes eignen sich für die Überwachung. Ein grosses Potenzial hat die Tele-Medizin bei der Ferndiagnose. Bill Gates, der über seine Stiftung viele Gesundheitsprojekte in Afrika unterstützt, betont die Bedeutung des Mobil-telefons für Länder mit weniger entwickelter Infras truktur. Er interessiert sich für ein von der Universität U.C. Berkeley entwickeltes Minimikroskop, das mit einem Mobiltelefon gekoppelt wird und im Feld anhand von Blut- oder Speichelproben Malaria, Tuberkulose und andere Krankheiten diagnostizieren kann. In Entwicklung sind auch einfache Ultra schall-Scanner mit iPhone-Anschluss, mit denen das Handy weit weg von jeder me-dizinischen Infrastruktur sogar als Stethos-kop eingesetzt werden kann.

Link zwischen realer und virtueller Welt

Eine interessante Entwicklung ist das so ge-nannte Internet der Dinge. Damit wird die Vernetzung der physischen und der virtuellen Welt bezeichnet. Objekte werden mit einer Identifikationsnummer versehen, die erlaubt, im Internet Informationen abzurufen. Kamera-Handys kommt dabei eine Brückenfunktion zu. Am besten bekannt sind auf Produkten aufgedruckte Codes wie der herkömmliche Strichcode und die mehr Informationen ent-haltenden Varianten wie Quick Response Code (QR), Data Matrix oder der an der ETH Zürich entwickelte EZcode. Mit dieser Aus-gabe setzt auch das Credit Suisse bulletin QR Codes ein, um seinen Lesern zu aus-gewählten Artikeln Links zu weiterführenden Informationen anzubieten.

Strichcodes und deren Nachfolger gibt es schon lange, doch erst mit der neuen Handy-Generation und Dutzenden von Apps wird das Mobiltelefon jetzt auch als Scanner ge-nutzt. Damit lassen sich etwa Zutaten und Kalorien von Lebensmitteln abrufen, Preis-vergleiche nachschlagen oder auf der Städ-tetour Informationen zu einer Touristenattrak-tion abrufen. Wohin die Reise gehen kann, zeigt eine New Yorker Boutique, bei der man mit dem Scannen des Codes einen Modear-tikel gleich kaufen kann – sogar nach Laden-schluss, indem man das Kleidungsstück im Schaufenster knipst. Einen Schritt weiter geht die visuelle Suche, die ohne Codes

2000Petabytes Daten sollen laut einer

Prognose von IBM bis im Jahr 2013 jeden Monat über die

weltweiten Mobilfunknetze transportiert werden.

bulletin Bilderkennung

kooaba erkennt Fotos von CDs, Büchern und Zeitungen und liefert Infos aus dem Web. Neu auch fürs bulletin!

So gehts: kooaba-App Paperboy gratis laden (iPhone/Android), fotografieren, Links erhalten.

Mit der kooaba-App das Titelblatt des bulletin fotografieren und per Taste «Verwenden» bestätigen.

Anschliessend zeigt die App eine Liste aller verfügbaren Informatio-nen, Links und Optionen.

Wer ein kostenloses Web-Konto bei kooaba besitzt, findet online alle geknipsten Objekte samt Infos.

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Das alles ist und noch vieles mehr kann ein Smartphone

Fahrplan Egal ob Bus, Zug oder Flugzeug, das Smartphone kann nicht nur innert Sekunden die beste Verbin- dung anzeigen, sondern zumeist auch gleich die Tickets kaufen. (App-Beispiel: SBB)

Satellit Die ganze Welt aus derVogelperspektive anschauen – Google Earth machts auch mobil möglich.

Produktscanner Mit dem Smart-phone im Supermarkt den Strichcode einscannen und ausführliche Infos zum Produkt erhalten. (Codecheck)

Radioempfänger Tausende Radio- sender für jeden Geschmack auf das Smartphone holen. (Radiobox)

Bücher lesen Spezielle Anwen-dungen holen Bücher gut lesbar aufs Handy. (Stanza)

Einkaufstasche Auf den Online-Einkauf vom Schreibtisch aus folgt nun der smarte Einkauf von unterwegs. (LeShop)

Malen Kreatives Finger-Painting auf dem Display. (Brushes)

Bergführer Wie heisst schon wieder der Berg da? Die Handy-Kamera drauf richten und die richtige Antwort erhalten. (Swiss Peaks)

Grünes Gewissen Errechnet die Ökobilanz einer Reise. (greenMeter)

Sterngucker Auch beim Blick hinauf zum Sternenhimmel kann das Smart- phone hilfreich zur Seite stehen.(Pocket Universe)

Fernsehen Mein Handy ist auch ein TV. (TV-App von «20 Minuten»)

Spielen Mein Smartphone ist auch eine Spielkonsole, auf dem Hunderte von Games gespielt werden können. (SimCity)

Tourenführer Dank GPS können Wanderungen, Jogging- und Bike- Touren inklusive Karte aufgezeichnet werden. (Endomondo)

Gratistelefon Über die Skype-Anwen- dung kann rund um die Erde gratis telefoniert werden.

Musiklexikon Das Smartphone kann über ein eingebautes Mikrofon einen Musiktitel erkennen und Infos dazu liefern. (Shazam)

Videoplayer Videos vom PC können drahtlos aufs Smartphone geholt werden. (Air Video)

Navigationssystem Da permanent im Kontakt mit Satelliten, findet das Handy auch als Navigationssystem den Weg. (TomTom Europe)

Networker Zeigt auf dem Display an, welche Freunde gerade in der Nähe sind. (Foursquare)

Mit einem Klick imInternet

Ein QR Code führt in drei Schritten zu nützlichen Informationen im Internet.

So einfach funktioniert ein QR Code: Den BeeTagg Reader gratis auf das Smartphone laden, Code fotografieren, Link erhalten.

1 Die kostenlose, für alle Handy- Typen erhältliche App BeeTagg Reader Pro starten.

Den QR Code fokussieren, bis der Rahmen grün erscheint und das Handy vibriert.

Automatisch öffnet sich ein Browser mit zusätzlichen Informa-tionen zum Thema.

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Der QR Code fürs mobile bulletin:

Um mit dem Browser Ihres Smartphones auf das mobile bulletin zuzugreifen, tippen Sie folgende URL ein:www.credit-suisse.com/mbulletin

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auskommt. Hier analysiert ein Programm mit einem Handy geknipste Objekte, vergleicht diese mit einer Datenbank und liefert via Internet Informationen dazu. Das Zürcher Start-up kooaba, ein Spin-off der ETH, ist in diesem Feld an vorderster Front und kann dank exzellenter Software fotografierte Aus-schnitte von über zehn Millionen Objekten erkennen. Dazu gehören neben Büchern, CDs und Filmplakaten auch Artikel ausge-wählter Zeitungen und Magazine, allen voran das bulletin (siehe Anleitung Seite 10). Auch Google laboriert mit der visuellen Suche. Ein Goggles genanntes Projekt kann Objekte wie Bücher, Weine, Strassenlokale oder Werke der bildenden Kunst erkennen. Kom-biniert mit der Bilddatenbank von Google Streetview ist das Szenario denkbar, dass man in Zukunft ein Gebäude fotografieren kann und dazu postwendend auf das Mobil-telefon Informationen über das Baujahr, den Besitzer, die Bewohner und frei werdende Wohnungen geliefert bekommt.

Ganz andere Anwendungen möglich ma-chen Sensoren, Funketiketten (RFID) und Funk-Chips für Netzwerke mit grösserer Reichw eite. Damit bestückte Objekte kön-nen mit anderen Objekten Kontakt aufneh-

men. Damit können Autos untereinander Ver-kehrsdaten austauschen, Fahrzeuge mit Am-peln kommunizieren oder Parksäulen mit Handys. Ein entsprechender Versuch läuft in den USA. Sensoren im Asphalt registrieren freie Parkplätze und stellen für Mobiltelefone eine entsprechende Live-Karte zum Abruf bereit. Städteplaner hoffen, so den Suchver-kehr einzuschränken. Einen unnötigen Fuss-marsch erspart dereinst der vernetzte Par-kingmeter. Der macht es möglich, dass man nach Ablauf der Parkzeit über eine Telefon-App bequem vom Strassencafé aus nach-zahlen kann.

Boom bei Geo-Lokalisation

Schon viele Anwendungen nutzen die Loka-lisierungsfunktion von GPS-Handys, doch laut Marktbeobachtern steht der grosse Boom der Anwendungen mit Geo-Lokalisa-tion erst bevor. Das Routen-Tracking des Fir-menwagens oder der Radeltour des Bikers ist heute ebenso Alltag wie Anwendungen, die informieren, wenn sich Freunde in der Nähe befinden. Vielversprechend ist ein Rea-lity Mining genanntes Feld, bei dem Daten von Aktivitäten in Raum und Zeit erhoben, auf einer Karte visualisiert und analysiert

werden. Die Navigationsherstellerin TomTom nutzt bereits anonymisierte Daten von Han-dy-Standorten; noch weiter geht die Firma Skyhook Wireless, die in den USA kürzlich einen Dienst gestartet hat. Sie sammelt über Wifi-Hotspots und den Standort von Millio-nen von Handys Daten über Personenbe-wegungen. Via Internet kann man auf einer Karte live sehen, wo sich in Städten gerade viele Leute aufhalten. Da Skyhook die Daten auch Dritten zur Verfügung stellen will, wer-den einige Anwendungen erwartet, die diese Daten nutzen.

Die Positionierungsfunktion macht noch weitere Szenarien möglich, etwa die Ver-knüpfung von persönlichen Informationen mit einem Standort. Eine Idee davon gibt die An-wendung Geominder, die auf eine zu erledi-gende Aufgabe hinweist. Das Kriterium für die Erinnerung ist jedoch nicht die Zeit, son-dern der Ort. So erinnert das Handy in dem Moment, wo man den Laden betritt, welche Lebensmittel noch zu kaufen sind.

Neben neuen Gerätetypen und Anwendun-gen wird sich im nächsten Jahrzehnt auch die Art und Weise ändern, wie Mobiltelefone bedient werden. Sicher werden berührungs-empfindliche Displays noch mehr Gesten ver-

Geo-Lokalisation

Kluge Apps lotsen künftig Autofahrer auf freie Park plätze und helfen in Städten den Suchverkehr minimieren.

WettbewerbMitmachen und ein Apple iPad gewinnen!

Mit etwas Glück können Sie das iPad-Topmodell Wi-Fi + 3G mit 64 GB gewinnen und die neuste mobile Kommunikation im Grossformat erleben.

Teilnehmenmit beigelegtem Talon hinten im Heftonline unter www.credit-suisse.com/bulletinmobil über den QR Code

So gehts: Den BeeTagg Reader gratis auf das Smartphone laden, Code fotografieren, Link erhalten.

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stehen können, doch Wissenschafter planen bereits die Ablösung des Touch-Zeitalters durch die Touchless-Ära. Am amerikani-schen Dartmouth College haben Wissen-schafter gezeigt, wie man mittels eines han-delsüblichen Headsets zur Erstellung eines Elektroenzephalogramms ein iPhone per Gedanken steuern kann. Auch die augen-gesteuerte Bedienung wird in den Labors bereits erprobt, beide Methoden sind aber erst im Stadium der Grundlagenforschung.

Schneller realisierbar scheint ein Projekt namens SixthSense, das nicht weniger futu-ristisch klingt. Pranav Mistry vom Media Lab des Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelt ein Bedienungskonzept mit kon taktfreien Gesten. Was sein Video de-monstriert, erinnert an Magie: Er «zeichnet » mit blossen Fingern farbige Lichtformen an die Wand, knipst ein Foto, indem er mit den Fingern in der Luft ein Rechteck formt, proji-ziert dieses anschliessend auf eine beliebige Wand und zoomt das Bild durch pantomimi-sche Fingerbewegungen in der Luft. Ein- drücklich ist auch ein Telefonat via Sixth-Sense: Die Zahlen der Handy-Tastatur wer-den auf die Hand projiziert, tippt man diese an, wird der Anruf gestartet. Möglich macht dieser Zauber ein um den Hals gehängtes Set aus Webcam und Miniprojektor mit Spie-gel, das mit einem Handy in der Hosenta-

sche kommuniziert. So futuristisch sich die-ses Szenario präsentiert, setzt das Konzept abgesehen von cleverer Software auf Zube-hör, das es laut MIT für 350 US-Dollar ab Stange zu kaufen gibt.

Noch weiter in der Zukunft angesiedelt ist ein Projekt, das den Stoff für einen Science-Fiction-Film liefern könnte. An der Univer- sity of Washington arbeitet ein Forscher an einer Kontaktlinse mit integrierten LED-Ele-menten und Miniantenne. Die Linse soll als Display dienen, auf dem der Linsenträger vom Mobiltelefon gefunkte Informationen se-hen kann – zum Beispiel für Anwendungen der erweiterten Realität (Augmented Reality), bei denen Informationen zu einem Objekt auf der Linse erscheinen, das man gerade im Blickfeld hat. Sollte diese Technik eines Ta-ges machbar werden, wird das Handy nicht mehr der Monitor des vernetzten Universums sein, aber immer noch die Brücke zwischen der virtuellen und der realen Welt. <

Mit der Welt musizieren

Das Handy ist auch ein Klavier, eine Flöte, eine Gitarre …

Mit Apps von Smule kann man auf dem iPhone musizieren, auf dem iPad sogar mit anderen Onlinern rund um den Globus.

Mobile Geräte als sechster Sinn

Am MIT Media Lab lässt Pranav Mistry mit SixthSense die physische Welt mit der Welt der Daten interagieren.

Das Video zeigt konkrete Anwendungen des Forschungsprojekts SixthSense.

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Der Traum vom Perpetuum mobile

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Modell des indischen Mathematikers Bhaskara aus dem 12. Jahrhundert

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Perpetuum mobile Bewegung 15

Seit Jahrhunderten werkeln Erfinder an einer Maschine, die sich ewig von selbst bewegt. «Unmöglich!», sagt die Physik. Doch das treibt die Jagd nach dem Perpetuum mobile nur weiter an.

Text: Stefanie Schramm

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Es ist kinderleicht: Zwei Mag-netsteine mit Schnur an ei-nen Holzbalken binden, den an eine Lokomotive montie-ren, sodann die beiden Stei-ne mit einem eisernen Schür-haken kurzschliessen, und

los gehts! Im Handumdrehen hat Lukas der Lokomotivführer im Kinderroman von Mi-chael Ende das Gefährt konstruiert und düst mit seinem Freund Jim Knopf über Gebi rge und durch Wüsten. Das Ding kann sogar rückwärts fahren, schwimmen, tauchen und fliegen – ganz ohne Kohlefeuerung. Der Na-me des Eigenbaus: Perpetumobil.

Ein Apparat, der sich von selbst bewegt, immerfort, ohne Energie zu verlieren, das ist seit acht Jahrhunderten ein Menschheits-traum. Er verheisst Überwindung des Still-stands, Energie aus dem Nichts, Erlösung von der Mühsal – gleichsam einen energeti-schen Garten Eden. Doch seit Julius Robert von Mayer vor 165 Jahren seinen Energie-erhaltungssatz formulierte, steht für die Wis-senschaft fest: Das Schlaraffenland gibt es nicht, aus nichts entsteht nichts, das Perpe-tuum mobile ist ein Ding der Unmöglichkeit. Das hält Bastler und Tüftler, Spinner und Schwindler aber nicht davon ab, es immer und immer wieder zu versuchen. Ihr kontinu-ierliches Scheitern scheint die Jagd nach der Dauerlauf-Maschine nur weiter anzutreiben.

Der Mensch will seine Grenzen überwinden

Eine regelrechte Perpetuum-mobile-Sucht diagnostiziert der Wissenschaftshistoriker Ernst Peter Fischer. Die Faszination für die unaufhörliche Bewegung liege in der Natur

des Menschen, meint er: «Der Mensch ist das Tier, das seine Grenzen erkennen kann und sie zu überwinden versucht.» Für die Überwindung von Distanzen zu Land, zu Wasser und in der Luft hat er allerhand Ge-rätschaften erfunden; er blickt mit Fernroh-ren in die Welt des astronomisch Grossen und mit Mikroskopen in die des atomisch Kleinen. Von praktischen Rückschlägen und selbst theoretischen Widerlegungen lasse sich dieser Trieb nicht aufhalten, sagt Fischer. Ein Immerlauf-Gerät wäre die ultimative Grenzüberschreitung: Energie ohne Limite.Dass das Perpetuum mobile es dem Homo sapiens so besonders angetan hat, liege auch am Reiz des Kreislaufs, sagt Fischer: «Der Himmel ist voller Kreisbahnen, wir spre-chen vom Lebenskreis, sogar das Universum zieht sich nach einer kosmologischen Theorie

irgendwann wieder zusammen und dehnt sich neu aus.» Etwas ewig Kreisendes ist offenbar unwiderstehlich. Vielleicht ist es also kein Zufall, dass der erste überlieferte Entwurf eines Perpetuum mobile – eine Rad-konstruktion – aus Indien stammt, wo das Leben als Kreislauf immer neuer Wiederge-burten gedacht wird. Der Astronom und Ma-thematiker Bhaskara beschrieb um 1150 ein Holzrad mit hohlen, quecksilbergefüllten Speichen. Weil die schwere Flüssigkeit auf der einen Seite weiter vom Mittelpunkt ent-fernt war als auf der anderen, sollte sich das Rad ohne Zutun für alle Zeit drehen.

Bruch mit dem antiken Weltbild

Keine 100 Jahre später konstruierte der fran-zösische Architekt Villard de Honnecourt ein ganz ähnliches Gerät, das von einer un-

«Die Lust am Widerspruch hielt die Idee am Leben.» Ernst Peter Fischer, Wissenschaftshistoriker

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geraden Zahl beweglicher Hämmer angetrie-ben werden sollte. Damit war die Idee des Perpetuum mobile – nach einem Zwischen-stopp im Orient – in Europa angelangt. Bis dahin hatte das Abendland nicht daran ge-dacht, es mit dem Stillstand aufzunehmen. Aristoteles hatte unendliche Bewegung unterhalb des Mondes ausgeschlossen, nur die Gestirne kreisten seiner Meinung nach ewig umeinander. Als die Menschen ab dem 13. Jahrhundert versuchten, auf Erden den himmlischen Dauerlauf zu kopieren, brachen sie auch mit dem antiken Weltbild.

Selbst Leonardo da Vinci konnte sich of-fenbar dem Reiz der endlosen Bewegung nicht entziehen. In seinem Notizbuch skiz-zierte er sich selbst antreibende Maschinen und eine Vorrichtung, die die heisse Luft in einem Kamin nutzen sollte, um einen Brat-spiess über dem Feuer zu drehen. Öffentlich distanzierte er sich jedoch von der Idee: «O ihr Erforscher der immerwährenden Be-wegung, wie viele eitle Entwürfe in solcher-lei Unterfangen habt ihr geschaffen! Gesellt euch doch den Goldmachern zu !»

Solche Miesmacherei von höchster Stelle konnte die Tüftler der Renaissance jedoch nicht von ihrem Treiben abhalten. Zudem ver-sorgte sie ein anderes Grossgenie mit neuer Motivation: Galileo Galilei verkündete, dass überall dieselbe Mechanik gelte, wie im Him-mel so auf Erden. Vorbei war es mit der aris-totelischen Zweiteilung in oben und unten. Dann aber müsste doch auch hernieden per-petuelle Bewegung möglich sein, oder etwa nicht ?

Energie bürgte für Macht und Reichtum

«Die Naturphilosophie war sicher eine Quel-le der Faszination für das Perpetuum mobile», sagt Friedrich Steinle, Wissenschaftshistori-ker an der Technischen Universität Berlin. «Eine andere war natürlich die praktische An-wendung.» Der Zugang zu Energie bedeu- tete – und das ist heute nicht anders – Reich-tum und Macht. Jahrtausendelang hatte der Mensch mit seiner eigenen Muskelkraft aus-kommen müssen, ein Fünftel einer Pferde-stärke. Die Erfindung von Landwirtschaft und Viehzucht nach dem Ende der letzten Eiszeit revolutionierte die Energieversorgung, Pferde und Ochsen zogen Pflug und Wagen, die Menschen verfügten über mehr Energie als jemals zuvor. Städte wurden gegründet, die Gesellschaft konnte sich Künstler, Archi-tekten, Bauherren und Schreiber leisten – die überschüssige Energie liess die Zivilisation blühen. Was erst hätte unendliche Energie

geschaffen? Kein Wunder, dass gerade die europäischen Höfe im 17. und 18. Jahrhun-dert am Perpetuum mobile interessiert wa-ren. Und wenn schon nicht die energetische Weltherrschaft heraussprang, so waren die Apparate mit all ihren Rädchen, Hebeln und Hämmern doch ausserordentlich unterhalt-sam, und jede neue Vorführung stachelte die Sensationsgier an: Bewegt es sich dieses Mal? Ein Paradies für Trickser! Der berühm-teste soll erst einmal seinen Namen per Buchstaben-beschriftetem Rad verschlüs-selt haben: Aus dem sächsischen Mechaniker Bessler wurde erst Orffyre, dann mit lateini-scher Schmuckendung der geheimnisvolle Orffyreus. Sodann konstruierte er eine Ma-schine, die mit Seilen ein grosses Holzrad in Schwung halten sollte. Auf dem Schloss, des Landgrafen von Hessen-Kassel setzte er das Ding in Gang, liess die Türen des Ver-suchsraums verschliessen und sein Publikum zwei Wochen warten. Dann öffnete er, und siehe da: Es lief ! Der englische Physiker David Jones ist trotzdem sicher, dass Orffy-reus nur ein findiger Betrüger war. Der innere Mechanismus seines Geräts war zwar nicht zu durchschauen, das lag aber vor allem da-ran, dass der Erfinder ihn mit Wachstüchern verhüllt hatte.

Anno 1775 hatte die Königliche Akademie der Wissenschaften in Paris genug von all den Bastlern und Spinnern. Sie beschloss, «keine Vorschläge mehr anzunehmen oder zu bearbeiten, die sich mit nie endender Bewe-gung befassen» – und das allein aufgrund der permanent negativen Empirie, ohne theo-retische Widerlegung des Prinzips. «Das war schon eine erstaunlich harte Entscheidung», sagt der Wissenschaftshistoriker Steinle.

Energieerhaltungssatz setzt Schlussstrich

Die Theorie lieferte Julius Robert von Mayer 1845 nach. Einst hatte er sich selbst mit Im-merlauf-Apparaten beschäftigt, bis ihm klar wurde: Von nichts kommt nichts! Er formu-lierte den Energieerhaltungssatz, nach dem in einem abgeschlossenen System der Ge-samtbetrag der Energie gleich bleibt, Energie also weder geschaffen noch vernichtet wer-den kann. Damit war das Perpetuum mobile wissenschaftlich tot.

«Wer danach noch daran arbeitete,» sagt Steinle, «stellte sich automatisch ausserhalb der wissenschaftlichen Community.» Eine Position, die manchem äusserst attraktiv er-schien, meint sein Kollege Fischer: «Die Lust am Widerspruch hielt die Idee am Leben.» Der Dichter Paul Scheerbart war so ein Re-

Trickser, Tüftler, Tausendsassa

Bessler, Johann Ernst Elias, (1681–1745), war Abenteurer, Mediziner, Uhrmacher – und er war sein Leben lang der Idee des Perpetuum mobile verfallen. Auch von Selbstmarketing hatte der Sachse eine Ahnung: Er nannte sich geheimnisvoll Orffyreus. So abwechslungsreich sein Leben, so spektakulär sein Tod: Er starb beim Sturz von einer Windmühle.

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voluzzer, er verwandelte 1908 die Wasch-küche seines Hauses in eine Perpetuum-mobile-Werkstatt. Seine Frau war wenig begeistert. «Du, ich kann das Wort Rad nicht mehr hören», soll sie geklagt haben, «mir wird schlimm, wenn du das Wort aussprichst.»

Die Obsession für die immerwährende Bewegung dreht sich zwar seit Jahrhunder-ten im Kreis, aber nicht ohne Nutzen für die Wissenschaft. «Aus der Beschäftigung mit verrückten Dingen können grosse Einsichten entstehen», sagt Fischer. Der Energieerhal-tungssatz selbst, der erste Hauptsatz der Thermodynamik, ist ja ein Ergebnis des Stre-bens nach dem Perpetuum mobile. Auch der zweite Hauptsatz ergab sich aus solchen Ver-suchen: Die Entropie, die Unordnung also, nimmt stets zu. Das bedeutet, dass aus Wär-me nicht höherwertige Energie wie Strom gewonnen werden kann, ohne dass man dafür wiederum Energie aufwendet. Konst-ruktionen, die allein mit der Wärme der Um-gebung für immer laufen sollen, sind deshalb zum Scheitern verurteilt. Die Beschäftigung mit dem Unmöglichen trug letztlich dennoch zu einer ganz praktischen Erfindung bei: der Dampfmaschine.

Und noch heute kratzt auch die ernsthaf-te Wissenschaft hin und wieder an der Pfor-te zum Energieparadies. 1989 versetzte die «Kalte Fusion» die Fachwelt in helle Aufre-gung. Zwei Chemiker hatten behauptet, sie hätten Atomkerne bei Zimmertemperatur verschmolzen. Aus einer Kernfusion lässt sich zwar Energie gewinnen, dafür sind aber normalerweise sehr grosse Hitze oder ext-rem starke Laser nötig. Ohne diesen Ener-gieaufwand würde die Fusion zu einer Art Perpetuum mobile. Weltweit versuchten For-

scher, das Experiment zu wiederholen. Es gelang nicht.

Grösstmögliche Annäherung: Supraleitung

Am nächsten kommt der Immerlauf-Maschi-ne heute die Supraleitung. In speziellen tief-gekühlten Materialien kann Strom auf ewig kreisen, weil sich ihm kein elektrischer Wi-derstand mehr entgegenstellt. Für die Küh-lung ist natürlich Energie nötig – allerdings immer weniger: Funktionierte der erste ent-deckte Supraleiter erst bei minus 269 Grad Celsius, so gibt heute der beste Leiter aus Keramik schon bei moderaten 135 Minus-graden seinen Widerstand auf. «Wenn man ein Material finden würde, das um den Ge-frierpunkt supraleitend wird, wäre das eine Sensation», sagt Ernst Peter Fischer. «Das ist wohl noch das wahrscheinlichste Perpe-tuum mobile.»

Trotzdem versuchen sich immer wieder Einzelkämpfer und ganze Firmen am Un-wahrscheinlichen. Im Jahr 2007 konnte man im Internet die Konstruktion des irischen Unternehmens Steorn beobachten, die dem Modell von Bhaskara aus dem 12. Jahrhun-dert erstaunlich ähnelte – ein Plexiglasrad, an das Magnete montiert waren. Die Welt schaute also und sah: Es bewegte sich nicht.

Doch der nächste ewig drehende Apparat ist sicher schon in Arbeit. Die Idee selbst ist offenbar ein Perpetuum mobile, angetrieben von Neugier und Starrsinn. Da nützt es auch nichts, wenn Autoritäten zur Ordnung rufen, wie Vater Homer in der Fernsehserie «Die Simpsons», als Tochter Lisa an einer Dauer-lauf-Maschine schraubt: «Lisa, komm rein ! In diesem Haus gehorchen wir den Sätzen der Thermodynamik!» <

«Lisa, komm rein! In diesem Haus gehorchen wir den Sätzen der Thermodynamik!»Homer Simpson, amerikanischer Zeichentrickheld

Supraleiter – eiskalt und widerstandslos

Supraleiter sind Materialien, deren spezifischer elektrischer Widerstand auf null fällt, wenn eine kritische Temperatur unter-schritten wird; die externen Magnet felder werden aus dem Inneren des Materials verdrängt. Der holländische Physiker Heike Kamerlingh Onnes entdeckte die Supraleitung bereits 1911 beim Metall Quecksilber.

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Kraft der Gedanken

Ein Unfall veränderte Christian Kandlbauers Leben auf radikalste Art und Weise. Die Amputation beider Arme beraubte ihn seiner (Bewegungs-)Freiheit und Selbständigkeit. Ein Wunderwerk der Technik, die gedanken gesteuerte Armprothese, gab dem jungen Mann jedoch sein Leben zurück – eine Ge-schichte aus der Cyber-Welt.

Text: Mandana Razavi

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Christian Kandlbauer das erste Mal zu begegnen, ist irritierend. Denn spätestens wenn der sympathische jun-ge Mann einem die Hand zum Gruss reicht, bemerkt man, dass Kandlbauers

Hand eine mit Silikonhaut überzogene P rothese ist, während er selbst nichts vom Händedruck spürt. Bewegt er Arme und Hände, surrt es, als ob ein Roboter zugegen wäre. Nimmt er den Silikonbezug erst einmal ab, wird klar, dass dem tatsächlich so ist: Sein linker Arm ist nichts anderes als ein Ro-boter aus Metall, Kabeln, programmierten Mikrochips, einem Akkuladegerät und allem, was dazugehört.

Die anfängliche Irritation weicht dem ganz grossen Staunen, sobald man Christian Kandlbauers Geschichte erfährt: Er ist einer der wenigen Menschen weltweit, die ihre künstlichen Gliedmassen allein kraft ihrer Gedanken bewegen und steuern können. Mehr noch: Er ist in der Lage, seinen linken Arm wieder zu spüren und mit dem Zeige-finger seiner Hightech-Prothese Gegenstän-de zu erfühlen. Fast so, wie es die Natur ursprünglich für den gesunden Menschen vorgesehen hat.

Totalverlust der Selbständigkeit

Christian Kandlbauer war gerade 18 Jahre alt, als ihm nach einem Starkstromunfall mit 20 000 Volt beide Arme abgenommen werden mussten. Ein Psychologe half dem jungen Mann, der soeben seine Ausbildung zum Kfz-Mechaniker begonnen hatte, den gewaltigen seelischen Schock zu verarbeiten. Ein kleiner Selbstversuch von fünf Minuten reicht aus, um sich in etwa vorstellen zu kön-nen, wie es für einen Menschen sein muss, ohne beide Arme und Hände zu leben: Zäh-ne putzen, sich die Jacke anziehen, eine Tü-re öffnen – alles Tätigkeiten, die der Durch-schnittsmensch permanent, bewusst oder unbewusst, und mit grosser Selbstverständ-lichkeit ausführt. Der Verlust der Arme be-deutet unweigerlich den Verlust der Selb-ständigkeit.

Auch sein Körper musste erst lernen, sich an die völlig veränderte Situation anzupassen. In monatelanger Reha lernte Kandlbauer, wie er über die Muskulatur des Stumpfs an sei-nem rechten Arm eine Prothese mit drei Ge-lenken steuern kann. «Nach intensivem Trai-ning war ich irgendwann wieder in der Lage, mit einer herkömmlichen Prothese die rech-te Hand zu öffnen und zu schliessen, das >

Handgelenk zu drehen sowie den Unterarm zu heben und zu senken. Ich kann allerdings nur eine Bewegung auf einmal ausführen. Die Steuerung der Prothese ist zudem ziem-lich anstrengend, weil sie enorme Konzent-ration erfordert. Und – abgesehen von den Phantomschmerzen, die mir gelegentlich vor-gaukeln, dass ich meine Hand noch habe – , fühle ich rechts leider gar nichts mehr.» Für Kandlbauers linke Seite sah es anfänglich sogar noch schlechter aus: Der Arm war durch den Stromschlag so stark verletzt wor-den, dass man ihn samt Schulter amputieren musste. Da nicht einmal mehr ein Stumpf bestand, mit dessen Muskelkraft er eine Pro-these hätte bedienen können, konnten die Orthopädietechniker Kandlbauer lediglich eine funktionslose «Schmuckhand» anbieten.

Sehr schlechte Aussichten für einen Men-schen, der eben erst ins Leben starten wollte.

Wunderwerk der Technik

Doch Kandlbauers Schicksal sollte noch ein-mal eine unvorhersehbare Wendung neh-men. So unvorstellbar, dass man meinen könnte, die Geschichte entstamme einem Science-Fiction-Roman. Es war der ehema-lige Leiter des Rehabilitationszentrums Weis-ser Hof in Klosterneuburg, Dr. Herbert Kristen, der sich mit der Wiener Forschungs-zentrale des Medizintechnikunternehmens Otto Bock in Verbindung setzte, um zu er-fahren, ob es nicht doch irgendeine Möglich-keit gäbe, eine Versorgung für Kandlbauers schwer verletzte linke Seite zu finden. Tat-sächlich arbeiteten die Ingenieure von

Das Operationsverfahren

Voraussetzung für die Anwendung der gedanken-gesteuerten Prothese ist eine komplexe Operation, bei der eine Verlagerung der Nerven erfolgt. Durch den so genannten selektiven Nerventransfer können die Signale, die auch ursprünglich für die Steuerung des Arms verantwortlich waren, für die Steuerung der Prothese genutzt werden. Im Prothesenschaft sind Elektroden eingearbeitet, die diese Steuerungs-signale aufnehmen. Ein elektronisches Analyse-verfahren im Inneren der Prothese setzt die empfan-genen Signale um und erkennt die vom Träger ge-wünschte Bewegung.

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Otto Bock genau zu dieser Zeit an der Um-setzung einer neuen, von Todd Kuiken – einem Chirurgen des Rehabilitation Institute of Chi-cago – entwickelten Technik. Das Verfahren soll Patienten ein gedankliches, rein intuiti-ves Steuern ihrer Prothese ermöglichen – eine nie da gewesene Simulation der Natur, die den Willen ihres Trägers erkennt und Be-wegungsbefehle des Hirns in Echtzeit um-setzt. Kandlbauer wurde angefragt, ob er an diesem revolutionären Forschungsprojekt mitwirken und den Prototypen des ersten intelligenten Cyber-Arms testen wolle. «Als sie mir vom neuen Verfahren erzählten, habe ich nicht geglaubt, dass so etwas überhaupt möglich sein könnte. Aber lange überlegen musste ich nicht. Schliesslich war das die Chance, meine Selbständigkeit zurückzu-erobern», so Kandlbauer.

Phantomhand und Cyber-Arm

Ein halbes Jahr nach Abschluss der Reha konnte das Gemeinschaftsprojekt von Todd Kuiken, Otto Bock und dem Allgemeinen Krankenhaus (AKH) Wien beginnen. Der ent-scheidende Schlüssel, der eine Benutzung der Hightech-Prothese überhaupt erst mög-lich machte, war das von Kuiken entwickelte Operationsverfahren des selektiven Nerven-transfers. Die komplexe Operation wurde weltweit bislang erst von drei Chirurgen durch-geführt. Einer davon ist Univ.-Prof. Manfred Frey, plastischer Chirurg am AKH Wien. Er und sein Team führten den Eingriff bei Kandl-bauer durch: «Dabei musste ich die noch ver-bliebenen Armnervenreste aus der Schulter zum Brustmuskel umleiten und mit dessen Nervensträngen vernähen. Bevor der Brust-muskel dann definitiv zur «Phantomhand» umfunktioniert werden konnte, mussten a llerdings erst die Nerven, die mit einer Ge-schwindigkeit von rund einem Millimeter pro Tag wachsen, in die entsprechende Zone des Brustmuskels einwachsen», erklärt Dr. Frey.

Das erste Mal, als Christian Kandlbauer nach dem Unfall seine Phantomhand spürte, stand er gerade unter der Dusche. « Ich habe gefühlt, wie das Wasser an meiner linken Hand herunterlief. Ein Gefühl an einer Hand, die ich verloren hatte und die physisch nicht mehr vorhanden war ! Dieser Moment war unbeschreiblich», erinnert sich Kandlbauer. Der selektive Nerventransfer in den Brust-muskel war geglückt: «Teile der Brustkorb-muskulatur wurden erfolgreich zur Handmus-kulatur umfunktioniert. Klopft man Christian auf die Brust, empfindet er das so, als ob man ihm auf die Hand tippt », erklärt Dr. Hubert

Egger, Leiter des Projekts «Gedankenge-steuerte Prothese» bei der Otto Bock GmbH. Nach der OP ging es darum, die «Phantom-hand» zum Leben zu erwecken, sodass Kandlbauer sie mit Hilfe seines Cyber-Arms auch wieder benutzen konnte. «Alle Befehle, die früher von Gehirn und Rückenmark in den Arm oder in die Hand gesendet worden wären, kommen durch die Nervenumleitung jetzt auf dem Brustmuskel an, der – in seiner Eigenschaft als Muskel – jeweils bei Erhalt eines Impulses kontrahiert. Die Kontrak-tionen lassen direkte Rückschlüsse auf die Steuersignale des Hirns an die Phantomhand ‹Brustmuskel › zu und werden durch Elekt-roden auf der Hautoberfläche messbar », erklärt Dr. Egger.

Visualisierung der Gedanken

Das raffinierte Verfahren ermöglichte es den Elektroingenieuren der Otto Bock Forschungs-

zentrale, Daten zu erheben, auf die Mutter Natur bisher das absolute Monopol hatte – ein Durchbruch für die Technik. Im nächsten Schritt galt es, die verschiedenen Hirnströme zu entschlüsseln. Um die Prothese program-mieren und auf die entsprechenden Impulse von Kandlbauers Hirn abstimmen zu können, musste erst herausgefunden werden, welche Hirnströme jeweils für welchen Bewegungs-ablauf stehen. Keine leichte Aufgabe, wenn die Arme des Patienten nicht mehr vorhan-den sind. Otto Bock musste sich etwas einfallen lassen. «Wir entwickelten ein spe-zielles Trainingsverfahren, bei welchem wir Christian Kandlbauers Hirnströme auf einen Computerbildschirm projizierten. Während Christian sich vorstellen musste, wie er bei-spielsweise mit der Hand einen Gegenstand ergreift, unterstützte ein Kollege diese Vor-stellung visuell, indem er hinter ihm stand und seine Arme – ähnlich wie beim Puppen-

Technologie der Zukunft

Die intelligente Prothese kann gezielt über jene Nerven angesteuert werden, die auch ursprünglich für die Bewegung des Arms zuständig waren. Der Träger führt die Bewegungen rein intuitiv, kraft seiner Ge-danken, aus und kann durch sieben aktive Gelenke viele Fähigkeiten wiedererlangen, die durch die Am-putation nicht mehr möglich waren.

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theater – zur Verfügung stellte. Auf diese Weise war es uns möglich, die einzelnen Hirnströme als spezifische Bewegungsbe-fehle zu entschlüsseln und danach die Pro-these entsprechend zu programmieren», er-klärt Projektleiter Egger.

Forschung für mehr Lebensqualität

Heute, Hunderte von Labor-Trainingsstunden später, denkt Christian Kandlbauer lediglich noch «Kaffeetasse ergreifen und hochhe-ben», und sein Cyber-Arm mit sieben Ge-lenken führt die beiden Bewegungen kombi-niert, präzise und in Echtzeit aus. Nach so vielen Stunden im Labor wissen wohl auch die Ingenieure, wie die Kurve auf dem Bild-schirm aussieht, die Kandlbauers Gedanke «Kaffeetasse ergreifen und hochheben» er-zeugt. Weder Projektteam noch Patient ge-ben sich mit dem bisherigen Erfolg zufrieden. Es scheint, dass das gemeinsame Streben

nach «Quality for Life» – offizieller Slogan von Otto Bock und erklärtes Ziel von Christian Kandlbauer – dem eingeschworenen For-schungsteam immer neue Innovationskraft verleiht. Jüngster Coup ist die fühlende Hand: die Weiterentwicklung der gedanken-gesteuerten Prothese. Mikrorezeptoren an Kandlbauers Zeigefinger übernehmen die Funktion der natürlichen Sensoren der Hand und melden dem Gehirn, was der Träger fühlt. «Wenn man mir einen Eiswürfel in die linke Hand gibt, kann ich das spüren», so Kandl-bauer. « Ich bin überzeugt, dass ich irgend-wann nicht nur alle Finger meiner Prothese einzeln bewegen kann, sondern dass ich da-mit auch wieder fühlen kann.»

Vorsprung durch Technik

Christian Kandlbauer hat sein Leben und s eine Unabhängigkeit zurück. Er ist nahezu wieder selbständig, arbeitet im selben Betrieb

wie vor dem Unfall und fährt sogar Auto –wobei er und sein Auto TÜV-geprüft sind. Da-her stört es ihn nicht, dass er seinen Cyber-Arm nachts aufladen muss wie andere Leute ihr Handy. Es stört ihn auch nicht, dass es schon ein wenig gruselig wirkt, wenn Mensch und Maschine so roboterhaft miteinander verschmelzen, dass sich die Passanten auf der Strasse bisweilen ungläubig nach ihm umdrehen. «Only God can judge me» – nur Gott kann über mich urteilen, steht als Tattoo auf Christian Kandlbauers Hals geschrieben. Auch Vergleiche zu Science-Fiction-Ge-schichten wie James Camerons «Avatar » sind ihm egal. Denn seine Geschichte besteht zugegebenermassen aus sehr viel Science, nicht aber aus Fiction. Allein das ist es, was zählt. Und «Avatar » war gestern. <

Mobil im Auto

Traum erfüllt: Mit Hilfe seiner gedankenge-steuerten Prothese konnte Christian Kandlbauer sogar den Führerschein machen. Mittlerweile fährt er in einem nach seinen Bedürfnissen umge-bauten Subaru Impreza täglich selbständig zur Arbeit.

Videosequenz

Sehen Sie, wie die gedankengesteuerte Prothese funktioniert.

So gehts: Den BeeTagg Reader gratis auf das Smartphone laden, Code fotografieren, Link erhalten.

Mehr Informationen unterwww.ottobock.com

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Im Einklang mit der Natur: Mitglieder der Modern-Dance-Gruppe von Anna Halprin tanzen in den Hügeln von Stinson Beach, Kalifornien.

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24 Bewegung Überlebenstanz

Text: Ute Eberle

Sie ist eine der grössten Bewegungs künstlerinnen der Nach-kriegszeit, eine Rebellin, die stets radikal mit Konventionen brach. Tanzen sei den Atem sichtbar machen (breath made visible), sagt Anna Halprin. Denn: Tanz ist Leben ist Tanz.

Die Tänzerin Anna Halprin befand sich im Ferienhaus, das sie und ihr Mann – der jüngst verstorbene Land-schaftsarchitekt Lawrence Halprin – an Nordkalifor-niens Küste unterhielten,

als sie an einem Tag im Jahr 1975 merkte, dass sie innerlich blutete. Halprin hatte da-mals bereits seit drei Jahren einen künstli-chen Darmausgang in ihrem Nabel – die Fol-ge eines Tumors, der ihren Arzt gezwungen hatte, Teile ihres Verdauungstrakts sowie einen Eierstock zu entfernen. Die Blutung, die sie sah, signalisierte ihr, dass der Krebs zurückgekehrt war. Halprin war 55 Jahre alt.

Ihr Arzt riet ihr, sofort in die Praxis zu kom-men. Doch Halprin bat ihn, ihr vier Wochen Aufschub zu gönnen. « Ich hatte Angst », sagt sie. Und das bedeutete für Halprin fast zwangsläufig eines: Sie musste tanzen.

Tanz als Überlebensmechanismus

Tanzen ist Halprins Beruf und sie hat dafür viele Preise gewonnen. Aber es ist auch weit mehr. Über die Jahre ist Tanz für sie eine Art Überlebensmechanismus geworden, ein Weg, um Antworten auf existenzielle Fragen zu suchen. «Menschen haben schon immer Formen von Tanz genutzt, um das Mysterium des Lebens zu verstehen», sagt Halprin. Vie-le sehen in ihr eine der grössten Bewegungs-künstlerinnen der Nachkriegszeit, eine le-

gendäre Rebellin, die half, den avantgardis-tischen Tanz in die Theater der Welt zu bringen, indem sie radikal mit Konventionen brach. Sie war eine der Ersten, die nackte Tänzer auf die Bühne schickte (und dafür fast verhaftet wurde); die Erste, die – nach den Rassenkrawallen in Los Angeles von 1965 – ein schwarz-weiss gemischtes Tanzensem-ble gründete; die Erste, die Jahrzehnte spä-ter eine Tanztruppe allein mit HIV-positiven Männern besetzte.

«Anna hinterfragte und änderte vieles im Tanz», erklärt Janice Ross, eine Theaterpro-fessorin der Universität Stanford, die jüngst eine Biografie über Halprin schrieb. «Sie fragte: Wer darf tanzen? Wie muss Tanz aus-sehen? Wo darf er stattfinden?»

Nach welchen Tänzen ruft die Seele?

Andere sehen Halprin weniger schmeichel-haft: als Ikone und Mitbegründerin jener Tou-chy-Feely-Kultur, für die Kalifornien heute berüchtigt ist. Mit ihrer Tochter Daria grün-dete Halprin 1978 das «Tamalpa Institute» nahe San Francisco, in dem Gäste etwa ler-nen können, durch Bewegung die «Weisheit des Körpers» anzuzapfen, Gefühle aufzu-arbeiten oder ihre Selbstheilungskräfte zu mobilisieren. «Alles im Leben ist Bewegung, alles im Universum bewegt sich. Was sind die Tänze, nach denen unsere Seele ruft ?», fragt die Website des Instituts.

Für Halprin liegt darin kein Widerspruch. Sie sieht sich als Schülerin all dessen, was Bewegung bewirkt. Während ihrer Tanzlehre an der Universität von Wisconsin sezierte sie Leichen, um zu lernen, wie die Muskeln und Sehnen zusammenarbeiten, um eine Hand zu drehen oder ein Knie zu beugen. Bis heu-te hängt in ihrem Studio ein Skelett für solche Demonstrationen. Sie gesteht noch der pro-fansten Alltagsgeste tänzerisches Potenzial

Die amerikanischeTanzpionierin

Anna Halprin tanzt, seit sie vier ist. Immer wieder hat sie revolu-tionäre Richtungen für diese Kunstform entwickelt und andere dazu inspiriert, den modernen Tanz in neue Dimensionen zu führen. Halprin zählt zu den Pionie-ren der Expressive-Arts-Heilungs-bew egung. Sie hat viele Tanz-programme mit unheilbar kranken Patienten durchgeführt, denn sie hat erfahren, dass der Bewe-gung des Tanzes Heilkraft inne-wohnen kann. Im Laufe ihres Lebens hat sie 150 Tanzwerke für das Theater geschaffen und dafür viele Ehrungen und Aus-zeichnungen erhalten. Für die Neunzigjährige gilt: Alter schützt vor Tanzen nicht, ihr Motto lautet «Altern ist wie eine Erleuchtung mit vorge haltener Pistole.»

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zu. Eines ihrer Stücke in den 1960er-Jahren etwa enthielt eine Sequenz, in der Halprin 100 leere Weinflaschen einzeln auf die Büh-ne trug. Einen italienischen Zuschauer er-boste dies derart, dass er aufs Podium stürmte und rief: «Dafür musste Kolumbus Amerika entdecken?»

Halprin tanzte, als ihre Mutter starb; sie tanzte, als ihr Mann auf der Intensivstation lag. «Bewegung kann uns ins Heim der See-le bringen, in die innere Welt, für die wir kei-nen Namen haben», schreibt Halprin in ihrem Buch «Tanz, Ausdruck und Heilung».

Ein Körper, flink wie eine Ziege

Die heute 90-Jährige ist zierlich mit einem schalkhaften, zerfurchten Gesicht und einem Körper, der noch immer «flink wie eine Ziege» sei, wie der «New-York-Times»-Kritiker John Rockwell vor einigen Jahren bemerkte. Ihre Vitalität lässt sie Jahrzehnte jünger wirken. Als der Filmemacher Ruedi Gerber jüngst eine Dokumentation über Halprin drehte (unter dem Titel «Breath Made Visible» ab Herbst auf DVD zu kaufen), fing er eine Sze-ne ein, in der sich Halprin einem Passanten vorstellt, der eine Probe ihrer Tanztruppe beobachtet. «Aber es heisst, Anna Halprin sei richtig alt», protestiert der Mann. « Ich BIN richtig alt !», erwidert Halprin.

Sie tanzt seit bald 86 Jahren. Sie war vier, ein Kobold mit rotem Krauseschopf und das einzige Mädchen unter zwölf Vettern und

zwei älteren Brüdern, als ihre Mutter sie erst-mals zum Ballett brachte. Halprins Vater war als Teenager fast ein Jahr aus dem russi-schen Odessa nach London gelaufen, um ein Boot nach Amerika zu nehmen, wo er sich mit Textilien und Häusern ein Vermögen ver-diente. «Brauchte mein Vater einen Kasch-mirpulli, kaufte er sechs», erinnert sich Anna, die darunter litt, dass die Familie ständig um-zog, weil ihr Vater ein neues Immobilien-schnäppchen gemacht hatte. Als eine von

wenigen Juden im kleinen Winnetka nördlich von Chicago fühlte sie sich oft als Aussen-seiterin. «Die anderen Kinder in der Schule waren blond und blauäugig und die Mädchen warfen ihre Haare durch die Luft. Wenn ich meinen Kopf herumwarf, stellte sich mein Haar auf und kam nicht mehr runter », so An-na. «Zu bestimmten Anlässen wurde ich nie eingeladen.»

«Ich dachte, Gott sei ein Tänzer »

Weil man im Ballett über die ungestüme Vier-jährige lachte, fand Annas Mutter eine jener neuen Tanzschulen für sie, in denen die Kin-der nicht Demi-Pliés an der Stange übten, sondern frei zu Klaviermusik umhersprangen. So begann ein Hobby, dem Halprin bereits als Teenager, ihr Leben zu widmen beschloss. Obwohl nicht tief religiös, prägte ihre jüdi-sche Herkunft ihr Tanzleben. Als Kind sah sie gern zu, wie ihr orthodox-gläubiger Opa in der Synagoge betete, den Kopf in den Na-cken geworfen, die Hände erhoben, der weisse Bart pendelnd, während sein Körper in Ekstase schwang. «Mein ganzes Leben habe ich nach einem Tanz gesucht, der mich so tief berühren würde, wie mein Grossvater damals berührt war », sagt Halprin. «Für mich sah er aus wie Gott und so dachte ich, Gott sei ein Tänzer.»

Sie heiratete an der Universität und zog – nach einem Zwischenspiel am New Yorker Broadway – nach San Francisco, wo Law-rence eine Stelle annahm. Und es war hier, isoliert von der kulturell dominierenden US-Ostküste, wo Halprin alles, was sie

«Vor dem Krebs lebte ich, um zu tanzen. Seither tanze ich, um zu leben.»

Halprin besetzte eine Aufführung mit 69 Altersheimbewohnern im Schaukelstuhl.

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26 Bewegung Überlebenstanz

über Tanzkonventionen gelernt hatte, abwarf («wie ein Trikot, das zu warm und klebrig wur-de», schrieb ein Reporter) und danach zu suchen begann, was sie als den emotionalen Kern von Bewegungen sieht. «Tanz muss nicht anmutig, hübsch oder spektakulär wir-ken. Tanz kann Konflikte zum Ausdruck brin-gen. Tanz kann stapfen, fallen, angreifen, umklammern und sich ausstrecken», schrieb sie später.

Workshops in moderndem Laub

Das Paar baute ein Haus auf einem steil ab-fallenden Grundstück auf der stadtabge-wandten Seite der Golden Gate Bridge, wo Lawrence – der unter anderem den Ghirar-delli Square in San Francisco und das Wa-shingtoner Roosevelt Memorial entwerfen sollte – ein Tanzdeck für Anna erdachte, das in der Szene legendär wurde. Ungleichmäs-sig gezackt erhebt es sich in einem Hain von Bäumen bis zu neun Meter über den Boden. Obwohl es keinen Schutz vor dem Wetter bietet, diente es Halprin lange als ihr einziges Studio. Umgeben von raschelnden Blättern, zwitschernden Vögeln und dem «süssen Ge-ruch» modernden Laubs, hielt sie hier Work-shops ab – zu ihren Schülern zählten so be-rühmt werdende Performer wie Trisha Brown, Yvonne Rainer oder Meredith Monk – und entwickelte Tänze, die reflektieren sollten, was in ihrem Leben und in der Gesellschaft vor sich ging. Manchmal sei es so kalt ge-wesen, dass sie in Fäustlingen oder Schuhen getanzt habe, sagt Halprin. Andere Male ver-harrte sie bewegungslos, bis ein Insekt oder ein Vogel vorbeiflog, um sich von seinen Bewegungen inspirieren zu lassen.

Viele Tänze, die sie in jener Zeit entwarf, ähneln eher sozialkritischer Performance als ästhetischer Bewegungskunst. Wie der «Blank Placard Dance», bei dem Halprins En-semble, der San Francisco Dancers’ Work-shop, durch die Stadt zog und vermeintliche Protestplakate hochhielt, die jedoch irritie-renderweise unbeschrieben waren. Oder «Apartment 6», ein Stück, in dem Halprin wochenlang auf der Bühne Pfannkuchen buk, während sie und zwei männliche Partner ohne Skript ihre Beziehung «auslebten».

Ihre kulturellen Provokationen brachten ihr Bewunderung, aber auch viel Rage ein. Es kam oft vor, dass Zuschauer buhten, Be-leidigungen schrien oder Objekte wie Schu-he auf die Bühne warfen. Nach einem Auftritt von Halprins Tänzern 1963 in Jugoslawien, bei dem sie so unkonventionelle Dinge taten wie monoton eine Treppe auf- und abzustei-gen oder Weintrauben zu essen, brach eine solche Kontroverse aus, dass die Truppe ge-beten wurde, länger zu bleiben, um sich auf einer hastig einberufenen, landesweit über-tragenen Pressekonferenz zu erklären. «Nach langer Debatte beschlossen die 150 versammelten Tanzkritiker und Theaterlehrer, dass die Arbeit entweder die grösste künst-lerische Leistung seit Jahren gewesen war oder die Tänzer nicht wussten, was sie taten», berichtet Janice Ross.

Halprin staunte oft, wie heftig die Zu-schauer reagierten. Doch temperament- voll und eigensinnig – einmal durchstach sie nach einem Streit mit Lawrence alle Reifen an seinem Auto, damit er nicht wegfahren konnte –, liess sie sich nie lang irritieren. Schon früh fühlte sie sich nicht allein an die

«Tanz kann Konflikte zum Ausdruck bringen.»

Hier gehts zu den tanzenden Bildern

«Breath Made Visible» – der Trailer

Ein Auge voll Tanz nehmen? So gehts: Den BeeTagg Reader gratis auf das Smartphone laden, Code fotografieren, Link zum Trailer erhalten.

Der Schweizer Regisseur

Ruedi Gerber hat schon diverse preisgekrönte Dokumentarfilme gedreht, darunter «Meta-Mecano» über Bottas Tinguely-Museum oder «Living with the Spill» für den britischen Sender Channel 4, der die Ölpest vor der Küste Alaskas thematisiert. Vor seiner Arbeit als Regisseur tourte Gerber unter anderm mit seiner Ein-Mann-Show «Spiwit of Spwing» durch Europa.

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Bühne gebunden, sondern führte ihre Tänze auch an Orten wie einem Flugzeughangar, zwischen den Felsen ihres Grundstücks oder in Höhlen auf. «Meine Mission war es, die Grenzen, die man um den Tanz gezogen hat-te, immer weiter aufzubrechen», sagt sie.

Der Krebs brachte einen Einschnitt. Nach-dem Halprin im Ferienhaus die Blutung ent-deckt hatte, lud sie zehn Freunde und An-gehörige ein, um als «Zeugen» einem Solo beizuwohnen, in dem sie versuchen wollte, ihre Ängste zu exorzieren. Die Aufnahmen von jenem Tag sind auch für Menschen, die Halprin nicht persönlich kennen, nur mit Überwindung anzusehen. Gehüllt in eine schwarze Kutte windet sich die Tänzerin vor einem Selbstporträt aus kantigen, dunklen Linien. Sie heult, kreischt, schluchzt, ballt die Fäuste, fällt auf die Knie und stöhnt wie ein waidwundes Tier, bis sie erschöpft zusam-menbricht. Später tanzte sie einen versöhn-lichen zweiten Akt vor einer fröhlicher gehal-tenen Selbstdarstellung.

Als Halprin anschliessend – ihre Gnaden-frist war aufgebraucht – zum Arzt ging, war kein Krebs mehr festzustellen. Bis heute

glaubt die Tänzerin, dass ihr «reinigendes» Solo eine Spontanremission bewirkte. Sie zog sich von der öffentlichen Bühne zurück und arbeitete zunehmend mit Nichttänzern, darunter unheilbar Aids-Kranke und Krebs-patienten, mit denen sie die therapeutische Wirkung von Tanz zu erforschen suchte.

«Jeder ist ein Tänzer », sagt Halprin, die einmal eine Aufführung mit 69 Altersheimbe-wohnern besetzte, bei dem diese in Schaukel-stühlen sitzend koordiniert vor- und zurück-wippten. «Nie habe ich seelenvolleres Tanzen gesehen», sagt sie über diese Erfahrung.

Massentanz fungiert als Heilungsritual

Besonders stolz ist sie jedoch auf den «Pla-netary Dance», ein Massentanz, bei dem zum Teil Hunderte von Tanzlaien auf vorgegebe-nen Bahnen im Kreis herumrennen oder hüp-fen. Anna und Lawrence hatten den Vorläu-fer dazu 1981 als Heilungsritual für ihre Nachbarschaft erdacht, nachdem ein Serien-mörder sieben Frauen auf einem nahe ge-legenen Berg getötet hatte (drei Tage nach der Aufführung wurde der Täter gefasst). Seither wurde der Tanz in abgewandelter

Form jedes Jahr wiederholt und hat sich schliesslich bis in 36 Länder von Australien bis Deutschland verbreitet.

Noch immer unterrichtet Halprin zwei Mal pro Woche. Mittlerweile ist sie auch auf die Bühne zurückgekehrt. Ihre jüngsten Projek-te beschäftigen sich meist mit Verfall und Sterben. Mit 83 Jahren liess sie sich filmen, wie sie nackt tanzte – den Körper mit blauer Farbe beschmiert und eine Perücke aus Zweigen auf dem Kopf. Auch trat sie in dem von ihr kreierten Stück « Intensivstation» an der Seite von drei jüngeren Partnern auf. In teils offenen, klaffenden Krankenhemden mi-men die Darsteller körperlichen Schmerz, Terror und Aufbegehren, bevor sie schliess-lich akzeptierend in den Tod sinken. Es sei «schwer hinzugucken, aber unmöglich weg-zuschauen», urteilte ein Kritiker. Halprin stel-le «noch immer die richtigen Fragen», schrieb kürzlich ein anderer.

«Vor dem Krebs lebte ich, um zu tanzen», sagt Halprin. «Seither tanze ich, um zu le-ben.» Und damit ist sie noch nicht fertig. Sie arbeite an neuen Stücken, versichert die 90-Jährige. <

Anna Halprin hielt ihre Workshops gerne auf ihrem Grundstück ab. Ihr legendärer Tanzboden unter freiem Himmel lockte viele junge Talente an. Vor der Kälte schützten Fäustlinge und das innere Feuer.

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Text: Mathias Plüss

28 Bewegung Dauerläufer

Wir ADer Mensch ist ein Bewegungstier. Bei grosser Hitze sind wir über lange Strecken unschlagbar. Das hat es unseren Vorfahren ermöglicht, ihre Beutetiere buchstäblich zu Tode zu hetzen.

Bernd Heinrich ist kürzlich 70 geworden und läuft noch im-mer. Drei seiner US-Rekor-de aus den 1980er-Jahren sind ungebrochen – über 100 Kilometer, 100 Meilen und über zwölf Stunden auf

der Bahn. In fünf Jahren will er einen neuen Weltrekord aufstellen: im Hundertkilometer-lauf in der Kategorie der 75+.

Der Langstreckenlauf boomt. Volksren-nen verzeichnen Rekordbeteiligungen. Wer noch nie einen Marathon absolviert hat, muss sich beinahe schon rechtfertigen. Keine noch so grosse Distanz scheint die Teilnehmer ab-zuschrecken: Der Europalauf 2009 führte über 4488 Kilometer von Bari bis ans Nord-kap – durchschnittlich 70 Kilometer täglich, kein einziger Tag Pause. Ist dieser Rennboom eine Modeerscheinung, in ein paar Jahren wieder vergessen? Wohl kaum. Viele Läufer empfinden ihr Tun vielmehr als Rückkehr zum menschlichen Urzustand. «Als Läufer han-geln wir uns direkt an der endlosen Kette der Geschichte entlang», schrieb etwa Jim Fixx in seinem «Complete Book of Running». «Wir erfahren, was wir empfunden hätten, wenn wir vor 10 000 Jahren gelebt und Herz, Lun-

ge und Muskeln durch ständige Bewegung gesund gehalten hätten. Wir vergewissern uns, was dem modernen Menschen selten gelingt, unserer Verwandtschaft mit dem frühzeitlichen Menschen.»

«Wir werden als Läufer geboren»

Manchen gilt das Laufen gar als Essenz des Menschseins. Es sei «in unserem kollektiven Gedächtnis verankert », sagt der südafrikani-sche Anthropologe Louis Liebenberg. «Das Rennen ist die Superkraft, die uns zu Men-schen machte.» «Tief in unserem Innern», meint auch Bernd Heinrich, «sind wir immer noch Läufer. Wir alle werden als Läufer ge-boren.» Am schönsten hat es der legendäre tschechische Langstreckler Emil Zátopek gefasst: «Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft.» Der Deutsch-Amerikaner Bernd Heinrich ist auch unter den Ultraläu-fern eine Ausnahmeerscheinung: Als Sport-ler lotet er seine Leistungsgrenzen aus – als Zoologe erforscht er die Evolution und stellt Experimente an. Seit er als Sechsjähriger barfuss über Sandwege lief, den Tigerkäfern hinterher, ist Laufen seine Leidenschaft.

Mit richtigem Training fing er erst an, als er auf die 40 zuging. Ein Freund hatte ihm

eingeflüstert, er könne einen Marathon unter 2 : 30 schaffen. Noch am gleichen Tag be-gann Heinrich zu trainieren. Als ihm ein Arzt wegen eines degenerierten Knorpels zum Aufhören riet, ignorierte er Schmerzen und Warnung: « Ich stellte mir einfach vor, wie ich dieses kleine Stück Knorpel durch verstärk-tes Laufen langsam, aber sicher zu Pulver zerrieb.» Das Knie hielt. Seinen ersten Ma-rathon schaffte er in 2: 25.

Dann verlegte er sich auf noch grössere Distanzen. Am 4. Oktober 1981 kam sein grosser Tag: der Hundertkilometerlauf von Chicago. Bernd Heinrich, 41 Jahre alt, ohne Socken, sich ausschliesslich von Preisel-beersaft ernährend, gewann das Rennen mit einer Dreiviertelstunde Vorsprung und in amerikanischer Rekordzeit. Über seine Er-fahrungen und Erkenntnisse schrieb er ein Buch, das unter dem legendären Titel «Why we run» zum Bestseller wurde. Heinrichs These: Der Mensch sei jahrtausendelang ein «Ausdauerräuber » gewesen, der seine Beu-tetiere in der Hitze des Mittags buchstäblich zu Tode gehetzt habe. Das tönt vielleicht ein wenig lächerlich, wenn man es zum ersten Mal hört, weil wir das Vorurteil im Kopf haben, der Mensch sei ein Meister des Mittelmasses,

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Ausdauerräuber

der alles könne, aber nichts richtig: ein biss-chen schwimmen, ein bisschen klettern, ein bisschen rennen.

Das stimmt zwar grundsätzlich, aber unter speziellen Bedingungen ist der Mensch tat-sächlich allen anderen Läufern überlegen: über sehr grosse Distanzen bei grosser Hit-ze. Hasen sind hervorragende Sprinter – sie halten 45 Sekunden bei Tempo 70 durch. Das ist ihre Rettung, denn Füchse schaffen kurzzeitig maximal 60 Stundenkilometer. Die schnellsten Landtiere überhaupt, die Gepar-de, erwischen ihre Beute meist innerhalb einer halben Minute oder sie lassen sie zie-hen. Auch Wölfe verfolgen ein Tier kaum je länger als eine Viertelstunde, sonst sterben sie an Überhitzung. Als beste Mittelstrecken-läufer gelten die Antilopen – manche Arten schaffen zehn Kilometer in zehn Minuten. Doch fehlt es ihren schlanken Körpern an Energiereserven; spätestens nach 30 Kilo-metern sind sie erschöpft. Deshalb vermö-gen trainierte Menschen, so sie die Fährte nicht verlieren, selbst Antilopen zu Tode zu hetzen.

Der beste Beweis dafür ist die Tatsache, dass viele Urvölker noch bis vor Kurzem tat-sächlich die Ausdauerjagd pflegten. Der

Volkskundler Barre Toelken berichtet, er ha-be noch in den 1950er-Jahren erlebt, wie ein Navajo- Indianer Hirsche jagte: «Der Hirsch setzte in wilden Sprüngen davon, hielt inne und flüchtete erneut. Der Jäger, der in gleichmässigem Tempo der Spur des Tiers folgte, ermüdete es schliesslich. Dann näherte er sich dem erschöpften Hirsch, legte ihm die Hand über Maul und Nüstern und erstickte ihn.»

Ausdauerjagd bei mindestens 37 Grad

Der Anthropologe Louis Liebenberg war sel-ber mehrmals bei der Antilopenjagd der Buschmänner in der Kalahariwüste in Bot-swana mit von der Partie. Am Ende, sagt er, kollabiere die Antilope vollends, «oder sie verlangsamt so sehr, bis sie nur noch da-steht, mit glasigen Augen. Letztlich wird das Tier zum Überhitzen gebracht.» Die Jäger rennen dabei in zwei bis sieben Stunden nonstop bis zu 35 Kilometer. Und das bei Temperaturen von mindestens 37 Grad – da-runter ziehen sie nicht los, weil die Antilope zu schnell wäre. Das ist der springende Punkt: Kein anderes Tier kann so gut mit Hitze umgehen. Der Mensch ist Weltmeister im Schwitzen. Sogar das Fell haben wir

Läufer aus Leidenschaft

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Bernd Heinrich, geboren 1940, wurde als Zoologe für seine For-schungen über Hummeln, Wild-gänse und Raben bekannt. Mit 40 startete er seine Karriere als Marathon- und Ultralangstrecken-läufer. Zu seinen Bestsellern gehören «Die Seele der Raben» und «Laufen. Geschichte einer Leidenschaft». Heinrich lebt in einer Blockhütte in Maine (USA).

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30 Bewegung Dauerläufer

Seit 1895 das Magazin der Credit Suisse Nummer 3 Juli/August 2010

BewegungDer Mensch ist zum Laufen geboren. Doch nur wenige sind so schnell wie Dave Dollé. Lassen Sie den mehrfachen Schweizer Meister auf Ihrem Bildschirm lossprinten! (Anleitung auf Seite 30)

Globale Initiative Credit Suisse ist treibhausgasneutral

KMU-Studie Die Globalisierungswelle rollt

Wolfgang Rihm Der deutsche Komponist im Gespräch

Mit dem Magazin entrepreneur

abgeworfen, damit das Wasser auf unserer Haut besser verdunsten kann. Bis zu zwei Liter Wasser können unsere drei Millionen Schweissdrüsen pro Stunde abgeben. Viele Tiere können schlecht oder gar nicht schwit-zen. Hunde etwa, die nur hecheln können, sind dem Menschen an Hitzetagen hoff-nungslos unterlegen. Ein Gepard vermag in der Sonne nicht mehr als ein paar Minuten zu rennen, sonst erleidet er einen Hitzschlag. Offenbar sind die meisten Tiere auf Wasser-ersparnis angelegt – der Mensch aber gera-de nicht. Indem er den Wasserverlust in Kauf nimmt, kann er auch bei grösster Hitze ren-nen und hat sich so eine ökologische Nische geschaffen.

Das Schwitzen und der Fellverlust sind aber nur die auffälligsten Merkmale. «Wir sind von Kopf bis Fuss voller Anpassungen, von denen viele beim Gehen keine Rolle spie-len», sagt der Anthropologe Daniel Lieber-man von der Harvard University. Vielmehr handle es sich dabei um charakteristische Eigenschaften eines Langstreckenläufers. Ein paar Beispiele:

Die Zweibeinigkeit: Auf zwei Beinen lässt es sich schneller laufen als auf vier. Die Amerikanische Schabe stellt sich auf die Hinterbeine, wenn sie es pressant hat – genauso macht es der Leguan. Die

schnellsten Mittelstreckenläufer bei den Dinosauriern waren Zweibeiner. Der auf-rechte Gang hat in der Hitze aber noch einen weiteren Vorteil: Die Sonnenein-strahlung verringert sich um 60 Prozent. Der Nachteil ist, dass bei Zweibeinern ausgerechnet der Kopf der Sonne aus-gesetzt ist, aber zu dessen Schutz hat sich ja unser üppiges Haupthaar entwickelt. Zusätzlich leitet ein spezielles Netz von Blutgefässen die Wärme vom empfindli-chen Gehirn ab.

Die Sehnen: Sie sind die Speicherkraft-werke des Läufers. Die Achillessehne ab-sorbiert bei jedem Aufsetzen 40 Prozent der Energie, die sonst verloren ginge, und gibt sie beim nächsten Schritt wieder frei. Für das blosse Gehen haben diese Seh-nen keine grosse Bedeutung. « In der Evo-lution haben sich grosse Sehnen aus-schliesslich bei Läufern entwickelt », sagt der Anthropologe Lieberman.

Das Gesäss: Im Vergleich zu den ande-ren Primaten ist unser Hintern riesig. Der Gesässmuskel ist der grösste Muskel des Menschen. Beim Gehen ist er wenig ge-fordert, beim Rennen aber sorgt er für Stabilität. Alle andern zweibeinigen Ren-ner (Beispiel Känguru) haben einen gros-sen Schwanz, der als Gegengewicht zum

nach vorne geneigten Rumpf dient. Beim Menschen übernimmt der Gesässmuskel diese Aufgabe. Dazu kommt ein spezielles Nackenband zur Stabilisierung des Kopfs.

Die Theorie ist umstritten. Das Prob-lem ist, dass man in der Evolution eigent-lich nie beweisen kann, was die Ursache für eine Anpassung war. Besonders deut-lich lässt sich das beim aufrechten Gang zeigen, der zahlreiche Vorteile mit sich brachte: die grössere Übersicht in der Savan ne, nachdem unsere Vorfahren von den Bäumen gestiegen waren; die frei werdenden Hände, die zum Werkzeugge-brauch, Waffen- oder Kindertragen ge-nutzt werden konnten; oder eben die grös-sere Geschwindigkeit beim Rennen. Was der Auslöser war und was nur willkomme-ner Nebeneffekt, ist schwierig zu sagen.

Vom Aasfresser zum Fleischjäger

Die Entwicklung zum herausragenden Läufer kann aber nur langsam vonstattengegangen sein. Bernd Heinrich vermutet, dass die ers-ten Zweibeiner ihre – anfangs noch beschei-dene – Geschwindigkeit zunächst nutzten, um möglichst rasch bei frischem Aas zu sein. Einmal auf den Geschmack des Fleischs ge-kommen, hätten sie dann begonnen, selber Tiere zu jagen. Die energiereiche Fleisch-nahrung hatte offenbar so viele Vorteile, dass die läuferischen Fähigkeiten über die Jahr-millionen immer besser wurden.

Auch die Entwicklung unseres Gehirns korreliert durchaus mit der erfolgreicheren Jagd. Denn bei der Ausdauerjagd ist das Fährtenlesen wichtig, weil ja das Beutetier am Anfang viel schneller ist, und Fährten-lesen setzt Intelligenz voraus. Es braucht aber auch Durchhaltevermögen und die Fä-higkeit, sich die Zukunft vorzustellen – wei-tere typisch menschliche Eigenschaften. Bernd Heinrich spricht in diesem Zusammen-hang von der visionären Kraft, ohne die der Mensch nicht imstande wäre, all die Schmer-zen und Strapazen bei der Verfolgung eines ambitiösen Ziels auf sich zu nehmen. «Wir können uns Dinge vorstellen, die weit in der Zukunft liegen», schreibt Heinrich. «Wir se-hen unsere ‹Beute› vor uns, selbst wenn sie hinter Hügeln oder im Dunst verschwunden ist. Dann wird die Vorstellung zu unserem wichtigsten Antrieb. Ihre Kraft ist es, die es uns ermöglicht, nach der Zukunft zu grei-fen, ob es nun darum geht, ein Mammut oder eine Antilope zu erlegen, ein Buch zu schrei-ben oder eine Rekordzeit in einem Rennen aufzustellen.» <

bulletin 3/10 mit Augmented Reality – so haben Sie Papier noch nie erlebt.

Da läuft etwas

Machen Sie Dave DolléBeine mit dem bulletin Special Effect !Papier ist geduldig? Papier ist ein Wunderding! Machen Sie den Test und staunen Sie selbst: Das Titelblatt des bulletin 3/10 wurde mit einer speziellen Technik, der Augmented Reality (Erweiterte Realität), produziert. Rufen Sie unsere Website auf und befolgen Sie die An- weisungen. Dave Dollé, ehemaliger Schweizer Leicht- athlet amerikanischer Herkunft und mehrmaliger Schweizer Meister, läuft exklusiv für Sie. Mal schneller, mal langsamer, ganz wie es Ihnen gefällt. Vielleicht gelingt es mit Ihrer Hilfe sogar, seinen Schweizer Rekord von 1995 über 100 Meter (10,16 Sekunden) zu brechen? Es liegt ganz in Ihrer Hand.

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100 Jahre Kunsthaus Zürich

Pablo Picassos erste Retrospektive – live

1932 fand die weltweit erste Retro-spektive von Pablo Picasso (1881–1973) statt. Der spanische Maler hatte die Ausstellung, die drei Monate lang im Kunsthaus Zürich gezeigt wurde, persönlich zusam-mengestellt. Nun wird sie auf eindrückl iche Weise in Erinnerung gerufen, indem vom 15. Oktober 2010 bis zum 30. Januar 2011 über 70 der damals gezeigten Spitzen-werke ausgestellt werden. In Erwar-tung eines grossen Andrangs hat der Vorverkauf bereits begonnen. Gegenwärtig laufen zwei andere sehenswerte Sonderausstellungen mit Fotografien von Thomas Struth (bis 12. September) sowie «Motion Picture(s)» von Adrian Paci (bis 22. August). schi

www.kunsthaus.ch

Hochschulsport

Zürich kürt neue Schachweltmeister

Trafen sich letztes Jahr in Zürich sämtliche noch lebenden Schach-weltmeister zu einer viel beachteten Simultanvorstellung und einem Rapidt urnier, das Vladimir Kramnik vor Viswanathan Anand gewann, so werden nun vom 4. bis 12. Septem-ber in der Limmatstadt gar Schach-weltmeister erkoren. Bei der elften World University Chess Champion-ship sind die Namen der 150 Teil-nehmer aus 20 Nationen zwar etwas weniger klingend, aber das Niveau wird trotzdem äusserst hoch sein. Das Reservoir an Spitzenspielern in Osteuropa ist unerschöpflich. Die Teamwertung wurde bis jetzt fünf-mal von Russland gewonnen, je zweimal schwangen Georgien und China obenaus, einmal schaffte je-doch Spanien eine Überraschung. Diesmal die Schweiz ? Das wäre wohl zu viel verlangt, aber mit den internationalen Meistern Oliver Kurmann, Julien Carron und Monika Seps an der Spitze stellen die Ein-heimischen eine starke Equipe und

sie streben auch in der Einzel-wertung gute Platzierungen an. Der Grossanlass wird mitunter-stützt vom Fonds Schach Schweiz der Stiftung Accentus.

Nach dem sensationellen Ab-schneiden der Hochschulsportler an den beiden letzten Universiaden im Winter in China (14 Medaillen) und im Sommer in Serbien (5 Me-daillen) interessiert sich der Schweizer Hochschulsport-Ver-band (SHSV) mit Präsident Andreas Csonka für die Durchfüh-rung der Winteruniversiade 2017. Als langjähriger Partner ist die Credit Suisse im Stiftungsrat durch Verwaltungsratspräsident Hans- Ulrich Doerig vertreten. schi

www.wucc2010.ch; www.shsv.ch

SVC Unternehmerpreis Zentralschweiz

Geistlich Pharma dank Tradition und Qualität

Sie produziert im luzernischen Wolhusen Biomaterialien für die Regenerat ion von Knochen und Geweb e in der Zahnmedizin, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, der Ortho pädie und Traumatologie, und das in einer derart hohen Qualität, dass Jurypräsident Elmar Wolge singer den Unternehmerpreis Zentralschweiz des Swiss Venture Club dem 1851 gegründeten Fami-lienunternehmen Geistlich mit CEO Paul Note an der Spitze zu-sprach. Ebenfalls in den Final gelang ten Arthu r Weber, Opacc Software, ABL, Enz Technik sowie Ricardo.ch. schi

www.swiss-venture-club.ch

«Ein Traum geht für den Swiss Venture Club und mich in Erfül-lung», erklärte SVC-Präsident Hans-Ulrich Müller anlässlich der öffentlichen Vorstellung der SVC-AG für KMU Risikokapital am 3. Juni. Schon seit seiner Gründung habe sich der Swiss Venture Club stark gemacht für alternative Finanzierungsmög-lichkeiten für Unternehmer, wobei die mit der Credit Suisse re-alisierte Mezzanine-Finanzierung ein Meilen stein gewesen sei. Nun aber sei mit der Gründung einer Risikokapitalgesellschaft der «logische nächste Schritt » voll zogen worden. «Wir setzen ein starkes Ausrufezeichen!» Die Credit Suisse stellt dazu 100 Millionen Franken zur Verfügung, wie Hans-Ulrich Meister, CEO Credit Suisse Schweiz, erläuterte. Damit habe sie auf die – ge-mäss Sorgen barometer des bulletin – seit Jahren grösste Sor-ge der Schweize rinnen und Schweizer reagiert: die Arbeitslo-sigkeit. Weitere Massnahmen seien die Aufstockung der Lehr-stellen um 25 Prozent, verbunden mit der Garantie der Weiterbeschäftigung, sowie 30 Millionen Franken für die Initia-tive Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit (siehe Seite 52) und 10 Millionen Franken für zusätzliche IT-Lehrstellen. schi

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Bild oben: Reto Isenegger (links) und Johannes Suter (Dritter von links), Verwaltungs ratspräsident und CEO der neuen SVC-AG für KMU Risikokapital, mit Hans-Ulrich Müller (Zweiter von links), Präsident SVC, und Hans-Ulrich Meister (rechts), CEO Credit Suisse Schweiz. Bild unten: Hans-Ulrich Meister stellt im Forum St. Peter die neue Tochtergesellschaft der Credit Suisse vor.

Interview mit Johannes Suter, CEO SVC-AG für KMU Risikokapital auf Seite 42

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Fotos: Fabio Lenzlinger | Martin Stollenw

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M  oderne Leadership«Die Idee des Fussballspiels hat sich geän dert. Es ist schneller geworden und erfordert ein besseres Zusammenspiel», erklärte Wolfgang Jenewein, ehemaliger Spitzenfussballer bei 1860 München und nun an der Universität St. Gallen und an der Technischen Hochschule Aachen spezialisiert auf Fragen der Personal­führung. Die 30 jungen Zuhörerinnen und Zuhörer des Lyceum Alpinum Zuoz er­fuhren, dass diese simple Tatsache enorm e Konsequenzen hat: Der Spiel­macher kann nicht mehr, sich auf einem «Bierdeckel­Radius» bewegend, alle Bäll e verlangen, sondern muss sich ins Team integrieren und dieses emotional mitreissen. «Auch die Anforderungen an den Trainer sind gestiegen, die Zeit der Spielertrainer ist vorbei.» Jenewein be­tonte dies am Boarding School Event in der Credit Suisse Geschäftsstelle St. Mo­ritz weniger wegen der Fussballwelt­meisterschaft, sondern vor allem weil sich diese Bilder auf die Wirtschaft über­tragen lassen. «Der grösste Fehler der Wirtschaftsführer ist, dass sie zu weni g Zeit aufs Führen verwenden.» Und dass sie nicht realisieren, wie die Idee des Spiels sich geändert hat. Wie sagte doch der deutsche Teammanager Oliver Bierhoff: «Sage es mir, und ich werde es erklären, zeige es mir, und ich werde mich daran erinnern, involviere mich, und ich werde es verstehen.» Daneben stan­den wie gewohnt eine Einführung in die Finanzmärkte durch Daniel C. Heine (sieh e bulletin 1/2010) und das praxiso­rientierte Investment Game im Zentrum des zweitägigen Anlasses «Invest in your future». Hanspeter Ackermann, Leiter Credit Suisse Engadin, sowie Beat und Ursula Sommer vom Lyceum Alpinum Zuoz bekräftigten, die Partnerschaft wei­ter zu vertiefen.

Die Jury freut sich ganz entspannt über das hohe Niveau beim Investment Game (von links): Wolf­gang Jenewein und Daniel C. Heine, Universität St. Gallen, sowie Stephan Uebersax, Ursin Bernard und Hanspeter Ackermann, Credit Suisse Engadin.

Mehr unter www.credit­suisse.com/bulletin

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Auszeichnungen für LeadershipAm 16. Juni übergab Brady Dougan im Fo­rum St. Peter in Zürich fünf bankinterne CEO Leadership Awards. Gleich zwei der Aus­zeichnungen blieben in der Schweiz: Pascal Besnard, Private Ban­king Genf, erhielt den Award «Client Leader­ship» und John Zafiriou, Private Banking Zü­rich, jenen für «Innova­tion Leadership».

Viviane Leurin, Credit Suisse Luxemburg, wurde der Award «Leadership in Com­pliance and Control» zugesprochen, Carol C. Chan, Credit Suisse Singapur, gewann den Award «Leadership in Diversit y». Den wich tigsten Preis, den auf Oswald Aeppli, Verwaltungsratspräsi­dent 1977–1983, zu­rück gehenden Aeppli­Preis, erhielt Paul Douglas, Credit Suisse New York. 

Zwei Jubiläen fallen zusammen

kammerorchesterbasel glänzte in Südamerika

Das kammerorchesterbasel ist das Schweizer Orchester, das mit Ab-stand am häufigsten im Ausland spielt und dabei namhafte Solisten wie etwa Cecilia Bartoli begleitet; doch den Sprung über den grossen Teich hat es sich zum Jubiläum aufge spart. Das vor 25 Jahren ge-gründete Spitzenorchester spielte anlässlich der 200-Jahr-Unabhän-gigkeitsfeier Argentiniens in Buenos  Aires. Die Cellistin Sol Gabetta,  die 2004 den Credit Suisse Young Artist Award erhalten hatte, be-geisterte dabei als Solistin im gleichsam blinden Zusammenspiel mit ihrem älteren Bruder Andrés, der als Konzertmeister fungierte. Auf der vom 24. Mai bis zum 1. Juni dauernden Tournee besuchte das kammerorchesterbasel auch Mon-tevideo (Uruguay) und São Paulo (Brasilien). 

www.kammerorchesterbasel.ch

Bianca Veraguth

Ausstellung in Zürich

Zaha Hadid und die russische Avantgarde

Die Architektin und Künstlerin Zaha Hadid, die vom «Time Magazine» zu den 100 einflussreichsten Menschendes Jahres 2010 gerechnet wird, hat im Grieder-Haus der Credit Su-isse beim Parade platz ihre Installa-tion «Aura» (Vene dig, 2008) ausge-stellt. Dies im Zusammenhang mit ihrer Ausstellung «Zaha Hadid and Suprematism», die noch bis zum 30. September in der nahe gelege-nen Galerie Gmurzynska gezeigt wird. In dieser von der Künstlerin selbst kuratierten Ausstellung wird die enge Bezie hung zwischen ihrem Werk und dem der russischen Sup-rematisten des frühen 20. Jahrhun-

derts aufgezeigt und erforscht.  Zu sehen sind Arbeiten von Illya Chasni k, El Lissitzky, Kasimir Malevic  h, Alexander Rodchenko und Nikolai Suetin.  schi

Die Skulptur «Aura» im Grieder­Haus der Credit Suisse in Zürich.

Interview mit Zaha Hadid unter www.credit­suisse.com/bulletin

6. Zurich Film Festival 

Nachwuchsfilmer aus aller Welt zu Gast in Zürich

Wiederum nehmen 32 junge Regis-seure mit ihrer ersten bis dritten  Arbeit an den drei Wettbewerben «Internationaler Spielfilm», «Deutsch-sprachiger Spielfilm» und « Inter-nationaler Dokumentarfilm» teil. Die Eingabefrist dazu ist am 15. Juli abgelaufen. Geschäftsführerin Nadja Schildknecht und Karl Spoerri als Künstlerischer Leiter geben  unter www.zurichfilmfestival.org laufend aktuelle Informationen bekann  t. Das Nachwuchsfilmfestival dauert vom 23. September bis zum 3. Oktober.  schi

Musikkollegium Winterthur

Saisonauftakt neu mit Mozart­Festival

Das Musikkollegium Winterthur überzeugt immer wieder durch seine Projekte für und mit Jugend lichen, so zuletzt am 19. Juni mit einem grossen Edgar-Varèse-Konzert, zu dem Schülerinnen und Schüler der Kantonsschulen Rychen berg und  Im Lee ihre eigenen elektronischen Live-Improvisationen beisteuerten und jene der International School Winterthur eine Fotomontage. Zum Auftakt der neuen Saison führen die Winterthurer unter der Leitung von Douglas Boyd vom 25. August bis zum 25. September ein grosses Mozart-Festival durch.

Mehr unter www.credit­suisse.com/bulletin

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1 Präsentieren ein attraktives Programm (von links): Thomas Oberender (Schauspiel), Markus Hinterhäuser (Konzert), Präsidentin Helga Rabl-Stadler, Intendant Jürgen Flimm, Kaufmännischer Direktor Gerbert Schwaighofer. 2 Max Reinhardt 1936 bei einer Probe. 3 Jonathan Meese mit Bühnenbildmodell zu «Dionysos».

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Dem klassischen Besitz der Welt dienenDas Grosse Festspielhaus wird 50 Jahre alt, die Salzburger Festspiele feiern gar ihr 90-jähriges Bestehen – und die Credit Suisse darf sich über ihre fünfjährige Partnerschaft mit diesem wohl wichtigsten sommerlichen Kulturfest der Welt freuen. Mythen gilt es zu erforschen, junge Talente zu entdecken – vom 25. Juli bis zum 30. August.

Am 22. August 1920 begannen die ersten Salzburger Festspiele mit einer Aufführung von Hugo von Hoffmannsthals «Jedermann» unter der Regie von Max Reinhardt. Sie stan-den noch ganz unter dem Eindruck des Gros-sen Krieges. Die Gründer, zu denen auch Richard Strauss, Franz Schalk und Alfred Roller zählten, wollten «geistigen Frieden» bringen. Und mit den Festspielen sollte der «Glaube an Europa» als «Fundament unseres geistigen Daseins» seinen neuen Ausdruck finden.

Was in 90 Jahren nicht alles geschah, was an genau diesem Fundament zweifeln, verzweifeln, aber, keine Frage, auch hoffen liess! Die Kultur und nicht zuletzt die Salz-burger Festspiele sorgten für viele lichte Momente und boten, wie programmatisch verkündet, «edelsten Genuss», boten «Oper und Schauspiel, und von beiden das Höchste», boten Begegnungen, die zunehmend globa-len und nicht mehr rein europäischen Cha-rakter aufwiesen.

Die Welt zu Gast in Salzburg

2009 setzten sich die 248 657 Besuche-rinnen und Besucher aus 68 Nationen zu-sammen. Und betrachtet man die Künstler, so trifft man ebenfalls auf eine breite Prove-nienz. Letztes Jahr führte Daniel Barenboim mit seinem West-Eastern Divan Orchestra die Befreiungsoper «Fidelio» auf, dieses Jahr bringen die Festspiele ein Wiedersehen mit dem World Orchestra for Peace unter der Leitung von Valery Gergiev, mit dem die Credit Suisse 2005 eine Tournee nach London, Berlin, Moskau und Beijing durch-geführt hatte. In Salzburg spielt das WOP am 5. August die Symphonien Nr. 4 und 5 von Gustav Mahler, der vor 150 Jahren, am 7. Ju-li 1860, im böhmischen Kalischt das Licht der Welt erblickt hatte.

Im Zentrum stehen heute wie zu Beginn die «Freuden Mozart’scher Reinheit und Schön heit ». Gegeben wird, mit Premiere am 9. August, «Don Giovanni» unter der musika-lischen Leitung von Yannick Nézet-Séguin

mit Claus Guth als Regisseur. Es spielt das Hausorchester der Salzburger Festspiele: die Wiener Philharmoniker. Mit ihnen pflegt die Credit Suisse eine lange Partnerschaft, ermöglicht sie doch seit 1993 als Residential Sponsor die Auftritte dieses Weltklasse-orchesters am Lucerne Festival. Seit 2000 sind die Wiener Philharmoniker wesentlich mitbeteiligt bei der Jurierung und Verleihung des mit 75 000 Franken dotierten Credit Suisse Young Artist Award, den der Cellist Nicolas Altstaedt (siehe Seite 38) erhält.

So werden die Salzburger Festspiele tat-sächlich immer wieder zu Sommerbegegnun-gen. Mit Anne-Sophie Mutter etwa, die nächste Saison als Artist-in-Residence beim New York Philharmonic wirkt (Seite 40) und hier in Salzburg am 8. und 10. August Wolf-gang Rihms «Gesungene Zeit » aufführt. Da-mit sind wir beim Erfolgsrezept der Salzbur-ger Festspiele angelangt, die, gleichsam in Ergänzung des traditionellen Kerns, immer auch den Aufbruch zu anderen Kontinenten wagen: Scelsi, Sciarrone, Varèse, Rihm.

Am 27. Juli wird Wolfgang Rihms Oper «Dionysos» uraufgeführt, die rechtzeitig, aber keinen Tag früher fertig geschrieben wurde

und der die Credit Suisse ihre traditionelle «Sommerbegegnung» für Journalisten wid-met – und auch das aktuelle bulletin Leader-interview (siehe Seite 78).

Elektra und Lisa della Casa

Gemäss dem Motto «Mythen. Wo Gott und Mensch zusammenstossen, entsteht Tra-gödie» lassen auch andere Veranstaltungen den Blick nach hinten – und nach innen – wer-fen. Erwähnt sei hier einzig «Elektra» (Pre-miere am 8. August) von Richard Strauss und Hugo von Hoffmannsthal, die von Daniele Gatti, dem Chefdirigenten des Opernhauses Zürich, geleitet wird. «Elektra» wird in Salz-burg zum sechsten Mal aufgeführt, das letz-te Mal, 1996, wurde sie von Lorin Maazel dirigiert, das erste Mal, 1957, finden wir in der Rolle der Chrysothemis die Schweizerin Lisa della Casa.

In Salzburg trat Lisa della Casa bis 1960 in 20 Rollen auf. Als Zdenka debütierte sie 1947 in Richard Strauss’ «Ara bella», einem musikalischen Meisterwerk, bei der Arabel-lissima 1958 die Titelrolle auf unvergessliche Weise interpretierte – nachzuhören im Rah-men der «Festspieldokumente» und bis 13. August nachzusehen in der Ausstellung über Lisa della Casa und die Salzburger Festspiele am Paradeplatz in Zürich.

Salzburg bietet aber auch vorausweisende Begegnungen. Hier erhalten junge Künst-lerinnen und Künstler den letzten Schliff für eine Karriere, die sie an die meisten grossen Kulturhäuser bringen wird. Erstmals wird ein junger Komponist ausgezeichnet, schon län-ger wird das Young Directors Project mit Wettbewerbscharakter durchgeführt. Die Credit Suisse engagiert sich seit letztem Jahr beim Young Singers Project. Hier gibt es nur Sieger, die acht Teilnehmerinnen und Teil-nehmer, aber auch das Publikum, das zu vier Meisterkursen Zutritt erhält und am 26. Au-gust das Abschlusskonzert mit Dirigent Ivor Bolton nicht verpassen sollte. schi

2006 schenkte die Credit Suisse den Salzburger Festspielen «1000 Tears» von Not Vital.

w ww.credit-suisse.com/salzburgerfestspiele

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Erste Bühnenerfahrung für acht junge SängerJunge, noch relativ unerfahrene Sänger stehen plötzlich im Rampen- licht, weil die Medien unaufhörlich Künstler ohne Falten sehen wollen. Mit dem Young Singers Project vermitteln die Salzburger Festspiele diesen Sängerinnen und Sängern wertvolle praktische Erfahrungen.

Das Programm steht Talenten unter 30 Jah-ren offen. Ziel ist es, diese Sänger bekannt zu machen, ihnen eine internationale Bühne zur Verfügung zu stellen und zusätzliche E rfahrungen zu vermitteln. «Die praktische Erfahrung auf der Opernbühne ist genau das, was dem Nachwuchs oft fehlt », weiss die Leiterin des Young Singers Project, die Mezzosopranistin Marjana Lipovšek. «Junge Sänger finden sich heute oft plötzlich auf einer Opernbühne wieder, obwohl ihnen jeg-liche Erfahrung fehlt. Schuld daran sind die Medien und die führenden Plattenfirmen, die attraktive, schöne und vor allem falten-lose Interpreten sehen wollen. Hinzu kommt, dass das Publikum heute Zugang zu unzäh-ligen hervorragenden Einspielungen all jener Opern hat, deren Aufführung sie beiwohnen. So können sie die Leistungen der Sänger auf der Bühne mit den Plattenaufnahmen zu Hause vergleichen. Für junge Opernsänger erhöht dies den Druck enorm.»

Den acht ausgewählten Teilnehmenden steht ein arbeitsreicher Sommer bevor. Für

indi vi duelle Gesangsstunden sind Marjana Lipovšek und ihr Mann, der Bass Alfred Burg staller, zuständig. Daneben gibt es vier Meisterklassen. Diese werden von bekann-ten Künstlern geleitet, zu denen auch die deutsche Mezzosopranistin Christa Ludwig sowie der engl ische Bariton Sir Thomas Allen gehören. Auch wenn der Name dies sugge-rieren mag, geht es beim Young Singers Project nicht nur um die Gesangsausbildung: Schauspielerei, Bewegungstraining, Tanz und Sprachunterricht gehören ebenfalls zu den Lehrinhalten, die von Berufsschauspie-lern und -tänzern vermittelt werden.

«Unsere Talente haben die Möglichkeit, Bühnenproben beizuwohnen, hinter die Kulis-sen der Salzburger Festspiele zu blicken und so nachzuvollziehen, wie profes sionelle Opern-sänger sich auf ihre Rollen vorbereiten. Dies ist eine unschätzbare praktische Erfahrung. Es werden ihnen auch die Fehler gezeigt, die man auf einer Bühne unbedingt vermeiden sollte», fügt Marjana Lipovšek hinzu. Durch ihre Teilnahme an den Proben können die

Nachwuchssänger sehen, wie berühmte Re-gisseure, Dirigenten und Kollegen arbeiten.

Profitieren von langjähriger Erfahrung

Die bekannte Opernsängerin hat die Projekt-leitung übernommen, weil sie ihre Erfahrung mit Nachwuchssängern teilen wollte. « In meinen jungen Jahren standen mir erfahre-ne Opernsänger mit Rat und Tat zur Seite. Das hat mir sehr geholfen», betont Marjana Lipovšek. In den vergangenen 30 Jahren ist sie in mehr als 80 Opernaufführungen, Kon-zerten und Liederabenden im Rahmen der Salzburger Festspiele aufgetreten. «Man wird nicht über Nacht und selbst nicht innerhalb von zehn Jahren zu einem Opernstar. Das ist ein Prozess, der fast ein ganzes Leben lang dauert. Es gilt, Körper und Seele mit den Werken zu verbinden. Ein Sänger erreicht seinen gesanglichen Höhepunkt mit 40 oder 45, wenn nicht sogar erst mit 50 Jahren», weiss Marjana Lipovšek. Sie wird die Leitung des Young Singers Project sicher bis 2012 ausüben. Und warum nicht auch noch da-rüber hinaus! «Das ist eine einzigartige Er-fahrung, eine Aufgabe, die ich gerne und mit ganzem Herzen übernehme.»

Strenges Auswahlverfahren

Die Zulassung zum Young Singers Project ist sehr begehrt und wird als Qualitätssiegel betrachtet. Sänger aus der ganzen Welt, von Chicago bis Salzburg, werden zum Vorsingen eingeladen. «Die Stimme ist das wichtigste Qualitätskriterium. Sie muss bereits eine be-stimmte Reife aufweisen», erläutert Marjana Lipovšek, die am diesjährigen Auswahlver-fahren teilnahm. «Eine weitere Anforderung ist, dass die Sänger in der Lage sind, die vorgesehenen Opernpartien zu singen.»

Dieses Jahr werden die Teilnehmenden Partien aus Mozarts «Don Giovanni», Ri-chard Strauss’ «Elektra», Charles Gounods «Roméo et Juliette» und Christopher Glucks «Orfeo ed Euridice» einstudieren. Abschluss des Projekts wird ein Konzert sein, das am 26. Au gust um 18 Uhr im grossen Auditorium der Stiftung Mozarteum in Salzburg stattfin-det. Alle acht Sängerinnen und Sänger – Lena Belkina, Claudia Boyle, Wladimir Kaps-huk, Antonio Poli, Emily Righter, André Schuen, Regine Isabella Sturm und Erika Wueschner – werden vom Mozarteumorches-ter Salzburg unter dem Dirigenten Ivor Bolton begleitet. Dorothee Enskog

Eine engagierte Ausbildnerin: Marjana Lipovšek mit Christina Daletska (2009). www .credit-suisse.com/salzburgerfestspiele

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«Boris Pergamenschikow hat mich stark geprägt»Nicolas Altstaedt ist der sechste Gewinner des Credit Suisse Young Artist Award. Am 17. September ist er zusammen mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Gustavo Dudamel am Lucerne Festival zu hören.

«Wenn ich Beet hoven mit Nikolaus Harnon-court höre, dann ist das in diesem Moment das Grösste für mich. Dasselbe gilt aber auch, wenn Carlos Kleiber ‹Tristan und Isol-de› dirigiert. Es gibt so viele Beispiele, dass es unfair den anderen gegenüber wäre, wenn ich Einzelne allzu stark hervorheben würde», erklärt Nicolas Altstaedt auf die Frage nach seinen Vorbildern. «Es gibt viele Künstler, die ich auf eine ganz eigene, individuelle Art bewundere und liebe. Gidon Kremer. Fried-rich Gulda. Martha Argerich. Es müssen kei-neswegs immer Cellisten sein. Und auch ein Bild von van Gogh oder eine Kathedrale kann

bei mir ähnliche Emotionen und Inspirationen auslösen.» Natürlich kommt man danach auf die verschiedenen Lehrer zu sprechen. Ent-scheidend geprägt wurde der junge Cellist von Boris Pergamenschikow.

«2002 besuchte ich in Lübeck einen Meis-terkurs bei Lynn Harrell. Nach dem Ab-schlusskonzert kam Boris Pergamenschikow auf mich zu und sagte mir, mein Vortrag eines virtuosen Stücks von Rostropowitsch habe ihm sehr gefallen», erinnert sich Altstaedt. « Ich war berührt, dass er sich extra die Zeit genommen hat, bei den Schülern des anderen Kurses zuzuhören und mir, dem

unbe deutenden Studenten, sein Lob mitzu-teilen. Umgekehrt hatte ich selber seinem Meisterkurs so oft wie möglich beigewohnt. Seine Art zu spielen und zu unterrichten hat mich in den Bann gezogen. Als er versprach, mich in seine Klasse aufzunehmen, war das für mich gewissermassen der musikalische Ritterschlag.» Tatsächlich konnte Altstaedt bald schon einen Kurs bei ihm absolvieren, danach musste er aber noch ein Jahr war -ten, bis im Oktober 2003 in Berlin ein Platz frei wurde.

Auch menschlich ein Vorbild

«Wir waren eine tolle Klasse, fast wie eine Familie», schwärmt er. «Wir haben zusammen gegessen und einander beim Unterricht zu-gehört. Pergamenschikow hat sich viel Zeit für uns genommen und sich rührend um uns gekümmert. Nie werde ich vergessen, wie er gleich zu Beginn zu mir sagte: ‹Ich bin dein Sklave, ich bin jederzeit dafür da, dir zu hel-fen.› Das war keine Floskel. Er hat uns nie von oben herab unterrichtet, sondern jeden bei der Suche nach seinem eigenen Weg tat-kräftig unterstützt.»

Sein Tod kam 2004 – trotz längerer Krank-heit – letztlich sehr plötzlich und war für seine Schüler ein tiefer Schock. Um wenigstens indirekt noch weiter profitieren zu können, liess sich Altstaedt in einer Übergangsphase von Pergamenschikows Assistent Claudio Bohorquez unterrichten.

Die ersten Weichen waren indes bereits im Kindesalter gestellt worden. Nicolas Altstaedt, in Heidelberg geboren und in Gütersloh aufgewachsen, stammt aus einer Ärztefamilie. « Ich bin aber mit Musik auf-gewachsen», so der Preisträger des Credit Suisse Young Artist Award. «Mein Vater spielte Klavier und Cello und pflegte die Hausmusik.» Die Söhne erbten gewisser-massen diese beiden Instrumente, Christoph verlegte sich aufs Klavier, der zwei Jahre jüngere Nicolas mit etwa sechs Jahren aufs Cello, dies auch, weil sein Vater fand, seine kräftigen Hände würden ausgezeichnet zum Cello passen.

Von französischer in russische Schule

Mit Marcio Carneiro fand Nicolas Altstaedt in Detmold den idealen Lehrer, bei dem er fünf Jahre lang blieb. «Ein hervorragender Cellist. Und ein hoch gebildeter Fanatiker, der völlig für die Musik lebt. Für mich als 14-Jährigen genau der Richtige», weiss Nicolas Altstaedt. Seine Mutter ist Französin.

Spielt am 24. und 25. Juli sowie am 3. und 4. August am Davos Festival und danach am 24. August und am 17. September am Lucerne Festival: Nicolas Altstaedt, Gewinner des Credit Suisse Young Artist Award 2010.

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Mag sein, dass er deshalb dem Vertreter der französischen Schule von André Navarra so zugetan war. Doch nach dem Abitur spürte Nicolas, dass er dringend eine Veränderung brauchte. Eine andere musikalische Luft at-men musste. In einem Meisterkurs lernte er Ivan Monighetti kennen und ging 2001 für zwei Jahre zu ihm nach Basel. Monighetti war ein Schüler von Mstislaw Leopoldowitsch Rostropowitsch, einem Vertreter der russi-schen Schule also – und doch nicht. «Er ist ein Individualist, nur schwierig einzuordnen. Ich schätze seine grosse Bandbreite. Er ist stilkundig in Barockmusik, aber ebenso in zeitgenössischer Musik.»

Berlin als neuer Lebensmittelpunkt

Eigentlich hätte Altstaedt länger bleiben kön-nen. Aber der Drang zu Pergamenschikow, einem engen Freund Monighettis, war stär-ker. « Ich bin dankbar, dass Ivan Monighetti Verständnis für meinen Entscheid zeigte», blickt er zurück. «2008 hat er mich eingela-den, in Basel an einem Gedenkkonzert für Rostropowitsch teilzunehmen. Das war ein sehr gelungener, stimmungsvoller Anlass – so hat sich der Kreis geschlossen.»

In Berlin traf Nicolas wieder auf seinen Bruder Christoph. Dieser hatte noch in Det-mold den Entschluss gefasst, sich ganz aufs Dirigieren zu konzentrieren, und deshalb be-reits 2002 das Young Sound Forum of Cen-tral Europe gegründet.

Nach dem Tode Pergamenschikows stu-dierte Nicolas Altstaedt drei Jahre bei David Geringas, bei dem er 2008 das Konzert-diplom absolvierte. Seit April 2009 arbeitet er nun mit Eberhard Feltz zusammen. An ihm schätzt er vor allem die kammermusikalische und musikphilosophische Kompetenz.

Das Repertoire des jungen Künstlers umfasst zahlreiche zeitgenössische Kom-ponisten, so etwa Sofia Gubaidulina. Von Franghiz Ali-Zadeh interpretierte er beim Zermatt Festival ein ihm gewidmetes Werk als Uraufführung. Das Klavierquintett von Thomas Ades spielte er mit dem Komponis-ten in New York. Zu nennen sind auch Wolf-gang Rihm, mit dem er am Davos Festival zusammenarbeitete, und Wilhelm Killmayer, den er ganz besonders schätzt. Doch auch mit der Musik des Barocks und der Klassik hat der vielseitige Preisträger des Credit Suisse Young Artist Award keinerlei Berüh-rungsängste. schi

w ww.nicolasaltstaedt.com; www.credit-suisse.com/lucernefestival

Schatzalp ist Zauberberg«Zum Raum wird hier die Zeit», lautet das Motto des 25. Davos Festival vom 24. Juli bis zum 7. August für junge Talente aus der ganzen Welt.

Das von Intendantin Graziella Contratto zu-sammengestellte Programm von 22 Kon-zerten mit 67 jungen Künstlern aus mehr als 10 Ländern enthält viele Höhepunkte. Die Wunschkonzerte der Intendanten Michael Haefliger (1986 –1998), Dirk Nabering (1999–2000) und Thomas Demenga (2001–

2006) etwa. Oder die vom Hornquartett Da-vid Guerrier gespielten Geburtstagsfanfaren.

Und am Freitag, 30. Juli, wird im Hotel Schatzalp die Oper «Zauberberg – eine Oper im Kurhotel» uraufgeführt ! Auf der gleichen Schatzalp, wo Literaturnobelpreisträger Tho-mas Mann in seinem Roman das legendäre «Curhaus» ansiedelt. Erst ein Mal wagte sich zuvor ein Opernkomponist an diesen Stoff heran, Robert Grossmann, der 2002 die Oper «Zauberberg» in Chur uraufführte. Und nun im Jahr 2010 also Gregory Vajda.

«Nur ein paar wenige Jahre nach meiner ersten Lektüre von Manns Zauberberg, na-türlich auf Ungarisch, war ich zum ersten Mal Gast als Young Artist in Davos. Als junger Klarinettist war ich von diesem Ort hingeris-sen, fühlte mich magisch angezogen und heimisch zugleich. Fast 20 Jahre später kam ich als Dirigent des Ensemble Laboratorium 2009 zurück», erklärt der 37-jährige Kom-ponist und Dir igent. «Nach dem Konzert in der Lobby des Hotels Schatzalp schlug es mich wie vor den Kopf: Ich sah und hörte – einer filmischen Traumsequenz nicht unähn-lich – eine Art Oper mit ein paar Sängern und einem Salonorchester. Ich fühlte mich mitten

in die Walpurgisnacht-Party versetzt. Der Zauberberg ist für mich ‹wortgewordene Mu-sik›. Der Text ist jedenfalls viel zu musika-lisch, um ihn nicht zu komponieren.»

Ist Manns Zauberberg wortgewordene Musik, so ist Vajdas Zauberberg musikge-wordenes Wort, ist die Rückführung des künstlerischen Flusses an seine Quelle. Re-gisseurin und Librettistin Bettina Geyer kann dabei nicht nur mit Künstlern wie Falko Hö-nisch (Hans Castorp), Sylvia Vadimova (Claw-dia Chauchat), Michael Leibundgut oder Reto Hofstetter zusammenarbeiten, sondern spannt gleich auch noch die Zuschauer als Kurgäste ein. Gerry Hofstetter, den wir 2009

auf seine Light Art Expedition nach Grönland begleiteten (siehe bulletin 3/2009), rückt zu-dem für die Credit Suisse das Hotel Schatz-alp ins beste Licht, ins künstlerische Licht.

«Musikinteressierte mit der Entdeckung von jungen Spitzentalenten zu überraschen – das gelingt dem Davos Festival beeindru-ckend gut », führt Almiro Carigiet, Leiter Pri-vate Banking Nordbünden der Credit Suisse, aus und freut sich, dass gleich drei Träger des internationalen Credit Suisse Young Ar-tist Award zu hören sein werden. «Die Kon-zerte des Pianisten Michael Helmchen, des Bratschisten Antoine Tamestit und des Cel-listen Nicolas Altstaedt sind eine einmalige Gelegenheit, Virtuosen zu hören, die inzwi-schen auf den grossen Bühnen der Welt zu Hause sind.» schi

Das Hotel Schatzalp hat sich in den letzten Jahren als aussergewöhnlicher Konzert- ort etabliert. 2009 weilte Gregory Vajda mit dem Ensemble Laboratorium in Davos.

www.davosfestival.ch

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N ew York Philharmonic erstmals zu Gast in Georgien und LitauenDas älteste Symphonieorchester der USA und die Credit Suisse haben ihre erfolgreiche Partnerschaft bis Ende der Saison 2012/2013 verlängert. Verstärkt wird die Zusammenarbeit mit der Unterstützung eines jährlichen internationalen Bildungsprojekts.

Das Jahr 1842 ging in die Kulturgeschichte ein, denn damals wurden mit dem New York Philharmonic und den Wiener Philharmoni-kern gleich zwei der ältesten und renommier-testen Orchester der Welt ge gründet. Die Berliner Philharmoniker (1867), das Ton-halle-Orchester Zürich (1868), das Royal Concertgebouw Orchestra in Amsterdam (1888) oder auch das London Symphony Orches tra (1904) sind erst später entstan-den; aber es gibt natürlich trotzdem einige noch ältere Orchester, die Sächsische Staats kapelle Dresden etwa oder das Ge-wandhausorchester Leipzig. Was die Anzahl Konzer te anbelangt, ist das New York Phil-harmonic jedoch klar führend: Am 5. Mai 2010 verbesserte das Orchester mit dem 15 000. Konzert seinen eigenen Weltrekord und setzte einen weiteren, viel beachteten musikalischen Meilen stein.

Neu ein Philharmonic-Festival

Das Jubiläumskonzert fand im Rahmen eines von Alan Gilbert neu geschaffenen dreiwö-chigen Philharmonic-Festivals in der Avery Fisher Hall im Lincoln Center statt, das d ieses Jahr Igor Strawinsky gewidmet war. Der bekannte russische Komponist hatte 85 Jahre zuvor mit dem New York Philhar-monic sein Amerikadebüt als Dirigent ge-

geben. Geleitet wurde das Festival – und damit auch das Jubiläumskonzert – von Va-lery Gergiev. Der musikalische Leiter des Mariinskij Teatr in St. Petersburg und Diri-gent des London Symphony Orchestra ist in New York bestens bekannt, da er von 1997 bis 2008 als Hausdirigent der Metropolitan O pera gewirkt hat.

Seit seiner Gründung spielten übrigens 1590 Musikerinnen und Musiker als Mitglied des New York Philharmonic, und knapp 47 Millionen Besucher konnten die 15 000

Kon zerte live mitverfolgen. Indirekt waren es natürlich Unzählige mehr, denn kaum ein anderes Orchester der Welt hat derart viele Tonträger veröffentlicht wie das New York Philharmonic. Seit 1922 ist das Orchester praktisch ununterbrochen im Radio präsent, und heute gibt es eine preisgekrönte Pod-cast-Serie heraus.

Partnerschaft um drei Jahre verlängert

Gary W. Parr, Chairman der New York Philhar-monic, Zarin Mehta, Präsident und Executive Director des Orchesters, und Paul Calello, CEO Credit Suisse Investment Banking, nutz-ten die Gelegenheit des Jubiläumskonzerts, um die Verlängerung der globalen Partner-schaft um weitere drei Jahre bekannt zu geben, das heisst bis zum Ende der Saison 2012/2013. Die Credit Suisse sei ein fantas-tischer Partner des Orchesters, erklärte Parr, ein Unternehmen mit klarem Bekenntnis zu Qualität, Integrität und Innovation.

Der bekannte Schauspieler Alec Baldwin, der jeweils die Radioübertragungen des Orchesters moderiert, wies generell auf die Bedeutung von Sponsorpartnern für die klas-sische Musik hin und betonte: «Wir können der Credit Suisse nicht genug dafür danken, was sie für die Kultur leistet – und speziell für die Kultur hier in New York.»

Ein historischer Moment im Mai 2010 : Das New York Philharmonic spielt sein 15 000. Konzert.

Musikalische Meilensteine

2010 5. Mai, 15 000. Konzert, Valery Gergiev

1982 3. Juli, 10 000. Konzert, Zubin Mehta

1959 13. Dezember, 5000. Konzert, George Szell

1916 3. Mai, 1000. Konzert, Josef Stransky

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Paul Calello, der Einsitz in den Vorstand des New York Philharmonic genommen hat, unterstrich die Bedeutung der Partnerschaft, welche den Kunden, den Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit aussergewöhnliche Erleb-nisse ermögliche. Das Orchester leiste zu-dem einen wichtigen Beitrag als lebendige und innovative Institution von New York City und sei, dank seiner ausgedehnten Tourneen, ein weltweit hoch geachtetes amerikani-sches Kulturgut.

Die Partnerschaft umfasst alle Konzerte des Orchesters weltweit sowie jährlich zwei Tourneen. Seit Beginn der Partnerschaft er-möglicht die Bank der Bevölkerung von New York zudem, die Generalprobe des Saison-eröffnungskonzerts gratis zu besuchen.

Talentförderung und Bildungsprojekte

Wie Toni J. Krein, Leiter Corporate Kultur-sponsoring Credit Suisse, erklärt, geniesst die Unterstützung junger Talente innerhalb der Bank hohe Priorität. Deshalb verfolgt die Credit Suisse dieses Ziel auch bei den von ihr unterstützten Kulturinstitutionen, indem sie ihnen hilft, den musikalischen Nach-wuchs zu fördern. Das New York Phil-harmonic verfügt über ein umfassendes Förderprogramm sowohl in New York als auch international. Die Credit Suisse und das New York Philharmonic verstärken hierbei die Zusammenarbeit mit der Unterstützung eines jährlichen internationalen Bildungspro-jekts in Form eines während mehrerer Mo-nate durchgeführten Programms im Rahmen der Tourneetätigkeit des Orchesters.

The Europe/Autumn 2010

Erstmals wird dieses Education Project auf die Tournee vom Mai 2011 hin umgesetzt. Zuvor steht aber die Tournee Europe/Autumn 2010 des New York Philharmonic an. Zwi-sche n dem 21. Oktober und dem 4. Novem-ber besucht das Orchester acht europäische Länder, darunter erstmals Georgien und Litauen. Für die Konzerte in Georgien konn-te man als Solistin die aus Georgien stam-mende Violinistin Lisa Batiashvili gewinnen. In Deutschland, Serbien und Luxemburg hingegen wird Leonidas Kavakos das Violin-konzert von Jean Sibelius vortragen. Und in Warschau wird ein dritter Instrumentalist zu hören sein, nämlich der derzeit noch nicht bestimmte Gewinner des Internationalen Frédéric Chopin Klavier-Wettbewerbs 2010.

Wie schon im ersten Jahr unter der Leitung von Music Director Alan Gilbert arbeitet das

Orchester eng mit einem Komponisten und zwei Künstlern zusammen. Der Finne Magnus Lindberg, dessen Werk «EXPO» am 16. Sep-tember 2009 mit Erfolg uraufgeführt wurde, ist auch in der kommenden Saison als The Marie-Josée Kravis Composer-in-Residence tätig und wird ein weiteres Werk komponieren.

Zudem wird am 7. Oktober sein Stück «Kraft» (1985) als New Yorker Premiere aufgeführt. Darüber hinaus leitet Lindberg zusammen mit Alan Gilbert, der dirigieren wird, am 19./20. November und am 17./18. Dezember zwei so genannte «CONTACT!»-Programme. In diesen werden Werke von James Matheson, Jay Alan Yim und ihm selbst als Weltpremieren zu hören sein. Zudem wird der Komponist das Publikum ins Programm einführen und dieses mit ihm diskutieren.

Anne-Sophie Mutter in New York

Nach dem Bariton Thomas Hampson konnte neu die deutsche Violinistin Anne-Sophie Mutter als The Mary and James G. Wallach Artist-in-Residence der Saison 2010/2011 verpflichtet werden. Anne-Sophie Mutter spielte 1980 erstmals mit dem Orchester zu-sammen und begleitete dieses 1996 auf eine Europatournee. Letztmals trat sie am 2. April 2009 mit dem New York Philharmonic unter Kurt Masur auf.

Am 18. November wird Anne-Sophie M utter, die bekannte Mozart- und Beethoven-Interpretin, als Weltpremiere «Lichtes Spiel» von Wolfgang Rihm (siehe Interview Seite 78) spielen und am 2. Juni 2011 Sebastian Curriers «Time Machines». Dazu führt sie am 3. April zusammen mit dem Bassisten Roman Patkoló als Weltpremieren zwei Kam-mermusikstücke von Wolfgang Rihm und Krzysztof Penderecki auf.

Schliesslich wird im Frühjahr unter dem Titel «Hungarian Echos» das dreiwöchige Philharmonic-Festival wieder durchgeführt. Gastdirigent ist der bekannte finnische Kom-ponist Esa-Pekka Salonen.

Erwähnenswert ist auch das 100. Kon zertdes Pianisten Emanuel Ax als Solist beim New York Philharmonic im April 2011. Und noch etwas später, im Juni 2011, wird Alan Gilbert «Das schlaue Füchslein» des Kompo-nisten Leos Janacek aufführen.

Informative Website

Das detaillierte Programm der neuen Saison 2010/2011 kann auf der Website des New York Philharmonic unter http://nyphil.org e ingesehen werden. schi

New York Philharmonic und Alan Gilbert Zum dritten Mal begleitet die Credit Suisse als Global Sponsor das New York Philharmonic auf einer Europatournee. Sie führt in neun Städte in acht verschiedenen Ländern. Auf der Europa- karte unten sind auch die Städte eingezeichnet, die das Orchester 2008 und 2009 besucht hat.

2008 2009 2010

The Europe/Autumn 2010

21. Oktober

TiflisGeorgien

22. Oktober

BatumiGeorgien

24. Oktober

BelgradSerbien

26. Oktober

Ljubljana Slowenien

28. und 29. Oktober

WarschauPolen

30. Oktober

VilniusLitauen

1. November

HamburgDeutschland

2. November

ParisFrankreich

3. und 4. November

LuxemburgLuxemburg

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« Unsere Ziele sind Stärkung des Industriestandorts und neue Arbeitsplätze»Die Credit Suisse hat auf die Hauptsorge des Sorgenbarometers des bulletin reagiert und drei Initiativen lanciert: die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit (siehe Seite 52), die Schaffung von IT-Arbeitsplätzen sowie die Förderung etablierter und neuer KMU durch Risikokapital. Wir unterhielten uns mit Johannes Suter, CEO der SVC-AG für KMU Risikokapital (siehe auch Seite 31).

bulletin: Die SVC-AG für KMU Risiko-

kapital wurde am 5. Mai 2010 gegründet

und verfügt über 100 Millionen Franken.

Wie lange reicht dieses Kapital aus?

Johannes Suter: Unser Unternehmen hat dauerhaften Bestand. Man darf das Wort «Risiko» nicht falsch verstehen. Es bedeutet, dass der betreffende Partner die erforder-lichen Kriterien für einen herkömmlichen Bankkredit nicht erfüllt. In der Regel verfügt er über zu wenige Eigenmittel, um den ge-planten Entwicklungsschritt vorzunehmen. Aber wir gehen kein Hasardspiel ein, sondern investieren nach kaufmännischen Gesichts-punkten und sind deshalb vom Erfolg des jeweiligen Geschäftspartners überzeugt. Von Vorteil für uns ist sicher auch, dass wir von der Credit Suisse, unserer Muttergesell-schaft, das Kapital zur Verfügung gestellt bekommen, ohne konkrete Dividendenerwar-tungen erfüllen zu müssen und dass wir auch vom Know-how und von der Vernetzung des Swiss Venture Club unentgeltlich pro fitieren können. Es findet ein Kreislauf statt: Die zurückbezahlten Darlehen mitsamt Zinsen und Gewinnbeteiligungen werden erneut in innovative Unternehmen zur Stärkung des Industriestandorts Schweiz investiert, womit wiederum neue Arbeitsplätze geschaffen werden können.

Fragen wir also korrekt: Wann sind

die 100 Millionen Franken investiert und in

wie viele Unternehmen?

Wir gehen davon aus, dass wir in drei bis vier Jahren, das heisst Ende 2013, voll investiert sind. Unser kleines Team wird schätzungs-weise 1000 bis 1500 Investment-Anfragen analysieren und davon rund 10 Prozent an das Investment Committee weiterleiten. Die-ses wird unsere Anträge nicht einfach ab-nicken, sondern sie nochmals sehr kritisch prüfen. Schliesslich werden 60 bis 80 Invest-ments in der Höhe von in der Regel maximal zwei Millionen Franken getätigt.

Wer profitiert? Beim Begriff Risikokapital

denkt man an Start-up-Unternehmen.

Jungunternehmen gehören selbstverständ-lich zu unserer Zielgruppe. Deshalb arbeiten wir möglichst eng mit den Schweizer Uni-versitäten und Hochschulen zusammen. Da-bei konzentrieren wir uns auf die Förderung von Unternehmerprojekten, die kurz vor der Marktlancierung stehen. Unser Engagement ist jeweils auf fünf bis sieben Jahre angelegt und beinhaltet eine enge Begleitung dieser Jungunternehmer, insbesondere natürlich deren Unterstützung durch Fachexpertise.

Johannes Suter: «Die SVC-AG für KMU Risikokapital kümmert sich nicht nur um Hightechunternehmen, sondern kann auch das Gewerbe unterstützen, beispielsweise bei einem Management-Buy-out.»

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Können sich auch bestehende Unter-

nehmen an Sie wenden?

Ja, die Mehrzahl unserer Investments wird etablierte KMU betreffen. Damit wollen wir die Leistung anerkennen, welche die KMU seit jeher für den Werkplatz Schweiz er brin genSie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. 2009 hat die Credit Suisse zusammen mit der Hochschule St. Gallen eine Studi e über Unternehmensnachfolge publiziert. Diese hat gezeigt, dass innert fünf Jahren ein Viertel aller Schweizer KMU, die total knapp eine Million Menschen beschäftigen, eine Nach-folgeregelung treffen müssen. Dabei fehlt es für ein vielversprechendes Management-Buy-out (MBO) oder Management-Buy-in (MBI) oftmals am nötigen Eigenkapital. In solchen Fällen sind wir zur Stelle.

Sind weitere Fälle denkbar?

Wir können auch bei der Umsetzung von innovativen Wachstumsprojekten helfen, die zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Dabei kann es sich um neue Produkte oder Dienst-leistungen, die Erschliessung neuer Märkte, aber auch um Akquisitionen oder Joint Ven-tures handeln. Hier dauern die Investitionen vier bis fünf Jahre. Die Beteiligung wird 49 Prozent des Eigenkapitals nie überschreiten, und es ist keine kontrollie rende Einflussnah-me, etwa durch Einsitz in den Verwaltungsrat, vorgesehen.

Was zeichnet die SVC-AG für KMU

Risikokapital speziell aus?

Wir haben zwar klare Regeln aufgestellt hin-sichtlich der Leistungsausweise des Manage-ments, der branchenüblichen Kennzahlen und der Schaffung neuer Arbeitsplätze, aber wir sind gleichzeitig sehr flexibel, sowohl was die Situation der unterstützten Unternehmen als auch was die konkrete Finanzierungslö-sung anbelangt. Die «ungesicherten» Darle-hen mit Eigenkapitalcharakter, welche die Finanzierungsstruktur der KMU verbessern, werden zu vorteilhaften Konditionen gewährt, dafür profitieren wir dann von einer partner-schaftlichen Erfolgsbeteiligung.

Wie fielen die ersten Reaktionen aus?

Ich bin erfreut, wie schnell sich unsere Exis-tenz bei den KMU und an den Hochschulen herumgesprochen hat, nachdem wir ja erst am 3. Juni mit Orientierungsveranstaltungen in Zürich, Bern und Lausanne an die Öffent-lichkeit getreten sind. Und die Reaktionen sind durchwegs positiv und motivierend. schi

M ehr Informationen unter www.svc-risikokapital.ch

Die Firmenfahrzeuge effi zient b ewirtschaften Die Credit Suisse Fleetmanagement AG bietet Unternehmen seit zehn Jahren flexible und kostengünstige Lösungen für eine effiziente Bewirtschaf-tung und Finanzierung von Firmenfahrzeugen. Wie gross der Bedarf für solche Dienstleistungen ist, zeigt das Beispiel der Burkhalter Gruppe, der grössten Kundin der von Roger Merki geführten Tochtergesellschaft der Credit Suisse.

«Mobilität nimmt bei uns einen sehr hohen Stellenwert ein. Deshalb ist ein professio-nelles Management unserer Fahrzeuge un-erlässlich», betont Yvonne Lamprecht, Fahr-zeugver antwortliche der Burkhalter Gruppe. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Zürich und rund 2800 Mitarbeitenden bietet Elek-trotechnikleist ungen für Wohngebäude, In-dustrie - und Gewerbebauten sowie Infra-strukturanlagen an.

Da die meisten Arbeiten direkt beim Kun-den ausgeführt werden, ist man darauf an-gewiesen, dass sich die Firmenfahrzeuge stets in einwandfreiem Zustand befinden, damit die Mitarbeitenden einfach und schnell von Ort zu Ort gelangen. Um die Bewirtschaf-tung ihrer Fahrzeugflotte in Bezug auf die Kosten effizienter und transparenter zu ge-stalten, entschloss sich die Burkhalter Grup-pe im Jahr 2001 nach Prüfung verschiedener Optionen, die gesamte Firmenflotte – es sind dies bis zu 1000 Fahrzeuge – von der Credit Suisse Fleetmanagement AG betreuen zu lassen. Die hundertprozentige Tochtergesell-schaft der Credit Suisse, die im Mai 2010 ihr zehnjähriges Jubiläum feiern konnte, bietet

eine Vielzahl von Lösungen für das profes-sionelle Management von Firmenfahrzeugen an. Den Kunden stehen verschiedene im Bau-kastenprinzip wählbare Dienstleistungen zur Verfügung, wie Geschäftsführer Roger Merki ausführt. Neben dem vollen Angebot von Finanzierung und Bewirtschaftung der gan-zen Flotte kann beispielsweise auch nur die Bewirtschaftung oder die Finanzierung aus-gelagert werden. Weiter werden Lösungen für Kadermitarbeiter sowie die Über nahme einer bestehenden Flotte ins Leasing angeboten.

Betriebskosten können gespart werden

«Das Flottenleasing ist nur ein erster Schritt in Richtung Kostenreduktion. Mit der optima-len Verwaltung der Fahrzeuge können noch weitere Kosten gespart werden, beispiels-weise bei der Reifenbeschaffung oder beim Fahrzeugkauf», streicht Roger Merki zwei der Vorteile hervor. Für den Erfolg sei es wichtig, dass die Spezialisten des Flottenmanage-ments die Bedürfnisse der Kunden umfas-send vers tehen. Nur so könnten sie flexible Lösungen entwickeln, die den individuellen Anforderungen der Kunden entsprechen.

Yvonne Lamprecht und Roger Merki besichtigen die gelben Visitenkarten der Burkhalter Gruppe.

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Angestrebt werden dabei möglichst langfris-tige Partnerschaften, damit die direkten und indirekten Kosten optimiert werden können.

Eine einheitliche gelbe Visitenkarte

Für den Marktauftritt der Burkhalter Gruppe ist es zum Beispiel von entscheidender Be-deutung, dass die ganze Flotte korrekt und ein heitlich angeschrieben ist. Was heute als eine Selbstverständlichkeit erscheint, war in der Vergangenheit nur selten der Fall.

«Unsere gelben Fahrzeuge sind die Visiten-karten unserer Mitarbeitenden», führt Yvonne Lamprecht dazu aus. Mit über 40 Toch ter -gesellschaften und entsprechenden Sub-marken sei das einheitliche Erscheinungs-bild jedoch nicht leicht umsetzbar gew es en. «Seit wir mit der Credit Suisse Fleet mana-gement AG zusammena rbeiten, können wir die Fahrzeuge fixfertig beschriftet ausliefern und somit die Einhaltung un seres Corporate Design sehr ge nau kontrol lieren», erklärt sie zufrieden. «Dies ist angesichts des dezent-ralen Geschäftsmodells ein grosser Vorteil.»

Bald 5000 Einzelleasingverträge

« Immer mehr Firmen wollen sich auf ihr Kern-geschäft konzentrieren und das Bewirtschaf-ten ihrer Fahrzeugflotte auslagern. Dies um-so mehr, als sie auf diese Weise auch ihre Liquidität schonen können», zieht Christoph Zeller, Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse Fleetmanagement AG, Bilanz. «Das Baukastensystem und die Fachkom petenz der Mitarbeitenden ermöglichen flexible Lö-sungen. Mittlerweile bestehen über 4800 Einzelleasingverträge. Flottenleasing ist für unsere Kunden in der ganzen Schweiz zu einem Schlüssel für mehr Un terneh mens-erfolg geworden.» Wenn die Entwicklung im gleichen Tempo weitergeht, wird man bald ein nächstes Jubiläum feiern können – den 5000. Einzelleasingvertrag. Fabienne de Lannay

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Wieder vermehrt Bewegung in der GeschäftsluftfahrtDie Jubiläumsausstellung EBACE auf dem Genfer Flughafenareal hat ein drücklich aufgezeigt, dass die Geschäftsluftfahrt ihre knapp zwei Jahre dauernde Baisse überwunden hat und allmählich wieder durchstartet. Dabei erhält neben Sicherheit und Komfort zusehends auch der Umwelt-schutzaspekt zusätzliches Gewicht.

An der dreitägigen Business-Aviation-Fach-messe EBACE (European Business Aviation Convention & Exhibition) wurden Anfang Mai in Genf die aktuellen Entwicklungen in der Ge-schäftsluftfahrt vorgestellt. So b etonte bei-spielsweise der Flugzeughersteller Dassault Falcon seine Anstrengungen im Bereich Um-weltschutz. Gleichzeitig konnte er den Plati-num Safety of Flight Award für 50 Jahre oder 100 000 Flugstunden ohne Unfall entgegen-nehmen; vier weitere Unternehmen wurden für 20 bis 40 unfallfreie Jahre ausgezeichnet.

Verlorene Geschäftszeit ist teuer

«Es ist für die breite Öffentlichkeit nicht ein-fach, sich ein stimmiges Bild von der Busi-ness Aviation zu machen. Fest steht: In der Luft hat es keinen Platz für Abenteurer, wel-che ihre eigene Sicherheit und die von ande-ren gefährden. Und die Flugzeuge sind mit wenigen Ausnahmen keine Prestigeobjekte, mit denen man Luxusreisen unternimmt, mit dem einzigen Ziel, in die Medien zu kommen», meint dazu Michael Rentsch, seit April 2010 Leiter Aviation Finance Credit Suisse. «Die Jets unserer Kunden werden gezielt ein-gesetzt, um in Regionen, die durch die öf-fentliche Luftfahrt nicht gut erschlossen sind, wertvolle Geschäftszeit zu sparen. Die-se Flüge wurden aus Kostengründen schon immer auf ein Minimum reduziert.» Wird die-

se technologisch hoch spezialisierte wie schil-lernde Industrie tatsächlich nur von rationalen Entscheiden geprägt ? «Wir sind ein führen-der Anbieter im oberen Segment. Was diese Kundschaft betrifft, dominieren in erster Li-nie unternehmerische Ansätze zur Deckung der Mobilitätsbedürfnisse», ergänzt Rentsch. «Allerdings gilt es die hohe emotionale Bin-dung, die den Unternehmer mit seinem Flug-zeug verbindet, nicht zu unterschätzen. Nicht selten ist das Flugzeug sein ‹Zuhause› zwi-schen zwei Kontinenten – und dies mehrmals die Woche. Deshalb wird grosser Wert auf eine individuelle Innenausstattung gelegt. Und hier wird in der Regel nicht gespart. Aber wenn ich sehe, was etwa Jet Aviation in Ba-sel in Sachen Design und Komfort zu standebringt, muss ich gestehen: Mir gefällts.»

Die EBACE ist zwar öffentlich zugänglich, aber nicht als Publikumsmesse konzipiert. Die über 11 000 Personen, die vor den 400 Stän-den in der Palexpo und bei den 63 Flugzeu genauf dem Static Display für ein or dent liches Gedränge sorgten, sind also nicht gewö hn-liche Aviatikbegeisterte, sondern meist Busi-ness-Aviation-Fachleute, An wälte, Makler, Betreiber (Operator) und auch Kaufinteres-sierte. Deshalb dient die EBACE auch als gutes Stimmungsbarometer. Und da könnte der Kontrast zur letztjährigen Messe kaum grösser sein. «Der Himmel ist zwar noch

1 Michael Rentsch, Leiter Aviation Finance, hat gut lachen: Am Stand der Credit Suisse fanden viele Gespräche mit Partnern statt. 2 Bei den Business Jets wird Wert auf die Innenausstattung gelegt.

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leicht bedeckt, aber die dunklen Gewitter-wolken haben sich verzogen», veranschau-licht Michael Rentsch. «Es geht eindeutig wieder aufwärts, zumal sich ein gewisser Nachholbedarf bemerkbar macht.»

Piloten, Juristen und Ingenieure im Team

Die letzten zwei Jahre seien auch an der C redit Suisse nicht spurlos vorbeigegangen, erklärt Rentsch, aber man gehe gestärkt aus der Krise hervor. «Spreu und Weizen haben sich getrennt », begründet er. «Einige Finanz-dienstleister, die allzu knapp kalkuliert haben, sind vom Markt verschwunden. Umgekehrt wird unser ganzheitlicher Relationship-Ansatz noch mehr gew ürdigt.» Tatsächlich befinden sich im rund 20-köpfigen Aviation-Finance -Team der Credit Suisse neben Finanzspezia-listen auch Piloten, Juristen oder Ingenieure. Denn bis ein Flugzeug wirklich abheben kann, muss mehr als nur der Kauf bewerk-stelligt sein. Die Vertragswerke füllen gut und gerne zwei Bundesordner, und die Kunden schätzen es, wenn der Finanzspezialist diese zu lesen versteht.

Michael Rentsch zur Zukunft: «Die Finan-zierung von Business Jets ist ein Nischenpro-dukt für Unternehmer mit globalen Finanz-und Mobilitätsbedürfnissen, die oft in jungen, dynamischen Volkswirtschaften agieren und investieren. Das grösste Wachstumspoten-zial sehe ich i n den BRIC-Staaten, in Brasi-lien, Russland, Indien und China.» schi

An der EBACE in Genf wurde eine eindrückliche Flotte verschiedener Geschäftsflugzeuge vorgestellt. In der globalisierten Wirtschaftswelt sind solche Flugzeuge für viele Unternehmer ein unentbehrliches Hilfsmittel.

Ein Märchen geht weiter und erhält einen PreisMit Jet Aviation ist die Schweiz 1967 im grossen Stil ins Geschäft mit Businessflug-zeugen eingestiegen. Einer der Pioniere, Elie Zelouf, wurde nun geehrt. Noch wich-tiger ist aber, dass eine Nachfolgeregelung mit Zukunftspotenzial gefunden wurde.

Alljährlich vergeben die Organisatoren der Ausstellung, die European Business Aviation Association (EBAA) und die amerikanische National Business Aviation Association (NBAA), neben den Sicherheitsauszeichnun-gen auch zwei European Business Aviation Awards. Den einen erhielt der Pariser Flug-hafen Le Bourget, weil er sich als erster euro päischer Flughafen auf Geschäftsflüge konzentrierte und in den nächsten 20 Jah-ren rund 170 Millionen Euro in den Ausbau investieren will.

Geehrt wurde indes auch Elie Zelouf, ein «wahrer visionärer Leader der Geschäftsluft-fahrt », so EBAA-Verwaltungsratspräsident

Rodolfo Baviera in seiner Laudatio. Der Na-me Elie Zelouf wiederum ist untrennbar mit der 1967 von Carl W. Hirschmann in Basel gegründeten Jet Aviation verbunden. Erst 2009 zog sich Zelouf im Alter von 75 Jahren in den wohlverdienten Ruhestand zurück – und doch nicht, denn nach wie vor stellt er sich an zwei Tagen pro Woche als Berater zur Verfügung. Jet Aviation hat gewissermas-sen die Idee der Geschäftsluftfahrt nach Europa gebracht und sich zunächst auf die Wartung und Reparatur von Flugzeugen und deren elektrischen und elektronischen Ge-räten (Avionik) spezialisiert. Später kamen Airtaxi-Dienstleistungen, Flugzeugmanage-

ment und Flight-Support, Abfertigung und Bodendienste sowie Flugzeuginnenausstat-tungen hinzu. Mittlerweile beschäftigt das Unterneh men über 5000 Mitarbeitende und konnte 2008 auch eine optimale Nachfolge-regelung umsetzen. «Der Zusammenschluss mit dem amerikanischen Rüstungskonzern General Dynamics, zu welchem die Aero-space Gruppe mit Gulfstream (Flugzeug-bauer) und Jet Aviation gehört, erweist sich für beide Seiten als Win-win-Situation», be-tont Peter Graham Edwards, President Jet Aviation. «Wir können sehr vom Know-how und vom globalen Beziehungsnetz von Ge-neral Dynamics profi tieren. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich in Bezug auf Arbeitsplät-ze, insbesondere jene in der Schweiz.»

Mehr über Jet Aviation unter www.credit-suisse.com/bulletin

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Business School:international tätig, international akkreditiertDie Business School der Credit Suisse hat Anfang Juni in Wiesbaden zum z weiten Mal den CLIP Award erhalten: Diese Auszeichnung der European Foundation for Management Development (EFMD) belegt, dass die Bank zu den Besten in der Entwicklung und Förderung ihrer Mitarbeitenden gehört.

Corporate Learning Improvement Process – kurz CLIP – ist eine der höchsten Anerken-nungen, die unternehmenseigene Weiter-bildungsorganisationen erhalten können. Wer diesen Zertifizierungsprozess besteht, hat die Bescheinigung, über ein erstklassi-ges und richtungsweisendes Aus- und Wei-terbildungsangebot zu verfügen.

Unternehmen stehen heute mehr denn je unter Druck und müssen ihre Prozesse für die Weiterbildung und Entwicklung der Mit-arbeitenden strategisch lenken und einbet-ten: Es gilt, die fähigsten Führungspersonen zu gewinnen und im Unternehmen zu be hal-ten, Führungskräfte fit zu machen, Strate gie,Kompetenzen und Verhaltensweisen mit-einander in Einklang zu bringen sowie Leis-tungsvermögen und Innovationskraft zu för-dern. Entsprechend nehmen Weiterbildungs-bereiche in Unternehmen eine strategische Funktion ein. Das Mandat der Business School basiert denn auch auf den strategi-schen Geschäftszielen der Bank und bein-haltet die konsequente Beurteilung, Förde-rung und Weiterbildung der Mitarbeitenden sowie der Führungskräfte weltweit.

Der Qualität verpflichtet

Wie bedeutend und wirksam eine Lernor ga-nisation ist, zeigt sich einerseits in der inter-nen Qualitätskontrolle. Andererseits ist ein anspruchsvolles externes Assessment ein geeigneter Gradmesser für die Effektivität.CLIP – basierend auf der EQUIS-Qualitäts-beurteilungs-Methode – identifiziert die Schlüsselfaktoren, die für Lernorganisatio-nen erfolgsbestimmend sind. Die Business School hat diesen Prozess nun zum zweiten Mal durchlaufen, nachdem sie bereits 2005 als erste Bank mit dem CLIP Award ausge-zeichnet wurde.

Nach einer umfassenden Selbstbeurtei-lung, die einem detaillierten Kriterienraster

folgt, überprüften im Mai dieses Jahres meh-rere EFMD-Repräsentanten die Business School auf Herz und Nieren. Die Grundlage dazu bildete eine breite Palette von Kriterien, deren Erfüllung zusätzlich durch Interviews mit Kunden und Stakeh oldern der Business School beurteilt wurde: Dazu gehören etwa Positionierung und Angebot der Lernorgani-sation, die Qualität des Lernprozesses, Ins-trumentarien für das Messen des Lernerfolgs, Innovationen oder die globale Ausrichtung.

Zur Qualitätskontrolle gehören selbst-redend auch extensive Gespräche mit den internen Partnern im Linienmanagement: Trägt die Business School zur Erreichung strategischer Ziele bei? Versteht die Busi-ness School den internen und externen Markt ? Wie wird die Qualität der Prozesse und Programme beurteilt ? Welches ist die Kernkompetenz der Lernorganisation? Misst diese den Einfluss der Lernprogramme auf den Geschäftserfolg und wie? Für die CLIP-Rezertifizierung wurden innerhalb von zwei Tagen Interviews mit 27 Führungspersönlich-keiten in der Credit Suisse geführt, unter anderen mit Walter Berchtold, CEO Private

Banking, Kai Nargolwala, CEO APAC, so-wie Pamela Thomas-Graham, Chief Talent, Branding and Communications Officer, zu deren Verantwortungsbereich die Business School gehört.

«Die Messlatte war hoch gelegt – als ‹Areas of Excellence› der Business School wurden besonders folgende hervorgehoben: Integration von Human Capital Management, Lernen und Organisationsentwicklung, glo-bale Positionierung der Business School, Integration im Bereich Human Resources, Nähe zu den internen Partnern und unsere mannigfaltigen Lernmethoden», sagt Sieg-fried Hoenle, Leiter Business School. «Es ist das Ziel der Business School, die Mit-arbeitenden zu befähigen, zum Erfolg der Bank beizutragen – dies wurde nun erneut auch extern anerkannt, und darauf sind wir stolz.» Nicole Baumann

Übergabe des CLIP Award an Siegfried Hoenle (Zweiter von links) in Wiesbaden.

4883 Kurse, 70 000 Teilnehmende

Die Vermittlung und Förderung von Fachwissen gehört zu den Kern aufgaben der Business School. In enger Zusammenarbeit mit den Geschäftsbereichen verfeinert sie laufend ihr Angebot im Bereich Leadership und Management und unterstützt die Mitarbeitenden da-rin, ihre Führungskompetenzen zu festigen. Um einen leichten Zu-gang zu relevantem Wissen zu er-möglichen, investiert die Business School kontinuierlich in techno lo-gie basierte Methoden. 2009 führte die Business School 4883 Kurse durch, wovon 587 Leadership Trai-nings. Fast 70 000 Teilnehmende weltweit besuchten ein Angebot der Business School, und 495 050 Mit arbeitende absolvierten einen E-Learning-Kurs. Zude m stellt die Business School mit den welt-weiten Human-Capital-Manage-ment-Prozessen wirksame Instru-mente für die Planung und Um-setzung aller Entwicklungs mass-nahmen der Mitarbeitenden zur Verfügung. Dazu gehören Perfor-mance Management, Beförde-rungsprozesse, die Einschätzung des Entwick lungspotenzials oder auch die Nach folgeplanung für das Unternehmen.

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Credit Suisse bulletin 3/10

> > Maria Becker

Scent of Matter, 2010 Scent of Matter, ein Wandrelief von Reto Leibundgut im Innenhof der Credit Suisse Basel-Untere Rebgasse, besteht aus vorgefundenen, teils polierten Restplattenstücken von Steinmetzbetrieben: Marmor, bunter Granit, Schiefer, Travertin und aussereuropäische Steine formieren sich zu einer kostbar er-scheinenden künstlerischen Intervention, die je nach Wetter- und Lichtsituation im Innenhof immer neue Farbschönheit gewinnt. Das Materialrecycling ist Programm: Nichts wurde zugeschnitten, sondern vor Ort nach Form und Grösse zusammengefügt und montiert. Verkantungen und Lücken zwischen den Platten wurden belassen. Das virtuoser Arbeit entsprungene Steinrelief aus Rest-material ist wie viele Arbeiten des Berner Oberländer Künstlers auch ein Werk der Antiperfektion, das unsere heutige zu absoluter maschineller Exaktheit getriebene Handwerkswelt konterkariert. Es entsteht ein sich über alle Etagen des Bankgebäudes spannendes Werk, das den nüchternen Innenhof in ein beziehungsreiches Schauspiel verwandelt. Mehr Informationen unter www.credit-suisse.com Wir über uns > Sponsoring Kunst > Sammlung Credit Suisse

Reto Leibundgut, Scent of Matter, 2010Gesamtansicht des Kunst-und-Bau-Projekts im Innenhof mit Wandrelief und zugehöriger Bepflanzung mit Bodengrün und Sträuchern sowie mit Parkbänken.

ImpressumHerausgeberCredit Suisse AG Postfach 2 CH-8070 ZürichTelefon +41 44 333 11 11Fax +41 44 332 55 55

Redaktion Daniel Huber (dhu, Chefredaktion), Dorothee Enskog (de; Wirt-schaft International), Mandana Razavi (mar; Corporate Citizen-ship), Andreas Schiendorfer (schi; Markt Schweiz, Sponsoring); Regula Brechbühl (rb), Valérie Clapasson Fahrni (cfv), Michael Krobath (mk), Fabienne de Lannay (fdl)

E-Mailredaktion.bulletin@credit -suisse.com

Mitarbeit an dieser Ausgabe Nicole Baumann, Maria Becker, Ute Eberle, Christian Etzensperger, Thomas Herrmann, Anja Hochberg, Ian Lewis, Max Nyffeler, Mathias Plüss, Andreas Russenberger, Stefanie Schramm, Claude Settele, Bernard Van Dierendonk

Internetwww.credit-suisse.com/bulletin

MarketingVeronica Zimnic (vz)

Korrektorat Claudia Marolf, notabene

Übersetzungen Credit Suisse Language Services

Gestaltung www.arnold.inhaltundform.com: Arno Bandli, Raphael Bertschinger, Monika Häfliger, Karin Cappellazzo (Projektmanagement ), Carola Bächi (Korrektorat)

Inserate print-ad kretz gmbh, Andrea Hossmann und Esther Kretz, General-Wille-Strasse 147, CH-8706 Feldmeilen, Telefon +41 44 924 20 70, [email protected]

Beglaubigte WEMF-Auflage 2009 145 504

ISSN-RegistrierungISSN 1423-1360

Druck Swissprinters Zürich AG

Redaktions kommissionRichard Bachem (Head Marketing Private and Business Banking Switzerland), René Buholzer (Head Public Policy), Urs P. Gauch (Leiter Firmenkunden Schweiz – Grossunternehmen), Fritz Gutbrodt (Direktor Credit Suisse Foundation), Anja Hoch-berg (Head Investment Strategy Asset Management), Angelika Jahn (Investment Services & Products), Bettina Junker Kränzle (Head Internal Corporate Publishing & Services), Hanspeter Kurzmeyer (Head Private Clients Switzerland), Martin Lanz (Economic Research), Andrés Luther (Head Group Communica-tions), Charles Naylor (Head Corporate Communications), Christian Vonesch (Head Private & Business Banking Aarau)

Erschei nt im 116. Jahrgang(5 x pro Jahr in deutscher, französischer, italienischer und englischer Sprache) Nachdruck von Texten gestattet mit dem Hinweis «Aus dem bulletin der Credit Suisse ».

Adress änderungenBitte schriftlich und unter Beilage des Original-Zustellcouverts an Ihre Credit Suisse Geschäftsstelle oder an: Credit Suisse AG, SULA 213, Postfach 100, CH-8070 Zürich.

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken. Sie bedeutet kein Angebot und keine Aufforderung seitens der Credit Suisse zum Kauf oder Verkauf von Wertschriften. Hinweise auf die frühere Performance garantieren nicht notwendi gerweise positive Entwicklungen in der Zukunft. Die Analysen und Schlussfolgerungen in dieser Publikation wurden durch die Credit Suisse erarbeitet und könnten vor ihrer Weitergabe an die Kunden von Credit Suisse bereits für Transaktionen von Gesellschaften der Credit Suisse Group verwendet worden sein. Die in diesem Dokument ver-tretenen Ansichten sind diejenigen der Credit Suisse zum Zeitpunkt der Drucklegung. (Änderungen bleiben vor-behalten.) Credit Suisse ist eine Schweizer Bank.

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Die Credit Suisse arbeitet weltweit treibhausgasneutralSeit mehr als zehn Jahren setzt sich die Credit Suisse aktiv für den Klimaschutz ein. In der Schweiz arbeitet sie bereits seit 2006 treibhausgasneutral. Durch unsere globale Initiative Credit Suisse Cares for Climate, die 2007 ins Leben gerufen wurde, haben wir die Treib hausgasneutralität nun auch global erreicht.

Im Naturpark rund um das Verwaltungszentrum Uetlihof in Zürich finden sich unter anderem kleine Teiche und Feuchtwiesen. Er bietet heute Lebensraum für rund 350 verschiedene Pflanzenarten und wurde mehrfach ausgezeichnet, beispielsweise von der Stiftung Natur & Wirtschaft.

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Der Klimawandel gehört zu den grössten Herausforderungen der Gegenwart. Basie-rend auf Beobachtungen der Vergangen- heit und Prognosen für die Zukunft sagt die Wis senschaft global steigende Durch-schnittstemperaturen voraus. Hitzewellen, schmelzende Gletscher und Polkappen so-wie Dürren sind als wahrscheinliche Folge dieser Entwicklung bereits heute spürbar. Da durch die Zunahme wetterbedingter Naturereignisse neben ökologischen und ge-sellschaftlichen Auswirkungen auch volks-wirtschaftliche Schäden verursacht werden, sucht die Staatengemeinschaft intensiv nach Massnahmen, um dem weltweiten Klima-wandel zu begegnen.

Entsprechend war das Ziel der Klima-konferenz vom Dezember 2009 in Kopen-hagen, gemeinsam ein Nachfolgeabkommen für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu erarbeiten. Die ernüchternden Ergebnisse nach der Konferenz verdeutlichten jedoch einmal mehr, vor welch komplexen Heraus-forderungen die Weltgemeinschaft steht – zumal sich Grossmächte, Schwellenländer und Kleinstaaten über die notwendigen Massnahmen uneins sind. Gefragt sind aber nicht nur Regierungen, auch Unternehmen sind dringend zum Handeln aufgerufen. Hans-Ulrich Doerig, Präsident des Verwal-tungsrats der Credit Suisse, über die Rolle von Unternehmen in der Klimadebatte: «Ne-ben unserer gesellschaftlichen Verantwor-tung liegt es auch in unserem wirtschaftli-chen Interesse, Massnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, statt unkalkulier-bare Risiken einzugehen und später mög-licherweise Schäden beheben zu müssen. Ich bin überzeugt, dass ein global wirksamer Klimaschutz auch wirtschaftlich von grosser

Bedeutung ist.» So engagierte sich auch die Credit Suisse im Vorfeld des Klimagipfels für verbindliche und internat ional abgestimmte Rahmenbedingungen, die ein klimaschonen-des Wirtschaften fördern. Sie unterstützte unter anderem einen Brief des WWF an den Schweizer Bundesrat und nahm an der Ver-nehmlassung zur Re vision des Schweizer CO2-Gesetzes teil. D arüber hinaus unter-zeichnete Brady W. Dougan, CEO der Credit Suisse, im Jahr 2008 zusammen mit weite-ren Wirtschaftsführern an die Regierungs-chefs der G8-Staaten gerich tete Empfehlun-gen zur Klimapolitik.

Globale Initiative für den Klimaschutz

Bereits seit 2006 arbeitet die Credit Suisse als erstes Grossunter neh men in der Schweiz treibhausgasneutral. Um dieses Ziel auch global zu erreichen, wurde 2007 die globale Initiative Credit Suisse Cares for Climate lan-ciert. Mit Erfolg: Seit Juni 2010 ist die Credit Suisse nun weltweit treibhausgasneutral. «An-gesichts der grossen Herausforderungen, vor denen die Staatengemeinschaft steht, wollen wir unser Engagement für den Klimaschutz möglichst ef fektiv gestalten. Mit der Initiative setzen wir daher sowohl auf Massnahmen zur Verbesserung der eigenen Klimabilanz als auch auf Bere iche, in denen wir durch unse-re Funktion als globaler Finanzdienstleister die Rolle eines Katalysators einnehmen kön-nen. Ob im Kontakt zu unseren Mitarbeiten-den, Kunden und Geschäftspartnern oder im Dialog mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und weiteren Gruppierungen: Wir wollen möglichst viele Ansatzpunkte nutzen, um Fortschritte beim Klimaschutz zu erzielen», erklärt René Buholzer, Leiter der Abteilung Public Policy.

Klimabilanz verbessern

Um die betrieblich verursachten Treibhaus-gas emissionen zu senken – 2009 waren dies konzernweit knapp 273 000 Tonnen – setzt die Credit Suisse bei den grössten CO2-Verursachern an, dem Energieverbrauch der Gebäude und den Geschäftsflügen. So wird der Energieverbrauch in allen Niederlassun-gen konsequent optimiert, bei Neu- und Um-bauten wird in energiesparende Technik, hoch isolierende Baustoffe sowie eine ener-gieeffiziente IT-Infrastruktur investiert. «Für die Schweizer Liegenschaften haben wir eigens eine spezielle Software entwickelt, um einerseits beim Energieverbrauch Trans-parenz zu schaffen und andererseits die

Bereiche zu identifizieren, in denen Optimie-rungen den grössten Nutzen bringen. Zudem erarbeiten wir zusammen mit unseren Lie-gen schaftsdienstleistern verbindliche Vor-gaben zur Steigerung der Energieeffizienz unserer Gebäude. Durch die Sensibilisierung und Einb indung unserer externen Partner wollen wir dem Klimaschutz auch über unser eigenes Unternehmen hinaus mehr Dynamik verleihen», erklärt Rolf Krummenacher, Head of Corporate Real Estate and Services Switzer land, die verschiedenen betrieblichen Massnahmen.

Im Wissen darum, welche Bedeutung dem Einsatz von klimaschonenden Energieträgern zukommt, ersetzt die Credit Suisse zudem gezielt fossile durch erneuerbare Energien wie Wasser- und Windkraft sowie S onnen- energie. Für 2010 wurden beispielsweise in der Schweiz neue Stromverträge abgeschlos-sen, im Rahmen derer die Bank weiterhin 100 Prozent Energie aus zertifizierter Wasserkraft für ihre rund 400 Gebäude in der Schweiz bezieht. Verbleibende Emissionen werden mit hochwertigen Emissionsreduktionszerti-fikaten kompensiert. «Durch all diese Mass-nahmen konnten wir seit Anfang 2007 die Energieeffizienz weltweit steigern, den Ener-gieverbrauch auf tiefem Niveau stabilisieren und die resultierenden Gesamtemissionen sogar leicht senken», so Krummenacher. Ge-wisse Herausforderungen bleiben jedoch bestehen: «Mit einem Anteil von rund einem Viertel an unseren Gesamtemissionen stellen Geschäftsflüge unverändert einen grossen Posten in unserer Klimabilanz dar. Um mög-lichst viele Flüge einzusparen, motivieren wir unsere Mitarbeitenden daher aktiv, für kür-zere Strecken den Zug zu nutzen oder auf Telefon- und Videokonferenzen auszuwei-chen», erklärt Krummenacher weiter.

Mitarbeitende sensibilisieren

Ein weiteres wichtiges Ziel der Initiative ist es, das Engagement für den Klimaschutz auch bei den Credit Suisse Mitarbeitenden zu verankern. Durch Aufklärungskampagnen wie der Energieeffizienzwoche in Zürich wer-den die Mitarbeitenden für Klimathemen sensibilisiert und im beruflichen wie im pri-vaten Umfeld zum Energiesparen animiert. Zudem wurde ein interaktives Lernprogramm entwickelt, das ein Modul zum Umwelt- und Klimaschutz enthält. Mandana Razavi

Mehr Informationen zum Thema unter www.credit-suisse.com/verantwortung/initiativen

Tipps zur CO2-Reduktion:1. Elektronische Geräte nicht im

Stand-by-Modus laufen lassen.2. Bei Verlassen eines Raums

Lichter löschen. Glühbirnen durch Energiesparlampen ersetzen.

3. Strom aus erneuerbaren Ener-gien beziehen.

4. Konsequent rezyklieren.5. Wann immer möglich, öffent liche

Verkehrsmittel benutzen oder zu Fuss gehen.

6. Geschäftsflüge kompensieren und soweit als möglich durch Videokonferenzen ersetzen.

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Schulbildung für Tansanias NomadenkinderDie Lebensweise nomadischer Hirtenvölker in Tansania ist bedroht, denn sie konkurrieren mit sesshaften Dorfgemeinschaften um immer knapper werdende Ressourcen. Um überhaupt eine Chance in der sich schnell wandelnden Gesellschaft zu haben, müssen die Nomadenkinder die Schule besuchen können. Ein Schulbildungsprojekt eröffnet jetzt neue Möglichkeiten.

Gemäss einem der Millenniumsentwick-lungsziele der Vereinten Nationen zur welt-weiten Armutsbekämpfung soll allen Kindern der Welt eine komplette Grundschulbildung ermöglicht werden. Auf dem Weg zu diesem Ziel sind Fortschritte zu verzeichnen: Zwi-schen 1999 und 2006 fiel die Zahl der Kinder im Grundschulalter, die keine Schule besu-chen, von 103 Millionen auf 73 Millionen. Dennoch bleibt weiterhin viel zu tun, insbe-sondere in Afrika, wo noch immer mehr als 35 Millionen Kinder nicht eingeschult sind.Nirgendwo ist dieses Problem schwieriger zu lösen als unter den Hirtenvölkern. Die Lebens-weise der nomadischen Viehhüter ist bedroht, kulturelle und sprachliche Eigen heiten drän-gen sie ins gesellschaftliche Abseits und er-schweren die Eingliederung ihrer Kinder in das Schulsystem. Dank Partner schaf tenzwischen Lokalbehörden, Nichtre gie rungs-organisationen (NGOs), Wohl tätigkeits orga-nisationen und deren Förderern verbessert sich die Situation nun aber langsam.

Neue Chancen

In Tansania versucht die Wohltätigkeitsorga-nisation CARE, unterstützt von der Credit Suisse, Kinder aus Hirtenvölkern vermehrt ins allgemeine Schulsystem einzugliedern. Seit Dezember 2008 realisieren CARE und die Credit Suisse gemeinsam ein Projekt, das 3500 Kindern aus vier Gemeinden der Region Morogoro im südlichen Zentraltansa-nia eine qualitativ gute Grundschulbildung ermöglicht. Die schulische Infrastruktur wur-de verbessert, die Unterrichts- und Lernqua-lität wurden ebenso gestärkt wie die Ver-antwortung und das Engagement der Ge-meinden für die Schulbildung. Mit SAWA unterstützt eine lokale NGO die Durchfüh-rung und Kontrolle des Projekts.

«Die Nomadenvölker erkennen zunehmend, wie wichtig die Schulbildung ihrer Kinder ist, um deren künftiges Auskommen zu sichern», erklärt Stephanie Baric, Programmleiterin

von CARE. «Die Eltern haben zwar nicht aufgehört umherzuziehen, aber sie lassen es allmählich zu, dass ihre Kinder zurück-bleiben und ihre Ausbildung ohne Unterbrü-che absolvieren.» Dies spiegelt sich in der Zahl von Kindern, die in den vier zum Projekt zählenden Schulen angemeldet sind: Die Anmeldungen stiegen zwischen März und Oktober 2009 um 33 Prozent auf insgesamt 1066 Schü ler. Dieser Wert wurde erreicht, bevor das gesamte Spektrum an strukturellen Verbesserungen und Bemühungen zur Ge-meinschaftsmobilisierung umgesetzt wurde.

Mädchen im Fokus

Die Schulen sind bereits gemischt, doch möchte man vor allem Mädchen den Schul-besuch ermöglichen, zumal sie – wie in vielen anderen Kulturen auch – hier oft von der Bil-dung ferngehalten werden, damit sie häus-liche Pflichten übernehmen können. Mariam Seleka, zweitältestes Kind in ihrer Familie, ist eines der Mädchen, die von dem Projekt profitieren. Sie wurde 2006 zusammen mit ihrem älteren Bruder Majku eingeschult, aber ein Jahr später wieder von der Schule genommen. «Meine Eltern konnten sich die Uniformen und Schulgebühren für mich und meinen Bruder nicht leisten und mussten

sich entscheiden, ob ich weiter zur Schule gehen sollte oder Majku. Weil Majku ein Jung e ist, durfte er in der Schule bleiben. Zu Hause musste ich Wasser holen, Holz sammeln, kochen und mich um meine jünge-ren Geschwister kümmern.» Mariam blieb schlicht keine Zeit, um richtig lesen und schreiben zu lernen. Doch als CARE und SAWA in ihrem Dorf ein Non-Formal Educa-tion Center (NFE) einrichteten, konnte sie ihre Grundschulausbildung fortsetzen. « Ich lernte lesen und schreiben und konnte in meine reguläre Schule zurückkehren. Auch an der Schule hatte sich in der Zwischenzeit einiges geändert: Die Lehrer schienen inte-ressierter und besser vorbereitet zu sein. Und wir verfügten über neues Material. Es gab sogar eine Bibliothek mit Büchern und Zeitungen. Jetzt nutze ich meine Freizeit, um meinen Freunden und jüngeren Geschwis-tern Geschichten vorzulesen, damit sie wie ich lesen und schreiben lernen.»

Langfristiges Engagement

Es genüge nicht, dem Problem mit Geld und Material zu begegnen, meint Eva Halper, Lei-terin der Global Education Initiative bei der Credit Suisse: «Projekte wie dieses erfordern ein langfristiges Engagement, um die Aus-wirkungen zu ermitteln. Es ist wichtig, nicht nur Schulen und Unterrichtsmaterialien be-reitzustellen, sondern auch für die geeigne-ten Rahmenbedingungen zu sorgen. Selbst wenn eine Schule errichtet werden konnte, stellen sich Fragen: Gefällt den Kindern der Unterricht ? Erzielen sie gute Ergebnisse? Was bedeutet die Schule für die Zukunft ?»

Das Projekt beinhaltet nicht nur den Bau und die Instandhaltung von schulischer Infra-struktur, sondern auch die Entwicklung eines Lehrplans in Zusammenarbeit mit dem tan-

Die Bildungsinitiative der Credit Suisse

Das tansanische Projekt ist Teil der weltweiten Bildungsinitiative, mit der die Credit Suisse internationale Entwicklungsorganisationen unter-stützt, um Tausenden von Kindern und Jugendlichen im schulpflichtigen Alter Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu verschaffen. Mit der 2008 lancierten Initiative fördert die Credit Suisse Massnahmen, die die spezifischen und regionalen Anforderungen für einen geregelten Schul-besuch berücksichtigen. Die Credit Suisse unterstützt zurzeit sechs führende internationale Wohltätigkeitsorganisationen: Camfed, CARE, Plan International, Room to Read, Teach For All und Worldfund. Diese Organisationen verfolgen mit Projekten einen nachhaltigen Ansatz zur Beseitigung der Zugangsbeschränkungen, Verbesserung der Qualität und Zweckmässigkeit des Bildungsangebots sowie zur Erhöhung der Nachhaltigkeit und des Nutzens. www.credit-suisse.com/verantwortung/initiativen

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sanischen Erziehungsministerium. Dieses formale Programm soll es den Schülern er-lauben, problemlos ins staatliche Mittelschul-system zu wechseln. Die Lehrerausbildung ist ein weiterer wichtiger Baustein des Projekts, denn in der Lokalbevölkerung fehlt es an ausreichend geschultem Personal. Diejenigen, die aus sesshaften Gemein-schaften anderer Regionen kommen, müs-sen nicht nur als Lehrkräfte geschult, son-dern auch auf die Anliegen und Probleme der Nomaden aufmerksam gemacht werden, damit sie die Bedürfnisse ihrer Schüler bes-ser verstehen. Daneben müssen Anreize für die Lehrer geschaffen werden, um sie zur Arbeit in diesen isolierten Dörfern zu bewe-gen, beispielsweise ansprechende Unter-künfte. CARE und ihre tansanischen Partner übernehmen die Lehrerausbildung und küm-mern sich um den Bau von Schulen. Den-noch gilt der Einbezug der Lokalbevölkerung für den langfristigen Projekterfolg als ent-scheidend, sei es als Lehrer und Schulver-walter oder für den Bau und die Instandhal-tung der Schulgebäude.

«Es ist sehr wichtig, der Lokalbevölkerung ein Gefühl von Verantwortung für diese Schulen zu vermitteln. Auf diese Weise kön-nen wir die Leute am besten motivieren, die Schulen auch nach Abschluss des Projekts instand zu halten. Das ist entscheidend für den Erfolg eines Projekts», erklärt Stephanie Baric von CARE.

Lokale Eigenverantwortung

Mitglieder der Gemeinden beteiligen sich schon heute am Bau und an der Renovation von Schulgebäuden, ermuntern Kinder und Jugendliche, sich an den Schulen anzumel-den und diese regelmässig zu besuchen, und engagieren sich zudem in Planungsaus-schüssen. Auch in der Lokalbevölkerung wurde bereits viel unternommen, um Sport-arten wie Fussball und Volleyball zu fördern. Besonders Mädchen sollen zur Teilnahme bewogen werden, da sie bisher von sportli-chen Aktivitäten ausgeschlossen waren.

Alle diese Massnahmen können bei den nomadischen Hirtenvölkern zu grundlegen-den Veränderungen beitragen. Weil es immer schwieriger wird, von der Wanderviehhaltung zu leben, wollen viele Eltern ihren Kindern eine Schulbildung bieten, die ihnen neue Chancen eröffnet. Bereits der regelmässige Schulbesuch bringt die Kinder mit der ande-ren Kultur in Kontakt und erhöht ihre Bereit-schaft, sesshaft zu werden. Ian Lewis

1 Ein Massai-Hof, genannt «Boma», in Nyakonge, einem Dorf der Region Morogoro (Tansania). Zum Zeitpunkt der Aufnahme wohnten hier rund 50 Personen. 2 Eines der im Bau befindlichen Klassenzimmer der Primarschule von Mwenge in der Region Morogoro. Die Schreibpulte für die Schüler wurden mit Unterstützung der Credit Suisse und Care geliefert. 3 Schüler beantworten Fragen von Care-Mitarbeitern während eines Monitoring-Besuchs in der Primarschule von Mwenge, einer von mehreren Schulen der Region, die von der Credit Suisse unterstützt werden.

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Frisch diplomiert und arbeitslosDie erste Stelle nach der Ausbildung darf nicht das Arbeitsamt sein. «Jeunes@Work» ist ein Genfer Projekt, das junge und bestens ausgebildete, jedoch arbeitslose Erwachsene mit einem soliden Konzept in die Arbeitswelt integriert. Die erfolgreiche Initiative expandiert nun in weitere Westschweizer Kantone.

Auf dem Weg zur Kantine des Grand Théâtre de Genève grüsst Borjana Ristic hier einen Bühnenarbeiter und da eine Schauspielerin. Die 26-jährige Praktikantin fühlt sich an ihrem Arbeitsort daheim. Sogar ihre Klei-dung – das schwarze Deuxpièces und die Bluse mit klassischem Rüschenkragen – passt zum Theater. «Hier hat alles einen künstlerischen Touch. Selbst die Omelette aus der Kantinenküche ist ein Kunstwerk!»,

erzählt Borjana Ristic. Seit fünf Monaten arbeitet sie als Assistentin in der Kommuni-kationsabteilung des Genfer Stadttheaters: «Meine dynamische Chefin gab mir immer komplexere, verantwortungsvollere Aufga-ben. Zuletzt betreute ich die Neugestaltung der Internetseite, redigierte und lektorierte die Theaterzeitschrift «Act-O», und im Mo-ment engagiere ich mich in der Sponsoren-suche.» Doch so positiv sah es für die junge

Frau nicht immer aus. Als sie mit dem Mas-terabschluss In tern ationale Beziehungen die Universität verliess, war sie ratlos. «Es war purer Idea lismus, der mich diese Studien-richtung wählen liess. Ich wollte die Welt verändern, doch merkte bald, dass es dazu eine ‹Super woman› und nicht eine junge Frau ohne Berufserfahrung braucht. Mein Selbstwertgefühl sank ins Bodenlose.» Nach einigen erfolglosen Bewerbungen meldete sie sich beim Ar beitsamt.

Für diplomierte junge Arbeitslose

So wie Borjana Ristic geht es vielen Absol-venten vor allem der nicht technischen Stu-dienrichtungen, der kaufmännischen Lehre oder der Handelsschule. «Wer nicht weiss, was er will, hat heute schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Frisch diplomiert beim Arbeitsamt anzuklopfen, ist ein schlechter Start ins Berufsleben. Auch der Gesellschaft und der Wirtschaft geht so viel Know-how verloren», sagt Christine Théodoloz. Sie ist die Generaldirektorin von Intégration pour tous ( IPT), einem grossen Arbeitslosen-hilfswerk mit Hauptsitz in Vevey. Das IPT half bis vor zwei Jahren ausschliesslich gesund-heitlich oder psychisch angeschlagenen Menschen beim Wiedereinstieg ins Berufs-leben. Christine Théodoloz: «Dann kam der Genfer Privatbankier Patrick Odier mit dem Projekt Jeunes@Work auf uns zu. Sein An-liegen, diese bestens qualifizierten, jungen Menschen möglichst schnell und mit Hilfe einer Praktikumsstelle in den Arbeitsmarkt zu integrieren, fanden wir eine gute Sache. Für diese Leute fehlte eine passende Anlauf-stelle.» 2008 startete das Projekt in Genf.

Vage Vorstellung wird realer Job

In den Räumen eines Bürogebäudes im Stadt-teil Petit-Lancy sitzen die Nachfolgerinnen und Nachfolger von Borjana Ristic. In einem Zimmer hören sechs Männer den Ausführun-gen ihres Lehrers zu. Nachdem sie in der ersten Woche ihre beruflichen Träume mit ihren Fähigkeiten und dem aktuellen Job-

Borjana Ristic hat dank ihrem Praktikum auch im «richtigen» Arbeitsleben ihre Rolle gefunden.

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angebot in Einklang gebracht haben, berei-ten sie sich nun theoretisch und später mit einem Interviewtraining auf das Bewerbungs-gespräch vor. Im Raum nebenan, im «Atelier emploi», sichten drei Frauen und ein Mann ihre Bewerbungen. Die 22-jährige Edjenia kommt direkt von der Handelsschule und bewirbt sich für eine Praktikumsstelle als Buchhalterin. Sie rühmt, wie sie hier endlich gelernt habe, ihr Curriculum Vitae professio-nell zu gestalten. Neben ihr sitzt Igor (27), ein Schweizer mit russisch-amerikanischen Wurzeln. Er studierte Betriebswirtschaft und fand trotz seiner Vielsprachigkeit keine Stelle. Der Verzweiflung nahe und trotzdem zu stolz, um beim Arbeitsamt anzuklopfen, wurde er schliesslich in der Universität auf Jeunes@Work aufmerksam. Jetzt erzählt Igor strah-lend, wie ihm dank dem Beziehungsnetz der Organisation zum Gewerbe eine 13 Monate dauernde, bezahlte Praktikumsstelle, mit der Perspektive einer festen Anstellung, bei der Firma Caterpillar vermittelt wurde.

Eine beeindruckende Erfolgsgeschichte

Das kombinierte System von Beratung, Schu-lung und Vermittlung einer Praktikumsstelle bewährt sich. Oft werden aus Praktika feste Anstellungen im selben Betrieb oder die ers-te Erfahrung in der Berufswelt erhöht die Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt. So konn-te Jeunes@Work letztes Jahr von den 137 jungen Erwachsenen 70 Prozent nicht nur eine Praktikums-, sondern eine fixe Arbeits-stelle vermitteln. Die rund 200 Unternehmen, die bis heute mit der Organisation zusam-menarbeiten, sind davon ebenso angetan. Sie können hoch qualifizierte Arbeitskräfte als Praktikanten vor einer definitiven Anstel-lung prüfen und in ihren Betrieb einarbeiten. Neu unterstützt auch die Credit Suisse das Projekt finanziell. Die Idee ist, Jeunes@Work

auf weitere Westschweizer Kantone auszu-weiten. Bereits im Oktober werden für die Kantone Neuchâtel, Jura und die Region Berner Jura die nächsten Zweigstellen er-öffnet. 2011 expandiert das Projekt in die Kantone Waadt und Wallis.

Das fünf Monate dauernde Praktikum von Borjana Ristic ist bald abgelaufen. Ist sie nicht traurig, so kurz vor Ende ihrer ersten Traum-stelle? Borjana Ristic: «Dank dieser Prakti-kumsstelle weiss ich, was ich will, und kann.

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Und bei der Stellensuche hat sie sich als ent-scheidendes Plus erwiesen: Ich habe eine neue Traumstelle als Assistentin im Marketing und Verkauf gefunden!» Bernard van Dierendonk

1 Jeunes@Work in Genf – eine Klasse mit lauter motivierten Schülern. 2 Pausendiskussion mit Igor (27), Daniel (21), Daliborka (21), Edjenia (22), Emerson (32) sowie Lehrer Jean-Pierre Mathys. 3 Christine Théodoloz, Generaldirektorin von Intégration pour tous ( IPT) in Vevey.

Die Initiative Bekämpfung der JugendarbeitslosigkeitAls Beitrag zur langfristigen Förderung des Bildungs- und Werkplatzes Schweiz engagiert sich die Credit Suisse für die Verbesserung der Berufschancen von Jugendlichen. Im Rahmen der Initiative Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit stellt sie 30 Millionen Franken bereit. Dabei arbeitet sie in den nächsten drei bis fünf Jahren mit sieben kompetenten Partnern zusammen. Mehr Informationen unter www.credit-suisse.com/verantwortung

Bereits vorgestellt: Stiftung Die Chance (bulletin 2/2010)

M ehr Informationen unter www.credit-suisse.com/verantwortung Mehr Informationen zu Jeunes@Work unter www.jeunesatwork.ch

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Krebs wird zunehmend zur chronischen KrankheitUnterwegs gegen Krebs: Mit einem Sternmarsch und einem Fest auf dem Bundesplatz in Bern brach die Krebsliga Schweiz am 29. Mai in eine neue Ära auf. Die Krebspatienten zeigten Mut zum Sprechen – über ihre Krankheit – und Mut zur Mitsprache: Eine neu gegründete Patienten-Koalition konfrontierte Bun despräsidentin Doris Leuthard mit fünf konkreten politischen Forderungen.

1910, als die Krebsliga Schweiz gegründet wurde, endete nahezu jeder Krebsfall tödlich. Dies ist heute dank enormer Fortschritte in Forschung und Behandlung nicht mehr so. « Befindet sich die Tumorerkrankung in einem fortgeschrittenen Stadium, kann man den Krebs zwar meist nicht besiegen, aber kon-trollieren. Entdeckt man ihn frühzeitig, stehen bei diversen Krebskrankheiten die Chancen auf eine erfolgreiche Therapie gut bis sehr gut », erklärt Professor Thomas Cerny, Krebs-spezialist am Kantonsspital St. Gallen und bis April Präsident der Krebsliga Schweiz. «So-gar bei einem nicht heilbaren Tumor lebt die Hälfte der Patienten länger als fünf Jahre. Das war bis vor Kurzem noch ganz anders.» Diese Tatsache stellt unsere Gesellschaft vor neue Herausforderungen: Bei den älteren Langzeitpatienten stellt sich die Frage der Pflege und nach deren Finanzierung, bei den jüngeren nach der Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess.

Die häufigste Todesursache

Dem auf den ersten Blick widersprechend, sterben genau im Jubiläumsjahr der Krebs-liga weltweit erstmals mehr Menschen an

Krebs als an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. «Zwei Drittel aller Krebserkrankungen treten erst nach dem 60. Lebensjahr auf», führt der aktuelle Präsident der Krebsliga – Jakob R. Passweg vom Universitätsspital Genf – aus. «Genau in diesem Alterssegment ist in den industrialisierten Ländern die stärkste Bevölkerungs zunahme zu erwarten: Die Ba-byboomer kommen ins Krebsalter. Und gleichzeitig steigt die Lebenserwartung.» Deshalb kämpft die Krebsliga für eine bes-sere Prävention. Sie beinhaltet einerseits das Aufzeigen der Risikofaktoren und die Mög-lichkeiten, diesen entgegenzuwirken, und anderseits die Früherkennung. Noch dieses Jahr soll im Parlament ein Präventionsgesetz zur Sprache kommen. Für ein gutes Gesetz sprechen laut Cerny und Passweg nicht al-lein die menschlichen Aspekte: «Die Verhin-derung von Krebs ist angesichts der hohen Therapiekosten auch aus finanzieller Hinsicht eine Notwendigkeit.»

Bei der Jubiläumsaktion «Unterwegs gegen Krebs» marschierten am 29. Mai über 10 000 Personen auf einer Solidaritätswan-derung von rund 30 Orten aus zwischen 6 und 16 Kilometer in Richtung Bern. Dort

folgte auf dem Bundesplatz ein Solidaritäts-event mit diversen Konzerten. Als bewegen-der Höhepunkt des Anlasses übergaben mit Michèle Constantin und Max Lippuner zwei von Krebs Betroffene der amtierenden Bun-despräsidentin Doris Leuthard eine Resolu-tion mit fünf Forderungen einer am gleichen Tag neu gegründeten Patienten-Koalition: 1. Mehr Mitsprache für Patientinnen und

Patienten; 2. verbesserte berufliche Eingliederung

von Menschen mit einer chronischen Krankheit;

3. neue Modelle, um Erwerbstätigkeit und Pflege zu vereinbaren;

4. obligatorische Krankentaggeld- Versicherung;

5. Kommunikationstraining für alle Ärztinnen und Ärzte.

Am 28. August folgt die Charity-Radtour «Race against Cancer ». Dort geht die Be-wegung gegen den Krebs weiter: Es gilt, mit dem Rad von Airolo auf den Gotthard hinauf-zufahren.

Neuer Corporate Volunteering Partner

Die Credit Suisse unterstützt seit 2010 die Krebsliga Schweiz als nationaler Partner, ge-nauso wie den WWF, die Ernst Schmidheiny Stiftung, Right To Play sowie die Dampfbahn Furka-Bergstrecke. Für den Solidaritäts-event, den nationalen Blumenverkauf vom 5. Juni sowie die Charity-Radtour «Race against Cancer » haben sich über 400 Volun-teers der Credit Suisse als Helferinnen und Helfer gemeldet.» schi

Michèle Constantin und Max Lippuner übergeben Bundespräsidentin Doris Leuthard die Forderungen der Patienten-Koalition.

Die Credit Suisse Corporate Volunteers hatten alle Hände voll zu tun, denn die orangenen Leibchen der Krebsliga fanden reissenden Absatz.

Video «Unterwegs gegen Krebs» auf www.credit-suisse.com/bulletin

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Internationales Menschenrechtsforum

Digitalisierung des Alltags

Mit dem Ziel, Menschenrechts-fragen auch über das unmittelbare Gesc häft hinaus voranzutreiben, ist die Credit Suisse 2009 eine Partnerschaft mit dem Internationa-len Menschenrechtsforum Luzern ( IHRF) eingegangen. Das Forum dient verschiedenen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Medien und Wissenschaft als Diskussionsplatt-form und soll die Öffentlichkeit für Probleme im Bereich der Men-schenrechte sensibilisieren. Am 18. und 19. Mai 2010 fand das 7. Internationale Menschenrechts-forum Luzern zum Thema «Digi tali-sierung des Alltags» statt. Ver -treten war neben nationalen und in-ternationalen Expertinnen und Experten wie der iranischen Frie-densnobelpreisträgerin Shirin Ebadi auch die Credit Suisse mit einem Referenten der Abteilung Public Policy – Sustainability Af-fairs. Dabei wurden in einer Panel-Diskussion die Rolle der Credit Suisse bei der Förderung des Mikrofinanz-Sektors sowie die technologische Entwicklung von Finanzdienstleistungen in Ent-wicklungsländern e rörtert. Zum Abschluss des Forums wurde im Kultu r- und Kongresszentrum Luzern erstmals das Benefizkonzert IHRF Concert Classic durchgeführt, an dem die Ausnahmepianistin Ma-ria João Pires gemeinsammit dem Human Right Orchestra auftrat. Fabian Huwyler

Credit Suisse Bildungsinitiative

Neue Partnerschaft mit Worldfund

Mit der weltweiten Bildungsinitiative verfolgt die Credit Suisse das Ziel, Tausenden von Kindern und Jugend-lichen im schulpflichtigen Alter Z ugang zu einem Ausbildungsplatz zu verschaffen und die Qualität der Bildungsangebote zu verbessern. Zu den ausgewählten Partnerorga-

nisationen der Initiative zählt seit Mai 2010 neu auch Worldfund, eine Organisation, die sich in Latein-amerika für benachteiligte Kinder und Jugendliche einsetzt. Um die Lehrstandards an öffentlichen Schulen Brasiliens zu verbessern, hat Worldfund ein projektbasiertes Lernprogramm entwickelt, in des-sen Rahmen Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften mit interaktiven Lerntechniken und Lern -modulen vertraut gemacht werden. Zudem bietet es Schülern die Mög-lichkeit, ihre Kenntnisse in Mathe-matik und Naturwissenschaften durch zusätzliche Lehrveranstaltun-gen zu vertiefen. Die Credit Suisse unterstützt das Programm in drei Sekundarschulen in Recife. 2400 Schüler profitieren von der Weiter bildung ihrer Lehrer und 800 Schüler von den zusätzlichen Lehrver anstaltungen. Fabienne de Lannay

Sustainable Forest Investment Forum

Chancen und Risiken in der asiatischen Forstwirtschaft

Bei Geschäften mit Unternehmen, deren Aktivitäten Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten, trägt die Credit Suisse den sozialen und ökologischen Risiken Rech-nung. Aus diesem Grund pflegen wir im Rahmen von Veranstaltungen, bei bilateralen Gesprächen oder durch die Mitarbeit in Netzwerken und Initiativen den Kontakt zu NGOs. Als Mitglied der Association for Sustainable and Responsible I nvestment in Asia (ASrIA) war die Credit Suisse Gastgeberin des Sustainable Forest Investment Forum, das am 27. Mai 2010 unter dem Motto «Chancen und Risiken der asiatischen Forstwirtschaft » in Hongkong stattfand. Die Veran-staltung bot Vertretern von NGOs – darunter Greenpeace und der WWF – als auch Investoren die Möglichkeit, sich über soziale und ökologische Risiken in der Agrar- und Papierindustrie auszutau- schen. Ben Ridley

«bike to work» 2010

Mit dem Fahrrad zur Arbeit Im Juni 2010 nahm die Credit Suisse zum dritten Mal in Folge an der Aktion «bike to work» der Non-Profit-Organisation Pro Velo teil. Ziel der Aktion war es, möglichst viele Pendler und Pendlerinnen zu motivieren, ihren Arbeitsweg mit dem Fahrrad zurückzulegen. Denn wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, bringt Bewegung in den Alltag und schont gleichzeitig die Umwelt. Als eines von über 1200 Unternehmen (plus zwölf Prozent gegenüber 2009) ermutigte die Credit Suisse ihre Mitarbeitenden, für einen M onat auf das Velo umzu- satteln. Gesucht wurden Viererteams, die an mindestens der Hälfte der Arbeitstage einen Teil des Arbeitswegs mit dem Rad zurück legten. «Velofahrer sind am Morgen schon munter, seltener krank und resistenter gegen Stress», erklärt Otti Bisang, Koordina tor der Aktion bei der Credit Suisse. Zudem stehe die Aktion im Einklang mit dem Engagement der Credit Suisse für den Umweltschutz. Die Credit Suisse lässt seit Jahren ökologische Aspekte in ihre Geschäfts-tätigkeit einfliessen. Im Rahmen der Initiative Credit Suisse Cares for C limate werden auch die Mitarbeitenden auf-gefordert, einen Beitrag zur Reduktion von Emissionen zu leisten. Fabienne de Lannay

Die Credit Suisse ist überzeugt, dass die unter nehme rische Verantwortung gegen über der Gesellschaft und der Umwelt ein wichtiger Faktor für den wirtschaft lichen Erfolg ist.

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Piemonte

Valle d’Aosta

RHÔNE-ALPES

FRANCHE-COMTÉ/ALSACE

AlsaceFreiburg

TübingenOberbayern

Deutschland

Italia

Schwaben

BADEN-WÜRTTEMBERG

France

6 Mio.Einwohner

3 Mio.Einwohner

10 Mio.Einwohner

11 Mio.Einwohner

Export Welt180 287 Mio. CHF

42 Mio. Konsumenten

60 000 ausländische Arbeitnehmer

Export Europa114 786 Mio. CHF

Import Europa

130 476 Mio. CHF

56 Wirtschaft KMU-Studie

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Credit Suisse bulletin 3/10

KMU-Studie Wirtschaft 57

SÜD-BAYERN

Österreich

6 Mio.Einwohner

Bevölkerung> 500000> 100000–500000> 5 Mio.> 2–5 Mio.> 1–2 Mio.> 0.5–1 Mio.> 0.5 Mio.

KMU reiten auf der Globalisierungswelle

Text: Christian Etzensperger, Economist, Credit Suisse Economic Research

>

Wirtschaftliche Dynamik wird in den nächsten Jahren verstärkt aus aufstrebenden Schwel-lenländern kommen. Für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) der Schweiz bedeutet dies Exportchancen, die es zu packen, aber auch Importdruck, vor dem es sich zu wappnen gilt. Da exportieren erprobt sein will, drängen sich heimmarktnahe Gebiete wie Baden-Württemberg oder die Lombardei für erste Erfahrungen auf. Ganz generell zeigt eine Umfrage der Credit Suisse unter 1800 KMU: Die Globalisierungswelle rollt.

Die jüngste Weltwirtschaftskrise hat die Handelsströme schärfer einbrechen lassen als in den Zeiten der Grossen Depression. Dies hängt damit zusammen, dass die Welt vernetzter geworden ist. Wertschöpfungs-ketten haben sich aufgespaltet und Handels-ströme sich geografisch immer weiter ver-zweigt. Die stärkere Arbeitsteilung im globa-len Massstab hat zu einem noch nie da gewesenen Wachstum der Weltwirtschaft geführt, in dessen Kontext der jüngste Ein-bruch gesehen werden muss. Gleichzeitig hat die Globalisierung (relative) Gewinner und Verlierer geschaffen. Intensivierte Han-delsstreitigkeiten auf der Weltbühne lassen eine gestiegene Nervosität erkennen. Auch scheint laut der neusten Umfrage der Credit Suisse das Vertrauen der Schweizer KMU hinsichtlich Globalisierung deutlich geringer als noch im Vorjahr. Die Einschätzung des Megatrends Globalisierung hat sich zusam-men mit derjenigen des Wertewandels und des demografischen Wandels 2010 am stärksten eingetrübt (siehe Abbildung 1). Augen-scheinlich ist die Euphorie über die Globali-sierung verflogen und die Risiken treten wie-der stärker hervor.

Rasante Entwicklung seit dem Mauerfall

Die Welt der KMU hat sich nach dem Ende des Kalten Kriegs grundlegend verändert. Operierten die kleinen und mittleren Fische der Unternehmenslandschaft zuvor in den Binnengewässern abgeschotteter regionaler Märkte, brachen zu Beginn der 1990er-Jah-re die Dämme zum offenen Meer. Die Zölle

wurden für die meisten Warengruppen deut-lich gesenkt oder ganz abgeschafft. Techni-sche Handelshemmnisse (Bestimmungen über Beschaffenheit, Verpackung, Beschrif-tung oder Hygiene) wurden reduziert. Der Kapital- und Zahlungsverkehr wurde zumin-dest europaweit massiv vereinfacht. Die Er-öffnung ausländischer Bankkonti, die Direkt-investitionen in ausländische Unternehmen oder der Immobilienerwerb im Ausland wur-den dadurch erleichtert. Grosse Änderungen erfuhren die Ausschreibeverfahren für Auf-träge der öffentlichen Hand. So werden bei-spielsweise die Auftragsbekanntmachungen in Europa über die Internetseite TED (Ten-ders Electronic Daily) täglich in 23 Sprachen elektronisch publiziert.

Meist gehen Marktöffnungen mit einer Stärkung des Privatsektors gegenüber dem Staat einher, wovon kleine Firmen, die nicht über den gleichen Zugang zu Regierungs-institutionen verfügen wie Grossunterneh-men, überdurchschnittlich profitieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Personen-freizügigkeit, die für eine stark erhöhte Ver-füg barkeit ausländischer Arbeitskräfte sorgte. Zu den wirtschaftspolitischen Veränderun gengesellte sich der rasante technologische Fortschritt, namentlich in der Tele kom muni -kation und der Informationstechnologie, der zu gesunkenen Transaktions kosten einer-seits sowie zur nie gekannten Verfügbarkeit von Preissignalen und Marktinformationen andererseits führte.

Der Beginn der neuen Globalisierungs-phase nach dem Mauerfall ging in der

Import Welt

160 123 Mio. CHF

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58 Wirtschaft KMU-Studie

bulletin 3/10 Credit Suisse

Schweiz mit einer langen Phase wirtschaft-licher Stagnation sowie schmerzhaften Strukturwandels einher. Offensichtlich hatte man sich in den vermeintlich stabilen politi-schen und wirtschaftlichen Strukturen der Nachkriegszeit allzu gemütlich eingerichtet. Auf die euphorische Stimmung Ende der 1980er-Jahre folgte die grosse Ernüchte-rung in Form einer schweren Immobilienkrise, hoher Arbeitslosigkeit und eines schleppen-den Konsums. Im Zuge des EWR-Neins schlitterte die Schweiz zudem in eine Identi-tätskrise. Zwischen 1991 und 1996 stag-nierte die Schweizer Volkswirtschaft (BIP-Wachstum von 0,4% p. a.) und wurde nicht nur von Nordamerika und Asien, sondern auch von den grossen Handelspartnern Deutschland (1,2% p. a.), Frankreich (1,1% p. a.) und Italien (1,2% p. a.) in den Schatten gestellt. Einst strahlende Schweizer Indus-trie- Ikonen wie die Schweizerische Loko-motiv- und Maschinenfabrik (SLM), Saurer, Bally oder Sulzer verschwanden oder wurden zu Sanierungsfällen.

Chancen teilweise verpasst

Auch bei neueren Technologien wurde der Zug teilweise verpasst. So verkauften Anfang der 1990er-Jahre Ericsson erste Mobiltele-fone in Schweden, Nokia in Finnland und die Ascom in der Schweiz. Heute beschäftigt Nokia 120 000 Mitarbeitende und Ericsson 82 000. Die Ascom – traditionelle Partnerin der PTT/Swisscom sowie der Schweizer Armee – konnte technologisch nicht mithalten und agierte im Ausland erfolglos. Sie be schäf-

tigt heute noch 2100 Mitarbeitende. Aus die-ser Position der Verunsicherung heraus und aus der Einsicht, dass das vermeintlich ein-fache Erfolgsrezept «Made in Switzerland» nicht mehr genügte, nahmen die Schweizer Unternehmen die Globalisierung in Angriff. Bereits in der nächsten Phase, von 1997 bis zum Höhepunkt des Dotcom-Booms im Jahr 2000, trugen die Anpassungsbemühungen der Schweizer Firmen an die eingangs be-schriebenen neuen Realitäten erste Früchte. 1997 wuchsen die Exporte erstmals seit 1989 im zweistelligen Bereich. Im Jahr 2000 vermochte die Exportwirtschaft das Kunst-stück zu wiederholen (siehe Abbildung 2).

Das Platzen der Dotcom-Blase hinterliess in der Industrie vergleichsweise geringe Spu-ren. Dies belegen die Exportzahlen eindrück-lich: Im Rezessionsjahr 2003 stagnierten die Ausfuhren (– 0,2%), wuchsen aber in den fünf Folgejahren im Durchschnitt um sagen-hafte 8,8 Prozent pro Jahr. Über die Zeit hatte sich die Exportgeografie zudem deut-lich gewandelt. Zwischen 1991 und 2009 wuchsen die Exporte in die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) exakt um das Fünffache.

Hinter diesem Wachstum stehen viele Fir-men, die sich erstmals auf die Auslandmärk-te wagten. Aufgrund der Senkung der Ex-porthürden durch technologische wie politi-sche Mittel ist das früher den Grossfirmen vorbehaltene Exportgeschäft auch für klei-nere Firmen attraktiv geworden. Die Schweiz verfügt über einen im Vergleich mit den europäischen Nachbarländern und den USA überdurch schnittlich hohen Anteil an kleinen (10–49 Mitarbeitende) und mittleren Unter-nehmen (50 –249 Mitarbeitende), die mit ihrer tendenziell höheren Finanzkraft und professionellen Strukturen für den Export eher in Frage kommen als die in anderen Ländern stärker vertretenen Mikrounterneh-men mit weniger als zehn Mitarbeitenden.

Erweiterter Heimmarkt

Das offene Meer, in dem die KMU-Kapitäne navigieren, ist natürlich voller Risiken, und so halten es viele KMU für ratsam, sich vorerst in Ufernähe aufzuhalten. So hat sich die Präsenz von Schweizer Unternehmen in den Nachbarländern massiv vergrössert. Wie gross das dortige Absatzpotenzial ist, wird oft unterschätzt. Die nahe an der Schweiz liegenden Regionen Baden-Württemberg (11 Mio. Einwohner), Süd-Bayern (6 Mio.), Rhône-Alpes (6 Mio.), Franche-Comté/Alsace (3 Mio.) und Lombardia (10 Mio.) um-

fassen rund 42 Millionen Konsumenten und sind im europäischen Vergleich kaufkraft-stark (siehe Abbildung S. 57). Aufgrund ihrer Be-völkerungsdichte und ihrer guten Erreichbar-keit sind Baden-Württemberg für Deutsch-schweizer, Rhône-Alpes für Welsche sowie die Lombardei für Tessiner KMU besonders attraktiv. Überdies können sie Geschäfte je-weils in ihrer Muttersprache abwickeln.

Interregionale Kooperationen sind auch deshalb äusserst sinnvoll, weil sich durch sie einige der grössten Exporthemmnisse um-ge hen lassen. Namentlich ist die Nachfrage-struktur ähnlich, die Transaktions- und Infor-mationskosten sind tiefer, und die Partner-suche gestaltet sich in aller Regel einfacher.

Importdruck: Kehrseite der Globalisierung

Als Importdruck bezeichnen wir die Konkur-renz, die den heimischen Anbietern durch den Import von Waren oder durch die direk-te Präsenz ausländischer Mitbewerber ent-steht. Diese ergeben sich vor allem durch Preis-, Technologie- (Produktionsverfahren, Innovationen) und Kostenvorteile der aus-ländischen Anbieter. Importdruck ist in prak-tisch jeder Branche der Schweizer Wirtschaft ein Thema. Die meisten Branchen erlebten den Abbau der Kartelle und die Liberalisie-rung der Märkte als einigermassen langsam fortschreitenden Prozess, so dass sich vor-ausschauende Unternehmer in aller Regel anzupassen vermochten.

Der Druck zur Anpassung kam einerseits von den Konsumenten, die auf tiefe Preise pochten, sowie von der Exportwirtschaft, die ihre Chancen im Aussenhandel verbessern wollte, andererseits von Vorgaben aus den GATT/WTO-Verhandlungen oder den bilate-ralen Verträgen mit der EU. Aktuell ist Markt-öffnung insbesondere im Nahrungsmittel-sektor ein Thema. Im Nahrungsmitteldetail-handel sind mit Aldi und Lidl namhafte neue ausländische Mitbewerber in den Markt ein-getreten. Stiess die Migros bis in die 1960er-Jahre als Emporkömmling auf den Wider-stand des alteingesessenen Handels, teilt sie sich heute mit Coop die Rolle der Etab-lierten und gerät so in Bedrängnis durch neue Mitbewerber.

Die Nahrungsmittelindustrie konnte jüngst zusammen mit der Agrarwirtschaft die Aus-wirkungen der 2007 erfolgten Liberalisie-rung im Käsemarkt beobachten. Andere Nahrungsmittel wie Fleisch, Getreide, Obst und Gemüse sind nach wie vor durch Zoll-schranken geschützt. Die in der Schweiz auf-gezogenen Salatsetzlinge stammen aller-

Die Credit Suisse als strategi-scher Partner der KMU

Die erste KMU-Umfrage wurde Anfang 2007 lanciert, mit dem Ziel, als strategischer Partner der KMU Gedanken anzustossen und einen Diskussionsbeitrag im Hinblick auf die Megatrends zu leisten. Sowohl Kunden als auch Nichtkunden nehmen an der Umfrage teil. Die jährlich erschei-nende Publikation finden Sie im Internet unter www.credit- suisse.com/research (Schweizer Wirtschaft /Branchen). Zudem werden die Ergebnisse in regio-nalen Anlässen vertieft behan-delt und Handlungsmöglichkeiten diskutiert.

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KMU-Studie Wirtschaft 59

dings oft aus dem Ausland, und die einhei-mische Fleischproduktion könnte ohne Import des für die Aufzucht benötigten Kraft-futters gar nicht existieren. Nach dem Schei-tern der Referendumsbemühungen gegen das Cassis-de-Dijon-Prinzip ist die Umset-zung desselben gewiss, und weitere Libera-lisierungsschritte im Nahrungsmittelsektor sind absehbar. Während das Cassis-de-Di-jon-Prinzip den Abbau technischer Handels-hemmnisse wie abweichende Etikettierungs-vorschriften mit sich bringt, würde das vom Bundesrat anvisierte Agrarfreihandelsab-kommen mit der EU auch bisher ausgeklam-merte landwirtschaftsnahe Bereiche wie die Milchwirtschaft und die Fleischproduktion den Marktkräften aussetzen.

Präsenz ausländischer Konkurrenten

In den vollständig liberalisierten Wirtschafts-branchen macht sich zunehmender Import-druck durch stark wachsende Importvolumen oder aber durch die Präsenz ausländischer Firmen im Binnenmarkt bemerkbar. Beispie-le stark gewachsener Importvolumen sind die früher hauptsächlich in der Schweiz herge-stellten Schienenfahrzeuge. Hier darf das Wachstum von Stadler Rail nicht über die Schrumpfung der traditionellen Standorte Pratteln (Schindler Waggon) und Winterthur (SLM) hinwegtäuschen.

Ob des Aufsehens, das neue Marken und Ladenkonzepte hervorrufen, geht oft verges-sen, dass beispielsweise der Kleiderdetail-handel (H&M, Zara, C&A, Dosenbach) oder der Möbeldetailhandel ( IKEA, Conforama) von ausländischen Anbietern dominiert wird. Dass Toblerone, ein Inbegriff von Swissness, sich längst nicht mehr in Schweizer Besitz befindet, ist bekannt. Mittlerweile sind aber Traditionsunternehmen unterschiedlichster Branchen wie Käsehersteller (Baer), Maschi-nenbauer (Netstal), Metallerzeuger (Emmen-brücke, Gerlafingen) oder Elektrotechnik-konzerne (Alstom Power Baden) in ausländi-scher Hand.

Offener Arbeitsmarkt sehr wichtig

Die Schweiz verzeichnete 2009 einen Zuzug von rund 60 000 ausländischen Arbeitneh-mern. Im Vorjahr waren es gar 72 000. Trotz dieser Zuwanderung bleibt das Finden quali-fizierter Arbeitskräfte eines der grössten Probleme der Schweizer KMU. In der Um-frage der Credit Suisse bezeichnen es 40 Prozent der KMU als grösste Herausforde-rung für das Wachstum des Unternehmens. Dies notabene zu einem Zeitpunkt, da sich

die Wirtschaft noch mit einem Bein in der Rezession befindet. Offensichtlich vermag die Zuwanderung die Rekrutierungsprobleme der KMU nicht vollständig zu lösen. Am stärksten ächzen die Bauwirtschaft und die Unternehmensdienstleistungen unter der Mitarbeiterknappheit. Auf Platz drei folgt die Investitionsgüterindustrie.

Die Ursachen der Knappheit an qualifi-zierten Arbeitskräften sind vielfältig. Einer-seits werden Schulabgängern mangelndes Ausbildungsniveau und fehlende Motivation angekreidet. Andererseits führt die demo-grafische Verschiebung hin zu weniger er-werbstätigen und mehr älteren Menschen zu einer schleichenden Verknappung an Hu-mankapital. Diese wird in der Unternehmens-nachfolge von einer Generation zur nächsten besonders deutlich. Für KMU heisst dies, dass sie traditionelle Wege der Personal-rekrutierung sowie des Personal- und Hu-mankapitalmanagements verlassen müssen. Auch hat sich der Fokus auf ungenutztes Potenzial, namentlich Frauen und Senioren, ausgeweitet. Der Erfahrungsschatz eines rüstigen Seniors im Unruhestand kann un-verzichtbar sein.

Zudem erscheint die stärkere Anbindung der bestehenden Mitarbeitenden an das Unternehmen erstrebenswert. Dies geschieht über mehrjährige Weiterbildungspläne oder durch Massnahmen zur Stärkung der Identi-fikation mit der Firma wie beispielsweise einer Unternehmensbeteiligung seitens der Angestellten. Namentlich die gezielte Weiter-bildungsplanung bindet die Mitarbeitenden via hohe Zufriedenheit an das Unternehmen. Gemäss unserer Umfrage ist die Weiterbil-dung mit über einem Drittel Nennungen denn auch die am häufi gsten genannte Massnahme zur Verbesserung der Mitarbeiterretention.

Fazit: KMU sind gerüstet

Insgesamt scheinen die KMU für die nächs-te Globalisierungswelle gerüstet. Die Turbu-lenzen der letzten Jahre haben sie für die Exportmärkte agiler und gegen Importdruck resistenter gemacht. Mit kulturellen Unter-schieden wissen Schweizer KMU dank lang-jähriger Einwanderung vergleichsweise gut umzugehen. Da sich die weltwirtschaftlichen Gewichte in Richtung der weniger vertrauten Schwellenländer verschoben haben und weil bald zusätzliche, bisher wenig liberalisierte Teile des Binnenmarkts auch ausländischen Konkurrenten offenstehen werden, ist die unternehmerische Aufgabe indes im Ausland wie zu Hause anspruchsvoller geworden. <

1 Einschätzung der MegatrendsWie positiv oder negativ schätzen die KMU die grossen Megatrends ein und wie hat sich das im Verlauf der letzten vier Jahre verändert ? Quelle: Credit Suisse

2010 2009 2008 2007

Globalisierung

Ressourcenknappheit

Demografie

Wertewandel

Technologie

Wissensgesellschaft

in % –20 0 20 40 60 80

2 Schweizer Aussenhandel (in Milliarden CHF pro Quartal)Nach dem Rezessionsjahr 2003 stiegen die Exporte in den fünf Folgejahren um durchschnittlich 8,8 Prozent. Quelle: Credit Suisse

ImporteExporte

20

25

30

35

40

45

50

55

15

60

in Mrd.CHF pro Quartal

90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10

Sprache

Finanzierung

Technische Vorschriften

Transportkosten

Mangelnde Kenntnisse Zielmarkt

Admin. Aufwand mit CH-Behörden

Fehlende Partner im Ausland

Admin. Aufwand mit ausl. Behörden

Fehlende Nachfrage

in % 0 5 10 15 20

3 Grösste ExporthindernisseFolgende Punkte erachten exportwillige KMU als grösste Hindernisse. Quelle: Credit Suisse

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bulletin 3/10 Credit Suisse

Ausland als ChanceGlobalisierung ist zum Alltagsbegriff geworden, aber nicht nur für Mama und Papa. Die Auswirkungen der neuen multipolaren Welt machen sich insbesondere auch bei den Kindern und Jugendlichen in den USA bemerkbar.

Text: Robert Weissenstein, Chief Investment Officer, Private Banking Americas, und Jessie Zhu, Investment Strategy & Advisory Group, Private Banking Americas

Früher als je zuvor machen Kinder in den USA und vielen anderen Ländern während der Ausbildung und beim täglichen Surfen im Internet multikulturelle Erfahrungen. Sie nut-zen technische Hilfsmittel wie Laptops oder Mobiltelefone wie ihre Eltern einst Kugel-schreiber und Papier. Dank einem beispiel-losen Zugang zu Informationen wissen sie besser über Ressourcenverknappung, saube re Energien und den globalen Treib-hauseffekt Bescheid als so mancher Er-wachsene. Das aufstrebende China spielt für sie bereits keine Rolle mehr, da China in ihrer Welt schon lange im Mittelpunkt steht. Sie navigieren mühelos im Internet und nehmen Informationen auf, die womöglich aus einer nicht gelesenen Zeitung stammen, oder sie knüpfen Kontakte zu Menschen, deren Hei-mat ihnen fremd ist.

Multikulturelle Kinder werden im Jahr 2015 schätzungsweise 46 Prozent der amerikani-schen Bevölkerung im Alter von drei bis elf Jahren ausmachen. Eltern versuchen ihren Kindern Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, indem sie ihnen fremde Sprachen und Kul-turen näherbringen. Europa und Asien sind den USA beim Sprachunterricht unter ande-rem deshalb voraus, weil sie früher damit be-ginnen (Grundschule statt High School) und die Kinder daher länger und intensiver lernen. Dies kann insofern zum Thema werden, als Mehrsprachigkeit im wirtschaftlichen Wett-bewerb immer wichtiger wird.

Spanisch in den USA führend

Spanisch ist bei 80 Prozent aller Schüler in den USA, die in der Grundschule oder High School eine Fremdsprache lernen, erste

Wahl. Chinesisch erfreut sich wachsender Beliebtheit, was darauf zurückzuführen ist, dass Schulen und Eltern China zunehmend als aufstrebende Wirtschaftsmacht wahrneh-men und die Kinder entsprechend vorbereiten wollen. Im Jahr 2000 lernten von insgesamt sieben Millionen Fremdsprachenschülern rund 5000 Siebt- bis Zwölftklässler Chinesisch. Heute pauken 66 000 Schüler Chinesisch. Die Zahl der Programme, in denen Chine-sisch vom Kindergarten bis zur zwölften Klasse unterrichtet wird, hat sich seit 2004 verdreifacht. Bei 27 500 US-ameri-kanischen Middle Schools (Mittelstufe) und High Schools, die mindestens eine Fremd-sprache anbieten, stieg der Anteil der Schu-len mit Chinesischunterricht zwischen 1997 und 2008 von einem auf vier Prozent (siehe

Abbildung 1). Die Zahl der Absolventen des

60 Wirtschaft Multikulturalismus

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Multikulturalismus Wirtschaft 61

2007 eingeführten Einstufungstests für Chi-nesisch nimmt rasant zu, sodass es Deutsch als dritthäufigste Prüfungssprache nach Spanisch und Französisch noch in diesem Jahr überflügeln dürfte.

An der privaten Brearley School in New York werden neben dem bisherigen Unter-richt für die Fünft- bis Zwölftklässler seit 2008 alle 50 Erstklässler in Chinesisch unterrichtet. Die Yu Ying Charter School in Washington bietet vom ersten Kindergarten-jahr bis zur zweiten Klasse an abwech-selnden Tagen Unterricht in Chinesisch und Englisch an. An der Yinghua Academy, einer öffentlichen Schule im Mittleren Westen, werden verschiedene Fächer von Mathema-tik bis zu amerikanischer Geschichte auf Mandarin unterrichtet. Früher waren die Schüler der Yinghua Academy zu 70 Prozent asiatisch, während heute 50 Prozent weisser, schwarzer oder hispanischer Herkunft sind. Diese Schulen bilden in den USA die Vorhut der Bewegung zur Förderung von Chinesisch als Unterrichtssprache.

Englisch im Rest der Welt die Nummer 1

Andere Länder fördern den Englischunter-richt. In Südkorea stehen Grammatik und Le-sen im Vordergrund, aber viele Schüler kön-nen sich auch nach zehn Jahren Unterricht nicht auf Englisch unterhalten. Zur Kompen-sation geben Südkoreaner jährlich 16 Milliar-den US-Dollar für Englischkurse aus; fünf Milliarden US-Dollar fliessen in die Ausbil-dung der Kinder im Ausland (dies entspricht 20 Prozent der gesamten staatlichen Bil-dungsausgaben). Für koreanische Kinder ist es nicht ungewöhnlich, mit der Mutter in einem englischsprachigen Land zu leben, während der Vater zu Hause bleibt – das so genannte Wildgänse-Phänomen. Landesweit gibt es schätzungsweise 200 000 «Wildgän-se-Väter ». Im Jahr 2008 stellte die Regie-rung 4,2 Milliarden US-Dollar für die Umge-staltung des Englischunterrichts an öffentli-chen Schulen bereit. Paradoxerweise wollen die Eltern sogar noch mehr für Privatstunden ausgeben, da sie fürchten, ihre Kinder könn-ten im neuen System zurückfallen.

Mehr als 300 Millionen Chinesen lernen heute Englisch; ein gewaltiger «nationaler Hunger » hat Englisch über den Stellenwert einer Sprache erhoben. Es ist zu einem wesent lichen Massstab für die Aussicht auf sozialen Aufstieg geworden. Wohlhabende Eltern von Kindern im Vorschul- und Kinder-gartenalter in Grossstädten wählen spezielle Schulen, die Amerikaner, Kanadier und Philip-

pinos beschäftigen. Das grösste englisch-sprachige Schulsystem, New Oriental Edu-cation, erzielte 2009 einen Umsatz in Höhe von 370 Millionen US-Dollar.

Erwachter Drang ins Ausland

Im Bestreben, globale Kompetenzen zu er-werben, studiert heute eine Rekordzahl ame-rikanischer Universitätsstudenten im Aus-land. Im Jahr 2008 waren es 262 000 Stu-denten. Dies entspricht einer Zunahme von 50 Prozent gegenüber dem Stand von vor fünf Jahren und einer Verdoppelung gegen-über vor zehn Jahren (siehe Abbildung 2). Ihr Anteil beträgt dennoch nur zwei Prozent aller College-Studenten, sodass weiterhin viel Spielraum für Wachstum bleibt.

Grossbritannien ist seit Langem das be-liebteste Zielland für amerikanische Studie-rende im Ausland, gefolgt von Italien, Spa-nien und Frankreich. Von den führenden 20 Ländern liegen 11 ausserhalb Europas. China, Argentinien und Indien haben sich gegenüber dem Vorjahr auf die Ränge 5, 12 und 17 ver-bessert und verzeichnen Wachstumsraten von 19, 14 und 20 Prozent. Auch Südafrika hat als Zentrum für Auslandstudien an Be-deutung gewonnen und erreichte gegenüber dem Vorjahr ein Wachstum von 15 Prozent. Immer mehr Studenten entscheiden sich für nicht englischsprachige, nicht traditionelle Destinationen, einschliesslich Schwellenlän-der (siehe Abbildung 3). Manche absolvieren neben der sprachlichen und kulturellen Aus-bildung auch ein Praktikum, um Berufserfah-rung zu sammeln und sich auf einem hart umkämpften globalen Arbeitsmarkt zusätz-liche Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Herausforderung für unsere Kinder

Aufstiegsaspiranten interessieren sich für die Welt jenseits der eigenen Grenzen und bau-en globale Komponenten in ihren Ausbil-dungsprozess ein. Dies mag aus wirtschaft-lichem Eigeninteresse geschehen, aber letzt-lich dient es auch dem nationalen Interesse. Es wird immer schwieriger, mit einem insu-laren Ansatz Wohlstand zu schaffen. Das Internet spielt im Cyberspace dieselbe Rolle wie der Fall der Berliner Mauer vor 20 Jahren: Es ermöglicht den Verkehrs- und Informa-tionsfluss zwischen vormals isolierten Kultu-ren. Ausbildungsinvestitionen bedeuten In-vestitionen in die Infrastruktur, die unsere Kinder und Jugendlichen in einer wahrhaft globalisierten Welt unterstützen wird. Wer dies richtig anpacken will, muss frühzeitig beginnen. <

Quelle: Institute of International Education

EuropaLateinamerikaAsienOzeanienAfrikaMittlerer OstenÜbrige

15%

5%5%

56%

11%

6%1%

Quelle: Institute of International Education

50 000

100 000

150 000

200 000

250 000

0

1999 2002 2005 2008

1 Nachfrage nach Chinesisch steigtIm Jahr 2008 boten vier Prozent aller ameri-kanischen Schulen Chinesischunterricht an. Praktisch überall wird Spanisch gelehrt. Dagegen sinkt die Zahl der Schulen in den USA, an denen Französisch, Deutsch und Japanisch unterrichtet wird. Quelle: «The New York Times», Center for Applied Linguistics

Prozentuale Veränderung seit 1997Fremdsprachenangebot in Schulen 2008 (rechte Skala)

–15 – 75

–10

– 5

– 20

– 50

– 25

– 100

Französisch

Deutsch

Japanisch

Spanisch

Chinesisch

5 25

10

15

0

50

75

0

% %

2 US-Studenten im AuslandDie Zahl amerikanischer Studenten im Ausland nimmt rapide zu und hat sich innerh alb von nur zehn Jahren auf 260 000 verdoppelt.

3 Zielländer für US-amerikanische Studierend e im AuslandGrossbritannien bleibt das bevorzugte Ziel- land für amerikanische Studierende im Aus- land, gefolgt von Italien, Spanien und Frank-reich. Die beliebtesten aussereuropäischen Länder sind China, Argentinien und Indien.

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62 Wirtschaft Indien

In dien: Pulsierendes Land der Gegensätze und ChancenBereits zum siebten Mal organisierte die Credit Suisse im Frühling einen so genannten Interactive Fieldtrip für Kunden und Investoren. Die straff durchorganisierte Reise führte nach Neu-Delhi und Mumbai. Dabei wurden für Anleger interessante Bereiche wie der Auf- und Ausbau von Infrastrukturen, die Massenproduktion von Konsumgütern, das Bildungswesen, aber auch Bollywood bis hin zum mehrfach ausgezeichneten Dabbawala-Lunchbüchsen-Lieferdienst in Mumbai angeschaut.

Text: Daniel Huber

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1

1 Die traurige Kulisse zum Film «Slumdog Millionaire»: In den Slums von Mumbai leben über sechs Millionen Menschen. 2 Prunk und moderne Architektur in einem Luxus-hotel von Neu-Delhi. 3 Die moderne Fabrik von Moser Baer im Industrievorort Noida bei Neu-Delhi. 4 Die neue, 5,6 Kilometer lange Bandra-Worli-Brücke verbindet Downtown Mumbai mit den westlichen Vororten. 5 Motorrikschas in Neu-Delhi.

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Indien Wirtschaft 63F

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Die Kennzahlen Indiens sind beeindruckend. Mit 3,3 Millionen Quadratkilometern ist In-dien zwar nur das siebtgrösste Land der Welt, aber mit über 1,2 Milliarden Einwohnern hinter China auf Platz zwei bei der Bevölke-rungszahl. Noch 1925 waren es lediglich 263 Millionen! Mit ungeheurer Wucht ist in den vergangenen Jahren auch die indische Wirt-schaft gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt ist in der letzten Dekade jedes Jahr um durch-schnittlich 7,2 Prozent gestiegen. Selbst im Krisenjahr 2008/2009 (das Finanzjahr in In-dien dauert von April bis Ende März) ver-zeichnete Indien zwar einen Rückgang des BIP gegenüber dem Boomjahr 2007/2008 (9,2 Prozent), blieb aber klar auf der Wachs-tumsstrasse mit 6,7 Prozent. Und 2009/ 2010 waren es bereits wieder 7,2 Prozent.

Gleichzeitig gibt es kaum ein Land, das derart von Gegensätzen geprägt ist wie In-dien – nicht zuletzt auch bei der Schere zwi-schen Reichtum und Armut. So wuchs laut der jüngsten Erhebung des US-Magazins «For-bes» die Zahl der indischen Milliardäre inner-halb von einem Jahr von 24 auf 50. Und in den Top-Fünf der reichsten Menschen dieser Welt sind mit Mukesh Ambani (29 Milliarden US-Dollar) und Lakshmi Mittal (28,7 Milliar-den US-Dollar) gleich zwei Inder vertreten. Auf der anderen Seite geht die Weltbank

davon aus, dass über 40 Prozent der indi-schen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt, die bei einem Einkommen von weniger als 1,25 Dollar pro Kopf und Tag liegt.

Millionen von Landflüchtlingen

Aufgrund der grossen Armut der Landbevöl-kerung machen sich jeden Tag Tausende auf, ihr Glück in den Städten zu suchen, allen voran in Mumbai, in dessen Grossraum rund 20 Millionen Menschen leben, und in Neu-Delhi mit zirka 18 Millionen. Genaue Zahlen gibt es keine. Die letzte offizielle Volkszäh-lung fand 2001 statt, und jeden Tag strömen Tausende von neuen Landflüchtlingen in die Metropolen, wo sie zuerst auf der Strasse und dann in den Slums stranden, die sich überall in den Grossstädten ausbreiten. Ins-gesamt gibt es in Indien zurzeit 34 Städte mit über einer Million Einwohnern. Angesichts der aus allen Nähten platzenden Zentren ist in Indien das Thema Auf- und Ausbau von Infrastrukturen allgegenwärtig und damit auch der erste Programm punkt des Fieldtrip. Ver-schiedene staatliche Agenturen gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren Investi-tionen von rund 500 Milliarden US-Dollar notwendig werden, um den ungeheuren Nach holbedarf im Transport wesen (Strassen, Brücken, Tunnels etc.) und in der Energie-,

Gas- und Wasserversorgung abzudecken. Entsprechend steht für die erste Gastreferen-tin Bidisha Ganguly in Delhi fest: «Das welt-weite Wachstumszentrum hat sich nach Osten und insbesondere nach China und Indien ver-schoben.» Die Leiterin der Research-Abtei-lung der Confederation of Indian Industry in Neu-Delhi gibt eine erste Grobübersicht der grössten Herausforderungen im Bereich In-frastruktur und macht auch keinen Hehl da-raus, dass viele dieser Projekte häufig durch politische und bürokratische Hemmnisse er-schwert würden. Gleichwohl sieht die nächs-te Referentin, Sanja Sethi von Kotak Capital, auch in dieser Beziehung deutliche Fort-schritte und damit auch grössere Chancen. So würden in Indien jeden Tag 23 Highway-Kilometer fertiggestellt.

Moser Baer in der Industriestadt Noida

Dass der Strassenbau noch stark auf einfa-cher Handarbeit, nicht zuletzt von Frauen, basiert, ist auf der Busfahrt nach Noida zu sehen. «Schliesslich müssen wir unsere Mas-sen irgendwie beschäftigen», erklärt die in-dische Reisebegleiterin. Noida ist die Ab-kürzung für New Okhla Industrial Develop-ment Authority. Dabei handelt es sich um eine in den 1970er-Jahren auf dem Reiss-brett geplante Industriestadt im Osten von

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Neu-Delhi, wo mittlerweile rund zwei Millio-nen Menschen leben. Dass die Millionenvor-stadt bereits zum angrenzenden Bundesstaat Uttar Pradesh gehört, birgt offenbar gewis-sen politischen Konfliktstoff.

Eines der dort in den 1980er-Jahren an-gesiedelten Unternehmen ist Moser Baer. Dabei handelte es sich ursprünglich um ein Joint Venture mit der Schweizer Firma Moser Baer in Sumiswald, die heute aber nicht mehr beteiligt ist. Moser Baer in Indien ist der welt-weit zweitgrösste Hersteller von optischen Speichermedien, sprich CDs, DVDs aller Art bis hin zu Blue-ray Discs mit bis zu 25 Gigabyte Speicherkapazität, die danach unter verschiedensten Labels in den Handel gelangen. Daneben stieg das Technologie-unternehmen 2005 aufgrund gewisser Syn-ergien in der Produktionstechnik in die Her-stellung von Fotovoltaik-Zellen ein. Dazu kam 2006 die Herstellung und der Vertrieb von eigenen Home-Entertainment- sowie gewissen Heimelektronik-Produkten wie Kopfhörern, DVD-Playern oder optischen Computer-Mäusen. Moser Baer beschäftigt in Indien an vier Standorten über 7000 Mit-arbeitende. In der Diskussion mit dem Ver-antwortlichen von Moser Baer kommt unwei-

gerlich die Rede auf die Vor- und Nachteile des Produktionsstandorts Indien gegenüber China. Dabei wird von Abhinav Kanchan, Lei-ter Corporate Communications, das aufstre-bende Markt- und Geschäftsumfeld, die brei-te Unterstützung seitens der Regierung, die höheren Ausbildungsstandards und vor allem auch der Vorteil der englischen Sprache, die in Indien von grossen Teilen der gebildeten Bevölkerung sehr gut gesprochen wird, ins Feld geführt.

Das erste moderne Auto Indiens

Der zweite Werksbesuch führt in den Westen von Delhi in das Industriegebiet von Gurgaon. Dort fuhr am 14. Dezember 1983 mit dem Maruti 800 der erste moderne indische Per-sonenwagen vom Band. Maruti wurde 1981 von der indischen Regierung als Joint Ven-ture mit Suzuki gegründet. Heute gehören 54 Prozent dem japanischen Hersteller. Das Land Indien ist weltweit der zwölft grösste Fahrzeughersteller. Rund elf Millionen zwei-, drei- und vierrädrige Fahrzeuge werden hier produziert. Der mit Abstand grösste Perso-nenwagenhersteller ist Suzuki Maruti. Mit 722 144 verkauften Autos im Jahr 2008/2009 betrug der Marktanteil auf dem Heim-

markt 55 Prozent. Gleichzeitig gehen mittler-weile fast 100 000 Fahrzeuge in den Export, allen voran der vor zwei Jahren lancierte Kleinwagen A-Star, der in Europa unter dem Namen Alto verkauft wird. Ajay Seth, CFO von Suzuki Maruti, ist überzeugt, dass für die Muttergesellschaft Suzuki Indien als Produk-tionsstandort noch wichtiger werden wird: «So werden wir auch als erster Standort ausserhalb Japans einen eigenen R&D-Be-reich bekommen. Damit können wir noch schneller auf den boomenden Heimmarkt re-agieren.» Spannend ist in diesem Zusam-menhang auch die Diskussion rund um die neue Konkurrenz durch den Tata Nano. Der bis anhin vor allem im Geländewagen und Lastwagen-Segment beheimatete indische Hersteller stellte vor zwei Jahren dieses Bil-ligauto vor, das mit einem Preis von 2500 US-Dollar für Millionen von Indern den Traum von einem motorisierten Fahrzeug auf vier Rädern Wirklichkeit werden lassen soll. Da-zu Seth: «Natürlich beobachten wir die Ent-wicklungen um den Nano sehr genau. Doch grundsätzlich interessiert uns dieses Billigst-segment nicht. Auch liegen die Verkaufszah-len des Nano zurzeit noch weit hinter den Erwartungen von Tata zurück.» Seth macht

1 Das Nanotech-Laboratorium des Indian Institute of Technology (IIT ) von Mumbai. 2 Eine Bollywood-Filmcrew dreht in den Hügeln von Film City in Mumbai eine Beerdigung. 3 Liefert das Mittagessen mit Blechboxen vom heimischen Herd direkt an den Arbeitsplatz in Downtown Mumbai: ein Dabbawala-Bote. 4 Bietet zum Preis von 2500 US-Dollar Platz für vier Personen und ein Mindestmass an Autokomfort: der Tata Nano. 5 Unterwegs in einem Vorort von Mumbai.

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auch deutlich, dass der Marktanteil zwar wich tig sei, aber nicht um jeden Preis.

Der anschliessende Besuch der Produk-tions halle präsentiert eine effizient funktio-nierende Fertigungslinie mit einem relativ grossen Anteil an Handarbeit. Suzuki Maruti beschäftigt an zwei Standorten rund 7500 Mitarbeitende, wobei Seth stolz heraus-streicht, dass ihre Mitarbeitenden im Durch-schnitt seit 15 Jahren für Maruti arbeiteten, was für die guten Ar beits bedingungen sprech e. Der Lohn eines Arbeiters, der seit zehn Jahren bei der Firma sei, betrage um die 600 US-Dollar im Monat.

Sechs Millionen Pendler in Mumbai

Nach dem Besuch von Suzuki Maruti geht die Reise weiter nach Mumbai. Bis 1995 hiess die Stadt Bombay und für die meisten Einheimischen ist es immer noch so. Doch offiziell trägt sie seither den Namen der Göt-tin der regionalen Koli-Fischer namens Mum-bai. Jeden Tag pendeln rund sechs Millionen Menschen in überfüllten Zügen aus den Vor-städten ins Zentrum. Im 45- Sekunden-Takt treffen die Züge im ehrwürdigen Victoria-Terminal ein. Abends treffen sich jeweils Tau-sende auf den ausladenden Sandstränden

und geniessen dicht gedrängt den Sonnen-untergang am arabischen Meer. Zum Schwim-men ist das Meer zu verdreckt, aber das stört niemanden.

Nach verschiedenen Vorträgen zu Private Equity und sonstigen Investmentmöglich kei-ten sowie zu steuerlichen Eigenheiten von Indien – so machte ein vorteilhaftes Doppel-besteuerungsabkommen Mauritius zum gröss-ten ausländischen Investorenland – ist die Reihe an Virat Khullar, Brand Manager von Tata Nano Car. Er stellt das Konzept des Bil-ligautos vor. Der Nano soll weit unten in der Fahrzeugpyramide die preislich grosse Lücke zwischen den motorisierten Zweirädern und dem bislang preiswertesten Auto schliessen. Das Potenzial scheint riesig, schliesslich werden in Indien pro Jahr rund zehn Millionen Zweiräder verkauft. Dabei hat Tata aber kei-neswegs die urbane Bevölkerung im Visier, sondern vielmehr die untere Mittelschicht auf dem Land. Ihnen soll für 2500 US-Dollar Platz für vier Personen, geschützt vor Wind und Wetter, mit allen gängigen Sicherheitsstan-dards geboten werden. Herausgekommen ist ein kleines, rundliches Auto mit vier Türen, einem 35 PS starken Zweizylindermotor un terdem Rücksitz und etwas Stauraum darüber,

Quelle: Credit Suisse

1 Indiens demografische DividendeIm Gegensatz zu vielen westlichen Industrie-ländern ist die indische Bevölkerung jung. Der Anteil der über 50-Jährigen dürfte im Lauf des nächsten Jahrzehnts eher zurückgehen. Quelle: Vereinte Nationen

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LandwirtschaftBergbauVerarbeitendes GewerbeStrom-, Gas- und WasserversorgungHandel, Hotellerie, Verkehr und KommunikationFinanz-, Immobilien- und GeschäftsdienstleistungenGemeinde- und Sozialwesen

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2 Beiträge zum BIP-Wachstum in IndienDer Anteil der Landwirtschaft am indischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) geht rasch zurück, während die Sektoren Handel, Hotellerie, Verkehr und Kommunikation an Bedeutung gewinnen.

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das eine Spitzengeschwindigkeit von rund 100 km/h erreicht und zirka 4,5 Liter Benzin auf 100 Kilometer verbraucht. Bei der Sitz-probe erweist sich das Billigauto als erstaun-lich geräumig und die Ausstattung ist zwar sehr einfach, aber bedienungsfreundlich.

Proteste verzögern Nano-Produktionsstart

Zurzeit lässt sich noch nicht abschätzen, ob das Konzept an der Verkaufsfront langfristig Erfolg haben wird. Die Produktion ist immer noch in der Anlaufphase. Ungereimtheiten beim Kauf des Lands führten zu Protesten bei der Baustelle des ursprünglichen Stand-orts. Obwohl Tata vor Gericht recht bekom-men habe und immer noch im Besitz des Lands sei, hätte es die Konzernleitung vor-gezogen, die Produktion an einen neuen Standort zu verlegen, erzählt Virat Khullar. «Vor allem auch, um die Arbeiter nicht diesen Protesten auszusetzen.» Entsprechend konn-ten erst 25 000 der über 200 000 bereits be-stellten Nanos ausgeliefert werden. « Interes-santerweise haben 100 000 das Auto bereits im Voraus bezahlt und warten nun geduldig, bis sie es bekommen.» Läuft die Produktion und Nachfrage nach Wunsch, so soll in fünf Jahren der Sprung ins Ausland erfolgen.

Passend zum Zeitpunkt erfolgt kurz vor dem Mittagessen die Präsentation der über 100-jährigen Dabbawala-Erfolgsgeschichte. Dabei handelt es sich um eine Art Lunchbox-Lieferservice. Für umgerechnet sechs Dollar im Monat holt ein Dabbawala-Bote um 10 Uhr morgens das frisch zubereitete Mittag-essen und liefert es dank einem ausgeklü-gelten Sammel-, Transport- und Verteilsys-tem rechtzeitig zur Mittagspause beim Auf-traggeber ab. So werden tagtäglich über 200 000 Lunchboxen von 5000 Boten nach Mumbai geliefert. Fehlerquote: eine fehlge-leitete Blechbox auf 16 Millionen Aufträge.

Zuerst das Essen und dann das Kino

Der Nachmittag ist ganz dem Thema Bolly-wood gewidmet. Zuerst gibt Filmproduzent Bobby Bedi eine kurze Einführung. Für ihn steht fest, dass für einen Inder auf der Be-dürfnispyramide knapp nach dem Essen das Kino kommt (siehe Interview Seite 68). Film City in Mumbai entpuppt sich als wenig glamou-röser Ort. Die Kulissen an den verschiedenen Drehorten sind sehr behelfsmässig hinge-stellt. Überall auf dem hügeligen Gelände drehen irgendwelche Crews Outdoor-Sze-nen. Aufschlussreich ist der Besuch der di-gitalen Studios von Prime Focus, einer auf visuelle Spezialeffekte fokussierten Produk- >

tionsfirma. 1995 von vier jungen Filmfans gegründet, ist es heute ein global agierendes Unternehmen, das sieben Tage in der Woche und rund um die Uhr im Einsatz steht. Ein wichtiger Bereich ist das Umwandeln von 2D-Aufnahmen in 3D-Erlebnisse. So hat Pri-me Focus auch bei rund 200 Einstellungen des Kassenschlagers Avatar mitgewirkt. Mittlerweile ist Prime Focus auf drei Konti-nenten und in fünf Zeitzonen mit 15 Studios aktiv. Nebst der Postproduktion von Kino-filmen ist die Firma auch für Werbefilme ein begehrter Partner. Und dieser Bereich ex-plodiert zurzeit in Indien. 2009 wurden über 50 000 TV- und Kino-Werbespots gedreht – 2010 sollen es 85 000 werden.

Jeder Hundertste schaffts ans IIT

Bleiben am letzten Tag in Mumbai die Besu-che des Indian Institute of Technology ( IIT ) und eines wohltätigen Ausbildungsprojekts. Das Institut bildet weltweit begehrte IT-Inge-nieure aus, obwohl die Infrastruktur auf den ersten Blick kaum nach Hightech aussieht. In Indien gibt es insgesamt sieben Institutes of Technology. Sie gelten als eigentliche Kar-rieresprungbretter. Wer einen Studienplatz haben will, muss ein knallhartes Auswahl ver-fahren überstehen. So melden sich jedes Jahr 500 000 Studenten zum Einstiegstest an, doch nur ein Prozent, sprich die 5000 Besten, bekommen einen Platz. Und wer nach dem Bachelor noch den Master machen will, muss erneut eine Aufnahmeprüfung absolvieren, die nur jeder Dritte besteht. Auf der anderen Seite gibt es gemäss Rajeev Deshpande, dem Chief Development Officer des IIT, praktisch keine Aussteiger während des Studiums. «Wer hier ist, hat bewiesen, dass er dazu fähig ist, und will unbedingt seine Chance wahrnehmen.» So erhalten viele der Absolventen schon während des letzten Se-mesters lukrative Jobangebote von zumeist global agierenden Firmen. «Die meisten ver-dienen von Beginn weg mehr als wir Profes-soren», sagt Deshpande und spricht von durchschnittlich 15 000 US-Dollar Jahres-gehalt. Doch damit gehörten sie in Indien bereits zur oberen Mittelschicht. Wer wirklich Glück habe, der würde von einem globalen Konzern in Indien einen westlichen Lohn er-halten, der häufig bei 70 000 US-Dollar und mehr Einstiegsgehalt liege.

Berufsanlehre als Chance

Mehrheitlich weniger als 1000 US-Dollar pro Jahr verdienen dagegen die Bewohner des Armenviertels Bandra Ost in Mumbai, wo

Interactive Fieldtrips Seit 2006 organisiert das Private Banking der Credit Suisse für Kunden und Investoren so genannte Interactive Fieldtrips. Diese führen in der Regel in Märkte, die noch relativ unbekannt sind und gleichzeitig ein interessantes Potenzial für Investitionen bergen. Initiator und Organisator der bislang sieben Interactive Fieldtrips ist Arthur Vayloyan, Leiter Investment Services and Products im Private Banking. Für ihn steht fest: «Mit diesen Reisen bieten wir den Teilnehmern die einmalige Chance,vor Ort vertiefte Einblicke in spannende Regionen und Märkte zu gewinnen. Darüber hinaus kommt es bei diesen Fieldtrips auch immer zu angeregten Dis-kussionen mit unseren Experten, aber auch direkt unter den Teil-nehmern. Auf so einer Reise trifft enorm viel Wissen und Erfah-rung aufeinander.»

War bereits zum siebten Mal Gastgeber bei einem Interachtive Fieldtrip: Arthur Vayloyan, Leiter Investment Services and Products in der Division Private Banking.

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HIMACHAL PRADESH

LUDHIANA

JAIPUR

WEST BENGAL

JHARKAND

ORISSA

CHHATTISGARH

PUNE

MUMBAI

SURAT

TAMIL NADU

BANGALORE

HYDERABAD

GURGAON

DELHI

NOIDA

MADHYA PRADESH

ASSAM

AUTO

EDELSTEINE UND SCHMUCK

IT-INDUSTRIE

TEXTILINDUSTRIE

3 Indiens unterschiedliche SektorenIndien ist eine marktwirtschaftliche Demokratie. In strategischen Sektoren finden sich öffentlich-private Partnerschaften. Indiens Unternehmens-kultur begünstigte das Wachstum florierender Sektoren des verarbeitenden Gewerbes und der kompetenzorientierten Dienstleisungsindustrie. Ausser dem ist Indien reich an Bodenschätzen. Quelle: Indian Automotive Mission Pan, SIAM, Economic Survey, India Brand Equity Foundation, Ministry of Textiles, Investment Commission of India

Indische AutomobilindustrieNorden – Delhi, Gurgaon, Noida; Süden – Tamil Nadu; Westen – Pune

Umfang des Auto- und Zuliefermarkts 50 Milliarden US-Dollar

In Indien verkaufte Fahrzeuge 2008–200911 Millionen Fahrzeuge

Davon Exporte1,5 Millionen

BIP-Anteil7 Prozent

Rang in der Weltproduktion 12

Beschäftigte in der Industrie 13 Millionen

Indische TextilindustrieNorden – Ludhiana, Jaipur, Himachal Pradesh;Süden – Tamil Nadu

Marktumfang52 Milliarden US-Dollar

Davon Exporte36 Prozent

BIP-Anteil4 Prozent

Davon Exporte12 Prozent

Rang in der Weltproduktion7. Rang bei Textilien, 6. bei Bekleidung,drittgrösster Baumwollproduzent, zweitgrösster Seidenproduzent

Beschäftigte in der Industrie 35 Millionen (zweitgrösster Sekto r nach der Landwirtschaft)

Indische IT- und ITeS-IndustrieSüden – Bangalore, Hyderabad; Westen – Pune, Mumbai; Norden – Delhi, Gurgaon, Noida

Marktumfang 72 Milliarden US-Dollar

Davon Exporte67 Prozent

BIP-Anteil6 Prozent

Weltmarktanteil5 Prozent

Beschäftigte in der Industrie 10 Millionen

Indische Edelstein- und SchmuckindustrieWesten – Surat, Mumbai

Marktumfang27 Milliarden US-Dollar

Davon Exporte40 Prozent

Weltmarktanteil im Bereich Diamantschleifen und -polieren82 Prozent nach Karat,60 Prozent nach Wert

Rang beim weltweiten Goldverbrauch1; 20 Prozent der weltweiten Nachfrage

Rang beim weltweiten Diamantverbrauch3

Beschäftigte in der Industrie1,3 Millionen

Indiens Reichtümer an BodenschätzenMadhya Pradesh, Chhattisgarh, Jharkand, Orissa, West Bengal, Assam

Natürliche Ressourcen

Reserven Rang

Kohle 96 Milliarden Tonnen

Drittgrösste Reservenbasis der Welt

Eisenerz 24 Milliarden Tonnen

Fünftgrösste Reservenbasis der Welt

Bauxit 2,4 Milliarden Tonnen

Viertgrösste Reservenbasis der Welt

Mangan 240 Millionen Tonnen

Zweitgrösste Reservenbasis der Welt

Chrom 57 Millionen Tonnen

Drittgrösste Reservenbasis der Welt

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die Kherwadi Social Welfare Association ein Berufsausbildungszentrum für junge Er-wachsene betreibt. Dort durchlaufen Jugend-liche im Alter von 16 bis 25 Jahren Anlehren zu Mechanikern, Klimaanlagen- und Kühl-schrank-Monteuren, Datenverarbeitern oder auch zu Kosmetikerinnen und Pflegerinnen. Bei der Einführung unter einem heissen Blech dach erhalten auch noch weitere Hilfs- und Mikrofinanzorganisationen die Gelegen-heit, sich und ihre verschiedenen Lösungs-ansätze vorzustellen. Der Besuch des Armen-viertels von Bandra Ost setzt dem viertägigen Fieldtrip nach Indien einen eindrücklichen Schlusspunkt. Die Teilnehmer kehren voll-gepackt mit Eindrücken und Einschätzungen von einem Land im Aufbruch nach Hause zurück, das in seiner Vielfalt und Gegensätz-lichkeit kaum zu übertreffen ist und neben all den Problemen auch unübersehbar eine Fül-le von Chancen und Möglichkeiten bietet. <

Wettstreit der Metro polen Obwohl Neu -Delhi die Hauptstadt und mit 18 Millionen Einwohnern nur unwesentlich kleiner ist, steht es für die meisten Inder im Schatten von Mumbai. Dieser gigantische Moloch, eingepfercht auf einer Halbinsel an der Westküste, ist für die Inder, was für die Amerikaner Los Angeles: Die Stadt der Träume, wo Tellerwäscher-Karrie ren wahr werden, wo Bollywood aus ein-fachen Landmädchen Stars macht, wo das Finanzzentrum Indiens ist, wo alle grossen Welt konzerne ihre Büros mit gut bezahlten Jobs haben. Dagegen ticken in Neu-Delh i die Uhren geruhsamer im Be-amtentakt. Und Platz zum Wach-sen gibt es in alle Richtungen belie-big. Die Hauptstadt verfügt über ausladende Prachtalleen, einen gigantischen Präsidenten palast, eine Unzahl an Ministerien, Wohn-villen von Parlamentsmit gliedern, Botschaften und ein funktionieren-des Transportsystem inklusive neu erstellter, schmucker U-Bahn.

«D as normale Leben will niemand sehen»Bobby Bedi gehört zu den wenigen Filmproduzenten Indiens, die auch im Ausland erfolgreich sind. Sein Film «The Rising» war 2005 der Eröff-nungsfilm am Filmfestival Locarno. Er spricht über die Rolle des indischen Films, das Indien von morgen und die Beziehung Bollywoods zur Schweiz.

bulletin: Welche Bedeutung hat das Kino

in Indien?

Bobby Bedi: Indien ist ein extrem vielfälti-ges Land. Wir haben nur zwei verbindende Elemente: Die englische Sprache und das Kino. Die indischen Filme sind ein wichtiges Mittel, um die 1,3 Milliarden Menschen zu-sammenzuhalten.

Ist das Kino nicht auch ein Mittel, um

die Armen in den Slums ruhigzustellen?

Nein, das glaube ich nicht. Natürlich hilft das Kino, aus dem Alltag zu flüchten, und hat somit eine stabilisierende Wirkung. Das gilt aber für alle Menschen. Auch sehen sich Leute in den Slums nicht als arm. Sie sind es im Vergleich zu einem Touristen aus dem Westen. Aber die meisten haben ir-gendeine Art von Auskommen und können sich Dinge leisten. So finden Sie auf jeder Hütte eine Satelliten-Schüssel und die meisten haben einen DVD-Player.

Haben Sie auch das Geld, um ins

Kino zu gehen?

Ja, alle gehen ins Kino. Der Eintritt kostet ja auch nur 20 bis 30 Cents oder so.

Wo verdienen Sie bei diesen Ticket-

preisen als Produzent Ihr Geld?

Es ist schwierig, aber die schiere Zahl von 1,3 Milliarden Einwohnern hilft.

Für wen machen Sie Ihre Filme?

Indische Filme müssen für die Massen sein. Wenn Sie nur die Oberklasse ansprechen wollen, dann wird es ein Flop. Man muss die Massen erreichen.

Dann will die Oberklasse lieber

intel lektuelle Filme aus Frankreich

ansehen?

Nein, niemand will die intellektuellen fran-zösischen Filme, ausser vielleicht die Fran-zosen selber.

Wer ist Ihr Vorbild?

Ich mag Filme mit einer Botschaft.Aber solche Filme sind nicht unbedingt

für die Masse?

Warum nicht ? Die Botschaft kann sehr ein-fach sein. Ein Mann verliebt sich in eine Frau, wirbt und kämpft für sie, damit sie am Schluss zueinanderfinden.

Gibt es keine politischen Filme

in Indien?

Die zeigen das normale Leben. Dafür will niemand bezahlen.

Und wie ist die Beziehung von Bolly-

wood zur Regierung?

Wir sind eines der wenigen Länder, wo die Filmindustrie die Regierung subventio-niert und nicht umgekehrt. Klar gibt es ge-wisse Richtlinien und Grenzen, die man nicht überschreiten darf. Aber die sind kein Problem.

Wie sehen Sie die Zukunft der

indischen Filmindustrie?

Die Welt hat eine schwierige Zeit hinter sich. Und Filme, die eine heile, schöne Welt vor-gaukeln, werden noch wichtiger.

Wie sind Sie persönlich zum Film

gekommen?

«Das Kino gibt den Indern die Möglichkeit, in die Welt zu verreisen», Bobby Bedi, Filmproduzent.

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Ursprünglich habe ich für eine Computer-firma gearbeitet. Danach war ich für zwei Grosskonzerne der Unterhaltungselektronik tätig. Eines Tages habe ich mich dann ent-schieden, mein ganzes Geld in eine eigene Filmproduktionsfirma zu stecken.

Offenbar mit Erfolg.

Ich hatte enorm viel Glück. Gleich der erste Film, den ich machte, war ein Erfolg.

Und von dort kam dann auch das Geld,

um weiterzumachen.

Von dort kam das Selbstvertrauen, um wei-terzumachen.

Wie viele Filme produzieren Sie im Jahr?

Drei bis vier.Was ist Ihre Triebfeder?

Ich will den Menschen mit meinen Filmen Hoffnung und eine Botschaft geben. Ich sehe das als eine Art Lebenssinn für mich. Und ich bin glücklich, das zu machen.

Was halten Sie von der Schweiz ?

Indiens Filmindustrie pflegt sehr gute Bezie-hungen zur Schweiz. Der indische Filmpro-duzent und Regisseur Yash Chopra bekam sogar die Schweizer Ehrenbürgerschaft ver-liehen und ein kleiner Bergsee wurde in-offiziell nach ihm benannt. Er war der erste indische Filmemacher, der in der Schweiz drehte. Dank dieser Filme vor Schweizer Kulis se hat sich der indische Tourismus in der Schweiz innert weniger Jahre auf das 700-Fache vergrössert.

Warum gerade die Schweiz ? Es gibt

viele schöne Orte auf der Welt .

Früher hat Chopra häufig in den Bergen von Kaschmir gedreht. Dann ging das wegen des Grenzkonflikts nicht mehr. Da waren die Alpen eine wunderschöne Alternative. Das Kino gibt den Indern die Möglichkeit, in die Welt zu verreisen, sei es zu den Tulpen nach Holland oder zu den Bergen in der Schweiz oder in Österreich. Und sobald es ihnen öko-nomisch etwas besser geht, dann wollen sie diese schönen Orte selber sehen. Die meis-ten Inder reisen in die Schweiz wegen der Bollywood-Filme.

Wo wird Indien in 20 Jahren sein?

Das ist eine relativ kurze Zeit. Doch Indien wird sicher ein bevorzugtes Ziel sein, um Ge-schäfte zu machen. Ich glaube nicht, dass es je reich sein wird oder dass die Armut ver-schwinden wird. Doch wenn man Reichtum nicht nur mit der Anzahl Dollars misst, son-dern mit Zufriedenheit und Glück, dann wird Indien in 20 Jahren zu den bevorzugten Des-tinationen gehören. dhu

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70 Wirtschaft Asset Allocation

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Vom Papier zum Port folio: So wird die Anlagestrategie umgesetztIn den jüngsten Ausgaben des bulletin zeigten wir auf, wie die Anlagestrategie der Credit Suisse erarbeitet wird. Lebendig wird das Portfolio jedoch erst durch die konkrete Umsetzung. Kunden der privaten Vermögensverwaltung können hierbei auf das Know-how der Portfoliomanager des Asset Management zählen.

Text: Anja Hochberg, Head of Investment Strategy, und Andreas Russenberger, Head of MACS Mandates and Funds

Ein gut diversifiziertes Portfolio ist der Grundbaustein einer erfolgreichen Anlage-strategie. Dies wird durch eine langfristige Anlagestrategie sichergestellt. Die Aufstel-lung des Portfolios anhand einer so genann-ten Benchmark Asset Allocation ist dabei der Anker dieser Anlagestrategie. Darüber hin-aus ergeben sich taktische Inves titions mög-lichkeiten, die auf einen Zeitraum von einem bis sechs Monaten ausgerichtet sind und in-nerhalb der privaten Vermögensverwaltung zeitnah, effizient und transparent umgesetzt werden können.

Grundrezept und genaue Zutaten

Ist die taktische Asset Allocation einmal de-finiert, geht es darum, die Anlagestrategie unter Berücksichtigung des gewählten Risi-kos in den einzelnen Mandaten in eine prak-tisch umsetzbare und transparente Vermö-gensaufteilung umzuwandeln. Denn die In-vestmentstrategie gibt nur den allgemeinen, allerdings sehr wichtigen, Rahmen vor. So wird in der Asset Allocation festgelegt, wie hoch zum Beispiel der Aktienanteil in einem bestimmten Risikoprofil sein soll. Die Ver-mögensaufteilung stellt sozusagen das Grundrezept dar, die genauen Zutaten wer-den erst später beigegeben und das Gericht je nach Typ «abgeschmeckt ». Die Portfolio-

manager konstruieren anschliessend das Portfolio auf Basis der empfohlenen Vermö-gensaufteilung und der am besten geeigne-ten Wertpapiere. Je nach Mandatstyp kön-nen die Portfoliomanager in verschiedene Instrumente investieren, die von Einzeltiteln über Fonds nach dem Best-Manager-Ansatz bis hin zu indexorientierten Anlagen, den so genannten Exchange-Traded Funds (ETF), reichen. Dabei prüfen die Portfoliomanager die Anlageentscheide hinsichtlich der Um-setzungsmöglichkeiten und erarbeiten ge-gebenenfalls eine individuelle Lösung für den spezifischen Mandatstyp.

Aktien untergewichten, auf Gold setzen

Wie wir gesehen haben, ist die Umsetzung der Anlagestrategie in den Gesamtanlage-prozess eingebettet. Damit wird ein Portfolio vom Anlageentscheid bis zum tatsächlichen Portfolio nachvollziehbar. Ausserdem werden damit Kontinuität und Konsistenz sicherge-stellt. Nehmen wir ein Beispiel: Entspre-chend der aktuellen Anlagestrategie, die monat lich, bei Bedarf aber auch häufiger angepass t werden kann, werden Aktien in einem Balanced-Mandat mit der Referenz-währung Euro aufgrund der Unsicherheiten im Markt neu untergewichtet (siehe dazu auch

die Grafik auf Seite 71 oben). Die Aktienquote

soll per Anlageentscheid verkleinert werden, und zwar hauptsächlich dadurch, dass Aktien aus der Eurozone reduziert werden. Der Portfoliomanager wird nach eingehender Prüfung der Zusammensetzung seines Port-folios nun einen Teil der Aktien verkaufen. Es zeigt sich, dass das Engagement in Deutsch-land kaum reduziert werden soll, da das ex-portlastige Deutschland aufgrund der posi-tiven Auswirkungen der Euroschwäche auf seine Exporte und der relativ gesunden Staatsfinanzen positiv gesehen wird. Gleich-zeitig soll der Anteil des Finanzsektors im Portfolio verkleinert werden. Der Portfolio-manager steht nun vor der Aufgabe, die rich-tigen Instrumente auszuwählen, um diese Anlagestrategie umzusetzen. Dabei stehen je nach Mandatstyp verschiedene Instrumen-te zur Verfügung. Er kann das europäische Aktienmarkt-Exposure reduzieren über ent-sprechende marktbreite Regionen-ETF, spe-zielle Länder-ETF wie zum Beispiel auf den Deutschen Aktienindex Dax, Stil-ETF (EMU Large Cap, EMU Mid Cap, EMU Small Cap), Sektor-ETF, aktive Investmentfonds nach dem Best-Manager-Ansatz oder Einzeltitel-verkäufe. Im vorliegenden Fall wird der Port-foliomanager den Verkauf durch eine Reduk-tion des ETF auf den MSCI EMU Large Cap und durch einen Verkauf des Sektor-ETF Fi-

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Asset Allocation Wirtschaft 71

nancials umsetzen. Damit ist Deutschland entsprechend der Anlagestrategie weiterhin stärker als andere europäische Länder im Portfolio vertreten, und Finanztitel haben ein geringeres Gewicht als vorher.

Bei den Anleihen ist man entsprechend der Anlagestrategie aufgrund strategischer Risiken wie Staatsverschuldung, geldpoliti-scher Normalisierung und unsicheren Infla-tionsausblicks vorsichtig positioniert. Des-halb wird eine etwas kürzere Duration (durch-schnittliche Kapitalbindungsdauer) als die Benchmark beibehalten; neben Staatsanlei-hen wird unter anderem auch in ausgewähl-

Quelle: Exemplarisches Vermögensverwaltungsportfolio in der Referenzwährung EUR, Anlage-profil Ausgewogen per 10. Mai 2010, basierend auf der taktischen Asset Allocation von Anfang Mai 2010.

ten Anleihen in Unternehmen respektive Schwellenländer investiert. Diese Positionie-rung wird zum einen Teil über hauseigene Fonds wie Orchis abgedeckt (siehe Tabelle

oben, rechte Spalte). Hauseigene Fonds haben den Vorteil, dass sie über die positiven Eigen-schaften einer Kollektivanlage wie Diver-sifikation verfügen, jedoch je nach Bedarf gesteuert werden können und insgesamt wenige r Transaktionskosten für das Portfolio anfallen.

Gold wird aufgrund seiner strategischen Attraktivität gegenüber der Benchmark über-gewichtet, denn Gold fungiert häufig als

Risiko puffer beziehungsweise als eine inter-essante «Alternativwährung» in unsicheren Zeiten. So investiert der Portfoliomanager im Sinne einer transparenten und kosteneffizien-ten Investmentphilosophie nicht in verschie-dene Goldvehikel, sondern bündelt die Gold-position in einem einzigen Instrument, dem CS ETF auf Gold, das physisch in der Schweiz gelagert wird (siehe Tabelle oben).

Dem Kunden wird so auf der Basis eines sehr konsistenten Anlageprozesses ein aktiv gemanagtes Portfolio zur Verfügung gestellt, das seinem gewählten Risikoprofil entspricht. <

EUR – Ausgewogen Benchmark

Total Aktien

(in %) 36.22 40.00

Aktien Schweiz 1.89 1.00Equis Switzerland 1.89

Aktien EMU 13.01 16.00Equis Europe (BM EMU) 2.05

CS ETF on EMU Large Cap 1.03

CS ETF on EMU Mid Cap 1.28

ST ETF on Consumer Staples 0.95

BASF 1.37

Vinci 1.00

Total 0.83

Münchner Rück 1.18

PPR 1.15

RWE 1.11

Siemens 1.06

Aktien Grossbritannien 0.00 2.50Aktien USA 9.82 12.00Equis North America 2.89

Growth V Basket 0.89

SPDR ETF on Materials 0.97

General Electric 1.00

Hewlett-Packard 1.06

Nike 1.16

Occidental Petroleum 0.99

Pepsico 0.86

Aktien Japan 5.15 2.50Equis Japan 1.05

CS ETF on MSCI Japan Large Cap 4.10

Aktien Kanada 1.06 0.00iShares ETF on S&P TSX60 1.06

Aktien Emerging Markets 5.29 6.00Equis LEA 3.30

CS ETF on EM 1.99

EUR – Ausgewogen Benchmark

Total Liquidität, Bonds,Alternative Anlagen(in %) 63.79 60.00

Liquidität Cash

8.83 8.83

5.00

Bonds 30.74 35.00Core Bonds EUR 19.79 35.00

EUR 3 – 5 9.87

Orchis EUR Short Term 1.46

Orchis EUR Medium Term 2.14

Orchis EUR Fixed Income 6.32

Non-Core Bonds 10.95 0.00

CS Global Convertibles 1.48

CS Global Enhanced FI 9.47

Alternative Anlagen CS Commodity Allocation

24.22 1.02

20.002.50

CS ETF on Gold 5.89 2.50

Hedge Funds

CS Opp Alt Str EUR

13.46

9.41

10.00

CS Core Alt Str EUR 4.05

Absolute Private Equity

Realis

1.32

2.53

0.00

5.00

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bulletin 3/10 Credit Suisse

72 Wirtschaft Anlagestrategien

Fot

os:

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e

B ewegung als Strategie und TaktikAndreas Russenberger, Leiter von Multi Asset Class Solutions (MACS) Man-date s and Funds der Credit Suisse, erklärt, wie «Bewegung» im Zusammen-hang mit der Entwicklung von Anlagestrategien interpretiert werden kann.

Interview: Daniel Huber

bulletin: Natürlich ist die ganze Welt in

Bewegung. Aber was kommt Ihnen

im Zusammenhang mit Bewegung spontan

in den Sinn?

Andreas Russenberger: Grundsätzlich unter-scheiden wir im Portfolio Management zwi-schen langfristigen und kurzfristigen Bewe-gungen. Die langfristigen sind die Trends, auf die wir unsere Strategien ausrichten. Auf die-sen langfristigen Einschätzungen basieren die Produktedesigns unserer Strategiefonds und der Vermögensverwaltungsmandate.

Und in welche Richtung bewegen wir

uns zurzeit anlagestrategisch?

Für mich bleiben ganz klar die aufstrebenden Märkte Asiens wichtig. Da bewegt sich zur-zeit enorm viel. Das ist auch vor Ort, beispiels-weise in Hongkong, Schanghai oder Singapur, geradezu physisch spürbar.

Was heisst das konkret für Ihre

Portfolios?

Dass wir die Aktienquote in Märkten, wo wir viel positive Bewegung ausmachen, erhöhen.

Welche anderen grossen Bewegungen

respektive Trends machen Sie zurzeit

noch aus?

Wir gehen davon aus, dass die so genannten Realwerte sich überdurchschnittlich gut ent-wickeln werden. Realwerte sind zum Beispiel Aktien, Immobilien, Rohstoffe oder Gold. Al-so alles, wo echte Werte zum Anfassen da-hinterstehen. Diese sollten in den nächsten Jahren Nominalwerte wie zum Beispiel Zins-papiere übertreffen.

Was machen Sie mit den kurzfristigen

Bewegungen?

Auf die kurzfristigen Bewegungen reagieren wir mit taktischen Anpassungen, indem wir gewisse Anlagen über- oder untergewichten. Lassen Sie mich die Unterscheidung von Strategie und Taktik am Beispiel einer Wan-derung veranschaulichen. Dabei wäre die

Routenplanung die Strategie. Und dann kommt Ihnen auf dem Bergweg eine Kuh entgegen oder ihr Weg ist versperrt und Sie müssen sehr schnell taktisch reagieren und ausweichen. Es gibt immer Strategie und Taktik – beides ist wichtig.

Wie stark ist die langfristige Planung in

Stein gemeisselt ?

Wir gehen schon davon aus, dass die Trends, die wir heute ausgemacht haben, längere Zeit Gültigkeit haben. Die letzten grossen Anpassungen haben wir 2001 vorgenommen. Damals nahmen wir Alternative Anlagen in unsere Strategie auf, also Hedge-Funds und Private Equity. Diese haben sich bis in die Finanzkrise 2008 gut bewährt. Seit dieser Krise wollten die Leute aber wieder Produk-te, die sie verstehen und die real fassbar sind. Das meine ich sehr wörtlich. Häuser oder Gold sind auch noch da, wenn die Börse zu-sammenbricht.

Kehren wir zu den kurzfristigen,

taktischen Bewegungen im Anlagebereich

zurück. Was wären da konkrete Beispiele?

Nichts bewegt sich im Anlagebereich so schnell wie die Aktienmärkte. Dort ist meiner Meinung nach die Kaufen-und-halten- Phase ganz klar vorbei. Ein Gewinn von zehn Prozent kann morgen schon wieder weg sein. Auch wir können nicht immer beim Tiefstpreis kaufen und beim Höchstpreis verkaufen. Doch nehme ich für uns in Anspruch, dass wir einen Mehrwert generieren können.

Ebenfalls von kurzfristigen Bewegungen geprägt sind Währungen. So kann der US-Dollar oder der Euro innerhalb weniger Tage zehn Prozent an Wert gewinnen oder verlie-ren. Anlagen in Fremdwährungen müssen daher im Auge behalten und allenfalls abge-sichert werden.

Gibt es auch noch Anlagen, die Sie

physisch bewegen?

Ja, wir bewegen auch ganz handfest selber Dinge. So haben wir vor Kurzem einen ETF auf Gold lanciert und diesen zwecks bestmögli-cher Absicherung physisch mit Gold unter-legt. Wir haben also ganz konkret Gold im Wert von einer Milliarde Franken in einen Tre-sor der Credit Suisse bewegt und eingelagert.

Lange galt Stillstand, also keine

Bewegung, als Rückschritt. Sehen Sie

das auch so?

Ganz im Gegenteil. Ich finde es sogar sehr wichtig, dass man sowohl geschäftlich als auch privat nicht ständig in Bewegung ist, sondern ab und zu stehen bleibt, sich Zeit nimmt für eine Standortbestimmung und sich fragt: Stimmt der Setup noch? Hat sich die Welt draussen tatsächlich so entwickelt, wie wir es angenommen haben? Gibt es Punkte, die wir verbessern müssen? Für mich ist Still-stand überhaupt nicht zwingend negativ be-haftet. Gerade bei uns im Portfolio Manage-ment ist die Qualität über lange Zeit wichtig, da muss man nicht hektisch jedem kurzfris-tigen Trend nachrennen. <

«In den aufstrebenden Märkten Asiens bewegt sich zurzeit enorm viel», sagt Andreas Russenberger.

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Credit Suisse bulletin 3/10

Credit Suisse 73

InvestAnalysen und Prognosen

Gold

Gold hat in den letzten Monaten von einer steigenden Nachfrage nach sicheren Häfen profitiert. Niedrige Zinsen dürften auch weiterhin für eine hohe Nachfrage nach Gold als Geldanlage sorgen.

Die Weltwirtschaft dürfte nach der rasanten Erholung des vergangenen Jahres etwas an Dynamik verlieren, ohne jedoch in eine erneute Schwäche-phase zu geraten. Befürchtungen bezüglich der Auswirkungen der Fiskal-konsolidierung in den Industrieländern halten wir für übertrieben. Ohnehin wird das Wachstum derzeit hauptsächlich von den Schwellenländern bestimmt.

Die allgemein gesunde finanzielle Verfassung der Unternehmen sowie attraktive Bewertungen unterstützen unsere positive strategische Ein-schätzung der Aktienmärkte.

Die Geldpolitik dürfte in den meisten Industrieländern noch für geraume Zeit expansiv bleiben, während viele Schwellenländer bereits eine restrikti-vere Richtung eingeschlagen haben.

Rohstoffe bergen derzeit noch weitere Risiken. Wir empfehlen kurzfristig Edelmetalle. Im Sommer dürften sich jedoch Einstiegsmöglichkeiten in anderen Bereichen ergeben.

Bei den Währungen sehen wir weiteres Aufwärtspotenzial für den Franken und den Yen, aber auch für Währungen von Schwellenländern.

Konjunktur Global

Erholung setzt sich fort

cm

Das Wachstum der Weltwirtschaft wird zuneh mend von den Schwellenländern getrie ben. Allfällige Schwächen in den Industrielä ndern aufgrund der Fiskalkon-solidierung dürften die globale Erholung kaum aus der Bahn werfen. mt

Globales Wirtschaftswachstum zunehmend von Schwellenländern dominiert Quelle: Bloomberg, IMF, Credit Suisse/IDC

IndexIndex (saisonbereinigt)

50

40

30

60

70

95 98 01 04 07 10

Konjunktur Schweiz

PMI: Industrie nimmtFuss vom GasDer PMI-Index schloss im Juli unter dem historischen Höchststand, der im Juni v erzeichnet wurde. Der Indexrückgang ist ein Indiz dafür, dass sich das rekord hohe Temp o der Erholung der Industriekonjunk-tur abschwächt.

PMI konnte Höchststand nicht haltenQuelle: Credit Suisse

Globales BIPNordamerikaNaher Osten und AfrikaLateinamerikaEuropaAsien-Pazifik

–2

–3

–1

0

1

2

3

4

5

02.98 02.00 02.02 02.04 02.06 02.1002.08

Beitrag zum Wachstum des globalen BIP (YoY) in %

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bulletin 3/10 Credit Suisse

74 Credit Suisse

Übersicht

Ausblick Globalmh

Die Schuldenkrise dürfte auch w eiterhin eine prominente Rolle an den Märkten einnehmen. Wir gehen nicht davon aus, dass die Haus-haltskonsolidierung zu einer markan-ten Abschwächung des Wachstums führen wird. Eine länger expansive Geldpolitik sowie ein schwächerer Wechselkurs fungieren als wichtige Ausgleichsmechanismen. Während eine Umstrukturierung der griechi-schen Schulden nicht ausgeschlossen werden kann, halten wir ein solches Resultat in anderen europäischen Ländern für unwahrscheinlich.

Zinsen und Obligationen

Geldpolitische DivergenzDer Inflationsdruck in den Industrieländern bleibt gering. Infolgedessen dürften die grossen Notenbanken in der Eurozone, den USA und Grossbritannien die Leitzinsen bis in die zweite Jahreshälfte 2011 tief belassen. Dagegen beginnen immer mehr Notenbanken in kleineren Ländern, die eine stärkere Erholung erleben, die Zinsen zu e rhöhen (Schweden, Kanada). Auch in den Schwellenländern, die generell besser durch die Krise gekommen sind, ist der Inflations-druck höher, und die Straffung der Geld-politik dürfte sich fortsetzen. Jüngst hat die chinesische Regierung eine Aufwertung der Währung angekündigt. An den Anleihen-märkten dürfte eine abnehmende Risiko-aversion zu steigenden Renditen führen. mt

rs

Quelle: Bloomberg

30

35

40

45

50

55

60

01.99 01.01 01.03 01.05 01.07 01.09

–60

–40

–20

0

20

40

Indexwerte YoY-Veränderung in %

PMI China PMI USA Global Composite PMIDow Jones UBS Rohstoffindex mit 6-monatiger Verzögerung

12-Monats-Forward-P/E+/–1 StandardabweichungDurchschnitt

MSCI World 12-Monats-Forward-P/E

25

90 94 98 02 06 10

0

20

15

10

5

30

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

USD/CHF2-jährige Zinsdifferenz Swap USD minus CHF (r.S.)

0.90

1.10

1.20

1.00

1.30

1.40

USD/CHF

01.04 01.05 01.06 01.07 01.08 01.09 01.10

in %

–0.5

3.5

2.5

1.5

0.5

Kerninflation Japan, Eurozone, USA

YoY, in %

2.5

01 02 03 04 05 0706 08 09 10

0

2

1.5

1

0.5

Quelle: Datastream, MSCI, IBES

Kerninfl ation in Industrieländern fällt weiter Quelle: Datastream, IMF, Credit Suisse

Aktienmarkt

Gewinndynamik könnte Erholungst empo dämpfenDie Märkte dürften in den nächsten Mona-ten unter anderem vor dem Problem stehen, dass sowohl die Konjunktur als auch die Ge-winndynamik nachlassen sollten. Dies dürf-te das Wachstumstempo der Aktienmärkte etwas dämpfen, hat aber in der Vergangen-heit einen Aufwärtstrend an den Aktien-märkten nicht gestoppt. Bei der bevorste-henden US-Berichtssaison sollte beachtet werden, dass sich bei einer nachlassenden Gewinndynamik frühzyklische Sektoren häu-fig unterdurchschnittlich, einige defensive Sektoren allerding überdurchschnittlich ent-wickeln. Daher kombinieren wir Über ge wich- tungen im zyklischen IT- und Investitions-gütersektor mit einer Übergewichtung im Basiskonsumgütersektor.

Bewertungen (erwartetes P/E für die nächsten zwölf Monate) sind auf tiefem Niveau.

Währungen

USD-Risiken steigenDie Finanzmärkte haben ihr Augenmerk auf die europäische Schuldenkrise gerichtet. Der Fiskalausblick in den USA ist jedoch län-gerfristig keineswegs besser. Das chart-tech nische Bild hat sich jüngst für den USD gegenüber dem CHF verschlechtert, und die fundamentalen Faktoren (fehlende Zins-prämie des USD, US-Leistungsbilanzdefizit) sind weiterhin negativ. Der CHF steht zu-sammen mit dem JPY in diesem Umfeld sehr gut da: Leistungsbilanzüberschuss (Schweiz, Japan) und tiefe Zinsen (USA, Eurozone) sind normalerweise mit Franken- und Yen-Stärke verbunden. Für die Währungen der aufstrebenden Volkswirtschaften sehen wir

während der globalen Erholung weiteres Auf-wärtspotenzial.

Die Aussichten auf tiefe Zinsen in den USA sind als negativ für USD/CHF zu sehen.

Rohstoffe

Rohstoffe mit Aufhol-potenzialIm Mai und Anfang Juni kamen Rohstoffe aufgrund der Risiko- und Schuldenredu-zierung infolge der europäischen Staats-schuldenkrise unter Abgabedruck. Im Zuge der Krise trocknete die Liquidität am Inter-bankenmarkt aus, und die Volatilität an den Finanzmärkten erhöhte sich. Da es erste Anzeichen einer Stabilisierung der Finanz-märkte gibt und die Rohstoffmärkte über Aufholpotenzial verfügen, dürften sich Kauf-gelegenheiten ergeben. Kurzfristig beste-hen aber weiterhin Risiken. Anleger sollten sich auf einen Wiedereinstieg in Rohstoffe mit einem strategischen Anlagehorizont vorbereiten. Auf kurze Sicht favorisieren wir weiter Edelmetalle. Im Sommer könnten die Anleger jedoch ihr Rohstoff-Exposure als Ganzes verstärken. et

Rohstoffe verfügen nach den letzten Abschlägen über Aufholpotenzial

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Credit Suisse bulletin 3/10

Credit Suisse 75

Übersicht

Ausblick SchweizDer Konjunkturausblick bleibt in der Schweiz auch für das zweite Halbjahr positiv. Die Konjunkturindikatoren deuten weiterhin auf eine deutliche Expan sion der Wirtschaftsaktivität hin, und die Arbeitslosenquote zeigt eine Stabilisierung auf überraschend tiefen Niveaus. Gleichzeitig führte die Verunsicherung an den Märkten bezüglich der Schuldensituation in Europa zu einer starken Frankenauf-wertung. Vor diesem Hintergrund dürfte das Zinsumfeld auch im zweiten Halbjahr äusserst expansiv bleiben.

rs mh

d Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

SNB-Definition von PreisstabilitätSNB-Inflationsprognose Juni 2010SNB-Inflationsprognose März 2010

03.10 03.11 03.12 03.13

2.0

1.0

0.0

3.0

%

+1 StandardabweichungFair Value EUR/CHF–1 Standardabweichung 30.06.2010

1.20

1.40

1.60

1.80

2.00

2.20

2.40

EUR/CHF

82 86 90 94 98 02 06 10

Quelle: Bloomberg, Credit SuisseQuelle: Datastream, MSCI

90

115

110

105

100

95

120

125

Performance MSCI World und MSCI Switzerland in CHF

07.09 09.09 11.09 01.10 03.10 05.10 07.10

MSCI World in CHFMSCI Switzerland in CHF

Dot.com-Rezession Heute

100

150

125

175

200

225

250

1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39

Zahl der Arbeitslosen, indexiert, Beginn des Anstiegs = 100

cm

Quelle: SNB, Credit Suisse

Zinsen und Obligationen

Zinsumfeld bleibt unterstützendDie Schweizerische Nationalbank (SNB) hat im Juni ihr Zielband für den 3-Monats-LIBOR erwartungsgemäss bei 0%– 0.75% belassen. Da sie ausserdem davon ausgeht, dass die Deflationsrisiken inzwischen «weit-gehend verschwunden» sind, signalisierte sie auch eine höhere Bereitschaft, den Fran-kenkurs wieder vermehrt den Marktkräften zu überlassen. In der Folge wertete der Franken deutlich auf, was zu einer gewissen Straffung der geldpolitischen Bedingungen führte. Doch während der Preisdruck kurz-fristig tief bleibt, sieht die mittelfristige In-flationsprognose der SNB durchaus wieder Risiken. Angesichts der soliden Konjunktur-erholung erachten wir daher eine erste Zins-erhöhung bereits ab Ende Jahr für realis-tisch. fh

SNB-Inflationsprognose ab 2012 deutlich über dem Zielbereich

Aktienmarkt

Bewertungen attraktiv, Unsicherh eiten bleibenDie Bewertungen von Schweizer Aktien sind u. E. attraktiv. Das erwartete P/E der nächs-ten zwölf Monate befindet sich auf dem tiefs-ten Stand seit April 2009. Wir erwarten, dass die anstehende Berichtssaison die positive Gewinnentwicklung durch steigende Um-sätze und Kosteneinsparungen bestätigt, jedoch nicht so deutlich wie in den Vorquar-talen. Wegen der anhaltenden Unsicherheiten behalten wir unsere neutrale Empfehlung für Schweizer Aktien bei.

Der Schweizer Markt weist eine bessere Performance auf als die globalen entwickelten Märkte (MSCI World)

Währungen

Schweizer Franken dürfte stark bleibenDer Schweizer Franken dürfte auf zwölf Mo-nate gegenüber dem EUR weiter unter Auf-wertungsdruck bleiben. Erstens erwarten wir wenige bis keine Devisenmarktinterventionen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mehr. Zweitens dürfte sich die Zinsdifferenz zugunsten des Frankens entwickeln. Drittens spricht der Leistungsbilanzüberschuss für den Franken. Einzig die inzwischen leichte Überbewertung des CHF dürfte eine mas siveAufwertung begrenzen.

Der Schweizer Franken notiert nun auf leicht überbewertem Niveau gegenüber dem Euro.

Top-Thema

Arbeitsmarkt: Bessere Ausgangslage Die Arbeitslosigkeit hat sich früher als nach der Dot.com-Rezession stabilisiert und ist tiefer, als es die Erfahrungswerte erwarten liessen. Dafür gibt es neben der starken Beanspruchung der Kurzarbeit auch strukturelle Gründe. Erstens gab es im Gegen- satz zur Phase vor dem Platzen der Dot.com-Blase keine Übertreibungen im Beschäfti-gungsaufbau in Branchen wie der IT, die in der Rezession korrigiert werden mussten. Zweitens hat der Finanzsektor Stellen hauptsächlich im Ausland abgebaut, während in der Dot.com-Rezession der Abbau das Inland betraf. Drittens wachsen staatsnahe Branchen wie der Gesundheitssektor stärker als in der Dot.com-Rezession.

Anstieg der Arbeitslosigkeit weniger lang andauern

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bulletin 3/10 Credit Suisse

76 Credit Suisse

bulletin 3/10 Credit Suisse

76 Credit Suisse

30. Juni 2010

Überblick Prognosen

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

Aktien und Rohstoffe: Ausgewählte IndizesQuelle: Bloomberg, Credit Suisse

Auswahl 30.06.2010 YTD Ausblick 3M 12M-Ziele

S&P 500 1’022.58 –8.3 % 1’173

SMI 5’974.3 –8.7 % 7’350

FTSE-100 4’838.09 –10.6 % 5’677

DJ Euro Stoxx 50 2’522.36 –14.9 % 2’897

Nikkei 225 9’203.71 –12.7 % 12’000

Gold 1’211.6 10.5 % 1’250

WTI Erdöl 72.14 –9.1 % 87.5

Dow Jones UBS Commodity Index 248.9381 –10.9 % 280

Devisen (Wechselkurse)

30.06.2010 3M 12M

USD/CHF 1.08 1.04 – 1.08

EUR/CHF 1.32 1.33 – 1.37

JPY/CHF 1.22 1.23 – 1.27

EUR/USD 1.23 1.25 – 1.29

USD/JPY 89 83 – 87

EUR/JPY 109 106 – 110

EUR/GBP 0.82 0.83 – 0.87

GBP/USD 1.50 1.48 – 1.52

EUR/SEK 9.52 8.80 – 9.20

EUR/NOK 7.96 7.65 – 8.05

AUD/USD 0.85 0.88 – 0.92

NZD/USD 0.69 0.68 – 0.72

USD/CAD 1.06 0.98 – 1.02

Reales BIP-Wachstum in %

2009 2010 2011

CH –1.5 0.9 2.0

EWU –4 1.5 2.1

USA –2.4 3.5 2.8

GB –4.9 1.4 2.7

Japan –5.2 3.3 1.8

Kurzfristzinsen 3M-LIBOR

30.06.2010 3M 12M

CHF 0.11 0.7 – 0.9

EUR 0.77 1.1 – 1.3

USD 0.53 0.3 – 0.5

GBP 0.73 0.6 – 0.8

JPY 0.24 0.2 – 0.4

Quelle: Bloomberg, Credit Suisse

Schweizer Wirtschaft

(Veränderung gegenüber Vorjahr in %)Quelle: Credit Suisse

2009 2010

Bruttoinlandprodukt, real –1.5 0.9

Privater Konsum 1.2 1

Öffentlicher Konsum 2.5 1

Bauinvestitionen 1.3 –1.5

Ausrüstungsinvestitionen –7.5 –1.5

Importe –5.9 3

Exporte –10 5

Beschäftigung (Vollzeitäquivalente) –0.1 0

Arbeitslosenquote 3.7 4.1

Inflation in %

2009 2010 2011

CH –0.5 0.8 1.0

EWU 0.4 1.1 1.3

USA –0.4 2.2 1.2

GB 2.2 2.3 1.4

Japan –1.4 –1.2 –0.4

Rendite 10-j. Staatsanleihen

30.06.2010 3M 12M

CHF 1.48 2.1 – 2.3

EUR 2.58 3.2 – 3.4

USD 2.93 3.4 – 3.6

GBP 3.36 4 – 4.2

JPY 1.09 1.2 – 1.4

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von Credit Suisse per angegebenem Datum erstellt und

können sich ohne vorherige Mitteilung ändern. Der Bericht

wurde einzig zu Informationszwecken publiziert und ist weder

ein Angebot noch eine Auf forderung seitens oder im Auftrag

von Credit Suisse zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren

oder ähnlichen Finanzinstrumenten oder zur Teilnahme an

einer spezifischen Handelsstrategie in irgendeiner

Rechts ordnung. Der Bericht wurde ohne Berücksichtigung

der Zielsetzungen, der finanziellen Situation oder der

Bedürfnisse eines bestimmten Anlegers erstellt. Der Bericht

enthält keinerlei Empfehlungen rechtlicher Natur oder

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stellt auch in keiner Art und Weise eine auf die persönlichen

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Ver weise auf frühere Entwicklungen sind nicht unbedingt

mass gebend für künftige Ergebnisse.

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Berichten in bestimmten Rechtsordnungen einschränken.

Dieser Bericht wird von der Schweizer Bank Credit Suisse

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Impressum InvestHerausgeber Credit Suisse, Global Research,

U etlibergstrasse 231, Postfach 300, CH-8070 Zürich

Redaktion Marcus Hettinger (mh), Thomas Herrmann (th),

Fabian Heller (fh), Eliane Tanner (et), Marcel Thieliant (mt),

Claude Maurer (cm), Roger Signer (rs)

Weitere Research-Publikationen finden Sie im Internet

oder auf Anfrage.

E-Mail [email protected]

Internet www.credit-suisse.com/research

Nachdruck gestattet mit dem Hinweis «Aus dem Bulletin

der Credit Suisse»

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Wissenswert Wirtschaft 77

Credit Suisse bulletin 3 /10

WissenswertBegriffe und Bücher aus der Wirtschaft

Fairer-Handel-Bewegung [Engage ment für mehr Gerechtig-keit im Welthandel ]: Welche Form der Entwicklungshilfe ist am wir-kungsvollsten? Über diese Frage streiten sich seit Jahren Ökonomen, Politiker und NGOs. Eine mögliche Antwort lautet «Trade not aid» (Handel statt Hilfe), was bedeutet, dass im Kampf gegen die Armut nicht wohltätige Aktionen, sondern gezielte Massnahmen zur Libera-lisierung der weltweiten Märkte die grösste Wirkung haben. Die

Fairer-Handel-Bewegung, ent-standen in den 1960er-Jahren als Antwort auf die Ungerechtigkeit in der internationalen Handelspraxis und -politik, verfolgt das Ziel, allen Menschen Zugang zu den Märkten zu ermöglichen. Im Rahmen der Gesamt bewegung findet ein wirt-schaftlicher und kommunikativer Austausch zwischen Produzenten, Konsumenten, Handelsorganisa-tionen und NGOs statt. Dabei wer-den Möglichkeiten für wirtschaftlich be nachteiligte Produzenten ge-schaffen, Kapazitäten und Know-how gefördert sowie die weltweiten Arbeits- und Lebens bedingungen verbessert. Die Erfah rung hat ge-zeigt, dass sowohl faire Handels-beziehungen als auch sozial- und umweltgerechte Bedingungen zu einem Welthandel beitragen, in dem alle eine Chance bekommen.

Konjunktur [Gesamtheit der Schwankungen der volkswirtschaft-lichen Leistung]: Auf und ab, ab und auf: Wirtschaftliche Aktivität gleicht einer Achterbahnfahrt, da sie einem bestimmten Bewegungs-muster folgt. In mehr oder weniger regelmässigen Abständen entste-hen in einer Volkswirtschaft Phasen des Wirtschaftsaufschwungs sowie Zeiten des Wirtschaftsabschwungs. Diese Schwankungen der wichtigen ökonomischen Grössen wie Pro-duktion, Beschäftigung, Preise und Zinssatz werden als Konjunktur bezeichnet. Aus ihnen ergeben sich zyklische Bewegungen, die eine wiederkehrende Tendenz aufzeigen und anhand derer die Wirtschafts-lage charakterisiert werden kann. Die Länge der Zyklen ist ausschlag-gebend für die Art der Wirtschafts-schwankung: Saisonale Schwankun-gen sind meist wetterbedingt,

mittel fristige Schwankungen resul-tieren aus Unterschieden in der gesamt wirtschaftlichen Nachfrage und im Angebot. Langfristige Schwankungen wiederum werden durch tiefgreifende Veränderungen in der Wirtschaft wie zum Beispiel Innovationen ausgelöst.

Branchless Banking [Aus dem Englischen: Bankgeschäft ohne Filia len]: In Entwicklungs- und Schwellenländern kann die Fahrt zu einer Bankfiliale für Menschen aus ländlichen Gegenden stunden-lange Anreisen und damit verbun-dene Umsatzeinbussen bedeuten.

Branchless Banking bietet hierfür eine Lösung. Mit Hilfe alternativer Zahlungsinstrumente wie Mobil-telefone und bewegliche Bankauto-maten können Transaktionen ab-gewickelt werden, ohne dass die Auftraggeber eine Bankfiliale auf-suchen müssen. Mobile Banken fahren in Dörfer und ermöglichen so den ärmsten Unternehmern in abgeschiedenen Gebieten einen Zugang zu Bankdienstleistungen. Aufgrund der zunehmenden Anzahl Mobiltelefonbesitzer – 2009 wurden weltweit mehr als vier Milliarden Mobiltelefonnutzer verzeichnet, davon 80 Prozent in Entwick lungs- und Schwellenländern – werden zudem auch immer mehr Dienst-leistungen entwickelt, die Zahlun-gen über das Mobiltelefon er-möglichen. Indem Branchless Bankin g benachteiligte Menschen in die Wirtschaft eingliedert, unterstüt zt es das globale Wirt-schaftswachstum. Fabienne de Lannay

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Führen, gestalten, bewegen: Werte und Weisheit für eine globalisierte Welt Dalai Lama und Laurens van den Muyzenberg Campus, 2008255 Seiten, ISBN-13: 978-3593386874

Was haben unternehmerische und spirituelle Führung gemeinsam? Beide möchten möglichst viel Bewegung auslösen. Und wer könnte die Frage, wie das gelingt, besser diskutieren als ein buddhistischer Mönch und ein westlicher Wirtschaftsexperte? Seit rund 20 Jahren debattieren der Dalai Lama und der Managementberater Laurens van den Muyzenberg über die Herausforderungen und Probleme der globalen Wirtschaft und darüber, welche Vorschläge und Richtlinien die Weltanschauung des Buddhismus beisteuern kann, um den Schattenseiten der Globalisierung entgegenzuwirken und ein verant wortliches Wirtschaften im Dienste aller zu fördern. Aus dieser Diskussion entstand dieses gemeinsame Buchprojekt. Neben ethischen Appellen, Führungskonzepten und Erfolgsbei-spielen bietet das gut strukturierte Buch auch zwei Übungsteile zur Schärfung des Geistes. Nicht nur Führungskräfte und Unterneh-mensberater sind eingeladen, sich von diesem Werk inspirieren zu lassen. Schliesslich muss doch jeder führen – zumindest sich selbst. © getAbstract

Was Sie hierher gebracht hat, wird Sie nicht weiter bringen: Wie Erfolgreiche noch erfolgreicher werden Marshall Goldsmith und Mark Reiter Riemann, 2007382 Seiten, ISBN-13: 978-3570500859

Wer Erfolg hat, hält den meist für ebenso wohlverdient wie unend-lich. Marshall Goldsmith will seinen Lesern die Illusion nehmen, sich auf ihren Lorbeeren ausruhen zu können. Im Gegenteil, wir sollten immer in Bewegung bleiben. Ein fester Glaube an uns selbst ist zwar nützlich, aber er hält uns von weiterem Erfolg ab. Weil er blind macht für Schwächen, insbesondere für schlechte Angewohnheiten, mit denen man seine Mitmenschen verärgert. Je höher man aufsteigt, desto eher können einen die eigenen unrühmlichen Verhaltensweisen behindern. Zu dieser Erkenntnis will Goldsmith jeden seiner Leser leiten. Das gelingt ihm mit viel Verständnis für die alltäglichen Schwächen und mit unterhaltsamen Beispielen auch aus seinem eigenen Verhaltensrepertoire. Die typisch amerikanische Erfolgsfixiertheit wird hier zwar noch eine Schraube weitergedreht nach dem Motto «Du bist zwar schon erfolgreich, aber du musst noch viel erfolgreicher werden!». Trotzdem ist dieses Buch empfehlenswert: Idealerweise werden seine Leser nach der Lektüre nicht nur sich selbst zu noch mehr Erfolg verhelfen, sondern auch anderen mehr Aufmerksamkeit und Freude schenken. © getAbstract

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Die Gemüsefrau und die MusikAm 27. Juli wird an den Salzburger Festspielen die Oper «Dionysos» von Wolfgang Rihm uraufgeführt. Kurz nach deren Fertigstellung sprachen wir mit ihm über die Rolle des Komponisten und die Überlebenschancen der Musik in der heutigen Gesellschaft.

bulletin: Man sagt, der Künstler wolle geliebt werden vom

Publikum. Gilt das auch für Sie?

Wolfgang Rihm: Natürlich. Aber nicht um jeden Preis. Li ebe dienern sollte man nicht.

Sie hätten dazu auch lange keine Gelegenheit gehabt.

Zu Beginn Ihrer Karriere in den frühen 1970er-Jahren schlug

Ihnen heftige Ablehnung entgegen. Wie war das für Sie?

Hart und abhärtend zugleich. Aber man muss sich klar sein: Die Ablehnung kam meistens aus der so genannten zweiten Reihe – von Positionen, die sich auf Seiten des «guten» und « richtigen» Avantgardismus wähnten.

Sie galten damals als Inbegriff eines deutschen Komponisten:

zu schwer, zu tiefgründig, zu konfliktreich. Schon im eigenen

Land wurde das von der Kritik negativ vermerkt. Wie waren die

Reaktionen im Ausland?

In England, Amerika, den Niederlanden und teilweise auch in Frankreich, ja sogar in Italien, wurde ich anfänglich scheinbar als willkommene Verkörperung des «bösen Deutschen» wahrgenom-men. Als hätte ich bei Hitler studiert. Da konnte man noch spüren, dass der Krieg erst 30 Jahre zurücklag. Und während mir zu Hause vorgeworfen wurde, ich sei eine Art neuer Sibelius, wurde in Ländern, wo man gern Sibelius hört, meine Musik als «typischdeutsch», nämlich «intellektuell » und «schlecht klingend», abquali-fiziert.

Gespielt wurden Sie aber trotzdem.

Weil es zum Glück überall kenntnisreiche Menschen gab, die mich unterstützten. Es waren immer Einzelne, die sich an entscheiden-der Stelle für meine Musik einsetzten. Das Gros, für das auch die Musikkritiker sprachen, war aus den verschiedensten Gründen zunächst vorwiegend ablehnend bis feindlich. Doch mit der Zeit hat sich das dann geändert. Und das Publikum reagierte sowieso meist viel positiver als die so genannte Fachwelt.

Robert Spaemann, der Doyen der deutschen Gegenwarts-

philosophie, hat einmal die Aufgabe der Philosophie so definiert:

Sie habe «im Grunde genommen nichts anderes zu tun, als

das, was die Gemüsefrau schon immer wusste, in Schutz zu

nehmen gegen den fortschreitenden Versuch einer gigantischen

Sophistik, es ihr auszureden». Ein Plädoyer für den gesunden

Menschenverstand, doch leider, sagt Spaemann, sei das heute

auch nicht mehr so einfach. Zeigt sich hier nicht auch etwas

vom Problem, das die zeitgenössische Musik mit ihrem Publi-

kum hat ?

Ich möchte die Gemüsefrau nicht zwingen, sich mit Kunstmusik zu beschäftigen. Aber ihr sollte die Möglichkeit auch nicht ge-nommen werden, sich dieser Musik zu öffnen; sie sollte ihr begeg-nen dürfen. Leider wird ihr heute von den Massenmedien eine Welt vorgestellt, in der nur das Platz hat, was mehrheitsfähig ist. Es sollte aber möglich sein, dass jeder in seiner sozialen Wirk-lichkeit irgendwann in Berührung kommen darf mit Kunstformen, die von den Formaten, die die Massenmedien bereithalten, nicht vorgesehen sind! Das wäre ein Moment von Freiheit.

Wie kann man dahin gelangen?

Man sollte sich vorbereiten können und den entsprechenden Ausdrucksformen immer wieder begegnen. Bei der Beschäftigung mit Kunst braucht es ein Minimum an Wissen. Es herrscht ein W iderspruch: Wir wünschen uns den «Zuspruch der Massen», aber wir erlauben ihnen nicht, sich auf die Begegnung mit der neuen Kunst vorzubereiten. Und wenn sie dann nicht ruckartig in Jubel ausbrechen, wird das als Argument gegen jede neue Kunst b enutzt. Das ist ein grosser Fehler.

Vom Münchner Volkskomiker Karl Valentin stammt der

Ausspruch: Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.

Wie immer hat er recht. Beim Sport ist es doch allen klar: Niemand kann ohne Übung etwas leisten. Auch als Zuschauer muss man ein Wissen haben, um zu verstehen, um was es geht. Kunst wird aber mit einer falschen Aura versehen, wo man als Rezipient nichts mehr leisten darf, sondern sich nur noch bedienen lassen will und konsumiert. Die Eigenleistung sollte

Interview: Max Nyffeler

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wieder einen Wert darstellen dürfen: das Wissen von der Kunst und der Wunsch, mit ihr in Dialog treten zu können. Sich an-strengen, um ein Verständnis für eine Sache zu entwickeln, wird allerdings von vielen schon als Zumutung empfunden. Das scheint aber leider ein allgemeines gesellschaftliches Phänomen zu sein und ist nicht auf die Kunst beschränkt.

Argumentiert wird dann: «Mozart ist ja auch angenehm

zu hören.»

Mozart ist bis heute eine Herausforderung und war es schon für seine Zeitgenossen. Der Zürcher Musikschriftsteller Hans Georg Nägeli warf 1826 Mozart vor, er sei zu kompliziert: Er vermische Vokal- und Instrumentalstil und arbeite zu sehr aus dem Kontrastprinzip heraus.

Da hat man bereits die heutige Forderung nach einer

Wohlfühl-Ästhetik. Sogar auf Kosten Mozarts.

Ich will ja keine Volkserziehung. Mir würde schon genügen, wenn dieses Prinzip des anstrengungslosen Gefallens ein wenig in Frage gestellt würde. Man will Spass haben und meint, die Voraussetzung dazu sei Ahnungslosigkeit. Ich habe nichts gegen Spass. Aber ich möchte, dass man auch gescheit sein darf, um vielleicht noch mehr Spass zu haben.

Heute ist weltweit eine Ökonomisierung des Lebens zu

beo bachten. Alles wird am Geldwert gemessen. Welche

Über lebenschancen haben da die Künste, deren Wert sich

nicht einfach nach Geld bemessen lässt ?

Man sollte zunächst zwischen den verschiedenen Künsten unter -scheiden. Ein Bild ist das Kunstwerk selbst – somit ein Wert –, eine Partitur aber ist nur eine Handlungsanweisung – sie weist auf einen Wert hin. Das musikalische Kunstwerk entsteht erst in der Aufführung und muss jedes Mal wieder neu hergestellt werden. Die CD ist nur eine Konserve, die einen längst vergange-nen Moment in die Gegenwart hinein verlängert.

Und was bedeutet das für das Überleben des Kunstwerks?

In der bildenden Kunst genügen ein oder zwei potente Sammler, die sich um einen Künstler bemühen, und seine Arbeit und er selbst sind gerettet. Vielleicht steht die Skulptur dann im Garten i rgendeines Plutokraten oder das Bild verschwindet im Banksafe, aber im Prinzip ist ihr Überleben damit garantiert. Die Musik h ingegen ist ein sozialer Vorgang, in den viele Menschen involviert sind: Es braucht einen Verlag, der das Aufführungsmaterial h erstellt, Veranstalter, die das Werk programmieren, Interpreten, die die Musik zum Erklingen bringen, und es braucht ein zahl-reiches Publikum, das sie hört. Erst dann kann der Urheber über-haupt von seinem Werk leben.

Besteht heute die Gefahr, dass die Gesellschaft das Geld

für diesen komplizierten Prozess nicht mehr aufbringen will?

Es ist eine Frage der Werte. Wichtiger als die Verkäuflichkeit der Musik, die ja ein Faktum darstellt, ist ihr geistiger Gehalt, ihre emotive Energie: Will man diese Werte auch weiterhin fördern, oder gibt man sie preis? Der Impuls dazu muss letztlich von einzel-nen Verantwortlichen kommen, die über das Geld und Veran-stalterkapazitäten verfügen. Sie müssen sich zu diesen Werten bekennen und dem breiten Publikum damit die Möglichkeit geben, sich weiterhin mit Musik als Kunst auseinanderzusetzen, die etwas über unsere Gegenwart aussagt. Wenn diese Verantwortlichen aber der Meinung sind, sie müssten ihre Verantwortung abgeben an Statistiken, momentane Vorlieben von Mehrheiten und Moden, dann sieht es schlecht aus. Aber ich bin optimistisch.

Wolfgang Rihm wurde am 13. März 1952 in Karlsruhe geboren und unternahm bereits mit elf Jahren erste Kompositionsversuche. Parallel zum Abitur legte er 1972 das Staats-examen in Komposition und Musiktheorie ab. 1974 erhielt er mit dem Kompositionspreis der Stadt Stuttgart die erste bedeutende Auszeichnung. Viele weitere folgten, so 1981 der Beethoven-Preis der Stadt Bonn, 1986 der Rolf-Liebermann-Preis und 2003 der Ernst-von-Siemens-Musikpreis. 1989 bekam Rihm das Bundesverdienstkreuz und 2004 die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Seit 1985 hat er den Lehrstuhl für Komposition an der Musikhochschule Karlsruhe inne. In der Schweiz wirkte Rihm 1997 beim Lucerne Festival und 2007 beim Davos Festival als Composer-in-Residence; 1998 erhielt er den Jacob-Burckhardt-Preis der Johann Wolfgang von Goethe-Stiftung Basel. Nach Stipendien in Rom (1979/80) und Paris (1983) erhielt Rihm 1997 den Prix Compo -sition Musical de la Fondation Prince Pierre de Monaco als ersten wichtigen Preis ausser-halb des deutschsprachigen Raums. 2001 folgte der Royal Philharmonic Society Award und 2010 an der Biennale in Venedig der Leone d’oro. Sein Œuvre umfasst derzeit rund 300 Kompositionen. schi

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1 Ein Streichquartett entsteht. 2 Gerne gibt Wolfgang Rihm seine Erfahrungen an den Nachwuchs weiter, als Professor für Komposition an der Musikhochschule Karlsruhe oder, wie hier, im Rahmen einer Meisterklasse. 3 «Ich habe die Partie so für sie massgeschneidert, wie Mozart oder Richard Strauss für ihre Sängerinnen geschrieben haben», sagt der Komponist Wolfgang Rihm über Proserpina beziehungs-weise die Sopranistin Mojca Erdmann. Die Uraufführung der Vertonung des Goethe-Gedichtes fand am 2. Mai 2009 im Schlosstheater Schwetzingen statt, unter der Regie von Hans Neuenfels. Kein Wunder also, singt Mojca Erdmann auch in «Dionysos». 4 Im Gespräch mit Graziella Contratto, der Intendantin von Davos Festival, wo Wolfgang Rihm 2007 Composer-in-Residence war.

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Sie haben schon an vielen Festivals als Composer-in-

Residence teilgenommen, und in diesem Sommer steht nun

auch bei den Salzburger Festspielen wieder eine grosse

Werkschau auf dem Programm; schon 2000 waren Sie dort zu

Gast. Was bedeutet es für Sie, an einem so repräsentativen

Ort ausgiebig gefeiert zu werden?

Ein Festival ist ja keine anonyme Struktur, sondern dort agieren immer engagierte Individuen – eben «Verantwortliche» –, die ein Programm zusammenbauen. In diesem Fall ist es Markus Hinter -häuser, 2000 war es Hans Landesmann. Ob ich mich jeweils «repräsentiert » fühle, ist für mich nebensächlich. Zur Darstellung kommt ohnehin immer nur ein schmaler Ausschnitt des gesamten Schaffens. Viel wichtiger ist, dass da ein kompetenter Mensch, mit dem ich mich obendrein gut verstehe, Interesse an meinem Werk zeigt und es in wohlüberlegter Dramaturgie an die Öffent-lichkeit bringt. Das ist genau das, worüber ich vorhin sprach: k undige Verantwortung.

Gemessen an den Salzburger Festspielen ist das vor

25 Jahren gegründete Davos Festival ein kleines, aber feines

Festival. Auch hier waren Sie vor einigen Jahren eingeladen.

Was war hier das Besondere?

Es ist eigentlich dasselbe wie in Salzburg: Alles hängt an Einzel-personen, die einem Festival sein Profil verleihen. In Davos ist das Graziella Contratto. Die Mittel sind natürlich viel bescheidener

als in Salzburg, aber trotzdem wurde ein optimales Ergebnis erzielt. Zusätzlich wurden auch einige meiner Schüler einbezogen, man hat viel Kammermusik gemacht, und ich hatte das Gefühl, ich sei nicht ein «Repräsentant » der neuen Musik, die man «leider machen muss», sondern ich wurde als Künstler ernst genommen, dessen Werke dem Publikum etwas «wert » werden konnten.

Sie sind heute ein international viel gespielter Komponist,

obwohl Sie es dem Publikum nie einfach gemacht haben …

… vielleicht gerade deswegen!… und Ihr Werkverzeichnis, das um 1970 einsetzt, verzeichnet

inzwischen über 300 Titel. Bei der Fülle an Werken und Auf-

führungen könnte einem ja fast ein bisschen schwindlig werden.

Wem? Mir ? Auch wenn das jetzt ein bisschen provokant klingt: Ich habe eher das Gefühl, es ist zu wenig. Was ich gemacht habe, kommt mir sowieso vorläufig vor, und wie es rezipiert wird, ist ja die Vorläufigkeit selbst. Aber das stört mich nicht. Die Vorläufig-keit gehört zum menschlichen Dasein. Schwindlig werden kann einem nur, wenn man glaubt, man hätte ein Anrecht auf Heilig-sprechung. Das wünsche ich nicht. Ich will am Leben teilhaben. Ich bin mit allen meinen Fehlern und Vorzügen ein Mensch und nicht der «Steinerne Gast » im «Don Giovanni». <

schi

Weitere Interviews mit Wolfgang Rihm unter www.beckmesser.de

Fünfte Uraufführung eines Rihm-Werks an den Salzburger FestspielenWolfgang Rihm steht im Zentrum der diesjährigen Salzburger Fest-spiele. Neben der Oper «Dionysos» sind 14 weitere Veranstaltungen dem deutschen Komponisten ge- widmet.

An Wolfgang Rihm kommt dieses Jahr kein Festspielbesucher vorbei. Hoffentlich! Glück-licherweise! Seine Oper «Dionysos» wird am 27. Juli unter der Leitung von Ingo Metz-macher uraufgeführt. Weitere Aufführungen folgen am 30. Juli sowie am 5. und 8. August. Inspiration und Ausgangspunkt ist Friedrich Nietzsches später Gedichtzyklus «Dionysos-Dithyramben». Für die Regie zeichnet Pierre Audi verantwortlich, für das Bühnenbild Jo-nathan Meese, für die Kostüme Jorge Jara, für das Licht Jean Kalman und für die Dra-maturgie Klaus Bertisch. In der Titelrolle ist Johannes Martin Kränzle zu hören, als wei-tere Solisten darf man sich auf Mojca Erd-mann, Virpi Räisänen sowie Matthias Klink freuen. Es singt die Konzertvereinigung Wie-ner Staatsopernchor, es spielt das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin.

Begleitet wird die Oper nicht nur von der Credit Suisse Sommerbegegnung für Me-dienschaffende, sondern auch von der vier-teiligen Gesprächsreihe «Exegese Rihm» im Schüttkasten. Die Reihe «Kontinent Rihm» enthält zehn von Markus Hinterhäuser zu-

sammengestellte Konzerte zwischen dem 29. Juli und dem 22. August, darunter auch zwei mit den Wiener Philharmonikern.

Bereits 2000 hatten die Salzburger Fest-spiele Wolfgang Rihm eine Konzertreihe unter der «kundigen Verantwortung» (Rihm) von Hans Landesmann gewidmet. Zu diesem Zeitpunkt konnte man Wolfgang Rihm schon zu den etablierten Komponisten zählen.

Das war bei seinem ersten Besuch am 17. August 1982 noch nicht im gleichen Mas-se der Fall. Die Internationale Stiftung Mo-zarteum Salzburg hatte ihm dazu das Werk «Fremde Szene» in Auftrag gegeben. Die nächste Uraufführung im Rahmen der Salz-burger Festspiele folgte am 16. August 1990 mit dem Requiem «Mein Tod» mit einem Text von Wolf Wondratschek. Während Rihm 1991 die Festspiele als Redner eröffnete, musste man sich für die nächste Urauffüh-rung bis zum 11. August 2003 gedulden: Marjana Lipovšek interpretierte die Lavant-Gesänge nach Gedichten von Christine La-vant. Am 15. August 2006 folgte dann, als Auftragswerk der Salzburger Festspiele, ein Konzert für Violoncello und Orchester unter der Leitung von Paavo Järvi.

Bühnenbildskizze zur Oper «Dionysos» von Jonathan Meese.

www.salzburgerfestspiele.at; www.credit-suisse.com/salzburgerfestspiele

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