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Bund Deutscher Kriminalbeamter Landesverband Hessen BDK-Verbandszeitschrift Nr. 1 Januar 2015 - Onlineausgabe -

Bund Deutscher Kriminalbeamter - Cop2Cop...2015/01/01  · Hessen Extra Nr. 1 / Januar 2015 - Onlineausgabe - Bund Deutscher Kriminalbeamter vom 26.01.2015 Liebe Kolleginnen und Kollegen,

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Bund Deutscher Kriminalbeamter

Landesverband Hessen

BDK-Verbandszeitschrift Nr. 1 Januar 2015 - Onlineausgabe -

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Hessen Extra Nr. 1 / Januar 2015 - Onlineausgabe -

B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r vom 26.01.2015 Seite | 2

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort des Landesvorsitzenden 3

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag 4

Anerkennung von „Belastenden Diensten“ auf die Lebensarbeitszeit 9

Bundesmelderecht 2.0 vor dem Start 12

Wenn die Kripo auf private Dienstleister setzt 15

Buchtipp: „Kindeswohl“ von Ian McEwan 16

Nachrichten aus den Bezirksverbänden 17

BDK-Aktuell: Nicht hinter Brüssel verstecken, sondern sofort Gesetzesentwurf

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Impressum Herausgeber: Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Landesverband Hessen e. V. Alt Langenhain 35, 65719 Hofheim/Taunus Tel.: (06192) 24381 - Fax: (06192) 1370 E-Mail: [email protected] Intranet Polizei Hessen und Internet: www.bdk.de/lv/hessen Redaktion: Dirk Peglow, Ralf Jörz und Günter Brandt E-Mail der Redaktion: [email protected] Bildrechte Layout: Sven_Vietense / picturia / vege / JNT visual (fotolia.de) Die unter Verfassernamen veröffentlichten Artikel stellen nicht in jedem Fall auch die Meinung des BDK dar. Nachdruck, Übersetzung und Veröffentlichung, auch auszugsweise, sind nur mit vollständigen Quellenangaben gestattet. Steuernummer: 040 224 02513 - Finanzamt Wiesbaden 1

Inhalt/Impressum

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Hessen Extra Nr. 1 / Januar 2015 - Onlineausgabe -

B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r vom 26.01.2015

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Jahr 2015 hat für uns sehr intensiv begonnen. Die grausamen, menschenverachtenden Terroranschläge in Paris, die Anschlagsvor-bereitung in Belgien mit Festnahmen unter Gebrauch von Schuss-waffen nahe der deutschen Grenze sowie die durchgeführten Maß-nahmen in Deutschland zeigen uns deutlich, dass eine Bedrohung durch den islamistischen, also den religiös motivierten Terrorismus,

eine sehr hohe gegenwärtige Gefahr für uns alle darstellt. Die Ge-sellschaft ist nun gefragt allen Gewalttätern zu zeigen, dass wir un-sere Freiheitsrechte friedlich bis zur vollen Härte verteidigen wer-den. Die Regierungen in Europa sind nun aufgefordert, für Polizei & Justiz und die Verfassungsschutzämter das richtige rechtliche Handwerkszeug zur Verfügung zu stellen! Wir nahmen in der öffent-

lichen Anhörung im Hessischen Landtag zum Islamismus / Salafis-mus am 16. und 22.01.2015 Stellung. Ausführlich berichten wir in

dieser Ausgabe davon. Der BDK Bundesvorstand organisiert am 04.02.2015 zum Thema „Krieg und Terror im Namen Allahs, auch in Deutschland!? Die begrenzten Möglichkeiten der Si-cherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus“ in Zusammenarbeit mit der Exhibition & Mar-keting Wehrstedt GmbH, Ausrichter der Polizeimesse GPEC, in Berlin seine 9. Berliner Sicherheits-gespräche in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz. Hochrangige Referenten und Diskussionsteil-nehmer, u. a. Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière, BfV-Präsident Hans-Georg Maaßen und BKA-Präsident Holger Münch, stellen die aktuelle Lage und daraus resultierende Herausforde-

rungen an die Sicherheitsbehörden dar. Der LV Hessen wohnt mit einer kleinen „Abordnung“ von Kriminalisten den Berliner Sicherheitsgesprächen bei. Die Anerkennung von „belastenden Dienste“ auf die Lebensarbeitszeit im Laufbahnzweig Kriminal-polizei beschäftigt uns unter dem Eindruck von Aufgabenverdichtung und Personalnot stark. Wir schrieben den Hessischen Innenminister Peter Beuth und den Landespolizeipräsidenten Udo Münch an und unterbreiteten unsere Vorschläge. Wir geben nun unsere Forderungen öffentlich bekannt.

Es kann und darf nicht sein, dass Kolleginnen und Kollegen Rufbereitschaften und Einsätze zu Nachtzeit an Tatorten über Jahrzehnte ableisten und dies nicht als ein belastender Dienst aner-

kannt wird. Wir werden diesen unhaltbaren Zustand ändern! Die hessische Polizei setzt in Bezug auf die Auswertung von Massendaten vermehrt auf private Dienstleister. Als Berufsverband stehen wir einer Privatisierung im Sicherheitsbereich skeptisch ge-genüber. Bei den Bediensteten in den Dienstleistungsfirmen handelt es sich nicht um ausgebildete Kriminalisten, sondern um EDV-Fachleute. Sind diese fachlich dazu in der Lage, im Datenmaterial Ermittlungsansätze für weitere Strafverfahren zu finden und die Polizei davon zu unterrichten? Am 15.12.2014 nahmen wir in Kassel und Wiesbaden an Demonstrationen gegen die Sparbeschlüs-se und Stellenkürzungen der Landesregierung teil. Am 22.01.2015 wurde in Wiesbaden wieder de-

monstriert. Nun rufen wir alle Mitglieder und Unterstützer erneut auf, am Dienstag, dem 3. Februar 2015, ab 11.30 Uhr auf dem Dern`schen Gelände in Wiesbaden zusammen mit dem DBB Hessen und seinen Gewerkschaften gegen das Spardiktat zu protestieren. Unter dem Motto „Sonderopfer, Nullrunden, Besoldungsdeckelung, Stellenstreichungen und Beihilfenkürzungen“ möchten wir Seite an Seite mit allen Kolleginnen und Kollegen die Regierung zur Einsicht auffordern. Trotz dieser Fülle von belastenden Nachrichten zum Jahresbeginn möchte ich es an dieser Stelle

nicht unterlassen, allen Mitgliedern und Freunden des BDK LV Hessen und allen Lesern ein gutes und gesundes neues Jahr zu wünschen, in dem wir gemeinsam versuchen, unsere Ziele zu errei-

chen! Mit den besten Wünschen

Günter Brandt - Landesvorsitzender

Vorwort des Landesvorsitzenden

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Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag zum Thema Islamismus / Salafismus – Stellungnahme des BDK LV Hessen zu den Anträgen (Drucks. 19/634 und 19/696) Der BDK LV Hessen ist überzeugt, dass die Mehrheit der Muslime, auch der in Deutschland leben-den Anhänger des Islam, friedlich ist und an einem gedeihlichen Zusammenleben in unserer Gesell-schaft interessiert ist.

Bildrechte: Ziele auf der Erde - Earth texture by NASA.gov © Jürgen Fälchle

Die Auswüchse der Gewalt durch islamistische und salafistische Terroristen erzeugt weltweit Angst und Schrecken in den Gesellschaften. Das Ausmaß der Gewalt überrascht uns und wir wundern uns

über die Beteiligung von jungen Menschen aus unserer Gesellschaft an solchen menschenverach-tenden Straftaten. Wir als BDK LV Hessen können der Darstellung der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag nur zustimmen, dass diese Gruppen eine massive Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellen und die Aktivitäten sich ganz explizit gegen unsere demokratische und pluralistische Gesellschaft wenden. Der deutsche Staat hat anerkannt, dass gut ausgebildete, radikalisierte und möglicherweise kampferprobte Kämpfer des Islamistischen Staates (IS) eine hohe Gefahr darstellen. Die Terroror-

ganisationen des IS sind gut organisiert und finanziell sehr gut ausgestattet. Der Verfassungs-schutzbericht Hessen für das Jahr 2013 führt eine Zahl von 6.300 Islamisten in Hessen auf (davon etwa 1.200 Salafisten) und macht damit das erhebliche Bedrohungspotential deutlich. Das Bundes-amt für Verfassungsschutz stellt im Bericht für 2013 dar, dass mehr als 270 deutsche Islamisten nach Syrien und in den Irak ausgereist und teilweise schon wieder zurückgekehrt sind. Auf Bun-

desebene werden Ermittlungsverfahren gegen mehr als 200 IS-Militante geführt. Das Sicherheitsri-siko ist „hoch“, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darstellt.

Die Aktualität des Problems ist kaum zu überbieten, Meldungen über terroristische Aktivitäten mit islamistischem (oder auch salafistisch terroristischem) Hintergrund bestimmen derzeit in Europa, Amerika, Asien, besonders aber im Nahen Osten und auf der arabischen Halbinsel den Alltag. Wir verstehen uns als aufgeklärte, offene und verständnisvolle Gesellschaft. Jetzt müssen wir aber feststellen, dass das von gewissen Teilen der Gesellschaftsschichten nicht ebenso gesehen und an-erkannt wird. Islamistische / Salafistische Kreise sehen uns als dekadente, sexualisierte, ungerech-te und unterdrückende Gesellschaft an.

Der Salafismus als ultrakonservative Strömung des Islams wird von einigen „Predigern“ in unserer westlichen Gesellschaft ausgenutzt um Gläubige auf ihre vorgezeichneten Wege zu führen, also zu

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag

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instrumentalisieren und zur Gewaltanwendung zu verführen. Diese Auslegung des Islams nach dem geschriebenen Wort aus oftmals nicht belegten Quellen wird zur „Heilslehre“ für junge Menschen missbraucht. Diese einfachen Lösungen bietet eine vielschichtige, pluralistische und Minderheiten achtende Demokratie natürlich nicht. Uns überrascht immer wieder welche gebildeten Menschen in die Fänge dieser „Prediger“ geraten und sich zum „heiligen Krieg“ verführen lassen. Mir ist dieses Verhalten der Abschottung nach außen und Darstellung einer Art „Familie“ im Inneren, die ihr wah-res Gesicht erst zeigt, wenn die Mitglieder „gefangen“ sind, aus dem linksextremistischen Terroris-mus der RAF und der RZ bekannt.

Junge Menschen in unseren westlichen Gesellschaften erleben bereits früh die durch Vorhandensein von Kapital begründeten mehr oder weniger vorhandenen Möglichkeiten zur Teilhabe am Wohl-stand. Viele Familien verwenden aber auch viel Wochenzeit für die Erlangung des Wohlstands und nehmen sich weniger Zeit für die Erziehung ihrer Kinder. Viele Menschen arbeiten heute in einem Zweit- oder Drittberuf um den Lebensunterhalt zu verdienen.

Kinder und Jugendliche verbringen heute viel Zeit allein oder mit Gleichaltrigen, sind digital ver-

netzt und haben einen engeren Kontakt zu den Gleichaltrigen als zu den Eltern. Die individuellen Bedürfnisse richten sich an denen der Peergroup aus. Die soziale Herkunft und die Einkommenssi-tuation wirken hier sehr stark auf die Chancen. Schnell wird eine andere Ausstattung mit Gütern als benachteiligend empfunden und junge Menschen geraten auf „Abwege“, was wir bereits aus den Ursachen für delinquentes Verhalten kennen. Die angebotenen einfachen Lösungswege machen den jungen Menschen, der sich selbst als benachteiligt ansieht, empfänglich für den radikalen Weg bzw. auch erst einmal für den „einzig wahren Glauben“, der ja durch „das geschriebene Wort be-legt“ ist.

Hier sind insbesondere die subjektiv empfundenen Ungerechtigkeiten, der Protest gegen die soziale oder politische Situationen, das Bedürfnis nach Akzeptanz und Anerkennung, der Weg aus der empfundenen Opferrolle und die Suche nach einer sinnstiftenden Wahrheit wirksame Ursachen. Meist ist die Ausprägung von Geist und Sexualität noch nicht abgeschlossen und viele, vor allem auch junge Männer, leiden unter der mangelnden Akzeptanz beim bevorzugten Geschlecht. Dies

erzeugt im Zusammenhang mit dem Vorwurf einer unkeuschen, sexualisierten und erfolgsbetonten Gesellschaft „Verlierer“, die sich abgehängt und verloren fühlen. Selbst eine Trennung von einem

Partner kann zu großen Emotionen führen, die extreme Reaktionen hervorrufen. In dieser Lage ist der junge, noch nicht gefestigte Mensch, für die „Heilsbotschaft“ besonders empfänglich. Der durch die Jugend meist vorhandene Taten- und Veränderungsdrang verstärkt die Suche nach Lösungen aus dem empfundenen Dilemma. Einfach gelagerte Lösungsansätze mit eindimensionalen und unkomplizierten Theorien sind als Allheilmittel willkommen. Das geschriebene Wort von angeb-lich „anerkannten Propheten“ tut das Seinige dazu. Wenn in jeder Schulklasse nur ein Schüler für eine islamistische oder salafistische Politik empfänglich wäre, ist das Potenzial einer Radikalisierung

erschreckend hoch. Der Islam stellt sich in der westlichen Welt in seinen verschiedenen Ausprägungen dar. Es gibt kei-ne Oberkirche, die den Weg festlegt und so erhalten auch die radikalen Glaubensrichtungen den Einfluss, den sie nicht haben dürften. Wir erkennen die gefährlichen „Prediger“ meist erst dann, wenn es schon zu spät ist. Junge Menschen, die in der Moschee Wochenenden mit Gebeten, Lesun-

gen und Predigten in Dauerindoktrination und mit Schlafentzug absolvieren, kommen danach als veränderte Wesen in den Alltag zurück.

Aber auch Serien- und Bandenstraftäter lassen sich unter den fragwürdigen „Heilsbotschaften“ und mit den Versprechungen auf den einfachen Lösungsweg selbst im Strafvollzug in diese Abhängig-keiten führen und werden z. B. zum Kämpfer für die IS im Irak und in Syrien. Unsere vielschichtige Gesellschaft wird von den islamistischen „Predigern“ immer wieder als unge-recht, schwach und handlungsunfähig dargestellt. Entscheidungen von Gerichten haben in der Ver-gangenheit immer wieder in der Öffentlichkeit Unverständnis und Unwillen erzeugt. Die Bürger dachten, dass Richter urteilen, die weit weg von der tatsächlichen Gesellschaft, aus einer Oase der

Sicherheit, Entscheidungen treffen, die der Bedrohungslage nicht gerecht werden. Wenn Serien- und Bandentäter wegen fragwürdiger Gründe aus der Untersuchungs- oder Strafhaft entlassen

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag

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werden und dann die Gesellschaft wieder mit der Gefahr konfrontiert wird, ist das wenig nachvoll-ziehbar. Deutschland hat sich zu einem Juristenstaat entwickelt, hört man von vielen Seiten. Wir brauchen ein Rechtssystem, dass anerkannt ist, Minderheiten und Kulturhintergründe achtet und in den Köpfen, also in der Gesellschaft, be- und geachtet wird. Das heißt aber auch, dass wir auf die Herausforderungen durch extreme und terroristische Bedrohungen reagieren, das Rechts-system anpassen und in der Gesellschaft, also auch in den Schulen, vertraut machen und erklären. Derzeit stellt sich aber unser Rechtssystem als durch höchstrichterliche Rechtsprechung geprägtes,

mit einem hohen Maß an Verwaltung und einem übermäßigen Anspruch an intellektueller Gerech-tigkeit ausgestaltetes System der Jurisprudenz dar. Wichtig wäre, dass wir unseren Gerechtigkeits-sinn den Schülern, jungen Erwachsenen, den verschiedenen Schichten der Gesellschaft, also un-sern Bürgern verständlich, begreifbar, anerkennenswert und akzeptierbar machen, Demokratie er-klären, mit Vorzügen und Nachteilen gegenüberstellen.

Derzeit wird gerade aus dem Bereich der jungen delinquenten Menschen unser Rechtssystem als schwach und wenig konsequent angesehen und diese Wirkung sogar auf die Gesellschaft insgesamt

übertragen. Bevor unsere Konsequenz wirkt, sind die Jungen schon fast alt. Wir brauchen ein Rechts- und Sanktionssytem, das ineinander greift, auf die ersten Maßnahmen aufbaut und dem Delinquenten die staatliche Reaktion aufzeigt (konsequente Erziehung). Heute handelt selbst der Jungendrichter autark, als würde er Maßnahmen von Staatsanwaltschaft, Jugendämtern und Polizei nicht kennen (zumindest scheint er sie aber nicht als Sanktionsstufe zu akzeptieren, sonst würden die Maßnahmen untereinander abgestimmt ausgesprochen werden). Gerade im Bereich der islamistisch geprägten jungen Menschen wird unsere verhaltene, auf Dauer,

Milde, Besserung und Einsicht angelegte Sanktionierungspraxis als Schwäche ausgelegt. Was sich kurzfristig sogar beim Handeln der Islamisten bestätigt. Nach einer Straftat, die mit Verwarnung erledigt wurde, wird das nächste Verfehlen erneut mit Verwarnung geahndet. Die Ausreise zum Dschihad können wir kaum verhindern, Besitz von Bombenbauanleitungen haben keine greifbaren Reaktionen des Staates zur Folge. Sind wir denn wirklich machtlos?

In Hessen haben wir ein erhebliches Bedrohungspotential durch Islamisten, wie die Verfassungs-schutzämter veröffentlichten. Das Potenzial ist in Großstädten und Ballungsräumen wesentlich grö-

ßer als in den ländlichen Regionen. Dazu kommen die individuell meist durch elektronische Netzwerke oder Internetplattformen radika-lisierten Einzelpersonen, die wir erst kennen lernen, wenn sie zur Eskalation ansetzen. Oftmals die-nen auch unrichtige, ge- oder verfälschte Berichte zur Radikalisierung in den vielfältigen Netzwer-ken, deren Überwachung kaum möglich ist. Die Aufgabe ist also immens groß und mit dem vor-handenen Personal nicht zu beherrschen. Es gibt viele Experten, die einen Terroranschlag in Deutschland in absehbarer Zeit vorhersagen. Sie prophezeien, dass nicht die Frage ob ein Terror-

anschlag bevorstehen würde unklar sei sondern nur wann er geschieht. Die abschreckende Wirkung der Strafandrohung geht bei Menschen, die ihren Tod bei der Verwirkli-chung der Terrortat planen natürlich verloren. Das bedeutet für uns eine neue Bewertung unserer Bekämpfungsstrategien.

Wir müssen uns die Frage gefallen lassen, ob im Angesicht dieser Bedrohungslage die Polizeidichte in Hessen ausreichend ist. Die Polizei in Hessen wurde durch zusätzliche Aufgaben ständig mit Ar-

beitsverdichtung belastet. Nun wird auch öffentlich die immense Bedrohungslage des Islamis-mus/Salafismus /islamisch motivierten Terrorismus deutlich. In vergleichbaren Situationen in den 1970-er und 1980-er Jahren haben wir die Polizeistärke er-heblich erhöht. Das sollten wir heute auch tun! Die Polizei da verstärken, wo wir die Belastung deutlich feststellen! Zurzeit sind wir oft nur zur Intervention in der Lage. Auch andere Bedrohungslagen sind natürlich nicht soweit abgearbeitet, dass diese keine Arbeit mehr machen würden und nicht jederzeit erneut zum Schwerpunkt werden könnten. Ich erinnere

da nur an die Herausforderungen aus dem NSU-Untersuchungsbericht (21 – Punkteprogramm für die Polizei).

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag

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Lösungsansätze:

mehr Polizei – vor allem im Aufgabenfeld der Kriminalpolizei zur Bearbeitung der politisch motivierten Kriminalität, Tatortarbeit, für den Erkennungsdienst und die Dauerdienste, aber auch für die Bearbeitung von Cybercrime (auch Internetbetrug), Sexualdelikte;

Zusammenarbeit der Behörden untereinander verbessern –Erkenntnisse gemeinsam zu-

gänglich machen, Verständnis für eine Zusammenarbeit erzeugen, vertrauliche Erkenntnis-

se für Waffen- und Einreiseverbote nutzbar machen;

Datenschutz verändern, die Polizei z. B. vernichtet zahlreiche personenbezogene Daten be-reits nach 3 Jahren – Zusammenarbeit unter den Behörden kommunal und landesweit er-leichtern;

unsere Werte und Normen vermitteln, in Lehrplänen auch das Rechtssystem und unsere demokratischen Werte umfänglich vermitteln – Gewalt ächten – staatliches Gewaltmonopol

umfassend erklären und vermitteln;

die Religionen der Welt mit ihren Werten und Gefahren auch im Unterricht z. B. in einem für alle verpflichtenden Ethikunterricht behandeln

Kindergarten, Kinderhort, Kindertagesstätte in die Ausbildung mit einbeziehen

Die Justiz muss Resozialisierung gerade bei den jungen Strafgefangenen verbessern und

eine Haftrekrutierung für den Islamismus verhindern – Ausbildungschancen in der Haftver-bessern

Opferverbände sollten mit den Behörden an einer umfassenden Aufklärung arbeiten

Recht:

Rechtsänderung der §§ 89 ff. und 129 ff StGB in Sachen Werbung für eine Terrororganisa-

tion und Unterstützung dieser durch Besitz von Anleitungen zum Bombenbau, der Besitz einer Anleitungen zum Bombenbau muss bereits die Strafbarkeit darstellen, was sich in den §§ 89 a und 129 a StGB auch regeln ließe – heute muss eine konkrete terroristische Grup-pe genannt sein, die auch als solche eingestuft ist

Aufenthaltsgesetz ändern, der besondere Ausweisungsschutz aufgrund hier wohnender Fa-

milienmitglieder nach den §§ 54, 56 AufenthG sollte abgeschafft werden, heute können verurteilte islamistische Gefährder durch dieser Regelungen nicht ausgewiesen werden

das Passgesetz muss Regelungen enthalten, die eine Ausreise mit Vermerken in den Aus-

weisen und in den Fahndungssystemen ermöglichen

die Regelung zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung, also die Archivierung der Verbin-dungsdaten, muss ermöglicht werden um Gefahren abwehren zu können und Straftaten zu

verfolgen, eine Speicherfrist bis zu 6 Monaten ließe sich jederzeit umsetzen

Kennzeichenlesegeräte sind durch höchstrichterliche Gesetzgebung nur sehr eingeschränkt einsetzbar – ein Einsatz entlastet aber personelle Ressourcen – das Recht sollte überprüft werden

die Beweislastumkehr bei der Vermögensabschöpfung und der Sicherstellung von illegalen

Gewinnen schaffen– Austrocknung der kriminellen Kapitalorganisationen – bei der Steuer-gesetzgebung machen wir dies auch

Europäische Allianz in der Zusammenarbeit der Justiz und Polizei durch Harmonisierung des

Rechts verbessern – z. B. ein Europäisches Eingriffsrecht für Internetkriminalität schaffen, gemeinsame Ermittlungen erleichtern

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag

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Wir haben hier unsere Vorstellungen von der Bedrohungslage und für probate Lösungsansätze dar-gestellt. Deutlich sollte geworden sein, dass die Bedrohungslage sehr ernst ist und Handlungen, z. B. Personalverstärkung bei der Polizei, dringend notwendig sind. Aber wir wollen auch die Lan-desregierung für ihre Anstrengungen im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus loben, die mit den Beratungsnetzwerken und dem Aussteigerprogramm den richtigen Weg eingeschlagen hat. Wir denken auch, dass die Stärkung der auf Dauer angelegten Präventionsarbeit die richtige Maß-nahme ist und alle Teile der Gesellschaft gefragt sind. Gemeinsam können wir die Herausforderun-

gen bewältigen und den Gefahren begegnen. Mündliche Stellungnahme am 22.1.2015 im Hessischen Landtag bei der öffentlichen mündlichen Anhörung zu dem Thema Islamismus / Salafismus - Teil 2 der gemeinsamen Anhörung des Innenausschusses, des Kulturpolitischen Ausschusses und des Sozial- und Integrationspolitischen Ausschusses

Wir als Polizei haben zum Erhalt der Inneren Sicherheit die besondere Aufgabe, dass wir mit den

Problemstellungen des Extremismus/Terrorismus in der Gesamtheit umgehen müssen, also bei der Amts-, und Vollzugshilfe, in den Netzwerken, in der sonstigen Präventionsarbeit (Verhinderung von Straftaten, runde Tische, Kontaktpflege, Informationsveranstaltungen usw.), in der konkreten Ge-fahrenabwehr und in der Repression. Das heißt aber auch, dass wir nicht warten können, bis die Präventionsprogramme gewirkt haben und wir die Ursachen für eine radikale Entwicklung und die Anfälligkeit für Extremismus beseitigt haben. Wir erleben auf der Straße die „radikale Jugendkultur“, die kaum Respekt vor dem staatli-

chen Gewaltmonopol hat und uns als Polizei auch deutlich sagt, dass ihnen so wie so nichts pas-siert. Wir wollen keine Schelte an einer staatlichen Institution üben, sondern Vorschläge zur Verbesse-rung der Zusammenarbeit machen. Unserer Meinung nach sollten dazu die Häuser des Jugend-rechts zur Standardorganisation werden und auch in allen Großstädten und Ballungsräumen einge-

richtet werden und da, wo sie bereits vorhanden sind, müssen weitere HdJR geschaffen werden, bis die Kriminalität durch junge Straftäter (Jugendliche und junge Erwachsene), aber vor allem für die

Intensivtäter, generell durch diese Organisationseinheiten abgearbeitet werden kann. In den anderen Fällen sollten regelmäßige Kommunikationsrunden zwischen Justiz & Polizei die Zu-sammenarbeit optimieren, also zur Regel werden. Günter Brandt Landesvorsitzender

Zitat: Jean Paul, *21.03.1763 in Wunsiedel, †14.11.1825 in Bayreuth „Der Furchtsame erschrickt vor der Gefahr, der Feige in ihr, der Mutige nach ihr.“

Jean Paul, eigentlich Johann Paul Friedrich Richter, war ein deutscher Schrift-

steller. Er steht literarisch gesehen zwischen Klassik und Romantik. Die Na-mensänderung geht auf Jean Pauls große Bewunderung für Jean-Jacques Rousseau zurück.

Öffentliche Anhörung im Hessischen Landtag

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LV Hessen will „Belastende Dienste“ für die Berechnung der Lebensarbeit auch für die Kriminalpolizei gerecht bewertet wissen

Bildrechte: © fotodo - Fotolia.com

Der BDK Hessen hat das neue Jahr mit einem Schreiben an Herrn Staatsminister Beuth und Herrn

Landespolizeipräsidenten Münch begonnen, in dem wir die Anerkennung belastender Dienste auch für die Kolleginnen und Kollegen der Kriminalpolizei fordern. Wir haben diesbezüglich vorgeschla-gen, die gem. § 112 Abs. 3 i. V. m. § 113 oder § 114 HBG anzurechnenden „berücksichtigungsfä-higen Belastungszeiten“ über das Zeiterfassungssystem IZEMA zu berechnen. Zum Hintergrund Wir haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens zum Zweiten Dienstrechtsmodernisierungsgesetz im Jahre 2013 sowohl schriftlich, als auch in der 88. Sitzung des Innenausschusses des Hessischen

Landtages mündlich Stellung genommen. Der Landesvorsitzende Günter Brandt hat bereits damals mitgeteilt, dass „die Lasten von unregelmäßigen Diensten zu unregelmäßigen Zeiten innerhalb der Kriminalpolizei mit einer Doppelbelastung durch die täglichen Dienstverpflichtungen in der Rege-lung des ersten Dienstrechtsmodernisierungsgesetzes keine Berücksichtigung finden.“ In der 88. Sitzung des Innenausschusses des Hessischen Landtages wurde durch den stellvertre-tenden Landesvorsitzenden Ralf Jörz mündlich ausgeführt, dass der BDK eine Anerkennung der be-lastenden Dienste, insbesondere der bei der Kriminalpolizei häufig zu leistenden Rufbereitschaften im Verhältnis 1 : 4 fordert. Ergänzend führte Ralf Jörz aus, dass die Erfassung der „belastenden

Dienste“ über das bei der Hessischen Polizei genutzte Arbeitszeiterfassungssystem IZEMA erfolgen könnte und die jeweiligen Belastungsgrenzen für die Erfassung „belastender Dienste“ noch festzu-legen wären. (Siehe Hessen Extra Nr. 2, 2013) Rechtliche Grundlagen Gemäß § 112 HBG berechtigen folgende dienstliche Verwendungen bei der Hessischen Polizei – je

nach Dauer der Tätigkeit – zu einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand.

Schicht- oder Wechselschichtdienst, Spezialeinsatzkommando, Mobiles Einsatzkommando, Polizeihubschrauberstaffel, Operative Einheit im Außendienst mit regelmäßig wechselnder Arbeitszeit und regelmäßig

wechselndem Arbeitsort.

Forderungen des BDK Aus Sicht des BDK bedeutet diese Regelung eine Ungleichbehandlung der Kriminalbeamtinnen und –beamten, die durch ständige Rufbereitschaften und häufig erforderliche zusätzliche Dienste an den Wochenenden und zur Nachtzeit ebenfalls besonderen Belastungssituationen ausgesetzt sind.

Anerkennung von „Belasteten Diensten“

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Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum eine Tätigkeit in einer Operativen Einheit im Außendienst mit regelmäßig wechselnder Arbeitszeit und regelmäßig wechselndem Arbeitsort als „belastender Dienst“ anerkannt und eine Tätigkeit bei einem Kommissariat für die Bekämpfung des Rauschgift-handels oder im Bereich der Bearbeitung von Tötungsdelikten nicht berücksichtigt wird. Tätigkeit bei einem Kommissariat für die Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität Nach unserem Kenntnisstand sind insbesondere bei der Bekämpfung der Betäubungsmittelkrimina-lität nahezu identische Parameter hinsichtlich der Einordnung dieser Dienststellen gegeben, die bei

den Operativen Einheiten zu einer Berücksichtigung führten. Diese stellen sich wie folgt dar: Polizeiliche Operative Tätigkeit Im Rahmen der Verfahrensführung, insbesondere aufgrund der zumeist flankierenden kriminaltak-tischen Maßnahmen (Telefonüberwachungen, NoeP-Einsätzen, Festnahmen und Durchsuchungs-maßnahmen) ist eine Verwendung im Bereich eines Kommissariates zur Bekämpfung der Btm-

Kriminalität zweifellos als Operative Tätigkeit anzusehen, da die erforderlichen Observationen häu-fig von den Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen zum Teil in Kooperation mit den ebenfalls ein-

gesetzten Operativen Einheiten durchgeführt werden. Besondere Belastungssituation der Außendiensttätigkeit Wie oben bereits dargestellt, werden die operativen Maßnahmen in einer großen Anzahl durch die Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen des Kommissariates vorgenommen. Insbesondere im Phänomenbereich Btm-Kriminalität ist eine Anpassung an die Gepflogenheiten des polizeilichen Ge-genübers erforderlich, wodurch die Dienstzeiten in beträchtlichem Umfang außerhalb der Regelar-beitszeit liegen. Die in komplexen Ermittlungsverfahren geschalteten Telefonüberwachungsmaß-

nahmen bedingen vor dem Hintergrund einer „Begleitung“ der Beschuldigten eine aktuelle Betreu-ung. Nur hierdurch kann eine lagegerechte Reaktion auf beabsichtigte Rauschgiftgeschäfte gewährleistet werden, die – neben der beweiserheblichen Verfahrensführung – auch aus Gründen der Gefahren-abwehr unabdingbar ist.

Flexible, unregelmäßige und schwer vorausplanbare Arbeitszeiten

Aufgrund der Anpassung der polizeilichen Maßnahmen an die Lebensgewohnheiten der jeweiligen Beschuldigten ist ein geplanter Dienst im Bereich der Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität nahezu nicht möglich. Im Unterschied zu den Operativen Einheiten erfordern die häufig durchzu-führenden und bis weit in die Nachtzeit gehenden Observationseinsätze im Falle von anschließen-den Festnahmen bei den Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen des jeweiligen Kommissariates am nächsten Tag eine zeitnahe Bearbeitung der Haftsachen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Einsatzzeiten somit weitgehend vom polizeilichen

Gegenüber bestimmt werden, da die jeweiligen Vorhaben der Beschuldigten sowohl im Rahmen der geschalteten Telefonüberwachungen als auch durch Observationen begleitet werden müssen. Somit ist eine autonome Verfügungsmöglichkeit über die Arbeitszeiten nicht gegeben und die Planung von Einsatzzeiten nicht möglich. Tätigkeit bei einem Kommissariat für die Bearbeitung von Tötungsdelikten

Die Verwendung bei einem Kommissariat für die Bearbeitung von Kapitaldelikten ist mit turnusmä-ßigen Mordbereitschaften der Beamtinnen und Beamten in den dort tätigen 4 Mordkommissionen

verbunden, die jeweils eine Woche dauern (beginnend montags um 07.30 und endend am Montag der Folgewoche). Aktuelle Personalsituationen erfordern von den Kolleginnen und Kollegen immer wieder die Übernahme zusätzlicher Bereitschaften in anderen Mordkommissionen. Ausgehend von ca. 220 Arbeitstagen im Kalenderjahr versehen die Kolleginnen und Kollegen des K 11 abzüglich des Urlaubsanspruches somit an 70 Tagen im Jahr einen Bereitschaftsdienst, der mit wesentlichen Einschränkungen für das Privatleben verbunden ist. Aufgrund der oben erwähnten zusätzlichen Übernahme von Bereitschaften in anderen Mordkommissionen kommen einzelne Kolleginnen und Kollegen jährlich auf 100 Bereitschaftstage und mehr. Neben der Belastung durch Rufbereitschaf-ten ist eine Tätigkeit im Bereich der Bearbeitung von Mordermittlungsverfahren zusätzlich in hohem

Maße mit Dienstzeiten verbunden, die über die Regelarbeitszeit hinausgehen, was bei Erhebung der geleisteten Mehrarbeitsstunden der Kolleginnen und Kollegen wäre.

Anerkennung von „Belasteten Diensten“

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Hessen Extra Nr. 1 / Januar 2015 - Onlineausgabe -

B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r vom 26.01.2015

Berechnung belastender Dienste über IZEMA Aus Sicht des BDK ist eine nachvollziehbare und faire Berücksichtigung „belastender Dienste“ bei der Kriminalpolizei anhand des bei der Hessischen Polizei verwendeten Zeiterfassungssystems IZEMA möglich. Die grundsätzliche Einstufung von Dienststellen ist aus unserer Sicht nicht zielfüh-rend. Beispielhaft sei hierzu angeführt, dass die Verwendung als Sachbearbeiter und Sachbearbei-terin in einer Mordkommission – wie oben ausgeführt – als „belastend“ einzustufen ist, die Tätigkeit in der Vermisstenstelle hingegen nicht so bewertet werden kann.

Demzufolge wäre die Implementierung eines Berechnungsmoduls im Zeiterfassungssystem IZEMA, bei dem noch festzulegende Schwellenwerte für Rufbereitschaften und Dienste außerhalb der Re-gelarbeitszeit (Dienst zu ungünstigen Zeiten) jeweils am Monatsende ausgewiesen und bei Über-schreiten als „belastender Monat“ angerechnet werden, eine Möglichkeit eine für alle Beamtinnen und Beamte nachvollziehbare Berechnungsgrundlage für die Feststellung der berücksichtigungsfä-higen Belastungszeiten gem. § 112 Abs. 3 i. V. m. § 113 oder § 114 Hessisches Beamtengesetz zu

schaffen.

Wie eingangs bereits erwähnt ist die derzeitige Regelung aus Sicht des Bund Deutscher Kriminalbe-amter, insbesondere für die Kolleginnen und Kollegen der Kriminalpolizei, nicht nachvollziehbar. Aus unserer Sicht beruhen die derzeit gültigen Regelungen auf einem antiquierten Bild der krimi-nalpolizeilichen Tätigkeit die schon lange nicht mehr zwischen 07.30 Uhr und 16.45 Uhr stattfindet, sondern vielfach von hochdynamischen und komplexen Ermittlungs-verfahren gekennzeichnet ist, die von den dort tätigen Kolleginnen und Kollegen ein hohes Engagement und eine ständige Ver-fügbarkeit abverlangen, die zum Teil ohne die Anordnung von Rufbereitschaften gewährleistet wird.

Dirk Peglow Stellvertretender Landesvorsitzender

Anerkennung von „Belasteten Diensten“

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Bundesmelderecht 2.0 vor dem Start

Mit dem Bundesmeldegesetz (BGBl. I S. 1084) wird das Melderecht in Deutschland zum 01.05.2015 harmoni-siert und fortentwickelt. Die dem Bund nach der Föde-ralismusreform I im Jahr 2006 zugewiesene ausschließ-liche Gesetzgebungskompetenz für das Meldewesen gemäß Artikel 73 Absatz 1 Nummer 3 Grundgesetz

wurde in der laufenden Legislaturperiode durch ein Bundesmeldegesetz unzureichend wahrgenommen. Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz am 28. Februar bzw. 1. März 2013 beschlossen, am 8. Mai 2013 wurde es verkündet.

Bildrechte: Wohnortwechsel© Denis Junker

Mit Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes 01.11.2015wird es erstmals bundesweit einheitliche

und unmittelbar geltende melderechtliche Vorschriften für alle Bürgerinnen und Bürger geben. In den Beratungen hatte der Bund Deutscher Kriminalbeamter vehement seine Positionen vertreten und kann mit der Gesetzesnovelle wesentliche Forderungen als umgesetzt betrachten.

Neuerungen Als wesentliche Änderungen sind nun in den gesetzliche Vorgaben u. a. enthalten:

Soweit Melderegisterauskünfte zur gewerblichen Nutzung erfragt werden, ist zukünftig der Zweck der Anfrage anzugeben und die Melderegisterauskunft ausschließlich zu diesem

Zweck zu verwenden. Melderegisterauskünfte für Zwecke der Werbung und des Adresshandels sind nur noch mit

Einwilligung der betroffenen Person möglich.

Sicherheitsbehörden und weitere, durch andere Rechtsvorschriften zu bestimmende Behör-den erhalten rund um die Uhr länderübergreifend einen Online-Zugriff auf die Meldedaten.

Die Hotelmeldepflicht sowie das Verfahren bei Aufenthalten in Krankenhäusern, Heimen und ähnlichen Einrichtungen werden vereinfacht.

Die Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Anmeldung von Mietern wird wieder einge-

führt, um Scheinanmeldungen und damit häufig verbundenen Formen der Kriminalität wirksamer zu begegnen.

Vorausgefüllter Meldeschein Jede Person, welche in Deutschland eine Wohnung bezieht, muss sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Einzug bei der Meldebehörde der neuen Wohnung („Zuzugsmeldebehörde“) anmelden. Der Umfang der Daten, die bei einer solchen Anmeldung angegeben werden müssen, ist dabei er-heblich. Falls jemand – was in der Praxis die Regel ist – vor dem Bezug einer neuen Wohnung

schon über eine andere Wohnung in Deutschland verfügte, liegen die für die Anmeldung benötigten Daten mit Ausnahme der neuen Anschrift bei der Meldebehörde der bisherigen Wohnung („Weg-zugsmeldebehörde“) bereits vor.

In Anlehnung an bereits existierende landesrechtliche Regelungen ermächtigt das Bundesmeldege-setz die Zuzugsmeldebehörde künftig, die bei der Wegzugsmeldebehörde gespeicherten Grundda-ten dort auf elektronischem Weg anzufordern. Der Meldepflichtige hat diese Angaben auf ihre Rich-tigkeit zu prüfen, und sie – sofern erforderlich – zu berichtigen und zu ergänzen. Dies beschleunigt

den Anmeldevorgang erheblich. Behördenauskunft Um die Arbeit von Behörden zu erleichtern, gestattet das Bundesmeldegesetz, dass die Meldebe-hörde anderen öffentlichen Stellen einen Datensatz mit acht Grunddaten (unter anderem Familien-name, frühere Namen, Vornamen, derzeitige Anschriften und – soweit einschlägig – Sterbedatum und Sterbeort) im Wege des automatisierten Abrufverfahrens übermittelt. Dieser im Gesetz als „einfache Behördenauskunft“ bezeichnete Vorgang erscheint auf den ersten Blick wenig spektaku-lär. Bedenkt man jedoch, dass öffentliche Stellen bisher in erheblichem Umfang Arbeitszeit dafür

Bundesmelderecht 2.0 vor dem Start

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B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r vom 26.01.2015

einsetzen müssen, um relativ banale Daten wie einen neuen Familiennamen, neue Anschriften oder auch die Tatsache des Versterbens eines Bürgers zu ermitteln, wird die damit verbundene Be-schleunigung der Bearbeitung von Vorgängen ebenso deutlich wie die damit einhergehenden Spar-effekte. Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers Der Wohnungsgeber oder eine von ihm beauftragte Person hat den Einzug einer meldepflichtigen Person schriftlich zu bestätigen. Die meldepflichtige Person muss diese Bestätigung bei der Zuzu-

gsmeldebehörde vorlegen. Das Bundesmeldegesetz führt damit einen auf Bundesebene im Jahr 2002 bewusst abgeschafften Verfahrensablauf wieder ein, der sich nur noch in den Regelungen weniger Landesmeldegesetze (etwa in Berlin) erhalten hatte. Begründet wurde dies damit, dass Scheinanmeldungen verhindert werden sollen. Scheinanmeldungen stellen in der Praxis ein durch-aus relevantes Problem dar.

Verhinderung des Adress-Poolings Bisher ist es im Wirtschaftsleben vielfach üblich, dass Adress-Dienstleister eine aus einem konkre-

ten Anlass eingeholte einfache Melderegisterauskunft auch für andere Anlässe verwenden. Dieser als „Adress-Pooling“ bezeichnete Vorgang gestaltet sich wie folgt: Im Auftrag von Unternehmen, die mit Endverbrauchern zu tun haben (etwa Versandunternehmen), erfragt ein Adress-Dienstleister in Fällen, in denen ein Kunde eines solchen Unternehmens unbekannt verzogen ist, beim Einwohnermeldeamt dessen aktuelle Adresse. Diese gibt er dann an seinen Auftraggeber wei-ter. Danach löscht er die Adresse jedoch nicht, sondern speichert sie – in der Regel für sechs Mo-nate – in einer Datenbank („Datenpool“ – daher der Begriff „Pooling“). Fragen nun weitere Unter-nehmen nach der neuen Anschrift des Betroffenen, führt der Adress-Dienstleister nicht erneut eine

Anfrage beim Einwohnermeldeamt durch, sondern verwendet stattdessen die bei ihm bereits ge-speicherte neue Anschrift des Betroffenen. Ab Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes am 01.11.2015 ist das „Adress-Pooling“ nicht mehr zu-lässig. Dies ergibt sich aus der Regelung zur Zweckbindung einfacher Melderegisterauskünfte in § 47 Abs. 1 BMG. Demnach dürfen bei einfachen Melderegisterauskünften, die zu gewerblichen Zwe-

cken erfolgt sind, die Daten vom Empfänger nur für die Zwecke verwendet werden, zu deren Erfül-lung sie ihm übermittelt wurden. Danach sind die Daten zu löschen. Die praktische Auswirkung die-

ser Neuregelung dürfte erheblich sein und könnte manchen Wirtschaftszweigen durchaus nennens-werte Schwierigkeiten bereiten. Dies gilt etwa für Zeitschriftenverlage, die darauf angewiesen sind, im Falle eines „Wegzugs nach Unbekannt“ die neue Anschrift ihres Kunden möglichst kostengünstig zu erhalten. Dies war bisher durch das „Adress-Pooling“ weitgehend möglich, und zwar für Beträge von in der Regel weniger als einem Euro. Künftig müssen die Verlage damit rechnen, je Fall bis zu zehn Euro zahlen zu müssen. Es mag sein, dass ein solcher Betrag dem Kunden theoretisch in Rechnung gestellt werden kann, da er verpflichtet gewesen wäre, seine neue Anschrift dem Verlag zu melden; realistisch betrachtet dürfte dies in der Praxis jedoch nur selten durchzusetzen sein.

Restriktionen bei der einfachen Melderegisterauskunft Nach bisherigem Recht konnte eine einfache Melderegisterauskunft, deren Inhalt sich maximal auf den Familiennamen, Vornamen, Doktorgrad, derzeitige Anschrift und – sofern im Einzelfall gegeben – die Tatsache des Versterbens des Betroffenen beschränkte, für beliebige Zwecke eingeholt wer-den. Der im konkreten Fall verfolgte Zweck musste dabei nicht genannt werden.

Dies hat sich nunmehr deutlich geändert. Zum einen ist stets anzugeben, wenn erlangte Daten für

gewerbliche Zwecke verwendet werden, wobei diese Zwecke dann konkret zu nennen sind. Folge dieser Angabe ist dann die bereits beschriebene Zweckbindung. Zum anderen bedarf es einer Er-klärung darüber, ob die Person oder Stelle, die Auskunft verlangt, die Daten für Zwecke der Wer-bung oder des Adresshandels verwendet. Sollte dies beabsichtigt sein, bedarf es einer ausdrückli-chen Einwilligung des Betroffenen in die Verwendung für diesen Zweck. Darin liegen für die ent-sprechenden Branchen erhebliche Restriktionen. Grund für ihre Einführung waren nicht – wie man erwarten könnte – konkrete Fälle belegbarer Missbräuche. Vielmehr erwecken die Regelungen den Eindruck, dass die erfassten Branchen Werbung und Adresshandel aus datenschutzrechtlicher Sicht vielfach mit generellem Misstrauen betrachtet werden.

Bundesmelderecht 2.0 vor dem Start

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Einführung von „bedingten Sperrvermerken“ Einen neuen Weg beschreitet das Bundesmeldegesetz bei der Frage, wie die Interessen von Perso-nen geschützt werden können, bei denen schon das Bekanntwerden der gegenwärtigen Anschrift zu Diskriminierungen oder ähnlichen negativen Erscheinungen führen kann. Dies betrifft Bewohner so unterschiedlicher Einrichtungen wie Justizvollzugsanstalten, Pflegeheime oder auch Einrichtun-gen zum Schutz vor häuslicher Gewalt („Frauenhäuser“). Bisher war es in solchen Situationen lediglich möglich, eine Auskunftssperre einzutragen. Dies war

in vielen Fällen rein rechtlich gesehen jedoch nicht möglich, ist eine solche Auskunftssperre doch nur dann statthaft, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Melderegisterauskunft beim Betroffenen zu einer Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutz-würdige Interessen führen kann. Diese Schwelle war vielfach nicht erreicht. Das neue Rechtsinstitut des bedingten Sperrvermerks erscheint in diesem Kontext sachgerechter. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, ohne dass Tatsachen für eine Gefährdung im Einzelfall nachgewiesen werden müssten

(was für die Eintragung einer Auskunftssperre dagegen unabdingbare Voraussetzung bleibt!). An-dererseits kann der bedingte Sperrvermerk vom Einwohnermeldeamt dann ignoriert werden, wenn

nach einer Anhörung des Betroffenen ausgeschlossen werden kann, dass dessen schutzwürdige In-teressen beeinträchtigt werden – daher auch die Bezeichnung „bedingter“ Sperrvermerk. Unterstützung der Arbeit der Gerichtsvollzieher Zu einem Sondergebiet, das nicht im Bundesmeldegesetz, sondern in § 755 ZPO („Ermittlung des Orts des Schuldners“) geregelt ist, hat sich die Nutzung von Daten aus den Einwohnermelderegis-tern für die Arbeit der Gerichtsvollzieher entwickelt. Grundsätzlich lässt die ZPO eine derartige Nut-zung zu. Allerdings regelt § 755 ZPO erstaunlicherweise nicht die Frage, wie beim Vorhandensein

einer Auskunftssperre wegen Gefährdung von Leib und Leben (§ 51 BMG) zu verfahren ist. Es lässt sich sowohl die Auffassung vertreten, dass eine solche Sperre gegenüber einem Gerichtsvollzieher nicht wirkt, da er hoheitlich tätig ist und Auskunftssperren nur gegenüber nicht-öffentlichen (priva-ten) Stellen gelten. Da ein Gerichtsvollzieher andererseits jedoch stets im Auftrag und auf aus-drückliche Veranlassung eines Gläubigers tätig wird, reicht dieser Aspekt möglicherweise nicht aus, um eine derartige Sperre überwinden zu können.

Fazit

Die in den Einwohnermelderegistern gespeicherten Daten sind für Behörden wie Unternehmen gleichermaßen von großer Wichtigkeit. Insofern ist es von allgemeinem Interesse, unter welchen Voraussetzungen auf diese Daten zugegriffen werden darf und welche Restriktionen bei der Ver-wendung dieser Daten zu beachten sind. Das Bundesmeldegesetz schafft hierfür erstmals einen bundesweit einheitlichen Rahmen, der die bisherige Vielfalt der landesrechtlichen Regelungen be-seitigt. Sicherheitsbehörden und weitere, durch andere Rechtsvorschriften zu bestimmende Behör-den sollen rund um die Uhr länderübergreifend einen Online-Zugriff auf die Meldedaten erhalten. Die Hotelmeldepflicht sowie das Verfahren bei Aufenthalten in Krankenhäusern, Heimen und ähnli-

chen Einrichtungen werden vereinfacht. Die Mitwirkungspflicht des Vermieters bei der Anmeldung von Mietern soll wieder eingeführt werden, um Scheinanmeldungen und damit häufig verbundenen Formen der Kriminalität wirksamer zu begegnen. Filmbeitrag: Euro-Blüten für 50 Millionen: Polizeirazzia in Fälscherwerkstatt

Die italienische Polizei hat zu Beginn des Jahres 2015 eine Euro-Fälscherwerkstatt nahe Neapel ausgehoben. Die Beamten fanden halbfertige Euro-Blüten mit einem Nennwert von mehr als 50

Millionen, damit ist es einer der größten Funde der vergangenen Jahre.

Filmbeitrag auf Spiegel-Online

Bundesmelderecht 2.0 vor dem Start

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B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r vom 26.01.2015

Wenn die Kripo auf private Dienstleister setzt Die Datenmengen auf Computern und Handys wachsen schnell. Weil die Strafverfolger mit der Auswertung sichergestellter Geräte kaum nachkommen, beauftragen sie immer häufiger externe Dienstleister. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) befürchtet, dass darunter die Qualität der Strafverfolgung leidet. Frankfurt am Main

Vor zehn Jahren hatte es die Kriminalpolizei noch leicht: Wenn sie ein Mobiltelefon sicherstellte, waren darauf allenfalls ein paar Kontakte und Anruflisten gespeichert. Die Ermittler konnten die überschaubare Datenmenge relativ schnell auswerten. Inzwischen ist die Sache komplizierter: „Die Smartphones von heute sind im Prinzip kleine Computer, auf denen Texte, Fotos, Videos und Hin-weise auf Internetaktivitäten zu finden sind“, sagt Dirk Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeam-ter (BDK). Der zeitliche und personelle Aufwand für die Auswertung dieser modernen Mobiltelefone

sei vergleichsweise groß.

Mehrere 100 Terrabyte Dirk Peglow, stellvertretender Landesvorsitzender des BDK, betont im Gespräch mit der Frankfurter Neuen Presse, dass sich die Masse der Daten, die Polizei und Staatsanwaltschaft auszuwerten hät-ten, in den vergangenen Jahren „exorbitant vergrößert“ habe. Inzwischen liege sie hessenweit wahrscheinlich bei mehreren 100 Terrabyte. Gründe dafür seien außer neuen Entwicklungen wie Smartphones und Tablet-Computern auch die gestiegenen Speicherkapazitäten – und die Tatsache, dass die meisten Menschen heute nicht nur einen einzigen, sondern mehrere PCs besitzen.

Eine Folge dieser Entwicklung ist laut Kriminalhauptkommissar Peglow, dass die Landespolizei die sichergestellten Daten von Handy-Speichern, Computer-Festplatten, USB-Sticks und DVDs nicht mehr allein auswerten kann. Die entsprechenden Fachabteilungen wie zum Beispiel das Kommissa-riat 35 im Frankfurter Polizeipräsidium seien personell viel zu schwach besetzt. Die Staatsanwalt-schaften beauftragten deshalb immer häufiger externe Dienstleister mit der Auswertung von Da-tenträgern.

Sensible Privatisierung

Peglow schätzt, dass hessenweit zwischen 60 und 80 Prozent der digitalen Beweismittel von priva-ten Sachverständigen ausgewertet werden. „Als Berufsverband sehen wir diese Privatisierung im Sicherheitsbereich skeptisch, weil Polizei und Justiz damit ein Stück Kontrolle aus der Hand geben.“ Bei der Beauftragung der Unternehmen werde zwar auf fachliche Qualifikation, technische Ausstat-tung und Zuverlässigkeit geachtet; wie die Mitarbeiter mit dem anvertrauten Material umgingen, lasse sich aber kaum kontrollieren. Für besonders problematisch hält Peglow die externe Datenauswertung, wenn es um Kinderporno-

grafie geht. Bislang sei es zum Glück noch nicht vorgekommen, dass ein Sachverständiger entspre-chendes Beweismaterial weitergegeben oder auf andere Weise missbraucht habe. „Sollte so etwas geschehen, wäre die öffentliche Empörung aber zu Recht groß.“ Peglow räumt ein, dass die EDV-Auswertung etwa bei Kapitaldelikten weiterhin von der Kripo gemacht wird. Eine insgesamt gerin-gere Fremdauswertungsquote hält der BDK-Vertreter aber für wünschenswert: „Bei den Mitarbei-tern der Dienstleistungsfirmen handelt es sich schließlich nicht um ausgebildete Kriminalisten, son-

dern um EDV-Fachleute.“ Diese seien womöglich gar nicht in der Lage, im Datenmaterial zum Bei-spiel Ermittlungsansätze für weitere Strafverfahren zu finden.

Lange Wartezeit Peglow berichtet, dass es in Hessen derzeit einen Auswertungsstau von etwa drei Monaten gebe. So lange müsse ein Ermittler ungefähr warten, bis er das Material auf einem eingereichten Daten-träger ausgewertet zurückerhalte. „Ein Handy abgeben und am selben Tag eine Rückmeldung er-halten, das gibt’s heute nicht mehr.“ Dem Verbrechen hinke die Kripo aber nicht nur deshalb, son-dern auch wegen der teils veralteten Technik hinterher. „Mit der schnellen technologischen Ent-wicklung kann die Polizei nicht immer Schritt halten.“ Der BDK findet, dass die Politik viel mehr Geld in Personal und Ausstattung stecken müsste, um die Qualität der Datenauswertung sicherzu-

stellen. „Wegen des Sparkurses der Landesregierung machen wir uns aber keine Illusionen“, seufzt Peglow. „Wir müssen wohl mit dem arbeiten, was wir haben.“

Kripo setzt auf private Dienstleister

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Buchtipp: „Kindeswohl“ von Ian McEwan

Erscheinungstermin: 9. Januar 2015 (1. Auflage)

Inhalt Familienrecht ist das Spezialgebiet der Richterin Fiona Maye am High Court in London: Scheidungen, Sorgerecht, Fragen des Kindeswohls. Sie ist schön, klug, erfolgreich und mit einem fa-belhaft aussehenden Geschichtsprofessor verheiratet. Aber es geht ihr gerade nicht gut. In ihrem Beruf steht sie vor der schwierigsten richterlichen Ent-scheidung ihres Lebens. Ein 17-jähriger Junge, der an Leukämie

leidet, wird in den nächsten Tagen elendig sterben, wenn er kei-ne Bluttransfusion bekommt. Seine Familie lehnt das aus religiö-

sen Gründen ab und der Junge ist offenbar als Kind von Zeugen Jehovas damit einverstanden. Mitten in ihrer persönlichen Krise besucht Fiona den Jungen im Krankenhaus und lernt einen faszi-nierenden jungen Mann kennen, der seinerseits hingerissen ist von dieser Frau, die über sein Schicksal bestimmen soll. In ihrer eigenen Ehe ist sie eigentlich seit über dreißig Jahren glücklich.

Da unterbreitet ihr Mann ihr einen schockierenden Vorschlag... Fiona wird im Fall des 17-jährigen Jungen keine gute Rolle spie-len.

Aber sie wird sich erholen, sie hat inneres Rüstzeug, stammt aus guter Familie, verfügt über Bil-dung und Geld. Musik als Hobby neben ihrem Beruf hilft. Sie spielt Klavier bei einem Laienkonzert von Juristen für Juristen.

Autor

Ian McEwan, geboren 1948 in Aldershot (Hampshire), lebt bei London. 1998 erhielt er für ›Amsterdam‹ den Booker-Preis und 1999 den Shakespeare-Preis der Alfred-Toepfer-Stiftung für das Gesamtwerk.Sein Roman ›Abbitte‹ wurde zum Weltbestseller und mit Keira Knightley verfilmt. Er ist Mitglied der Royal Society of Literature, der Royal Society of Arts und der American Academy of Arts and Sciences.

Produktinformationen

Taschenbuch: 224 Seiten ebook: 2082 KB

Originaltitel: „The Children Act“ Format Kindle Edition

Verlag: Diogenes Verlag AG Verlag: Diogenes Verlag AG

Sprache: Deutsch Sprache: Deutsch

ISBN-10: 3257069167 ASIN: B00Q5MWX3O

ISBN-13: 978-3257069167 Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.

Preis: 21,90 € Preis: 19,99 €

Buchtipp - Hinweis: Kinderschutzveranstaltung am 26.2. Hofh.

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B u n d D e u t s c h e r K r i m i n a l b e a m t e r vom 26.01.2015

Neujahrssitzung des BDK Bezirksvorstands Frankfurt am Main

Im Thurn und Taxis Palais in Frankfurt am Main fand am 13.01.2015 die traditionelle Neujahrssitzung des BDK Be-zirksvorstands Frankfurt am Main statt. Der Landesvorsitzende Günter Brandt und sein Stellvertreter Dirk Peglow waren zu Gast und berichteten von ihren Termi-

nen und aus der Landespolitik. Nach den Tätigkeitsberichten des Vorsitzenden, seiner Stell-vertreter, vom Geschäftsführer und Kassierer, wurde die Neuwahl des Bezirksvorstands anlässlich der jährlichen Mit-gliederversammlung im Juli 2015 besprochen.

Weiter wurden Planungen für diverse Veranstaltungen und

Termine in 2015 besprochen und Arbeitsaufträge verteilt. Es sind neben 2 Fachveranstaltungen auch wieder 2 AfterWork-Partys im laufenden Jahr geplant.

Für den Bezirksvorstand

Michael Finger - Geschäftsführer

Nachrichten aus den Bezirksverbänden

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BDK-Aktuell: Nicht hinter Brüssel verstecken, sondern sofort Gesetzesentwurf Bundeskanzlerin Merkel nimmt Justizminister Maas an die Leine und fordert Vorratsdatenspeicherung

„Der Bund Deutscher Kriminalbeamter begrüßt die Forderung von Bundeskanzlerin Merkel am

15.01.2015 zur Wiedereinführung der soge-nannten Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich. Ebenso erfreulich ist, dass der SPD-Bundesvorsitzende und Vizekanzler Sigmar Gabriel diese Forderung mittlerweile teilt. Die befristete Speicherung von Kommunikati-

onsdaten ist für die kriminalistische Beweisfüh-rung derzeit alternativlos, nicht nur im Bereich

des Terrorismus sondern auch in zahlreichen anderen Deliktsbereichen und zur Gefahrenab-wehr“, so der BDK-Bundesvorsitzende André Schulz heute in Berlin.

Bildrechte: Datenspeicher © sonjanovak - Fotolia

„Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Europäische Gerichtshof erklärte in ihren Urtei-len richtigerweise, dass die Vorratsdatenspeicherung dem Gemeinwohl diene und für die Bekämp-fung schwerster Kriminalität und zur Gefahrenabwehr benötigt wird. Beide Gerichte zeigten zudem

die Rahmenbedingungen für die verfassungsgemäße Einführung auf“, so Schulz weiter. Jeder Kriminalist weiß, dass die Speicherung der Telekommunikationsdaten kein Allheilmittel ist, sondern nur ein Baustein in der Kriminalitätsbekämpfung darstellt. In Frankreich, wie in fast allen

anderen europäischen Ländern, gibt es diese Speicherung. Die französische Polizei wertet derzeit die vorhandenen Telekommunikationsdaten aus. Die Daten haben bereits jetzt dabei geholfen, die Tat- und die Täterstrukturen aufzuhellen und werden vermutlich weitere Mitwisser bzw. Tathelfer aufdecken. Die Daten helfen dabei, zukünftige Anschläge nach Möglichkeit verhindern zu können.

Die Kriminalpolizei in Deutschland wäre nach einem Anschlag nicht in der Lage, festzustellen, mit wem der oder die Täter zwei Wochen vor der Tat kommuniziert hätten. Verbindungen und Netz-werke könnten deshalb nur schwer oder gar nicht erkannt und aufgedeckt werden. „Der BDK respektiert ausdrücklich die Kritik und Sorgen, die sich für einige aus der Vorratsdaten-speicherung ergeben. Was Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft keinesfalls wollen, ist das Aus-spähen privater Daten nach Lust und Laune, genau das will die Exekutive sogar verhindern. Das Vorliegen eines Verdachts im Einzelfall, die staatsanwaltschaftliche Überprüfung, der Richtervorbe-

halt und das Vorliegen konkreter Straftaten, sind die Grundvoraussetzungen zur Nutzung der Tele-kommunikationsdaten zur Strafverfolgung“, so BDK-Chef Schulz. Seitens der Politik müssen die Sicherheitsbehörden hinsichtlich der rechtlichen Möglichkeiten sowie

der personellen und materiellen Ressourcen in die Lage versetzt werden, alles Menschenmögliche für die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland unternehmen zu können. Hier gibt es noch erheblichen Handlungsbedarf!

„Opfer und Geschädigte haben ein Grundrecht auf Sicherheit, Schutz und Aufklärung von Strafta-ten. Es gibt derzeit zur Vorratsdatenspeicherung keine Alternativen, die einen geringschwelligeren Grundrechtseingriff darstellen würden. Zur kriminalistischen Beweisführung sowie zum Nachweis und zur Aufhellung von Tat- und Täterstrukturen und damit auch zur Abwehr von terroristischer Bedrohung führt im 21. Jahrhundert kein Weg an der Vorratsdatenspeicherung vorbei. Die Regie-rung muss jetzt umgehend das Gesetz auf den Weg bringen. Die Regierung muss jetzt umgehend die längst überfällige Verantwortung übernehmen und darf sich nicht hinter Brüssel verstecken!“, so der BDK-Bundesvorsitzenden Schulz abschließend.

BDK-Aktuell