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7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
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10 | # 03WS 2015
Grenzwertig
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
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1 Impressum
2 Changing a never
running system!
4 Kackersti
5 Habitualisierte Droge
6 reise:echo
8 Satt ist nicht genug
10 Wer den Wind sät
12 Jodel
13 Ist das Kultur?
14 lyrik:echo
16 Studieren mitHandicap
18 Pro I Contra
19 Go ahead - create
20 In Feindesland
22 Virtuelle Welten
23 Prachtstücke
24 Wo ist deine Ehre?
26 Schlagseite
28 campus´echo
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
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Impressumcampus:echo erscheint zweimal pro Semester. Alle
Artikel spiegeln die Meinung der einzelnen Autoren
und nicht zwingend die der gesamten Redaktion wi-
der. Es ist den Autoren freigestellt, das generische
Maskulinum zur Verbesserung der Lesbarkeit zu
verwenden. Im Falle der Verwendung gilt er für alle
Geschlechter. Die Redaktion orientiert sich an den
vom deutschen Presserat im Pressekodex verfassten
Grundsätzen journalistischer Arbeit. Die Autoren
nicht namentlich gekennzeichneter Beiträge sindder Redaktion bekannt. Für den Inhalt der abge-
druckten Anzeigen übernimmt die Redaktion keine
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Wir freuen uns jederzeit über Anregungen, Kritik,
Lob, eingereichte Fotos oder Artikel. Die Redakti-
on behält sich das Recht auf entsprechend gekenn-
zeichnete Kürzungen eingesandter Artikel vor.
Kontakt:
Redaktion campus:echo
Nordhäuser Straße 63
99089 Erfurt
E-Mail: [email protected]
Facebook: www.facebook.com/campus.echoTwitter: www.twitter.com/campus_echo
Chefredaktion:
Robin Seel (V.i.S.d.P.)
Redaktion:
Katharina Brodale, Josephine Hedderich, Katharina
Hertel, Robert Horn, Lukas Knecht, Charlotte
Krause, Jana Michels, Julia Mayer, Annika Redmer,
Louisa Reeh, Simon Schairer, Debora Schiessl,
Anna Schröder, Robin Seel, Tim Seidel, Paul
Siethoff, Laura Stieler, Viktoria Vierneisel, Fiona
Vaaßen, Julia Winzer, Nina Zensner, Theresia
Zimmermann
Schlagseite:
Katharina Hertel, Robert Horn, Christoph Kühne,
Fabian Otto, Anna Schröder, Robin Seel, Tim
Seidel, Paul Siethoff
Bildredaktion, Satz und Layout:
Elias Domsch, Robin Seel, Viviana Warnken,
Danielle Weisheit
Lektorat:
Charlotte Krause, Anna Schröder, Frauke Siebls
Cover:Elias Domsch
Anzeigen:
Robin Seel
Druck:
City Druck GmbH Erfurt
Auflage:
2.000 Exemplare
Mit freundlicher Unterstützung
des Studierendenrates der
Universität Erfurt
Ähhhh….ditorial
Grenzen weisen immer ein Maß au. Bis hierhin und nicht weiter. Grenz-wertig ist alles, was noch im Bereich des olerierbaren ist: Noch ein klei-ner ropen mehr und es kommt zu einer Überschreitung mit nicht ab-schätzbarem Ausmaß.
In dieser Ausgabe diskutieren wir über die Vor- und Nachteile von Grenz-überschreitungen, über die Einschränkungen des menschlichen Daseinsund wie wir damit dennoch unser Leben meistern müssen. Abschließendwagen wir einen kritischen Blick au die Kausalität der weltoffenen deut-
schen Grenzen und deren Konsequenzen.
Robin
Auch online unterwww.twitter.com/campus_echowww.facebook.de/campus.echo
10 | #03
WS 2015
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 4/324
Technik, die begeistertTechnik muss einfach funktionieren, heißt
es überall. Wie langweilig! In der Disziplin
„kunstvolle Inszenierung technischer Defekte“
hat sich die Universität Erfurt nach jahrelan-
ger Arbeit einen internationalen Spitzenplatz
verdient. Beispiele gefällig? Im Selbstlern-
zentrum sind etwa 40 Computer im Einsatz
und etwa ein Viertel der Geräte ist nicht funk-
tionstüchtig. Die Meisterleistung ist jedoch,
dass defekte Computer auf einmal wieder zum
Leben erwachen, während andere funktionie-
rende Geräte wiederum den Dienst von heute
auf morgen verweigern. In den Sprachkursen
sorgt dieses Spiel jedes Mal aufs Neue für
Erheiterung. An dieser Stelle sei dem Rechen-
zentrum ein großes Dankeschön auszurichten,
welches Spielverderbern, die eine schnelle
Beseitigung der technischen Unregelmäßig-
keiten fordern, die kalte Schulter zeigt und das
Spektakel somit zuverlässig gewährleistet.
Doch wie ist es möglich, auch mit funktio-nierenden Computern die fröhliche Stimmung
zu bewahren? Zugegeben, dies gestaltet sich
nicht sonderlich einfach, wenn die Geräte
technisch auf der Höhe der Zeit sind. Hier be-
darf es schon eines genialen Serversystems,
welches die Computer kontrolliert ausbremst.
Mittlerweile bewegen sich die Meistertech-
niker in dieser Disziplin nahe an der Perfek-
tion, denn endlich haben die Computer ein
Arbeitstempo auf dem Niveau der frühen
Neunzigerjahre erreicht, womit ablenkende
Ausüge in die Welten von Facebook und Co.bald der Vergangenheit angehören dürften.
In letzter Zeit wurde viel Geld in High-Tech
investiert, doch den Verantwortlichen ist es
gelungen, diese in ihr komplexes System zu
integrieren. Einigen Fachbereichen stehen
mobile Whiteboards im Wert eines Klein-
wagens zur Verfügung. „Damit könnte man
doch viel anfangen“, würden Befürworter
argumentieren. Bloß nicht! Diese Geräte
sind viel zu empndlich, um sie anzufassen,
geschweige denn mit ihnen zu arbeiten. Daher
werden sie auch gut versteckt als Trophäen
des digitalen Zeitalters aufbewahrt. Wer hat,
der hat. Sollte es doch jemand wagen, eines
der Whiteboards zu nutzen, wird er spätestens
aufgeben müssen, wenn er es an einen der
vorhandenen Computer anschließen möchte,
denn diese sind nicht mit den High-Tech-
Tafeln kompatibel.
Des Weiteren wurden vor einiger Zeit hoch-
moderne Multifunktionsdrucker für sämtliche
Bereiche angeschafft. Doch immer wieder ha-
gelt es Beschwerden, dass diese nur Papierstau
produzieren und noch dazu ist das Auaden
der Thoska vielen zu umständlich. Das muss
aber so sein. Denkt doch an unsere Natur! Wer
maßlos kopiert und ausdruckt, trägt mit dazu
bei, dass die Regenwälder abgeholzt werden.
Mit den Druckern hat die Universität eine
sinnvolle Investition getätigt und somit einen
beachtenswerten Beitrag zum Umweltschutz
geleistet.
Mehr Schein als ScheinAuch wenn das Studium selbst die höchste
Priorität haben sollte, müssen Studenten
ihr Studium gewissenhaft organisieren und
Formalitäten akribisch einhalten. Mit hinrei-ßendem Engagement werden sie bei diesen
Aufgaben von der Abteilung Studium und
Lehre unterstützt. Besonderes Augenmerk
wird hierbei auf die Leistungsscheine gelegt.
Viele denken leichtsinnigerweise, dass es
genügt, wenn die Leistungspunkte im Noten-
bericht vermerkt sind. Weit gefehlt! Studium
und Lehre kennt die Universität Erfurt sehr
genau und weiß daher auch, dass man der an-
tiquierten Technik niemals vertrauen darf. Wer
also Wert auf seine Leistungsscheine legt, holt
sie sich persönlich in Papierform ab und be-wahrt sie katastrophensicher auf.
Aber einfach nur die Scheine abzuholen ist viel
zu eintönig. Daher haben sich kluge Köpfe eine
Art Schnitzeljagd ausgedacht, um das Scheine-
Sammeln aufregender zu gestalten. Leider nicht
immer, aber zumindest immer öfter benden
sich die Scheine nicht dort, wo man sie ver-
muten würde. Die spannende Suche kann also
beginnen. Hierbei wird dem Spieler einiges
abverlangt, denn er wird von Büro zu Büro
verwiesen und kann nirgendwo einen Hinweis
erhalten, weil sich niemand für das begehrte
Dokument zuständig fühlt. Einige Studenten
müssen die Suche verzweifelt aufgeben. Man
spricht also nicht umsonst von Leistungs-
scheinen. Wer jedoch diese Herausforderung
erfolgreich meistert, wird am Ende mit einem
QT belohnt.
Online war gesternWenn es um die Einschreibung in Lehrveran-
staltungen oder das Bereitstellen von Skripten
und anderem Zusatzmaterial geht, wird in
den meisten Studienrichtungen auf Metacoon
gesetzt. Schade, dass Metacoon so zuver-
lässig arbeitet und keinen Raum für Abenteuer
zulässt. Dieser technokratischen Monotonie
folgen aber zum Glück nicht alle Dozenten.
Bereits vor 15 Jahren wurde still und heimlich
an einem Online-Anmeldesystem, welches
exklusiv von den Sprach- und Literaturwis-
senschaften sowie dem Sprachenzentrum
genutzt wird, getüftelt. Seitdem bereichert
diese Online-Plattform das Studium aller Privi-
legierten, die sich nicht dem Metacoon-Zwang
beugen müssen.
Dieser Moment, wenn die Buchung eines Se-
minars kurz bevorsteht und das System pünkt-lich zur Buchungsfreigabe komplett abstürzt,
ist immer wieder ein Erlebnis. Ernsthaft, wer
möchte denn schon ein Seminar mit einem
spannenden Thema bei seinem Lieblings-
dozenten buchen, wenn sich am Ende doch
sowieso die Ernüchterung einstellt, dass das
Seminar nicht den hohen Erwartungen gerecht
wird. Andererseits haben die ganzen Panik-
buchungen aber auch ihren Reiz, denn ein ver-
gleichbarer Adrenalinkick wird einem sonst
nirgendwo an der Uni geboten.
Nebenbei ermöglicht es das Online-Anmel-
desystem den Dozenten, Skripte und andere
Dateien hochzuladen. Theoretisch könnte man
diese auch herunterladen, aber seit Semester-
beginn hat sich diese überüssige Funktion
von selbst verabschiedet. Nun wird auch der
Letzte begreifen, dass selbständiges Mit-
schreiben im Seminar einfach am effektivsten
ist. Zu guter Letzt verrate ich noch das Ge-
heimrezept dieser genialen Online-Plattform.
Man programmiere in kürzester Zeit eine mög-
lichst simple Plattform, von Kritikern als Not-
lösung verspottet, und lasse sie über die Jah-
re möglichst unverändert. Ansonsten könnte
so etwas Einfallsloses wie Metacoon ent-
stehen und wir wollen uns doch nicht noch den
letzten Spaß nehmen lassen, oder?
An der Universität Erurt läu nicht alles so, wie es eigentlich sollte. echnische Ausälle gehören zum Alltag und Fehlplanungen sowie
mangelnde Kommunikation zwischen den Beteiligten treiben so manchen ast zur Verzweiflung. Oder ist das Chaos vielleicht sogar gewollt?
Einige Anzeichen sprechen daür, dass hinter diesen Zuständen eventuell eine aktik steckt, die nur mehr Überraschungen bieten soll.
Womöglich befinden wir uns in einem Spiel und verstehen einach nur die Regeln nicht – oder nehmen alles zu ernst. Anhand von drei
Beispielen möchte ich demonstrieren, wie das Spiel unktioniert.
Change a never running system!
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
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Autor
Robert Horn
Illustration
Debora Schiessl
Spaß beiseite. An der Universität Erfurt
herrschen in einigen Bereichen denitiv
chaotische Zustände, die sowohl Studenten
als auch Dozenten und Mitarbeiter täglich
frustrieren. Da hilft es auch nicht, den Är-
ger mit Sarkasmus zu überspielen. Vielmehrsind Lösungen gefragt. Außerdem erzählten
mir einige Kommilitonen, die zuvor an ande-
ren Hochschulen studiert hatten, dass hier in
Erfurt auffällig viele Dinge schief liefen. Es
wird also höchste Zeit, an den Missständen zu
arbeiten. Oder ist es dafür vielleicht schon zu
spät, weil alles bereits eingefahren ist?
Natürlich wäre es falsch, bestimmte Personen
in die Verantwortung zu ziehen. Ich denkeeher, dass ein Großteil der chaotischen Um-
stände auf mangelnde Kommunikation und
Kooperation innerhalb der Uni zurückzufüh-
ren ist. Würde die Absprache untereinander
besser funktionieren, dann könnten einige Pro-
bleme sicherlich beseitigt werden oder würden
erst gar nicht entstehen. Nach der ganzen
Kritik möchte ich nun aber auch ein ermun-
terndes Schlusswort aussprechen. Mittlerweile
hat uns Studium und Lehre die Möglichkeit ge-geben, unsere Immatrikulationsbescheinigun-
gen selbst auszudrucken und es funktioniert
sogar völlig unkompliziert. Das ist doch schon
mal ein Schritt in die richtige Richtung.
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
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Kapitel 1:
Verhalten in ungewohntensozialen Situationen(z.B.: Party)
Das Verhaltensmuster von Erstis lässt sich re-
lativ leicht ermitteln. Kurz gesagt geht es dar-
um, nicht aufzufallen – Die Masse ist klasse!
Am häugsten anzutreffen sind sie auf den
extra für sie angelegten Ersti-Partys. Voraus-
setzung: Kein Eintritt und viele Leute, die
man mindestens schon einmal gesehen hat.
Zumeist ergeben sie sich dem sozialen Druckvon anderen ihrer Art und zwingen sich so ge-
genseitig in Richtung Exitus, aus Angst vor
sozialer Isolation.
Haben sie genug Gerstensaft intus, trauen sich
die schüchternen Geschöpfe auf die Tanzä-
che - unter ständiger Beschallung durch Elek-
tro-Musik. Oberstes Ziel ist es, sich möglichst
unauffällig zu bewegen und beim Hin- und
Herschwanken der Beine die Hände sicher
am Flaschenhals zu platzieren. Dadurch sol-
len unkoordinierte Armbewegungen unter-bunden werden. Bevor ein Ersti einen Move
zu viel macht und sich unsterblich blamiert
oder schlimmer noch, sich einen Spitznamen
einfängt, sucht er doch lieber nach einer freien
Sitzgelegenheit. Puh – Glück gehabt!
Kapitel 2:Das Verhalten in unge-wöhnlichen Stresssituatio-
nen (z.B.: Klausurenphase)Jeder Ersti betrachtet die erste Klausur an ei-
ner Universität als eine spannende, persönlich-
keitsprägende Erfahrung, an die er noch mit
vollem Elan herangeht.
Schon während der Vorlesung wird jeder Satz
als potentiell klausurrelevant angesehen und
transkribiert. Skripte werden ausgedruckt,
intensiv studiert und peinlich genau mit ver-
schiedenen Markerfarben aufgehübscht.
Direkt nach der Lehrveranstaltung werden
in der Bibliothek Zusammenfassungen und
Lernpläne erstellt. Schnell häuft sich die An-
sammlung an Informationen und zwingt den
Ersti zur Kompensation des Stresses mittels
Alkohol oder Putzen der WG-Räumlichkeiten.
Die anfängliche Motivation mündet mit dem
Verstreichen jedes weiteren Semesters in im-mer größere Ernüchterung, wachsende Igno-
ranz bis hin zum berühmten Satz: „Ach, scheiß
drauf“.
Kapitel 3:Einstellung zur Triebbe-friedigung am Beispiel derNahrungsaufnahme
Die Kackerstis neigen vor allem zu Beginn ih-rer Studienzeit dazu, sich ausschließlich in der
Mensa zu ernähren. Gut und günstig – so die
vorerst angenommene Devise. Schnell steigen
die Ansprüche auf Qualitätsessen, besonders
wenn man von Zuhause Tiefkühlpizza und
„Sterni“ gewohnt ist. Bereits nach wenigen
Wochen hat das Subjekt alle Bestandteile ei-
nes typischen Mensagerichtes herausgefunden
und bemerkt, dass diese immer wieder rein zu-
fällig zusammengewürfelt werden. Nach spä-
testens einer Woche führen die hochtrabenden
Beschreibungen der Menüs selbst die Kacker-
stis nicht mehr in die Irre. Als Folge dieser un-
erwarteten Realitätserfahrung suchen sie nach
Alternativen und enden entweder im Hörsaal
7 vor einem Hamburger, der allerdings nicht
wirklich sättigt, oder in der Glasbox vor einem
lieblos zusammengequetschten Industriebröt-
chen.
Die vollkommen unvoreingenommene Beob-
achtung der Spezies Kackerstis zeigt, dass sie
sich in ihrem Verhalten an Personen höheren
Semesters orientieren und unmerklich lang-
sam anpassen. Dieser Assimilationsprozess
äußert sich in der Ablegung der oben genann-
ten Verhaltensweisen und kann auf jede belie-
bige Generation angewendet werden. Inter-
essant ist dabei, dass die Kackerstis – sobald
sie ein fortgeschrittenes Semester besuchen –
über die Nachfolger herziehen, um ihren zuvor
aufgestauten Frust durch die vorangegangenenDemütigungen zu kompensieren.
Eigenständigkeitserklärung:
Diese Hausarbeit kann Spuren von Sarkas-
mus, Ansätzen von Diskriminierung und Bier-
weisheiten enthalten. Bitte wenden Sie sich bei
Fragen an Ihren Dozenten oder Mentoren.
Dieser Auszug einer Hausarbeit beschäigt sich mit dem Untersuchungsgegenstand Studienanänger und wurde in seinem natürlichen
Lebensraum - der Universität Erurt – im Zeitraum von ün Semestern beobachtet. Dabei wurde estgestellt, dass das Subjekt ein immer wiederkeh-
rendes Phänomen mit ähnlichen Ausprägungen darstellt: überneugierig, übermotiviert, überhysterisch und überordert. Die Kackerstis sind Rudel-
tiere und rotten sich bereits in der „SE“-Woche zusammen. Hier olgen ausgewählte Beispiele zur Verdeutlichung der Lebensweise dieser Spezies.
Kack|er|sti, der; (derb)
Euphorisierung für Studienanfänger
Autoren
Anna Schröder
Robin Seel
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 7/327
Es ist Montag, kurz nach acht Uhr. Die erste
Herde an Studenten trottet in Richtung Uni.
Ihre Euphorie gleicht der von Komapatienten.
Die letzte Nacht hängt noch in den Schlupi-
dern. Kein Wunder also, dass die Hälfte die-
ser Zombies vorerst Richtung Glasbox
abbiegt. Denn bevor man sich dem Stress
des neuen Semesters und den Dozenten
mit vollkommen absurden Erwartungen
widmet, braucht man erst einmal Energie.
Ob die Club-Mate oder der Becher voll
Kaffee - hauptsache irgendein Mittel, das
den wattierten Kopf wieder anschaltet.
Und damit stehen die Erfurter Studenten
sicher nicht allein da. 160 Liter schwar-
zer Kaffee – so viel benötigt der Durch-
schnittsstudent im Jahr. Vor allem in der
Prüfungszeit stapeln sich die Tassen. Beieinem Durchschnittspreis von einem Be-
cher von etwa zwei Euro liegt man da-
mit im Jahr schon einmal bei 1280 Euro.
Nicht gerade ein Schnäppchen. Noch
teurer als Kaffee, der nach Espresso den
stärksten Koffeininhalt beinhaltet, sind
aber die Energydrinks. Bunt, knallig, süß
strahlen sie uns zwar an, sind aber längst
nicht so koffeinhaltig wie man annimmt.
Die gute alte Hipster-Mate platziert sich
(ziemlich abgeschlagen) sogar noch dar-
unter.Erstaunlicherweise landet auch Coca Cola
mit gerade mal 10 mg Koffein weit hinter
dem Schwarztee, der mit ganzen 35 mg
aufwarten kann und damit sogar gegen
die Energydrinks wie Monster, Rockstar oder
Red Bull (und dem traurigen Mate...) besticht.
Allerdings setzt hier die Wirkung nicht sofort
ein, sondern muss sich langsam entfalten.
Wenn jemand schon so viele Jahre als Gesell-
schaftsdrink auf dem Buckel hat wie der seit
575 v. Chr. hergestellte Kaffee, gibt es auch
eine Menge Studien dazu, die dem braunen
Zeug die erstaunlichsten Sachen bescheinigen.
Beim Abnehmen soll es helfen, gegen Diabe-
tes Typ 2 soll es vorbeugen und die sportliche
Leistung kann gesteigert werden, sodass Kof-
fein bereits bei vielen Sportarten auf der Do-
pingliste steht.
Doch natürlich gibt es auch die Pessimisten
unter den Wissenschaftlern. Von schlechten
Zähnen bis hin zu körperlichen extremen
Symptomen wie Herzrasen, Schweißausbrü-
che und Depressionen ist die Rede und außer-
dem droht vor allem das übermächtige Haupt-
problem: Abhängigkeit! Denn der ein oder
andere merkt inzwischen, dass er ohne seinen
morgendlichen Schluck Wachmacher zum
kommunikationsunfähigen, schlechtgelaunten
WG-Hass-Mitglied mutiert oder zwangsläug
keine Chance mehr hat, irgendeine Prüfung zu
bestehen. Aber kann man hier schon von einer
Koffeinsucht sprechen? Oder sind wir einfach
legendäre Ausredenernder?
Dafür jedenfalls spricht, dass tatsächlich
Entzugserscheinungen auftreten, wenn bei
Vieltrinkern die tägliche Dosis nicht mehr vor-
handen ist. Zwar kann man die Droge relativ
einfach wieder auf Normalmaß innerhalb kur-
zer Dauer reduzieren, doch in dieser Zeit treten
bei den meisten Menschen Kopfschmerzen,
Müdigkeit, Antriebslosigkeit, depressive
Verstimmungen und sogar grippeartige
Beschwerden auf. Die Entzugserschei-
nungen zeigen sich erstmals nach zwölf
bis 24 Stunden, haben dann ihre höchste
Intensität nach einem bis zwei Tagen und
können bis zu neun Tage andauern.
Im Übrigen nützt ständiges Kaffeetrinken
sowieso relativ wenig, denn mit der Men-
ge werden wir auch immer toleranter und
unempndlicher gegen den Wirkstoff.
Die Folge: Wir brauchen immer mehr für
den ultimativen Energiekick. Daher hilfteine kleine „Durststrecke“ an Koffein
zwischendurch mehr als das Schlangeste-
hen vor der Glasbox. Darüber freut sich
dann auch der Geldbeutel.
Wie aber steht es nun allgemein mit dem
Bewusstsein um unseren täglichen Kon-
sum? Reektieren wir eigentlich noch,
wie viel wir trinken? Prinzipiell geht
wohl niemand davon aus, ernsthaft an
Kaffeesucht erkrankt zu sein (trotz hyste-
rischer Arztprognosen).
Mein Fazit jedenfalls lautet: Rauchen istteurer und längst nicht so nützlich. Und
hey, wenn man schon seit 575 v. Chr.
existiert, dann sollte man gefälligst mit et-
was mehr Respekt behandelt werden!
Wir „inhalieren“ es so gierig wie die letzte Zigarette aus der Schachtel. Wir verlangen es morgens, bevor wir überhaupt eine normale Konversation
starten können. Wir denken in den langweiligen Vorlesungen mit unstil lbarem Verlangen daran. Wir sind abhängig! Abhängig von einem Stoff,
den wir in allen möglichen Formen hemmungslos konsumieren können und der uns so pusht, dass wir auch nach nur drei Stunden Schla nochein Seminar oder eine Vorlesung überleben. Oh Koffein, du Allerheilmittel des Studentenlebens! Ob in Kaffee, Energiedrink oder auch dem guten
alten Kakao, wir finden dich überall: Doch ist uns eigentlich bewusst, wie o wir nach dir greien, wie teuer du bist und welche Geahren (aber
auch Nützlichkeiten) hinter deinen einzelnen Produkten stecken? Allgemein stellt sich doch die Frage: Brauchen wir dich wirklich?
Oder glauben wir nur dich zu brauchen?
Die habitualisierte Droge: Koffein in unserem Alltag
Können wir noch ohne?
Autor
Katharina
Brodale
Illustration
Debora Schiessl
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 8/328
reise:echo
Roadtrip durch
Portugal
Das erste Studienjahr war erfolgreich gemeis-
tert und nun folgten drei Monate Semester-
ferien, eine lange Zeit, in der man viel erleben
kann und die die Hoffnung nach einer unver-
gesslichen Reise weckt. Was feststand: Meine
Schwester musste mit, es sollte in ein bisher
von uns noch unbereistes Land gehen, Meer
durfte nicht fehlen und das Ganze auch nicht
exorbitant teuer werden. Die Entscheidung el
auf Portugal. Das hatte wohlgemerkt nichts
mit der Ausstrahlung von „Die Bachelorette“zu tun, sondern vielmehr mit der Tatsache,
dass man dort unglaublich gut surfen kann.
Nach mehreren qualvollen Wochen mit stän-
dig wechselnder Schichtarbeit in einer etwa
40 Grad heißen und extrem lauten Fabrikhalle,
konnten wir unser 18-tägiges Abenteuer kaum
erwarten. Um Geld zu sparen, entschieden wir
uns, einen Billigieger mit nur einem 15kg
schweren Koffer zu buchen, welcher letztend-
lich keineswegs billig blieb und uns bereits
zu Beginn einige Nerven und hart erarbeitete
Moneten kostete. Nach einer Nacht – besser
gesagt ein paar Stunden – im Hotel, standen
wir nämlich um fünf Uhr morgens am Check-
in Schalter und wurden zu einer Zahlung von
90€ verdonnert. Wir hatten vergessen, die
Boardkarten auszudrucken.
Nach nur einer Nacht in einem kleinen Apart-ment einer jungen Portugiesin, die wir über
Airbnb gefunden hatten, ging es mit einem
Fernbus etwa 60 Kilometer in den Weste in die
Nähe von Lourinha. Unmittelbar am „Praia
da Areia Branca“ verbrachten wir eine Woche
in einem Surfcamp. Im sogenannten „Beach-
house“ wohnten wir mit 20 weiteren jungen
Leuten in Vierer-Zimmern, morgens wurde
gemeinsam gefrühstückt, anschließend ging es
zum Surfen. Abends wurde entweder gekocht,
gegrillt, Pizza an den Strand bestellt oder auch
mal ein Restaurant aufgesucht. Der Alkoholsowie andere „Genussmittel“ durften bei dem
ein oder anderen Abend natürlich auch nicht
fehlen. Eine tolle Woche mit wundervollen
Menschen, einigen unangenehmen Nasen-
spülungen, mal mehr mal weniger strahlende
Sonne und viel Spaß ging schneller vorbei als
gedacht. Für die restlichen zehn Tage hatten
wir uns noch keine genauen Gedanken ge-
macht, wir wussten nur, dass wir zurück nach
Lissabon und von dort aus weiter an die Algar-
ve fahren würden. Zurück in der Hauptstadt
kamen wir wieder in einer Unterkunft mittels
Airbnb unter, diesmal mitten in der schönen
Altstadt im Herzen Lissabons. Wer einmal hier
ist und in eine kleine Traumwelt eintauchen
möchte, sollte der Stadt namens Sintra – wel-
che etwa 25 Kilometer von Lissabon entfernt
liegt – einen Besuch abstatten. Zwar ist diese
überfüllt von Touristen, dennoch verzaubert
sie einen mit mystischen Parks, bunten Paläs-
ten und anderen Bauten.
Um exibler reisen zu können, mieteten wir
uns für die restliche Zeit ein Auto. Etwas naiv
glaubten wir, ohne Navigationssystem aus-
kommen zu können – Portugal ist ja schließ-
lich nicht besonders groß und Schilder gibt
es normalerweise auch an jeder Straßenecke.Nach nur wenigen Kilometern holte uns
jedoch die Realität ein und wir mussten uns
eingestehen, dass wir ohne Navi vermutlich
doch nicht weit kommen würden. Glück-
licherweise verfügte unser bestens ausgestat-
teter Clio über eine Navigationsfunktion. Da
die Mautgebühren in Portugal ziemlich teuer
waren, strichen wir diese als mögliche Stre-
cken, ohne uns Gedanken darüber zu machen,
durch welche verlassenen Gegenden, kleinen
Dörfer mit engen Gassen und wilden Feld-
wege uns die Damenstimme schicken würde.
„Schlechte Straßen
führen oft zu den
schönsten Zielen.“
Trotz mancher Verzweiungsattacken be-
scherte uns diese Fahrt viele lustige Momente.
Wer allerdings ebenfalls planen sollte, einen
Roadtrip zu machen, dem empfehle ich die
Strecke an der Atlantikküste entlang. Hier wird
einem sicherlich noch mehr geboten: Wunder-
volle Natur, Küsten, kleine Fischerdörfchen,
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 9/329
verlassene Strände. In Lagos angekommen,
verbrachten wir den Abend in der belebten
Innenstadt mit vielen Läden, entspannten
Menschen und den unterschiedlichsten Re-
staurants und Bars. Neben der historischen
Stadtarchitektur überzeugt Lagos noch mit
einzigartigen, teilweise winzigen Stränden mit
türkis-blauen Wasser und einer steilen Fels-
küste, welche man von der Spitze der Land-
zunge Ponta da Piedade am besten betrachtenkann. So wie wir sollte man auch unbedingt
eine Tour mit einem
Fischerboot machen.
Da von Lagos aus der
nicht weit entfernte
Ort Sagres liegt, be-
schlossen wir für ei-
nen Tag, noch einmal
in die entgegengesetz-
te Richtung zu fahren
bis an den südwest-
lichsten Punkt des eu-
ropäischen Festlands
namens Cabo de São
Vicente. Man genießt
eine tolle Aussicht und
nicht weit von die-
ser Sehenswürdigkeit
entfernt liegt ein sehr
schöner Strand, der
angeblich ein ziem-
lich guter Surferstrand
sein soll. Leider konn-
ten wir an diesem Tag
keine einzige Wellesichten. Das nächste
Ziel auf unserer Kar-
te war Albufeira. Das
Apartment mit Bal-
kon und Meerblick
lag zu unserem Glück
nicht direkt in der von
Touristen überlaufe-
nen Stadt, sondern in
Galé. Am folgenden
Morgen erkundeten
wir beim Joggen die(Villen-)Gegend und
den langläugen, ru-
higen Sandstrand. Da
es schon zu früher Stunde recht warm und das
Meer zu verlockend war, beendeten wir un-
ser Workout schneller als geplant und gingen
baden. Es gibt kaum etwas schöneres als den
Tag mit einer Erfrischung zu starten, den fei-
nen Sand unter seinen Füßen zu spüren und die
ersten Surfer beim Wellenreiten zu beobach-
ten. Auf Postkarten wird Albufeira als Stran-
didyll mit bunten Booten dargestellt, doch
schnell stellten wir fest, dass die Stadt schon
lange keinem Fischerort mehr gleicht. Die
Innenstadt ist übersät mit billigen Fastfood-
Restaurants und Bars, den Strand kann man
auf der einen Seite mit einer Rolltreppe, auf
der anderen mit einem Aufzug erreichen. Ich
glaube, man braucht nicht viel mehr zu sagen,
um verständlich zu machen, dass die Men-
schen und Touristen durch ihr „Massenbedürf-
nis“ nicht nur die Natur zerstören, sondern
auch die Kultur und den Charme des Landes
zu vernichten drohen. Im Winter leben in die-
ser Stadt etwa 40.000 Menschen, im Sommer
kommen rund 300.000 hinzu. Ziemlich schnell
packten wir unsere Sachen und fuhren weiternach Faro, doch schon nach etwa acht Kilo-
metern stoppten wir wieder, um am Praia da
falésia Sonne zu tanken. Wie der Name schon
vermuten lässt, liegt der schmale Strand vor
einer 30 Meter hohen und mehreren Kilome-
ter langen Steilwand, mit der die Felsalgarve
in die ache Sandalgarve übergeht. Ein wun-
derschöner Ort zum Träumen. Am Nachmittag
kamen wir in Faro an und bemerkten, dass wir
keine Bleibe gebucht hatten. Wir hatten Glück
und bekamen gleich im ersten Hostel zwei
Betten in einem Sechser-Dorm. Am Abend
tranken wir mit jungen Leuten aus aller Welt
Wein und zogen später weiter in eine Bar, um
den köstlichen Sangria zu probieren. Etwas
verkatert und übermüdet ging es am nächsten
Tag mit allen zum Strand. Eigentlich wollten
meine Schwester und ich noch auf eine der
Inseln, die nicht weit von der kleinen Haupt-
stadt der Algarve liegen. Angeblich fühlt man
sich dort wie in der Karibik und wer in Faro
ist, sollte auf jeden Fall dorthin. Am Abend
schlenderten wir noch einmal durch die
winzige Altstadt Cidade Velha, welche nur
einen Durchmesser von etwa 500 Metern hat,und genossen beim Abendessen den traumhaf-
ten Sonnenuntergang.
Nach fast zehn wun-
dervollen Tagen steu-
erten wir auf unser
letztes Ziel zu. Wir
reisten noch näher
an die spanisch-portu-
giesische Grenze in
die Stadt Tavira. Hier
besuchten wir für zwei
Nächte unseren Cousin
bei seinen Großeltern.
Sonntagmorgen hieß
es dann Abschied neh-
men, denn wir mussten
zurück nach Lissabon.
Diesmal aber über die
teure Autobahn.
Portugal ist ein tolles
Land. Wir hatten eine
traumhafte Zeit, haben
viel gelernt und erlebt.
Surfer kommen hiergarantiert auf ihre Kos-
ten, denn Portugal ist
ein guter Ersatz für Ha-
waii. Man ndet hier
eine atemberaubende
Natur, vor allem an der
Algarve, liebevolle und
hilfsbereite Menschen
sowie leckeres Essen
auch für Vegetarier und
Veganer. Dieses Land
ist denitiv eine Reisewert. In diesem Sinne:
Boa Viagem!
Autor
Fiona Vaaßen
Bilder
Fiona Vaaßen
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 10/3210
Als ich dieses Zitat von Oscar Wilde das erste
Mal in meinem Aphorismenbüchlein entdeck-
te, war ich zuerst ein wenig erschrocken, fast
beschämt. Mitgefühl als etwas Negatives dar-
zustellen wollte mir so gar nicht in den Sinn
kommen. Gerade jetzt angesichts der Flücht-
lingsdebatte ießen die Tränen und ein so
genannter „Überaktivismus“ macht sich in der
Bevölkerung bemerkbar.
Ist dies etwas, was man verurteilen oder gar
belächeln sollte? Ganz getrost dem Motto:
Diese Masseneuphorie und „Willkommens-
kultur“ ist nur eine Phase. Geschichte und
Politik betrachtendsollte auf Grund der Tat-
sache, dass unsere heutige Situation bereits
vor Jahren absehbar war, ein Aktivismus für
die Flüchtlinge geradezu ein Muss und keine
Phase sein. Ich möchte hier keine Moralkeule
schwingen und diejenigen verurteilen, die sich
noch nicht weiter mit dieser Thematik befasst
haben. Nur ist eines sicher: Wir leben in einem
unglaublichen Wohlstand. Dieser Wohlstand
ist das Ergebnis von Ungerechtigkeit, fußt aufruchlosem Zugang zu den Gütern dieser Welt
und unfairer Verteilung von Ressourcen. Es
ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer
neu; und wem sie just passieret, dem bricht das
Herz entzwei. Die einen werden immer ärmer
und die anderen immer reicher. Wie ein Man-
tra dröhnt dieser Vorwurf in unseren „west-
lichen“ Köpfen und Gedanken. Nicht ohne
Grund. Deswegen hat sich Campus:Echo ganz
besonders darüber gefreut, dass sich mehrere
Studenten mit der Bitte an uns gewendet ha-
ben, doch ein paar hilfreiche Tipps, Namenund Adressen zusammenzufassen, die sich mit
dem Thema Flüchtlingshilfe in und rund um
Erfurt befassen. An dieser Stelle sollen nur
die (vielleicht noch eher unbekannten) Ad-
ressen genannt werden, da Verbände wie das
Deutsche Rote Kreuz (DRK) oder der Caritas-
verband an sich bekannt sein müssten.
Erste Schritte:Hilfreiche Websites und Infos
• Integration und Migration in Thüringen:
www.integration-migration-thueringen.de
• Erfurt - Stadtportal der Landeshauptstadt
Thüringen - Erfurt hilft!
www.erfurt.de/ef/de/service/aktuelles/
topthemen/e/121092.html
• Deutsches Rotes Kreuz:
Landesverband Thüringen e.V.
www.drklvth2.drkcms.de
• Caritasverband für das Bistum Erfurt e.V.
www.dicverfurt.caritas.de
• Facebookgruppe: Buntes Erfurt -
Flüchtlinge Willkommen heißen
www.facebook.com/groups/
944592732226554
Kleider machen Leute
Wer?
Zentrum für Integration und Migration (ZIM)
Rosa-Luxemburg-Straße 50, 99086 Erfurt
Was?Das Zentrum bietet vom Nachhilfeunterricht
für Menschen allen Alters einen zusätzlichen
Treffpunkt für Flüchtlinge und Bewohner
Erfurts. Besonders beliebt ist hierbei der Klei-
derbasar im ZIM, bei dem gut(!) erhaltene
Kleidung sowie Spielzeug und Haushalts-
waren abgegeben werden können. Einmal imMonat wird der Basar organisiert, bei dem
Flüchtlinge und Migranten kostenlos alles
mitnehmen können, was sie benötigen. Be-
sonders nach Sachspenden für Männer wird
gesucht - vor allem jetzt, da der Winter vor der
Tür steht und man(n) nicht in Flip Flops und
T-Shirt rausgehen kann. Auch Kosmetikartikel
sind gefragt (Make-Up, Tampons, Deo etc.).
Wie?
Spenden können direkt vor Ort abgeben
werden.
Website
www.integration-migration-thueringen.de/
zentrum
Mail [email protected]
Telefon03 61- 6 43 15 35
Baby on Board
Wer?AWO AJS gGmbH -
Bummi-Kaufhaus
Thomasstraße 58, 99084 Erfurt
Was?Das Bummi-Kaufhaus ist das Sozialkaufhaus
der Arbeitswohlfahrt Landesverband Thürin-
gen e.V. (AWO) in Erfurt und lebt von der
Zugabe von Sachspenden, die von ehren- und
hauptamtlichen Mitarbeitern aufbereitet und
günstig an bedürftige Erfurter Familien abge-
geben bzw. weiterverkauft werden, zu denen
natürlich auch Migrationsfamilien gehören.
Neben gut erhaltener Kleidung und Schuhen
für Kinder und Erwachsene werden vor allem
Spielzeug, Schulranzen, Kinderwagen und
Laufgitter benötigt. Auch Bettwäsche und
Decken sind willkommen.
Wie?Die Spenden können direkt im Kaufhaus in der
Thomasstraße 58 während der Öffnungszeiten
(montags bis freitags, 10 - 15 Uhr) abgegeben
werden. Bei größeren Gegenständen wird ge-
beten, sich vorher telefonisch anzumelden.
Auch die siebzehn Erfurter Kindertagesstätten
der AWO nehmen die Spenden gern entgegen
und liefern sie dann im Bummi-Kaufhaus ab.
Websitewww.awo-erfurt.de
Telefon03 61- 3 96 49 34
AnsprechpartnerinKathrin Simon
Informiert bleiben
Wie?Kontakt in Krisen e.V. (KiK)
Magdeburger Allee 116, 99086 Erfurt
Was?Der gemeinnützige Sozialbetrieb Kontakt
in Krisen - kurz KiK - bendet sich in der
Magdeburger Allee 116 und bietet eine Sam-
melstelle für Kindersachen, Büroartikel u.ä.
an, die auch Flüchtlingen zugutekommt.
Schon simple Sachen wie ein Geodreieck oder
der nicht mehr gebrauchte Hefter kann einem
anderen helfen, nicht unnötig das recht knapp
bemessene Geld auszugeben. Außerdem trägt
diese Organisation ihren Namen nicht ohne
Grund. Verschiedene Infotreffen werden von
ausgebildeten Sozialarbeitern angeboten, zu
„Jedes Mitgeühl ist edel, aber Mitgeühl mit dem Leiden ist am wenigsten edel. Sie ist mit Selbstsucht vermischt. Es trägt den Keim des
Ungesunden in sich. Es liegt eine gewisse Angst um unsere eigene Sicherheit darin. Wir ürchten, selbst in den gleichen Zustand wie der
Aussätzige oder der Blinde zu geraten, und wir ürchten, daß dann niemand ür uns sorgen würde. (...) Mitgeühl ür den Schmerz wird es
natürlich immer geben. (...) Es mag dem Menschen das Elend erleichtern, aber das Elend selbst bleibt.“
Satt ist nicht genug
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 11/3211
denen jeder kommen kann, um sich über die
weiteren Schritte bezüglich der Flüchtlings-
debatte in Erfurt zu informieren. Zusätzlich
wird ein entsprechender Mailverteiler ange-
boten, der über kommende Aktionen in Kennt-
nis setzt.
Wie?Für genauere Termine bezüglich der Infotref-
fen am besten telefonisch melden oder persön-
lich vorbeischauen.
Websitewww.kontaktinkrisen.de
Telefon03 61-74 98 11 39
Informiert bleiben
Wer?
Lagune Erfurt
Geschwister-Scholl-Str. 12, 99085 Erfurt
(Garten: Werner-Uhlworm-Str., 99085 Erfurt)
Was?Die Lagune ist ein Ort, bei dem vorsätzlich
auf wenigen Anbauächen die wachsende
Natur ihren Platz ndet und „Lagunauten“
sich liebevoll um die Brache und deren viel-
fältige ökologische Nische kümmern. Sie giltaber vor allem als ein kleines Stückchen Oase,
die einen Raum für Offenheit und Begegnung
schafft. Kindertage u. Ä. werden angeboten,
bei dem auch Flüchtlingsfamilien willkom-
men sind. Zudem ist immer wieder Raum da,
um neue Angebote und Aktionen zu starten,
mit denen die Integration in Erfurt gelingen
kann.
Wie?Wenn du Lust auf Stadtnatur und ein erstes
Kennenlernen hast, lädt die Lagune an jedem
zweiten Montag im Monat um 20 Uhr in die
Offenen Arbeit (Allerheiligenstraße 9, 99084
Erfurt) ein.
Websitewww.lagune-erfurt.de
Informiert bleiben
Wer?HSG „Sprachbrücke“ der Universität Erfurt
Was?Diese Hochschulgruppe bietet seit ungefähr
einem Jahr als Studierendengruppe Deutsch-
unterricht für Geüchtete an. Dabei sind keine
festen Unterrichtsgruppen vorgeschrieben, da
die Arbeit mit einer stetigen Arbeitsgruppe so
nicht möglich ist - stattdessen wird ein offener
Unterricht angeboten, zu dem jeder und jede
Geüchtete kommen kann. Die Interessenten
werden nach Sprachniveau eingeteilt (Al-
phabetisierungskurse - erste Wortschatz- und
Dialogübungen - fortgeschrittener Deutsch-
unterricht bis B1-Niveau). Erfahrungen im
Bereich DaF sind keine Voraussetzung.
Wie?Bei Interesse und für mehr Informationen eine
Mail an sprachbruecke.erfurt@googlemail.
com schicken.
Abschließend möchte ich den Kabarettist, Au-
tor und Moderator Christoph Sieber zitieren,
der zum Thema Gutes Leben für alle? schrieb:
Ich will mich nicht üchten in den Zynismus
derer, die rufen: Da kannste nix machen. Das
war schon immer so. Ich möchte mich nicht
abnden, dass es so etwas wie Alternativlosig-
keit gibt, weil es nicht stimmt, weil es immer
Alternativen gibt. Und ich möchte nicht in
einer Welt leben, in der Menschen, die solche
Gedanken haben, als Gutmenschen verspottet
werden von denen, denen der Zynismus jede
Empathie so zerfressen hat, dass sie ihre eige-
ne Herzlosigkeit nur ertragen können, in dem
sie andere verächtlich machen.
Ich bin mir nicht sicher, ob sich Wilde undSieber so gut verstanden hätten. Nennen wir
Sieber einen Idealisten. Das Elend bleibt
vielleicht, aber das Leid den Leidenden zu
erleichtern - gar zu mildern - wäre ein fan-
tastischer erster Schritt. An Idealismus sollte
es einer Gesellschaft nie fehlen, wo würde da
der von allen Seiten verlangte „Fortschritt“
bleiben?
Autor
Charlotte Krause
Illustration
Jana Michels
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 12/3212
1. Die Fehlgeburt:Der Nahe Osten. Dieses geographisch nicht
denierte Gebiet südöstlich von Europa ist in
den Köpfen vieler Menschen ein durch wie-
derholte Medienberichte konstruiertes Bild:
Explodierende Autos, brutale, verrückte und
narzisstische Diktatoren, religiöse Fanatiker,
Steinigungen, nicht vorhandene Frauenrechte
und vor allem: Krieg.
Keine Region der Welt wird in den westlichen
Medien häuger thematisiert als diese, die
„arabische Welt“, diese rückständige, barba-
rische Gegend, die häug als das Gegenteil
all dessen dargestellt wird, was als „Westli-
che Welt“ oder „Demokratische-Freiheitli-
che Welt“ gilt. Saddam Hussein, Muammar
al-Gaddha, Bashar al-Assad, Ayatollah Kho-
meini – wo kamen sie alle her, diese neuen
Hitler, die die „Achse des Bösen“ bildeten,
wie der Großmeister der Kampfbegriffe G.W.
Bush sie nannte? Warum ist dieser Landstrich
so „verkorkst“?
Bereits früh mischte sich der Westen in die
Angelegenheiten dieser Region ein. Das unterder osmanischen Herrschaft zusammenhän-
gende Gebiet wurde im Sykes-Picot-Abkom-
men 1916 zwischen Frankreich und England
mit Lineal und Stift auf dem Reißbrett in klei-
ne, leicht kontrollierbare Teilgebiete aufgeteilt
– ein Blick auf die Karte zeigt, dass sich das
bis heute nicht geändert hat. Eigentlich hatten
die Briten den Arabern als Gegenleistung für
ihre Hilfe im Kampf gegen das osmanische
Reich einen eigenen arabischen Staat zugesi-
chert, aber die Briten brachen ihr Versprechen.
Dieses Vorgehen wird noch bis heute in derarabischen Welt als Verrat gewertet.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges zo-
gen sich Großbritannien und Frankreich nach
und nach freiwillig oder aufgrund von Unab-
hängigkeitskriegen aus ihren Kolonialgebieten
zurück. Sie hinterließen das Land meist den
Königsfamilien oder anderen Eliten, die diese
Gebiete schon während der Besatzungszeit für
ihre Kolonialherren verwaltet hatten. Anstatt
freie Wahlen durchzuführen und eine demo-
kratische Verfassung aufzusetzen, wurden die
Länder sich und ihren Diktatoren selbst über-
lassen.
2. Das MarionettentheaterDies war aber bei genauerer Betrachtung für
die – erdölabhängigen – westlichen Industrie-
länder von Vorteil. Mit einem Diktator verhan-
delt es sich leichter als mit einer Regierung,
die ihrem Volk Rechenschaft schuldig ist. Das
zeigte sich für Großbritannien und die USA
1953 im Iran: Dort gab es – viele mögen es
kaum glauben – eine Demokratie mit einem
demokratisch gewählten Präsidenten, Moham-
mad Mossadegh. Dieser wollte die iranische
Erdölförderung verstaatlichen, damit das Volk
auch vom Erdölreichtum des Landes protiert.
Der britische Ölförderer BP hatte damals das
Monopol zur Ausbeutung des iranischen Öls
und da weder Großbritannien noch die USA
ein Interesse hatten, dieses zu verlieren, wur-
de Mossadegh mithilfe von MI6 und CIA ge-
stürzt. An seine Stelle trat Schah Mohammad
Reza Pahlavi, ein Diktator wie er im Buche
steht, der allerdings die Verstaatlichung des
Erdöls wieder rückgängig machte. Seine Herr-
schaft wurde 1979 durch die islamische Revo-
lution unter Ayatollah Khamenei beendet.
Dieses Regime war dem Westen selbstver-
ständlich wieder ein Dorn im Auge. Um den
Iran zu bekämpfen, lieferten die USA von1980 bis 1988 Waffen an einen gewissen Sad-
dam Hussein, den verbündeten Diktator des
Iraks. Es ist bewiesen, dass Hussein in die-
ser Zeit massenhaft Kurden vergaste – doch
er durfte noch ganze 21 Jahre nach Ende des
Krieges weiterregieren, ehe George W. Bush
aufel, dass der Mann das Böse in Person sei
und ihn zum Feind erklärte. Dass Saddam
Hussein Massenvernichtungswaffen besäße,
war ebenso eine Lüge wie die Absicht, De-
mokratie und Menschenrechte in den Irak zu
bringen. Nach dem Einmarsch der USA 2003wurden große Teile der Erdölvorkommen von
Ölkonzernen wie Exxon Mobil erschlossen.
Nicht viel besser erging es Muammar al-Gad-
dha in Lybien, den sowohl Europa als auch
die USA über 42 Jahre hinweg unterstütz-
ten. Er beging denselben Fehler wie seine
Vorgänger: Er handelte gegen die Interessen
des Westens. Gaddha plante, sein Erdöl in
Zukunft nur noch in einer neuen Währung,
dem Gold-Dinar, zu verkaufen, nicht mehr
in US-Dollar, wie es bis heute üblich ist. Der
US-Dollar wäre seit der Aufhebung der Kopp-
lung an den Goldstandard unter Nixon 1971
heute eigentlich nichts mehr wert, wenn nicht
jeder seine Währung in US-Dollar umtauschen
müsste, um Erdöl zu kaufen. Im Gegensatz zu
allen anderen Staaten des arabischen Früh-
lings, mischte sich der Westen in Lybien ein
und bombte Gaddha in den Tod. Seitdem ist
Lybien ein gescheiterter Staat mit vielen sich
gegenseitig bekämpfenden Gruppierungen.
3. Der Feind meines Feindes ist meinFreund......bis er sich gegen mich wendet. Nach dem
Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan
1979 rüsteten die USA zusammen mit Sau-
di-Arabien radikale sunnitische „Freiheits-
kämpfer“ - die „Mudschaheddin“ – auf, in
der Hoffnung, dass sie die Sowjetunion zum
Rückzug aus Afghanistan zwängen. Ihr Anfüh-
rer war ebenfalls ein bekannter Mann, der spä-
ter zum nächsten „Bösewicht“ wurde: Osama
bin Laden. Nach dem Ende des Kalten Krie-
ges wurden diese mehr als 100.000 bewaff-
neten und radikalisierten Männer ohne Auf-
gabe sich selbst überlassen. In einem langen
und blutigen Bürgerkrieg kämpften sie sich
an die Macht, spalteten sich auf und nannten
sich fortan „Taliban“ und „Al-Quaida“. Nach
dem Einmarsch der US-Truppen in Afghanis-tan 2001 und dem Sturz des Taliban-Regimes,
verteilten sich die einstigen „Mudschahedin“
über den ganzen Nahen Osten. Als die USA
2003 im Irak einmarschierten, entließen sie
die 200.000 Soldaten der irakischen Armee.
Die Geschichte wiederholt sich: Erneut ste-
hen tausende Männer ohne Arbeit, dafür mit
einer Waffe in ihrer Hand da. Zudem setzten
die USA einen schiitischen Präsidenten im
Irak ein, der die sunnitische Minderheit sys-
tematisch unterdrückte (diese lebt vor allem in
den Teilen des Landes, die derzeit vom radi-kal-sunnitischen IS kontrolliert werden...).
Die USA töteten anschließend jahrelang will-
kürlich „Terroristen“ mit Drohnen aus der Luft
und räumten sogar ein, dass die Mehrheit der
Getöteten „Kollateralschäden“ seien – also
unschuldige Zivilisten, genau wie die Opfer
der Anschläge von Paris. Es war also nur eine
Frage der Zeit, bis jemand auf die Bildäche
treten würde, um die frustrierten und radikali-
sierten bewaffneten Männer zu vereinen. Die
neuste Ausprägung dieser Truppe nennt sich
„Islamischer Staat“. Man kann also durchaus
schlussfolgern, dass die USA und der Westen
die Taliban, Al-Quaida und den IS im Prinzip
selbst erschaffen haben. Wer den Wind sät, der
wird Sturm ernten.
...der wird Sturm ernten, sagt ein altes Sprichwort. Zehntausende Menschen, die jeden ag nach Europa fliehen sowie die Anschläge vom 13.
November in Paris werden in großen eilen der Medienlandscha als Auswirkung einer „Krise“ dargestellt, deren Oper nun wir Europäer sind.
Das ist pervers, denn verolgt man die Kette der Gründe, die zum Bürgerkrieg in Syrien geührt haben, ein paar Jahrzehnte zurück, so sieht man,
dass der Ursprung dieser Krise nicht etwa im Islam oder dem arabischen Frühling liegt, sondern vielmehr im Westen – in Europa und den USA.
Wer den Wind sät...
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 13/3213
4. Demokratie und Menschenrechteoder Erdöl?Bei allen Interventionen des Westens im Na-
hen Osten wird stets davon gesprochen, Men-
schenrechte, Demokratie und Frieden verbrei-
ten zu wollen oder zumindest die barbarischen
Diktatoren abzusetzen, um den Menschen zu
helfen. Bei genauerer Betrachtung wird klar,
dass es darum selbstverständlich nicht geht.
Niemand gibt 640 Milliarden Dollar im Jahr
aus, um der Welt Demokratie und Menschen-
rechte zu bringen. Die bösen Diktatoren, die
wir heute verteufeln, waren noch bis gestern
unsere Verbündeten und werden es vielleicht
auch morgen wieder sein. Die roten Khmer
brachten in Kambodscha Millionen Menschen
um und in Ruanda gab es einen Völkermord
– der Westen intervenierte nicht. Saudi Ara-
bien ist eine absolute Monarchie, in der Stei-
nigungen, Auspeitschen und die Todesstrafe
auf der Tagesordnung stehen - jedoch ist das
Land „unser Partner am Golf“. Dubai, Abu
Dhabi und Katar lassen viele Menschen vomindischen Subkontinent unter erbärmlichen
Bedingungen wie Sklaven arbeiten. Doch da
auf ihrem Boden ohnehin schon US-Militär-
basen stehen, muss in diese Länder nicht ein-
marschiert werden.
Viele mögen die Augen verdrehen, wenn man
das Erdöl als den wichtigsten Grund für die
Interventionen des Westens im Nahen Osten
angibt. Das mag daran liegen, dass uns im
Alltag überhaupt nicht bewusst ist, wie abhän-
gig wir vom Erdöl sind. Die Menschheit ver-
braucht jeden Tag 90 Millionen Barrel (159 l)
Öl am Tag. Zum Vergleich: 1946 waren es 6
Millionen. Ohne Öl steht unsere Welt still. Die
Wirtschaft bricht zusammen, Autos bleiben
stehen, Flugzeuge am Boden, das Essen in den
Supermärkten geht zur Neige, weil das Trans-
portwesen zusammenbricht. Wir sind extrem
verwundbar, uns ist es nur nicht bewusst. Zwei
Drittel der weltweiten Erdölreserven liegen im
Nahen Osten. Wer sie kontrolliert, kontrolliert
die Weltwirtschaft. Wer die Weltwirtschaft
kontrolliert, hat die Macht, jedem Staat der
Welt seinen Willen aufzuzwingen. So trans-
formiert sich ein riesiges Gebiet in Vorderasi-
en, aus dessen Schoß viele bedeutende, später
vom Okzident assimilierte Entdeckungen, Er-ndungen und Ideen sprossen, in den Augen
der Machtträger unserer Welt zur „Tankstelle“.
Die eigentlich entscheidende Frage ist: Wie
bekommt man ein demokratisch regiertes
Land dazu, gegen ein anderes Land in den
Krieg zu ziehen, weil man seine Bodenschätze
kontrollieren will?
Wen dieses Thema interessiert, dem sei
Michael Lüders neues Buch „Wer den Wind
sät, der wird Sturm ernten“ empfohlen!
Autor
Simon Schairer
Illustration
Theresia
Zimmermann
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 14/3214
Jodel ist das neueste App-Phänomen unter
deutschen Studenten. Den „anonymen Cam-
pustalk“ ndet man seit dem letzten Jahr ver-
mehrt auf den Handys der Studenten, die zum
Beispiel in Münster, Frankfurt a.M., Hamburg,
Stuttgart oder Aachen wohnen. Kein Wunder;
die App stammt ja auch von einem ehemali-
gen Studenten der RWTH Aachen – genauer
gesagt, von dem 24-Jährigen Alessio Avellan
Borgmeyer, der mittlerweile CEO von Jodel
ist, auch wenn er im Moment im Prenzlauer
Berg, Berlin in einer Jungs-WG wohnt. CEO
kann er sich nennen, weil seine App mittler-
weile 600.000 Mal heruntergeladen wurde und
von ca. 40.000 Studenten jeden Tag benutzt
wird.
„Ich hab mir mal die Arbeit gemacht und
den Countdown alphabetisch sortiert:
8,3,1,5,9,0,6,7,4,10,2“
Was kann diese App? Nun, man postet, liked
und kommentiert – ähnlich wie bei Facebook,
Twitter oder Instagram. Allerdings ist manvöllig anonym. Kein Prol, keine Freunde,
keine Gruppen oder Listen. Man lädt die App
herunter und kann gleich loslegen: Sofort wird
in einem chronologischen Newsfeed jeder
Post angezeigt, der in einem Umkreis von 10
Kilometern gesendet wurde. Diese kann man
nach Belieben hoch- oder runtervoten, was ei-
nem Like oder Dislike entspricht. Für die ganz
Ehrgeizigen gibt’s noch etwas Besonderes:
Durch besonders viele Jodel-Posts, die gut bei
der Community ankommen, steigt das „Kar-
ma“. Dafür gibt es (irgendwann) eine Beloh-nung, die aber (noch) geheim ist.
Peinliche oder ehrliche Geständnisse, Tratsch
oder philosophische Alltagsbetrachtungen –
all das ist Teil von Jodel. Freiheit gibt es hier
also, wohin man schaut – man kann schreiben,
was man will. Sieht ja keiner, dass ich das ge-
postet habe, nicht wahr? Ein Dislike lässt sich
nicht zurückverfolgen und eine Beleidigung
schon gar nicht.
Die Anonymität ist kein Problem bei den Jod-
lern-auf-Durchreise, die auf Heimatbesuch
sind oder gerade als Backpacker-Touris einen
lokalen Geheimtipp suchen.
„Besuch aus Bremen – schöne Stadt habt
ihr hier! Wo kann man hier Freitagabend gut
essen gehen? #jodlerhelfenjodlern“
Probleme machen auch nicht die Echt-
zeit-Kommentatoren, die sich mit Jodel durch
Vorlesungen (besonders bei dem Dozenten für
Vertragsrecht, M. Amort) oder andere Univer-
anstaltungen hangeln, damit sie wach bleiben.
Bierbezogene Studentenweisheiten und die
Nachfrage nach dem nächsten Flunkyball-Tur-
nier machen eine App für Studenten erst aus
und man muss zugeben, wenn es die Party-
und Saufjodler nicht gäbe, würden diese an-
onymen Alkoholiker bei Jodel schmerzlich
vermisst werden.
Schwieriger wird die Angelegenheit der Ano-
nymität bei den Flirt- und Bildjodlern (Ja, auf
Jodel können auch Bilder à la Snapchat-Prin-
zip gepostet werden – kommt aber im Raum
Erfurt eher selten vor). An einer deutschen
Universität wurde z.B. ein solches Bild ge-
schossen, das zeigte, wie sich ein junges Pär-
chen beim Oralsex vergnügte. Das machte
über Jodel in Sekundenschnelle die Runde.
Peinlich natürlich. Aber auch ein Verstoß ge-
gen die Netiquette bei Jodel und natürlich die
Intimsphäre der betreffenden Personen. Ent-blößte Brüste schafften es auch schon in die
App. Reicht es, wenn Jodel jetzt alle Bilder
genau prüft, bevor sie zum Posten freigegeben
werden?
Daneben ist Jodel nach eigenen Angaben erstfür Nutzer ab 17 Jahren freigegeben. Das Al-
ter der Nutzer wird allerdings kaum überprüft,
schließlich gibt es die App kostenlos im Apps-
tore und eine Registrierung ist ja aus Gründen
der Anonymität nicht notwendig. Wie also
stellt Jodel sicher, dass U17-Jährige der App
fernbleiben? Der große Bruder der Jodel-App,
Yik Yak aus den USA, muss sich gerade mit
einem Fall befassen, in dem eine selbstmord-
gefährdete Minderjährige unter ihrem echten
Namen über die App gemobbt wurde. Das ist
natürlich ein Extremfall, könnte aber bei Jodel
ebenfalls passieren.
Jodel wird auch gern als erweitertes Tinder
benutzt, was ein bisschen schwierig ist, weil
alle anonym sind und es keinen privaten Chat
gibt, was aber manchmal ganz amüsant da-
herkommt. Wenn so etwas über die Stränge
schlägt, kann es wie in einem Fall an der Uni
Göttingen zu sexueller Belästigung kommen.
Dort schrieb ein User über eine Dozentin an
der Uni: „Wer es schafft, die achzulegen, be-
kommt den Bachelor geschenkt.“
Bis jetzt haben die Ernder von Jodel es ge-
schafft, sowohl diese Krisen zu meistern als
auch Jugendschützer zu beruhigen. Das liegt
unter anderem daran, dass bis jetzt nichts pas-
siert ist, was der Rede wert wäre – und viel-
leicht ist die Tatsache, dass die Community
aktiv mitentscheiden kann, was sie lesen will
und was nicht, ebenfalls ein entscheidender
Faktor.
Die drei Punkte unter den Posts geben jedem
Jodler die Möglichkeit, fragliche Posts zu
melden. Dann werden sie überprüft und wenn
zum Beispiel Beleidigungen festgestellt wer-
den, darf das Team sie löschen. In extremen
Fällen wie bei der sexuellen Belästigung an
der Universität Göttingen haben sie sogar die
Möglichkeit, Nutzer auszuschließen. Mehr als
5 Downvotes befördern einen Jodel-Post üb-rigens ebenfalls ins Nirvana. Wenn die Com-
munity es will, müssen also diskriminierende,
sexistische oder andere beleidigende Posts
oder Kommentare kein Teil von Jodel sein.
Die Frage ist: Wenn die Community zum Bei-
spiel sexistischen Humor zulässt, bleibt dieser
dann Teil von Jodel, auch wenn er gegen die
Netiquette der App verstößt?
Ansonsten heißt es „Content is king“ – nur
bitte, liebe Jodler: Schlagt nicht für Upvotes
über die Stränge. Kopiert keine Jodel-Posts
von anderen, um Upvotes einzuheimsen. Dasist ziemlich armselig und hinterlässt einen fa-
den Beigeschmack. Jodel soll Spaß machen
und nicht ein weiteres soziales Netzwerk der
Selbstbeweihräucherung werden.
Autor
Anna Schröder
Illustration
Theresia
Zimmernamm
Matthias Amort ist mit Abstand der berühmteste Dozent an der Uni Erurt. Wer jetzt „Hä, was? Noch nie von dem gehört“ sagt, outet sich als
Nicht-Jodler, der brav in den Vorlesungen sitzt und sein Handy lautlos geschaltet hat– oder einach reitags zuhause bleibt und ausschlä. Aber was
ist eigentlich dieses Jodel? Und warum spielt Amort eine Rolex?
Das Tratschrohr der Uni –
Ist Jodeln der neue Studentensport?
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 15/3215
Studenten sind Kulturbanausen und für
keinerlei intellektueller Freizeitbeschäftigung
zu begeistern? Von wegen! Ohne Mühen und
Recherchen zu scheuen haben wir einen Alter-
nativ-Kultur-Leitfaden für Spontanbesucher
und interessierte Studies zusammengestellt,
voller Stadtgeheimnisse, die ihr unter keiner
Garantie noch nicht kanntet! Hier also der ulti-
mative Tipp für…
Den KörperklausIn Discos sind dein Besucher und du die Ers-
ten, die sich die Lounge-Sessel sichern und
vom 4/4-Takt verstehst du nur Bahnhof? Dann
überlass‘ das Tanzen lieber anderen und zieh
dir die alljährlichen Air4Days in Erfurt rein.
Das bundesweite Dance-Battle wird übrigens
vom Breakdance-Weltmeister Michél Meier
(ebenfalls Erfurter!) organisiert. Die Jungs
sind bedient, aber eure Mädels-Clique will
sich direkt mit auf die Tanzäche stürzen?
Null Problemo: Im Jugendclub Fritzer an der
Gera gibt Michél regelmäßig kostenlose Tanz-
oder Graftiworkshops und von Zeit zu Zeit
übernimmt er auch gern einen Unisportkurs.
Den KunstkritikerAngermuseum, Senfmanufaktur und Co. sind
nach dem ersten oder zweiten Besuch sicher
immer noch sehenswert, jedoch auf Dauer
und spätestens nach der 10. Begehung etwas
langweilig. Die Galerie Rothamel könnte
für diesen Fall etwas frischen Wind in euer
künstlerisch wertvolles Kulturprogramm
bringen: Topaktuelle Künstler verbin-
den hier den altromantischen Charme
Thüringens mit modernen Ausstellungen und
mit derzeitigem Fokus auf das Metaphysische
unserer Umwelt – Mind-Eye-Fuck inklusive.
Das francophile LeckermäulchenBaumstriezl und Martinshörnchen sind dir
oder deinem extraordinärem Großstadtbesuch
zuwider? In der Neuwerkstraße in der Land-
bäckerei Thieme geht Interkulturalität durch
den Magen! Seit August arbeitet der fran-
zösische „Austauschbäcker“ Xavier Bitter
hier und sorgt täglich für frische Croissants,
Baguettes und Brioche.
Den SeebärenDu willst deinem Besuch ein tolles Erinne-
rungsbild mit Captain Blaubär und Hein Blöd
verschaffen? Pssssst, es gibt eine geheime
Treppe hinunter zum Kutter! Was?! Die kennst
du nicht? Trinke vor der Sele-Aktion einfach
3 Gin Tonics mehr als üblich im „Übersee“
und wir versprechen dir, du wirst sie nden.
Den Interkulturalismus-OverkillWer sich und seinem Besuch fernab von der
Thüringer Motz- und Meckerlaune einen
Extrakick fremder Kulturen einverleiben
will, der nde sich in der Nordhäuser Straße
zusammen! Als Dreh- und Angelpunkt der
eurasischen Kulturverschmelzung nden wir
hier einen exemplarischen Alternativschup-pen, der mit dem Namen „Carpe Diem“ die
europäisch-lateinische Historie mit der Dienst-
leistung der 100%-ig original thailändischen
Massage und dem direkt daneben hängenden
chinesischen Yin-Yang-Zeichen verbindet.
Das nennen wir mal Fusionskörperpege vom
Feinsten! … Oder einfach nur ganz schön
schlecht informiert.
Das Szenario: Mutti und Vati kommen zum geühlt 37. Mal in diesem Jahr zu Besuch, Krämerbrücke und Stadthistorie kennen sie längst
und Türinger Klöße kommen ihnen schon zu den Ohren heraus. Was nun? Lieblingskneipen besichtigen? Lieber nicht, sonst kommen Mama
und Papa mit einem Blick an die barinterne Hall o Fame noch dem exzessiven rinkverhalten des weißwestigen Vorzeigelieblings au die Spur.
Für solcherlei und andere Notälle stellt Campus:echo ein paar Kulturalternativen und coole Klugscheißereien vor.
Ist das Kultur oder kann das weg?
Autor und Illustration
Josephine
Hedderich
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 16/3216
(Un)ausgesprochenes
Wohl kaum etwas wird mit so viel Bedacht gewählt wie unsere Worte.
So viele Fragen, die man sich stellt, bevor man sie letztlich verbreitet.
Denn trotz der Meinungsfreiheit gibt es gerade zur Zeit so viele Orte,
an denen ein einziger Satz entweder Applaus oder Widerstand bereitet.
Zwischen angemessen und anmaßend herrscht oft nur ein schmaler Grad.
Sind‘s doch so unglaublich viele, unterschiedliche Meinungen, die existieren.
Wir wollen Probleme aussprechen, doch balancieren auf dem schmalen Pfad
geformt aus unserer Angst, damit einen falschen Eindruck zu generieren.
Es liegt uns auf der Seele und wir verspüren den Drang, es zu artikulieren,
doch denken wir mehrmals darüber nach, ob andere unsere Meinung teilen.
Deswegen scheint es oft so schwierig, Gedanken ganz frei zu formulieren.
Und wir hüllen uns in Schweigen, in dem wir aus Ängstlichkeit verweilen.
Unsere Gedanken zu kommunizieren, birgt zwar viele Probleme und Hürden,
doch es ist in jedem Fall ein Risiko, welches es sich einzugehen lohnt.
Denn stellt man sich vor, dass alle Menschen von nun an schweigen würden,
wird es in Zukunft die Angst und Unsicherheit sein, die über uns thront.
Also wähle deine Worte mit Bedacht, aber sprich sie klar und deutlich aus.
Denn auch und vor allem grenzwertige Themen gilt es zu diskutieren.
Deine Meinung stößt vielleicht nicht immer auf Anerkennung und Applaus -
doch nur von dem, was auch ausgesprochen wird, werden wir letztlich protieren.
„Sinn“ und „lo“ und „sig“ und „keit“ durch Vier geteilt.
I. SinnigSchwer der Kopf
Auf Stein fällt wie ein RinnsaalBlut das Kinn hinab,
Ich schalte ab.
II. NutzlosLebensdurst und Lebensfrust,
Zweieige‘ Zwillinge,Blickpunkt mal wechseln,Heißt es da nur,
Am eignen Optimismus drechseln.
III. Signikant
Gezwungen zu sich selbst zu kommen,Yogamatte ausgerollt,
Wagner-Klassik angeschaltet,Rauchkonsum immens gestaltet.
IV. AbtrünnigkeitMenschen mag ich nur
Mit großer Portion Schwermut im Blut.
Moll statt C-Dur.Auf Blut reimt sich nur:
Am Ende wird doch alles gut.
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 17/3217
Tracy
Give me one reason to stay here
Any place is better
starting from zero got nothing to loose
Although I‘ve traveled so far
poor people gonna rise up and get their share
Sorry, that‘s all that you can say, words don‘t
come easily
it sounds like a whisper
but me myself, i got nothing to prove
and nally I see what it means to be living
If you can make a promise
hopefully, the tables are starting to turn, talking
about a revolution
(Lyrics from Tracy Chapman‘s songs: Talkingabout a revolution, the promise, Baby can i
hold you, fast car and give me one reason)
lyrik:echo
I m pr o t h e a t e r g r u p p e „n
A D a n“
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 18/3218
Fragen wie diese müssen sich zu Beginn des
Semesters laut Schätzungen des Deutschen
Studentenwerks aus dem Jahr 2007 ca. 8%
aller Studierenden stellen. Diese zählen zu
der Gruppe der Studierenden mit chronischen
Erkrankungen und Behinderungen. Statistisch
gesehen, müssten also in einer Vorlesung mit
100 Studenten 8 Betroffene sitzen. Doch auch
diese Zahlen sind nur als Schätzwerte zu se-
hen, da sich die meisten Betroffenen nicht
outen wollen und oft auch nicht müssen. Ihre
Beeinträchtigung sieht man ihnen oft nicht an,
obwohl diese mitunter stark in den Alltag ein-
greift.
Die ganz verschiedenen Formen von Behin-
derungen oder Einschränkungen wirken sich
natürlich auch ganz unterschiedlich aus und
bringen die unterschiedlichsten Probleme mit
sich. Zudem muss hier unterschieden werden
zwischen den sichtbaren Behinderungen und
den nicht sichtbaren Behinderungen. Bleibt
einem -sofern man sichtbar eingeschränkt
ist- keine Wahl, ob man sich seiner Außen-
welt mitteilen will, so bevorzugen es vieleBetroffene mit nicht sichtbaren Einschrän-
kungen, ihre Erkrankungen geheim zu halten.
Dies hat vor allem im universitären Umfeld
mit der Angst vor Vorurteilen oder sogar der
Angst um zukünftige Arbeitsplätze zu tun.
Nicht sichtbare Behinderungen werden zudem
von außen oft weniger akzeptiert als die stark
sichtbaren. Dies betrifft nicht nur das Leben an
der Universität sondern auch den ganz norma-
len Alltag. Jemandem, der im Rollstuhl sitzt,
sieht man seine Beeinträchtigung direkt an,
bietet oft seine Unterstützung automatisch an(ob die Betroffenen wollen oder nicht), doch
jemandem, der beispielsweise an starken De-
pressionen leidet, sieht man diese nicht direkt
an. Dem folgen Fragen von außen, ob es denn
dann wirklich so schlimm sein kann, wenn
man doch als Außenstehender so gar nichts
von diesen Beeinträchtigungen mitbekommt.
Die aus dieser Problematik resultierenden
Ängste fallen dementsprechend unterschied-
lich aus, wie man zum Beispiel in verschiede-
nen Internet-Foren lesen kann. „Die Diagnose
bekam ich im ersten Studienjahr. Ich habe mir
schon oft darüber Gedanken gemacht ob ich
mein Studium schaffe.“ Oder auch: „Ich bin
wirklich am Überlegen, ob ich mein Studium
abbreche.“ So unterschiedlich die Probleme
und Nachteile dieser Studenten ausfallen, so
unterschiedlich müssen auch die Lösungen
der einzelnen Hochschulen für diese aussehen.
Doch inwieweit bietet die Universität Erfurt
ihren Studierenden in diesen Fällen Unterstüt-
zung an?
An der Universität Erfurt ist der Schwerbe-
hindertenbeauftragte für Studierende, Herr
Becher, für die Bedürfnisse der Studieren-
den mit „Handicap“ zuständig. Auch er kann
nicht genau sagen, wie viele Betroffene an
der Uni Erfurt studieren. Nicht jeder kommt
zu ihm, nicht jeder möchte Hilfe von außen
oder braucht diese. Den Studenten, die zu ihm
kommen, versucht er so gut es geht zu helfen.
Jeder Fall sei ganz individuell und so müssten
auch die Lösungen für diese sein. Dement-
sprechend zeitintensiv und umfangreich sieht
seine Arbeit mit den Studenten aus. Alles ist
dabei: von Autoimmunerkrankungen, Seh-
und Hörschwächen bis zu schweren Krebser-
krankungen. Die Lösungsvorschläge der ein-
zelnen Fälle sind dabei genauso individuell zu
handhaben wie auch jeder einzelne Betroffenean sich. Die einen benötigen „nur“ besondere
Prüfungsrahmen, andere sind für ein reibungs-
loses Studium auf bestimmte Räumlichkeiten
- barrierefrei zum Beispiel - angewiesen.
Die Hauptfrage, denen sich Studenten mit ei-
ner chronischen Erkrankung oder Behinderung
stellen müssen, ist: „Bin ich so belastbar wie
die anderen?“ Die Universität bietet hier ver-
schiedene Möglichkeiten, ihre Studenten zu
unterstützen. Zum einen gibt es die Möglich-
keit eines Teilzeit-studiums, um etwas Leis-
tungsdruck aus dem Studium herauszunehmenoder auch die Möglichkeit, die Prüfungsbedin-
gungen anzupassen. Das soll nun jedoch nicht
bedeuten, dass die Betroffenen hier eine Son-
derbehandlung im erleichterten, d. h. weniger
anspruchsvolleren Sinne erhalten, da ihnen ein
Ablegen bestimmter Prüfungen unter „norma-
len“ Bedingungen kaum möglich wäre. Aber
egal welche Probleme und Sorgen die Studen-
ten, die aufgrund einer Beeinträchtigung zu
Herrn Becher kommen, haben -er versucht,
auf jeden Studenten individuell einzugehen.
Die Findung von Lösungsansätzen für jeden
einzelnen mit seinen unterschiedlichen Be-
dürfnissen sei dabei ein ständiges Bemühen,
da es keine Universallösung für alle Fälle gibt.
Dennoch könne er für beinahe jeden, der zu
ihm kommt, Lösungsvorschläge nden, die
die verschiedenen Fakultäten als Richtlinien
nutzen können, um beispielsweise Nachteil-
sausgleiche zu gewähren und die für alle Be-
teiligten zu einem zufriedenstellenden Ergeb-
nis führten.
Um den Betroffenen ein Gesicht zu verleihen,
habe ich mich mit Maria (Name geändert) auf
einen Kaffee getroffen. Maria ist 23 Jahre alt
und bekam ihre Diagnose wenige Monate vor
Beginn ihres Studiums. Auch ihr sieht man
ihre Beeinträchtigungen nicht an. Als ich sie
frage, was sie am meisten beeinträchtigt in
ihrem Studienverlauf, fallen ihr auf Anhieb
mehrere Sachen ein. Besonders schwer falle
ihr das Studium im Sommersemester, da die
teilweise sehr starke Hitze ihre Krankheits-
symptome verstärke. Zu diesen zählen Müdig-
keit, die einfach nicht vergehen will, wenn sie
nicht augenblicklich schläft, Konzentrations-
schwierigkeiten, die das Lernen von schwieri-
gem Stoff oft sinnlos erscheinen lassen sowie
Probleme beim Treppen steigen, wenn ein Se-
minar mal wieder im dritten Stock stattndet.
Dennoch will sie ihr Studium ohne Hilfe vonaußen bewältigen, gerade wegen ihrer Krank-
heit.
Da Maria erst wenige Monate vor Studienbe-
ginn erkrankte, hatte sie keine Erfahrungen,
wie nun mit dieser Krankheit umzugehen ist.
Erzählt sie ihren Kommilitonen davon, oder
auch ihren Professoren? Die Frage, ob sie es
ihren Kommilitonen erzählen sollte, erübrigte
sich im ersten Semester, da sie für einige Zeit
auf Grund ihrer Krankheit ins Krankenhaus
musste, was natürlich nicht unbemerkt blieb.
Die Reaktionen auf ihr „kleines“ Outing elenaus, wie sie sie mittlerweile nur zu gut kennt.
Einige sind mitleidig oder sogar traurig, vie-
le andere können weder mit ihrer Krankheit
noch mit diesen nicht sichtbaren Symptomen
umgehen. Heute steht Maria kurz vor ihrem
Abschluss und neben einigen Kommilito-
nen weiß von ihrer Krankheit im universitä-
ren Umfeld nur ihre Mentorin. Maria erzählt
mir, dass sie mittlerweile ihre Krankheit gut
im Griff hat, weiß, wann sie ein Stück kürzer
treten muss und seit ihrem Krankenhausauf-
enthalt im ersten Semester keine Verschlech-
terung ihrer Symptome zu verzeichnen hat.
Ihre engen Freunde haben sich sehr gut über
ihre Krankheit informiert und helfen ihr wo sie
können und sei es nur, indem sie sie wortlos
einhaken beim Treppen steigen.
Was, wenn Fragen wie: „Habe ich Rechnung xyz schon bezahlt ?“ nicht die einzigen Fragen sind, die man sich mit Aunahme eines Studiums
stellen muss? „Kann ich die Vorlesung xyz besuchen, obwohl sie im dritten Stock stattfindet?“ Oder: „Wird es möglich sein, meine Pflichtklausur
in einem extra Raum schreiben zu können ?“
Studieren? ....Trotzdem!
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 19/3219
Die Hürden, die sich also auftun beim Studie-
ren mit Handicap, sind oft nicht nur durch die
krankheitsbedingten Einschränkungen, son-
dern auch durch die mit diesen verbundenen
Ängsten und Sorgen bedingt. Kann man sein
Studium schaffen, auch wenn man auf grö-
ßere Schwierigkeiten stößt als viele andere?
Hier kann einen die Universität sowie ihre
Mitarbeiter, zum Beispiel Herr Becher unter-
stützen. Dennoch scheint das Wichtigste beim
Studieren mit Behinderung das zu sein, was
Maria mir in unserem Gespräch mitteilt: „Be-
hindert bist du nicht. Du wirst behindert. Klar
habe ich durch meine Krankheit ,erschwerte‘
Bedingungen in meinem Studium und mache
mir Sorgen über meine Zukunft. Aber wer der
anderen Studenten macht das nicht? Dieses
Studium war auch schon vor meiner Erkran-
kung mein Traum und mein Ziel. Also warum
soll ich, solange es in meiner Macht steht,
dieses nicht auch - genau wie alle anderen -
genießen?“
Der Schwerbehindertenbeauftragte der Uni-versität Erfurt berät Studierende und Stu-
dieninteressierte bei Fragen, die sich aus
einer Behinderung bzw. chronischen Erkran-
kung ergeben. Einen Termin könnt ihr unter
0361/737-5100 vereinbaren.
Autor
Laura Stieler
Illustration
Johannes
Hirsekorn
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 20/3220
C o nt r a
P r o
Wir kommen mit ei-
ner Grenzerfahrungauf die Welt und mit einer
Grenzerfahrung verlassen
wir sie wieder. Würden wir
uns tatsächlich an den Kampf, die
Mühe und die Umstände der eigenen
Geburt erinnern, so würde ein Trauma
wohl die geringste Sorge in unserem noch
jungen Leben sein. Mit dem Sterben sieht es
wohl ähnlich aus, nur ist da das selige Vergessen
Teil unseres Dahinscheidens. Der Teil dazwischen,
das Leben, ist aber ebenso nichts weiter als eine Gren-
zerfahrung und zwar im christlichen Verständnis eines
Weges zum Paradies. Die Mühen des Lebens gelten hier als
eine Prüfung, die durch den Sündenfall des Menschen zu ver-
antworten sind. Um kurz noch bei einer philosophisch Begriffs-
betrachtung zu bleiben: Was sind Grenzerfahrungen eigentlich? Um-
fasst eine Grenzerfahrung, mich mit jemandem zu streiten? Mit 200
km/h über die Autobahn zu heizen? In einem Freizeitpark die Hauptat-
traktion auszuprobieren? Die Antwort ist ja und nein. Grenzerfahrungen sind
absolut betrachtet nichts weiter als die äußersten Ausschläge in der Amplitude
des Lebens. Ist ein Ereignis besonders wichtig oder prägend für das eigene Leben,
handelt es sich automatisch um eine Grenzerfahrung. Weiter gedacht sind es aber
auch alle Ereignisse, die in irgendeinem Kontrast zum bisherigen Alltag stehen: Mich
beim Sport mal bis ans Limit bringen, die eigene Kotzgrenze zu spüren, zum Beispiel.
Ich halte solche Erfahrungen nicht nur für notwendig, in ihnen spiegelt sich teilweise meinpersönlicher Sinn des Lebens wieder. Starke Veränderungen sind zentrale Lebensinhalte. Nur im
Kontrasterleben lassen sich Wertvorstellungen für das eigene Leben denieren. Weiß ich, wie weit
mein Körper (theoretisch auch meine Psyche) gehen kann, kann ich aus dieser Erfahrung Sicherheit
für verschiedenste Situationen gewinnen. Konnte ich wegen meiner Knieoperation für längere Zeit nicht
gehen, schätze ich das Laufen nun als einen unglaublichen Segen. Liebe und Partnerschaft wäre nicht erstre-
benswert, wenn sie leicht zu erreichen wären oder einen Normalzustand darstellen würden. Ebenso zerbrechen
Beziehungen an Eintönigkeit - erst in einem ausgewogenen Verhältnis von Neuem und Sicherheit funktionieren
sie. Grenzerfahrungen sind im Kontrast das Leben. Ohne Verlust keine Liebe. Ohne Schmerz keine
Erfüllung. Ohne die Nacht kein Tag.
Grenzerfahrungen stehen dem „norma-
len“ Leben gegenüber und führen uns, wie der Name schon sagt, an
unsere Grenzen. Natürlich muss diese Grenzerfahrung nicht immer negative Auswirkungen
haben und kann durchaus den eigenen Horizont erweitern. Doch mutwillig seine eigenen Grenzen
dehnen zu wollen ist für mich reine Zeitverschwendung.
Die Jagd nach dem nächsten Adrenalin-Kick, der die eigenen Grenzen sprengen soll, ist für
mich nicht mehr als purer Stress, auf den ich gut und gerne verzichten kann. Wie lange kann
ich wach bleiben? Kann ich mich noch mehr in meine Arbeit reinhängen? Werde ich voneiner Brücke mit einem Bungee-Seil springen können, ohne kurz vorher zu kneifen?
Das alles sind Fragen, die mich null interessieren, da ich die Antworten schon ken-
ne. Ich weiß, dass ich ungefähr 8 Stunden Schlaf brauche, um volle Leistung zu
bringen. Ich weiß, wann ich eine Pause einlegen muss und: Nein! Ich werde
niemals von einer Brücke springen. Wo meine eigenen körperlichen und
psychischen Grenzen liegen, bin ich mir also durchaus sehr bewusst.
Natürlich gibt es immer wieder Grenzerfahrungen im Laufe un-
seres Lebens, die wir nicht selbst beeinussen können. Einen
Menschen, der mir nahe steht, durch eine schwere Krankheit
zu begleiten oder auch zu verlieren (zum Beispiel). Das
sind Grenzerfahrungen, die jemanden menschlich wei-terbringen können, aber dennoch sind es Grenzerfah-
rungen, auf die ich gänzlich verzichten kann. Ich
bin der Überzeugung, dass ich auch durch das
Mir-selbstbewusst-machen meiner Grenzen,
ohne diese jedoch austesten zu müssen,
als Person wachsen kann. Genau dar-
in, die eigenen Grenzen zu kennen
und diese auch zu achten, dem
eigenem Stresspegel zuliebe,
steckt für mich die wahre
Herausforderung, bezie-
hungsweise Grenzer-
fahrung.
Autor
Laura Stieler
Autor Lukas Knecht
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 21/3221
What would you say is
the coolest hobby a youngperson can have nowadays?
Is it extreme sport, getting the
kick out of risking your life for the
adrenaline rush? Is it playing a musi-
cal instrument, exposing your deepest self
and losing yourself in the infatuating notes
you created yourself?
Or might it be something entirely different?
Something you never spent much time thin-
king about because you do not think it neces-
sary nowadays any more. Something you re-
gard as superuous in an age in which when
the cold season is approaching, you just pop
over to Primark and get yourself the latest
winter fashion. Something you think only
your grandmother does.
The high art of knitting – derided, underappre-
ciated and misunderstood – has been fascina-
ting people for thousands of years. Since its
beginning in the 11th century BC it has under-
gone quite a transformation, casting its spell
over countless generations of diligent knitters.
Starting as a simple way to manufacture warmclothes, it slowly became a popular way to
pass the time and busy yourself. In recent ye-
ars a new layer was added to the immeasurable
qualities of knitting: needlework as a way to
express yourself.
It is i m -
possible to name and count the mil-
lions of possibilities the art of knitting has to
offer. It all starts with the yarn. And even at
that rst step, all those different options you
have are impossible to count: thick thread or
thin thread, lamb’s wool or cotton, green, red,grey, white, blue…? The act of choosing a
yarn requires an incredible amount of self-as-
surance and self-control: Why not just buy
them all?
Having mastered this rst step, the next he-
artrending decision awaits you: what do you
want to do with that wonderful yarn you just
got? Hat, scarf, socks, a pullover or maybe
even a felted Easter bunny? There simply are
no limits. And mind you, this decision is cru-
cial. Imagine wasting all that wonderful threadinto a superuous object of wool, forgotten in
the darkest corner of the basement cabinet.
And after having nally made a decision about
what you want to produce the real challenge
starts. The knitting itself.
There is no way to put intowords the emotional roller
coaster ride that is creating an
object of wool. The initial thrill at
nally starting with what has already
cost you so many nerves and given you so
much excitement. The devastation when you
nd something does not turn out as you had
planned it, or even worse, when you nd out
you overestimated your abilities. And then the
exuberant joy after nishing your project and
nally being able to wear it for the rst time
and showing it to the world.
Knitting is the adrenaline rush. Knitting is ex-
pressing yourself. Knitting is creating. Try it
yourself and you shall not be disappointed.
There are no limits. Go ahead – create!
Winter is coming, Leute. Die Zeit der Freibadtage, Radtouren und Grillabende ist endgültig vorbei. Wie also die Zeit vertreiben während der
dunklen Jahreszeit? Fernsehen, Fitnessstudio oder gar mal was ür die Uni tun? Campus: echo hat da eine bessere Idee…
Go ahead - create
Autor
Julia Winzer
Illustration
Josephine
Hedderich
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 22/3222
Man steht dicht beieinander, doch achtet auch
darauf, dem unbekannten Nebenmann nicht zu
nahe zu kommen. Man hat sich versammelt,
aber zusammen steht man nicht. Die Hände
stecken in warmen Manteltaschen – sofern sie
keine Fahnen oder Plakate halten müssen –
und verunsicherte Blicke gehen über die Köp-
fe Umherstehender hinweg und streifen dabei
deren angespannte Gesichter wie in einem
düsteren Spiegelkabinett. Eine Menge wipptmit ihren Schuhen, tritt sich auf der Stelle
warm und hört gespannt in den Abend.
Vorn ist eine Bühne, von der nun eine Stimme
zur Begrüßung der Menge laut wird und sie
wie eine Herde Schafe in Lärm versetzt. Ju-
bel und Toben geht durch die Reihen, klingt
von Nahem schief und unstimmig und wird
schon in kurzer Entfernung zu einem schallen-
dem Chor tiefer ostdeutscher Männerstimmen.
Darin liegt das Prinzip und der ganze tiefere
Sinn der Veranstaltung: Man ist da, um da zu
sein und man ist laut um des Lärms willen. In
ihrer Zahl und ihrer Lautstärke liegt das ganze
Wesen einer Demonstration. Ob es eine soge-
nannte Gegendemonstration ist oder jene auf
der anderen Seite, ob „Lumpenpack“ oder
„Nazis“ spielt keine Rolle.
Die Stimme ermahnt die Herde, eine gute
und anständige Herde zu sein. Man gibt sich
Mühe, die bessere Figur zu machen als jene
auf der anderen Seite des großen Domplatzes.
Hier stehen die Anständigen, dort stehen die
Gefährlichen. Zwischen beiden gibt es Zäu-
ne, Gitter und so etwas wie Schäfer – nur mit
Blaulicht. Die Schäfer haben harte Stöcke undinke Hunde bei sich. In der Menge mag man
die Schäfer nicht, da sie im kollektiven Ver-
dacht stehen, mit der anderen Menge zu sym-
pathisieren. Wenn jemand ausschert und über
die Strenge schlägt, dann kommen die Schäfer
und prügeln das unschuldige, weiß-weiche
Fell der braven Schafe.
Wieder wird es laut in der Menge. In den auf
die Bühne gerichteten Gesichtern blitzt es
auf, wissentlich, da ihr Stichwort gefallen ist.
Die Parole rollt von der Bühne aus durch die
Menge nach hinten. Man schreit Sätze weni-
ger Worte, wobei man diese in Silben zerlegt
und einzeln betont, als wolle man wissen, wo
das Wort am Zeilenende getrennt werden kön-
ne. Immer wieder iegen drei betonte Silben
durch die Luft – das lausige Metrum einer
Herde Schafe.
Die Schafe sehen ängstlich-angespannt aus im
Augenblick ihres Schreiens. Sie blicken sich
dabei immer wieder versichernd um und be-
kommen davon ein joviales, selbstsicheres,
fast selbstzufriedenes Lächeln im Gesicht.
Auch dieser Ausdruck veriegt nach kurzer
Zeit wieder.
Weil eine Menge der Leute das Gras auf unse-
rer Seite der Grenze grüner ndet, geht eine
andere Menge auf die Straße, weswegen wie-
derum eine Menge zusammenkommt, um
ebenfalls zahlreich und laut ihr Zeichen zu set-
zen. So grün ist das Gras hier in Deutschland,
dass noch jedes Schäfchen sein Plätzchen n-
den kann.
Erfurt, Donnerstagabend
In Feindesland
Autor
Tim Seidel
Illustration
Debora Schiessl
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 23/3223
Diese Songzeilen stammen aus der Musikpa-
rodie von Carolin Kebekus, welche auf die
sogenannten „Wutbürger“ und rechte Hetze
im Internet abzielt. Im Zuge der derzeitigen
Flüchtlingsdebatte lässt es sich auch Oliver
Pocher nicht nehmen, nach Heidenau zu fah-
ren, um dort die dummen Ossis zu interview-
en. Über Humor kann man bekanntermaßen
streiten, jedoch erscheint es leicht, von oben
auf den „Wutbürger“ herab zu blicken und das
auszusprechen, was jeder schon weiß und ge-
gebenenfalls noch ein paar mehr oder weniger
gute Witze darüber zu machen. Humor kann
dazu beitragen, Dinge, die man nicht versteht,
erträglicher zu machen, oftmals greift er da-
bei nun aber auch das Gegenüber an. Mir
stellt sich die Frage, ob gerade in Bezug auf
die Flüchtlingsdebatte dies zu einer adäquaten
Koniktlösung beiträgt.
Es ist der Mittwochabend des vierten Novem-
bers und ich blicke auf den Mariendom und
die Severi-Kirche, die heute nicht von den
Scheinwerfern angestrahlt werden. Das katho-
lische Bistum möchte den Demonstrationen
der AfD nicht die Möglichkeit bieten, dass
der Domberg als Kulisse dient. Dostojewski,
ein bedeutsamer russischer Schriftsteller, sag-
te einst: „Nichts ist leichter, als den Übeltäter
zu verurteilen; nichts schwieriger, wie ihn zu
verstehen.“ Deswegen sage ich heute zu den
rund 1.200 Gegendemonstranten wie Adelezu ihrem ehemaligen Liebhaber: „Hello from
the other side“, und lasse die Menschenmenge
mit bunten Luftballons an mir vorbeiziehen.
Ich begebe mich auf den Teil des Domplatzes,
der für die circa 2.100 Anhänger der AfD De-
monstration reserviert ist. Björn Höcke wird
aus gesundheitlichen Gründen von Thorsten
Weiß, dem Vorsitzenden der Jungen Alterna-
tive Berlin, vertreten. „Deutschlands Jugend
ist auf Abwege geraten. Man hat die Mehrheit
unserer Jugend zu wertfreien, selbstgerechten,
gutgläubigen und dekadenten Menschen erzo-
gen, die sich in einer rundum Wohlfühlkon-
sumgesellschaft, betutelt von antiautoritären
Helikoptereltern, nesthockergleich gemütlich
und behaglich eingerichtet haben.“ Nach die-
sen Sätzen in den ersten Minuten seiner Rede
wird Weiß direkt lautstark bejubelt. Ich fühle
mich aufgrund seiner Rhetorik sehr unbehag-
lich, da seine Betonung an die von Goebbels
erinnert und die Reaktion der Menschenmen-
ge für jene spricht. Denn während die Stim-
mung bei den Vorrednern eher eingeschlafen
wirkte, werden die AfD-Anhänger nun förm-
lich in Erregung versetzt. „Wer sich nämlich
ausschließlich mit sich selbst beschäftigt, der
begehrt nicht auf, der geht auch nicht auf die
Straße und der fordert auch nicht seine demo-
kratischen Rechte ein, sondern der geht shop-
pen und schaut im Fernsehen das Dschun-
gelcamp.“ Und wieder: Stürmischer Beifall
untermalt seine Rede. In mir brodelt es, denn
hier werden allgemeine Generationskonikte
zum Selbstläufer und Weiß bedient sich derar-
tigen Klischees, um seine Zuhörer in ihrer mo-
mentanen Stimmungslage abholen zu können.
Ungeachtet der weiteren Worte Weiß´ nehmeich das Publikum, welches dessen Ausführun-
gen scheinbar ungeltert lauscht, genauer un-
ter die Lupe. Die Zuhörerschaft zeichnet sich
durch einen Reichtum an Facetten aus, denn
es scheinen unterschiedlich soziale Varietäten
vertreten zu sein. Da ist ein Mitglied der Bur-
schenschaft Wingolf Georgia zu sehen, dessen
Gesicht ich vom Campus der Universität ken-
ne, einige womöglich schaulustige Jugend-
liche, und neben dem Allgemeinbild eines
„Wutbürgers“ lassen sich auch junge Familien
und Pärchen nden.
Zwischen Alt und Jung entdecke ich eine
Frau, die mir bekannt vorkommt. Sie wirft
sich während Weiß´ Monolog auf die Erde
und ahmt offensichtlich den islamischen Ge-
betsritus nach. Sie war Teil eines Beitrags des
ZDF-Morgenmagazins und wurde zum Zeit-
punkt einer vorherigen Demonstration von
der Moderatorin Dunja Hayali befragt. In dem
Video sticht sie für mich besonders heraus,
da sie direkt in die Kamera sagt, sie sei vol-
ler Hass in Bezug auf Ausländer. Wenn ich sie
jetzt in ihrer leichten Verwirrtheit beobachte,
erscheint es mir fragwürdig, ob man gerade
sie hätte interviewen müssen. Für das Fern-
sehteam handelte es sich hierbei vermutlich
um eine zweckmäßige Angelegenheit, denn
das Bild des irrsinnigen „Wutbürgers“ wird
nachhaltig geprägt und wir, auf der anderen
Seite, bekommen genau das zu sehen, was wir
sehen wollen. Allerdings ist es so, dass laut ei-
ner Analyse des Forsa-Instituts 55 Prozent der
AfD-Wähler Abitur und/oder studiert haben.
Ich stelle mich weiter an den Rand, da ich
mich durch das Gebaren der Frau noch un-
wohler fühle und entdecke dort eine sitzende
Familie, die dem Treiben offensichtlich eher
als Zuschauer beiwohnt. Die Frau trinkt Sekt,
der Mann Bier und der Sohn kauert unbeteiligt
daneben. Ich komme mit dem Paar ins Ge-
spräch und auch ihre Intention ist es, „ sich den
Sabbel, der hier gesprochen wird, mal genauer
anzuhören.“ Hauptsächlich ärgern sie sich
über den fehlenden Diskurs, da die Gegende-
monstranten so sehr abgeschottet werden, dass
sie kein Wort von Weiß´ Tiraden hören kön-nen. Die Frau beschreibt ihre Situation ähnlich
der meinigen, denn auch sie hat das Bedürfnis,
den Behauptungen etwas entgegenzusetzen.
Das fällt auch nicht schwer, wenn man das
Bild betrachtet, welches er von der heutigen
Jugend zeichnet. Auch mein Opa versteht die
jungen Leute von heute nicht mehr, weswegen
er Weiß vermutlich recht sympathisch nden
würde. Allerdings redet und diskutiert er mit
mir, um sich mehr Klarheit über mein Leben
zu verschaffen. Oft stelle ich mir vor, dass ein
bisschen Kommunikation ausreichen würde,um die Konikte, die hier auftreten, lösen zu
können. Das mag ein naiver Gedanke sein und
ich würde mir wünschen, dass es so einfach
wäre. Aber es wäre wenigstens ein Schritt auf-
einander zu, anstatt die Kluft zwischen beiden
Seiten immer größer werden zu lassen.
„Für das was du sagst, wirst du ausgelacht
Ich schäm mich, für all deine Fahnen und deine Narben,
Bist zu bedauern, nein ich schäm mich
Lass dir mal sagen, nein lass mir dir sagen
Raffst du denn gar wie blöd du bist?
So blöd, so blöd, so blöd, so blöd….“
Auf der anderen Seite
Autor
Katharina Hertel
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 24/3224
Zurück in der Realität: Wegen unseres bevor-
stehenden Forschungsprojektes bin ich mit
meiner Bachelorgruppe auf den Medientagen
in München. Zwischen vielen interessierten
Besuchern und Geschäftsmännern, Werbe-
geschenken und Laugenbrezeln gibt es hier
vor allem eines: die Virtual-Reality-Brille
(VR-Brille).
Bereits in den 60er Jahren experimentierten
Forscher am Institut für Technologie in Massa-
chusetts an der ersten VR-Brille. Nachdem die
Technologie viele Jahre ein
Schattendasein führte, erlebt
sie gerade ihren Durchbruch.
Von der Pappkartonbrille, die
man selbst zusammenfalten
muss bis hin zu hochwerti-
gen Modellen von Samsung,
HTC und ZEISS erzielen alle
Modelle den gleichen Effekt:
Sie ermöglichen dem Nutzer
einen 3D-Rundumblick, so-
dass man den Eindruck hat,sich in einem anderen Raum
oder in einer anderen Umge-
bung zu benden. Man kann
sich um die eigene Achse
drehen und sieht - wie auch
in der realen Welt - seine
komplette Umwelt. Hoch-
entwickelte Sensor- und Tra-
cking-Technologien ermög-
lichen es dem Nutzer, mit
der virtuellen Umgebung zu
interagieren.
Ein Großteil der verschie-
denen Modelle ist mit ei-
nem gewöhnlichen Smart-
phone kompatibel. Um den
3D-Blick im 360° erleben zu
können, muss das Handy in die Brille gescho-
ben werden. Vom abenteuerlichen Ausug in
eine Dinosaurier-Welt bis hin zur aufregenden
Achterbahnfahrt und dem angsterregenden
Horrorszenario: Mittlerweile liefern verschie-
dene Apps und auch Youtube den Content für
den „Rundumblick“, welcher durch die Vi-
deoaufnahme mit einer 360°-Kamera erzeugt
wird. Für den zusätzlichen 3D-Effekt muss
der Bildschirm des Smartphones in zwei vir-
tuelle Hälften gesplittet werden. Beide Hälf-
ten zeigen dasselbe Video. Allerdings ist das
Bild einer der beiden Hälften um wenige Hun-
dertstel Millimeter verschoben, wodurch sich
der 3D-Effekt ergibt. Durch die Sensoren am
Smartphone kann man sich nun in der virtuel-
len Umgebung umsehen, da das Handy auf die
Kopfbewegungen reagiert.
Wer denkt, dass diese Innovation nur für Ga-
ming-Freaks gedacht ist, unterschätzt das Po-
tential der Brillen bei weitem. Bezüglich der
Flüchtlingskrise zeigen die VR-Brillen ihre
Wirkung im Bereich des „immersiven Jour-
nalismus“. Ein neuer Trend, der es den Nut-
zern ermöglicht, die Nachrichten so wahrzu-
nehmen, als würden sie das Geschehen vor
Ort selbst miterleben. Die US-Amerikanerin
Nonny de la Peña, Pionierin des Virtual-Re-
ality-Films, zeigt durch das „Project Syria“
eine ganz andere Art von Berichterstattung.
Ein kleines syrisches Mädchen steht auf einer
Straße und singt. Um sie herum stehen Men-
schen vor Geschäften oder laufen die Straßen
entlang. Plötzlich kommt es zu Explosionen.
Menschen, die zu Boden fallen, Rauch, Ge-
schrei - ein Szenario, das den passiven Zu-
schauer zu Augenzeugen des Bürgerkrieges
macht. Nonny de la Peña betont, dass es mit
keinem anderen Medium möglich sei, den
Menschen so nah an das Geschehen heranzu-
führen, dass diesem der Eindruck vermittelt
wird, direkt vor Ort anwesend zu sein.
Auch in der Automobilbranche spielen die
Brillen eine große Rolle. Dem Kunden kann
das gewünschte Auto in allen
Farben und mit verschiede-
nen Infotainment-Ausstat-
tungen simuliert werden,
ohne dass der Wagen in der
Realität beim Händler steht.
Des Weiteren werden die
Brillen auch im therapeu-
tischen Bereich eingesetzt.
Ob Menschenmassen, enge
Räume, Spinnen oder Hö-henangst - da die direkte
Konfrontation zur Angstbe-
wältigung beiträgt, erweist
sich die fortschrittliche
Technologie als eine perfek-
te Therapiemöglichkeit. Stu-
dien zeigen, dass Therapien
zu Höhenangst und anderen
Phobien effektiv und mit
großem Erfolg eingesetzt
werden können.
Wer sich also eine klei-
ne Auszeit vom stressigen
Studenten-Dasein nehmen
möchte, kann schon für rund
13€ mit der Pappbrille und
seinem Smartphone in virtuelle Welten eintau-
chen.
Ich stehe in einem riesigen, hellen Raum. Als direkt vor meinen Füßen der Steinboden in die iee ällt, stehe ich vor einer großen Schlucht. Mein
Puls schießt in die Höhe. Ich versuche, mich so weit wie möglich an den Abgrund zu stellen, um in die iee zu blicken. Dann wage ich noch ei-
nen Schritt nach vorne. Autsch. Ich bin mit meinem Fuß gegen das Regal gelauen, das in der realen Welt vor mir steht. Ich nehme die Kopförer
und die große Brille von meinem Kop ab.
Virtuelle Welten
Autor
Nina Zensner
Illustration
Debora Schiessl
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 25/3225
Ihr habt was C ooles in eurer W ohnung
und wollt es in der nächsten Ausgabe
sehen?
Dann schickt uns ein Bild an:
Prachtstücke
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 26/3226
„Und wo genau nde ich in Ihrem Lebens-
lauf ehrenamtliches Engagement?“ Welcher
arbeitssuchende Absolvent oder Stipendien-
bewerber hat diesen Satz wohl noch nicht ge-
hört? Wer gemeinnützig tätig ist und anstelle
von entgeltlichem Lohn lediglich ein reines
Gewissen als Gegenleistung erwartet, dem
seien Ruhm und Ehre in unserer Gesellschaft
versprochen. Längst hat die hiesige Situation
in Bezug auf die Frage nach ehrenamtlichen
Tätigkeiten auch den Campus und die Erfur-
ter Studentenschaft inziert. Zwar berichten
zahlreiche studentische Initiativen von einer
vorläugen Euphorie an ihren Infoständen
auf dem Campus oder in Seminaren, die seiinzwischen aber kleinzahliger Ernüchterung
gewichen. Projektvorschläge und Ideen bringt
jeder Studi en masse, aber wenn es um Ein-
satzzeiten und Eigeninitiative, ja gar körperli-
che Betätigung geht, hält sich der Großteil der
Stürmer und Dränger im Hintergrund. Worin
gründet sich dieses Verhalten? Ist es wirklich
nur die studentische Bequemlichkeit laut der
Devise „Der gute Wille zählt“, die durch un-
sere schöne und einfache Rechnung von An-
fang an einen Strich durch unsere Rechnung
macht oder ist es der Werteverlust der bekann-ten „Jugend von heute“? „Nein“, sagt Frau Dr.
Bettina Hollstein, tätig an unserer Universität
im Fachbereich Wirtschaftsethik mit dem For-
schungsgegenstand Ehrenamt. Man könne auf
keinen Fall von einem Werteverfall, sondern
vielmehr von einem Wertewandel sprechen.
Worauf Frau Dr. Hollstein anspielt, ist die
Theorie zur Modernisierung des Ehrenamts.
Die „altmodische“ Form des Ehrenamts, die
intrinsische Motivation und Altruismus vor-
aussetzte, wurde heute von einer kurzweiligen
und vor allen Dingen projekt- und nutzenori-
entierten abgelöst. Der zeitgenössische Otto-
normalverbraucher ist in gesellschaftlicher,
sozialer, regionaler und zeitlicher Hinsicht
mobiler als im 19. und 20. Jahrhundert. Schön
und gut, aber verleitet diese kurzfristige Ver-
bindlichkeit nicht einige Trittbrettfahrer dazu,
eine kleine, wenig intensive Projektmitglied-
schaft als attraktive Spritze für den bisher noch
schmucklosen Lebenslauf auszunutzen? Auch
auf diese Frage schüttelt Bettina Hollstein den
Kopf. „Nicht unbedingt“, sagt sie. Trotz oder
gerade wegen der Kurzfristigkeit der Projekte
seien Engagement und Input oft ähnlich denen
im altmodischen Ehrenamtsmodell oder so-
gar größer, da konzentrierter. Deswegen soll-
te man grundsätzlich vorsichtig mit solchen
Annahmen umgehen, zumal auch die frühere
Ehrenamtsform meist an soziale Milieus und
Konventionen gebunden war und häug wenig
mit wahrer Überzeugung zu tun hatte: WennMutti und Oma schon für das Kolpingwerk tä-
tig waren, mussten die Töchter eben auch mit
an die Arbeit. Außerdem zeichne sich gerade
besonders in größeren Unternehmen der Trend
ab, den zeitlich oft fest eingespannten Mitar-
beitern die Verwirklichung von ehrenamtli-
chen Initiativen oder Projekten zu erleichtern.
Beim sogenannten Corporate Volunteering ist
ein bestimmtes Zeitkontingent der Arbeitszeit
für das Ausüben ehrenamtlicher Tätigkeiten
vorgesehen und verschiedene Teambildungs-
maßnahmen ermöglichen das Umsetzen einesoder mehrerer Projekte. Durch diese Art ins-
titutioneller Anleitung könne die Gefahr des
Ausnutzens der ehrenamtlichen Stellung zur
Prolierung und der langfristige Engagement-
verlust ebenfalls minimiert werden. Außerdem
tut Ehrenamt nicht nur der Gemeinde gut, son-
dern auch dem Ich. Die Bestätigung der eige-
nen Wertevorstellungen und das Wissen, etwas
Gutes zu tun, befriedigt auf individueller Ebe-
ne und treibt innere Prozesse der Selbstndung
voran. Bestätigung durch das Umfeld trägt
dabei zum Selbstwertgefühlt bei. Durch sol-
cherlei Tätigkeiten kann die Idealvorstellung
einer funktionierenden Gesellschaft für das In-
dividuum in erfahrbare Handlungen transpor-
tiert werden. Trotzdem sei Ehrenamt bei aller
Gemeinnützigkeit nicht der vermeintliche Kitt
der Gesellschaft, als der es oft in den Medien
zelebriert wird, erklärt Frau Dr. Hollstein wei-
ter. Den deutschen Sozialstaat am Leben zu
erhalten, sei auf keinen Fall Aufgabe des Eh-
renamts. So solle der Sozialstaat persönliche
Rechte sichern, was nicht vom Wohlwollen
anderer abhängig sein dürfe. Sozialstaat und
Ehrenamt wären demnach nicht substituierbar,
arbeiteten aber kooperierend. Immerhin müs-
sen sogar Non-Prot-Organisationen bei allem
symbolischen und sozialen Charakter wirt-
schaftlich vorgehen. Jede Unternehmung, egal
ob non-prot oder nicht, muss zwei Ziele ver-
folgen, um das System am Laufen zu halten.
Erstens muss man seiner Mission treu bleibenund seine Werte und Ziele nicht aus den Au-
gen verlieren. Dieser Punkt hat als Rechtfer-
tigungsgrund für Non-Prot-Organisationen
oberste Priorität, dicht gefolgt von zweitens,
der Notwendigkeit der Selbsterhaltung, von
der die Vollendung der Mission nicht zuletzt
abhängt, d.h. die Ausgaben der Unternehmung
müssen mindestens gleich, aber bestenfalls
kleiner als ihre Einnahmen über Mitgliedsbei-
träge, Spenden etc. sein. Was am Ende dieser
Rechnung übrig bleibt, wird in die Mission
reinvestiert - soweit die Theorie. Aber woviele Gelder ießen, macht Korruption auch
vor Non-Prot-Organisationen nicht halt. Das
lassen wir uns von Frau Dr. Hollstein genauer
erklären. Besonders bei größeren und weltweit
agierenden Non-Prot-Organisationen spielen
Schmiergelder eine tragende Rolle, um einen
nicht gerechtfertigten Vorteil zu Lasten Dritter
zu erlangen, beispielsweise bei der Vergabe
von Aufträgen oder Studien. Heiligt hier der
Zweck die Mittel? Immerhin stehen, trotz ie-
ßender Schmiergelder, „der gute Zweck“ und
der Gemeinnutzen eines Projekts immer noch
im Zentrum der Verhandlungen. Frau Dr. Holl-
stein verneint. Die Folge solcher unrechtmä-
ßiger Auftragsverteilungen sind gesamtgesell-
schaftliche Fehlallokationen, die mit höheren
Kosten für die Gesellschaft enden.
In Erurt sind derzeit über 1700 Flüchtlinge untergebracht (Stand Ende August 2015), die Nachrage an reiwilligen Hilskräen dementspre-
chend groß. Wer helen möchte, der hil und wer Hile braucht, dem wird geholen. Eine einache Gleichung, so scheint es. Warum Ehrenamt
nicht immer lustig ist, was auch Non-Profit-Organisationen mit Wirtscha zu tun haben und welche Variablen heute wirklich hinter der Motiva-
tion zum Ehrenamt stehen – ein kurzes Gespräch mit PD Dr. Bettina Hollstein.
Wo ist deine Ehre, Amt?
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 27/3227
Jetzt haben wir also zu Licht- und Schatten-
seiten des Themas Ehrenamt referiert - ganz
schön viel Theorie, die vielleicht noch mehr
Fragen zum eh schon umstrittenen Thema
aufgeworfen hat. Um wieder auf den Boden
der praktischen Tatsachen zurückzukommen:Was soll denn den ehrlichen Normalo-Studen-
ten aus seinem WG-Schneckenhaus locken
und animieren, sich zum Gemeinschaftswohl
aufzurappeln? Hier hat uns Frau Dr. Hollstein
noch ein paar Tipps mit auf den Weg gegeben.
Nichts motiviere so sehr wie persönliche Kon-
takte und das Bedürfnis nach Geselligkeit und
Anerkennung durch partizipative Projektge-
staltung. Das klingt zwar egoistisch, aber ein
persönliches Wohlbenden steigert zwangs-
läug Engagement und Initiative. Auch der
Gesetzgeber schafft gute Rahmenbedingungen
für das Ausüben eines Ehrenamts, bestimmte
Leistungen können beispielsweise zurücker-
stattet werden, denn Ehrenamt heißt nicht, ge-
gen seine eigenen Bedürfnisse und Interessen
zu verstoßen. Außerdem beruhen etwa 90%des Engagements auf persönlicher Ansprache.
Holt also eure Freunde und Bekannte einfach
mit ins Boot, denn ein paar nette Worte und
nachvollziehbare Geschichten
motivieren tausendmal
mehr als ein
anony-
mer
Flyer im Briefkasten. Zu guter Letzt solle man
sich sein Engagement und seine Aufopferung
freilich auch „quittieren“ lassen und seine
Zertikate ruhig an jede Bewerbung heften.
Wieso auch nicht? Man hat schließlich sei-
ne Zeit einem Herzensprojekt gewidmet, fürdas man Anerkennung erwarten darf. „Eine
Win-Win-Situation“, nennt es Frau Dr. Holl-
stein: „Nur weil die Prestigewirkung des Eh-
renamts einem selbst auch nützt, entwer-
tet sie nicht den Gedanken, der
dahinter steht.“
Autor
Josephine
Hedderich
Illustration
Josephine
Hedderich
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 28/3228
Flüchtling und IB-Student:Eine gescheiterte BeziehungErfurt. Eine Gruppe Flüchtlinge hat
sich vergangenen Samstag vor dem
Hörsaal der politikwissenschaftlichen
Vorlesung versammelt, um Studen-
ten des Studiengangs „InternationaleBeziehungen“ um Rat zu fragen. Sie
erhofften sich Erklärungen bezüglich
der derzeitigen politischen Lage in der
Welt. Die Studenten konnten jedoch
keinerlei Auskunft geben. Der IB-Stu-
dent Friedrich v. Sternburg musste
dem Gespräch ausweichen, da ihn die
Thematik überfordere. Bei einer kurzen
Stellungnahme sagt er, dass ihn öko-
nomisch irrelevanten Probleme nicht
interessieren. Im Studium solle es, laut
der Aussage von v. Sternburg, um diewirklich wichtigen Themen des Lebens
gehen. Beispielsweise favorisiere er die
Vorlesungsreihen: Grundlagen zur Pe-
ge eines 6er BMWs und Wallstreet- wir
kommen.
Terror-Anschläge, eine Frau an der
Bild-Macht, der sich scheinbar an-
bahnende dritte Weltkrieg, Flücht-
linge und Politiker, die daraus eine
Krise generieren - die Schlagseite
hat die Hoffnung an der Mensch-
lichkeit verloren und legt deshalbfür immer eine Schweigeminute ein,
indem wir unsere Tätigkeiten nie-
derlegen.
+++Flüchtlinge von Mensaessen entsetzt+++ Mensa-Jürgen für sie zu cool+++ Flüchtlinge beschweren sich über graues Elend+++ Flüchtlinge jagen Campusha-
Sporthalle bleiben+++ Flüchtlinge entdecken Streckmittel in von Studenten gekauften Marihuana +++ AFD panisch: Uni steht noch+++ Graues Elend
Achtung!Wichitg:
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 29/3229
Erfurt wird das neue Leipzig!Das frischgegründete Marketingteam der Universität Erfurt (beste-
hend aus PR-Fachmann Mensa-Jürgen, den Marketingexperten aus
der Glasbox & dem Hausmeister der Uni) stellt das neue Motto der
Uni vor. Nach einem intensiven Brainstorming von 10 Minuten und
unter Einsatz von reichlich Kaffee und Mettbrötchen ist die Abtei-
lung stolz, das Konzept „Erfurt wird das neue Leipzig“ präsentieren
zu dürfen.
Laut Projektleiter Mensa-Jürgen ist dieses Imagekonzept eine reineEigenkreation, und es wäre hirnrissig jegliche Parallelen zu dem
Verhältnis Berlin-Leipzig zu ziehen. Um die Kampagne umzuset-
zen, hat sich das Elite-Team einen Maßnahmenkatalog überlegt,
der vor Witz, Kreativität und Innovation nur so übersprudelt:
MASSNAHME 1) Um zu zeigen, dass die Uni Erfurt auch etwas
anderes als ungesunde Hausmannskost servieren kann, bieten das
Mensa-Team um Starkoch Mensa-Jürgen (ja, er hat viele Facetten)
ab sofort nur noch veganes, gluten- und laktosefreies Fair-trade
Bio-Essen an. Außerdem ist das Marketingteam, nach eingehen-
dem Informationsaustausch mit Leipzig, zu dem Entschluss ge-
kommen, das Getränkeangebot der Mensa durch das hippe Kultge-
tränk Club Malte zu ersetzen.MASSNAHME 2) Da die Uni Erfurt im Hinblick auf die Gen-
der-Bewegung extrem rückständig ist, hat das Marketingteam
beschlossen, ab dem nächsten Semester folgende verpichtende
Regelung einzuführen: Alle Studierenden (Studenten ist ein mas-
kuliner, d.h. nicht mehr zu verwendender Begriff) sind dazu ange-
halten, ihre jeweiligen Lehrenden mit Dozentin bzw. Professorin
anzusprechen, und auch ihre Hausarbeiten & sonstige schriftliche
Arbeiten entsprechend zu gendern.
Die Glasboxfrau, Genderbeauftragte des Teams, meint dazu: „So
wird auch in Erfurt ein wichtiger und essentieller Beitrag zur
Gleichberechtigung von Frau und Mann (!) geleistet.“
MASSNAHME 3) Die Universität Erfurt führt ab dem Winterse-
mester 16/17 den neuen Trendstudiengang „Regionale Beziehun-gen“ (kurz: RB Erfurt) ein.
MASSNAHME 4) Dieser Punkt der Agenda zielt auf etwas ab, was
bis jetzt unerwähnt blieb, nämlich den Auftritt der Universitäts-
stadt Erfurt in den Medien. Dazu wieder PR-Chef Mensa-Jürgen:
„Wir haben uns gedacht, wie kriegen wir die maximale mediale
Reichweite für unser neues Motto? Die Lösung ist simpel und doch
höchst effektiv. Sie heißt Shopping Queen.“
Ja, richtig gehört (oder gelesen). Mensa-Jürgen dazu weiter: „Damit
auch ganz Fernsehdeutschland von dem neuen Konzept erfahren
kann, nimmt die Stadt Erfurt an dem Hochklasse-Format Shopping
Queen teil. Wir glauben, dass eine Person des öffentlichen Inter-
esses wie Guido Kretschmer die nötige Kompetenz besitzt, unsereschöne Stadt zu promoten. Nachdem die erste Shopping Queen von
Erfurt schon erfolgreich gekrönt wurde, haben wir uns überlegt, die
nächste Ausgabe der Show an der Universität Erfurt drehen zu las-
sen. Das Format wird Campus Shopping Queen heißen. Ich muss
zugeben, das macht uns schon ein wenig stolz.“
sen+++ Flüchtlinge vermissen Bombenstimmung+++ Sportstudenten sind jetzt heimatlose Gesellen+++ Flüchtlinge über Wohnheime: Wir möchten lieber in der
immer noch hässlich+++ Sportstudenten fühlen sich in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und fragen: „Was soll aus uns werden?“
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 30/3230
Die ganzen Bewegungen, egal ob
Pegida, Thügida, AfD, oder wie
sie alle heißen, nde ich nicht nur
grenzwertig, sondern schon über dieGrenze hinaus. Und wenn man sich
mal die Zahlen anguckt, die die da so
auf die Straße bewegen und wie cle-
ver die sind... Ich meine, man muss
es ja erst mal schaffen, so viele Leu-
te zu überzeugen. Aber auch die Ge-
gen-Demos sind grenzwertig, weil
dort eben nichts passiert. Das ist alles zu wenig. Es fehlt einfach an tatsächlichen
Aktionen. Also nicht gewaltsame oder so, aber wenn man 50 Meter entfernt von
denen ein buntes Schild hochhält, überzeugt das doch auch niemanden.
Christin, 25, Psychologie
Vorletzten Sommer in Lissabon bin ich mit einem Freund
mit dem Mietauto in die Innenstadt gefahren und um 7
Uhr am Sonntagmorgen betrunken zurück gefahren. Wir
haben beide einen Alkoholtest gemacht, um zu schauen,
wer eher in der Lage ist, zu fahren. Auch wenn sonntags
die Straßen eher leer sind, war das schon mehr als gren-zwertig eigentlich.
Christian, 22,Sozial- und Wirtschaftswissenschaft
Mein Freund kommt aus Syrien. Er ist
vor etwa einem Jahr nach Deutschland
gekommen. Kennengelernt haben wir
uns in der Flüchtlingsinitiative in mei-
ner Heimatstadt, in der ich seit einigen
Monaten helfe. Viele halten so eine Be-
ziehung für grenzwertig und auch mein
Umfeld reagiert teilweise etwas distan-
ziert. Es wird für uns sicherlich noch ei-
nige Hürden geben, die wir überwinden
müssen. Aber er ging allein über Gren-
zen und nun gehen wir gemeinsam.
Justine, 20, LLTP und Germanistik
Vor zwei Wochen haben ein Kumpel und ich ein Kunst-
werk von Gütersloh in das Atelier des Künstlers nach Ber-
lin gebracht. Das Ding war so ein riesiges Maschendraht-
gebilde und dann war da noch ein Sockel, den wir einfach
so ins Auto gelegt haben. Als wir den dann wieder rausge-
zogen haben, waren da voll die Kratzer drauf. Wir dachten
uns nichts dabei, war ja nur der Sockel, aber auf einmal
meinte der Künstler, ‚Leute, was habt ihr getan? Das Ding
kostet 20.000 Euro!‘ Aber dann hat der Typ uns trotzdem
noch in seiner Wohnung schlafen lassen, und uns auf die
Gästeliste vom Berghain gesetzt, obwohl wir seine Kunst
für 20.000 Euro kaputt gemacht hatten.
Leo, 22, Philosophie und Geschichte
Ich habe meinen Freund während meines Freiwilligenjahres in Peru kennengelernt. Ich nde
es grenzwertig, dass es für ihn sehr schwierig ist, ein Visum für Deutschland zu bekommen,
während man umgekehrt als Deutscher problemlos nach Peru einreisen darf. Allgemein können
wir als Deutsche fast grenzenlos in der Welt umherreisen, während es kaum Länder außerhalb
der westlichen Welt gibt, deren Bevölkerung einfach so nach Deutschland kommen kann. Die
deutschen Behörden haben einfach viel zu große Angst, dass jemand der kommt, nicht mehr
geht. Keine Ahnung, warum Deutschland denkt, es wäre überbevölkert, aber das ganze System
nde ich einfach grenzwertig.Als ich mit meinem Freund zusammengekommen bin, hätte ich nie
gedacht, dass es für ihn so schwierig ist, mich zu besuchen, auch wenn es nur für einen Urlaub
ist. Studieren oder ähnliches ist ohne nanzielle Mittel fast unmöglich.
Marie, 20, Internationale Beziehungen und Geschichte
Was war deine letzte
grenzwertige Erfahrung?
Ihr habt das letzte Wort ...campus‘ echo
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 31/32
THEATERERFURT
STUDENTEN = 9 EURBei Vorlage eines gültigen Ausweises, nach Verfügbarkeit, theatereigene Veranstaltungen
(außer DOMSTUFEN-FESTSPIELE und Sonderveranstaltungen).
Infos: www.theater-erfurt.de | 0361 22 33 155
b.
7/23/2019 Campus:Echo ))) WiSe 15 #1
http://slidepdf.com/reader/full/campusecho-wise-15-1 32/32