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Catherine Bouchon Infografiken. Einsatz, Gestaltungsqualität und Informationsvermittlung Diplomarbeit Medien

Catherine Bouchon

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Page 1: Catherine Bouchon

Catherine Bouchon

Infografiken. Einsatz, Gestaltungsqualitätund Informationsvermittlung

Diplomarbeit

Medien

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

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Impressum:

Copyright © 2006 GRIN Verlag, Open Publishing GmbHISBN: 9783638577700

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Page 4: Catherine Bouchon

Catherine Bouchon

Infografiken. Einsatz, Gestaltungsqualität und Informa-tionsvermittlung

GRIN Verlag

Page 5: Catherine Bouchon

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Page 6: Catherine Bouchon

Einsatz, Gestaltungsqualität und Informationsvermittlung von Infografiken

untersucht an den General-Interest-Magazinen „Focus“, „Stern“ und „Spiegel“

Diplomarbeit von Catherine Bouchon

Studiengang: Technik-Journalismus an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg

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Einsatz, Gestaltungsqualität und Informationsvermittlung von Infografiken

untersucht an den General-Interest-Magazinen „Focus“, „Stern“ und „Spiegel“

Diplomarbeit von Catherine Bouchon

SS 2006

Studiengang: Technik-Journalismus an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg

Page 9: Catherine Bouchon

Bildquellen der Titelseite: (von links nach rechts)

Kartografische Infografik, SPIEGEL 13/06, S. 76

Funktionsinfografik, STERN 07/06, S. 12

Statistische Infografik, FOCUS 05/06, S. 157

Page 10: Catherine Bouchon

2.

1.

3.

4.

5.

6.

7.

Inhaltsübersicht

1. Einleitung 9

2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes 11

3. Die Infografik als journalistische Darstellungsform in der Praxis 33

4. Einordnung in den Forschungskontext 67

5. Untersuchung von Einsatz und Gestaltungsqualität 75

6. Rezipienten-Studie zu Informationsvermittlung, Einsatz und Gestaltung von Infografiken 105

7. Schlussbetrachtungen 135

Literatur- und Quellenverzeichnis 137

Abbildungsverzeichnis 147

Anhangverzeichnis 149 Anhang 150

Page 11: Catherine Bouchon
Page 12: Catherine Bouchon

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 9

2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes 11

2.1 Der Begriff Infografik – Definition und Eingrenzung 11

2.2 Systematik der Vielfalt – Kategorien der Infografik 15

2.2.1 Statistische Infografiken 20

2.2.2 Kartografische Infografiken 27

2.2.3 Funktionsinfografiken 30

3. Die Infografik als journalistische Darstellungsform in der Praxis 33

3.1 Informationsvermittlung durch Infografiken 33

3.2 Ansprüche an Umsetzung und Gestaltung von Infografiken 39

3.2.1 Leitsätze der Wahrnehmungs- und Gestaltpsychologie 42

3.2.2 Journalistische Kriterien 46

3.2.3 Statistische Ansprüche 53

3.2.4 Kartografische Konventionen 61

4. Einordnung in den Forschungskontext 67

5. Untersuchung von Einsatz und Gestaltungsqualität 75

5.1 Vorstellung der untersuchten Medien 77

5.2 Forschungsfragen und Operationalisierung 83

5.3 Darstellung der Ergebnisse und Interpretation 89

5.3.1 Einsatz von Infografiken 89

5.3.2 Gestaltungsqualität von Infografiken 96

6. Rezipienten-Studie zu Informationsvermittlung, Einsatz und Gestaltung von Infografiken 105

6.1 Begründung der Forschungsmethode 105

6.2 Forschungsfragen und Operationalisierung 109

6.3 Darstellung der Ergebnisse und Interpretation 113

6.3.1 Informationsvermittlung 116

6.3.2 Bewertung des Einsatzes 125

6.3.3 Bewertung der Gestaltung 132

7. Schlussbetrachtungen 135

Literatur- und Quellenverzeichnis 137

Page 13: Catherine Bouchon

Inhaltsverzeichnis

8

Abbildungsverzeichnis 147

Anhangverzeichnis 149 Anhang 150

Page 14: Catherine Bouchon

1.

1. Einleitung

Seit über 200 Jahren sind Darstellungen, die heute als Infografiken bezeichnet wer-

den, ein Stilmittel visueller Kommunikation, um komplexe Sachverhalte leicht

verständlich darzustellen. Stellenwert und Bekanntheitsgrad von Infografiken sind

aber besonders in den letzten Jahren in den Printmedien stark gewachsen. Mit dem

verstärkten Einsatz von Computern für die Erstellung von Grafiken wuchs die Anzahl

der Infografiken in den deutschen Medien. Als 1986 weder beim Challanger-Unglück

noch bei der Reaktor-Katastrophe in Tschernobyl geeignetes Fotomaterial vorlag,

offenbarte sich die Bedeutung von Infografiken. Seit Markteinführung des „Focus“

1993 finden sich in immer mehr Zeitschriften und Zeitungen zahlreiche Infografiken.

Besonders für technische und naturwissenschaftliche Berichte spielen Infografiken

eine wichtige Rolle als Gestaltungs- und Erläuterungselemente. Auch im Wirtschafts-

teil der Printmedien wird heute selten auf Infografiken verzichtet.

Dennoch gibt es über Infografiken wenig Literatur, auch von der deutschen For-

schung blieben Infografiken bisher fast unbeachtet. Eine umfangreiche Literatur-

recherche ergab zunächst mehrere wissenschaftlich- oder praxisorientierte Texte

und Bücher in englischer Sprache. In Deutschland wurden bislang drei praxisnahe

Werke zu Infografiken veröffentlicht (JANSEN/SCHARFE, LIEBIG, SPRISSLER). Sie

stammen aus dem Jahr 1999. Jüngere Veröffentlichungen wurden für den deutschen

Raum nicht gefunden. Die Recherche ergab eine umfassende wissenschaftliche

Forschungsarbeit zu Infografiken. Diese verfasste Knieper im Jahr 1995. Inhalt ist

eine Befragung von Zeitungsredaktionen und -lesern aus dem Münchner Raum zum

Einsatz von Infografiken. Bei einer tiefer gehenden Recherche wurden noch zwei

studentische Abschluss-Arbeiten über Infografiken aus den Jahren 2001 und 2004

gefunden.

Deshalb soll diese Diplomarbeit einen Beitrag leisten, diese Forschungslücke mit

aktuellen Erkenntnissen zu schließen.

Nach der Erarbeitung einer Definition und Systematik für das Feld der Infografik und

einem Überblick über die Entstehung der Infografik werden die Vorgänge der Infor-

mationsvermittlung durch Infografiken beschrieben. Abgeschlossen wird der Theorie-

teil der Arbeit mit einer Übersicht über die Ansprüche, die an die Gestaltungsqualität

von Infografiken gestellt werden. Auf der Basis des deskriptiven Teils werden im

empirischen Teil der Arbeit zwei eigene Studien durchgeführt. Eine Inhaltsanalyse

Page 15: Catherine Bouchon

1. Einleitung

10

untersucht den Einsatz und die Qualität von Infografiken in den General-Interest-

Magazinen „Focus“, „Spiegel“ und „Stern“. Mit einer Rezipientenbefragung mittels

Online-Fragebogen wird im zweiten Teil die Informationsvermittlung von Infografiken

untersucht. Weiterhin ermittelt diese Studie, wie die Leser den Einsatz und die

Gestaltung von Infografiken in den drei untersuchten Printmedien beurteilen.

Eine eingehende Analyse des bisherigen Forschungsstandes zeigt, dass die Studien

dieser Arbeit neue Ergebnisse im Bezug auf Einsatz, Gestaltungsqualität und Infor-

mationsvermittlung von Infografiken liefern werden. Diese Daten können eine sinn-

volle Grundlage für weiterführende Untersuchungen bilden. Insgesamt soll dazu bei-

getragen werden, dem Stellenwert der Infografik in deutschen General-Interest-

Magazinen auch in der Forschung nachzukommen. Denn in einer von immer mehr

technischen Entwicklungen geprägten Welt steigen die Anforderungen an geeignete

Elemente für eine gut verständliche Berichterstattung.

Page 16: Catherine Bouchon

2.

2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes

2.1 Der Begriff Infografik – Definition und Eingrenzung

In diesem Kapitel erfolgt eine Definition und Eingrenzung des Gegenstandes der

folgenden Untersuchungen. Dies geschieht zunächst auf einer theoretischen Ebene.

Durch die Darstellung mehrerer umschreibender Definitionen soll der Begriff

begrenzt und möglichst konkretisiert werden. Dabei stellt sich heraus, dass die ver-

schiedenen Definitionen Differenzen und unterschiedliche Definitionsgrenzen auf-

weisen. Am Ende des Kapitels wird deshalb eine eigene Begriffsbestimmung erfol-

gen.

Der Begriff der Infografik entstand während der 80er Jahre aus einer Verschmelzung

der beiden Worte Information und Grafik. Diesen Ursprung des Wortes stellen die

meisten Verfasser ihrer Definition für Infografik voran.1 Doch schon die vielen Varian-

ten und Schreibweisen des Wortes, von Info-Grafik oder Infographik über Zeitungs-

grafik, Nachrichtengrafik, Mediengrafik und Informationsgrafik oder einfach nur

Grafik, Graphik oder Schaubild, lassen die Schwierigkeit einer einheitlichen Begriffs-

eingrenzung ahnen.

Eine allgemein gehaltene Darstellung, die den Begriff bereits grob umschreibt, liefert

Birken. Sie eignet sich als sinnvoller Einstieg in die Definitionsdebatte.

„Die Grafik wird heute geradezu als der dritte Weg der Informationsver-

mittlung neben Text und Foto gepriesen. Dabei steht die Grafik als Dar-

stellungsform zwischen beiden, weil sie sowohl Bild- als auch Text-

elemente enthält. Sie ist erklärend und illustrativ zugleich.“ (BIRKEN:

Pressegrafiken als journalistisches Darstellungsmittel, 1998, S. 293)

Diese Definition ordnet die Infografik als journalistische Darstellungsform ein, eine

erste wichtige Eingrenzung des Begriffs ist somit vollzogen. Im weiteren Verlauf der

Definition stellt sich aber die Frage, was der Autor unter dem Begriff Bild versteht.

Meint er damit in einem engeren Rahmen nur Foto und Gemälde, so zählen statis-

tische Infografiken wie Balkendiagramme nach dieser Definition nicht zu den

1 Vgl. u.a. KNIEPER: Infographiken, 1995, S. 3;

ebenso JANSEN/SCHARFE: Handbuch der Infografik, 1999, S. 10

Page 17: Catherine Bouchon

2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes

12

Infografiken. Wird Bild aber allgemeiner als zeichnerisches Element verstanden,

könnten auch optisch gestaltete Tabellen und Listen zu den Infografiken zählen.

Folgende Definition scheint besser geeignet, da sie einige konkrete Anwendungs-

beispiele für Infografiken aufzählt und dadurch weniger Interpretationsspielraum

lässt:

„Die klassisch journalistische, nachrichtliche Variante der Pressegrafik ist

die Infografik. Sie ist damit das grafische Äquivalent zu Nachrichtentext

und Pressefoto. Sie formuliert journalistisch relevante, nachrichtliche

Sachverhalte als grafisches Argument. Das polizeiliche Phantombild geht

also genauso als Infografik durch wie die schlichteste Bundesliga-Tabelle,

das Balkendiagramm mit der Sonntagsfrage zählt nicht weniger dazu als

die Bio-Wetterkarte, das Firmen-Organigramm gehört in diese Kategorie

ebenso wie die Querschnittszeichnung des Castor-Behälters, die vogel-

perspektivische Aufsicht auf den Nürburgring, die Zehn-Punkte-

Maßnahmenliste des kommunalen Dezernats oder die Architekturskizze

des geplanten Einkaufstempels.“ (LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 29)

Doch nach dieser ausführlichen Definition bleibt ungeklärt, wie sich die Infografik

denn nun genau von der anfangs genannten Pressegrafik unterscheidet. Da das

Phantombild als Beispiel für eine Infografik aufgeführt wird, könnte auch jede andere

Zeichnung, die ein Pressefoto ersetzt, als Infografik zählen. Damit widerspricht diese

Definition der erstgenannten, weil Phantombilder und andere Zeichnungen nicht

gezwungenermaßen textliche Elemente enthalten.

Doch auch die nächste Definition weißt auf eben diese Verschmelzung von Text und

Grafik hin:

„Eine Informationsgrafik gibt eine journalistische Nachricht als Kombina-

tion von Text und grafischer Darstellung wieder. Sie verbindet affektives

und kognitives Aufnehmen der Informationen, sie verbindet Bild- und

Textrezeption, sie verbindet Sehen und Lesen.“ (BLUM/BUCHER: Die

Zeitung: Ein Multimedium, 1998, S.57)

Diese Erklärung ersetzt im Gegensatz zu Birken den Begriff Bild konkreter durch

grafische Darstellung. Zusätzlich gibt sie auch erste Hinweise auf die Vorteile der

Informationsvermittlung von Infografiken und den Wahrnehmungsprozess seitens

der Rezipienten.

Page 18: Catherine Bouchon

2.1 Der Begriff Infografik – Definition und Eingrenzung

13

Originell, aber eher verwirrend ist die Begriffsumschreibung von Dagson. Er ver-

sucht, durch das Ausschlussverfahren eine Eingrenzung des Gegenstandes zu er-

reichen.

„Um zu umreißen, was Infografiken eigentlich sind, lege ich zunächst fest,

was sie nicht sind. Es sind keine Illustrationen und auch keine Kunst-

werke. Es sind auch nicht bloß computergesteuerte Zeichnungen und

schon gar nicht Notlösungen, wenn mal kein Foto zur Hand ist. Ganz im

Gegenteil: Infografiken sind eine Bildersprache des Journalismus, eine

Präsentation von Fakten, die sich auf Bilder stützt. Die Kunst besteht

darin, dem Zeitungsleser Fakten vorzuführen, anstatt sie ihn lesen zu las-

sen.“ (DAGSON: Wie sagt man’s mit Bildern?, 1992, S. 53)

Noch weniger Aussagekraft weisen die Definitionen der meisten Fachlexika auf. So

zum Beispiel die folgende:

„Die eigentlichen Infografiken erklären meist das Wie: Wie funktioniert ein

Teilchenbeschleuniger, wie entsteht der Treibhauseffekt? Diese Grafiken

sind geeignet, um komplexe Abläufe und Vorgänge zu erläutern.“

(ALEXANDER: Pressegrafiken, 2004, S. 349)

Denn diese Beschreibung beschränkt sich lediglich auf eine spezielle Art der

Infografik. Zudem lässt das Wort „eigentlich“ ahnen, dass es noch andere Arten von

Infografiken gibt, über die an dieser Stelle aber nicht informiert wird.

In anderen Lexika wie beispielsweise dem „Horizont Medien-Lexikon“ oder gängigen

Standardwerken wie dem „Brockhaus“ oder dem „Bertelsmann-Lexikon“ finden sich

keine Einträge zu dem entsprechenden Stichwort.

So ist es verständlich, dass auch unter Journalisten weit gehend Uneinigkeit

herrscht, welche Darstellungen als Infografik zu bezeichnen sind und welche nicht.

Wie sich gezeigt hat, kommt diese beispielhafte Aufzählung von Definitionen einer

genaueren Bestimmung des Gegenstandes nicht näher. Dies ist nicht auf Inkompe-

tenz der zitierten Autoren zurückzuführen, sondern ergibt sich vielmehr aus dem

bisher unklar umrissenen und sich noch entwickelnden Gegenstandsfeld. Im Fol-

genden wird nun eine eigene Begriffsdefinition angestrebt. Diese soll die bestehen-

den Definitionen nicht ersetzen und kann sie bestenfalls ergänzen. Denn es gibt

keine festgesetzten Normen für den Begriff Infografik. Eine Begriffseingrenzung ist

aber als Leitlinie für die weiteren Ausführungen und Untersuchungen dieser Arbeit

Page 19: Catherine Bouchon

2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes

14

unerlässlich. Zunächst ist es sinnvoll, näher auf die Begriffskonstellation Infografik

gleich Information plus Grafik einzugehen. Diese Wortkombination schließt aus, dass

es sich bei Infografiken um Grafiken handelt, die in erster Linie künstlerischen oder

dekorativen Zwecken dienen. Denn die Bedeutung des Wortes Information (lat.

informatio = Bildung, Belehrung) legt fest, dass Infografiken Neuigkeiten, nachrichtli-

che Aussagen vermitteln.2 Unter dem Begriff Grafik ist wörtlich „in Stein gemeißelt“

zu verstehen. Denn das Wort Grafik hat seinen Ursprung im Verb gráphein (griech. =

in Stein ritzen, schreiben).3 Zu den traditionellen Grafiken zählen Radierungen und

Kupferstiche. Durch den Einsatz von Computern und modernen Druckern ist es

heute möglich, Grafiken in hoher Stückzahl zu produzieren. Neben dem traditionel-

len künstlerischen Zweck hat sich deshalb besonders ein Gebrauchszweck der Gra-

fik etabliert. Gerade im Medienbereich dienen Grafiken häufig nicht primär dem

unterhaltenden oder künstlerischen Nutzen, sondern vermitteln Informationen.4

Eine Infografik unterscheidet sich von anderen in den Medien eingesetzten Grafiken

wie Karikaturen, Cartoons oder Gerichtszeichnungen dadurch, dass sie Beziehun-

gen oder Funktionen darstellt. Dafür benötigt eine Grafik zusätzlich typografische

Elemente wie Buchstaben, Ziffern oder Pfeile, um zu einer Infografik zu werden.

Die Definition, die der weiteren Arbeit zugrunde liegen wird, lautet daraus folgend:

Eine Infografik ist eine Verschmelzung aus grafischen und typografischen

Elementen. Zu den grafischen Elementen zählen Fotos, Zeichnungen und

Piktogramme. Die typografischen Elemente umfassen in erster Linie Buch-

staben, Ziffern und mathematische Zeichen. Die Aufgabe der grafischen Be-

standteile einer Infografik ist, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu wecken

und schnell erfassbar visuelle Informationen zu vermitteln. Durch typografi-

sche Elemente werden Zusammenhänge, Funktionen und zeitliche Abläufe

verdeutlicht. Nur durch diese Kombination vermitteln Infografiken

eigenständige Informationen.

Im folgenden Teil dieses Kapitels wird anhand dieser Definition eine Systematik des

Untersuchungsgegenstandes getroffen. 2 Vgl. HALLER: Recherchieren, 2000, S. 213;

ebenso BERTELSMANN Lexikon-Verlag (Hrsg.): Das neue Taschenlexikon Band 7, 1992,

S. 43 3 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 19 4 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 21

Page 20: Catherine Bouchon

2.2 Systematik der Vielfalt – Kategorien der Infografik

Ähnlich schwierig, wie eine einheitliche Definition für den Untersuchungsgegenstand

zu finden, gestaltet es sich, in der Fachliteratur zwei Ansätze einer Systematik des

Begriffes zu entdecken, die sich auf die gleiche Basis beziehen. Diese Beliebigkeit

ist damit zu erklären, dass Infografiken zumindest in Deutschland noch kaum Thema

wissenschaftlicher Arbeiten waren. Denn es ist für wissenschaftliche Untersuchun-

gen in der Regel notwendig, eine genaue Zuordnung vorzunehmen. Für das junge

Forschungsfeld der Infografik ist es aber noch zu früh, dass sich ein maßgebender

Standard etablieren konnte.

Wie auf dem Weg zu einer eigenen Definition wird nun zunächst ein Überblick über

bestehende Typologien gezeigt und anschließend eine eigene Kategorisierung vor-

genommen, die Grundlage der weiteren Untersuchungen sein wird.

Liebig wählt eine Systematik, die sich an der Darstellungstechnik der Infografik

orientiert. So unterscheidet er zwischen Textgrafik, Ikonischer Grafik und Fotografik:

„…die entscheidende Frage dabei ist, welche der grafischen Elemente

Träger der eigentlichen Kernaussage sind: zeichnerische, textliche oder

fotografische.“ (LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 24)

Zunächst erscheint diese Einteilung nachvollziehbar, aber die Zuordnung von Texten

zu grafischen Elementen in der zitierten Systematik widerspricht der klassischen

Unterscheidung zwischen Typografie und Grafik. Zu Textgrafiken zählt Liebig Fluss-

diagramme, Listen und Tabellen.5 Ikonische Grafiken stellen für ihn Grafiken dar,

deren Aussagen vornehmlich mithilfe hand- oder computererstellter Zeichnungen

formuliert werden. So zählen nach Liebigs Auffassung statistische Diagramme,

Gerichtszeichnungen, Cartoons und politische Karikaturen zu dieser Kategorie.6

Unter einer Fotografik versteht Liebig fotografische Abbildungen, in die nachträglich

zeichnerische und/oder typografische Elemente integriert sind.7 Diese Einteilung

orientiert sich am Produktionsprozess der Infografik. Um die Arbeitsabläufe von

5 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 26 6 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 26 7 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 26

Page 21: Catherine Bouchon

2. Einführung des Untersuchungsgegenstandes

16

Grafikern zu erforschen oder die Entwicklung einer Infografik in der Redaktion zu

untersuchen, kann diese Herangehensweise sinnvoll sein.

In den Untersuchungen, die der vorliegenden Arbeit zugrunde liegen, geht es aber

um die Betrachtung und Beurteilung von Inhalten in Printmagazinen. Deshalb ist

eine Einteilung nach der journalistischen Funktion der Infografik zweckmäßiger, wie

sie in der Literatur auch am häufigsten anzutreffen ist. So findet sich beispielsweise

bei Jansen/Scharfe die Unterscheidung zwischen Prinzipdarstellung, kartografische

Infografik und Bildstatistik.8 Blum/Bucher wählen eine fast identische Einteilung mit

anderen Bezeichnungen: Erklärgrafik, Topo-Grafik und numerische Grafik.9 Eine

großzügigere Typologie findet sich in der Broschüre „Infografik“ des Auer Grafik-

dienst, einem Infografik-Anbieter aus Österreich. Dort werden neben Diagrammen,

Karten und Organigrammen auch Piktogramme, Typografiken und Schaubilder

unterschieden.10 Bei dieser Einteilung wird allerdings versäumt, eine Definition oder

ein Beispiel für eine Typografik zu nennen. Dabei könnte es sich um Tabellen han-

deln, diese werden aber den Organigrammen zugeordnet. Auch Knieper, der bisher

als Einziger ein ausführliches wissenschaftliches Werk über Infografiken in deut-

schen Medien veröffentlicht hat, wählt den Weg einer weit gefassten Systematik. In

seinem Hauptwerk unterteilt er Infografiken in Piktogramme und piktographische

Symbole, Graphische Adaptionen, Erklärende Visualisierungen, Karten und Quanti-

tative Schaubilder.11 Wenige Jahre später wählt er eine andere Einteilung und unter-

scheidet vereinfachter nur noch Symbole, Erklärgrafiken, Medienkarten und Zahlen-

bilder und fügt die Kategorie Sonstige Infografiken und infografikverwandte Darstel-

lungen hinzu.12

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden der Einsatz und die Informationsvermittlung

von Infografiken in Printmedien sowie die Ansprüche an ihre Gestaltung untersucht.

Deshalb gilt es in einer eigenen Systematik, die unterschiedlichen Formen der Info-

grafik nach ihrer journalistischen Funktion zu beurteilen. Dazu zählen vorrangig Aus-

sagekraft, selbstständige Informationsvermittlung und Aufmerksamkeitslenkung. 8 Vgl. JANSEN/SCHARFE: Handbuch der Infografik, 1999, S. 18 f. 9 Vgl. BLUM/BUCHER: Die Zeitung: Ein Multimedium, 1998, S. 56 10 Vgl. DER AUER GRAFIKDIENST (Hrsg.): Infografik, o. J., S. 2 11 Vgl. KNIEPER: Infographiken, 1995, S. 47 12 Vgl. KNIEPER: Viele Formen der Visualisierung, 1999, S. 5

Page 22: Catherine Bouchon

2.2 Systematik der Vielfalt – Kategorien der Infografik

17

Diese Art der Betrachtung macht deutlich, dass schnell erfassbare Balkendia-

gramme kaum mit einer farbig hinterlegten Tabelle zu vergleichen sind, auch wenn

der Inhalt an Informationen identisch sein kann. Ebenso wenig erreichen grafisch

angereicherte Listen gleich starke Aufmerksamkeit wie eine Erklärgrafik, die

ähnlichen Inhalt anschaulicher vermitteln kann. Dem Großteil der oben erwähnten

Typologien folgend wird deshalb im weiteren Verlauf unterschieden zwischen statis-

tischen Infografiken, kartografischen Infografiken und Funktionsinfografiken.

Die Zuordnung der Tabellen zu den Infografiken scheint weit gehend umstritten. So

bezeichnen Küpper und Lester Tabellen als eigenständige Infografik-Gruppe.13

Liebig ordnet Tabellen und auch Listen seiner Kategorie Textgrafiken zu.14 Bei

Blum/Bucher werden Tabellen nicht explizit erwähnt. Es ist aus der dort gegebenen

Definition für Infografik abzuleiten, dass Tabellen ihrer Meinung nach keine Art von

Infografiken sind.15 Auch Jansen grenzt Tabellen von den Infografiken ab, „weil sich

eine Sinndifferenz hier nicht als optische Differenz erschließt.“16. Knieper zählt in

seinem Hauptwerk Tabellen zur Kategorie der graphischen Adaptionen. Hier unter-

scheidet er zwischen gewöhnlichen Tabellen und grafisch gestalteten Tabellen.

„Erst durch die Einheit aus textlichen und graphischen Elementen erhält

dieses Konglomerat den Charakter einer Infographik. […] Der Vorteil

einer graphischen Adaption liegt darin, Kernaussagen, die in einer

„nackten“ Listen- oder Tabellendarstellung langweilig wirken würden, […]

platzsparend, ansprechend und informativ zu präsentieren.“ (KNIEPER:

Infographiken, 1995, S. 52)

Laut Kniepers später veröffentlichten Systematik zählen jedoch alle Arten von Ta-

bellen zur Kategorie der Zahlenbilder.17 Immerhin räumt er ein, dass sich die

Bestandteile, die eine Infografik definieren, auf ein Minimum reduzieren:

13 Vgl. KÜPPER: Journalisten-Werkstatt Infografik I, 1997, S. 2;

ebenso LESTER: Visual Journalism, 2002, S. 210 14 Vgl. LIEBIG: Die Infografik, 1999, S. 40 15 Vgl. BLUM/BUCHER: Die Zeitung: Ein Multimedium, 1998, S.57 16 Vgl. JANSEN: Info light?, 1996, S. 34 17 Vgl. KNIEPER: Viele Formen der Visualisierung, 1999, S. 5