CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

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  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

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    herausgegeben vom

    CCCDCentrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    CORPORATE RESPONSIBILITY UND DIE MEDIEN

    Wie die Medien ber gesellschaftlicheVerantwortung von Unternehmen berichtenund wie sie ihrer eigenen Verantwortung alsUnternehmen nachkommen

    DAVID GRAYSON

    ebatte02

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    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    ber das CCCD:

    Das CCCD ist eine gemeinntzige Organisation an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. In

    Kooperation mit fhrenden Unternehmen, wissenschaftlichen Instituten und zivilgesellschaftlichen Organisationen im In-

    und Ausland arbeitet das CCCD als Think Space und Kompetenzzentrum sowie als Dialogplattform, Impuls- und Gastge-

    ber fr Good Corporate Citizens und diejenigen, die es werden wollen. So organisiert das CCCD Foren fr den fachli-

    chen Austausch zwischen Corporate Citizens sowie zwischen Unternehmen, Wissenschaft, Politik und Brgergesellschaft,

    frdert und betreibt anwendungsorientierte Forschung, ermglicht Lernprozesse durch Diskussions- und Fortbildungsan-

    gebote und untersttzt die Zusammenarbeit von Unternehmen mit Partnern aus Brgergesellschaft, Wissenschaft

    und/oder Politik. Mit Workshops, Publikationen und ffentlichen Veranstaltungen gibt das CCCD darber hinaus gezielteImpulse fr den Diskurs zu Corporate Citizenship in Deutschland sowie fr die Praxis gesellschaftlich engagierter Unterneh-

    men.

    Das CCCD ist der deutsche Partner des Boston College Center fr Corporate Citizenship, USA, Teil des GERN Global

    Education and Research Network und des CSR 360-Global Partner Network von Business in the Community, UK.

    Kontakt:

    CCCD Centrum fr Corporate Citizenship Deutschland

    Kollwitzstr. 73

    D-10435 Berlin+49 (0)30 41 71 72 21

    [email protected]

    www.cccdeutschland.org

    ber den Autor:

    Professor David Grayson (Commander of the British Empire) kam im April 2007 nach 30 Jahren als sozialer Unternehmer

    und Aktivist fr verantwortungsvolles Unternehmertum, Diversitt und die Entwicklung von mittelstndischen Unternehmenals Direktor des neuen Doughty Centre for Corporate Responsibility an die Cranfield School of Management. Er war Vor-

    sitzender des britischen Disability Councils sowie verschiedener weiterer Regierungsgremien und diente als Joint Mana-

    ging Director von Business in the Community. Er ist Visiting Senior Fellow der CSR-Initiative an der Kennedy School of

    Government in Harvard. Er hat einen Magisterabschluss der Universitten Cambridge und Brssel und einen Ehrendoktor

    der London South Bank University inne. Er war Visiting Fellow an verschiedenen britischen und amerikanischen Wirtschafts-

    hochschulen. Zu seinen Bchern zhlen Corporate Social Opportunity: Seven Steps to make Corporate Social Respon-

    sibility work for your business (Greenleaf - 2004 http://www.greenleaf-publishing.com) und Everybody's Business (2001)

    beide mit Adrian Hodges geschrieben. Er ist auch Vorsitzender von Housing 21, einem der fhrenden Anbieter von

    betreutem Wohnen und Pflegeunterknften fr ltere (http://www.housing21.co.uk).

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    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Zusammenfassung

    I. Einleitung

    II. Vorbemerkungen

    III. Wie berichten die Medien gegenwrtig ber CR, und wie knnte dies in Zukunft aussehen?

    Was zhlt als CR-Story?

    Aufforderung zum Handeln

    Der Einfluss von Kosten

    Ist das typisch fr CR?

    Sind wir selbst unser schlimmster Feind?

    Andere Medien

    IV. Die Corporate Responsibility der Medien selbst

    a. Redaktionelle Grundstze und Meinungsfreiheit

    b. Privatsphre und ffentliche Anstandsregeln

    c. Werbung

    d. Bildungs- und Informationsauftrag

    Fazit

    V. Welche Auswirkung haben die neuen Medien?

    Ein Ort des Gesprchs Brgerjournalismus

    Was bedeutet das fr Unternehmen?

    VI. Corporate Responsibility in den neuen Medien

    VII. Handlungsoptionen: Die Rolle von Unternehmen und CR-Zusammenschlssen

    a. Einzelunternehmen

    b. Schnittstellenorganisationen im Bereich Corporate Responsibility

    VIII. Fazit

    IX. Danksagung

    Inhalt

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    2021

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    Eine neue Art des Wirtschaftens, bloe Rhetorik oder

    nichts weiter als schmckendes Beiwerk? Medien

    haben die Macht, Corporate Citizenship im ffentlichenDiskurs zu adeln oder aber zur Randerscheinung zu

    degradieren: durch entsprechendes Agenda-Setting,

    durch glaubwrdige Information fr eine kritische ffent-

    lichkeit und nicht zuletzt durch die Anerkennung, die ein

    Zeitungs- oder Fernsehbericht fr ein engagiertes Unter-

    nehmen bedeutet. So sind sich Unternehmen und Exper-

    ten in gelegentlichen Diskussionen ber die Bedeutung

    der Medien fr Corporate Citizenship bzw. Corporate

    Responsibility in aller Regel sehr rasch sehr einig in der

    gemeinsamen Klage, dass zu selten ber diese Themen

    berichtet wird.

    Indessen greift diese Klage zu kurz: es gibt viel mehr zu

    sagen, zu diskutieren und nachzudenken ber die Frage,

    wie die Medien das gesellschaftliche Engagement von

    Unternehmen, verantwortliches und nachhaltiges Wirt-

    schaften und neue Kooperationen zwischen Unterneh-

    men, Zivilgesellschaft und Staat befrdern knnen.

    Mit der zweiten Ausgabe der CCCDebatte, die wir Ihnen

    hiermit vorlegen, mchte das CCCD dieser wichtigen Dis-

    kussion eine neue, weiter reichende Perspektive geben.

    David Grayson, ein international renommierter CorporateResponsibility-Experte, richtet den Blick auch auf die Ver-

    antwortung der Medien selbst als Unternehmen in der

    Gesellschaft. Zum einen sind die Medien nicht nur Infor-

    mationslieferanten, sondern immer auch Wirtschaftsunter-

    nehmen bzw. im Falle der ffentlich-rechtlichen eigen-

    stndige Organisationen. Als solche stehen sie selbst in

    gesellschaftlicher Verantwortung fr ihre Produkte und

    deren Qualitt, fr die Arbeits- und Produktionsbedingun-

    gen sowie fr ihr eigenes gesellschaftliches Engagement

    als Unternehmen. Zum anderen besteht die Medienland-

    schaft schon lange nicht mehr nur aus den Printmedien,

    Rundfunk- und Fernsehsendern, die die Generation der

    Baby Boomerunmittelbar mit dem Begriff verbindet. Mit

    Internet, Wikipedia, virtuellen Social Networks usw. hat sich

    eine ganz neue Medienlandschaft herausgebildet, die

    neue Chancen und neue Herausforderungen fr Corpo-

    rate Citizenship birgt.

    Kurz: Diskussion ber die Rolle und Bedeutung der Medien

    fr Corporate Citizenship und Corporate Responsibility

    braucht einen neuen, erweiterten Bezugsrahmen, dersowohl die Doppelrolle der Medien zwischen Berichterstat-

    tung und Unternehmertum als auch die Neuen Medien

    einschliet. Diesen erweiterten Bezugsrahmen bietet

    David Graysons Artikel an, indem er die unterschiedlichen

    Facetten des Themas Corporate Responsibility und die

    Medien ausleuchtet und damit die Grundlage legt fr

    eine umfassendere Debatte, die ber die landlufigen

    Engfhrungen hinausfhrt.

    So ist auch diese CCCDebatte erneut eine Einladung zur

    Diskussion ber die Rolle(n) von Unternehmen in der

    Gesellschaft im Allgemeinen, die den Kern der CorporateCitizenship-Debatte ausmacht; und ber die Rolle(n) der

    Medien im Besonderen. Eine Diskussion, die im CCCD und

    darber hinaus Fortsetzungen finden wird. Interessierte fin-

    den auf www.cccdeutschland.org/kamingespraech2

    weitergehende Informationen wie etwa die Videodoku-

    mentation einer Diskussion mit David Grayson in Berlin und

    einen Artikel von Kristina Lsker (Sddeutsche Zeitung), die

    aus ihrer Sicht als engagierte Journalistin auf die Kritik an

    der mangelnden Berichterstattung repliziert.

    Fr diejenigen, die sich aktiv in die Diskussion einbringenmchten, gibt es auf www.cccdeutschland.org/cccde-

    batte Raum und Gelegenheit fr eigene Beitrge.

    Corporate Citizenship und Corporate Responsibility gewin-

    nen fr Unternehmen, Politik und Brgergesellschaft

    erkennbar immer mehr Bedeutung, werden zunehmend

    diskutiert und auch zunehmend praktiziert. Gleichwohl

    sprechen Wirtschaft, Brgergesellschaft und Politik in

    Deutschland noch immer eher ber- als miteinander. Die

    CCCDebatte will diesen unverbundenen Diskursen einen

    gemeinsamen Ort geben und das Gesprch miteinander

    ermglichen.

    Lesen Sie selbst und teilen Sie Ihre Gedanken dazu mit

    uns. See you on www.cccdeutschland.org/cccdebatte.

    Ihre

    - geschftsfhrendes Vorstandsmitglied -

    5

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Editorial

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    Im Jahr 2001 definierte die Europische Union Corporate

    Responsibility (CR) wie folgt: Ein Konzept, mit dessen Hilfe

    Unternehmen auf freiwilliger Basis soziale und Umwelt-

    schutzbelange in ihre Geschftsttigkeiten und ihren kom-munikativen Austausch mit Stakeholdern einbeziehen.1

    Verantwortungsbewusst ist ein Unternehmen dann, wenn

    es in Geschftszweck und -strategie ein Bekenntnis zu

    nachhaltigen Werten gegenber der Gesellschaft als

    ganzer ebenso wie gegenber den Shareholdern inte-

    griert und es offene und transparente Geschftspraktiken

    pflegt, die auf ethischen Werten und Respekt gegenber

    Mitarbeitern, Gemeinden und der Umwelt basieren.

    Dieser Aufsatz handelt von der Frage, wie in den Medien

    ber CR berichtet wird und wo die gesellschaftliche Ver-antwortung der Medien selbst liegt sowohl traditionelle

    als auch neue Medien.

    Traditionelle Medien umfassen Nachrichtenagentu-

    ren, Film, Druckmedien und Rundfunkkanle.

    Neue Medien umfassen das Internet und Mobiltelefo-

    ne, die aufstrebende Blogosphere und den so

    genannten Brgerjournalismus.

    Zwar hat die Medienberichterstattung ber CR in den letz-

    ten Jahren zugenommen, doch vieles von dem, was

    berichtet wird, hat keinen expliziten Bezug zum Begriff CR

    auch nicht in den Unternehmenspublikationen.

    Die Qualitt der Medienberichterstattung ist unterschied-

    lich. Wie CR-Themen behandelt werden, differiert zwischen

    Unternehmens-, Management- und allgemeinen Medien.

    Bei der Beschreibung muss man darauf achten, zwischen

    dem berechtigten Streben nach mehr Qualitt und

    Quantitt der Berichterstattung und dem vllig unrealisti-

    schen Wunsch nach unhinterfragten und unkritischen

    Berichten ber Unternehmensaktivitten zu unterscheiden.

    Whrend manche die begrenzte oder negative Berichter-

    stattung der Medien ber CR als Feindseligkeit oder Igno-

    ranz der Medien gegenber Unternehmen kritisieren,

    knnte eine ausgeglichenere und anspruchsvollere Beur-

    teilung zu dem Ergebnis gelangen, dass sowohl Unterneh-

    men als auch Medien intensiver nach Wegen suchen

    mssen, um verantwortungsbewusstes Unternehmertum

    und Corporate-Sustainability-Themen so zu erklren, dass

    sie fr Leser nachvollziehbar und relevant werden und

    dafr ist eine bessere Unterscheidung zwischen einzelnen

    Botschaften, Medien und Zielgruppen entscheidend.

    Serise Journalisten sind gegenber Unternehmen, die

    offen ber ihre CR-Herausforderungen und versumnisse

    und darber reden, wie diese angegangen werden kn-

    nen, viel aufgeschlossener als gegenber solchen Unter-

    nehmen, die eine unkritische Wiedergabe von Pressemit-

    teilungen erwarten.

    Medienunternehmen sollten sich als Unternehmen verant-

    wortungsbewusst verhalten. Wie jedes andere Unterneh-

    men in jeder anderen Branche, mssen sie die substan-

    tiellen und signifikanten Umwelt-, Sozial- und Fhrungsthe-

    men kennen und versuchen, negative Auswirkungen zu

    verhindern und positive zu vermehren. Die Kernthemen

    der CR von Medienunternehmen sind: transparente und

    verantwortungsbewusste Herausgeberpolit ik, unpar-

    teiische und ausgewogene Berichterstattung, Presse- und

    Meinungsfreiheit, mediale Orientierungskompetenz unddigitale Spaltung.

    Neue Medien wie Blogs, RSS-Feeds, Google Books, Pod-

    casts, Vidcasts, Online-Video (YouTube, blimptv etc.),

    soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Affiliate-Programme,

    Word-of-Mouth-Marketing, Viralmarketing, Second Life,

    Online-Spiele, virtuelle Verkaufsshows, Online-Communi-

    ties, E-Books usw. werden weltweit immer wichtiger. Die

    Grenzen zwischen traditionellen und neuen Medien verwi-

    schen zusehends. Zeitungen und Rundfunksender haben

    Websites, und Journalisten bloggen traditionelle Medien

    erschaffen immer mehr Produkte und Formate, die ihren

    Ursprung in den neuen Medien haben.

    Die wachsende Bedeutung der neuen Medien erzeugt

    hohen Druck zu mehr Verantwortlichkeit und Transparenz,

    aber auch dazu, mehr Informationen schneller zugng-

    lich zu machen.

    Bestimmte CR-Themen wie Schutz der Privatsphre, Sorg-

    falt und allgemeine Zugnglichkeit sowohl Freiheit der

    Information in manchen Teilen der Welt als auch umge-

    kehrt Schutz gefhrdeter Gruppen vor dem Zugang zubestimmten Websites und Inhalten (z. B. drfen Kinder kei-

    nen Zugang zu pornographischen Websites haben) sind

    fr neue Medien besonders relevant.

    Globale Medien werden sich weiterhin schnell weiterver-

    breiten, dies auf potentiell immer wieder neue und uner-

    wartete Weise. Es ist unausweichlich, dass Unternehmen

    und CR-Befrworter offensiver und aktiver Unternehmens-

    ziele, die Auswirkungen verantwortungsbewussten Han-

    delns sowie die Versuche, durch individuelles unternehme-

    rischen Handeln die negativen Auswirkungen auf Umwelt

    und Gesellschaft zu verringern, verstndlich machen.

    6

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Zusammenfassung

    1 EU Commission Green Paper 2001: Promoting a European Framework

    for Corporate Social Responsibility, COM (2001) 366 Final.

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    Wirtschaftsunternehmen spielen in der modernen Gesell-

    schaft eine bedeutende Rolle. Es ist wichtig, wie sie sich

    verhalten, wie sie gefhrt werden und mit anderen Berei-

    chen der Gesellschaft interagieren. Der verstorbene Clau-de-Jean Bertrand, Professor des franzsischen Presseinsti-

    tuts IFP, schrieb einmal: Ohne gut informierte Brger kann

    es keine Demokratie geben. Ohne qualitativ hochwertige

    Medien kann es keine gut informierten Brger geben. 2

    Andererseits mssen die Medien auch seris ber die

    Rolle und die Verantwortung von Unternehmen berichten,

    um eine vernnftige Debatte ber diese Themen zu

    ermglichen. Die Rolle der Medien selbst ist jedoch zwie-

    spltig: einerseits berichten sie ber Unternehmen, ande-

    rerseits sind sie selbst Unternehmen. Durch ihre Mglich-

    keiten der Information, der Erziehung und der Einflussnah-me haben Medienunternehmen eine weitreichende Wir-

    kung auf Mrkte und Gesellschaften. Und durch ihre eige-

    nen Inhalte und die Werbung, die sie schalten, haben sie

    einen starken Einfluss auf globale Konsummuster. Somit

    sind sie ein entscheidender Faktor bei der Frage, ob der

    Planet zu einer nachhaltigen Entwicklung finden wird.

    Ich mchte vier wichtige Punkte behandeln (Vgl. Abb.1):

    1. Wie berichten die Medien gegenwrtig ber Corpora-

    te Responsibility, und wie knnte dies in Zukunft ausse-hen?

    2. Worin liegt die eigene Corporate Responsibility der

    Medien?

    3. Welche Auswirkungen haben die neuen Medien auf die

    CR-Berichterstattung?

    4. Worin liegt die eigene Corporate Responsibility der

    neuen Medien?

    Ich mchte abschlieen mit einigen Anmerkungen zur

    Verantwortung und Rolle der Wirtschaftsunternehmen

    selbst sowie von Organisationen, die an der Schnittstelle

    zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft

    ttig sind, z. B. das CCCD (Centrum fr Corporate Citizen-

    ship Deutschland).

    7

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    I. EINLEITUNG

    Was zhlt als Berichterstattung: CR als

    Begriff oder Thema?

    Was ist mit besserer Berichterstattung

    gemeint: unkritisches bernehmenvon PR oder ernsthafte Diskussion?

    Was sind Hindernisse fr seriseBerichterstattung, und wie lassen sie

    sich berwinden?

    Fairness, Genauigkeit, freier Zugang

    Stil und Anstand sowie Gleichgewicht

    konkurrierender Verantwortlichkeiten in

    einer multikulturellen Welt

    Wer berichtet ber die CR von

    Medienunternehmen, bei starkerMedienkonzentration?

    Folgen der neuen medialen Revolu-

    tion

    Brgerjournalismus und weniger Res-sourcen fr klassischen investigativen

    Journalismus

    Verstndnis fr die Nutzung neuer

    Medien

    Wer kontrolliert die Ethik der neuen

    Medien?

    Ausgleich zwischen divergierendemnationalem Recht fr nationale Gren-

    zen berschreitende Online-Unter-

    nehmen.

    Zugangskontrolle fr gefhrdeteGruppen / Digitale Spaltung.

    CORPORATE RESPONSIBILITY

    in den...

    CORPORATE RESPONSIBILITY

    der...

    ... Traditionellen Medien

    ... Neuen Medien

    Abbildung 1: CR und Medien

    2 Media ethics & accountability systems - von Claude-Jean Bertrand -

    New Brunswick, NJ, Transaction Publishers, 2000

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    Um sicherzustellen, dass die Begrifflichkeiten klar sind,

    mchte ich zuerst meine Definition von Corporate

    Responsibility erlutern.

    Im Jahr 2001 definierte die Europische Union CR wie

    folgt: Ein Konzept, mit dessen Hilfe Unternehmen auf frei-

    williger Basis soziale und Umweltschutzbelange in ihre

    Geschftsttigkeiten und ihren kommunikativen Aus-

    tausch mit Stakeholdern einbeziehen.3 Verantwortungs-

    bewusst ist ein Unternehmen dann, wenn es in Geschfts-

    zweck und -strategie ein Bekenntnis zu nachhaltigen Wer-

    ten gegenber der Gesellschaft als ganzer ebenso wie

    gegenber den Shareholdern integriert und es offene und

    transparente Geschftspraktiken pflegt, die auf ethischen

    Werten und Respekt gegenber Mitarbeitern, Gemeindenund der Umwelt basieren.

    Fr mich bedeutet Corporate Responsibility bzw. verant-

    wortungsvolles Verhalten von Unternehmen, dass diese

    versuchen, ihren negativen Einfluss auf Umwelt und

    Gesellschaft zu minimieren und ihren positiven Einfluss zu

    maximieren. Sie versuchen, die Interessen der Stakeholder

    so auszugleichen, dass das Unternehmen zum Wohl der

    Menschen und des Planeten wirtschaftet und dabei

    gleichwohl profitabel bleibt.

    Adrian Hodges vomInternational Business Leaders Forum

    und ich argumentierten 2004 in unserem Buch Corpora-

    te Social Opportunity4, dass ein Unternehmen ungeach-

    tet seiner Gre CR nicht einfach als Konzept dem ope-

    rativen Geschft berstlpen darf, sondern es in den

    Zweck und die Strategie des Unternehmens einbinden

    muss. Unternehmen sollten nicht nur die Vermeidung

    mglicher Risiken bedenken, die sich durch ihr gesell-

    schaftliches Engagement ergibt, sondern auch, dass ehr-

    liches Eintreten fr verantwortungsvolles Unternehmertum

    eine Quelle der Kreativitt und Innovation sein kann. Kurz

    und knapp: Corporate Social Opportunity durch Corpora-te Social Responsibility durch die bernahme gesell-

    schaftlicher Verantwortung erffnen sich einem Unterneh-

    men neue Mglichkeiten!

    Corporate Social Opportunity beschreibt sowohl eine

    unternehmerische Mentalitt als auch spezifische Produk-

    te und Dienstleistungen. Ich definiere Corporate Social

    Opportunities als kommerziell attraktive Aktivitten, die

    zugleich kologische und/oder soziale Nachhaltigkeit

    befrdern. Drei solcher Aktivitten lassen sich unterschei-

    den:

    neue Produkte und Dienstleistungen;

    neue oder noch unentwickelte Mrkte bedienen;

    Entwicklung neuer Geschftsmodelle in F&E

    (Forschung und Entwicklung), Finanzierung, Marketing

    und Vertrieb hufig im Rahmen von Partnerschaften

    mit kommunalen Organisationen, nicht-staatlichen

    Organisationen oder selbst dem ffentlichen Sektor.

    Ein gutes Beispiel fr eine solche Corporate-Social-Oppor-

    tunity-Mentalitt ist der britische Fruchtsmoothie-Produzent

    innocent drinks, der sein Engagement fr Nachhaltigkeit

    zu einem festen Bestandteil seiner Marke gemacht hat.

    Seit der Verffentlichung unseres Buchs Corporate Social

    Opportunity ist die Zahl der Beispiele beachtlich gestie-

    gen:

    die grnen Produkte der Ecomagination-Reihe vonGE,

    die Initiative Patrimonio Hoy des mexikanischen

    Zementherstellers Cemex, der in Lateinamerika einen

    innovativen und rentablen Weg im Wohnungsbau fr

    einkommensschwache Familien aufgezeigt hat,

    Accenture Development Partnerships, die internatio-

    nale Nichtregierungsorganisationen im Entwicklungs-

    bereich beraten,

    BTs Vermarktung seines eigenen internetbasierten

    Umweltmanagementsystems.

    Die neuesten Berichte globaler Beratungsunternehmen

    und Investmentbanken besttigen, dass es ein Potenzial

    fr rentable Produkte und Dienstleistungen im Nachhaltig-

    keits- und Corporate-Responsibil ity-Sektor gibt. So bieten z.

    B. im SUSTAIN-Bericht von Goldman Sachs (2007) die

    Investmentanalysten der Bank eine nach Sektoren aufge-

    schlsselte Liste der Unternehmen, die sie fr gut aufge-

    stellt halten, um ihren Vorsprung im Bereich Nachhaltigkeit

    gegenber den Nachzglern auszuspielen.5

    8

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    II. VORBEMERKUNGEN

    3 vgl. Anm. 1

    4 Corporate Social Opportunity: making Corporate Social Responsibility

    work for your business Grayson and Hodges (Greenleaf 2004)

    5 Weiteres Material zu Corporate Social Opportunity siehe: http://

    www.doughtycentre.info

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    Der Bericht des Beratungsunternehmens SustainAbility

    Good News and Bad The Media, Corporate SocialResponsibility and Sustainable Development stellt 2002

    fest:

    Jeder, der heute die Berichterstattung ber CSR und

    nachhaltige Entwicklung mit der Berichterstattung vor

    einem oder zwei Jahrzehnten vergleicht, muss einen

    enormen Fortschritt feststellen. 6

    Sieben Jahre spter trifft diese Feststellung noch mehr zu.

    Einfache Statistiken zeigen, dass die Berichterstattung

    zugenommen hat auch wenn nicht klar ist, wie viele der

    Fundstellen in den Medien tatschlich Nachrichten ber

    CR-Aktivitten sind oder von Unternehmen finanzierte Zei-

    tungsbeilagen (Vgl. Abb.2).

    Meine persnliche Erfahrung belegt dies. Ich werde regel-

    mig von Journalisten aus der ganzen Welt zum Thema

    CR interviewt, und normalerweise sind deren Fragen

    uerst kompetent und grndlich.

    Was zhlt als CR-Story?

    Von allen Artikeln in den Medien ber Unternehmen in der

    Gesellschaft, die ich als CR-Stories zhlen wrde, wird nur

    ein kleiner Anteil so erfasst, weil dabei die Begriffe CRbzw. CSR nicht explizit verwendet werden. Ebenso zeigen

    viele vor allem mittelstndische Unternehmen ein Verhal-

    ten, das man als verantwortungsvoll bzw. als CR bezeich-

    nen wrde, obwohl sie das selbst nicht so beschreiben

    bzw. nicht diesen Begriff verwenden wrden. Viele Artikelbehandeln Themen wie die Auswirkung unternehmeri-

    schen Handelns auf den Klimawandel oder Wasserman-

    gel oder die Rolle eines Unternehmens bei der Bekmp-

    fung von Fettleibigkeit oder Altersdiskriminierung. Die jng-

    ste, umfangreiche Berichterstattung ber die Finanzkrise

    und das damit verbundene Verhalten von Unternehmen

    (man denke z. B. an exzessive Managergehlter und

    Bonuszahlungen fr Misserfolge) ist beispielhaft fr Berich-

    te ber CR, die diesen Begriff nicht explizit verwenden.

    Und in der Tat sagen manche Kommentatoren, dass die

    Diskussion ber CR als CR auf die Management-Seiten

    begrenzt bleiben sollte, weil CR ein Management-Prozess

    und eine Frage der Geschftsmentalitt sei. Giles Gib-

    bons vom CR-Berater Good Business sagt:

    Abgesehen von der Diskussion um CR als Management-

    Idee sollte die Mediendiskussion nicht CR als Ganzes

    behandeln, sondern sich darum drehen, wie z. B. Nike

    oder Coca Cola ihre Produktionskette gestalten oder wie

    sie ihren Anteil an der Umweltzerstrung verringern kn-

    nen.

    9

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    III. WIE BERICHTEN DIE MEDIEN GEGENWRTIG BER CR, UND WIE

    KNNTE DIES IN ZUKUNFT AUSSEHEN?

    6 Good News and Bad The Media, Corporate Social Responsibility and

    Sustainable Development. SustainAbility erstellte diesen Bericht zusammen

    mit UNEP and Ketchum, 2002.

    7 Daten von Covalence: http://www.covalence.ch.

    3500

    3000

    2500

    2000

    1500

    1000

    500

    0Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan Apr Jul Oct Jan

    2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009

    Abbildung 2: Convalence EthicalQuote news volume (12 months moving average)

    Source: Covalence, Switzerland 7.

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    Giles nennt das Beispiel einer Titelschlagzeile des Boule-

    vardblatts The Sun, das ber Starbucks-Coffeeshops

    berichtet, die ihre Wasserhhne permanent laufen lassen,

    um den Abwasch zu beschleunigen: Das war keine Story

    in der Kategorie CR, aber sie handelte von CR. Giles Gib-

    bons argumentiert und ich stimme ihm zu , dass der

    Begriff CR in den Publikumsmedien nicht auftauchen

    muss.

    Doch ist das zentrale Argument der vorliegenden Arbeit,

    dass die traditionellen Medien mit einigen namhaften

    Ausnahmen dem Thema CR nicht die Bedeutung und

    Ernsthaftigkeit zukommen lassen, die es meiner Meinung

    nach verdient. Zu oft wird CR noch immer mit Dienst an

    der Gesellschaft und wohlttigen Gaben gleichgesetzt.

    Zu den namhaften Ausnahmen zhle ich die Financial

    Times, die sich dem Thema CR regelmig mit beispiel-

    hafter Seriositt und in beispielhaftem Umfang widmet.Soweit ich wei, hat die International Herald Tribune CR

    ebenfalls zum Schwerpunktthema gemacht. Auch neue

    Fachmedien sind entstanden, z. B. Ethical Corporation

    (http://www.ethicalcorp.com), Corporate Citizenship Brief-

    ing (http://www.ccbriefing.co.uk) undEthical Performance

    (http://www.ethicalperformance. com). Es gibt mittlerweile

    auch spezialisierte Mediendienste wie ENDS Daily

    (http://www.endseurope. com) und CSRWire (http://

    www.csrwire.com).

    Aufforderung zum Handeln

    Obwohl ich heute eine Professur fr Corporate Responsibi-

    lity innehabe, bin ich kein unvoreingenommener, unpar-

    teiischer wissenschaftlicher Beobachter! Seit langem

    schon trete ich fr das Prinzip des verantwortungsbewuss-

    ten Unternehmens ein und wnsche mir deswegen seri-

    sere, besser informierte, tiefergehende und hufigere

    Berichte ber CR, die Folgendes beinhalten:

    Was CR fr Unternehmen bedeutet;

    Warum dieses Thema fr Unternehmen wichtig ist;

    Warum es fr die Gesellschaft wichtig ist fr Leser,Zuschauer und Zuhrer, die auch Arbeitnehmer, Kun-

    den, Teilhaber an Unternehmen (durch Rentenanspr-

    che und Spareinlagen) oder ganz normale Brger

    sind.

    Mein Interesse gilt also mehr und besserer Berichterstat-

    tung ber CR. Dabei ist mir klar, dass manche der Forde-

    rungen nach mehr und besserer Berichterstattung

    eigentlich bedeuten: Warum drucken die Medien denn

    nicht unsere Presseerklrungen und schreiben nette

    Geschichten ber die Groherzigkeit unseres Unterneh-mens, anstatt sich auf unsere bedauernswerten morali-

    schen Verfehlungen zu konzentrieren! Die Medien dek-

    ken in ihrer Berichterstattung eher die Verantwortungslosig-

    keit von Unternehmen auf als deren verantwortungsvolles

    Verhalten. Das ist eine wichtige Rolle der Medien in der

    Gesellschaft gem den traditionellen Fleet-Street-Prin-

    zipien die Gesellschaft vor Verfehlungen zu schtzen,

    Fehlverhalten aufzudecken und publik zu machen und

    ein wachsames und kritisches Auge auf gesellschaftliche

    Autoritten zu halten. Die drohende Blostellung durch

    die Medien ist ein mchtiges Gegenmittel gegen

    schlechtes Verhalten wie die politische Klasse Grobri-

    tanniens im Sommer 2009 mit Hilfe der Medienberichte

    ber die Spesenpraxis von Parlamentariern feststellte.

    Es geht also nicht um unkritische Berichterstattung ber CR.

    Fr gute Journalisten ist gesunde Skepsis uerst wichtig

    sie darf nur nicht zu Zynismus werden. Ich meine vielmehr

    serise Berichte, die das Dilemma beleuchten, in dem

    sich Unternehmen befinden. Ich bin der Meinung, dass es

    Aufgabe der Medien ist, zu erklren und zu informieren.

    Man muss jedoch festhalten, dass auer ffentlich-recht-

    lichen Anstalten wie derBBC oderPBS in den USA,ABC in

    Australien oderARD undZDF in Deutschland die meisten

    Medien Unternehmen sind und wenn sie nicht dauerhaft

    liefern, was ihre Kunden nachfragen, werden sie nicht

    bestehen knnen.

    Es heit, dass die Aufmerksamkeitsspanne der ffentlich-

    keit immer kleiner werde, dass wir Nachrichten und Mei-

    nungen in einfach verdaulichen Hppchen verpackt

    haben wollten und dass dies zum allgemeinen Niveau-

    verfall in den Medien gefhrt habe. Ich will an dieser Stel-

    le nicht errtern, ob daran das Bildungswesen oder die

    allgemeine Beschleunigung des modernen Lebens

    schuld ist oder ob die Medien Mitlufer oder Vorlufer bei

    diesem Hppchen-Journalismus sind. Das Resultat die-

    ser Entwicklung ist jedoch, dass die Berichterstattung ber

    CR in den Redaktionssitzungen zu kurz kommt, da sie Ana-

    lyse und Kontextualisierung erfordert und eher Prozesse als

    handfeste Ereignisse zum Gegenstand hat, kurz: da sie

    nicht zum Hppchen-Journalismus passen mag.

    Im schon erwhnten Sustainability-Bericht steht:

    Es berrascht nicht, dass CSR und nachhaltige Entwick-

    lung oft zu kurz kommen. Diese Themen passen einfach

    nicht zu den Vorlieben und Berichterstattungsmustern der

    etablierten Nachrichten. blicherweise handelt es sich

    eher um Prozesse als um Ereignisse und von Frank Allen

    wissen wir, dass 'diese Geschichten nicht pltzlich hervor-

    brechen, sondern langsam durchsickern!' Solche

    Geschichten erfordern oft mehr Platz als andere The-

    men. So erinnert uns John Nielsen, Korrespondent fr

    Umweltthemen bei NPR (National Public Radio) daran,

    dass 'man die Zuhrer bei Umweltthemen wirklich bildenmuss. Wenn man ber Kriminalitt berichtet, muss man

    den Zuhrern nicht erst erklren, was ein Raubberfall ist.'

    Und hufig sind CR- und Nachhaltigkeitsthemen eher

    komplex und vielschichtig als klar und einfach. Dazu

    10

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    11/28

    kommt das Fehlen des Sex- und Promifaktors, und man

    hat eine Nachricht, die gerne bersehen wird. 8

    Der erfahrene frhere Journalist Roger Cowe, der jetzt fr

    die Beratungsfirma Contextarbeitet, behauptet, dass es

    heute mehr Geschichten darber gibt, wie Unternehmen

    mit dem Klimawandel umgehen und wie sie zur gesell-

    schaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie den

    Debatten ber Zugang zu Produkten und Dienstleistungen

    beitragen, und dass die wirkliche Schwierigkeit darin

    besteht, dass es sich bei diesen Themen um Material fr

    Reportagen und nicht um eine Nachricht handelt. Dazu

    kommt, dass es meistens auch noch positive Nachrich-

    ten sind, ber die die etablierten Medien ohnehin ungern

    berichten. 9

    Der leitende Rabbiner Grobritanniens, Sir Jonathan

    Sachs, stellt fest:

    Die Medien sind ein wenig wie eine griechische Trag-

    die. Sie leben von Dramen und Konflikten; sie sind vom

    Wesen her auf Gegenstzen aufgebaut, was das Pro-

    blem manchmal vergrert anstatt der Lsung dienlich

    zu sein [...] Manchmal funktionieren sie sehr simpel. Klei-

    ne Gruppen mit dem Wunsch nach Publicity knnen

    unfassbare Dinge tun, die dann mehr Berichterstattung

    erhalten als es ihre Stellung eigentlich rechtfertigt [...] Wie

    geht man damit um? Man kann die Medien nicht ein-

    fach auffordern, 'zum Wohl der Menschheit bitte langwei-

    lig zu sein und nur ber gute Nachrichten zu berichten.'10

    Der Einfluss von Kosten

    Der Zwang zu Kostenreduzierungen in den Medien hat

    das Problem der Ressourcenknappheit fr grndliche

    Berichterstattung noch intensiviert. 2006 war ich bei einem

    Vortrag eines erfahrenen Fernsehnachrichtensprechers. Er

    berichtete ber den subtilen Kostendruck, der auf die Pro-

    duzenten von Fernsehnachrichten lastet: bernimmt man

    den Live-Bericht eines Meetings in New York, der gnstig

    nach London bertragen werden kann oder bernimmtman einen Bericht aus z. B. Kinshasa, fr den die Kosten

    betrchtlich hher sind und wo die technische Verbin-

    dung problematisch sein kann. Was fr uns zu einer Nach-

    richt wird, hngt zum groen Teil davon ab, wie teuer es

    fr das Medienunternehmen ist, uns diese Geschichten zu

    liefern.

    Und Aidan White, Generalsekretr der Internationalen

    Journalisten-Fderation, sagte 2003 beim Weltwirtschafts-

    forum in Davos:

    Journalismus basiert auf Nachforschungen ber das,

    was Menschen sagen und tun. Investigative Nachfor-

    schungen leiden jedoch unter zurckgehenden Investi-

    tionen und Konzentrationsbewegungen im Nachrichten-

    wesen. Die Medien sind zu oft ihrer Zeit hinterher, obwohl

    sie eigentlich die Debatten anfhren sollten.

    In seinem Buch Blessed Unrest11vergleicht der langjhri-

    ge Umweltaktivist Paul Hawken den Platz, den die Los

    Angeles Times einer Zerstrungstour von drei Studenten

    einrumte, die 125 Gelndewagen beschdigten bzw.

    zerstrten, mit dem Platz, den sie fr den wegweisenden

    Weltkosystem-Bericht der Vereinten Nationen aufbrach-

    te. Hawkens Berechnungen zufolge berichtete die LA

    Times 100 mal mehr ber die randalierenden Studenten

    als ber den Weltkosystem-Bericht.

    Ist das typisch fr CR?

    Im selben Buch beschreibt Hawken auch, wie ihn ein

    Reporter von Newsweek nach den fhrenden Persnlich-

    keiten in der globalen Umweltbewegung fragte. Hawkensbegann, eine Liste von Namen aufzuzhlen, doch nur,

    um unterbrochen zu werden: Stopp! Damit kann ich

    nichts anfangen. Kein Amerikaner hat je von denen

    gehrt!, zitiert er den Reporter.12

    Inwieweit liegt die relativ geringe Anzahl an Medienberich-

    ten spezifisch am Thema CR? Oder ist sie symptomatisch

    fr die Medien, die oft seitenlange Geschichten ber Pro-

    minente einer serisen Debatte vorzuziehen scheinen?13

    In manchen Lndern hat man den Eindruck, dass die feh-

    lende serise Berichterstattung ber CR auch das wider-

    spiegelt, was einige die allgemein negative Einstellung

    gegenber Wirtschaftsunternehmen bei einem Groteil

    der Medien nennen. Der ehemalige Vorsitzende der briti-

    schen Arbeitgebervereinigung CBI, (jetzt Lord) Digby

    Jones wandte sich sogar einmal an die Macher der

    erfolgreichen britischen Seifenoper Coronation Street, um

    sich darber zu beschweren, dass sich ein Manager in der

    Serie als Serienkiller entpuppt hatte. Jeder hasst Mana-

    ger, war die Antwort. Und fr Jones war das genau die Art

    irrationaler Voreingenommenheit, welche die Mitglieder

    seiner Organisation tagtglich erleben.

    11

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    8 SustainAbility. Good News and Bad - The Media, Corporate Social

    Responsibility and Sustainable Development. 2002.

    9 Bemerkung dem Autor gegenber im Mai 2009

    10 The dignity of difference how to avoid the clash of civilisations

    Jonathan Sacks Continuum 2002

    11 Blessed Unrest: How the Largest Movement in the World Came into

    Being and Why No One Saw It Coming von Paul Hawken: Erstverf-

    fentlichung 2007 bei Viking Penguin, Teil von Penguin (USA) Inc. ISBN: 978-

    0-670-03852-7 (2007)

    12 Blessed Unrest S. 19

    13 Natrlich nutzen einige Prominente ihren gesellschaftlichen Status, um

    uerst effektiv Einfluss zu nehmen auf politische/CR-Themen; z. B. Sir Ian

    McKellen (Rechte von Homosexuellen), Bob Geldof (Hunger/Afrika), Bono

    (AIDS/Armut), Joanna Lumley (Gurkas).

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    12/28

    Andererseits stellte Roger Alton (The Editor, The Observer)

    in seiner Erffnungsrede beim jhrlichen PR Week PR

    Forum in Chepstow am 23. November 2005 fest:

    Diese Generation ist marken- und medienbewusst. Und

    je mchtiger Unternehmen werden, desto mehr Druck

    liegt auf den Medien, deren Schwchen und Misserfolge

    ans Tageslicht zu bringen, so wie sie es heute schon mit

    Politikern machen. Wie stellen die Medien das an, wo sie

    doch selbst Teil dieser multinationalen Unternehmen

    sind? 14

    Vielleicht haben ja Teile der Medien auer ihrer Feindse-

    ligkeit den Wirtschaftsunternehmen gegenber nicht

    genug Interesse an bzw. zu wenig Wissen ber das

    Geschftsleben. Ist das nicht zumindest teilweise eine

    Erklrung fr die uerst eingeschrnkte Berichterstattung

    im Vorfeld der globalen Finanzkrise? Ich wei, dass sicheinige Journalisten als Folge der Weltfinanzkrise jetzt dafr

    kasteien, dass sie zu wenig ber die Welt des Business wis-

    sen und schwren, in Zukunft mehr ber unternehmeri-

    sches Handeln zu lernen. In Grobritannien haben wir

    eine extensive und exzellente Sportberichterstattung, weil

    wir Sportjournalisten mit einer echten Liebe zum Sport

    haben. Haben wir auch viele Wirtschaftsjournalisten, die

    Wirtschaft wirklich lieben?

    Natrlich sind die Medien keine homogene Einheit, und

    Leser bzw. Zuschauer whlen unterschiedliche Medienar-

    ten auf der Grundlage ihrer Wnsche und Bedrfnisse aus.

    Die einzelnen Medienunternehmen mssen ihre Kunden

    verstehen. Im Nachhaltigkeitsbericht der britischen Zei-

    tung The Guardian aus dem Jahr 2008 findet man eine

    interessante Leserbefragung, die das Interesse aufzeigt,

    das die Leser des Guardian daran haben, dass CR in die

    Reihe der von der Zeitung behandelten Themen aufge-

    nommen wird.15

    Unternehmen sind im Allgemeinen zurckhaltend, wenn

    es darum geht, ber ihre Probleme und Fehlschlge zu

    reden. Sarah Murray, Journalistin bei der Financial Times,die regelmig ber CR schreibt, rt:

    Unternehmen mssen sich darauf einstellen, offener

    dafr zu sein, wie sie ihre CR-Stories erzhlen, nmlich

    ungeschnt. Die Financial Times, die weder mit Alarmi-

    sten noch mit PR-Texten nachsichtig ist, sondern ber CR

    in Begriffen von Unternehmenschancen und risiken und

    Managementherausforderungen berichtet, wird stets

    mehr Interesse fr eine Firma zeigen, die ehrlich ber

    ihre Schwierigkeiten und ber den Weg, diese zu ber-

    winden, als fr ein Unternehmen, das einfach eine Good-News-Geschichte erzhlen will. 16

    Um die Worte eines frheren Journalisten zu benutzen:

    Wenn ein Unternehmen ganz augenscheinlich versucht,

    sich ein grnes Mntelchen umzuhngen, wrden wirklich

    groe Journalisten versuchen, die Wahrheit ans Licht zu

    bringen, anstatt ber all die tollen Taten des Unterneh-

    mens zu schreiben.

    Auch wenn es nur ein technisches Detail zu sein scheint:

    Viele Kritiker derFinancial Times haben die Bedeutung der

    Redakteure und den Einfluss der Besitzer auf die Berichter-

    stattung kommentiert. Ein schlecht informierter oder nach-

    lssiger Redakteur kann eine gute Story verbiegen, indem

    er den Artikel krzt oder mit einer sensationslsternen

    Schlagzeile versieht.

    Ebenso wenig sollte man unterschtzen, dass wichtige

    Einzelpersonen in den Medien teilweise ber viel Macht

    verfgen, um die Haltung des jeweiligen Mediums zu

    einem bestimmten Thema berproportional stark zu

    beeinflussen. Schon seit meiner Jugend bin ich Abonnentdes Economist. Leider waren dessen Berichte ber CR-

    Themen jahrelang sehr einseitig negativ nicht nur in den

    Leitartikeln, sondern auch auf den gesamten Nachrich-

    tenseiten. Ich habe erfahren, dass diese starke Beeinflus-

    sung an der Einstellung lag, die ein bestimmter Journalist

    zu diesem Thema hatte. Seit er das Magazin 2005 verlas-

    sen hat, ist die Berichterstattung ausgeglichener am 18.

    Januar 2008 erschien eine gut recherchierte und ausge-

    glichene Beilage, und am 14. Mai 2009 ein neuerer

    Bericht im Nachrichtenteil.

    Sustainabilitystellt fest:

    CSR und nachhaltige Entwicklung sind fr die Leser und

    Zuschauer nicht automatisch abschreckend und lang-

    weilig. Man kann informieren und eingreifen, ohne dabei

    zu predigen oder Informationen mit dem Holzknppel zu

    vermitteln. Das Material fr gute und wichtige Geschich-

    ten selbst fr guten Journalismus ist vorhanden. Anstatt

    abzuschalten oder kein Interesse zu zeigen, begrt das

    Publikum Berichte zu CSR und nachhaltiger Entwicklung.

    Aber die Zuschauer geben sich nicht mit weniger Quali-

    tt zufrieden, nur weil das Thema einen Bericht wert ist. 17

    Sind wir selbst unser schlimmster Feind?

    Professor Michael Porter von der Harvard Business School18

    stellt die Frage, ob es uns die Unternehmen und die Ent-

    wickler von CR-Kampagnen nicht auch schwer machen,

    bei den Medien mehr Verstndnis fr Berichterstattung zu

    12

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    14 Quelle: Autor

    15 http://image.guardian.co.uk/sysfiles/Guardian/docments/2008/12/03/

    report2008.pdf

    16 Gesprch mit dem Autor, Juni 2009.

    17 UNEP and Ketchum. Good News and Bad The Media, Corporate

    Social Responsibility and Sus-tainable Development. 2002.

    18 Rede beim Kolloquium der European Academy for Business in Society

    (www.eabis.org), gehalten an der Copenhagen Business School im Sep-

    tember 2003.

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    13/28

    gewinnen, da die Begrifflichkeiten nicht klar genug defi-

    niert sind. Sicherlich wre ein grerer Konsens hinsichtlich

    der Bedeutung von Begriffen wie Corporate (Social)

    Responsibility, Corporate Sustainability, moralisch korrektes

    Verhalten, Corporate Accountability und deren wechsel-

    seitiger Beziehungen hilfreich. Vielleicht zeigt diese

    Begriffsverwirrung aber auch eine grundlegendere Unei-

    nigkeit bezglich der Rolle auf, die Unternehmen in der

    modernen Gesellschaft spielen sollten eine Debatte,

    die als Folge der Weltwirtschaftskrise wieder neu belebt

    wurde.

    In manchen Lndern wie Deutschland werden die defini-

    torischen Probleme umgangen, indem Autoren in Erman-

    gelung angemessener deutscher Begriffe englische

    Begriffe wie C(S)R oder Corporate Citizenship benutzen.

    Andere Medien

    Die Medien umfassen natrlich auch Bcher, Fernsehen

    und Kino. Man darf nicht vergessen, dass es in den ver-

    gangenen Jahren eine ganze Reihe von Filmen gab, die

    sich dem Thema gesellschaftliche Verantwortung oder

    vielmehr gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit von

    Unternehmen gewidmet haben (siehe Kasten). Das ist

    insofern bedeutend, als dass

    Filmemacher einen Weg gefunden haben, Stories

    ber Wirtschaft und Gesellschaft fr ein Mainstream-

    Publikum zu erschlieen entgegen der Behauptung,

    CR sei fr das groe Publikum nicht interessant;

    der Umstand, dass die meisten Filme die gesellschaft-

    liche Verantwortungslosigkeit thematisieren, den Punkt

    von Digby Jones besttigen, demzufolge Medien die

    Wirtschaft negativ betrachten;

    die Liste der Filme zeigt, dass viele Leute ihre Einscht-

    zung der Wirtschaft nicht durch Faktendarstellungen,

    sondern fiktionale Geschichten erlangen.

    Jeff Skoll (Mitbegrnder von eBay und anschlieend der

    Skoll Foundation: www.skollfoundation.org) hat die Macht

    des Kinos erkannt, Debatten ber gesellschaftliche und

    Umweltthemen auszulsen und hat geholfen, verschiedeneFilme aus der untenstehenden Aufzhlung zu finanzieren.19

    Ich gebe zu, dass diese Liste nur anglo-amerikanische

    Filme und beispielsweise keine Filme des indischen Sub-

    kontinents (Bollywood) enthlt.

    13

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    In Silkwood (1983) mit Meryl Streep geht es um ein Leck

    in einem Atomkraftwerk und den Versuch, die Verantwor-

    tungslosigkeit der Betreiber zu enthllen, die den Vorfall

    vertuschen wollen.

    Zivilprozess ist ein Film von 1998, in dem John Travolta als

    Anwalt fr die Familien verstorbener Kinder gegen einen

    groen Nahrungsmittelkonzern antritt. Dem Konzern wird

    vorgeworfen, fr eine Vergiftung der Kinder und die damit

    verbundene Krebserkrankung mit Todesfolge verantwort-

    lich zu sein.

    Erin Brockovich aus dem Jahr 2000 erzhlt die wahre

    Geschichte des Kampfes gegen die Machenschaften

    des amerikanischen Energieriesen PG & E.

    The Corporation ist ein kanadischer Dokumentarfilm von

    Joel Bakan von 2003, der moderne Unternehmen kritisch

    betrachtet. Er kategorisiert sie als Personentyp und bewer-

    tet ihr Verhalten der Gesellschaft und der Welt gegenber

    so, wie ein Psychologe dies mit einem Menschen tun

    wrde.

    Der Dokumentarfilm Super Size Me aus dem Jahr 2004

    von und mit dem unabhngigen Filmemacher Morgan

    Spurlock folgt einer Zeitspanne von 30 Tagen, in denen

    sich Spurlock ausschlielich von McDonalds Fast Food

    ernhrt und keinen Sport mehr treibt. Der Film dokumen-

    tiert die drastischen Auswirkungen dieses Lebensstils auf

    Spurlocks krperliches und geistiges Wohlbefinden und

    beleuchtet den Einfluss, den die Fast-Food-Industrie auf

    unser Leben ausbt, indem sie schlechte Ernhrung frdert.

    The Day After Tomorrowvon 2004 befasst sich mit den

    Auswirkungen der Erderwrmung.

    Der ewige Grtner ist ein Film aus dem Jahr 2005, derauf dem gleichnamigen Roman von John le Carr

    basiert. Darin geht es um groe Pharma-Unternehmen,

    die ohne Skrupel neue Medikamente an ahnungslosen

    Patienten in Afrika testen.

    In Syriana aus dem Jahr 2005 mit George Clooney und

    Matt Damon geht es um lunternehmen, die sich in die

    inneren Angelegenheiten des fiktiven Staats Syriana ein-

    mischen, um einen Herrscher, der ihre Interessen nicht

    teilt, durch einen gefgigeren zu ersetzen.

    >>

    19 http://www.ft.com/cms/s/2/9bdfb524-56dd-11de-9a1c-00144feab-

    dc0.html

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    14/2814

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Good Night, And Good Luck(2005) unter der Regie von

    George Clooney erzhlt die Geschichte eines Fernseh-

    senders und seiner Bemhungen, die Hexenjagd von

    Senator McCarthy in den USA der 50er-Jahre aufzudecken

    und beleuchtet den kommerziellen Druck und die mora-

    lischen Dilemmata, denen sich das TV-Unternehmen

    dabei ausgesetzt sah.

    Kaltes Land (2005) basiert auf einer wahren Geschichte

    des Kampfes um die Anerkennung der Rechte weiblicher

    Angestellter im Bergbausektor.

    Blood Diamond ist ein Film mit Leonardo DiCaprio aus

    dem Jahr 2006 und thematisiert den Abbau von Diaman-

    ten in Kriegsgebieten zur Finanzierung derselben Kriege.

    Thank You for Smoking ist eine Filmsatire von 2006, in der

    die Macht des Konzernlobbyismus im Allgemeinen und

    der Tabakindustrie im besonderen aufs Korn genommen

    wird.

    Eine unbequeme Wahrheit ist der mit einem Oscar pr-

    mierten Dokumentarfilm des frheren amerikanischen

    Vizeprsidenten Al Gore aus dem Jahr 2006 ber Klima-

    wandel und Erderwrmung.

    In The Age of Stupid (2008) unter der Regie von Franny

    Armstrong geht es ebenfalls um den Klimawandel.

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

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    Medienunternehmen sind selbst Unternehmen. Das hat

    nicht nur Auswirkungen auf ihre Rentabilitt, sondern im

    weitesten Sinne auch auf ihre unternehmerische Verant-

    wortung. Wie jedes andere Unternehmen mssen sie

    erkennen, wo ihre grten Einflussmglichkeiten auf die

    Umwelt, die Gesellschaft und die Fhrung ihres Unterneh-

    mens liegen. Den grten Einfluss ben die Medien durch

    die Art und Weise aus, wie sie Quellen belegen und Mate-

    rial prsentieren:

    a) Redaktionelle Grundstze und Meinungsfreiheit

    Wie berprfen Journalisten verantwortungsbewusst

    Fakten besonders im stark umkmpften 24-Stunden-

    Nachrichten-Rhythmus auf multiplen Medienkanlen,in dem der Druck, eine neue Story als erster zu brin-

    gen, enorm hoch sein kann?

    Wie prfen Redakteure, ob eine Geschichte wahr ist?

    Die New York Times wurde 2003 weithin kritisiert und

    ausgelacht, als herauskam, dass ihr Reporter Jayson

    Blair Teile seiner Berichte plagiiert oder komplett erfun-

    den hatte. Als Konsequenz aus der Affre traten der

    damalige Chefredakteur Howard Raines und der lei-

    tende Redakteur Gerald M. Boyd zurck. Selbst der

    erfahrene Fernsehjournalist Dan Rather wurde ertappt,

    wie er 2004 ber Unterstellungen bezglich des Natio-

    nalgardendienstes von Prsident Bush berichtete. Als

    Konsequenz verlngerte CBS seinen Vertrag nicht.

    Wie knnen Redakteure Transparenz bezglich der

    redaktionellen Grundstze sicherstellen? Wie ist es zu

    bewerten, wenn die Redaktionsmeinung von den

    Kommentarseiten einer Zeitung auf die Nachrichten-

    seiten hinber schwappt und Meinungen als Fakten

    prsentiert werden?

    Wie viel Freiheit drfen Redakteure und Herausgeberhaben, die Tendenz und Ausrichtung der Berichterstat-

    tung aufgrund ihrer persnlichen Meinung zu beein-

    flussen? Viele Zeitungen sind bekannt fr ihre Prferen-

    zen fr oder gegen bestimmte politische Parteien, und

    die Besitzer einiger groer Medienunternehmen

    haben klare politische Haltungen, die die redaktionel-

    le Arbeit beeinflussen.

    b) Privatsphre und ffentliche Anstandsregeln

    Wie finden die Medien einen Ausgleich zwischen demRecht der ffentlichkeit auf Information und dem

    Recht des Einzelnen auf Privatsphre? In Frankreich

    gibt es z. B. weitreichende Gesetze zum Schutz der Pri-

    vatsphre. In Grobritannien gab es jngst eine ganze

    Reihe von Ereignissen, die in den Medien groe

    Beachtung fanden, da aus vermeintlich ffentlichem

    Interesse die Privatrechte von Prominenten verletzt wur-

    den. Wo ist hier die Grenze? Das tragische Beispiel des

    Todes von Prinzessin Diana zeigte, dass Paparazzi-Foto-

    grafen auer Kontrolle geraten waren. Es sieht so aus,

    dass die Medien nur dann ber ihr Verhalten bei der

    Nachrichtenproduktion und verbreitung nachden-

    ken, wenn sie selbst zur negativen Nachricht werden.

    Eine Reaktion auf die Ereignisse um Diana bestand

    darin, dass man sich darauf einigte, die Kinder von

    Prominenten und ffentlichen Personen aus der

    Berichterstattung herauszuhalten. Dennoch wird die

    Privatsphre nach wie vor auch fr vllig unwichtige

    Nachrichten verletzt: Beispielhaft sei hier der Fall desPrsidenten des Formel 1-Verbandes, Max Mosley,

    erwhnt, ber dessen Privatleben eine Geschichte

    verbreitet wurde, die eher kommerziellen als Nachrich-

    tenwert hatte.

    Inwieweit stehen die Medien in der Verantwortung,

    gewisse Informationen oder Bilder aus Grnden des

    Anstands und des ffentlichen Geschmacks nichtzu

    verffentlichen? Bei allen filmischen Wiedergaben der

    terroristischen Grueltaten vom 11. September 2001

    haben sich die Medien dagegen entschieden, die

    entsetzlichen Bilder der Menschen in den Zwillingstr-

    men zu zeigen, die eher in den Tod sprangen, als im

    Gebude darauf zu warten, bei lebendigem Leibe zu

    verbrennen. Andererseits haben die Medien weltweit

    die mit einem Mobiltelefon aufgenommenen Bilder

    der Hinrichtung Saddam Husseins immer wieder

    gezeigt.

    Wie sollten die Medien mit schutzlosen Menschen

    umgehen, die nicht in der Lage sind zu entscheiden,

    ob intime Informationen ber sie verbreitet werden dr-

    fen? In Grobritannien gab es den Fall eines 12-Jhri-gen, der seine 14-jhrige Freundin schwngerte und

    als Grobritanniens jngster Vater prsentiert wurde.

    Seine Eltern und die seiner Freundin waren damit einver-

    standen, die Geschichte an die Medien zu verkaufen.

    Prompt entstand eine Debatte ber Kinder, die Kinder

    bekommen und ob Grobritannien eine zerfallende

    Gesellschaft sei. Der Fall wurde zur Metapher fr sozia-

    le Exklusion. (In Wirklichkeit ergab eine DNA-Analyse,

    dass der 12-Jhrige gar nicht der Vater war stattdes-

    sen wurde ein 14-jhriger Junge ausgemacht.) War es

    seitens der Medien richtig, diese Story zu kaufen und dieBilder der Kinder auf den Titelseiten zu verffentlichen?

    Wie sollten Medien die Balance zwischen der Ver-

    pflichtung zur Berichterstattung ber Fehlverhalten und

    15

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    IV. DIE CORPORATE RESPONSIBILITY DER MEDIEN SELBST

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    16/28

    moralischer Scheinheiligkeit wahren? Einige Medienor-

    ganisationen in Europa fordern ein Gesetz, das sich an

    Megans Law anlehnt einem Gesetz in Kalifornien,

    das der ffentlichkeit per Internet Zugang zu detaillier-

    ten Informationen ber registrierte Sittlichkeitsverbre-

    cher gewhrt.20 Den Wohnsitz von Pdophilen zu verf-

    fentlichen mag als Dienst an der ffentlichkeit betrach-

    tet werden, kann aber auch zur Selbstjustiz fhren.

    Michael R. Evans, Professor an der Indiana University

    School of Journalism, nennt als Mastab fr den

    Umgang mit schwierigen Entscheidungen die Golde-

    ne Regel (im Kantischen Sinne): Was Du nicht willst, das

    man Dir tu, das fg auch keinem andern zu. Dennoch

    rumt er ein, dass bei der Frage, ber welche Details

    einer Story man berichten soll, Spannungen entste-

    hen. Worin liegt die moralische Verpflichtung, wenn

    man wei, dass eine Story den Opfern und Betroffe-nen mehr Schaden zufgt, als sie hilft, die Schuldigen

    ffentlich anzuklagen? Und wie geht man mit dem

    Widerspruch zwischen der nchternen Darstellung von

    Fakten und der Tatsache um, dass sich eine Zeitung

    auch verkaufen muss?

    c) Werbung

    Welche Verantwortung erwchst fr Medien aus dem

    Umstand, dass sie auf kommerzielle Werbung ange-

    wiesen sind? Die CR- Beratungsagentur Context spricht

    hier von Verantwortung hinter der Kamera und vor der

    Kamera, die TV-Sender bernehmen mssen.

    Welche Verantwortung haben Medienunternehmen

    im Konflikt zwischen Werbung fr Konsumzwecke und

    der Verpflichtung zu nachhaltiger Entwicklung?

    d) Bildungs- und Informationsauftrag

    Wie knnen Medien Zusammenhnge und Sachver-

    halte fr ein groes Publikum erklren und darstellen,

    ohne sie andererseits berzuvereinfachen? An wel-

    cher Stelle wird aus einem deutlichen Kommentar

    Demagogie? In den USA ben die so genannten

    Shock-Jocks im Radio eine enorme Macht aus. Einer

    von ihnen, der Konservative Rush Limbaugh, wurde

    vom Weien Haus krzlich als der wahre Fhrer der

    amerikanischen Opposition bezeichnet.

    Wenn es tatschlich einen Bildungs- und Informations-

    auftrag der Medien gibt, welche Verantwortung

    haben sie dann gegenber medialen Analphabeten

    (Leute, die nicht zwischen Fakten, Meinung, Unterhal-

    tung und Werbung unterscheiden knnen) und ihrer

    sozialen Ausgrenzung?

    Welche Verantwortung haben Medien bei der Ein-

    schtzung der voraussichtlichen Folgen ihrer Berichter-

    stattung? Der folgende Kasten mag als Beispiel dienen.

    16

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Ein strittiges Thema in den vergangenen Jahren war

    die Frage, ob sich Medienunternehmen, die dnische

    Karikaturen wiedergaben, die so viele Muslime erzrn-

    ten, verantwortungsvoll verhalten haben.

    Es ist immer eine Gratwanderung, wenn Medienbesit-

    zer ihren Redakteuren vorschreiben, was sie verffent-

    lichen drfen und was nicht. Aber es ist die Verantwor-tung des Besitzers, sicherzustellen, dass fhige Redak-

    teure beschftigt werden, dass stabile Mechanismen

    fr die berprfung von Inhalten existieren und dass

    sein Medium eine verantwortungsvolle redaktionelle

    Linie verfolgt. Die Kontroverse um die Karikaturen hat

    gezeigt, dass Medienbesitzer auf der ganzen Welt

    gemeinsam mit ihren Redakteuren regelmig die

    Richtlinien fr das berprfen mssen, was sie publizie-

    ren bzw. was sie nicht publizieren.

    Die Meinungs- und Pressefreiheit ist ein mhsam

    erkmpftes Gut und ein wichtiger Wert in vielen Ln-

    dern dieser Welt. Aber sie war nie absolut. Sie unterliegt

    den Anti-Verleumdungsgesetzen und vielerorts auch

    den Gesetzen gegen Diskriminierung und Volksverhet-

    zung. In der Praxis mssen Redakteure tagtglich

    einen Ausgleich finden zwischen Redefreiheit und

    gutem Geschmack, den Befindlichkeiten der Leserund dem gesunden Menschenverstand, etc. Man

    bedenke nur, wie sich die Darstellung der Afroamerika-

    ner in den amerikanischen Medien seit den 1960er-

    Jahren gendert hat. Unsere Vorstellung des Akzepta-

    blen und des Nicht-Akzeptablen ndert sich je nach

    den vorherrschenden gesellschaftlichen Konventionen

    und Sichtweisen. Meiner Meinung nach wurde die New

    York Post Anfang des Jahres vllig zurecht aufs heftig-

    ste kritisiert, als sie Prsident Obama als toten Schim-

    20 http://www.meganslaw.ca.gov

    >>

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    17/28

    SustainAbility, das schon erwhnte fhrende Beratungsun-

    ternehmen im Bereich Corporate Responsibility und

    Nachhaltige Entwicklung, hat 2005 in einer Partnerschaft

    mit der Umweltorganisation WWF einen Bericht zur

    Medienindustrie erarbeitet. In seiner Studie zu Corporate

    Responsibility im globalen Medien- und Unterhaltungssek-

    tor rangiert die Guardian Newspapers Ltd (GN) an ersterStelle vor der BBC, Pearson und Reuters in Grobritannien

    sowie den internationalen Medien- und Unterhaltungskon-

    zernen wie z. B. News International, Time Warner und

    Vivendi Universal.

    Viele Medienunternehmen versuchen, den Status der

    CO2-Neutralitt zu erreichen und gehen andere Umwelt-

    fragen an: wie CDs, DVDs und Zeitungspapier hergestellt

    und entsorgt werden. Unternehmen wie BskyB in Grobri-

    tannien spielen z. B. im Bereich Klimawandel eine fhren-

    de Rolle: BskyB verpflichtete sich zu CO2-Neutralitt undberzeugte sein Mutterunternehmen NewsCorp, es ihm

    gleichzutun. Dennoch befasste sich der letzte Nachhaltig-

    keitsbericht von Sky (2007) nicht mit der Wirkung der

    redaktionellen Inhalte, wie sie oben diskutiert wird.22

    An meiner Universitt Cranfield berlegt man, wie

    man den Carbon Brainprint messen kann, d. h. wie

    man anderen Organisationen helfen und sie darin

    untersttzen kann, ihre CO2-Bilanz zu verbessern,

    indem ihre Fhigkeiten entwickelt und Forschungs-

    und Beratungsprojekte durchgefhrt werden. Knnen

    Medienunternehmen eine hnliche Folgenabscht-zung fr ihren Carbon Brainprint durchfhren?

    17

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    pansen karikierte (ein Schimpanse war von der Polizei

    erschossen worden, und die Zeitung verband diese

    Geschichte mit dem erfolgreichen Versuch des Prsi-

    denten, ein Konjunkturpaket einzubringen).21

    Ich glaube fest an den alten Grundsatz: Ich halte

    nichts von dem, was Du sagst; aber Dein Recht, es zu

    sagen, werde ich mit meinem Leben verteidigen!

    Dennoch htte ich persnlich Zurckhaltung gezeigt

    und mich nicht dazu entschlossen, die ursprnglichen

    Mohammed-Karikaturen zu verffentlichen. Denn ich

    erinnere mich auch noch an das alte Sprichwort Sie

    sprechen von Freiheit, meinen aber Lizenzen! Die

    erste dnische Zeitung, die die Karikaturen verffent-

    lichte, machte in ihrer spteren Entschuldigung klar,

    dass sie niemanden hatte beleidigen wollen. Wahr-

    scheinlich war ihr zum Zeitpunkt der Verffentlichungnicht klar, dass diese Bilder irgendjemanden beleidi-

    gen knnten. Die Medien, die die Karikaturen nach

    Beginn der Kontroverse wiedergaben (soweit ich wei,

    nicht die etablierten britischen Medien), htten es hin-

    gegen wissen mssen. Das Handeln eines ehemali-

    gen italienischen Ministers, der die Karikaturen bei

    einem Auftritt auf seinem T-Shirt trug, war ganz klar

    unverantwortlich.

    Die Welt ist heute auf eine noch nie da gewesene Art

    und Weise miteinander verbunden mit Zugang zum

    Fernsehen, dem Internet, Mobiltelefonen, etc. Das

    bedeutet, dass dramatische Bilder in Echtzeit um den

    Erdball gesendet werden knnen. So wie in der Ver-

    gangenheit eine erfolgreiche Gesellschaft auf Ebene

    des Nationalstaats lernen musste, zu leben und leben

    zu lassen und die berzeugungen des jeweils ande-

    ren zu respektieren, so trifft dies jetzt, wo wir in einem

    globalen Dorf leben, auf die Weltgemeinschaft zu.

    Aber es trifft auf beide Seiten gleichermaen zu. Die

    gewaltttigen Proteste und Todesdrohungen gegen

    die Karikaturisten sind falsch. Wir brauchen viel mehr

    Respekt und wechselseitige Toleranz zwischen Men-

    schen unterschiedlichen Glaubens und denen, die

    keinem Glauben anhngen. Das kann nur auf der

    Grundlage eines Dialogs passieren. Laut Winston Chur-

    chill ist quasseln immer noch besser als Krieg fhren!

    Zurzeit ist es fr den Westen ebenso einfach, den Islam

    als gewaltttigen Glauben zu karikieren wie fr die

    muslimische Welt, den Westen als aggressiv anzuse-hen.

    Auerdem habe ich erfahren, dass die dnischen

    Muslime offensichtlich mehrere Monate lang versucht

    hatten, mit den dnischen Medien und Politikern in

    einen Dialog ber die Karikaturen zu treten und abge-

    wiesen wurden. Also suchten sie internationale Hilfe

    mit dem Resultat, das wir alle gesehen haben. Es stn-

    de den Unternehmen gut an, davon zu lernen: eine

    lokale Community oder eine Nichtregierungsorganisa-

    tion, die legitime Bedenken gegen das Verhalten eines

    Unternehmens haben, knnen irgendwann wenn

    man sie ignoriert auch die schweren Geschtze der

    globalen NROs und Medien auffahren.

    21 Die New York Post verffentlichte am 18. Februar eine provokative und

    uerst aufwieglerische politische Karikatur. Dabei brachte sie zwei Tages-

    geschehnisse miteinander in Verbindung: einmal die Geschichte von

    Charla Nash, einer Frau aus Connecticut, die von ihrem zahmen Schim-

    pansen angegriffen wurde. Dieser htte ihr fast das Gesicht zerfetzt und

    musste von der Polizei erschossen werden, als er sich auf die Polizisten

    strzte. Das zweite Ereignis war, dass Prsident Barack Obama ein Gesetz

    zu einem uerst umstrittenen, aber dringend bentigten Konjunkturpaket

    unterzeichnete noch whrend seines ersten Monats im Amt, was auf-grund der groen Kluft zwischen den beiden groen Parteien im Kongress

    ein fast unmgliches Kunststck war. Der Besitzer der New York Post, Rupert

    Murdoch, hat sich spter fr die Karikatur entschuldigt.

    22 Das Berichtswesen soll jetzt in die Darstellung der Finanzsituation

    eingegliedert werden.

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    18/28

    In Grobritannien hat eine Gruppe von Medienunterneh-

    men ein Medienforum eingerichtet, um ber medienspe-

    zifische CR zu diskutieren und gute Praxisbeispiele bekannt

    zu machen (http://www.mediacsforum.org). Die CR-Bera-

    tungsfirma Acona, die das Forum koordiniert, unterschei-

    det zwischen

    CR-Themen, die fr alle Unternehmen relevant sind,

    allgemeinen CR-Themen, die im Mediensektor beson-

    dere Bedeutung haben (z. B. der Umgang mit freien

    Mitarbeitern)

    und CR-Themen, die spezifisch fr den Mediensektor

    relevant sind (siehe Abb. 3).23

    Haben die Medien beispielsweise eine Verantwortung,

    eine kologisch und sozial nachhaltigere Gesellschaft zu

    untersttzen? 24

    Wer berichtet ber das Verhalten und die Verantwortung

    der Medien selbst? Oder ber das Verhalten der Besitzer

    von Medienunternehmen? Das ist im Fall einer starken

    Medienkonzentration besonders wichtig:

    z. B. in Italien, wo Silvio Berlusconi in seiner doppelten

    Rolle als Premierminister und Geschftsmann mittelbar

    und unmittelbar einen Groteil des italienischen Fern-

    sehens kontrolliert;

    oder in Brasilien, wo sechs Unternehmen 80% der Fern-

    sehproduktionen kontrollieren und sieben von zehn

    Tageszeitungen demselben Unternehmen gehren.

    Ein ehemaliger Journalist sagte mir einmal: Fr Medien-

    unternehmen werden Defizite bei ihrem Verhalten schnell

    peinlich, da sie als Heuchler dastehen. Aber in den eta-

    blierten Medien werden die Defizite dieser Unternehmen

    dennoch selten aufgezeigt, da die Arbeitspltze vieler

    Journalisten von ihnen abhngen.

    Wenn in vielen Lndern die CR der Medienunternehmen

    wenig fortgeschritten ist, dann ist es auch schwieriger,

    anspruchsvoll ber die gesellschaftliche Verantwortung

    anderer Unternehmen zu berichten.

    Fazit

    Ich hoffe, dass wir in Zukunft ein greres Interesse an der

    unternehmerischen Verantwortung der Medien sehen

    18

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Supply chainintegrity

    Communityinvestment

    Staffinvestment

    Climate change

    Community investment

    Staff diversity

    Corporate governance

    Customerrelationship

    Plurality

    Promotion of causes

    Data protection

    Entertainment and gaming

    Treatment of freelancersIP and copyright

    Health, safety and security

    Transparent ownershipCompliance

    Digital divide

    Education

    Awareness of theimpacts of com-

    munication

    Promotion of sustainabledevelopment

    Human rights

    Information integrity

    Citizenship

    Valuing creativity

    Creativeindependance

    Diversityof output

    Media literacy

    Transparent andresponsible editorial

    policies

    Freedom of expression

    Impartial andbalanced output

    CSR issues common

    to all sectors

    Common CSR issu-

    es with distinct impli-

    cations fpr media

    Unique CSR issues

    for media

    Fettdruck: Neue Probleme, die 2008 identifiziert wurden

    Abbildung 3: Drei Bereiche von CR-Themen

    23 Mapping the Landscape: CSR Issues for the Media Industry 2008.

    http://www.mediacsrforum.org

    24 Mapping the landscape: CSR issues for the media sector 2008. Brain

    print the residual influence of output on audiences: CSR Media Forum

    2008.

    www.mediacsrforum.org/_media/documents/Media_CSR_Map_2008.pdf.

    p4.

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    19/28

    werden. In Grobritannien war die BBC bei der Umsetzung

    vieler CR-Themen fhrend z. B. organisiert sie Sustainabi-

    lity Talks fr die Redaktionsmitarbeiter, tritt fr Vielfalt unter

    den eigenen Mitarbeitern ein und denkt kreativ ber die

    Mglichkeiten nach, die das Unternehmen hat, um

    Zuschauer zu bilden und zum Handeln zu aktivieren. So

    hat die BBC z. B. sehr gute Programminhalte zum Thema

    Klimawandel produziert. Nachrichtenagenturen produzie-

    ren eine zunehmende Menge an Nachrichten fr die

    Medien, und diese Rolle nimmt im gleichen Mae zu, wie

    in den Medien selber in der Rezession Einsparungen erfor-

    derlich werden. Die Nachrichtenagentur Reuters verwen-

    det Unternehmensprinzipien, um richtiges Verhalten im

    Unternehmen zu definieren. Diese Unternehmensprinzi-

    pien sind etwa Schutz der Integritt, Seriositt von Nach-

    richten, Entwicklung des Nachrichtengeschfts u. a.

    19

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    20/28

    Bis jetzt habe ich ber die konventionellen Medien

    gesprochen hauptschlich Zeitungen, Magazine, das

    Fernsehen und den Rundfunk. Mit dem Internet und den

    damit verbundenen Entwicklungen wie Blogs und lei-stungsstarken Suchmaschinen wie Google erleben wir

    jedoch eine Revolution. Die Zahl der Internetnutzer ist von

    60 Millionen im Jahr 1996 auf 600 Millionen im Jahr 2002,

    eine Milliarde im Jahr 2005 und unglaubliche 1,6 Milliar-

    den im Mrz 2009 angestiegen. Allein in China gibt es

    schon ber 300 Millionen Internetnutzer (Ende 2008).25

    In seiner Arnold-Schwarzenegger-Biographie Fantastic

    zeigt der amerikanische Schriftsteller Laurence Leamer

    auf, wie sowohl Prsident Bush als auch Gouverneur

    Schwarzenegger die sinkende Bedeutung der traditionel-len Medien erkannt und statt der traditionellen Organe

    immer hufiger neue Medien verwendet haben. Die

    amerikanischen Prsidentschaftswahlen 2008 haben die

    wachsende Bedeutung des Internets gegenber den tra-

    ditionellen Medien deutlich gemacht. Barack Obama

    konnte in seinem Wahlkampf Millionen von Untersttzern

    ber das Internet gewinnen nicht nur als Geldgeber,

    sondern auch als Wahlkmpfer.

    Schon 2005 warf Rupert Murdoch der amerikanischen

    Organisation der Zeitungsjournalisten (ASNE) vor, ange-

    sichts der Auswirkungen der steigenden Internutzung auf

    die Zeitungen eine bemerkenswert unerklrliche Selbst-

    geflligkeit zu zeigen.26 Junge Menschen stellte er fest

    nutzen Nachrichten auf eine vllig andere Art:

    Sie wollen sich nicht auf ein gotthnliches Wesen von

    oben verlassen, das ihnen sagt, was wichtig ist.

    DasPew Internet & American Life Project, das die Auswir-

    kungen der Technik auf die amerikanische Gesellschaft

    untersucht, ist eine Initiative des Pew Charitable Trust,

    einer gemeinntzigen Organisation aus Philadelphia. Sei-nem Bericht zufolge haben 2008 64% der online aktiven

    Teenager eigene Inhalte verffentlicht.27

    Neue Medien wie Blogs, RSS-Feeds, Google Books, Pod-

    casts, Vidcasts, Online-Video (YouTube, blimptv etc.),

    soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Affiliate-Programme,

    Word-of-Mouth-Marketing, Viralmarketing, Second Life,

    Online-Spiele, virtuelle Verkaufsshows, Online-Communi-

    ties, E-Books usw. werden weltweit immer wichtiger. Mobil-

    telefone haben neue Funktionen bekommen, mit ihrer

    Hilfe hat man Zugang zum Internet und kann Musik oder

    Filme kaufen. Man bedenke auch:

    Amerikanische Teenager sehen 60% weniger fern als

    ihre Eltern und verbringen 600% mehr Zeit online.

    In den USA liegt das Durchschnittsalter der Zuschauer

    von Fernsehnachrichten bei 63.

    Die Mitgliedszahlen bei Twitter stiegen im Jahr 2008um 1.400%.

    Die Mitglieder von Facebook wren zahlenmig das

    fnftgrte Land der Erde.28

    ber 30% der Internetnutzer in China nutzten fr den

    Netzzugang ihr Mobiltelefon das sind 84,5 Millionen

    Nutzer (2008).29

    Laut einer Studie des Center for the Digital Future

    geben 22% der Internetnutzer in den USA an, ihr Abon-nement einer gedruckten Zeitung bzw. Zeitschrift

    gekndigt zu haben. Warum? Da derselbe Inhalt auch

    online zugnglich ist.30

    Ein Ort des Gesprchs

    Rupert Murdoch verlangt, dass die traditionellen Medien,

    zu denen auch seine eigenen gehren, das Internet

    schnell begreifen, ihrem Publikum nicht lnger Vortrge

    halten, sondern zu einem Ort des Gesprchs bzw. zu

    Orten werden sollten, an denen sich Blogger und Podca-

    ster einfinden, um unsere Reporter und Redakteure in aus-

    gedehnte Diskussionen zu verwickeln. Dies kulminiert laut

    John Seely Brown, dem ehemaligen Direktor von Xerox

    Park, darin, dass

    sich in einer Welt, in der jeder zum Journalisten oder

    Kommentator im Web wird, ein Zwei-Wege-Journalismus

    entwickelt. Der Journalist wird zum Forumsleiter bzw. Ver-

    mittler, anstatt einfach nur Lehrer bzw. Vortragender zu

    sein. 31

    In Die Suche Geschftsleben und Kultur im Banne von

    Google & Co beschreibt John Battelle, mitbegrndenderHerausgeber des Magazins Wired sowie Mitbegrnder

    von The Industry Standard, wie er feststellte, dass er keine

    traditionellen Medien wie den Economist oder das Wall

    20

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    V. WELCHE AUSWIRKUNG HABEN DIE NEUEN MEDIEN?

    25 Soulstates (2009) www.soul-states.com

    26 Washington DC, 13. April 2005

    27 Quoted in Washington DC, April 13th 2005. Siehe http://news.bbc.

    co.uk/1/hi/business/4697671.stm.

    28 http://www.newspaperdeathwatch.com/ New Communications Forum

    San Francisco 2009 - World without media what will fill the void

    [email protected] und www.gillin.com Autor von The New Influencers

    29 http://english.people.com.cn/90001/90776/90882/6516299.html

    30 http://annenberg.usc.edu/AboutUs/News/090429CDF.aspx

    31 The Media Centre, American Press Institute. We media: How audiences

    are shaping the future of news and information. http://www.hypergene.

    net/wemedia/download/we_media.pdf

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    21/28

    Street Journalmehr liest obwohl diese Presseorgane in

    der Vergangenheit die Standards guten Schreibens defi-

    niert haben. Seine Erklrung ist sowohl faszinierend als

    auch wichtig:

    In der gedruckten Welt las jeder Mensch seine eigene

    Zeitung, und dann unterhielt man sich auf der Arbeit

    oder im Caf mit anderen Menschen darber. Im Web

    jedoch werden Nachrichten an sich schon zum

    Gesprch dank Blogs, E-Mails und der Cut-and-paste-

    Kultur. Kurz gesagt: Selbst wenn ich dasWall Street Journal

    oderThe Economist lesen wrde, knnte ich nicht so lok-

    ker darber diskutieren wie ber einen Artikel aus Yahoo

    oder Google News, weil meine Freunde und Kollegen

    nicht das Gleiche lesen knnen wie ich [wegen der

    Abonnementbedingungen]. Ich habe zunehmend das

    Gefhl, dass Dingemeine Zeit nicht wert sind, wenn ich

    sie nicht mit anderen teilen kann. [Hervorhebung von mir][...] In der heutigen Nachrichtenwelt besteht die grte

    Snde darin, sich vom Gesprch auszuschlieen. The

    Economist und das Wall Street Journal tun aber genau

    das. 32

    Es ist beachtenswert, dass Murdoch, Seely Brown und Bat-

    telle erkennen, dass jngere, vernetzte Menschen anders

    mit Nachrichten und Medien interagieren interaktiv in

    Form eines Dialogs.

    Der Economist schrieb in einem Artikel mit dem Titel

    Yesterday's papers - the future of journalism:

    Dem digitalen Brger von heute ist es ein Gruel, nur Vor-

    trge gehalten zu bekommen. Vielmehr erwartet er im

    Rahmen eines online gefhrten Dialogs informiert zu wer-

    den. Einerseits ist es weniger wahrscheinlich, dass er einen

    traditionellen Leserbrief schreibt, andererseits postet er

    seine Antwort eher im Web und fhrt die Diskussion dort

    fort. Eine Leserbriefseite, die ausschlielich vom Redak-

    teur ausgewhlte Leserbriefe abdruckt, ist fr ihn sinnlos;

    die besten Antworten mit Hilfe der spontanen Abstim-

    mungssysteme des Internets zu finden, ist es nicht. 33

    Die gegenwrtige Wirtschaftskrise beschleunigt einen

    ohnehin schon starken Abwrtstrend in der Entwicklung

    gedruckter Zeitungen, in dessen Folge in den USA und in

    Grobritannien viele etablierte lokale und regionale Zei-

    tungen entweder schlieen, bernommen werden, von

    Tages- zu Wochenzeitungen werden oder nur noch als

    Internetausgabe erhltlich sind. In der Zeit von Oktober

    2008 bis Mrz 2009 ist die Auflagenzahl amerikanischer

    Zeitungen um 7,1% zurckgegangen der strkste Rck-

    gang bis jetzt.

    34

    Die Grenzen zwischen traditionellen und neuen Medien

    verwischen zusehends. Zeitungen und Rundfunksender

    haben Websites, und Journalisten bloggen traditionelle

    Medien erschaffen immer mehr Produkte und Formate,

    die ihren Ursprung in den neuen Medien haben. Etliche

    kleinere Medienunternehmen schlagen Kapital aus der

    Nutzung traditioneller Medien (Film), um ihre Nachhaltig-

    keitsbotschaften ber Internet, Netzwerkseiten und viral

    messaging zu streuen. www.onemoreproduction.com

    und www.freerangestudios.com produzieren kurze Filme,

    um das Publikum fr Themen wie nachhaltige Landwirt-

    schaft, Recycling, Regenwasseraufbereitung und Nutzung

    von Rohstoffen zu sensibilisieren.

    Brgerjournalismus

    Wir sehen eine Zunahme des Brgerjournalismus. Jeder,

    der eine Kamera oder ein digitales Telefon besitzt, kann

    rund um die Uhr zum Medienfotograf werden. Jeder kennt

    die dramatischen Bilder des Flugzeugs, das vor einigen

    Monaten auf dem Hudson notlandete, ebenso die Fotos,die von Fllen angeblicher Polizeibrutalitt whrend der

    Proteste zum G20-Gipfel in London auftauchten. Offen-

    sichtlich war das Erdbeben von LAquila in Italien bereits

    auf Twitter, bevor es zur Nachricht in den Mainstream-

    Medien wurde!

    Universal McCann Erickson fragt sich, wie die Mglichkei-

    ten zur Einflussnahme mit anderen geteilt werden vom

    prmedialen Zeitalter ber die Massenmedien hin zum

    sozialen Medienzeitalter. Werden neue Schnittstellenorga-

    nisationen entstehen?

    21

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Die ersten Bilder der dramatischen Notlandung eines Flugzeugs auf

    dem Hudson River in New York wurden von Amateurfotografen gelie-fert, die das Ereignis mit Mobiltelefonen festgehalten hatten.

    Photo: Janis Krums via Twitpic.

    32 John Battelle. The Search: How Google and its rivals rewrote the rules of

    business and transformed our culture. Portfolio Hardcover 2005. Seepages 173-4.

    33 The Economist, 21. April 2005

    34 http://finance.yahoo.com/news/US-newspaper-circulation-sees-apf-

    15039695.html?.v=6

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    22/28

    Der Commonwealth Club of California hat jngst eine

    Initiative gestartet, bei der alle dort gehaltenen Vortrge

    live ins Internet bertragen und dann archiviert werden.

    Das Carnegie Centre for Ethics in New York verfhrt eben-

    so. Beide Initiativen bieten sich als Informationsquellen fr

    informierte und aktive Brger an. Diese beiden hochre-

    spektierten Institutionen nutzen also gewissermaen ihre

    Marke, um vertrauenswrdige Wissensquellen zu werden

    Wissensmakler sozusagen.

    Giles Gibbons vom CR-Beratungsunternehmen Good

    Business ist der Auffassung, dass die Revolution der neuen

    Medien Organisationen und Unternehmen dazu antreibt,

    transparenter zu werden und weniger Kontrolle auszu-

    ben, weil es einfach keine Alternative gibt:

    Man kann heute die Debatte ber die eigene Marke

    nicht mehr kontrollieren. 35

    Was bedeutet das fr Unternehmen?

    Unternehmen und ihre PR-Berater mssen lernen, dass

    Verlsslichkeit und Transparenz deswegen wichtig sind,

    weil Nachrichten das Publikum heute so leicht erreichen

    der Aufstieg der neuen Medien machts mglich. Mani-

    pulationsversuche in den Medien (traditionell oder neu)

    knnen dank der neuen Medien leichter aufgedeckt wer-

    den.

    Sind Unternehmen und CR-Berater dazu berhaupt

    bereit? Wer verfgt ber eine interaktive Website, die Dis-

    kussionen und Dialoge ermglicht? Der ausgezeichnete

    Artikel Campaigns 2.0 von Oliver Balch im Magazin Ethi-

    cal Corporation (Mai 2009) zeigt, dass Wirtschaftsunter-

    nehmen im allgemeinen sehr viel konservativer sind und

    weniger Erfahrung und Organisationsvermgen mit Social

    Networking und den Websites der neuen Medien haben

    als viele ihrer Kritiker. Balch merkt dazu an:

    Alles deutet darauf hin, dass e-Communities und soziale

    Medien nicht so schnell wieder verschwinden werden.

    Und das ist nicht der einzige Grund, warum sich Unter-

    nehmen darber klar werden mssen, wie sie Teilhabe

    organisieren wollen []. Wenn Unternehmen sich fr web

    2.0 entscheiden, dann mssen sie offenherzig hinsichtlich

    ihres Kerngeschfts und ehrlich hinsichtlich ihrer Ziele

    sein. Integritt kann man nicht vortuschen. Die echten

    Online-Communities funktionieren genau deshalb, weil

    sie echt sind.

    Ein Unternehmen, das sich experimentierfreudig zeigt, ist

    der Fruit-Smoothies-Produzent Innocent Drinks, der seineKunden dazu einldt, sich an der Online-Debatte ber die

    Unternehmensstrategie zu beteiligen, etwa ob die Produk-

    te in McDonalds-Restaurants angeboten werden sollten.

    Fr Balch sind die Konsequenzen fr die Unternehmen

    klar:

    Es muss erkennbar sein, dass Unternehmen zuhren,

    dass sie als Schnittstelle fungieren, um gleichgesinnte

    Personen zusammenzubringen. Ebenso unerlsslich ist es,

    aktiv zu sein. Unternehmen knnen nicht anfangen,

    soziale Medien zu nutzen und sich dann wieder ausklin-

    ken. Genauso wenig knnen sie die Bandbreite ihrer Akti-

    vitten einfach einengen. Erfolgreiche soziale Networker

    sind berall [...]. Darber hinaus mssen sich Unterneh-

    men von Anfang an ber die Zielsetzung ihres Online-

    Engagements im Klaren sein. 37

    22

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    35 Im persnlichen Gesprch mit dem Autor

    37 http://www.ethicalcorp.com/content.asp?ContentID=6458&ContType

    ID=

  • 7/31/2019 CCCDebatte02 Corporate Responsibility Und Die Medien 2009

    23/28

    Auch im Cyberspace besteht die Gefahr der Unverant-

    wortlichkeit:

    Gerchte knnen durch die Blogosphre verbreitetwerden wo kommen harte Nachrichten her?

    Welche Verantwortung haben die Host-Sites eines

    Blogs fr die verffentlichten Inhalte, da sie ja nur die

    technische Untersttzung liefern?

    Wie kann der Brgerjournalismus kontrolliert werden?

    Welchen nationalen Gesetzen sollten Internetfirmen

    folgen? In Deutschland gab es z. B. Probleme mit

    Suchmaschinen, die Links zu Websites mit rechtsradi-kalem Inhalt zeigten.

    Natrlich wird ein Verfechter des web 2.0 immer sagen,

    dass die Selbstregulierung der Blogosphre verlsslicher ist

    als die der traditionellen Medien. Wikipedia, die Online-

    Enzyklopdie, wird gern als Beispiel fr eine wirksame

    Qualittskontrolle durch die Nutzer selbst genannt. Ich bin

    mir da nicht so sicher. Sobald ein Gercht erst einmal imUmlauf ist, kann die Wahrheit es nur schwer wieder einho-

    len!

    Tim Berners-Lee hufig als Vater des Internets bezeich-

    net, ist der Auffassung, dass es so etwas wie ein weltwei-

    tes Komitee zur Etablierung ethischer Prinzipien im World-

    wide Web geben sollte. Die weitere Entwicklung des Inter-

    nets und sein starker Einfluss auf die Welt mache es erfor-

    derlich, dass die Verbreitung falscher Informationen wirk-

    sam vermieden werden muss.

    Auch Unternehmen der neuen Medien knnen in Schwie-

    rigkeiten geraten. Es war ja z. B. nicht geplant, dass Goo-

    gle, Yahoo, Microsoft, Cisco etc. auf dem chinesischen

    Markt mit Zensurbedingungen konfrontiert wurden.

    23

    David Grayson: Corporate Responsibility und die Medien

    Fr den Bereich CR ist das Neuland - und ich habe

    keine definitive Antwort parat. Also gibt es nur eine

    ambivalente Antwort! Einerseits wird argumentiert, dass

    ein Unternehmen, das in einem bestimmten Land ttig

    ist, den Gesetzen dieses Landes folgen sollte unddass dies ein wichtiger Teil des Selbstverstndnisses

    eines verantwortungsbewussten Unternehmens ist.

    Andererseits entwickelt sich in der Welt ganz langsam

    das Verstndnis, dass nationale Souvernitt in der

    heutigen verbundenen, globalen Wirtschaft und

    Gesellschaft nicht mehr lnger absolut ist. Umweltver-

    schmutzung in einem Land betrifft schnell auch ande-

    re Lnder. Das Unterdrcken von Informationen ber

    eine Pandemie oder deren nachlssige Bekmpfung

    in einem Land betrifft schnell auch andere Lnder.

    Regierungen drfen keine Vlkermorde begehen.

    Menschenrechte sind grenzberschreitend. Die Infor-

    mationsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht.

    In der Praxis wird die Technologie in Zukunft vielleicht

    neue Voraussetzungen schaffen. Es ist sehr viel

    schwieriger, Millionen von Websites und persnlichen

    Blogs zu zensieren als ein paar vereinzelte Zeitungen,

    Magazine und Fernsehsender. Ende 2008 gab es

    schon 300 Millionen Internetnutzer in China. ber 30

    Millionen Chinesen haben ihre eigenen Blog-Sites.38

    Software zur Umgehung der Zensuren ist immer weiter

    verbreitet. ber zwei Millionen Menschen haben schon

    einmal ein kostenfreies Programm heruntergeladen.

    Eine Studie des Berkman Centre for Internet and Socie-

    ty an der Harvard Law School hat herausgefunden,

    dass China erfolgreich 90% der Websites ber das

    Massaker am Platz des Himmlischen Friedens, 31%der Websites ber die Unabhngigkeitsbewegung in

    Tibet und 83% der Sites, auf denen eine herabwrdi-

    gende Version des Namens des ehemaligen Prsiden-

    ten Jiang Zemin zu finden ist, gesperrt hat. Anders aus-

    gedrckt: Vieles wird gestoppt, manches kommt aber

    auch durch.

    Googles Vizeprsident Elliot Schrage gab bei den

    Anhrungen zum Internet und China vor dem US Kon-

    gress am 15.02.2006 zu, dass dies nicht Googles hell-

    ste Stu