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468 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 6 DOI:10.1002/pauz.200500144 © 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chemie und Physik der Bildgebung PET- und SPECT-Technik HANS HERZOG | F RANK R ÖSCH Entwicklung von SPECT und PET Bereits 10 Jahre vor der ersten klinischen Anwendung der Röntgen-Computer-Tomographie (CT) beschrieben Kuhl und Edwards 1963 [1] die Single-Photonen-Emissions-Com- puter-Tomographie (SPECT). Kuhl entwickel- te Einzelringsysteme zur Darstellung des Gehirns, die jedoch nicht den Erfolg hatten, welcher der CT zuteil wurde. Dies lag daran, dass die frühen SPECT-Bilder ei- ne geringe räumliche Auf- lösung hatten und dass fast alle mit ihr sichtba- ren Läsionen ebenfalls mit der planaren Szin- tigraphie diagnosti- ziert wurden. Die CT mit ihren verbesser- ten, von Cormack [2] 1963 entwickelten Re- konstruktionsverfahren hingegen erzeugte ana- tomische Bilder, welche die planare Röntgen- technik nicht liefern konnte. Trotzdem ver- dient Kuhls Pionierarbeit im Bereich der medizini- schen Tomographie eine höhere Anerkennung, als ihr bisher zuteil wird. Bei den ersten SPECT-Untersuchungen musste sich der Patient vor der Gamma-Kamera drehen. Da dies jedoch auf- grund von Patientenbewegungen keine hochwertigen To- mogramme zuließ, wurden SPECT-Geräte entwickelt, die um den liegenden Patienten rotieren (Abb. 1). Heutzutage haben viele SPECT-Systeme zwei, manchmal auch drei se- parate Detektorköpfe, die auf einem Kreisbogen mit variab- Die moderne molekulare Bildgebung mit Hilfe von radioaktiv markierten Tracersubstanzen verfügt mit der SPECT und PET über zwei tomographische Verfahren, mit denen die dreidimensionale Darstellung der regionalen und zeitlichen Verteilung von Radiopharmaka im Körper möglich ist. + Positron-Emitter im PET-Radiopharmakon β + -Umwand- lung Positron- Emission Annihilation von Positron und Elektron 180° Emission von zwei 511-keV-Photonen in entgegengesetzte Richtung 511 keV 511 keV Detektor Detektor Ausschnitt aus Detektorring Koinzidenz-Registrierung lem Radius montiert sind. Wegen der größeren Empfind- lichkeit wird die Untersuchungszeit entsprechend kürzer bzw. kann die zu applizierende Aktivitätsmenge reduziert werden. Insbesondere durch Dreikopfsysteme mit optimierten (z.B. Fan-beam) Kollimatoren und immer leistungsfähigeren Rechnersystemen konnten erhebliche Fortschritte bei Sen- sitivität, Bildauflösung und Bearbeitungszeiten erzielt wer- den. Die verbesserte Sensitivität und mechanische Stabilität moderner Systeme ermöglichen die Reduzierung der Zeit- dauer von Routineuntersuchungen von 40 min bis auf 10 min und damit eine erhebliche Steigerung der Wirtschaft- lichkeit. Darüber hinaus kann die Zeit für eine einzelne Schichtaufnahme bis auf 1 min ver- ringert werden. Bei manchen SPECT-Systemen sind die Detektor- köpfe nicht fest auf dem Kreisbo- gen montiert. Für kardiale Anwen- dungen werden dabei die Detek- torköpfe in eine rechtwinklige Po- sition gebracht. Mit Hilfe von ver- schiebbaren Pati- entenliegen oder fahrbaren Kamera- Stativen sind Dop- pelkopf-SPECT- Geräte auch für die Ganzkörper- Szintigraphie ge- eignet. Einen ersten Vorschlag zur Po- sitronen-Emissions-Tomographie (PET) machten 1962 Ran- kowitz und Robertson [3] mit einem Ring aus 32 Natriu- miodid (NaI)-Detektoren zur Untersuchung des Gehirns. Auch hier gestattete erst die Benutzung der Rekonstrukti- onsalgorithmen des CT zufrieden stellende Bilder. Mitte der 1970er Jahre wurde der erste industriereife PET-Scanner von Ter-Pogossian, Phelps und Hoffman [4] entwickelt.

Chemie und Physik der Bildgebung PET- und SPECT-Technik · Röntgen-Computer-Tomographie (CT) beschrieben Kuhl ... (PET) machten 1962 Ran- ... Single- T 1/2 Photonen

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468 | Pharm. Unserer Zeit | 34. Jahrgang 2005 | Nr. 6 DOI:10.1002/pauz.200500144 © 2005 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Chemie und Physik der Bildgebung

PET- und SPECT-Technik HANS HERZOG | FRANK RÖSCH

Entwicklung von SPECT und PETBereits 10 Jahre vor der ersten klinischen Anwendung derRöntgen-Computer-Tomographie (CT) beschrieben Kuhlund Edwards 1963 [1] die Single-Photonen-Emissions-Com-puter-Tomographie (SPECT). Kuhl entwickel-te Einzelringsysteme zur Darstellung desGehirns, die jedoch nicht den Erfolghatten, welcher der CT zuteilwurde. Dies lag daran, dassdie frühen SPECT-Bilder ei-ne geringe räumliche Auf-lösung hatten und dassfast alle mit ihr sichtba-ren Läsionen ebenfallsmit der planaren Szin-tigraphie diagnosti-ziert wurden. Die CTmit ihren verbesser-ten, von Cormack [2]1963 entwickelten Re-konstruktionsverfahrenhingegen erzeugte ana-tomische Bilder, welchedie planare Röntgen-technik nicht liefernkonnte. Trotzdem ver-dient Kuhls Pionierarbeitim Bereich der medizini-schen Tomographie einehöhere Anerkennung, alsihr bisher zuteil wird.

Bei den ersten SPECT-Untersuchungen musste sich derPatient vor der Gamma-Kamera drehen. Da dies jedoch auf-grund von Patientenbewegungen keine hochwertigen To-mogramme zuließ, wurden SPECT-Geräte entwickelt, dieum den liegenden Patienten rotieren (Abb. 1). Heutzutagehaben viele SPECT-Systeme zwei, manchmal auch drei se-parate Detektorköpfe, die auf einem Kreisbogen mit variab-

Die moderne molekulare Bildgebung mit Hilfe von radioaktivmarkierten Tracersubstanzen verfügt mit der SPECT und PETüber zwei tomographische Verfahren, mit denen die dreidimensionale Darstellung der regionalen und zeitlichenVerteilung von Radiopharmaka im Körper möglich ist.

+–

Positron-Emitter imPET-Radiopharmakon

β+-Umwand-lung

Positron-Emission

Annihilation vonPositron und Elektron

180°

Emission von zwei 511-keV-Photonenin entgegengesetzte Richtung

511 k

eV

511 k

eV

Detektor

Detektor

Ausschnitt ausDetektorring

Koinzidenz-Registrierung

lem Radius montiert sind. Wegen der größeren Empfind-lichkeit wird die Untersuchungszeit entsprechend kürzerbzw. kann die zu applizierende Aktivitätsmenge reduziertwerden.

Insbesondere durch Dreikopfsysteme mit optimierten(z.B. Fan-beam) Kollimatoren und immer leistungsfähigerenRechnersystemen konnten erhebliche Fortschritte bei Sen-sitivität, Bildauflösung und Bearbeitungszeiten erzielt wer-den. Die verbesserte Sensitivität und mechanische Stabilitätmoderner Systeme ermöglichen die Reduzierung der Zeit-dauer von Routineuntersuchungen von 40 min bis auf 10min und damit eine erhebliche Steigerung der Wirtschaft-lichkeit. Darüber hinaus kann die Zeit für eine einzelne

Schichtaufnahmebis auf 1 min ver-ringert werden.

Bei manchenSPECT-Systemensind die Detektor-köpfe nicht festauf dem Kreisbo-gen montiert. Fürkardiale Anwen-dungen werdendabei die Detek-torköpfe in einerechtwinklige Po-sition gebracht.Mit Hilfe von ver-schiebbaren Pati-entenliegen oderfahrbaren Kamera-Stativen sind Dop-pelkopf -SPECT-Geräte auch fürdie Ganzkörper-Szintigraphie ge-eignet.

Einen erstenVorschlag zur Po-

sitronen-Emissions-Tomographie (PET) machten 1962 Ran-kowitz und Robertson [3] mit einem Ring aus 32 Natriu-miodid (NaI)-Detektoren zur Untersuchung des Gehirns.Auch hier gestattete erst die Benutzung der Rekonstrukti-onsalgorithmen des CT zufrieden stellende Bilder. Mitte der1970er Jahre wurde der erste industriereife PET-Scannervon Ter-Pogossian, Phelps und Hoffman [4] entwickelt.

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Gleichzeitig erfolgte die erste erfolgreiche Synthese und An-wendung der 2-[18F]Fluor-2-deoxy-D-glucose (FDG) durchIdo, Reivich und Phelps [5]. Seitdem findet eine stete Wei-terentwicklung der Hard- und Software der PET-Systemestatt, was zu einer ständigen Verbesserung der räumlichenAuflösung, Sensitivität und Bildqualität führte.

Physikalisch-technische Grundlagen vonSPECT und PET

Während die planare Szintigraphie summarische zwei-dimensionale Projektionsbilder liefert, ermöglichen tomo-graphische Verfahren die dreidimensionale Darstellung der

Aktivitätsverteilung in benachbarten Körperquerschnitten.Dabei werden die aus vielen Blickwinkeln rings um denKörper registrierten Projektionsdaten durch Rekon-struktionsverfahren in die unbekannte Aktivitätsverteilungumgerechnet. Die Projektionsdaten erhält man mit Hilfe ei-nes Rings einzelner Detektoren oder mit um den Patientenrotierenden Gammakameras. Die grundlegende Beziehung,mit der die außerhalb des Körpers registrierten Projekti-onsdaten P(r,α) und die unbekannte AktivitätsverteilungA(x,y) im Körperinnern verknüpft sind, wird durch die fol-gende, auch Radon-Transformation genannte Gleichung,wiedergegeben (zusätzlich in Abb. 1 schematisch darge-stellt):

(1)

Aus den gemessenen Projektionsdaten P(r,α) kannA(x,y) mit geeigneten Rekonstruktionsalgorithmen, z.B. dergefilterten Rückprojektion oder iterativen Verfahren, be-rechnet werden.

P r, A(x, y)dl(r,L(r,

( ) = ))

α αα

A B B . 1 V E R E I N FAC H T E S S C H E M A D E R

S PEC T- M E S S U N G

Kollimator

P(r,α)

r

α

Detektor

A(x,y)

A B B . 2 V E R E I N FAC H T E S S C H E M A D E R E M I S S I O N S - U N D

T R A N S M I S S I O N S - M E S S U N G D E R PE T

Emissionsmessung TransmissionsmessungRotierendeLinienquellemit 68Ge/68Ga

Bei der SPECT umkreist die Gamma-Kamera den Patienten inz.B. 64 Winkelschritten. Die Projektionsdaten P(r,αα) ent-halten nur die von der Aktivitätsverteilung A(x,y) emittiertenPhotonen, die senkrecht auf den Kollimator auftreffen.

Vor oder nach der Emissions-Messung, d.h. der eigentlichen PET-Messung, wird eineTransmissions-Messung des Patienten mit einer 511 keV-Photonen emittierendenRadioaktivitätsquelle durchgeführt. Durch den Vergleich mit einer Transmissions-Messung ohne Patient wird die Absorption dieser Photonen im Patienten bestimmtund entsprechend Gleichung 2 zur Schwächungskorrektur benutzt.

TAB. 1 WESENTLICHE SPECT-RADIONUKLIDE, IHRE HALB-

WERTSZEIT UND PARAMETER DER PHOTONEN

123I 13,2 h 159,0 83,3131I 8,04 d 364,5 81,2

99mTc 6,006 h 140,5 87,2201Tl 3,046 d 68,9 26,9

70,82 46,080,12 16,1

67Ga 3,261 d 184,6 20,4111In 2,807 d 171,3 90,24

245,4 94,0

Single- T1/2 Photonen- Emissions-Photon- energie ausbeuteEmitter Eg [keV] [%]

TA B . 2 W E S E N T L I C H E PE T- R A D I O N U K L I D E , I H R E H A L BW E R T S Z E I T

U N D PA R A M E T E R D E R P OS I T RO N E N

11C 20,38 min > 99 0,96 1,613N 9,96 min > 99 1,19 2,215O 2,03 min > 99 1,70 3,318F 109,7 min 96,9 0,63 1,0

Positronen- T1/2 Anteil maximale mittlere ββ+-Emitter ββ+ [%] ββ+-Energie Reichweite bis

[MeV] zur Annihilation [mm]

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In Gleichung 1 wird lediglich das mathematische Pro-blem der Bestimmung einer unbekannten Aktivitätsvertei-lung A(x,y) aufgrund von gemessenen Photonen definiert.Es wird zunächst außer Acht gelassen, dass die von den ein-zelnen Punkten der Aktivitätsverteilung ausgesandten Pho-tonen durch die umgebende Materie geschwächt und ge-streut werden. Diese Wechselwirkungen sind von der Emis-sions-Charakteristik der Radionuklide abhängig. Währenddie SPECT einfache Gammastrahler (single photon emitter)verwendet, benutzt die PET gemäß ihrem Namen Positron-Emitter (Tab. 1 und Tab. 2).

Bei der SPECT erfolgt die räumliche Zuordnung derprimär emittierten Gammastrahlen mittels mechanischerKollimation durch Bleisepten (Abb. 1). Der Photonen-Regi-strierung in der PET geht dagegen voraus, dass die primäremittierten Positronen nach einer ihrer kinetischen Energieentsprechenden Reichweite im Gewebe mit Elektronen an-nihilieren. Positron und Elektron bilden zuerst das äußerstkurzlebige Positronium und wandeln dann ihre Masseener-gien in zwei mit einem Winkel von 180o auseinander flie-gende Photonen mit einer genau definierten Energie von je511 keV um. Die räumliche Zuordnung dieser so genann-ten Vernichtungsstrahlung erfolgt durch eine Koinzidenz-messung (elektronische Kollimation) (Abb. 2 links). Wer-den innerhalb von z.B. 6 Nanosekunden in zwei gegen-überliegenden Detektoren gleichzeitig („koinzident“)Photonen dieser Energie gemessen, so nimmt man an, dassder Emissionsort des Positrons und damit der Ort des ra-dioaktiv markierten Moleküls auf der Verbindungslinie derbeiden Detektoren liegt.

Da die Aktivitätsverteilung A(x,y) sich in einem strah-lungsschwächenden Medium befindet, muss bei der An-wendung von Gleichung 1 auf die Emissions-tomo-graphischen Verfahren PET und SPECT die Verteilung derAbsorptionskoeffizienten µ(x,y) berücksichtigt werden. ImFalle von PET gilt

(2)

Da das Integral über die Aktivitätsverteilung und das In-tegral über die Verteilung der Absorptionskoeffizienten mul-tiplikativ miteinander verknüpft sind, lassen sich die beidenVerteilungen in zwei getrennten Schritten bestimmen. In ei-ner Transmissions-Messung wird zunächst die Strahlen-absorption und damit der rechte (Schwächungs-)Faktor inGleichung 2 durch den Vergleich mit einer Leermessung(Transmissionsmessung ohne Patient) ermittelt. Anschlie-ßend wird nach der Injektion des Radiotracers die Emissi-ons-Messung durchgeführt. Vor der eigentlichen Bild-rekonstruktion wird der Schwächungsfaktor aus Gleichung2 herausgerechnet, die dann ohne weitere Annahmen lös-bar ist. Durch diese grundlegenden Schritte lässt sich mitPET die absolute Aktivitätskonzentration im Gewebe be-stimmen. Falls rotierende Linien- oder, wie z.B. bei Tier-PET-Geräten, Punktquellen zur Transmissionsmessung ein-gesetzt werden, ist diese Messung auch nach Injektion desRadiopharmakons bzw. simultan mit der Emissionsmessungmöglich.

Bei Geräten, die aus einer Kombination von PET undComputer-Tomograph (CT) bestehen (Abb. 3), wird die Ab-sorptionsinformation aus den CT-Daten gewonnen.

Im Falle von SPECT stellt sich die Berechnung der Ak-tivitätsverteilung aufgrund von Projektionsdaten schwie-riger dar:

(3)

Gleichung 3 kann nicht explizit gelöst werden, auchwenn die Verteilung der Absorptionskoeffizienten µ(x,y)bekannt bzw. messbar wäre. Mit Hilfe von Annahmen wiez.B. der Konstanz des Absorptionskoeffizienten, d.h. µ(x,y)= µo, vereinfacht sich der Exponentialausdruck in dieser

P r, = A(x, y) – x, y dl' r, dl r,L(r, ) L(r, )

( ) [exp( ( ) ( ))] ( )α α αα α∫ ∫ µ

P r, A(x, y)dl(r, (x,y)dl (r,L(r,L(r,

( ) =))

α α ααα

)exp( )− ∫∫ µ �

A B B . 3 PET-CT-Gerät der Firma Philips, in dem der PET-Scanner Allegro mit einemmehrzeiligen Spiral-CT kombiniert wird(mit freundlicher Genehmigung von Philips Medizin Systeme; Hamburg).

ABB . 4 SPECT-CT-Gerät der Fa. Siemens, das eine Doppelkopf-SPECT-Kamera mit einem mehrzeiligen Spiral-CT kombiniert(mit freundlicher Genehmigung von Siemens-Medizintechik, Erlangen).

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Gleichung zu einem Korrekturfaktor für die Projektionsda-ten, so dass A(x,y) mit Hilfe der gefilterten Rückprojektionberechnet werden kann. Während bei der Hirn-SPECT dieAnnahme eines homogenen Absorptionskoeffizienten mög-lich erscheint, ist sie bei der Herz-SPECT angesichts derstark unterschiedlichen Dichteverhältnisse im Thoraxbe-reich nicht gerechtfertigt. Wegen dieses Problems und we-gen der geringeren Strahlenabsorption im Thoraxbereich(im Vergleich zum Abdomen) wird bei Herzuntersuchungenoft auf eine Schwächungskorrektur verzichtet. Als zusätzli-che Vereinfachung werden die Projektionsdaten über einenHalbkreis statt über einen Vollkreis aufgenommen. Die Vor-und Nachteile beider Verfahren sind in vielen Studien un-tersucht worden. Mit Mehrkopf-SPECT-Kameras werden i.A.die Projektionsdaten rund um den Patienten registriert,während Einkopf-Geräte insbesondere bei der Herzdiagno-stik meist nur einen Halbkreis beschreiben. Seit einigen Jah-ren werden vor allem Mehrkopf-SPECT-Kameras mit 153Gd-oder 241Am-bestückten Transmissionsquellen ausgestattet,so dass eine Transmissionsmessung entsprechend der PETdurchgeführt wird. Analog zum PET-CT werden auch SPECT-Kameras mit einfachen CT-Komponenten bzw. mit kom-pletten CT-Modulen kombiniert (Abb. 4). Aus den mit CTgemessenen Absorptionsdaten werden die spezifischen Ab-sorptionseigenschaften berechnet, die für das bei der ei-gentlichen SPECT-Messung eingesetzte Radionuklid gelten.Gleichung 3 gestattet jedoch keine PET-äquivalente direkteKorrektur der Strahlenabsorption. Werden iterative Rekon-struktionsverfahren verwendet, so kann die Verteilung derAbsorptionskoeffizienten µ(x,y) in der Berechnung derVorwärtsprojektion berücksichtigt werden.

Ein weiterer Unterschied zwischen SPECT und PET be-steht hinsichtlich des Anteils der Streustrahlung an den de-tektierten Gammastrahlen. Wegen der geringeren Photo-nenenergie der in SPECT-Radiopharmaka verwendeten Ra-dionuklide (Eγ ≈ 70 bis 360 keV) ist das Ausmaß derPhotonenstreuung größer als bei der PET (Eγ ≈ 511 keV).Der Anteil der Streustrahlen ist abhängig vom Objekt undvon der Energie der emittierten Photonen. Er liegt in derGrößenordnung von 50 %, obwohl aufgrund der Verwen-dung des lichtstarken Detektormaterials NaI das Energie-fenster bei der SPECT schmal ist. Der bei der PET gemes-sene Streustrahlanteil ist von den verwendeten Kristallenund vom Aquisitionsmodus abhängig. Wegen seiner gerin-gen Lichtausbeute hat das bis vor kurzem meist eingesetz-te Wismuth-Germanat (BGO) ein breites Energiefenster (i.A. 350 bis 650 keV), so dass ein Großteil der im Körpergestreuten Photonen von der Detektorelektronik akzeptiertwird. Im 2D-Aquisitionsmodus ist der Streuanteil 10 bis 15 %,da gestreute Photonen durch Bleisepten zwischen den Detektorringen abgehalten werden. Wegen der im 3D-Aqui-sitionsmodus nicht eingesetzten Bleisepten erreichen dieStreuanteile hier bis zu 50 %. Auch der Einsatz des licht-stärkeren Lithium-Ortho-Silikat (LSO) als Detektormaterialin PET-Scannern der Firma Siemens/CTI hat zunächst nichtzu einer Abnahme des Streuanteils geführt. Erst die jüngste

A B B . 5 PET/CT-Untersuchung mit FDG bei einem Patienten mit malignem Melan-om: Das Ganzkörper-Projektionsbild (links) zeigt im rechten Unterbauch (gepunk-tete Linie) eine fokale FDG-Anreicherung. Im zugehörigen CT-Bild ist die Melanom-Metastase in der Darmwand (Pfeil) leicht zu übersehen. Das PET-Schnittbild zeigtdie Metastase eindeutig. Erst die PET/CT Fusion ermöglichlichte jedoch die anato-misch exakte Lokalisation der Metastase, die daraufhin operativ entfernt wurde(mit freundlicher Genehmigung von Dr. S. Müller; Klinik für Nuklearmedizin, UniversitätDuisburg-Essen).

Modernisierung der Detektor-Elektronik erlaubt ein Anhe-ben der unteren Enegieschwelle auf z.B. 400 keV und da-mit eine Verringerung des Streuanteils. Auch die Detektor-materialen Gadolinium-Silikat (GSO) und NaI erlaubendurch schmalere Energiefenster die Nichtregistrierung ge-streuter Photonen; diese Kristalle haben aber eine geringe-re Empfindlichkeit als BGO und LSO.

Auch wenn die SPECT noch nicht die Genauigkeit derPET hinsichtlich der Aktivitätsquantifizierung erreicht hat,bietet sie neben den Kostenvorteilen auch einige Möglich-keiten, die mit PET nicht realisierbar sind. So ist es mit derSPECT möglich, mehrere Radionuklide mit unterschiedli-chen Gammaenergien simultan anzuwenden und somit dieVerteilung und Kinetik unterschiedlich markierter Substra-te parallel zu beobachten. Dies ermöglicht die gleichzeiti-ge Messung z.B. der myokardialen Perfusion mit [99mTc]MI-BI (im Energiefenster um 140 keV) und des myokardialenautonomen Nervensystems mit [123I]MIBG (im Energie-fenster um 159 keV). Ähnliches ist bei PET nicht möglich,da bei Annihilation aller Positronenstrahler grundsätzlichPhotonen mit derselben Energie von 511 keV entstehen.Auf der anderen Seite kann der PET-Detektor auf eine ein-

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zelne Energie optimiert werden, was bei SPECT nicht mög-lich ist, da Energien von z.B. 70 keV (emittiert von 201Tl)bis 360 keV (emittiert von 131I) erfassen werden sollen.

Beiden Verfahren gemeinsam ist das Streben nach ver-besserter regionaler und zeitlicher Auflösung. KommerziellePET-Geräte für humane Anwendungen haben die Detek-torkristalle soweit verkleinert, dass eine Bildauflösung von4 bis 5 mm erreicht werden kann. Bei der SPECT ist die Auf-lösung u.a. von der Kollimatorwahl abhängig. OptimaleWerte der Bildauflösung liegen um 8 mm.

Bessere Auflösungswerte werden mit Geräten erzielt,die für Untersuchungen von Labortieren entwickelt wur-den. Während die Kristalle von PET-Scannern für humaneAnwendungen eine Kantenlänge von ca. 5 mm aufweisen,beträgt die Kantenlänge bei Tier-Geräten bereits 1 bis 2mm, so dass eine Bildauflösung von unter 2 mm erreichtwird. Ein PET-System auf der Basis von Multiwire-Chamber-Detektoren erzielt eine Auflösung von ca. 1 mm; jedoch istdie Sensitivität dieses Gerätes geringer als von Kleintier-PET-Geräten mit Ringdetektoren. Auch bei der SPECT von Klein-tieren ist eine Auflösung von 1 mm erzielbar, wobei normaleGamma-Kameras mit Multipinhole-Kollimatoren ausgestattetwerden. Allerdings ist die Sensitivität dieser Lösung für dy-namische Fragestellungen weniger geeignet. Generell mussbeim Vergleich der Auflösung von PET und SPECT ange-merkt werden, dass die bei der PET besonders durch ener-giereichere Positron-Emitter verursachte Unschärfe zwi-schen Zerfalls- und Emissions-Ort (siehe Tab. 2) bei derSPECT keine Rolle spielt. So könnte mit SPECT bei einer

idealen Richtungsmessung der Photonen theoretisch einegegenüber PET bessere Auflösung erzielt werden.

Die PET bietet bereits aus physikalischer Sicht Vorteilehinsichtlich der absoluten Quantifizierung von Radioakti-vitätskonzentrationen. Da PET-Systeme außerdem eine imVergleich zur SPECT höhere Sensitivität aufweisen undschnelle Aufnahmesequenzen mit Intervallen im Sekunden-bereich möglich sind, kann darüber hinaus die dynamischeVeränderung der Menge eines radioaktiven Moleküls in demzu untersuchenden Organ exakter gemessen werden. Erstdies erlaubt den Zugang zu einer quantitativen Biochemiein vivo in Form von Stoffwechselumsätzen pro Volumenund Zeit, ausgedrückt in z.B. mol·ml–1·min–1.

In den letzten Jahren wird die PET speziell unter Ver-wendung von FDG zunehmend in der onkologischen Dia-gnostik eingesetzt, so dass inzwischen ca. 80 % aller PET-Messungen diese Anwendung betreffen. Die PET kann diePrimärtumoren und Metastasen vieler Krebsarten mit gut-en Kontrast darstellen; die genaue räumliche Zuordnungder Befunde ist aber oft schwierig. Vor diesem Hintergrundwurde die Idee einer Kombination von PET und CT gebo-ren und von Townsend [6] in Zusammenarbeit mit der Fir-ma Siemens/CTI realisiert. Da der Patient im PET-CT aufderselben Liege durch die Scanner geschoben wird, werdendie Probleme, die bei der Überlagerung von getrennt auf-genommenen PET- und CT-Bildern entstehen, minimiert.Die neuesten PET-CT-Geräte werden mit vielzeiligen Spiral-CT-Scannern ausgestattet, mit denen in Minutenschnelle ei-ne Ganzkörper-CT-Messung möglich ist. Oben wurde er-wähnt, dass die CT-Daten zur Schwächungskorrektur ver-wendet werden können. Dies ist aber nur ein Nebeneffekt.Der Hauptzweck ist zunächst die anatomische Zuordnungdes PET-Befundes (Abb. 5). Wegen der hohen Qualität derCT-Aufnahme hat das CT aber auch sein eigenen spezifi-schen Diagnosewert. Die gleichzeitige Nutzung der Vortei-le von PET und CT in den Kombinationsgeräten hat dazugeführt, dass inzwischen fast alle Neuinstallationen PET-CT-Scanner sind. Ein ähnlicher Synergie-Effekt wird auch vonSPECT-CT-Geräten (Abb. 4) erwartet, die jetzt vermehrt an-geboten werden. Abb. 6 zeigt eine Anwendung zu dieserneuesten nuklearmedizinischen Entwicklung. Ohne das CTwären die diffusen Knochenbefunde nur sehr schwieriganatomisch zuzuordnen. Durch die Überlagerung mit demCT gelingt dies mühelos.

Zusammenfassung Der modernen molekularen Bildgebung unter Einsatz von ra-dioaktiv markierten Tracersubstanzen stehen die beiden to-mographischen Verfahren SPECT und PET zur Verfügung. Mitihnen ist die nicht-invasive dreidimensionale Darstellung derräumlichen und zeitlichen Verteilung von Radiopharmaka ent-sprechend des physiologischen bzw. biochemischen Funkti-onsstatus des entsprechenden Gewebes möglich. SPECT undPET unterscheiden sich wesentlich in der Art der Strahlende-tektorsysteme und den zur Anwendung geeigneten Radionuk-liden und Radiopharmaka. SPECT-Geräte bestehen aus ein bis

A B B . 6 SPECT/CT-Untersuchung: Bei einem Patienten mitNeuroblastom und diffusem Knochenmarksbefall (A) erlaubtdie Überlagerung des [123I]MIBG-SPECT mit dem CT-Bild (B und C) die exakte differentialdiagnostische Lokalisationdahingegend, dass es sich um ossäre und nicht meningealeHerde handelt (mit freundlicher Genehmigung von Prof. T. Kuwert; Klinik für Nuklearmedizin, Universität Erlangen).

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drei Gamma-Kameras mit NaI-Szintillationsdetekoren, die umden liegenden Patienten rotieren. PET-Scanner werden fastausschließlich als Ringdetektoren realisiert, deren Szintillati-ons-Detektoren als Kristallmaterial bisher hauptsächlich BGO,zunehmend aber LSO oder GSO aufweisen. In jüngster Zeitwerden PET-Scanner meist mit Spiral-CT-Geräten kombiniert.Solche Kombinationen gibt es inzwischen auch für die SPECT.

Zitierte Literatur [1] Kuhl, D.E., Edwards, R.Q.: Image separation radio-isotope scanning.

Radiology 80 (1963), 653-662.[2] Cormack, A.M.: Representation of a function by its line integrals,

with some radiological applications. J. Appl. Phys. 34 (1963), 2722-2727.

[3] Rankowitz, S., Robertson, J.S, Higinbotham, W.A., Niell, A.M.: Posi-tron scanner for locating brain tumors. IRE Int. Conv. Rec. 9 (1962),49-56.

[4] Ter-Pogossian, M.M., Phelps, M.E., Hoffman, E.J., Mullani, N.A.: A positron-emission transaxial tomograph for nuclear medicine imaging (PETT). Radiology 114 (1975), 89-98.

[5] Ido, T., Wan, C.N., Casella, V. et al.: Labeled 2-deoxy-D-glucose ana-logs. 18F-labeled 2-deoxy-2-fluoro-D-glucose, 2-deoxy-2-fluoro-D-mannose and 14C-2-deoxy-2-fluoro-D-glucose. J. Lab. Comp. Radiopharm. 14 (1978), 175-183.

[6] Beyer, T., Townsend, D.W., Brun, T., et al.: A combined PET/CT scan-ner for clinical oncology. J. Nucl. Med. 41 (2000), 1369-1379.

Die Autoren: Prof. Dr.-Ing. Hans Herzog (geb. 1948); 1967-1975Studium der Elektrotechnik und Medizin an derRWTH Aachen; 1973 Diplom der Elektrotechnik;1975-1981 Assistent am Lehrstuhl für AllgemeineElektrotechnik und Datenverarbeitung der RWTHAachen; 1981 Promotion zum Dr.-Ing. (1981); seit1981 Wissenschaftler im IME des Forschungszen-trums Jülich; seit 1985 Leiter der Arbeitsgruppe PET;seit 1985 Lehrbeauftragter für (Elektro-)Medizini-sche Messtechnik an der Fachhochschule Aachen/Abt. Jülich; 1993 Habilitation an der medizinischenFakultät der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf;seit 2001 APL-Professur an der Medizinischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düssedorf.

Univ.-Prof. Dr. Frank Rösch (geb. 1955); Chemiestu-dium an der Technischen Universität Dresden; Pro-motion im Bereich Radiochemie; Forschungsaufent-halt am Internationalen KernforschungszentrumDubna bei Moskau; Mitarbeiter am Akademie-Insti-tut Rossendorf/Dresden mit dem Schwerpunkt „Anwendung der Radiochemie in den Lebenswissen-schaften“; 1988 Habilitation an der UniversitätDresden; 1991–1996 Institut für Nuklearchemie des Forschungszentrums Jülich; seit 1996 C4-Professoram Institut für Kernchemie der Universität Mainz.

Anschrift:Prof. Dr.-Ing. Hans HerzogInstitut für MedizinForschungszentrum JülichD-52425 Jü[email protected]

Univ.-Prof. Dr. Frank RöschInstitut für KernchemieJohannes Gutenberg-Universität MainzFritz-Strassmann-Weg 2D-55128 [email protected]