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Chemische Reaktionen Derivatisierungen ungesattigter Zucker Teil 1 Von K. Heyns und J. Feldmann, Hamburg Es wird eine zusammenfassende Ubersicht iiber die vielfiltigen chemischen Reaktionen dargestellt, die sich bei den Umsetzungen ungesattigter Zucker rnit verschiedenartigen Reaktionspartnern ergeben und diezahlreiche interessante Synthesewegefiir Dcrib atisie- rungen ermoglichen. Chemical Reactions and Derivatisations of Unsaturated Sugars. Part. 1. A comprehensive review is presented of the various chemical conversions of unsaturated sugars resulting from the reactions with different reactants which make numerous interesting ways of synthesis of derivatives possible. 1 Einleitung Struktur, Stereochemie und chemisches Reaktionsverhalten der Monosaccharide als niedermolekulare Baugruppen der in der Natur weit verbreiteten Di-, Oligo- und Polysaccharide sind in den zuruckliegenden Jahrzehnten eingehend unter- sucht und in umfangreicher Literatur beschrieben worden. Als alljahrlich durch grundlegende biochemische Synthese- und Stoffwechselprozesse im Unterschied zu fossilen Roh- stoffen immer von neuem in betrachtlichen Mengen verfugba- re organisch-chemische Verbindungen geraten die Zucker zusehends als interessante Ausgangsmaterialien in den Blickpunkt der Synthese-Chemie. Voraussetzung hierfur ist vor allem die in den letzten Jahren ausgiebig erforschte Schutzgruppen-Chemie, die die Durch- fuhrung weiterer gezielter Reaktionsablaufe sowie von Abbau- und Aufbaureaktionen ermoglicht. Von besonderem Anreiz ist hierbei die Tatsache, daD bestimmte, in den Monosacchariden bereits vorgegebene Chiralitatsverhaltnis- se in die Folgeprodukte gezielt eingebaut werden konnen, so daD sich vielfach z. B. muhsame und kostspielige Racemat- spaltungen und umstandliche Umwege ersparen lassen. Auch das intensive Studium der Umsetzungen von Zuckern mit stickstoflhaltigen Komponenten hat verschiedene Synthese- wege in interessante StofRlassen eroffnet. Wichtige Ausgangsmaterialien fur die organisch-chemische Synthese sind neben den durch Hydrierungen und einfache Oxidationsreaktionen erhaltlichen Polyolen und Siiuren vor allem die Anhydrozucker sowie die ungesattigten Zucker. Das vielseitige Reaktionsverhalten und die damit ermoglich- ten Derivatisierungen dieser letzteren Substanzgruppe wer- den nachstehend in den wichtigsten Umsetzungen zusam- menfassend dargestellt. Emil Fischer berichtete 191 3 vor der Koniglich-PreuDischen Akademie der Wissenschaften uber die Entdeckung einer neuen Klasse von Zuckern, die er als Glykale bezeichnete [l]. Offenbar in der Absicht, durch Reduktion von Glucosylhalo- geniden 1,5-Anhydro-Glucitolderivate zu synthetisieren 12, 31, hatte er 2,3,4,6-Tetra-O-acetyl-a-~-Glucosylbromid (1 ) mit Zink in Eisessig behandelt. Hierbei wurde ein Produkt erhalten, das Bromlosung entfarbte und im Fuchsin-SO,- Test die charakteristische Reaktion freier Aldehyde zeigte. Diese Befunde fuhrten zunachst zu dem Strukturvorschlag (2), der jedoch bald, da sich gezeigt hatte, daD die neue Verbindung drei verseifbare Acetylgruppen besao, zu Gun- sten von (3) revidiert wurde (Abb. 1). Einige Jahre splter konnten die gleichen Autoren zeigen, daD aus der von ihnen synthetisierten Verbindung bei der OAc 1 2 AcOHzC wc OA c Js8611 3 4 Ozonspaltung der Doppelbindung D-Arabinose entsteht. Hieraus ergibt sich (4)alsdie richtige Strukturder von Fischer als ,,Tri-O-Acetyl-Gluca1" bezeichneten Verbindung. Die Endung -al in der Trivialbezeichnung, die bis heute ublich ist, bezieht sich auf die ursprunglich angenommene Struktur (2) ; die Ursache des Nachweises einer freien Aldehydgruppe mit dem Fuchsin-SO,-Test bei manchen Praparationen von (4) blieb zunachst unklar. Es blieb B. Fraser-Reid [5] vorbehalten, etwa 60 Jahre spater eine plausible Erkliirung fur die ursprunglichen Beobachtun- gen von Fischer und Zach zu geben. Diese hatten bereits Tri- 0-acetylglucal(4)in Wasser erhitzt. Bergmann [6] wiederhol- te diese Versuche spater und isolierte 4,6-Di-O-acetyl- 2,3-didesoxy-~-erythro-hex-2-enopyranose (5), die er als ,,Pseudoglucal" bezeichnete. Fraser-Reid konnte nun zeigen, daD (5) im Gleichgewicht mit der offenkettigen ungesattigten Verbindung (6) steht, die unter Lichteinwir- kung in die trans-Form (7) ubergeht. (6) und (7), wahrschein- lich beim Umkristallisieren von (4) gebildet, sind wohl die Ursache des positiven Aldehydnachweises in manchen Priiparationen von (4) (Abb. 2). OH e=+ 0 AcO - ' 4 5 6 -c AcO - L O 7 40 Starch/Starke 32 (1980) Nr. 2, S. 40-47 '9 Verlag Chemie, GnibH, D-6940 Weinheim, 1980 0038-9058/80/0202-0040$02.50/0

Chemische Reaktionen und Derivatisierungen ungesättigter Zucker

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Chemische Reaktionen Derivatisierungen ungesattigter Zucker Teil 1

Von K. Heyns und J. Feldmann, Hamburg

Es wird eine zusammenfassende Ubersicht iiber die vielfiltigen chemischen Reaktionen dargestellt, die sich bei den Umsetzungen ungesattigter Zucker rnit verschiedenartigen Reaktionspartnern ergeben und diezahlreiche interessante Synthesewegefiir Dcrib atisie- rungen ermoglichen.

Chemical Reactions and Derivatisations of Unsaturated Sugars. Part. 1. A comprehensive review is presented of the various chemical conversions of unsaturated sugars resulting from the reactions with different reactants which make numerous interesting ways of synthesis of derivatives possible.

1 Einleitung

Struktur, Stereochemie und chemisches Reaktionsverhalten der Monosaccharide als niedermolekulare Baugruppen der in der Natur weit verbreiteten Di-, Oligo- und Polysaccharide sind in den zuruckliegenden Jahrzehnten eingehend unter- sucht und in umfangreicher Literatur beschrieben worden. Als alljahrlich durch grundlegende biochemische Synthese- und Stoffwechselprozesse im Unterschied zu fossilen Roh- stoffen immer von neuem in betrachtlichen Mengen verfugba- re organisch-chemische Verbindungen geraten die Zucker zusehends als interessante Ausgangsmaterialien in den Blickpunkt der Synthese-Chemie. Voraussetzung hierfur ist vor allem die in den letzten Jahren ausgiebig erforschte Schutzgruppen-Chemie, die die Durch- fuhrung weiterer gezielter Reaktionsablaufe sowie von Abbau- und Aufbaureaktionen ermoglicht. Von besonderem Anreiz ist hierbei die Tatsache, daD bestimmte, in den Monosacchariden bereits vorgegebene Chiralitatsverhaltnis- se in die Folgeprodukte gezielt eingebaut werden konnen, so daD sich vielfach z. B. muhsame und kostspielige Racemat- spaltungen und umstandliche Umwege ersparen lassen. Auch das intensive Studium der Umsetzungen von Zuckern mit stickstoflhaltigen Komponenten hat verschiedene Synthese- wege in interessante StofRlassen eroffnet. Wichtige Ausgangsmaterialien fur die organisch-chemische Synthese sind neben den durch Hydrierungen und einfache Oxidationsreaktionen erhaltlichen Polyolen und Siiuren vor allem die Anhydrozucker sowie die ungesattigten Zucker. Das vielseitige Reaktionsverhalten und die damit ermoglich- ten Derivatisierungen dieser letzteren Substanzgruppe wer- den nachstehend in den wichtigsten Umsetzungen zusam- menfassend dargestellt. Emil Fischer berichtete 191 3 vor der Koniglich-PreuDischen Akademie der Wissenschaften uber die Entdeckung einer neuen Klasse von Zuckern, die er als Glykale bezeichnete [l]. Offenbar in der Absicht, durch Reduktion von Glucosylhalo- geniden 1,5-Anhydro-Glucitolderivate zu synthetisieren 12, 31, hatte er 2,3,4,6-Tetra-O-acetyl-a-~-Glucosylbromid (1 ) mit Zink in Eisessig behandelt. Hierbei wurde ein Produkt erhalten, das Bromlosung entfarbte und im Fuchsin-SO,- Test die charakteristische Reaktion freier Aldehyde zeigte. Diese Befunde fuhrten zunachst zu dem Strukturvorschlag (2), der jedoch bald, da sich gezeigt hatte, daD die neue Verbindung drei verseifbare Acetylgruppen besao, zu Gun- sten von (3) revidiert wurde (Abb. 1). Einige Jahre splter konnten die gleichen Autoren zeigen, daD aus der von ihnen synthetisierten Verbindung bei der

OAc 1

2

AcOHzC wc OA c

Js8611 3 4

Ozonspaltung der Doppelbindung D-Arabinose entsteht. Hieraus ergibt sich (4) alsdie richtige Strukturder von Fischer als ,,Tri-O-Acetyl-Gluca1" bezeichneten Verbindung. Die Endung -al in der Trivialbezeichnung, die bis heute ublich ist, bezieht sich auf die ursprunglich angenommene Struktur (2) ; die Ursache des Nachweises einer freien Aldehydgruppe mit dem Fuchsin-SO,-Test bei manchen Praparationen von (4) blieb zunachst unklar. Es blieb B. Fraser-Reid [5] vorbehalten, etwa 60 Jahre spater eine plausible Erkliirung fur die ursprunglichen Beobachtun- gen von Fischer und Zach zu geben. Diese hatten bereits Tri- 0-acetylglucal(4) in Wasser erhitzt. Bergmann [6] wiederhol- te diese Versuche spater und isolierte 4,6-Di-O-acetyl- 2,3-didesoxy-~-erythro-hex-2-enopyranose (5), die er als ,,Pseudoglucal" bezeichnete. Fraser-Reid konnte nun zeigen, daD (5) im Gleichgewicht mit der offenkettigen ungesattigten Verbindung (6) steht, die unter Lichteinwir- kung in die trans-Form (7) ubergeht. (6) und (7), wahrschein- lich beim Umkristallisieren von (4) gebildet, sind wohl die Ursache des positiven Aldehydnachweises in manchen Priiparationen von (4) (Abb. 2).

OH e=+ 0 AcO -'

4 5 6 - c AcO - L O

7

40 Starch/Starke 32 (1980) Nr. 2, S. 40-47 '9 Verlag Chemie, GnibH, D-6940 Weinheim, 1980 0038-9058/80/0202-0040$02.50/0

Seit der Entdeckung der Glykale wurde eine Vielzahl weiterer ungesattigter Kohlenhydrate synthetisiert, heute sind Zucker mit Doppelbindungen an allen denkbaren Positionen der cyclischen und offenkettigen Formen bekannt. Daruber- hinaus wurde durch die Darstellung der Oxyglycale vom Typ (8) der Zugang zu, an der Doppelbindung substituierten Verbindungen, eroffnet [7] (Abb. 3).

AcO OA c

1886318

In der Natur sind ungesattigte Kohlenhydrate in freier Form selten anzutreffen. Zu den wenigen, jedoch sehr wichtigen Beispielen gehoren die Reduktone, z. B. die Ascorbinsaure (9) und die Pyrone, z. B. die Kojisaure (10) (Abb. 4).

r O H

9 10 rn Als Komponenten in verschiedenen Antiniotika wie Blastici- din S [8] (11) und Mildiomycin (12) [9] sowie Angustmycin A (13) [lo] und Sisomycin (14) 1111 sind ungesattigte Zucker jedoch nachgewiesen worden (Abb. 5).

C O9H

COzH

R/OH

11 12

Adenin

C HzOH

HO O H

13 HoaoQH' OH

14

Demgegenuber steht au13er Frage, daI3 sowohl beim sauren oder basischen Abbau von Zuckern als auch bei deren enzymatischer Spaltung ungesattigte Zwischenstufen eine zentrale Rolle spielen [12 - 141. Insbesondere entstehen beim Abbau von polymeren Uronsauren zunachst 4,5-ungesattigte Derivate [ 151. Die hierbei nachgewiesenen oder vermuteten Substanzen sind jedoch in der Regel zu reaktiv, als da13 man sie isolieren konnte. Einige Jahre wurde diskutiert, inwieweit ungesiittigte Zucker eine Rolle bei der naturlichen Umwand- lung von Ribonucleosiden zu Desox yribonucleosiden spielen [16, 171. Vermutungen in dieser Richtung haben sich jedoch offensichtlich als unzutreffend erwiesen [18, 191. Die Chemie ungesattigter Zucker erhielt in den beiden letzten Jahrzehnten besonderen Auftrieb durch die Verfeinerung der synthetischen und analytischen Methoden der Kohlenhy- dratchemie, die zeigen, da13 diese Substanzen durch die

Funktionalisierung der Doppelbindung zur gezielten Synthe- se vielfaltiger Verbindungen dienen konnen. Uber Synthese und Reaktionen ungesattigter Kohlenhydrate wurde in mehreren Ubersichtsartikeln referiert [20 - 241, daruber hinaus findet sich in jeder Ausgabe des Specialist Periodical Report-Carbohydrate Chemistry ein Uberblick iiber die Literatur des Berichtsjahres.

2 Konformation ungesattigter Kohlenhydrate

Uber die Konformation ungesattigter Kohlenhydrate in Losung und im Kristall liegen bislang nur sehr wenige eindeutige Aussagen vor. Fur Aldopyranosen gilt generell, daI3 sie haufig nicht in nur einer der beiden zu erwartenden Sesselkonformationen [25] vorliegen, sondern daI3 ein mehr oder weniger stark ausge- pragtes Konformationsgleichgewicht vorliegt. Wahrend die freie Aktivierungsenergie fur einen solchen Ubergang beim Tetrahydropyran bei 103 kcal/Mol liegt [26], findet sich fur den Ubergang zwischen den beiden konformeren Halbsessel- formen des Dihydropyrans nur ein Wert von 6,6 kcal/Mol [27]. Dementsprechend zeigen die NMR-Spektren der Glyka- le in Losung ein Gleichgewicht der beiden 4H,- und 5H4- Konformationen [28]. Tri-0-acetylglucal (4) und Tetra-O- acetyloxyglucal(8) kristallisieren jedoch ausschlieDlich in der energetisch begunstigten 4H,-Konformation [29]. Fur 2,3-ungesattigte Hexopyranosen wurde man eine OH,- Halbsesselkonformation annehmen. Untersuchungen in Lo- sung und an Kristallen zeigen jedoch zum Teil erhebliche Abweichungen. Untersuchungen an Ethyl-6-0-Benzyl-2,3,4- tridesoxy-4-jodo-a-D-threo-hex-2-eno-pyranosid (15) [30] und am nichtreduzierenden Teil des Disaccharids (16) [31] zeigen, daI3 hier der Ringsauerstoff mit den Kohlenstoffato- men C-1, C-2, C-3 und C-4 nahezu in einer Ebene liegt (Abb. 6) .

rBr r OBn

U 15 16 (s8661

Pyranosen mit exocyclischen Doppelbindungen zwischen C-5 und C-6 zeigen in Losung im Fall der P-Acetate wie (17) das angegebene Konformerengleichgewicht [34,35] (Abb. 7).

AcO 17

I OA c

3 Synthese ungesattigter Kohlenhydrate

Neben dem praparativ nicht so interessanten Abbau von Zuckern [12- 151 stehen prinzipiell drei Strategien zur Synthese ungesattigter Kohlenhydrate zur Verfugung : - Eliminierungsreaktionen an Kohlenhydraten, - Addition ungesattigter Molekulbausteine an Kohlenhy-

- Totalsynthese [36]. Im folgenden sol1 ausschliefilich uber Eliminierungsreaktio- nen an Kohlenhydraten berichtet werden. a,P-Eliminierungsreaktionen an Kohlenhydraten erfolgen praktisch ausschliefilich an Esterderivaten und Desoxyhalo- genoverbindungen. Die Polyfunktionalitat der Zuckermole-

draten [23],

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kel erfordert fur eine selektive Eliminierung geeignete Schutzgruppen, die sowohl unter den Reaktionsbedingungen stabil als auch gegen Umlagerungen im Molekul resistent sind (s. unten). Fur cyclische Verbindungen, die hier inerster Linie betrachtet werden sollen, kommt erschwerend hinzu, daB a$- Eliminierungen eine trans-diaxiale Orientierung der Aus- trittsgruppen in der Regel erfordern.

3.1 Basische Eliminierungen

Basischer Angriff auf ein Proton rnit synchronem Austritt eines a-standigen Saurerestes stellt den Prototyp eines E,- Eliminierungsmechanismus dar. Fur die Synthese von Oxyglykalen [7] aus peracylierten Glykosylhalogeniden findet die basische 1 ,ZEliminierung rnit Dialkylaminen [37] oder DBU [38 - 40) ausschliel3lich Anwendung (Abb. 8).

r O A c

OAc - 1

OAc

8

Ebenfalls unter Abspaltung eines Molekuls Halogenwasser- stoffsaure erfolgt die Synthese 5,6-ungesattigter Hexopyra- nosen [41, 421 sowie 4,5-ungesattigter Pentofuranosen 1431 (Abb. 9).

OA c OA c 17

C HzOR Adenin C H2OR

OR OR

(s8691

OR OR

13

Bei der Oxidation des 4-OH-freien Galaktosederivates (1 8) erhielten Lichtenthaler und Mitarbeiter durch spontane Saureabspaltung das Enolon (19) [44]. Dieser Weg wird generell zur Synthese dieser Verbindungsklasse beschritten [45] (Abb. 10).

I Y ? OMe * o=(J - OMe

OB z OB z

18 19 ISB610)

Die Beschrankung basischer Eliminierungsreaktionen auf transstandige Austrittsgruppen zeigt die Synthese von (20), die nur vom Gluco-, nicht vom Galakto-Derivat ausgehend moglich ist (Abb. 11).

V0-I A

- n - ~ o 0 0 0% *p 04- 0%- X

20 Ox

Lediglich in Fallen, in denen eine besondere Aktivierung eines abzuspaltenden Protons, etwa durch eine geminale Nitro- gruppe [47] oder durch eine Carboxylgruppe (Uronsauren) [48], gegeben ist, wurden auch basische cis-Eliminierungen an Kohlenhydraten beobachtet. Neben den genannten Beispielen sind auch Synthesen ungesattigter Zucker durch basische Eliminierungen an Desoxyverbindungen bekannt, jedoch sind diese praparativ nicht von so grol3em Interesse, da die Ausgangsverbindungen in der Regel nicht so leicht zuganglich sind [49]. Komplikatio- nen ergeben sich daruber hinaus haufig durch Nachbargrup- penbeteiligung an diesen Reaktionen (siehe u. a. [50, 511).

3.2 Reduktive Eliminierungen

Die bereits erwahnte Synthese der Glykale [2], die immer wieder Gegenstand optimierender Untersuchungen war [52, 531, ist eine reduktive Eliminierungsreaktion. Nach Dissozia- tion der Halogenose (1) entsteht ein Carbeniumion, das zwei Elektronen aufnimmt und sich durch Eliminierung eines Essigsaurerestes zum Vinylether (4) stabilisiert. 1,2-ungesat- tigte Furanosen werden unter Verwendung von Natrium- naphthalid synthetisiert [54]. Zu den wichtigsten Syntheseverfahren zur Darstellung anderer ungesattigter Kohlenhydrate zahlt die Eliminierung vicinaler Disulfonsaureester . Verbindungen mit acetalischen Schutzgruppen wie (21) ergeben bei Behandlung mit Kalium- 0-ethyl-dithiocarbonat in siedendem Butanol die entspre- chende ungesattigte Verbindung (22) [55] (Abb. 12).

OT s jsB6121 21 22

Die Behandlung des anologen Diacetats (23) rnit dem gleichen Reagenz fuhrt jedoch zu Zersetzungen [56] (Abb. 13).

AcO GOMe AcO 6 - OMe OMS

1886131 23 24

Dennoch 1aBt sich (24) direkt aus (23) synthetisieren. Bereits 1953 beschrieb R . S . Tipson, daB vicinale primare und sekundare Sulfonestergruppen durch Behandlung rnit Na- triumiodid in siedendem Aceton zu Alkenen reduziert werden konnen [57]. Man geht davon aus, daB bei dieser Reaktion im ersten Schritt die primare Estergruppe durch Iodid substi- tuiert wird, der entstandene Iodhydrinester reagiert rnit uberschussigem Natriumiodid unter Bildung von Iod und Eliminierung der P-standigen Estergruppierung zum Alken . Auf diesem Wege wurden verschiedene Derivate der Glucofu- ranose (25) dargestellt [34, 58, 591 (Abb. 14).

T s O Tsobo 0%. -‘bo 04-

25

T s O i II

Das bei dieser Reaktion freiwerdende Iod begrenzte zunachst ihren Anwendungsbereich. Fur die Eliminierung vicinaler

42 Starch/Starke 32 (1980) Nr. 2, S. 40-47

sekundarer Sulfonestergruppierungen wie in (23) waren scharfere Reaktionsbedingungen notig (DMF, RuckfluD), unter denen Iod bereits an die Doppelbindung addiert wird. Tipson und Cohen [60] gelang eine Modifizierung des Verfahrens - durch Zusatz von Zink wird freiwerdendes Iod abgefangen, und somit ist der Zugang sowohl zu 2,3- ungesattigten Kohlenhydraten wie (24) [55 , 561 als auch zu 3,Cungesattigten Verbindungen wie (26) [61, 621 eroffnet (Abb. 15).

Msob OMe - bOMe OR OR

(s86151 26

Auch in diesem Fall sind trans-diaxiale Austrittsgruppen in der Eliminierung begunstigt : Da (23) durch die Flexibilitat des Pyranoserings leichter die geeignete Konformation einnehmen kann als (21), lauft hier die Eliminierung wesentlich schneller ab. Dadurch jedoch, daD bei diesem Verfahren cis-Sulfonestergruppen in trans-Iodhydrinsulfon- estergruppen und trans-Sulfonestergruppen in vicinale trans-Iodide, die ebenfalls zur Eliminierung befahigt sind, uberfiuhrt werden konnen, ist dieses Verfahren generell anwend bar. Die unmittelbare Eliminierung von trans-diaxialen Iodhy- drinsulfonsaureestern wurde von Taylor untersucht [63,64]. Es zeigte sich, daD schon unter sehr milden Bedingungen Eliminierungen erzielt werden, jedoch stellt die Synthese geeigneter Ausgangsverbindungen Probleme auf. Diese wur- den von R . U . Lemieux [65] zumindest f i r Substanzen, die unter den Reaktionsbedingungen keine Epoxidumlagerun- gen zeigten [66], gelost. Epoxide sind in der Regel gut zuganglich und werden durch Natriumiodid in Gegenwart von Natriumacetat und Essigsaure bevorzugt zu trans- diaxialen [67] Iodhydrinen geoffnet. Lemieux konnte zeigen, daD z. B. die so dargestellte Verbindung (27) unter Acylie- rungsbedingungen (22) bildet (Abb. 16).

\ I 0 OH

27

.o 1 Ph ph<ob OH

28

‘ O u O M e

22

Dieses Verfahren fand in einer Vielzahl von Synthesen Anwendung. Die Behandlung von (27) rnit Methyllithium fiihrt zur allo-Verbindung (28) [68, 691 (Abb. 16). Epoxide konnen neben dem schon beschriebenen Verfahren von Lemieux [65] auch in anderen Varianten zur Synthese von ungesattigten Kohlenhydraten eingesetzt werden : van Es [70] benutzte Kaliumselenocyanat zur Synthese von (25) aus dem Epoxid (29) (Abb. 17).

29 25 158517)

Wir [34] haben verschiedene Epoxide zur Synthese von Derivaten von (22), (24), (25) und (26) eingesetzt. Zur Reduktion benutzten wir dabei zwei bisher in der Kohlenhy- dratchemie noch nicht angewandte Methoden. Sowohl die Umsetzung rnit P,J, in Methylenchlorid/Pyridin [71] als auch die Behandlung rnit NaJ/Trifluoressigsaureanhydrid [72] als Variante des Verfahrens von Lemieux fiihrt in guten Ausbeuten zu den gewunschten Verbindungen. Zwei neuere Verfahren zur Synthese ungesattigter Kohlenhy- drate aus vicinalen Diolen sollen noch erwahnt werden: Barton [73] synthetisierte mit Natriumhydrid, CS, und Methyliodid vicinale Bisdithiocarbonate, die mit Tributyl- zinnhydrid zu Alkenen reduziert werden konnen, und Garegg [74] behandelte Diole rnit Triphenylphosphin und Iod in Gegenwart von Imidazol. Beide Verfahren stellen wichtige Erganzungen des vorhandenen Spektrums an Syntheseme- thoden dar. Uber die Synthese ungesattigter Kohlenhydrate durch Reduktion vicinaler Bis(p-Tolylsulfonylhydrazone) berich- ten S . Honda und Mitarbeiter [75].

3.3 Eliminierung vicinaler cis-Hydroxylgruppen

Unter dem Eindruck der Schwierigkeiten bei der Eliminie- rung von cis-standigen Hydroxylgruppen wurden zwei Verfahren zu deren Funktionalisierung entwickelt. Das erste stammt von Corey [76]. Umsetzung von vicinalen cis-Diolen mit Thiocarbonyldiimidazol fiihrt zur Bildung von Thiono- carbonaten, die rnit Trimethylphosphit entschwefelt werden konnen. Das intermediar entstehende Carben stabilisiert sich durch Eliminierung von CO, zum Alken. Dieses Verfahren ist in vielen Fallen erfolgreich in der Kohlenhydratchemie angewandt worden [77, 781 (Abb. 18).

- . 1586181 25

Die Quartarnisierung von 2-Dimethylamino-l,3-dioxolanen (30) macht sich Hanessian [80] bei der Synthese von (22) zu Nutze (Abb. 19).

OH OH

b 0 Y 22

3.4 Pyrolysen

Bei der Pyrolyse von mono- und polymeren Kohlenhydratde- rivaten entstehen auch ungesattigte Verbindungen. Ferrier [81] untersuchte die Xanthogensaureesterpyrolyse, Shafiza- deh I821 berichtete iiber die Pyrolyse von Cellulose und Koll [83] erhielt bei der Umsetzung von Penta-0-acetyl-P- hexopyranosen in einer HochdrucklHochtemperatur-Stro- mungsapparatur die anomeren 1,2,4,6-Tetra-O-acety1-3- deoxy-ex-2-enopyranosen.

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4 Reaktionen ungesattigter Kohlenhydrate

Bevor wir einige exemplarische Beispiele fur die Funktionali- sierung ungesattigter Zucker geben, sol1 zunachst allgemein auf die besonderen Eigenschaften dieser Substanzklasse eingegangen werden.

4.1 Additionsreaktionen

In cyclischen ungesattigten Zuckern kann man zwei Typen von Doppelbindungen unterscheiden. ,,Normale" C - C- Doppelbindungen in einer Kohlenstoffkette wie in den Verbindungen (24) - (26), und polarisierte Doppelbindungen wie in den Vinylethern (4) und (17). Gegenuber symmetrischen Molekulen verhalten sich beide Typen von Doppelbindungen ahnlich : Hydrierungen liefern a$-Didesoxyverbindungen, die Addition von Halogenen fuhrt zu trans-Addukten : Addition von Brom an (22) fuhrt zum altro-Dibromid (31) [84], die Addition an Glykale fuhrt bei nachfolgender Anomerisierung zu vier isomeren Addi- tionsprodukten [85] (Abb. 20).

/ O L O

Br 1586201 31

Einen Sonderfall stellt die Addition von Halogenen an Oxyglykale dar : Addition von Chlor an 2,3,4-Tri-0- Benzoyl-6-desoxy-oxyglucal fuhrt zu einem Gemisch der p- gluco- und u-manno-Addukte im Verhaltnis 3 : 1 [45]. Hydrolyse der Dihalogenide liefert entgegen fruheren Vor- stellungen [37] 2-Ulosen, die nach schon beschriebenem Mechanismus 3,2-Enolone (33) bilden (Abb. 21 ).

I OB 2 OB z c1

1

1886211 33 32

Polare Molekeln addieren jedoch an die Doppelbindung der Vinylether rnit hoher Selektivitat, die aus den mesomeren Grenzstrukturen (34) heraus unmittelbar plausibel sind (Abb. 22).

34 35

Der elektropositive Teil des Molekuls AB addiert an C-2 des Vinylethers, der elektronegative an C-1 . Diese Eigenschaft erlaubt selektive Additionsreaktionen vor allem bei den Glykalen.

- 44

4.2 Umlagerungen

Die Behandlung von Glykalen mit Sauren fuhrt jedoch keineswegs zu den erwarteten Additionsprodukten vom Typ (35). Lediglich die Addition von HBr in Benzol unter vollig wasserfreien Bedingungen gelang bisher unter ausschlieflli- cher Bildung von 2-Desoxy-1 -bromiden [86]. Die Addition von HBr in Eisessig liefert daneben auch 3-Bromo-2,3-di- desoxyverbindungen [87]. Unter normalen sauren Bedingun- gen liefern die Glykale Furane vom Typ (36) [88] (Abb. 23).

OH & Alle diese Reaktionen haben ihre Ursache in der Tendenz der Vinyletherdoppelbindung zur Umlagerung, die schon zu Beginn der Chemie ungesattigter Kohlenhydrate Ursache vieler Probleme aber auch wichtiger Moment vieler Synthe- sen war. So gehort auch die Bildungdes Pseudoglucals (5),das mit (6) und (7) sicher Zwischenprodukt bei der Bildung von (36) ist, zu der Gruppe dieser Reaktionen. Ferrier beschaftigte sich intensiv mit der Allylumlagerung ungesattigter Zucker. Er konnte zeigen, dafl die von Bergmann [6] zur Synthese von (5) verwandte Methode generell anwendbar ist. Bei thermischer Behandlung von Glykalen in Gegenwart von Nucleophilen, insbesondere Alkoholen, erhalt man 2,3-ungesattigte Glykoside [81, 89, 901. Praparative Bedeutung erlangte dieser Reaktionstyp jedoch durch die Beobachtung, dafi Lewis-Sauren wie BF,- Etherat die Bildung von 2,3-ungesattigten Glycosiden rnit vorwiegender a-Konfiguration schon unter milden Bedin- gungen erlauben [91- 931. Fur die Lewissaure-katalysierten Umlagerungen wird folgender Mechanismus angenommen [94] (Abb. 24).

r OAC r OAC r OAc

4 24

Nu 38 39 1586241

Durch den Angriff des Katalysators bildet sich unter Austritt des allylischen Substituenten des Allyloxocarbeniumion (37), das rnit Nucleophilen Nu zu den isomeren (38) und (39) reagieren kann. Sauerstoffnucleophile ergeben bevorzugt u- verknupfte 2,3-ungesattigte Verbindungen des Typs (39) [91 - 931, wahrend Stickstoffnucleophile wie Azide [95] oder Purinbasen [96,97] die isomeren Verbindungen (38) und (39) ergeben. Kohlenstoffnucleophile reagieren ausschliefilich unter Bildung verzweigter Glykale (38) [94]. Zunachst [91,92] bestand der Eindruck, daD der Substituent an C-4 fur Reaktionen dieses Typs eine wichtige Rolle spielt, da Tri-0-Acetylglucal (4) sofort und in guten Ausbeuten reagiert, wahrend mit dem Galakto-Isomeren schlechtere Ergebnisse erzielt wurden. Die Verwendung von SnCl, als Katalysator [98] ermoglicht jedoch auch in diesem Fall hervorragende Ausbeuten. Offensichtlich ist weniger die

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Nachbargruppenbeteiligung des Substituenten an C-4 als die Fahigkeit des Katalysators, Eliminierungen zu (37) zu ermoglichen, von entscheidender Bedeutung fur diesen Reaktionstyp. Fuhrt man die Reaktion in inerten Losungs- mitteln ohne Gegenwart eines Nucleophils durch, so erhalt man neben dem Umlagerungsprodukt (40) vor allem das Dimere (41 ), das auch bei anderen saurekatalysierten Reaktionen als Nebenprodukt auftritt [94, 991 (Abb. 25).

rOAc

AcO (-JC

41

Allylumlagerungen sind auch ohne Beteiligung des anomeren Zentrums moglich. So erhielten Taylor und Mitarbeiter [64] bei der Behandlung des Iodhydrins (42) rnit NaJ in Aceton bei tiefen Temperaturen nur (43), bei Raumtemperatur jedoch das Gemisch (43) und (44). Letzteres entsteht offensichtlich durch allylische Benzyletherwanderung (Abb. 26).

Brio@ OMe - " " O G OMe + GOMe I _

J 158625) 42 43 44

Auch unter basischen Bedingungen wurde eine Vielzahl von Umlagerungsreaktionen beobachtet. Wahrend Tri-O-acetyl- glucal (4) problemlos entacetyliert werden kann, gelingt dies bei den Pseudoglykalen (5) nur rnit Methanol/Ammoniak. Behandlung von (5) rnit Bariumhydroxid [6] fuhrt zu zwei Produkten, von denen bislang nur (45), 3,6-Anhydro-2- desoxy-D-arabinohexose, eindeutig bestimmt wurde [loo]. Diese entspricht dem von Bergmann ,,Isoglucal" genannten Produkt und entsteht wahrscheinlich durch intramolekulare Addition der 6-OH-Gruppe im entacetylierten (6) an die Doppelbindung. Das zweite Produkt, ,,Protoglucal" ist bislang nicht aufgeklart worden und entsteht wahrscheinlich durch Wasserabspaltung am entacetylierten (6) (Abb. 27).

OH OH

45 1886271

Hanessian erhielt bei der Umsetzung von (22) rnit Kalium- tert.-butylat den 3,4-ungesattigten Zucker (46) [loll (Abb. 28).

(586281 22 46

SchlieBlich zeigte sich bei der Behandlung von (47) mit Natriumazid [I021 und Lithiumaluminiumhydrid 11031 uber- einstimmend die Tendenz zur Bildung endocyclischer Dop- pelbindungen (Abb. 29).

- W O M e

e O w O M e 0 0 X

0 0 X

Beider Umsetzungder 2,3-ungesattigten Verbindung (22)mit LiAlH, erhielten Fraser-Reid und Mitarbeiter [I041 3- Desoxyglucale vom Typ (48) (Abb. 30).

4.3 Reaktionen der Hydroxylgruppen ungesattigter Kohlenhydrate

In der Regel erfolgt die Synthese ungesattigter Kohlenhydrate rnit speziellen Schutzgruppen durch Einfuhrung dieser Gruppen vor der Eliminierung. Jedoch sind auch einige selektive Reaktionen an entblockierten, ungesattigten Zuk- kern bekannt. So 1aBt sich die 6-OH Funktion der Glykale selektiv benzoylieren [I051 und tosylieren [106]. Die Einfuhrung einer tert .-Butyldimethyl-silylethergruppierung an C-6 wurde von Guthrie [lo71 und uns [34] erprobt. 6-O-Ts-Glucal bildet unter basischen Bedingungen sehr schnell 3,6-Anhydroglucal (49) [I081 (Abb. 31).

49 (s8631j

Die Synthese von 4,6-0-Isopropylidenglucal(50) wurde von Fruser-Reid [ 1091 beschrieben. Wir [34] setzten mit Erfolg Isopropenyl-methylether [l10,11 I] zur Synthese von (50) aus Glucal ein. 3,4-0-Isopropyliden-galaktal ist schon seit 1949 [I 121 bekannt. Ferrier synthetisierte die Phenylboranate des Glucals (4,6-Phenylboranat) und des Galaktals (3,4-0- Phenylboranat) [I 131. Veretherungen an entblockierten Glykalen verlaufen offen- bar stets zu den per-O-alkylierten Verbindungen. Bekannt sind Tri-O-methylglucal [I 141 und Tri-O-benzylglucal [I 151. Heyns und Gottschalck [116] berichteten uber die Platin- katalysierte Oxidation des Glucals zur 3-Ulose Tronchet fuhrte die gleiche Oxidation rnit Silbercarbonat-Cellite aus [I 171. Cr0,- und Mn0,-Oxidationen partiell geschutzter ungesattigter Kohlenhydrate fuhrten zur Synthese aller Hexopyranos-enone [61, 109, 11 8 - 1221. Substitutionsreaktionen an Sulfonestern ungesattigter Koh- lenhydrate wurden untersucht. Guthrie [lo71 berichtet, dal3 Versuche, (50) zu rnesylieren, im wesentlichen zu Dimeren (51) fuhrten (Abb. 32).

-

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.o 1

51

Substitutionsreaktionen an 2,3-ungesattigten Kohlenhydra- ten verlaufen in der Regel unter Inversion. Methyl-4,6-Di-O- mesyl-cl-~-erythrohex-2-enopyranosid (52) wird erst in der Allylstellung, dann in der primaren Position substituiert [123, 1241, die 3,4-ungesattigte Verbindung (53) [125] wird mit Natriumazid in 6-Stellung und in 2-Stellung unter Inversion substituiert. Die 2-Azidoverbindung unterliegt einer sigma- tropen [3.3]-Umlagerung zur 4-Azidoverbindung. Substitu- tionen am Kohlenstoffatom C-2 der Hexopyranosen mit ionischen Nukleophilen sind in der Reihe der gesattigten Verbindungen sonst nicht bekannt [126] (Abb. 33).

E" r: MsO u - OMe

52

U O M e OMS

53

Auf die Tendenz 5,6-ungesattigter Kohlenhydrate, Substitu- tionsreaktionen an C-4 durch Umlagerungen zur endocycli- schen Doppelbindung auszuweichen, wurde schon hingewie- sen (4.2); uber die Bildung von Epoxiden aus Sulfonestern 5,6-ungesattigter Hexopyranosen berichtet J . Lehrnann [I 271.

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