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Chemische Transportreaktionen. TII1) 2, Uber den Transport von Silicium im Temperaturgefalle unter Mitwirkung der Silicium(ll)-halogenide und uber die Druckabhangigkeit der Transportrichtung Von HARALD SCHAFER und BERNHARD MORCHER Mit 6 Abbildungen Inhaltsubersieht Praparative Versuche zum Siliciumtransport mit Hilfe der gasformigen Dihaloge- nide SiCl,, SiBr,, SiJ, werden beschrieben. Das Silicium wandert mit dem Chlorid und dem Bromid von hoherer zu niedrigerer Temperatur. lm Jodidsystem ist die Trans- p o r t r i c h t u n g dagegen d r u c k a b h a n g i g : Silicium wird bei kleinen Drucken zur heiden, bei groderen Drucken aber zur kalteren Zone transportiert. Zur Aufklarung dieser Transportumkehr wurden Gleic hge wich tsmes sung en durchgefuhrt. Sie lieferten Interpolationsformeln fur die Temperaturabhangigkeit der Reaktionen (a) SiJ,, = SiJ,, + 25, (b) Si, + 4 J, = SiJ,, (c) Si, + SiJ,, = BSiJ,,. Die Transportumkehr kommt durch das Zusammenspiel der exothermen Reaktion (b) mit der endothermen Reaktion (c) zustande. Die Angaben uber die Gleichgewichte und die Modellvorstellung, nach der der Transporteffekt mit der Diffusion zwischen zwei Gleicbgewichtsraumen gedeutet werden kann, gestatten die Berechnung der Trans- portumkehr-Bedingung im System Si/J. Das Ergebnis dieser Berechnung stimmt mit den Experimenten iiberein. Stromungsversuche, bei denen ein SiJ,-Argon-Gemisch eine Gluhzone passierte, ergaben, dad zu jeder Temperatur ein ,,kritischer Si J4-Zersetzungsdruck" gehort, der unterschritten werden mud, wenn sich Silicium abscheiden soll. Bei groderen Drucken geht der SiJ4-Zerfall nur bis zum SiJ, [Gl. (a)] und die Zerfallsprodukte SiJ,, J,, J ver- einigen sich beim Abkiihlen wieder zu Si J4. Der ,,kritische Zersetzungsdruck" entspricht einem Gleichgewichtszustand und ist fur jede vorgegebene Temperatur berechenbar. Die Untersuchung ergibt verschiedene Wege zur Reinigung von Silicium. Mitteil. I: H. SCHAFER, H. JACOB u. K. ETZEL, Z. anorg. allg. Chem. 286, 27 2) Mitteil. 11: H. SCHAFER, H. JACOB u. K. ETZEL, Z. anorg. allg. Chem. 886, 42 (1 95 6). (1956).

Chemische Transportreaktionen. III. Über den Transport von Silicium im Temperaturgefälle unter Mitwirkung der Silicium(II)-halogenide und über die Druckabhängigkeit der Transportrichtung

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Chemische Transportreaktionen. TII1) 2,

Uber den Transport von Silicium im Temperaturgefalle

unter Mitwirkung der Silicium(ll)-halogenide und uber die Druckabhangigkeit der Transportrichtung

Von HARALD SCHAFER und BERNHARD MORCHER

Mit 6 Abbildungen

Inhaltsubersieht Praparative Versuche zum Siliciumtransport mit Hilfe der gasformigen Dihaloge-

nide SiCl,, SiBr,, SiJ, werden beschrieben. Das Silicium wandert mit dem Chlorid und dem Bromid von hoherer zu niedrigerer Temperatur. l m J o d i d s y s t e m ist die Trans- p o r t r i c h t u n g dagegen d r u c k a b h a n g i g : Silicium wird bei kleinen Drucken zur heiden, bei groderen Drucken aber zur kalteren Zone transportiert.

Zur Aufklarung dieser Transportumkehr wurden Gleic hge wich t smes s u n g e n durchgefuhrt. Sie lieferten Interpolationsformeln fur die Temperaturabhangigkeit der Reaktionen

(a) SiJ,, = SiJ,, + 25,

(b) Si, + 4 J, = SiJ,,

(c) Si, + SiJ,, = BSiJ,,.

Die Transportumkehr kommt durch das Zusammenspiel der exothermen Reaktion (b) mit der endothermen Reaktion (c) zustande. Die Angaben uber die Gleichgewichte und die Modellvorstellung, nach der der Transporteffekt mit der Diffusion zwischen zwei Gleicbgewichtsraumen gedeutet werden kann, gestatten die Berechnung der Trans- portumkehr-Bedingung im System Si/J. Das Ergebnis dieser Berechnung stimmt mit den Experimenten iiberein.

S t romungsversuche , bei denen ein SiJ,-Argon-Gemisch eine Gluhzone passierte, ergaben, dad zu jeder Temperatur ein ,,kritischer Si J4-Zersetzungsdruck" gehort, der unterschritten werden mud, wenn sich Silicium abscheiden soll. Bei groderen Drucken geht der SiJ4-Zerfall nur bis zum SiJ, [Gl. (a)] und die Zerfallsprodukte SiJ,, J,, J ver- einigen sich beim Abkiihlen wieder zu Si J4. Der ,,kritische Zersetzungsdruck" entspricht einem Gleichgewichtszustand und ist fur jede vorgegebene Temperatur berechenbar.

Die Untersuchung ergibt verschiedene Wege zur Reinigung von Silicium.

Mitteil. I: H. SCHAFER, H. JACOB u. K. ETZEL, Z. anorg. allg. Chem. 286, 27

2) Mitteil. 11: H. SCHAFER, H. JACOB u. K. ETZEL, Z. anorg. allg. Chem. 886, 42 (1 95 6).

(1956).

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280 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

Vor kurzem mitgetnilte Untersuchungen betreffen die Grund- Iagen des Bodenkorpertransports, der durch heterogene Gleichgewichte im Temperaturgefalle veranlafit wird1). Im AnschlulS hieran wurden nuii praparative Versuche zum Siliciumtransport mit Hilfe der gasformigen Dihalogenide SiCl,, SiBr, und SiJ, vorgenommcn. Die dabei ange- troffenen, komplizierteren Verhaltnisse im System Si/J regten zu einer eingehenden Untersuchung an 3, 4, 7 .

A. Transportversuche mit Silicium Die Transportreaktionen werden in geschlossenen Rohren aus

Quarzglas durchgefuhrt, die im Teniperaturgefalle liegen. Der Boden korpertransport setzt ein temperaturabhangiges Gleichgewicht

i A f + k B , = j C g

voraus. Auf der einen Seite des Rohres (bei T,) wird der Bodenkorper A verbraucht. Das entstandene gasformige C gelangt auf die andere Seite des Reaktionsrohres, wo dann Ruckreaktion unter Abscheidung von A eintritt (T,). Die transportierte Bodenkorpermenge ist (bei gegebenen Rohrdimensionen) abhangig von der Lage des heterogenen Gleich- gewichts bei den Temperaturen T, und T, und von der Bewegung der Molekeln in dcr Gasphasel). Die dureh uberlagerung von Diffusion, Thermodiff usion und Konvektion bedingte Gssbewegung ist einer ge- nauen Rerechnung schwer zuganglich. Bei einer vereinfachten Betrach- tung kann man jedoch 3 Druckgebiete unterscheicleri l).

a) Bei k l e inen D r u c k e n (z. B. < 1 mm)G) diffundieren die Gas- molekeln schnell. Die Geschwindigkeit, mit der sich das heterogene Gleichgewicht einstellt, ist klein dagegen und bestimmt den Transport- effekt. Die transportierte Bodenkorpermenge ist normalerweise gering.

8) Bei n i i t t l e r en D r u c k e n (z. B. 10-760mm Hg)6) wird die Diffusionsgeschwindigkeit lilein gegen die Reaktionsgeschwindigkeit, so dalS nunmehr im wesentlichen die Di f fus ion die Geschwindigkeit des Gesamtvorgangs bestimmt. Der Transporteffekt ist mit der Annahme berechenbar, daI3 Diffusion zwischen zwei Raumen stattfindet, in denen Gleichgewicht zwischen Gasphase und Bodenkorpcr herrscht l) ,).

3, H. SCHAFER u. B. MORCHER, in Silicium, Schwefel, Phosphate, IUPAC-Collo-

4, H. SCHAFER u. B. MORCHER, Angew. Chem. GS, 583 (1956); Vortragsreferat. 5, B. MORCHER, Dissertation Miinster 1956. 6, Die Druclrangaben gelten fur den Siliciumtransport unter unseren Versuchs-

quium in Miinster, (1964); Weinheiin 1955.

bedingungen.

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H. SCHAFER 11. B. MORCHER, Transport von Silieiunl in1 Temperatnrgefille 281

y ) Bei wei te rer D r u c k e r h d h u n g (>760 mm) ist der Transport groBer, als man nach p) berechnet, weil die B o n v e k t i o n zusd tz l ich Bedeutung gewinnt.

1. Allgemeine Arbeitswcisc bei den Versuchen zum Siliciumtransport Reaktionsrohre aus Quarzglas (Lange w 140 nim, Innendurch-

niesser w 20 mm) wurden mit etwa 2 g Siliciuni?) beschickt und ge- gebenenfalls mit der Brom oder Jod enthaltenden Kapillarc s, verseheii (Abb. 1). Dann wurde das eigent- liche Reaktionsrohr R mit dem Silicium 5 Stunden Fei Torr (PenningmeBrohr) und 11 00" C aus- geheizt. Nach dem Erkalten lieU inan e n t w e d e r SiCI,-Dampf ein- stromen (Abb. 2) und schmolz nach

Druckes bei a ab,

I_ I Einstellung des gewunschten n

Abb. 1. Beschickung des Reaktionsrohres mit Si und Br, (oder J,)

Abb. 2. Beschickung des Reaktionsrohres mit Si und SiCI,

oder (Abb. 1) man schmolz bei a1 ab, iiffnete die Glaskapillare mit Br, oder J, durch Erhitzen mit einer Stichflamme, kondensierte Br, oder J, im Reaktionsrohr und schniolz bei a2 ah. Das so vorbereitete Rohr wurde in waagerechter Lage, in einem elektrischen Riihrenofen, der zw-ei Heizwickelunsen besaB, wahrend 1 7 Stunden irn Temperaturgeficlle getempert 9) .

Die leeren Kapillaren wurden zuruckgewogen. Mit der Kapillare wurden auch kleine Mengen Chlorgas eingefuhrt, wenn sehr wenig SiCI, angewendet werden sollte.

Das transportierte Silicium lag z. T. in lockeren Kristnllen in1 Reaktionsrohr, z. T. aber war es fest an die Quarzwand angewachsen. Zur Bestimmung des Transporteffekts wurde der fest haftendc Anteil mit l0proz. &OH gelost lo) und das Rohr zurfickgewogen.

7, Kaufliches, kristallisiertes Rohsilicium wurde nach N. P. TUCKER [J. Iron Steel

*) Brom bzw. Jod wurde im Vakuum in die Kapillare aus AR-Glas einkondensicrt,

9, Vgl. Abb. 5 in I).

lo) Der Quarzangriff durch die Lauge verfalschte das Ergebnis nicht wesentlich.

Inst. 116, 412 (1927)l mit Sauren gereinigt.

die danacli abgeschmolzen wurde.

Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 290. 18b

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282 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

Mole PSiC1*l3) SiCl,. lo5 (Anfang) im Rohr rnm

Das fest haftende Silicium sprengt beim Erkalten oftinals die Quarzwand. Man kann diese Storung vermeiden und auch das gesamte transportierte Silicium in Substanz gewinnen, wenn das Quarzrohr im Innern vor dem Transportversuch mit einer diinneri Schicht von Glanzkohlenstoff iiberzogen wird 11) 12). Das Quarzrohr bleibt dann unver- sehrt und der Kohlefilm hebt sich mit dem Silicium von der Rohrwand ab; er kann leicht mechanisch vom Silicium entfernt werden. Siliciumcarbidbilclung war bei den benutzten Temperaturen nicht festzustellen.

trans- portierte Si-Menge

in g

2. Siliciumtransport iiber das Dichlorid oder das Dibromid Die Transportleistung des Gleichgewichts Si + SiCl, = 2 SiC1,

wurde schon fruher l) untersucht. Der beobachtete Transporteffekt stimmte mit dem nach Abschnitt A, /3) berechneten uberein. Die Diffusion

1150/950

Tabelle 1 S i l i c i u m t r a n s p o r t iiber d a s Dichlor id

(Abschnitt A, b), so ist die 0,42

Tempera tur- gcfalle

"C ..

l000/800 0,69 1 11 I 0,17

war also geschwindigkeitsbe- stimmend. Die jetzt mehr nach praparativen Gesichtspunkten durchgef uhrten Versuche liefer- ten die in der Tab. 1 genannten Ergebnisse.

Transportumfang und Gang der Ergebnisse entspre- chen der Erwartung:

Findet Diffusion zwischen -. .

2,6 i 43 1 0,lO 16,5 j 274 1 0,06 Gleichgewichtsriiumen statt

11) Uberzug mit Glanzkohlenstoff hergestellt nach G. BRAUER, Handb. der prap. anorg. Chem., Stuttgart 1954.

Nach Standard Telephones a. Cables, London, E. P. 720 261 (C. 1956, 4844), wird Silicium in Quarztiegeln geschmolzen. die einen diinnen C-Uberzug besitzen.

la) Der ,,Tetrahalogenid-Anfangsdruck" ist eine RechengroBe. Er herrscht, wenn die eingefuhrtc (oder aus dem Halogen quantitativ entstanden gedachte) Six,-Menge bei dcr mittleren Versuchstemperatur unverandert vorliegt.

14) AuRerdem wird die Diffusionskonstante grofler, was jedoch weniger ins Gewicht fallt.

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H. SCHAFER u. B. MORCHER, Transport von Silicium im Temperaturgefalle 283

remperatur-

"' gefalle

dieser Effekt wird jedoch dadurch verdeckt, daB der Gesamtdruck L'P selber stiirker ansteigt l) (Vermirlderung der Diffusion).

Geht man zu noch groBeren D r u c k e n u b e r , so wird die Trans- portleistung durch die zusatzlich wirkende Konvektion erhoht (Ab- schnitt A, y ) , wie der in Tab. 1 zuletzt genannte Versuch zeigt.

Das uber das Dichlorid transportierte Silicium wird meist in dunnen, langen Nadeln erhalten 15).

Mole SiJ,.105

(Anfang) im Rohr 16)

Mit den Bromiden wurden ebenfalls einige Versuche ausgefuhrt

Der Siliciumtransport ist etwa ebenso grol3 wie mit den Chloriden. (Tab. 2).

Die transportierte Si-Menge

steigendem Druck ab.

Tabelle 2 erwartungsgemd13 mit S i l i c i u m t r a n s p o r t i iber d a s Dibromid

0,36

3,3 1,3

1150/950

39,O ~ 117,O

Gleichgewichtsmessungen im System Si-SiBr, sind vor- gesehen. Das transportierende Subbromid ist mit hoher Wahrscheiiilichkeit das Di- bromid 17).

,

Temperatur- gefalle

"C

1150/950

im Rohr 16) 1 mm

trans- portierte Si-Menge

in g

0,45 0,36

3. Siliciumtransport im System Si/ J

Die Ergebnisse von Transportversuchen, bei denen die Rohre mit Silicium und Jod beschickt wurden, bringt die Tab. 3. Tabelle 3

S i l i c i u m t r a n s p o r t i m J o d i d - S y s t e m Beim letzten Versuch war ~~

I I

das eingefuhrte Silicium voll- standig in die 950O-Zone trans- portiert worden. Ein ent- sprechender Versuch mit 5 g Rohsilicium lieferte bei einem

15) Vgl. in l), Abb. 4. 16) Das eingefuhrte Halogen

wurde auf Six, umgerechnet. 17) M. SCHMEISSER u. M.

SCHWARZMANN [Z. Naturforschg. l l b , 278 (1956)] isolierten festes, polymeres SiBr,, nachdem sie SiBr., iiber auf

I I I I

~~

psi,J4 (An fang)

mm

7 24 62 96

320 731

2192

trans- portierti Si-Meng

in g

0 0 0

wenig 0,55 0,94 2,4

1200" erhitztes Si geschickt hatten. Dies deutet darauf hin, da13 die Gasphase bei hoher Temperatur SiBr, enthielt. Vgl. die entsprechenden Verhaltnisse bei den Chloriden [H. SCHAFER, Z. anorg. allg. Chem. 274, 265 (1953)l.

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284 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

Temperaturgefalle von 11 70/950" C 3,85 g transportiertes Sili- cium.

Das uber das Dijodid transportierte Silicium wird oft in gut aus-

Bei d e n k le ineren SiJ,-Anfangsdrucken ( 7 , 24, 62 inm Hg) fand kein Transport in die 950O-Zone statt. Kehrte man jedoch das Temperaturgefalle um (Si, 950" -+ 1150" C), so wanderten bei PsiJ+ = T

oder 24 mm rund 0 , l g Sili- cium in die heil3ere Zone. Bei Psis, = 62 mm blieb auch in diesem Falle der Transport aus. Bei e t w a d iesem D r u c k k e h r t s ich a l so d i e T r a n s - p o r t r i c h t u n g urn. Freilich ist der Umkehrpunkt durch diese wenigen Versuche nur grob festgelegt*

Die zunachst nicht erwar- tete Umkehr der Transport-

richtung und der Umfang des beobachteten Siliciumtransports lassen sich durch eine angenaherte Berechnung verstandlich machen. Wir kommen im Abschnitt B 3 hierauf zuruck.

gebildeten Kristallen erhalten (Abb. 3).

Abb. 3. Siliciumkristalle, iiber das Dijodid transportiert. Vergrofierung Sfach

€I. Das therruische VerhaMen des Silieium(1V)- jodids Die Existenz eines Transportumkehrpuiiktes im System Si] J hat

eine genauere Untersuchung veranlaflt.

1. Stromungsversuche Gasformiges Silicium(1V)-jodid kann oberhalb etwa 800" C in die

Elemente zerlegt werden 18). Jedoch haben unsere Versuche ergeben, dalS d ieser Zerfall nur bei k le inen Siliciumjodid-Drucken eintritt. Schickt man einen mit SiJ, beladenen Argonstrom durch eine Gluh- strecke init z. H. 1160" C (Abb. 4) , so scheidet sich nur d a m Silicium ah, wenn der SitJ4-Anfangsdruck weniger als etwa 15 mm Hg betragt. Wir bezeichnen diesen SiJ,-Druck als ,,kritischen Zersetzungsdruck". Bei grol3eren SiJ,-Drucken findet nicht nur keiiie Siliciumabscheidung statt, sondern in die Gluhzone eingefuhrtes Silicium wird sogar in weniger heil3e Zoneri abtransportiert (Abb. 5).

'.) F. B. LITTOK 11. H. c. L4NDERSEIi, J. electrochem. SOC. 101, 287 (1954).

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H. SCHAFER u. B. MORCHER, Transport von Siliciuni im Teniperaturgefalle 2%

A n o r d n u n g (Abb. 4). Zunachst wurden 40g Jod im gereinigten Argonstrom ver- fliichtigt und bei 700" mit Si vollstandig zu SiJ, umgesetzt, das bei W, gesammelt wurde. Anschlieaend wurde der Argonstrom bei definierter Temperatur mit Si Ja beladen und durch den Zersetzungsofen ZO geschicktlg). Das unzersetzte SiJ, schlug sich in W3 nieder.

3

A1 Ar F G h 0

Abb. 4. Anordnung bei Striimungsversuchen rnit SiJ, Aluminium-Heizblocke q, bis q2 Quarzapparatur aus einern Stiick Argonflzsche X Schlauchverbindungen Kuhlfalle W Wanne Gasuhr ZO Zersetzungsofen (Gluhzone), aufklappbar Hahn Z,: Z,, 2, Anschmelzstellen Ofen

Hatte der Zersetzungsofen ZO z. B. 1160" C und der SiJ,-Bodenkorper 200" C, so schied sich kein Si ab. Wurde d a m aber die Temperatur des SiJ,-Bodenkorpers langsam erniedrigt, so begann die Si-Abscheidung (Abb. 5a) in ZO (1160"), wenn die Temperatur auf 152" C abgesunken war. Bei dieser Temperatur herrscht nach ANDERSEN und BELZ~")

dbb. 5 . Ergebnis yon Striimungsversuchen. a) Si-Abscheidung bei kleinen SiJ,-Drnckcn, b) Si-Abtransport aus der heiaesten Zone bei gro2eren SiJ,-Drucken

19) Der Ofen A1 3 war nur wenig heiaer als der SiJ,-Ofen A1 2. A1 3 war zwischen A1 2 und ZO eingeschoben worden, damit die Temperatur in A1 2 durch Strahlung von ZO her nicht beeinfluat wurde.

H. C. ANDERSEN u. L. H. BELZ, J. Amer. chem. Soc. 7.5, 4828 (1953).

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286 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

ein Si J4-Sattigungsdruck von 15 mm HgZ1). Gleichzeitig mit der Si-Abscheidung wurde heobachtet, dalj das aus ZO austretende Gas freies J o d enthielt.

War bei Si J4-Drucken unter 15 mm Si abgeschieden worden und wurde anschlielend der SiJ4-Druck auf > 15 mm erhoht, so wurde das Silicium ails der heilesten Zone ab- transportiert. Es schlug sich am Ofenende nieder (Abb. 5 b).

Auch bei einigen anderen Temperaturen der Gluhzone wurde der ,,kritische Zersetzungsdruck" ermittelt. Er steigt mit der Temperatur der Gluhstrecke. Diese Temperaturabhangigkeit laat sich yualitativ zeigen, wenn man ein Quarzrohr, durch das ein SiJ,-Argonstrom (PSlJ, w 50 mm) geht, zunachst mit dem Geblase (Si-Abscheidung) und anschlieaend mit dem Bunsenbrenner (Si-Abtransport) erhitzt.

Von einer Wiedergabe der quantitativen Ergehnisse wird abgesehen, weil zur Zeit iieue Versuche mit einer verbesserten Anordnung vorgenommen werden. Der ,,kritische Zersetzungsdruck" gestattet als ausgezeichneter Punkt eine thermoohemische Auswertung.

2. Qualitative Betrachtung der Bleichgewichtsverhaltnisse Die Erklarung fur das Auftreten eines , ,k r i t i schen Z e r s e t z u n g s -

d r u c ks" liefern Gleichgewicht~untersuchungen~) : Bei h o h e r e n D r u c k e n erfolgt in der Gliihzone SiJ,-Zerfall ohne

Si-Abscheidung nach (1)

Beim Abkuhlen vereinigen sich Dijodid und Jod wieder zu Tetrajodid, so da13 d ieser Zerfall beim Stromungsversuch nicht bemerkt wird.

U n t e r h a l b des , ,k r i t i schen Zerse tzungsdrucks" tritt neben {I) auch Zerfall in die Elemeiite ein :

(2) (3)

Silicium bleibt in der heil3en Zone (Abb. 5a) und das freie Jod wird voin Gass trom mitgenommen.

Trifft SiJ, bei h o h e r e n D r u c k e n in der Gluhzone auf Si, so ent- steht SiJ, nicht, nur durch SiJ,-Zerfall nach GI. ( l ) , sondern auch nach

(4) Dieses zusa tzliche Si J, disproportioniert bei etwas niedrigerer Tem- peratur. Auf diese Weise gelangt Siliciurn aus der Mitte des Ofens an das weniger heiBe Ende (Abb. 5b).

Bei Tra ,nspor tversuchen mit Si + SiJ, wurde beobachtet, daB die Transportrichtung voin Druck abhiingt. Diese Erscheinung steht mit der Existenz des ,,kritischen Zersetzungsdrucks" in Beziehung :

SiJ,, = SiJ,, + 2 J (J,).

SiJ,, = Si + 4 J (2 J,) SiJ,, = Si + 2 J (J,).

Si + SiJ,, = 2SiJ,,.

~~

21) Wir haben angenommen, da13 sich bei der verwendeten langsamen Strornungs- geschwindigkeit (3 ,5 l/Std.) der Si J,-Sattigungsdruck einstellte, was freilich nur ange- nihert zutreffen diirfte.

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H. SCHAFER u. B. MORCHER, Transport von Silicium im Temperaturgefalle 28;

Bei k le ineren Drucken wird die Transportrichtung durch die e x o t h e r m e Reaktian

Si + 45 (2 J,) = SiJ,,

bestimmt; das Silicium geht zur heil3eren Zone (TI --f T,). Bei hoheren D r u c k e n uberwicgt dagegen die e n d o t h e r m e Reaktion ( 4 ) ; der Si- Bodenkorper wandert von der hdheren Temperatur T, nach Tl.

Die in einer A n o r d n u n g n a c h VAN ARKEL - DE BOER an den Gluhdraht transportierte Xiliciummenge geht nach LITTON und AN- D E R S E N ~ ~ ) mit steigendem Gesamt- Jodgehalt der Zelle durch ein Ma- ximum. Auch diese Erscheinung ist yualitativ verstiindlich : Vom Jod- gehalt Null an steigt die zunachst mafigebende Geschwindigkeit der heterogenen Reaktion gleichsinnig mit dem Druck (vgl. Abschnitt A, a) ; die durch die Reaktion (2a) transportierte Si-Menge nimmt zu. Bei etwas hoheren Drucken wird die Diffusion geschwindigkeitsbestimmend (vgl. Abschnitt A, /3). AuBerdem wird der SiJ,-Zerfall unter Xi-Ab- scheidung nach GI. (2, 2a) bei steigendem Druck immer mehr durch den SiJ,-Zerfall mit SiJ,-Bildung nach G1. (1) verdrangt (vgl. Abschn. 3 b, c); der Si-Transport nimmt ab.

3. Quantitative Aussagcn iiber die Zusammensetzung des Gleichgewichtsgases und iiber die Riehtungsumkehr beim Siliciumtransport

Das Gleichgewicht (1) ist uns aus statischen Messungen5) bekannt :

(1) SiJ,, = SiJ,, + 2 J,;

Man kennt ferner die Dissoziation des Jods 23)

log (P,,jz * Pi/Psij,)mm = 18,759 - 21186/T (1361-1526" K)").

log (Pi/PJs)mm = 6,6170 - 7818/T + 0,5284 log T. (5)

Damit ist die Gaszusammensetzung im homogenen System (SiJ,, SiJ,, J,, J) berechenbar. Der ifbergang zum he terogenen System mit Si-Bodenkorper gelingt beim ,,kritischen SiJ,-Zersetzungsdruck". Hier gelten neben den Gleichgewichten (1) und ( 5 ) auch die heterogenen Gleichgewichte (2) und (4). Hat man daher fur den ,,kritischen Zer-

22) Diese Interpolationsformeln werden mit Vorbehalt angegeben. Dies gilt beson- ders fur die G1. (2) und (4). Hier liegen nur orientierende Beobachtungen vor; genauere Untersuchungen sind jedoch im Gange. Zur weiteren Auswertung der Gleiehgewichts- messungen fehlen ferner zuverlassige Angaben fur die Bildungsenthalpie des Si J4. Der Literaturwert geht auf Hydrolysenversuche von BERTHELOT zuriick und ist erheblich unsicher. Mit der Publikation der Gleichgewichtsmessungen wollen wir daher warten, bis die genannten Unsicherheiten durch weitere Messungen beseitigt sind.

Herkunft der thermochemischen Werte vgl. bei H. SCHAFER u. W. J. HONES, 2. anorg. allg. Chem. 288, 62 (1956).

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288 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

setzungsdruck" experimentell ein Wertepaar (T,, PSiJ,(A,lfang)) er- mittelt, so ist init G1. ( I ) , (5) die Zusammensetzung des Gleichgewichts- gases uber Si-Bodenknrper berechenbar. Man erhalt damit die Massen- wirkungskonstante fur die Reaktion ( 2 ) bei T,. Fiihrt man nun Werte fiis A S und ACp einZ4)), so ergibt sich als Interpolationsformel

S i J , ,=S i ,+ 45, (2) log (P:/PsiJp)mm = 26,206 - 29442/T (W 1200-1600"

Die Koinbination der G1. (1) und ( 2 ) liefert schlieBlich G1. (4 ) Si, + SiJ,, = ZSiJ,, (4)

log (pSiJ,/PSiJ4)mm = 11,312 - 12930/T (a 1200-1600" K)").

Xunmehr lassen sich die Gleichgewichtsdrucke (PsiJ,, Psi,,,, PJ,, PJ) uber Si-Bodenkbrper fur jede gewiinschte Bedingung (2 . B. nach Wahl von T und berechnen.

Die Anwendung dieser Resultate auf die speziellen Verhsltnisse hei den Transport- und Stromungsversuchen ergibt Folgendes :

Die Menge des uber die Gasphase transportierten Siliciums ist, unter unseren Versuchsbedingungen angenahert zu berechnen, wenn man annimmt, daI3 Di f fus ion zwischen zwei Gleichgewichtsraumen stattfindet (vgl. Abschnitt A, p) . Wesentlich fur die Diffusion ist das Konzentrationsgefalle an ,,in der Gasphase gelostem Silicium". Hier- unter wollen wir die Menge an elementarem Siliciuin verstehen, die sich abscheidet, wenn das Gleichgewichtsgas abgekuhlt wird. Ware kein freies Jod vorhanden, so wiirde sich die aus der Gasphase abscheidbarc Siliciummenge unmittelbar aus ihrem SiJ,-Gehalt ergeben: 2 SiJ, =~

Si + SiJ,. Die Gegenwart von freieni Jod vermindert die dispro- portioriierende SiJ,-Menge: SiJ, + 2 J (J2) = Si,J425). Fur die ab- scheidbare Si-Menge nsi gilt also

iisi = 1/2 (nsiJ2 - i iJz - 1/2 nJ).

Su f Abb. 6 sind Isothermen fur das ,,in der Gasphase geliiste Xi", aus- gedruckt mit dP = PsiJp - P,l -- '/, P,,, gegen den Gesamtdruck

st,atten folgende Aussagen : a) Der S c h n i t t p u r i k t d e r I s o t h e r m e n rnit d e r Abszisse

[AP = Null] gibt den , , k r i t i s chen Ze r se t zungsdruck" des Sili- cium(1V)-jodids an: P o s i t i v e W e r t e von LIP bedeu.ten, dalJ die z. R.

- v P = Psi,r4 + PsiJv + Pal + P, dargestellt. Diese Isothermen ge-

24 ) S,,8(siJ4e) und CpsiJ4, sind recht gu t abschatzbar. 25) Bndere Ausdrucksweise: Die primar durch Disproportionierung des gesamten

SiJ, abgeschieden gedachte Si-Menge wird vermindert, weil freies Jod und Silicium bei niedrigeren Teniperaturen nicht nebeneinander stabil sind, sorrdern Si J4 geben.

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H. SCHAFER u. B. MORCHER, Transport von Silicium im Temperaturgefalle 289

beim S t romungsversuch eingefuhrte SiJ4-Gasphase unter SiJ,- Bildung Si-Bodenkorper aufnimmt ; n e g a t i ve We r t e zeigen an, da13 sich aus der Si J,-Gasphase Silicium abscheidet.

b) Der Transport von Silicium an einen G l u h d r a h t (z. B. Tem- peratur des Rohsilicium-Bodenkorpers < 600" ; Gluhdraht 11 50" C) gelingt nur, wenn AP,, nega- tiv ist. Der Abstand der 600"- Isotherme von der 1150"- Isotherme gibt das fur den Transport zum Gluhdraht wesen tliche Konzen trations - gefalle an.

c) Das Minimum d e r Is0 t h e r men kommt da- durch zustande, da13 der bei kleinen Drucken stattfindende SiJ,-Zerfall mit Si-Abschei- dung immer mehr durch den Zerfall mit SiJ,-Bildung ab- gelost wird. Bei der Versuchs- bedingung (T, 2 P) des Mini- mums scheidet sich in einem rnit Si J4 beschickten Reak- tionsraum die m a x i m a !,g Sil ic iummenge ab. Das- selbe gilt fur die Si-Menge, die in einer Gluhstrecke aus einem Si J4- Strom bei ge- gebener Stromungsgeschwin- digkeit in der Zeiteinheit ab- geschieden wird.

20

1 5

10

+5

G

- 3

I , I 1

Abb. 6. Gleichgewichtsdrucke uber Silicium als Bodenkorper. dP = PsiJ, - PJ, - 1/2 P, als MaS fur das ,,in der Gasphase geloste Silicium" in

Abhangigkeit vom Gesamtdruck = pSiJ, + pSIJ, + pJ, + 'J

Die Xi-Aus b e u t e , bezogen auf die eingefuhrte SiJ4-Menge, steigt

d) Die U m k e h r d e r T r a n s p o r t ri c h t u n g bei Anderung des Drucks ergibt sich aus den Schnittpunkten der Isothermen. So schneiden sich z. B. die Kurven fur 1150" und 950" C bei Z P = 79 mm Hg. Oberhalb dieses Drucks wandert der Si-Bodenkorper aus der 1150" C-Zone in die 950" C-Zone, weil AP (oder die Konzentration an ,,gelostem Si") bei der hoheren Temperatur groaer ist. Bei Gesamtdracken unter 79 mm findet dagegen Transport in umgekehrter Richtung statt. Z. anorg. allg. Chemie. Bd. 290.

naturlich mit abnehmendem Druck.

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290 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

Zum Vergleich dikser Berechnung mit der beobachteten Transportumkehr wird die bei Z P = 79 mm im Transportrohr (V = 44 cmS) vorhandene SiJ,-Anfangs-Menge berechnet. Hierbei machen wir die etwas vereinfachende Annahme, daB im halben Rohr Gleichgewichtsgas bei 950" und in der anderen Rohrhalfte Gleichgewichtsgas bei 1150' vorliegt. Man findet so, d a l beim Umkehrpunkt 2,65 . Mole SiJ, (neben Si) in das Rohr einzufuhren sind. Dies steht in volliger ubereinstimmung mit den Ergebnissen der Transportversuche (Abschnitt A 3), denn dort ergab sich:

Mit 1,3 . lo" Molen SiJ,: Si-Transport von 950 --f 1150" C.

Mit 5 , l . Molen SiJ,: Si-Transport von 1150 +- 950" C.

e) Fur die festgelegten Versuchsbedingungen und mit dP = PsiJ, - P,, - P, (Abb. 6) lafit sich nicht nur der Umkehrpunkt, sondern auch die durch Dif fus ion transportierte Si-Menge angenahert angeben. Sie ist dem Ausdruck {(APTp - A P T l ) / 2 P} proportionall). Im Zahler steht das die Difrusion fordernde Konzentrationsgefalle und im Nenner der diffusionshemmende Gesamtdruck. Der Ausdruck { 1 steigt in der Nahe des Umkehrpunkts mit wachsendem 2 P erheblich an. Entfernt man sich weiter vom Umkehrpunkt in Richtung gronerer Drucke, so nimmt { } mit wachsendem Z P langsam wieder abz6). Durch die in diesem Druckbereich bedeutsam werdende Kon ve k t i o n , die in der Bereehnung nicht erfaBt wird, wird dieses Absinken jedoch uber- kompensiert : Die Experimente ergeben daher einen mit dem Druck stetig ansteigenden Siliciumtransport (Tab. 3).

Mit den Chloriden und den Bromiden erfolglte der Siliciumtransport stets von der heiBeren in die kaltere Zone. Der fur eine Umkehrung der Transportrichtung not- wendige Zerfall

SiCl, = Si + 4C1 (2C1,)

SiBr, = Si + 4 Br (2 Br,)

findet bei den benutzten Temperaturen und Drucken nicht statt, weil die Bildungswarme yon SiCl,g und SiBr,, erheblich groler ist als die von SiJ,,.

C. Bemerkung zur Reinigung von Silicium rnit Transportreaktionen Fur die Reinigung von Silicium mit Transportreaktionen ergeben sich auf Grund

der vorangehenden Untersuchungen prinzipiell 4 Wege :

1. Siliciumtransport mit Hilfe der gasformigen Dihalogenide von hoherer zu nie- drigerer Temperatur.

2. Si-Transport bei niedrigen Jodid-Drucken zur heil3eren Zone.

26) Vgl. das beobachtete Absinken des Transporteffekts mit zunehmendem Z P beim Chlorid und Bromid.

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H. SCHAFER u. B. MORCHER, Transport von Silicium im Temperaturgefalle 291

3. Der Si-Transport wird zunachst zur hoheren und anschlieBend zur niedrigeren Temperatur (oder umgekehrt) ausgefiihrt . Die Verunreinigungen wandern bevorzugt in e i n e r Richtung, - falls sie uberhaupt wandern.

4. Man bringt das Rohsilicium von Anfang an in die heiBere Zone, bleibt mit dem Druck aber unterhalb des Umkehrpunktes. Das Silicium wird dann nicht abtransportiert, kristallisiert jedoch innerhalb der heiBen Zone iiber die Gasphase um (Mineralisator- wirkung), und die Verunreinigungen gehen in die kaltere Zone.

Mit diesen Arbeitsweisen sind beachtliche Reinigungseffekte erzielt worden.

Munster, Anorganisch-Chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 6. Dezember 1956.

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