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Christian Sickel Verkaufsfaktor Kundennutzen

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Christian Sickel

Verkaufsfaktor Kundennutzen

Christian Sickel

VerkaufsfaktorKundennutzenKonkreten Bedarf ermitteln,aus Kundensicht argumentieren,maßgeschneiderte Lösungenpräsentieren

5., erweiterte Auflage

1. Auflage 19992., erweiterte Auflage 20033., erweiterte Auflage 20064., erweiterte Auflage 20085., erweiterte Auflage 2010

Alle Rechte vorbehalten© Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2010

Lektorat: Manuela Eckstein

Gabler ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.www.gabler.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge-schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urhe-berrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig undstrafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen,Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung inelektronischen Systemen.

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Umschlaggestaltung: Nina Faber de.sign, WiesbadenSatz: ITS Text und Satz Anne Fuchs, BambergDruck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, MeppelGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in the Netherlands

ISBN 978-3-8349-1862-8

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Das Buch erschien in der 1. Auflage unter dem Titel „Ohne Nutzen kein Verkauf“.

Vorwort

Es genügt nicht, dass Unternehmen hervorragende Produkte her-stellen, ausgezeichnete Dienstleistungen anbieten oder mit per-fektem Service aufwarten. Allein mit diesen, noch so positivenEigenschaften können Sie zwei entscheidende Fragen Ihres Ge-genübers nicht beantworten: „Brauche ich das?“ und „Was nütztmir das?“ Bedarf und Nutzen geben dem Verkauf erst einen Sinn.Beachten Sie bitte, dass hiermit nicht gemeint ist, was der Ver-käufer als Bedarf oder Nutzen erkennt, sondern das, was derKunde als solchen bejaht.

Oft wird – auch im Verkauf von Lösungen oder so genannten er-klärungsbedürftigen Wirtschaftsgütern – angenommen, dass dieBrücke zwischen Produkt und Bedarf der Preis sei. Irrtum! Derherausgearbeitete Nutzen, den ein Kunde erkennt, bestimmt denWert eines Produkts oder einer Lösung. Die Idee, ein Produktherzustellen oder eine Dienstleistung anzubieten, entspringt ausder Tatsache, dass es für den Nutzer einen Gewinn darstellt. EinErzeugnis, das einzig und allein existiert, weil es billig ist, gibt esauf dieser Welt nicht.

Immer noch existieren im Vertrieb zwei Lager: die Lösungs- unddie Produktverkäufer. Die Lösungsverkäufer meinen, sie hättenes besonders schwer, weil sie dem Kunden nichts zum Anfassenzeigen können wie die Produktverkäufer. Die Produktverkäuferglauben, sie hätten es besonders schwer, weil ihre Produkte ver-gleichbarer sind als die der Lösungsverkäufer. In Wirklichkeit er-schweren sich beide Lager ihren Verkauf. Die einen reden viel zuviel von ihren intelligenten Lösungen, die anderen zeigen viel zuviel von ihren tollen Produkten. Und das soll der Kunde dann su-per finden.

Nun gewinnt im Verkauf aber nicht derjenige, der objektiv be-trachtet die bessere Lösung oder das bessere Produkt hat, son-

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dern derjenige, dem es gelingt, sein Angebot in den Augen desKunden so zu positionieren, dass dieser es als das bessere empfin-det.

Dabei ist es nebensächlich, was Sie verkaufen. Entscheidend istimmer, wie Sie es verkaufen. Denn:

Erst wenn Sie dem Kunden helfen, aus dem, was ihn beschäftigt,eine konkrete Bedarfssituation zu formulieren, haben Sie die er-folgreiche Basis für Ihren späteren Verkauf geschaffen.

Ein Bedarf ist immer eine Mangelsituation, eine Unzufriedenheitoder ein Problem. Wenn es Ihnen also gemeinsam mit IhremKunden gelingt, seinen Bedarf zu erkennen und zu konkretisie-ren, haben Sie drei Punkte erreicht:

1. Der Kunde empfindet Sie als kompetent (wer ein Problemerkennt, dem traut man auch die Lösung zu).

2. Sie haben einen immensen Wettbewerbsvorsprung.

3. Der Preis Ihres Angebotes tritt in den Hintergrund.

Sie erfahren in diesem Buch, wie es gelingt, den Bedarf, den Siebei jedem Kunden vermuten, zu einem für den Kunden konkretenBedarf auszubauen. Mit den angeführten Beispielen wird es Ih-nen später leicht fallen, den Mehrwert Ihres Angebots für denKunden mit einer individuellen Nutzenargumentation sichtbar zumachen.

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Maßgeblich entscheidend für den Verkauf vonProdukten und Lösungen ist nicht, wie wunderbarund innovativ Sie sind. Ausschlaggebend ist, ob Sieeine Antwort auf das geben, was Ihre Kunden mehroder weniger bewusst beschäftigt. Etwas, worauf dieKunden warten, ohne es manchmal selbst zu wissen.

Wenn Sie ein gestandener Verkäufer sind, so werden Sie viel-leicht milde lächelnd denken: „Aha, ein Buch für Anfänger!“Trotzdem werden auch Sie hier Übungen finden, deren Lösungenam Ende des Buches Sie vermutlich überraschen werden.

Um Sie noch besser dabei zu unterstützen, sich zum wahren Nut-zenverkäufer zu qualifizieren, sind einige Umsetzungshilfen bei-gefügt. Sie finden Formulierungshilfen für Fragen und Übungen,die Sie allein oder im Team durchführen können. Denn Produkteund Lösungen gleichen sich. Der Kundennutzen hingegen ist im-mer individuell. Je mehr Sie den Bedarf des Kunden konkretisie-ren können, desto größer ist Ihre Chance, erfolgreich zu sein. Be-sonders in komplexen Verkaufssituationen, in denen Sie mit ver-schiedenen Gesprächspartnern auf unterschiedlichen Hierarchie-ebenen sprechen, wird deutlich, dass Ihre Verhandlungspartnerneben dem geschäftlichen Nutzen auch immer einen persönli-chen Gewinn aus Ihrem Angebot ziehen möchten.

Heute haben Sie es im Allgemeinen mit komplexen Verkaufs-situationen zu tun. Sie müssen Ihr Augenmerk auf mehrere Per-sonen im Kundenunternehmen richten, die entscheidendenGesprächspartner identifizieren und für sie eine individuelle Nut-zenargumentation erarbeiten. Überdies werden die Budgets beiKunden immer kleiner, sodass neue Wege, aktiv auf den Kundenzuzugehen, immer erfolgsentscheidender werden. Und natürlichwerden Sie erst vom Kunden als Lösungsverkäufer oder Pro-blemlöser wahrgenommen, wenn Sie ihm mit der richtigen Ver-kaufsstrategie begegnen.

Jetzt wünsche ich Ihnen mit diesem Buch viel Spaß und bei derUmsetzung in Ihrem Verkaufsalltag viel Erfolg!

Köln, im November 2009 Ihr CHRISTIAN SICKEL

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Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Vermuteter und konkreter Bedarf . . . . . . . . . . . . . . 11

Merkmal, Vorteil, Nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Was kennzeichnet die Nutzenargumentation imDienstleistungs- oder Lösungsverkauf? . . . . . . . . . . 29

2. Die Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

Phase 1: Orientierungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

Phase 2: Problemfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

Phase 3: Auswirkungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40

Phase 4: Lösungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

3. Praktische Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Warum sollten Sie Fragen stellen, und wie wird IhrVerkauf hierdurch unterstützt? . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Wie unterscheiden sich die verschiedenenFragetypen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Wie erkennen Sie günstige und riskante Zeitpunktefür die verschiedenen Fragetypen? . . . . . . . . . . . . . 56

Wie setzen Sie die Fragetypen gezielt und erfolgreichein? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66

Wen sollten Sie was fragen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Die richtigen Fragen für den richtigen Kundentyp . 86

Ideen zur Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

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4. Finden Sie die richtigen Gesprächspartner für IhreLösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Die Nutzenargumentation in der Akquisitionsphase 106

Aufgabenstellung bei der Neukundenakquisition . . . 109

Den Umsatz bei bestehenden Kunden erhöhen . . . . 120

5. Welche Verkaufsstrategie beschert den größtenErfolg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

6. Die Kundenorganisation besser durchdringen . . . . . 147

7. Die Phasen eines Kundenbesuchs . . . . . . . . . . . . . . 151

8. Die Zusage des Kunden erzielen . . . . . . . . . . . . . . . 161

9. Der Nutzen und der Preis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169

10. Einwandbehandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Wie vermeiden Sie Einwände? . . . . . . . . . . . . . . . . 180

Kategorien von Einwänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

Wie gehen Sie vor? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Die taktische Behandlung von Einwänden . . . . . . . 191

11. Mit Vorwänden richtig umgehen . . . . . . . . . . . . . . . 205

Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220

Der Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

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1. Einführung

Vermuteter und konkreter Bedarf

Ein Hauptgedanke im Verkauf ist der Bedarf. Ohne ihn würdensich Menschen nicht dazu entschließen, bestimmte Produkte zukaufen. Bedarf nennen wir Aussagen des Kunden über seineWünsche, Ziele und Bedürfnisse. Um herauszufinden, ob dasProdukt oder die Dienstleistung in der Lage ist, diesen Wün-schen, Zielen und Bedürfnissen zu entsprechen, sollten solcheAussagen möglichst konkret sein. In der Praxis zeigt sich jedochhäufig, dass die Aussagen der Kunden hierüber alles andere alsgreifbar sind.

Es gibt genügend Kunden, die mit ihrer jetzigen Situation nichtunbedingt zufrieden sind. Der Zustand ist für diese Kunden je-doch auch nicht so besorgniserregend, dass sie sich konkretereGedanken machen würden. Anders gesagt: Ihr Leidensdruck istnoch nicht groß genug.

Diese Situation treffen Verkäufer sehr häufig an, und gerade hierzeigt sich, wer ein hohes Maß an verkäuferischem Geschick be-sitzt. Denn eines ist wohl klar: Es ist einfach, einem Kunden, derkonkrete Aussagen zu seinem Bedarf machen kann, etwas zu ver-kaufen. In jedem Unternehmen gibt es eine Produktpalette, diediesen Bedarf mit hoher Wahrscheinlichkeit decken kann. Hier-bei handelt es sich meist um Kunden, die noch kein Produkt ein-setzen oder keine Dienstleistung in Anspruch nehmen, um ihrenBedarf zu decken. Oder um Kunden, die mit ihrer jetzigen Situa-tion dermaßen unzufrieden sind, dass sie gar nicht umhinkom-men, eine Lösung anzustreben.

Im Verdrängungsmarkt kann davon ausgegangen werden, dassjeder potenzielle Kunde seinen Bedarf in irgendeiner Form ge-deckt hat. Dennoch kann man bei jedem dieser Kunden einenweiteren Bedarf vermuten: Beispielsweise kann in einem Unter-

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nehmen eine Maschine eingesetzt werden, die der Bedarfssitua-tion von vor zwei Jahren entspricht. Die Auftragslage des Unter-nehmens hat sich jedoch so positiv entwickelt, dass Aufträgeaußer Haus gegeben werden müssen. Das Unternehmen ist mitdiesem Kompromiss zwar nicht überglücklich, sieht jedoch kei-nen Anlass, diesen Zustand kurzfristig zu ändern. Aus verkäufe-rischer Sicht jedoch besteht hier durchaus Bedarf an einer Ma-schine mit höherer Kapazität oder an einer weiteren Maschine alsErgänzung.

Eine grundlegende Aufgabe des Verkäufers besteht also darin,den vermuteten Bedarf weiterzuentwickeln, bis er dem Kundenso bedeutsam erscheint, dass er von ihm selbst konkretisiert wird.Anschließend ist es natürlich wichtig, möglichst eindrucksvoll zudemonstrieren, wie dieser konkrete Bedarf dann durch das Pro-dukt oder die Dienstleistung gedeckt werden kann.

Als Erstes sollte der Verkäufer also die Aussagen des Kunden,die dieser zum Bedarf macht, unterscheiden können:

Bedarf

Vermutet Konkret

Unbestimmte Aussagen über Wün-sche, Ziele oder Bedürfnisse odergenerelle Aussagen über Unzufrie-denheit oder Probleme:

Greifbare Aussagen über Wün-sche, Ziele und Bedürfnisse:

„Unser Vertrieb arbeitet nicht effi-zient.“

„Wir benötigen ein CRM-System,damit unser Vertrieb unsere Kun-den besser durchdringen kann.“

„Unser Energieverbrauch ist zuhoch.“

„Wir wollen mit einem Energiebe-rater zusammenarbeiten, um Ener-gie zu sparen.“

„Wir verlieren viel Geld.“ „Wir wollen unseren Vertrieb trai-nieren, um am Markt bessere Prei-se zu erzielen.“

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Insbesondere erfahrene Verkäufer neigen dazu, allgemeine Aus-sagen des Kunden über eine Unzufriedenheit voreilig als konkre-ten Bedarf zu interpretieren. Zum einen liegt das an der Routine,die sich im Laufe der Zeit eingestellt hat, zum anderen sieht sichder erfahrene Verkäufer als Fachmann und hat die Lösung desvermeintlichen Problems natürlich sofort parat. Auch gute Pro-duktkenntnisse verführen manchen Verkäufer dazu, Lösungenanzubieten, für die es noch gar kein richtiges Problem gibt. DochVorsicht! Besonders hier können Missverständnisse entstehen,die dann zwangsweise zu Einwänden des Kunden führen.Schlimmstenfalls redet man gänzlich aneinander vorbei.

Es gibt viele Möglichkeiten, eine pauschale Aussage wie: „UnserEnergieverbrauch ist zu hoch“ zu interpretieren. Der Kundekann damit meinen, dass er den Energielieferanten wechselnmöchte, Solarzellen einsetzen will, auf seinem Gelände gerneWindräder installiert hätte, grundsätzlich alle Maschinen gegenenergiesparende Geräte austauschen möchte oder Energiespar-lampen einsetzen will. Letztendlich gibt diese Aussage noch nichteinmal einen brauchbaren Hinweis darüber, von welcher ArtEnergie überhaupt die Rede ist oder ob eine Änderunggrundsätzlich angedacht ist.

Selbst wenn der – auf dem vermuteten Bedarf aufgebaute –Nutzen zufällig den Kern der Sache trifft, so ist der Wunsch desKunden, das Produkt oder die Dienstleistung einzusetzen, nichtunbedingt als brennend zu bezeichnen. Erst wenn der Kunde sei-nen konkreten Bedarf selbst formuliert hat, steigen die Chancen,dass er die später vorgeschlagene Lösung akzeptiert und sie aucheinsetzen will.

Jeder von uns hat – ungebeten – im Elternhaus oder in der Schulemehrfach zu hören bekommen, was gut für ihn ist und was erdringend braucht. Auch deshalb stoßen Verkäufer, die vorschnelleine Lösung anbieten, auf Widerstand.

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Wie es durch geschicktes Fragen möglich ist, den Kunden dazu zubringen, seinen konkreten Bedarf mit eigenen Worten dar-zustellen, werden Sie später erkennen. Zunächst wollen wir unsdamit beschäftigen, wie wichtig es ist, den eigenen Enthusiasmuszu bremsen. Denn nicht der Verkäufer soll den Bedarf konkreti-sieren, sondern der Kunde. Das bedeutet auch, dass konkreterBedarf anders zu behandeln ist als vermuteter.

Damit Sie bei der Unterscheidung zwischen konkretem und ver-mutetem Bedarf sicherer werden, arbeiten Sie bitte die Übungauf der gegenüberliegenden Seite durch, deren Lösungen Sie amEnde des Buches finden.

Häufig kann auch die Begeisterung, die der Verkäufer für seinProdukt oder seine Dienstleistung empfindet, dazu führen, denBedarf zu hoch einzuschätzen oder ihn als konkret zu betrachten.Ersteres wäre noch nicht einmal so schlimm, da es durchaus mög-lich ist, dies im Lauf der Verhandlung zu korrigieren. Eine Ver-wechslung von vermutetem und konkretem Bedarf hingegenstellt später ein massives Problem dar, weil die darauf auf-bauende vorgeschlagene Lösung den Kunden noch nicht sonder-lich interessiert. Viele Verkäufer versuchen jetzt, den Kunden zu„drücken“ oder ihm das Angebot mit einem Preisnachlassschmackhaft zu machen.

Sie können hier vorbeugen, indem Sie folgende Taktik verfolgen:

� Bremsen Sie sich, und ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse,auch wenn Ihnen der Bedarf noch so konkret erscheint.

� Überlegen Sie, und entscheiden Sie dann, ob es sich um ver-muteten oder konkreten Bedarf handelt.

� Sollten Sie sich nicht ganz sicher sein, gehen Sie von vermute-tem Bedarf aus.

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� Kreuzen Sie bitte an, bei welcher Aussage es sichum konkreten Bedarf handelt:

1. A

B

„Ich suche nach einer Möglichkeit, meineHeizkosten zu senken.“„Ich gebe sehr viel Geld für Heizkosten aus.“

2. A „Ich bin mit meiner jetzigen Wohnsituationunzufrieden.“„Ich suche eine Wohnung, die mehr Platz bietet.“

3. A

B

„Im Winter muss ich mein Auto erst vom Eis befrei-en, bevor ich losfahren kann.“„Ich suche eine Garage in der Nähe, die ich mie-ten kann.“

4. AB

„Ich werde noch im Papierabfall ersticken.“„Ich brauche einen Aktenvernichter.“

5. AB

„Ich brauche einen neuen Anlasser für mein Auto.“„Jeden Morgen komme ich zu spät zur Arbeit,weil meine Wagen nicht anspringt.“

6. AB

„Meine Uhr geht ungenau.“„Ich benötige eine neue Batterie für meine Uhr.“

7. A

B

„Die Sohlen meiner Schuhe sind schon starkabgelaufen.“„Nächste Woche brauche ich neue Sohlen fürmeine Schuhe.“

8. AB

„Ich suche einen preiswerteren Telefonanbieter.“„Meine Telefonkosten sind ziemlich hoch.“

9. AB

„Meine Küche ist schon sehr alt.“„Ich brauche noch in diesem Jahr eine neueKüche.“

10. AB

„Mein Rasenmäher mäht nicht mehr einwandfrei.“„Ich benötige ein neues Scherblatt für meinenRasenmäher.“

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Übrigens:

� So lange der Bedarf nicht – unter Ihrer Mithilfe – konkre-tisiert wird, ist er jederzeit veränderbar.

So können Sie sich heute beispielsweise mit Ihrem Kunden übereine neue Büroausstattung unterhalten. Wenn er Ihnen drei Tagespäter mitteilt, dass er sich lieber ein neues Segelboot gekauft hat,wird es wohl daran liegen, dass es dem betreffenden Verkäufergelungen ist, den Kunden dazu zu bringen, seinen Bedarf anFreizeitausgleich zu konkretisieren.

Eine Ihrer wesentlichen Fähigkeiten wird es später sein, einenvermuteten Bedarf durch eine geschickte Fragetechnik weiterzu-führen, sodass er vom Kunden selbst konkretisiert wird. Hier-durch helfen Sie Ihrem Kunden, seinen Bedarf zu decken. Das istwichtig, weil die meisten Kunden ihr Geld eben nur einmal aus-geben können.

Merkmal, Vorteil, Nutzen

Unterschiedliche Kunden haben unterschiedliche Bedürfnisse.Nicht jeder interessiert sich für das gleiche Produkt oder den glei-chen Produktnutzen. Aus diesem Grund sind viele Erzeugnissemit so vielen Eigenschaften ausgestattet, dass sie einen möglichstgroßen Kundenkreis ansprechen. Die Aufgabe des Verkäufers istes nun herauszufinden, welche dieser – für den Käufer zunächsteinmal wertfreien – Eigenschaften einen kundenspezifischenNutzen darstellen könnte. Denn erst durch den auf den Bedarfdes Kunden ausgerichteten Nutzen wird ein wirkungsvoller Zu-sammenhang zwischen Bedarf und Produkt hergestellt. Das Pro-dukt oder die Dienstleistung erhält hierdurch erst die für denKunden wichtige Qualität.

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� Die Qualität eines Produkts ergibt sich nicht aus seinenvielen Eigenschaften, sondern aus dem wirklichen Nutzen,den es für den Kunden darstellt.

Es gibt Möglichkeiten, ein Produkt zu beschreiben, die eher ge-eignet sind, den Kunden zu überzeugen, als andere. Hierdurcherhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines Geschäftsabschlusses.

Deshalb wollen wir uns vergegenwärtigen, was unter Merkmal,Vorteil und Nutzen zu verstehen ist und welche Wirkung Pro-duktbeschreibungen im Hinblick darauf haben. Die folgendenÜbungen sollen Ihnen zeigen, welche Möglichkeiten der Be-schreibung eines Produkts bzw. einer Dienstleistung Ihnen zurVerfügung stehen.

Lesen Sie bitte die folgenden Aussagen von Verkäufern über ihrProdukt. Jede der beiden Aussagen (A und B) ist anders formu-liert. Entscheiden Sie, welche der Aussagen überzeugender ist:

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Aussage A„Dieses Fax arbeitet mit einer Übertragungsrate von 14 400Bps.“

Aussage B„Da dieses Fax mit einer Übertragungsrate von 14 400 Bpsarbeitet, werden Dokumente um ein Vielfaches schnellerübertragen.“

Aussage A„Dieser Computer ist mit 512 MB Arbeitsspeicher ausgestat-tet.“

Aussage B„Durch den Einsatz von 512 MB Arbeitsspeicher wird jedenoch so komplizierte Rechenleistung zum Kinderspiel.“

Sicherlich sind auch Sie der Ansicht, dass die jeweils zweite Aus-sage zunächst überzeugender ist. Die erste Aussage beschreibtdas Produkt wertfrei. Es werden lediglich Informationen bzw.Tatsachen wiedergegeben. Diese wertfreien Aussagen sindMerkmale.

� Ein Merkmal beschreibt – wertfrei – die Eigenschafteneines Produkts oder einer Dienstleistung.

Der Kunde nimmt diese Merkmale zunächst einmal neutral auf.Deshalb sind sie in ihrer Überzeugungskraft sehr gering einzu-schätzen. Merkmale können sogar eine negative Wirkung erzie-len: Wird der Kunde vom Verkäufer mit diesen Eigenschaftenüberhäuft, ohne dass sie ihm irgendetwas nützen, wird ihm dasProdukt wertlos und/oder zu teuer erscheinen.

Die Beispielaussagen B hingegen gehen über eine neutrale Pro-duktbeschreibung hinaus. Sie machen die Einsatzmöglichkeiteneines Merkmals deutlich. Diese Aussagen nennen wir Vorteile.

� Ein Vorteil zeigt, inwieweit das Produktmerkmal – vomKunden eingesetzt – eine Hilfe sein kann.

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Aussage A„Dieses Auto ist mit Xenon-Licht ausgestattet.“

Aussage B„Da dieser Wagen mit Xenon-Licht ausgestattet ist, sehen Siebei Nacht Hindernisse wesentlich früher.“

Vorteile werden meist durch so genannte Transportwörter ausge-drückt:

Vorteile erscheinen überzeugender als Merkmale. Doch Vor-sicht! Nehmen wir einmal an, dass der Kunde sein Faxgerätgrundsätzlich programmiert und nur nachts sendet. Dann wäre esihm relativ gleichgültig, wie schnell das Gerät arbeitet. Auchkann es sein, dass der Interessent für den Computer ausschließ-lich Textverarbeitungsprogramme benötigt, also speicherinten-sive Programme gar nicht anwendet. Der Autokäufer ist bei-spielsweise ängstlich und fährt niemals weite Strecken, schon garnicht bei Nacht. Für ihn ist das Xenon-Licht völlig uninteressant.

Vorteile können genutzt werden, um anfängliches Interesse zuwecken. Oftmals werden sie jedoch im Verlauf des Gesprächswieder zu Merkmalen und können sich nachteilig auf den Ver-kauf auswirken. Hat sich der Kunde spontan zum Kauf entschie-den, wird er im Nachhinein feststellen, dass er diesen oder jenenVorteil gar nicht benötigt, ihn aber bezahlt hat. Die Begeisterungschlägt in Unmut um. Ist der Kunde weniger entschlussfreudigund nimmt sich Bedenkzeit, werden sich bei näherer Betrachtungviele Vorteile in Luft auflösen. Es entsteht bei ihm der Eindruck,

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„(Merkmal) ... das bedeutet für Sie ... (Vorteil).“

„Durch (Merkmal) ... erhalten Sie ... (Vorteil).“

„Das (Merkmal) ... stellt für Sie ... (Vorteil) dar.“

„Die (Merkmal) ... garantiert Ihnen ... (Vorteil).“

„Den ... (Vorteil) erreichen wir durch ... (Merkmal).“

Ist also das Merkmal:

„Dieser Stuhl verfügt über fünf Einstellungsmöglichkeiten.“

So wäre der Vorteil beispielsweise:

„Durch die fünf Einstellungsmöglichkeiten dieses Stuhls er-hält jeder Ihrer Mitarbeiter eine bequeme Sitzposition.“

dass der Verkäufer ihm das Produkt „andrehen“ wollte, weil kei-ner dieser Vorteile seinem persönlichen Bedarf entspricht.

� Vorteile können sich nachteilig auf den Verkaufserfolgauswirken, weil sie lediglich auf dem vermuteten Bedarfberuhen.

� Überlegen Sie bitte, in welchem der folgendenBeispiele es sich um ein Merkmal oder einenVorteil handelt:

M V1. „Ein Skigrundkurs dauert bei uns drei Tage.“ � �

2. „Da diese Küchenmaschine über einen Zusatzverfügt, können Sie damit auch Äpfel schälen.“ � �

3. „Alle unsere Formulare sind mit Heftrand ver-sehen, damit beim Lochen keine Informationverloren geht.“ � �

4. „Dieses Objektiv hat eine Brennweitevon 50 mm.“ � �

5. „Da unser Skikurs nur drei Tage dauert, ist erentsprechend preiswert.“ � �

6. „Dieses Leder ist mit einer eigens dafürentwickelten Beschichtung versehen.“ � �

7. „Das Schloss an dieser Aktentasche hat über1000 Kombinationsmöglichkeiten.“ � �

8. „Durch die freien Steckplätze in diesem PC habenSie immer die Möglichkeit der Aufrüstung.“ � �

9. „Da dieser Stoßdämpfer gasgefedert ist, erhaltenSie ein Höchstmaß an Fahrkomfort.“ � �

10. „Dieser Kopierer verfügt über vier Verkleinerungs-stufen.“ � �

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Es gibt nun eine weitere Möglichkeit für den Verkäufer, seinProdukt zu beschreiben. Diese ist noch überzeugender als derVorteil.

Waren werden gekauft, weil ein Bedarf besteht. Gelingt es demVerkäufer, das Produkt auf den konkreten Bedarf des Kundenauszurichten, so wird ein Vertragsabschluss wahrscheinlich.

Alle Aussagen, die verdeutlichen, wie der konkrete Bedarf durchein Produkt, ein Merkmal oder einen Vorteil gedeckt werdenkann, nennen wir Nutzen. Diese spezifische Ausrichtung auf denBedarf ist die überzeugendste Art, ein Produkt zu beschreiben.

� Ein Nutzen verdeutlicht dem Kunden, inwiefern ein Pro-duktmerkmal oder ein Vorteil seinen konkreten Bedarfdeckt.

Voraussetzung hierfür ist selbstverständlich, dass der Kunde

� den Bedarf decken kann und will,

� den konkreten Bedarf selbst vorgebracht hat.

Andernfalls ist es nicht möglich, einen wirklichen Nutzen zu ent-wickeln.

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� Welche der folgenden Produktbeschreibungenstellen Ihrer Ansicht nach einen Nutzen dar?

Produktbeschreibung Nutzen?

Ja Nein1. „Ich gehe davon aus, dass Sie Zeit sparen

möchten. Unser Computerprogramm macht diesmöglich.“ � �

2. „Sie erwähnten, dass Sie die Zeit, die Ihre Mit-arbeiter beim Kopieren verbringen, verringernmöchten. Das wird Ihnen durch dieses Gerät er-möglicht, da es 60 Kopien pro Minute erstellt.“ � �

3. „Diese neuartige Maschine wird von hohemNutzen für Sie sein.“ � �

4. „Sie erzählten, dass Sie Änderungen in Ihrer Fir-ma vornehmen möchten. Eine Zusammenarbeitmit unserer Unternehmensberatung wird Ihnendies erleichtern.“ � �

Sie kennen jetzt die drei Möglichkeiten, ein Produkt zu beschrei-ben:

� Merkmale beschreiben – wertfrei – die Eigenschaften einesProdukts oder einer Dienstleistung.Überzeugungskraft: �

� Vorteile zeigen, inwieweit ein Produktmerkmal – vom An-wender eingesetzt – eine Hilfe sein kann.Überzeugungskraft: � bis �

� Nutzen verdeutlicht dem Kunden, inwiefern ein Produkt-merkmal oder ein Vorteil seinen konkreten Bedarf deckt.Überzeugungskraft: �

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� Die Wahrnehmung des Kunden ist entscheidend!

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Das brauchen wir nicht!

Klingt interessant, aber ...

Genau das brauchen wir!

Merkmale

Vorteile

Nutzen

Wahrscheinliche Reaktionen des Kunden auf:

Wie kann man sich nun die Strukturen von Verkaufsgesprächenvorstellen, in denen Merkmale, Vorteile und Nutzen verwendetwerden?

Folgende Beispiele zeigen typische Verkaufssituationen, die auchSie – als Kunde – mit Sicherheit schon erlebt haben:

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Beispiel: Computerverkauf

Der Kunde äußert einen konkreten Bedarf:„Ich möchte einen Computer bei Ihnen kaufen,wenn Sie etwas Passendes für mich haben.“

�Der Verkäufer stellt keinerlei Fragen, sondern zeigtsofort ein Produkt und zählt dessen Merkmale auf:

„Da kann ich Ihnen hier das Neueste vom Neuen anbieten.Dieses Gerät hat einen Core Duo Prozessor mit 3.33 GHz,2 GB Arbeitsspeicher und einen 20" Widescreen Display.“

Beispiel: Autoverkauf

Der Kunde bringt vermuteten Bedarf vor:„Ich interessiere mich für ein neues Auto.“

�Der Verkäufer stellt eine Frage:

„Schwebt Ihnen schon etwas Bestimmtes vor?“

�Der Kunde antwortet wieder mit vermutetem Bedarf:

„Na ja, der da drüben könnte mir gefallen.“

�Der Verkäufer führt Merkmale und Vorteile auf:

„Den haben wir gerade reinbekommen.Unser neuestes Modell. Mit dem großen Kofferraum

können Sie locker Gepäck für eine fünfköpfige Familie