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Auris' Nasus' Larynx (Tokyo) 16 (Supp!. I), S 1-S 8, 198 COCHLEAR IMPLANT: PROGNOSE-FAKTOREN Ernst LEHNHARDT, M. D. Hals-Nasen-Ohrenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, B.R. Deutschland Gehorlos geborene Patienten haben einen gerin- geren Gewinn durch das Cochlear Implant als spatertaubte; fUr angeboren Taube konnen wir ein offenes Sprachverstehen nicht erwarten jedenfalls nicht, wenn sie nach dem 6. Lebensjah; mit dem Cochlear Implant versorgt wurden. Auch Fruhertaubte (7.-20. Lebensjahr) scheinen weniger gute Resultate zu erreichen als die ab 3. De- zennium Ertaubten, selbst wenn sie schon nach wenigen Jahren operiert wurden. Ein wichtiges Moment fUr den Erfolg ist die Dauer der Taub- heit: Je kiirzer sie wahrte, desto besser das Ergebnis. Nach mehr als zehn Jahren Taubheit wird das offene Sprachverstehen zur Ausnahme. A.tiologie und Genese der Ertaubung sind von EinfluB in dem Sinne, daB progredient Ertaubte und offenbar auch die post-Lues-Tauben deutlich bessere Aussichten haben als z.B. die meningitisch oder traumatisch Ertaubten. Den progredient Ertaubten kommen wahrscheinlich ihre Erfah- rungen mit dem Horgerate zugute. Der Promon- toriumstest erlaubt eine nur begrenzte Vorhersage. BURIAN et al. (Acta Otolaryngo!. 97: 472-474, 1984) glauben, bei einem temporary difference limen von > 100 ms sei das Erreichen eines Sprachverstehens nicht zu erwarten. Solange der Promontoriumstest eine quantitative Aussage nicht ermoglicht und wir auch nicht wissen, welche Mindestzahl noch funktionstiichtiger Hor- nervenfasern fUr ein Sprachverstehen notwendig ist, sind verbindliche Vorhersagen an Hand des Promontoriumstests unseres Erachtens nicht erlaubt. Geregelte psychologische und soziale VerhlHtnisse sind giinstige Voraussetzungen und konnen die Rehabilitation wesentlich erleichtern. Bei Kindem sind mehr noch als bei Erwachsenen das Alter zur Zeit der Ertaubung und die Dauer Received for publication June 23, 1989 Request reprints to: Prof. Dr. Dr. E. Lehnhardt HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover: Postfach 180, D-3000 Hannover 61, B.R. Deutschland der Taubheit prognostisch zu werten; die Einte lung allein in pra-, peri- und postlingual ist nic] ausreichend. Wenig verlal3lich erscheinen d Versuche, den durch ein Cochlear Implant 2 erwartenden Gewinn mathematisch erfassen 2 wollen. Eher darf der Erfahrene auf sein arztlich oder padagogisch-psychologisches Gespiir ve trauen. Deaf born patients have little or no benefit fro a cochlear implant in comparison to postlingual deaf ones. When concerned with deaf bOl patients we do not expect open speech con prehension, definitely not when get implantt after the age of six. Also patients deafened • early age (7.-20. years of age) seem to have wor: results than patients deafened in the third deca( of their life or later, even if they got their oper, tion only a few years after the onset of deafnes A striking point for the success is the duration I deafness: the shorter the duration, the better a the results. After ten years of deafness Opt speech comprehension can be expected only e ceptionally. Etiology and genesis of the deafne are important in the sense that progressive dea ened patients and patients with a post-Iuet deafness have better expectations than tho with a meningitic or traumatic deafness. Earli, experience with hearing aids may probably he the progressive deafened patients to perfor better. The promontory test permits only limited prediction. BURIAN et al. (Acta Ot laryngol. 97: 472-474, 1984) believe, that with temporary difference limen of more than 100 r a speech comprehension can not be expecte As long as the promontory test does not rest in a quantitative score and we also do not kne how many surviving hearing nerve fibres a required for speech comprehension, in our opinio definite predictions on the basis of promonto test are not allowed. Normal psychologic status and social surroundings are favourab

Cochlear Implant: Prognose-Faktoren

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Page 1: Cochlear Implant: Prognose-Faktoren

Auris' Nasus' Larynx (Tokyo) 16 (Supp!. I), S 1-S 8, 198

COCHLEAR IMPLANT: PROGNOSE-FAKTOREN

Ernst LEHNHARDT, M. D.

Hals-Nasen-Ohrenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, B.R. Deutschland

Gehorlos geborene Patienten haben einen gerin­geren Gewinn durch das Cochlear Implant als spatertaubte; fUr angeboren Taube konnen wir ein offenes Sprachverstehen nicht erwarten jedenfalls nicht, wenn sie nach dem 6. Lebensjah; mit dem Cochlear Implant versorgt wurden. Auch Fruhertaubte (7.-20. Lebensjahr) scheinen weniger gute Resultate zu erreichen als die ab 3. De­zennium Ertaubten, selbst wenn sie schon nach wenigen Jahren operiert wurden. Ein wichtiges Moment fUr den Erfolg ist die Dauer der Taub­heit: Je kiirzer sie wahrte, desto besser das Ergebnis. Nach mehr als zehn Jahren Taubheit wird das offene Sprachverstehen zur Ausnahme. A.tiologie und Genese der Ertaubung sind von EinfluB in dem Sinne, daB progredient Ertaubte und offenbar auch die post-Lues-Tauben deutlich bessere Aussichten haben als z.B. die meningitisch oder traumatisch Ertaubten. Den progredient Ertaubten kommen wahrscheinlich ihre Erfah­rungen mit dem Horgerate zugute. Der Promon­toriumstest erlaubt eine nur begrenzte Vorhersage. BURIAN et al. (Acta Otolaryngo!. 97: 472-474, 1984) glauben, bei einem temporary difference limen von > 100 ms sei das Erreichen eines Sprachverstehens nicht zu erwarten. Solange der Promontoriumstest eine quantitative Aussage nicht ermoglicht und wir auch nicht wissen, welche Mindestzahl noch funktionstiichtiger Hor­nervenfasern fUr ein Sprachverstehen notwendig ist, sind verbindliche Vorhersagen an Hand des Promontoriumstests unseres Erachtens nicht erlaubt. Geregelte psychologische und soziale VerhlHtnisse sind giinstige Voraussetzungen und konnen die Rehabilitation wesentlich erleichtern. Bei Kindem sind mehr noch als bei Erwachsenen das Alter zur Zeit der Ertaubung und die Dauer

Received for publication June 23, 1989 Request reprints to: Prof. Dr. Dr. E. Lehnhardt

HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover: Postfach 180, D-3000 Hannover 61, B.R. Deutschland

der Taubheit prognostisch zu werten; die Einte lung allein in pra-, peri- und postlingual ist nic] ausreichend. Wenig verlal3lich erscheinen d Versuche, den durch ein Cochlear Implant 2

erwartenden Gewinn mathematisch erfassen 2

wollen. Eher darf der Erfahrene auf sein arztlich oder padagogisch-psychologisches Gespiir ve trauen.

Deaf born patients have little or no benefit fro a cochlear implant in comparison to postlingual deaf ones. When concerned with deaf bOl patients we do not expect open speech con prehension, definitely not when get implantt after the age of six. Also patients deafened • early age (7.-20. years of age) seem to have wor: results than patients deafened in the third deca( of their life or later, even if they got their oper, tion only a few years after the onset of deafnes A striking point for the success is the duration I

deafness: the shorter the duration, the better a the results. After ten years of deafness Opt speech comprehension can be expected only e ceptionally. Etiology and genesis of the deafne are important in the sense that progressive dea ened patients and patients with a post-Iuet deafness have better expectations than tho with a meningitic or traumatic deafness. Earli, experience with hearing aids may probably he the progressive deafened patients to perfor better. The promontory test permits only limited prediction. BURIAN et al. (Acta Ot laryngol. 97: 472-474, 1984) believe, that with temporary difference limen of more than 100 r a speech comprehension can not be expecte As long as the promontory test does not rest in a quantitative score and we also do not kne how many surviving hearing nerve fibres a required for speech comprehension, in our opinio definite predictions on the basis of promonto test are not allowed. Normal psychologic status and social surroundings are favourab

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:onditions and can make rehabilitation easier. n children even more than in adults the age at mset and the duration of deafness are decisive 'or the prediction of benefit with the implant; he only classification into pre-, peri- and postlingual leafness is not sufficient. It does not seem very diable to list mathematically the possible benefit )f the cochlear implant; the experienced physician hould rather use his medical or psychological ense.

'nwieweit lassen sich die Ergebnisse des Cochlear 'mplants voraussagen?

Ertaubungsalter: priilingual-postlingual. \lle Autoren nehmen als Selbstverstiind­ichkeit an, daB priilingual Taube weniger ~ute Horergebnisse erwarten lassen als die :piitertaubten. Die groBe Ausnahme macht IANFAI (1988), der meint, auch priilingual aube Patienten wiirden mit seinem Geriit "im llgemeinen eine gute Sprachdiskriminations­~istung fUr Siitze erreichen." Ihre anfiing­chen Schwierigkeiten, weil Grammatik und V ortschatz unzureiehend sind, wiirden riihrend des Hortrainings zum Teil ausge­lichen. Diese Aussage ist in Relation zu den ~rwartungen zu sehen, die man iiberhaupt an as Cochlear Implant stellt (Table 1). Bezogen auf die V orhersage fUr das Cochlear

mplant sollte man jedenfalls davon ausgehen, aB gehorlose Erwachsene ein offenes prachverstehen nicht erwarten konnen (vgl. uch BURIAN et al., 1987). Man sollte deshalb ei gehOrlos geborenen in jedem Einzelfall esonders kritisch abwiigen zwischen mog­chem Gewinn auditiver Orientierungsmog-

Table 1. Predictive-Relevant.

Age at onset of deafness Prelingual Postlingual

Age at cochlear implantation Duration of deafness Etiology and genesis of deafness Experience with hearing aid Ability in lip reading Residual hearing Promontory test Psychological situation

55

50

45 Vi a 40 '" 2-iil 35 '" .E

30 0

'" "0

'0 25 C .9 '2 20

" "0 15

10

5

N = 71

• = group I 0= group IT c= group m

0 o 0 080

D

• 00

• 0

00 • • 0 .0 0 0 0 0 0

• • 0 •• 0 • •• • • 0 •• 0 0 0 • 0 • •• 0 .. • • •

•• •• • • •• • • •• 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55

age at onset of deafness(years)

0 • •

Fig. 1. Benefit by cochlear implant related to the duration of deafness and the age at onset of deafness (group III, compare T'lble 2).

lichkeit, der Hilfe beim Lippenlesen sowie der Verbesserung der Sprachkompetenz einerseits und der physischen sowie psychischen Belastung andererseits.

Auch bei den bald nach dem 6. Lebensjahr (Fig. 1) Ertaubten fallen die zu erwartenden Ergebnisse weniger giinstig aus, das heiBt, solange die Sprachperzeption und -produktion zum Zeitpunkt der Ertaubung noch nicht wirklieh gefestigt sind. So zeigt eine Durch­sicht unserer ersten 71 Patienten mehr als sechs Monate nach der Implantation, daB die zwischen dem 7. und dem 20. Lebensjahr Ertaubten mehrheitlich zu denen gehorten, die das Speech tracking ohne Lippenlesen nieht bewiiltigen, wiihrend die nach dem 20. Lebensjahr Ertaubten zumeist ein offenes Sprachverstehen erreiehen. Zusiitzliehe Varia­ble blieben hier unberiicksichtigt.

Alter bei Cochlear-Implantation. Ein sehr hohes Lebensalter zum Zeitpunkt der Im­plantation konnte von negativem EinfluB auf den vermutlichen Gewinn sein-jedenfalls unabhiingig von der Dauer der Taubheit sowie deren Zeitgang und Ursache. In Sydney hat man eine 81-jiihrige Frau operiert (PAUKA, 1987) mit offensichtlieh gutem Erfolg, d.h. sie versteht hiiufig verwandte Worter ohne

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COCHLEAR IMPLANT: PROGNOSE-FAKTOREN S3

Lipreading. Leider fehlen hierzu die inter­essierenden anamnestischen Daten. Wenngleieh aus allein chirurgischer Sicht keine auBerge­w6hnlichen Komplikationen zu erwarten sind, wird die Indikation zum Cochlear Implant jenseits des 8. Dezenniums doch eine Aus­nahme bleiben. 1m Hinblick auf die weniger aufwendige Anpassung k6nnte im h6heren Alter ein Geriit mit perkutaner Steckerver­bindung eher angezeigt erscheinen.

Dauer der Taubheit. Fur Ertaubte ist die Prognose um so gunstiger, je weniger lange die Taubheit bestand. Eine deutliche Grenz­marke fUr den Zusammenhang mit der Ertaubungsdauer scheint bei zehn Jahren zu liegen-ein Zeitraum, den aus morphologischer Sicht schon SPOENDLIN (1979) vermutet hatte und der sieh in unserer Gruppeneinteilung immer wieder bestiitigte als V oraussetzung fUr das Erlangen eines offenen Sprachverstehens.

Zur Beurteilung der Ergebnisse hat sieh uns eine Gruppeneinteilung bewiihrt (Table 2), die sich am Verstehen ohne Lipreading orientiert und die unterscheidet zwischen den Patienten, die beim Speech tracking ohne Lipreading zurechtkommen (Gruppe I), denen, die dies nieht schaffen, aber Konsonanten ohne Lipreading verstehen (Gruppe II) und

Table 2. Classification for the evaluation of the results.

Group

I IT ill

Intelligibility by Cl without lipreading

Speech tracking~lO WpM Consonant confusion~25% Vowel confusion~25%

schlieBlich solchen, die nur die Vokale ohne Lipreading erkennen k6nnen (Gruppe III).

Diejenigen Patienten, die beim Speech tracking ohne Lipreading im Durchschnitt etwa 40 W6rter plO Minute (WpM) verstanden (Gruppe I), waren zumeist fUr weniger als zehn Jahre taub gewesen (Table 3). Die im Durchschnitt mehr als 20 Jahre Tauben (Grupp en II und III) erreiehten kein offenes Sprachverstehen, konnten aber mit Lipreading trotzdem noch etwa 40 WpM richtig nach­sprechen. Grundsiitzlich Gleiches beobachteten alle Arbeitsgruppen, soweit sie uber gr6Bere Patientenzahlen verfugen (z.B. BURIAN et al., 1987).

Fur die langfristige V orhersage interessant ist das Gruppenverhiiltnis in den Spiitresul­taten; darin erwies sich die Gruppe III als passager insofern, als von unseren ersten 32 Patienten zwei Jahre spiiter alle aus Gruppe III in die Gruppe II aufgestiegen waren und 9 der Gruppe II in die Gruppe I. Der Anteil der Gruppe I ( offenes Satz­verstehen) betrug in den Spiitresultaten 62,5 % (Table 4).

A'tiologie und Genese der Taubheit. Nach BURIAN et al. (1987) korrelieren die postopera­tiven Resultate nicht mit der A tiologie der Ertaubung. Un sere Beobachtungen scheinen in eine andere Richtung zu weisen. So er­reichten un sere Patienten, soweit sie ohne erkennbare Ursache progredient ertaubten (Fig. 2), deutlich gunstigere Ergebnisse als z.B. diejenigen, die im Verlauf einer Menin­gitis ihr GehOr verloren (Fig. 3). Wiihrend die progredient Ertaubten fast ausnahmslos

Table 3. Results of 78 patients. 34 patients understood 40 words per minute (WpM) on average in speech tracking without lipreading; 27 patients understood 38% in the consonant confusion test; and 17 patients understood 50% in the vocal confusion test. SP, Speech processor; LR, lipreading.

Speech-tracking Consonant confusion Vowel confusion test Duration of test Group N deafness (WpM) (%) (%)

(years) SP alone LR+SP SP alone LR+SP SP alone LR+SP

I 34 8 40 IT 27 20 not tested 42 38 ill 17 18 not tested 37 not tested 50

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S4 E. LEHNHARDT

ein oft'enes Sprachverstehen ohne Lipreading erreichten, war dies fUr die Meningitis-Er-

Table 4. Long-term results after >2 1/2 years; N=32. Group III turned out to be passager; its 3 patients have been ascended into group II, 9 of group II into group I.

Group 1987 1989

14 ---+ 20 /'

II 6 9 ---+ 12

/' ill 3 0

'~1 ~~

'1 Ii "':

I I

Ii "l-

'" I I 2v-

Fig. 2. Results of the progressive deafened, N= 15. These patients mostly achieved an open speech discrimination without lipreading ~.

taubten nur dann moglich, wenn sie wiihrend der ersten sechs Jahre nach der Ertaubung mit dem Cochlear Implant versorgt worden waren. Die Zusammenstellungen beziehen sich auf die Ergebnisse sechs Monate nach Anpassung des Sprachprozessors.

Wie die Meningitis-Padenten zeigten­unter gleichen Bedingungen-auch die traumatisch Ertaubten eine deutliche Abhiingigkeit von der Dauer der Taubheit, indem nur die in den ersten beiden Jahren operierten Patienten ein Konsonantenverstehen von 50 % erreichten-jedenfalls innerhalb der ersten sechs Monate. Demgegenliber reagier­ten sehr positiv un sere beiden nach Lues ertaubten Patienten (Fig. 4), obwohl der eine von ihnen erst 20 Jahre spiiter operiert worden war und obwohl NADOL (1984) beobachtet zu haben meint, daB auch die syphilitische Entzlindung nicht auf das Labyrinth beschriinkt ist sondern auf das erste Neuron libergreift. Deutlich geringer war der Gewinn fUr zwei Mumps-Ertaubte, die nach 12 bzw. 17 Jahren mit dem Cochlear Implant versorgt worden waren; sie hatten beim Speech tracking ohne Lipreading er­hebliche Schwierigkeiten-verstiindlicherweise, wenn man die Mumpsertaubung unter die postmeningitischen oder gar postenzepha­litischen Schiiden einordnet.

Yo WPM Consonont Confusion Test and Speechtrocking ~ CaDeamD! Confcsiml%1 0 6 months after first tune up

-SP alone- 'il Speec:htrocklng (WPM)

0 meningitis ~ <D

0 n ! 13

0 ~

~ "" '" a: n [' ~ j!!

! :g u u "0 "0

j! ~ ~ ..

~

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\B 5 2 @ 5 II ~ @ " @ I '" ~ " ~ !.f)<i---; ~ ~ ~

I - '" '" (') ~ ~ u " '" r'" aJ ~ vi u "' ~ I

30

20

10

10 15 20 2S 30 35 40 '-:5

duration of deafness (years)

Fig. 3. Results of the meningitis-deafened, N =21. These patients achieved an open speech discrimination without lipreading ~ only in case of early provision with cochlear implant.

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70

60 r 40

30

2C

10

1 2 3

Consonant Confusion Test

ofter 3 session (~6mDnths)

- SP alone -

n trcnlc-cerebrcltroumo

n syphilis

n 16 20 1,2 duration of deafness (years)

Fig. 4. Out of the six patients deafened by cranio­cerebral trauma only those two achieved a consonant discrimination of 50%, who were provided with cochlear implant after ::::;2 years. Both syphilis-deafened have shown a very positive development despite the fact that one of them was operated as late as 20 years after onset of deafness.

NADOL und EDDINGTON (1988) glauben auf Grund histologischer Befunde-offensichtlich aus der Schuknecht-Sammlung-, daB trotz vollsHindigen Ausfalls aller Haarzellen selbst im ungtinstigsten Fall noch etwa 30 % der Ganglienzellen intakt bleiben; 0 berhalb dieses Wertes sei nach kindlicher Virus meningitis ihre Zahl jedoch wesentlich kleiner als z.B. nach einer ototoxischen Ertaubung.

Ob die Anzahl verbliebener Ganglienzellen­solange zehntausend von ihnen (30 % von etwa 30.000; NADOL) noch funktionsttichtig sind­fUr das postoperative Resultat tiberhaupt eine gravierende Rolle spielt, wissen wir nicht. In dem von CLARK et al. (1988) post mortem untersuchten Cochlear Implant -Patienten waren in Relation zu den Normalwerten (HINOJOSA und LINDSAY, 1980) auf der nicht-implantierten Seite nur noch etwa 20 % und im implantierten Ohr sogar nur 10 % der Ganglienzellen nachweisbar. Der Patient hatte allerdings auch einen nur begrenzten Gewinn vom Cochlear Implant (Nucleus 22) gehabt: Vowel Confusion 33 %, Consonant Confusion 24 % ohne Lipreading.

Erfahrungen mit Horgeriiten. Die relativ guten Aspekte fUr die progredient Ertaubten leiten sich moglicherweise auch aus dem langjahrigen Gebrauch konventioneller Hor-

gerate her. Vielleicht haben diese Patienten gelernt, bruchsttickhafte auditive Informa­tionen zu hinreichendem Sprachverstehen zu nutzen. Insofern gehort auch der Zeitgang der SchwerhOrigkeitsgenese zu den progno­stischen Momenten.

Doch auch diese Regel ist insofern nicht als allgemeingtiltig zu verwenden, als wieder die Dauer der schlie13lich voUstiindigen Taubheit zu berticksichtigen ist: Ein Patient, der langsam progredient ertaubte und an ein Horgerat gewohnt war, btiBt diesen Vorteil nach langjahriger Dauer des Taubseins wieder ein, und umgekehrt gewinnt der plotzlich Ertaubte an Chancen, wenn er schon sehr bald mit dem Cochlear Implant versorgt wird.

Fertigkeit im Lippenlesen. Diese Fertigkeit ist sehr unterschiedlich ausgebildet; so kann der kurzzeitig Ertaubte das Lippenleser eventuell schon beherrschen, und andererseit~ gibt es jahrzehntelang Taube, die gar nichl Lippenlesen k6nnen. Der des Lippenlesem Unkundige Cochlear Implant-Trager wird ir gerauschvoller Umgebung behindert sein. tiber dies en prognostisch ungtinstigen Gesichtspunkt sollte vor der Operation mil ihm diskutiert worden sein. Zugleich is! zu bedenken, daB das Lipreading alleir kaum noch zu erlernen ist, wenn erst dai Cochlear Implant genutzt wird-im Gegen· teil, die Fertigkeit des Lipreading ohne Sprach· prozessor liiBt dann eventuell sogar nacho

Horreste. Zur Frage, ob Patienten mi H6rresten (profound or severe deaf patients mit mehr Nutzen durch das Cochlear Implan rechnen k6nnen als die vollstiindig tauben haben GANTZ et al. (1988) Stellung genommen Nach ihren Beobachtungen "were these residua hearing patients better at word recognition il the sound only condition." Wir konnen Zl

dieser Frage nicht Stellung nehmen, wei wir "residual hearing patients" nicht mi einem Cochlear Implant versorgt haben.

Promontoriumstest. Erlaubt der praope rative Promontoriumstest prognostische Vor hersagen? Beztiglich des Dynamikbereich

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S6 E. LEHNHARDT

zwischen Empfindungsschwelle (T-level) und Unbehaglichkeitsschwelle (C-level) nennen BURIAN et al. (1988) lediglich den kritischen Wert von ~ 15 dB fur das Erreichen eines Sprachverstehens mit Cochlear Implant. Die Schwelle flir die elektrische Stimulation korre­liere entgegen den Aussagen der Chouard­Gruppe (FUGAIN et al., 1988) nicht mit den postoperativen Resultaten. Ebenfalls progno­stisch nicht zu verwenden sei der Frequenzum­fang auditiver Wahrnehmungen bei elektrischer Stimulation. Aussagekdiftig dagegen ist nach BURIAN et al. (1984) das temporary difference limen (TDL): Diejenigen Patienten wiirden kein Sprachverstehen erreichen, deren TDL > 100 ms ist, die also Impulsverkiirzungen unter 100 ms nicht erkennen k6nnen. Oder umgekehrt, ein Sprachverstehen ist nur flir die Patienten zu erwarten, die auch Impulse von < 100 ms also solche einstufen k6nnen. Dariiber hinaus sei das Erreichen eines Sprachverstehens urn so wahrscheinlicher, je mehr die TDL pdioperativ den Wert von 100 ms unterschritt. Schlie13lich beobachtete BURIAN (1988), daB eine pdioperativ ab­nehmende Tendenz auf giinstigere postopera­tive Daten hinweise und damit auf ein besseres Sprachverstehen. Die ehemals von BURIAN gewertete Gap-detection scheint eine prognostische Einstufung nicht zu erlauben.

Trotz all dieser Bemiihungen urn die Deutung der Befunde gibt der Promon­toriumstest bislang keinen Einblick in das individuell unerschiedliche Ausfallmuster der H6rnervenfasern. HOUSE (1988) hat deshalb seit Jahren schon auf den Promontoriumstest verzichtet. Unsere Erfahrungen mit dem Voice-Input-Promontoriumstest sind bislang auf Einzelfiille beschdinkt, eine Auswertung ist deshalb noch nicht m6glich. Vielleicht er6ffnet die Messung des Magnetfeldes iiber dem auditorischen Cortex wiihrend des Promontoriumstests eines Tages zuverHissige Vorhersagen (HOKE et al., 1989).

Psychosoziale Situation. Positiv flir die postoperativen Resultate wirken sich das Fehlen schwerwiegender psychischer Probleme

und ein gutes soziales Umfeld aus. Solche Patienten ziehen eventuell auch ohne gezielte Rehabilitation Nutzen aus dem Cochlear Implant (vgl. auch EISENWORT und BURIAN, 1988). Umgekehrt ist eine systematische, auf die individuellen Bediirfnisse abgestimmte Rehabilitation urn so notwendiger, je weniger die genannten V oraussetzungen erflillt &ind. Entgegen dieser Betonung der Unerlii13lichkeit postoperativen Trainings glauben NADOL und EDDINGTON (1988) auf ein formales Rehabilita­tionsprogramm weitgehend verzichten zu k6nnen, da die Eigenerfahrungen des Patienten den postoperativen Gewinn ent­scheidender bestimmten.

So scheinen die Anhanger des 3M-Vienna­Geriites sich letztlich auch auf ein gezieltes Rehabilitationsprogramm zu stiitzen, wiihrend die Verwender des IneraidR sich vornehmlich auf die Leistungsfiihigkeit ihres Implantates verlassen. Der Mittelweg zwischen beiden Antipoden scheint vorerst empfehlenswert zu sein. MONTANDON (l988)-er verwendet das IneraidR-meint, daB von mehrsprachigen und dialektbegabten Patienten generell bessere Ergebnisse zu erwarten sind. Fiir diese Beob­achtungen boten sich in der Schweiz natur­gemaB besonders giinstige V oraussetzungen. Der IQ scheint flir den Nutzen des Cochlear Implants keine prognostische Bedeutung zu haben, auch nicht nach den Beobachtungen von GANTZ et al. (1988).

Cochlear Implant bei Kindern. Hier wird beziiglich der Vorhersage zwischen prii-, peri­und postlingualer Taubheit unterschieden. Diese Einteilung liiBt die postlinguale Periode schon ab dem 4. Lebensjahr beginnen, und sie liiBt die Dauer der Taubheit weitgehend auBer Acht. Wir bevorzugen eine individuelle Definition in der Weise, daB konkret das Lebensalter zur Zeit der Ertaubung und die Jahre der Taubheit benannt werden, also flir ein geh6rlos geborenes, mit 4 Jahren ope­riertes Kind: 0/4. Bei einem mit zwei Jahren ertaubten und zwei Jahre spater versorgten Kind (Table 5) wiirde es heiBen: 2/2. Beide Kinder wiiren als pdilingual taub

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COCHLEAR IMPLANT: PROGNOSE-FAKTOREN s

Table 5. Data in years and months.

Age at Duration Use of Abbre-onset of of implant viation deafness deafness

0 2.11 1.5 0[2.11[1.5 4 1 0.9 4[ 1 [ 0.9

26 14 2 26[ 14 [ 2

Table 6. Predictive groups.

Age at onset of deafness (years) 0-1 2-3 4-6 >6

"' "' Q) 1-2 <2 <3 <5 a cS c<! Q) "O~

"' .... '"' 3-6 2-8 3-10 5-15 b oc<! Q)

s::» .S~

~ >6 >8 >10 > 15 '"' c

~ Cl

0 1 2 3

einzustufen, und trotzdem ware fUr das zweite Kind eine wesentlich gunstigere V orhersage zu treffen. Allerdings sind Ertaubungsalter und -dauer zwar wichtige Daten, nicht aber allein bestimmt fUr die spateren Resultate.

Flir die Einteilung der Kinder in progno­stische Gruppen an Hand der beschriebenen Kennzeichen glauben wir die von uns ver­wendete Tabelle empfehlen zu durfen. Darin reprasentieren die Gruppen 0, 1 und 2 pra­und perilingual, die Gruppe 3 postlingual Taube-allerdings mit der fruher im deutschen Schrifttum gUltigen Grenze zwischen dem 6. und 7. Lebensjahr (Table 6).

Die Tabelle berucksichtigt mit den Unter­gruppen a, b und c zugleich die Dauer der Taubheit, und sie ist so angelegt, daB auch auf den vermutlichen Gewinn fUr die Sprachper­zeption (und die Sprachproduktion) durch das Cochlear Implant rlickgeschlossen werden kann.

Mathematische Wertung verschiedener Fakto­reno Einen extravaganten Weg fUr die Vor­hers age gehen FRITZE und EISENWORT (1988): sie berlicksichtigen in einer mathematischen Formel (Table 7)

- die Sprachkompetenz des Kandidaten

- die Dauer der Ertaubung - ein eventuell noch vorhandent

Zahlenverstehen und - die elektrische Stimulationsschwel

beim Promontoriumstest.

Table 7. FRITZE-EISENWORT Formula.

Speech competence Duration of deafness Residual comprehension of numbers Electrical stimulation threshold at

promontory test

Table 8. SPITZER Formula.

2 kHz threshold with hearing aid Pressure of cortical P300 right Ability of lipreading Perception of vertigo Voice quality

Auf diese Weise kommen sie an 47 Patiel ten zu einer hinreichenden Ubereinstimmur zwischen Prognose und Erfolg. Dies verwUl dert insofern, als-wie oben erwahnt-BuRIA in einer fruheren Arbeit (1988) der praope ativen elektrischen Stimulationsschwelle keiI Korrelation zum postoperativen Result zugesprochen hatten.

Einer schrittweisen Regressionsanalyse b dient sich SPITZER (1988). Das hierfUr e stellte Protokoll umfaBt eine schier endlo FUlle von Daten (Table 8). Die Form SPITZERS stUtzt sich auf

- die 2 kHz-Schwelle mit Horgerat - das Vorhandensein des kortikal(

P300 rechts - die Fahigkeit des Lippenlesens - die Empfindung von Schwindel und - die Stimmqualitat.

SPITZERS Aussagen beziehen sich auf c Daten von 31 Cochlear-Implant-Kandidate Diese komplizierte Formel wird sich sch( deshalb kaum durchsetzen, weil sie im theOI tischen Gedankengerust gefangen ht.

Die AusfUhrungen zur Vorhersagbarkl des Nutzens eines Cochlear Implants fUr d jeweiligen Patienten sollten den Wert d

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S8 E. LEHNHARDT

"arztlichen Blicks" und des padagogisch­psychologischen Gespiirs nicht auBer Acht lassen. Spezielle arztliche und padagogische Erfahrungen an Dutzenden von Patienten helfen jedenfalls, die individuellen Daten zu werten und den postoperativen Erfolg sicherer w machen.

Wer heute noch am Nutzen und an der Notwendigkeit des Cochlear Implants zweifelt, ;ollte die Kinder erleben, deren Sprache nach fer Ertaubung unverstandlich wurde oder die ~ar stumm geworden waren. Wenige Monate lach der Versorgung mit dem Cochlear Implant Iprechen diese Kinder wieder un sere Sprache, lie verstechen uns und sie wenden sich wieder hrer taglichen Umgebung zu. Eine Vorhersage edenfalls fUr ertaubte Kinder ist moglich­md sie lautet zumeist "sehr gut."

~iteratur

IANFAI, P.: 10 Jahre Erfahrungen mit Cochlear­Implantationen. Forschung in Koln 1: 17-23, 1988.

IURIAN, K.: Extra- and intracochlear electric stimu­lation: results of a clinical study on 70 patients. Clin. Audiol. 4: 554-560, 1988.

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