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J. Jerosch Continous Passive Motion (CPM) für die Zehen FussSprungg 3:172–173 (2005) DOI 10.1007/s10302-005-0126-8 Fuß 126 TIPPS FÜR DIE FUSSCHIRURGISCHE PRAXIS Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch ( ) ) Klinik für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie Johanna-Etienne-Klinik Am Hasenberg 46 41462 Neuss, Germany Tel.: +49-21 31 /5 29-20 01 Fax: +49-21 31 / 5 29-20 15 E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Der Einsatz von Motorschienen unter ambulanten und stationären Bedingungen hat für die großen Körperge- lenke weite Verbreitung gefunden. Der Einsatz im Be- reich der Zehengelenke war technisch schwer umsetz- bar. Die technischen Vorrausetzungen und klinischen Einsatzmöglichkeiten werden im Folgenden dargelegt. Einleitung Bereits Aristoteles stellte fest, das Beweglichkeit ein Prinzip der Lebens sei. Champonniere griff diesen Ge- danken zu Beginn des vorigen Jahrhunderts auf, als er in Bezug auf orthopädischen Krankheitsbildern fest- stellte, dass jede Bewegung, die nicht durch ihre Amp- litude Schaden anrichtet, die Heilung beschleunigt. Diese Annahmen wurden durch die Arbeiten von Sal- ter (1984, 1989) belegt, der in ruhiggestellten Gelen- ken Drucknekrosen, in den Kontaktarealen sowie Ver- änderungen im Knorpel, sekundär zum direkten sy- novialen Kontakt nachwies. In der betroffenen Extre- mität führt die Immobilisierung zum Einsteifen der Gelenke, zu Muskelatrophie, verlangsamter Ödemre- sorption und Inaktivitätsosteoporose. Aufgrund die- ser inzwischen weit anerkannten Erkenntnisse wird heute eine möglichst früh einsetzende funktionelle Behandlung von Extremitätenverletzungen angestrebt. Für die großen Gelenke gibt es eine Reihe geeigneter Motorschienen, die Schulter, Ellenbogen, Knie und oberes Sprunggelenk beüben. Für den Einsatz an den Zehengrundgelenken standen lange Zeit nur sehr schwer einzustellende und für die Patienten oft nicht selbständig anwendbare Geräte zur Verfügung, wes- halb die Möglichkeiten, insbesondere in der ambulan- ten Nachbehandlung nicht genutzt werden konnten. Diese Einschränkung ist durch moderne, leichte und einfacher anzulegende Geräte weitgehend aufgehoben. Gegenüber der postoperativen aktiven Bewegung, die als Rehabilitationsziel immer anzustreben ist, ist die passive Bewegung in der Regel schmerzfrei. Ur- sache sind der fehlende Muskelzug, die Abnahme der Schwerkraft, die exakt dosierbare Geschwindig- keit der Bewegung und die einstellbare einwirkende Kraft. Über den gesamten Zeitraum der Übung blei- ben diese Parameter konstant. Gradweise kann der Bewegungsausschlag (ROM = range of motion) ge- steigert werden. Eine zeitliche Limitierung der Übungen besteht nicht mehr. Jede CPM-Maschine stellt jedoch nur eine Ergän- zung zur Physiotherapie, bei der die Komplexfunktio- nen trainiert werden. Es ist jedoch wünschenswert, die klassischen Rehabilitationstechniken frühzeitig mit der CPM zu koordinieren. Technische Vorraussetzungen Die Zehen-Bewegungsschiene Tl bietet Patienten die bewährten Vorteile der CPM-Behandlung auch für das Grundgelenk der Zehen. Sie ist relativ einfach zu bedienen, hat ein geringes Gewicht und bietet den- noch größte Bewegungsfreiheit. Der Bewegungsbereich kann für die Plantar/Dor- salflexion in einem Bereich von 45–0–608 Grad ein- gestellt werden.

Continous Passive Motion (CPM) für die Zehen

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J. Jerosch Continous Passive Motion (CPM)für die Zehen

FussSprungg 3:172–173 (2005)DOI 10.1007/s10302-005-0126-8

Fuß126

TIPPS FÜR DIE FUSSCHIRURGISCHE PRAXIS

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Jörg Jerosch ())Klinik für Orthopädie und Orthopädische ChirurgieJohanna-Etienne-KlinikAm Hasenberg 4641462 Neuss, GermanyTel.: +49-21 31 / 5 29-20 01Fax: +49-21 31 / 5 29-20 15E-Mail: [email protected]

ZusammenfassungDer Einsatz von Motorschienen unter ambulanten undstationären Bedingungen hat für die großen Körperge-lenke weite Verbreitung gefunden. Der Einsatz im Be-reich der Zehengelenke war technisch schwer umsetz-bar. Die technischen Vorrausetzungen und klinischenEinsatzmöglichkeiten werden im Folgenden dargelegt.

Einleitung

Bereits Aristoteles stellte fest, das Beweglichkeit einPrinzip der Lebens sei. Champonniere griff diesen Ge-danken zu Beginn des vorigen Jahrhunderts auf, als erin Bezug auf orthopädischen Krankheitsbildern fest-stellte, dass jede Bewegung, die nicht durch ihre Amp-litude Schaden anrichtet, die Heilung beschleunigt.Diese Annahmen wurden durch die Arbeiten von Sal-ter (1984, 1989) belegt, der in ruhiggestellten Gelen-ken Drucknekrosen, in den Kontaktarealen sowie Ver-änderungen im Knorpel, sekundär zum direkten sy-novialen Kontakt nachwies. In der betroffenen Extre-mität führt die Immobilisierung zum Einsteifen derGelenke, zu Muskelatrophie, verlangsamter Ödemre-sorption und Inaktivitätsosteoporose. Aufgrund die-ser inzwischen weit anerkannten Erkenntnisse wirdheute eine möglichst früh einsetzende funktionelleBehandlung von Extremitätenverletzungen angestrebt.

Für die großen Gelenke gibt es eine Reihe geeigneterMotorschienen, die Schulter, Ellenbogen, Knie undoberes Sprunggelenk beüben. Für den Einsatz anden Zehengrundgelenken standen lange Zeit nur sehrschwer einzustellende und für die Patienten oft nichtselbständig anwendbare Geräte zur Verfügung, wes-halb die Möglichkeiten, insbesondere in der ambulan-ten Nachbehandlung nicht genutzt werden konnten.Diese Einschränkung ist durch moderne, leichte undeinfacher anzulegende Geräte weitgehend aufgehoben.

Gegenüber der postoperativen aktiven Bewegung,die als Rehabilitationsziel immer anzustreben ist, istdie passive Bewegung in der Regel schmerzfrei. Ur-sache sind der fehlende Muskelzug, die Abnahmeder Schwerkraft, die exakt dosierbare Geschwindig-keit der Bewegung und die einstellbare einwirkendeKraft. Über den gesamten Zeitraum der Übung blei-ben diese Parameter konstant. Gradweise kann derBewegungsausschlag (ROM = range of motion) ge-steigert werden. Eine zeitliche Limitierung derÜbungen besteht nicht mehr.

Jede CPM-Maschine stellt jedoch nur eine Ergän-zung zur Physiotherapie, bei der die Komplexfunktio-nen trainiert werden. Es ist jedoch wünschenswert, dieklassischen Rehabilitationstechniken frühzeitig mitder CPM zu koordinieren.

Technische Vorraussetzungen

Die Zehen-Bewegungsschiene Tl bietet Patienten diebewährten Vorteile der CPM-Behandlung auch fürdas Grundgelenk der Zehen. Sie ist relativ einfach zubedienen, hat ein geringes Gewicht und bietet den-noch größte Bewegungsfreiheit.

Der Bewegungsbereich kann für die Plantar/Dor-salflexion in einem Bereich von 45–0–60� Grad ein-gestellt werden.

Ein orthopädischer Schuh und die gepolsterte Ze-henspange – jeweils in zwei Größen verfügbar – ge-währleisten ein bequemes Tragen für die Dauer derTherapie.

Spezifikationen

Geräteabmessungen: 38 ×20 ×17 cmGewicht: 1,4 kgBewegungsbereich: Dorsalflexion: 0 bis 60�;Plantarflexion: 0 bis 45�Geschwindigkeit: ein vollständiger Bewegungszyklusdauert 1,5 minStrombedarf: 2 AA (Alkali)Batterien, 3 VoltBatterielebensdauer: Alkalibatterien bis zu 4 TageZertifikat: CSA, CE, CE120

Zu beziehen ist das Gerät über OrthoAktiv GmbHMedizintechnik, Augburgerstr. 9, 86157 Augsburg.

Bezogen auf die Fußchirurgie ergeben sich verschie-dene Indikationen:n Ossäre oder Weichteileingriffe am MTP 1.n Gelenkersatz.n Neuromexzisionen.

Als Kontraindikationen sind anzusehen:n Septische Tendovaginitis, bis die Infektion unter

Kontrolle ist.n Diffuse Zellulitis, bei einer Zehinfektion bis die

Infektion unter Kontrolle ist.

Diskussion

Im Rahmen der ambulanten Behandlung erforderndie Geräte, auch wenn sie gegenüber den ersten Ent-wicklungen in der Handhabung wesentlich verein-facht wurden, einen kooperativen Patienten. Ins-besondere der Gebrauch der Zehen-CPM stellt dabeiAnforderung an den Willen zur Genesung und eingewisses Geschick.

Die täglich aufgewandte Zeit sollte zwischen1–2 Stunden, verteilt auf 2–3-Übungseinheiten betra-gen.

Die Einweisungszeit beträgt pro Patient etwa20–30 min. Diese Einweisung muss durch ausgebil-detes Personal erfolgen und wird deshalb in der Re-gel von Physiotherapeuten oder dem Verleiher desGerätes durchgeführt. Im Idealfall wird der Patientnoch während des stationären Aufenthaltes geschultund nimmt dann das Gerät mit nach Hause. Selbst-verständlich kann der Umgang aber auch vollständigunter ambulanten Bedingungen erlernt werden.

Der Verordnungszeitraum sollte nicht unter 4 Wo-chen liegen. Angesichts des hohen Betreuungsaufwan-des durch den Aufsteller der Geräte, die hohen An-schaffungskosten und den Verbrauch der Einmalmate-rialien entstehen zusätzliche Kosten zwischenDM 1200,00–1400,00 pro Monat. Dem stehen opti-mierte Rehabilitationsergebnisse in verkürztem Zeit-raum gegenüber. Volkswirtschaftlich kann der Einsatznur im Rahmen prospektiver Studien bewertet wer-den. Zur Zeit werden die Kosten von den jeweiligenVersicherungen in den meisten Fällen getragen.

Literatur

Salter RB (1989) The biologic concept of continous passive mo-tion of synovial joints. Clin Orthop 242:12–25

Salter RB, Hamilton HW, Wedge JH, Tile M, Torode IP, O’DriscollSW, Murnaghan JJ, Saringer JH (1984) Clinical application ofbasic research on continous passiv motion for disorders andinjuries of synovial joints: preliminary report of feasibilitystudy. J Orthop Res 1:325–342

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