Crashberechnung Und In Sass en Simulation

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9 Crashberechnung und Insassensimulation

In diesem Kapitel werden Grundlagen der Crashberechnung und der Insassensimulation vorgestellt. Beide Berechnungsmethoden dienen der Verbesserung der Fahrzeugsicherheit, also einer Reduzierung der Wahrscheinlichkeit, dass ein Insasse oder ein Fugnger durch einen Unfall verletzt wird. Zunchst wird a a im ersten Abschnitt eine Einfhrung gegeben. Im zweiten Abschnitt werden u elasto-plastische Materialgesetze vorgestellt. Im dritten Abschnitt wird der zweite, essentielle Bestandteil von Crashprogrammen, die Kontaktalgorithmen, erklrt. Der vierte Abschnitt behandelt weitere, wichtige Aspekte der a Crashberechnung. Im fnften Abschnitt werden Insassenmodelle (sogenannte u Dummymodelle) vorgestellt. Im sechsten Abschnitt folgen einige Beispiele.

9.1 Einfuhrung Bei Kraftfahrzeugen unterscheidet man die sogenannte aktive und die passive Sicherheit. Die aktive Sicherheit wird durch Systeme beeinusst, die einen Unfall verhindern knnen (z. B. ABS, ESP). Passive Sicherheitssysteme reduo zieren bei einem Unfall das Verletzungsrisiko der Insassen. Die Erhhung der o passiven Sicherheit ist eine Aufgabe der Crash- und Insassensimulation. Um die passive Sicherheit mit Hilfe von Simulationen beurteilen zu knnen, o mssen neben dem elasto-plastischen Verhalten des Fahrzeugs auch z. B. Gurt, u Airbag und Dummy rechnerisch erfasst werden. Die Beurteilung der passiven Sicherheit erfolgt in einer Vielzahl von Crashtests, von denen fr Seiten- und Frontalkollisionen einige in Abb. 9.1 verdeutu licht sind. Im Rahmen dieser Tests werden Fahrzeuge (Prototypen oder neue Serienfahrzeuge) unter reproduzierbaren Versuchsbedingungen z. B. gegen eine starre Wand gefahren. In den Fahrzeugen sind sogenannte Dummys (also menschenhnliche Puppen) platziert; diese Dummys sind mit Sensoren ausa gestattet, deren Messsignale Rckschlsse auf die Verletzungen zulassen, die u u ein menschlicher Insasse bei dem nachgestellten Unfall davongetragen htte. a

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9 Crashberechnung und Insassensimulation

In Crashtests und in deren Simulationen werden unterschiedliche Aspekte beleuchtet: 1. Verletzungsrisiko der Insassen, 2. Verletzungsrisiko von Fugngern, a 3. Verletzungsrisiko von Insassen anderer Fahrzeuge (sogenannte Kompatibilittstests), a 4. Auslegung der Rckhaltesysteme (z. B. Zndzeitpunkt des Airbags, Kraftu u niveau des Gurtkraftbegrenzers). Das Verletzungsrisiko der Insassen wird mit Hilfe der Dummys bestimmt. Dazu werden Beschleunigungen, Geschwindigkeiten, Deformationen und Krfte a herangezogen. Ein Verletzungskriterium, mit dem Verletzungen im Kopfbereich vorhergesagt werden knnen, ist der sogenannte HIC-Wert (Head Injury o Criterion): 2,5 HIC36 =t2 t1 =36ms

max

(t2 t1 )

1 t2 t1

t2

a(t)dtt1

.

(9.1)

Hier ist a die Beschleunigung des Dummykopfes angegeben in Vielfachen der Erdbeschleunigung g, die Zeit muss in s angegeben werden. Kritisch in Bezug auf lebensgefhrliche Verletzungen ist ein Wert von 1000, wobei Insassen bei a modernen Fahrzeugen (bei den in Abb. 9.1 gezeigten Tests) Werte aufweisen, die deutlich unter 1000 liegen. Ein weiteres Verletzungskriterium betrit die Belastung der unteren Extremitten. Ein Kriterium, das zu dieser Beurteilung dient, ist der sogenannte a Tibia-Index T I: (9.2) T I = |FZ /FZ0 | + |MR /MR0 | . Hier ist FZ die Kraft in Lngsrichtung des Unterschenkels und MR das Biea gemoment. Die Kraft und das Moment werden bezogen auf die Werte FZ0 und MR0 , welche vom Geschlecht, von der Gre und vom Alter abhngen o a und stark schwanken. Das Moment MR0 und die Kraft FZ0 liegen in der Grenordnung 100 Nm bis 300 Nm bzw. 20 kN bis 40 kN. Ubersteigt der o Tibia-Index T I den Wert 1, so kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Verletzungen. Die Lngskraft sollte dabei einen Wert von ca. 9 kN nicht ubera steigen, um Verletzungen an den Enden der Tibia zu vermeiden. Dieses Verletzungskriterium, wie auch viele andere, wurde aus Versuchen mit Leichen entwickelt (man spricht in der Literatur auch von PMTO: Post Mortale Test Objects). Um Crashberechnungen durchfhren zu knnen, bedient man sich u o FE-Modellen fr die Fahrzeuge und hug ebenfalls FE-Modellen der Dumu a mys. Fahrzeug-FE-Modelle bestehen aus ein bis zwei Millionen Elementen. Die Darstellung der einzelnen Elemente gelingt infolge der Ausung kaum o noch in einem Gesamtbild. Aus diesem Grund werden Berechnungsergebnisse hug ohne die Elementkanten visualisiert. Die ersten Crashmodelle waren a

9.1 Einfhrung u

143

Abb. 9.1. Frontal- und Seitencrashtests (nach [48]).

sehr grob diskretisiert. In Abb. 9.2 ist eines der ersten Fahrzeugcrashmodelle wiedergegeben. Die Fahrzeug-FE-Modelle sind hochgradig nichtlinear, wo-

Abb. 9.2. Frontalcrashmodell (aus [43]).

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9 Crashberechnung und Insassensimulation

bei als wesentliche Nichtlinearitten auftauchen: nichtlineare Materialgesetze a (Elasto-Plastizitt), Kontakt-Nichtlinearitten und geometrische Nichtlineaa a ritten infolge groer Verformungen. Diese Nichtlinearitten werden in den a a folgenden drei Abschnitten nher erlutert. a a In der Crashberechnung ist es allerdings ebenso wichtig, neben der Bercku sichtigung der Karosserie alle anderen Komponenten des Fahrzeugs im Modell wiederzugeben. Dazu gehren der Motor, Nebenaggregate, Khler, Batterie, o u Fahrwerkkomponenten etc. In den Abbn. 9.3 und 9.4 sind Teile der Karosserie weggelassen, und damit ist der Blick freigegeben auf weitere Bestandteile eines Crashmodells. Ein Teil dieser zustzlichen Bestandteile wird hug durch a a starre Krper im Modell bercksichtigt. o u

Abb. 9.3. Crashmodell; einige Teile des Modells sind ausgeblendet (PAMCRASHBeispielmodell).

Abb. 9.4. Crashmodell; einige Teile des Modells sind ausgeblendet (PAMCRASHBeispielmodell).

9.2 Elasto-Plastizitt a

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9.2 Elasto-Plastizitt aIn diesem Abschnitt werden einige Begrie aus der Elasto-Plastizitt erlutert, a a die fr ein Grundverstndnis von CAE-Programmen, in denen plastische Deu a formationen eine Rolle spielen (wie z. B. die Crashberechnung oder die Tiefziehsimulation), unumgnglich sind. a Wir beschrnken uns dabei auf eine eindimensionale Betrachtung und folgen a der Beschreibung in [103]. Dabei gehen wir aus von der Fliebedingung nach von Mises (vgl. Kapitel 7) und betrachten Spannungs-Dehnungsdiagramme fr drei Flle: ideale Plastizitt, Plastizitt mit isotroper Verfestigung (nichtu a a a lineare und lineare) und Plastizitt mit kinematischer Verfestigung (engl.: a Hardening). Die jeweiligen Spannungs-Dehnungs-Diagramme sind in Abb. 9.5 wiedergegeben. Wir beginnen mit der idealen Plastizitt. Deformiert man einen Krper a o bis die Spannungen gerade die Fliespannung erreichen, so wird dieser Krper o elastisch deformiert. In Diagramm a) beginnt der elastische Bereich bei = 0 und = 0. Erreicht die Spannung (i. Allg. Fall die Vergleichsspannung) den Wert der Fliespannung, so bleibt sie auf dem Niveau der Fliespannung. Die Steigung dieses ersten Bereichs der Spannungs-Dehnungskurve ist gerade der E-Modul. Ohne ein weiteres Anwachsen der Kraft nimmt die Verzerrung zu. Anschaulich kann man sich dies durch eine Feder vorstellen, die in Reihe mit einem Coulomb-Element geschaltet ist; ab einer bestimmten Kraft rutscht das Coulomb-Element und die Kraft kann nicht weiter gesteigert werden.1 Numerisch kann man diese ideale Plastizitt schwer berechnen, denn der waagea rechte Verlauf der Spannungs-Dehnungskurve fhrt leicht zu Instabilitten. u a Bei numerischen Berechnungen von plastischen Deformationen setzt man hug Verfestigungsmodelle ein. In Diagramm b) ist der Spannungs-Dehnungsa Verlauf fr ein sogenanntes isotropes Verfestigungsmodell gezeigt. Auch in u diesem Fall steigt die Spannung zunchst mit der Steigung des E-Moduls bis a zur Fliespannung 1 an. In diesem ersten Bereich gibt es lediglich elastische Verzerrungen. Deformiert man uber die Fliespannung hinaus, so steigt die Spannung weiter an. Entlastet man ab einem bestimmten Punkt, so fllt die a Spannungs-Dehnungs-Kurve mit der Steigung E zurck auf = 0. Die bei u = 0 verbleibende Verzerrung ist die gesamte plastische Verzerrung P , die nach diesem Belastungszyklus zurckbleibt. u Wrde man nach der Entlastung wieder belasten, so wrde die Spannungs-u u Dehnungs-Kurve wieder mit der Steigung E anwachsen, dieses Mal allerdings nicht bis 1 , sondern bis 2 . Die Fliespannung hat sich also durch die pla1

Stellt man sich die Verhltnisse im dreidimensionalen Spannungsraum vor, so bea ndet sich der Spannungsvektor des Spannungsdeviators immer auf einer Flche, a der sogenannten Flieche. Im einfachsten Fall ist die Flieche eine Kugel a a oder ein Ellipsoid. Der Spannungsvektor des gesamten Spannungszustands (also mit dem hydrostatischen Spannungszustand) bendet sich auf einem Zylinder um die Raumdiagonale.

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9 Crashberechnung und Insassensimulation

stische Deformation erhht, bei Belastung in die gleiche Richtung tritt dann o plastisches Flieen erst bei 2 auf. Belastet man in die andere Richtung, so unterscheidet man zwei Flle: a 1. Das plastische Flieen tritt bei 2 auf, also bei der betragsmig gleia chen Spannung wie bei der ursprnglichen Belastung, bei der plastisches u Flieen die Fliespannung erhht hat. Man nennt diesen Fall isotrope Vero festigung (engl.: isotropic hardening). Von Verfestigung spricht man, da der Werksto wegen der hheren Fliespannung fester ist. Isotrop heit o die Verfestigung, da die Fliespannung fr beide Belastungsrichtungen u grer wird.2 o 2. In diesem Fall, der sogenannten kinematischen Verfestigung (engl.: kinematic hardening, vgl. Abb. 9.5, d), tritt das plastische Flieen bei 1 auf; der Werksto verhlt sich so, als htte noch gar keine plastische Dea a formation stattgefunden. Uberschreitet die Spannung die Fliespannung 1 , so tritt plastisches Flieen auf.3

Abb. 9.5. Spannungs-Dehnungs-Diagramme fr elasto-plastisches Materialverhalu ten.

Der Bereich nach Uberschreiten der Fliespannung ist in Diagramm b) nichtlinear. In Berechnungsprogrammen geht man zum Teil auch von einem linearen Verlauf in diesem Bereich aus. Dies ist in Diagramm c) und d) gezeigt. In dem Bereich oberhalb der Fliespannung gibt es sowohl plastische als auch elastische Verformungen.2

3

Im dreidimensionalen Fall bedeutet isotrope Verfestigung, dass sich die Flieche, also der Zylinder um die Raumdiagonale im Spannungsraum, gleichmig a a in alle Richtungen senkrecht zur Raumdiagonalen vergrert. o Im dreidimensionalen Fall bedeutet eine kinematische Verfestigung, dass sich die Flieche vergrert und in eine Richtung verschiebt. a o

9.2 Elasto-Plastizitt a

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In Programmen gibt es unterschiedliche Mglichkeiten, diesen linearen Vero lauf durch Parameter zu beschreiben. Man kann zum einen den sogenannten Tangentenmodul Et (engl.: Tangent modulus) als Parameter den Programmen zur Verfgung stellen. Dieser Tangentenmodul ist die Steigung der u Spannungs-Dehnungs-Kurve nach Uberschreiten der Fliespannung (vgl. Abb. 9.5, Diagramm c). Man kann zum anderen auch die Spannungen uber dem plastischen Anteil der Verzerrung P auftragen. Auch dann ergibt sich eine Gerade, deren Steigung der plastische Modul K genannt wird (Abb. 9.6). Der Zusammenhang zwischen dem E-Modul, dem plastischen Modul K und dem Tangentenmodul Et im Spannungs-Dehnungs-Diagramm c) ist: Et = EK . E+K (9.3)

Der Tangentenmodul Et ist immer kleiner als E und als K. Bei den Bezeichnungen sollte ein Anwender aufmerksam die Bedeutung beachten, da K auch fr den Kompressionsmodul verwendet wird. u Bei der Eingabe der Parameter in CAE-Programme sollte man sich immer darber im Klaren sein, welcher Parameter (Tangentenmodul Et oder plastiu scher Modul K) eingegeben werden muss. Man nennt die Vorgabe von E-Modul E und Tangentenmodul Et einerseits oder E-Modul E und plastischem Modul K andererseits bilineares Materialgesetz. Es gibt in Programmen aber auch die Mglichkeit (wie in Abb. o 9.5, b), einen nichtlinearen Verlauf vorzugeben (z. B. durch Vorgabe von Streckenzgen). Auch hier sollte man sich uber die geforderte Eingabe im u Klaren sein: Entweder gibt man die Spannungs-Dehnungskurve fr den plau stischen Bereich fr elastische und plastische Verzerrungen ein (dies entu spricht der Angabe des Tangentenmoduls), oder man gibt den SpannungsDehnungsverlauf im Diagramm fr die plastischen Dehnungen ein (dies entu spricht der Angabe des plastischen Moduls). Erweiterungsmglichkeiten besteo

Abb. 9.6. Plastischer Modul K im Diagramm der Spannung uber der plastischen Verzerrung und Tangentenmodul Et im Diagramm der Spannung uber der gesamten Verzerrung.

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hen darin, diese nichtlinearen Kurven fr unterschiedliche Dehngeschwindigu keiten (Dehnrate, strain rate) getrennt vorzugeben. Die Spannungen hngen a dann nicht nur von den Verzerrungen sondern auch von den Verzerrungsgeschwindigkeiten ab. Diese Kurven kann man direkt numerisch durch Sttzstelu

Abb. 9.7. Spannungs-Dehnungskurven fr unterschiedliche Dehnraten . u

len denieren. In Abb. 9.7 sind fr unterschiedliche Dehnraten die Spannungsu Dehnungs-Kurven dargestellt. In der Abb. beginnen alle Spannungen bei der Fliespannung und sind aufgetragen uber der plastischen Dehnung. Neben der Angabe der Kurven (meist durch Streckenzge, die durch Werteu o u paare (i , P i ) deniert werden), gibt es auch die Mglichkeit, Streckenzge durch Angabe von Paaren (i , Eti ) festzulegen (vgl. Abb. 9.8). Es gibt aber

Abb. 9.8. Spannungs-Dehnungskurven deniert durch Wertepaare (i , Eti ).

auch analytische Gesetze, die diese dehnratenabhngigen Werkstogesetze era fassen. Zwei sind in den folgenden Gleichungen aufgefhrt: u1 p

Cowper-Symonds: (, ) = 0 () 1 +

D

,

(9.4)

9.2 Elasto-Plastizitt a

149

Johnson-Cook: (, ) = 0 () 1 +

1 ln max p

,1 D

. (9.5)

Neben herkmmlichen Materialien wie Stahl oder Aluminium kommen in o Fahrzeugen auch viele andere Materialien zum Einsatz. So nden unterschiedliche Kunststoe ihre Verwendung, ebenso spielen Schume sowohl aus mea tallischen als auch anderen Werkstoen eine wichtige Rolle im Fahrzeug. Auch wenn die Energieaufnahme dieser Werkstoe keine wesentlichen Anteile bei der Gesamtenergieaufnahme ausmachen (mit Ausnahme von gezielt eingesetzten Metallschumen), so spielt deren richtige Vorhersage dennoch eine a wichtige Rolle. Man setzt z. B. Kunststoe und Schume gezielt im Vorderwagen ein, um den a Fugngerschutz zu gewhrleisten. Schume spielen auch bei der Vorhersage a a a der Insassenkinematik eine entscheidende Rolle bei der Verwendung im Sitz. In Abb. 9.9 ist der prinzipielle Kraft-Deformations-Verlauf bei einem irreversibel belasteten Schaummaterial zu erkennen. Die Kraft-Verformungs-Kennlinie beginnt mit einem steil ansteigenden, elastischen Bereich, daran schliet sich ein fast plateaufrmiger Bereich an, der durch einen steilen Anstieg der Kraft o (Kompaktierungsbereich) beendet wird. Bei dem fast plateaufrmigen, wenig o ansteigenden Bereich handelt es sich um einen Vorgang, bei dem das Schaumgitter zerbricht. In der Kompaktierungsphase sind nahezu alle Zwischenrume a des Materials durch plastische Deformationen verbraucht, so dass lediglich ein Zusammendrcken des Grundmaterials ubrig bleibt. Dieser prinzipielle u Verlauf lsst sich sowohl bei Schumen, deren Grundmaterial aus Metallen a a besteht, als auch bei solchen, deren Grundmaterial aus Kunststo besteht, beobachten. In Abb. 9.10 ist das Kraft-Deformations-Verhalten eines Schaum-

Abb. 9.9. Prinzipieller Verlauf von Spannungs-Dehnungskurven fr Schaumu Materialien.

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9 Crashberechnung und Insassensimulation

blocks aus Aluminium zu erkennen. Deutlich sind hier die drei Bereiche des Deformationsverhaltens erkennbar. Schwierig bei der Beschreibung des Materialverhaltens von Schumen ist die Tatsache, dass bei der Kompression von a Schumen dieser das typische Kompaktierungsverhalten aufweist, bei einem a reinen Scheren eines Schaumwerkstos jedoch nicht (vgl. Abb. 9.10). Ahnli-

Abb. 9.10. Zug-, Scher- und Kompressionstest eines Aluminiumschaums (nach: Alporas-Produktblatt, Gleich GmbH, Kaltenkirchen).

ches Verhalten ndet man bei Honeycomb-Materialien, die z. B. in Frontalcrashbarrieren eingesetzt werden. Um eine hohe Vorhersagegte der Crashbeu rechnung zu erreichen, wurden im Laufe der Weiterentwicklung von Crashprogrammen viele Materialbeschreibungen entwickelt, um z. T. sehr spezielle Materialien (z. B. [37]) erfassen zu knnen. Da die Honeycomb-Materialien o fr den Frontal- und auch fr den Seitencrash eine entscheidende Rolle bei u u der Vorhersagegte spielen, werden hier eigene Materialgesetze bereitgestellt. u

9.3 Kontaktalgorithmen

151

9.3 KontaktalgorithmenEine wichtige Rolle in der Crashberechnung spielen Kontakte zwischen einerseits unterschiedlichen Bauteilen und andererseits einem Bauteil mit sich selbst, falls sich dieses stark deformiert. Diese Kontakte stellen kinematisch einseitige Bindungen dar, wenn man sich vorstellt, dass sich die Kontaktpartner (z. B. Blechteile) bei Auftreten eines Kontakts nicht deformieren knnen. o In der Realitt werden sich die Kontaktpartner aber deformieren, und die a Kontaktkrfte knnen mit Hilfe eines Kraft-Verformungsgesetzes erfat wera o den4 . Anschaulich kann man sich ein solches Kontaktgesetz durch eine kleine Feder zwischen den sich berhrenden Krpern verdeutlichen (vgl. Abb. 9.11). u o In Finite-Elemente-Programmen gibt es eine groe Vielzahl von Mglichkeio

Abb. 9.11. a) Zwei sich berhrende Krper, b) Kontaktsteigkeit, c) Master-Slaveu o Kontakt, d) Selbstkontakt.

4

Der idealisierte Fall einer Kugel (Radius r1 , E-Modul E, Querkontraktionszahl ), a die gegen eine zweite Kugel (Radius r2 , Elastizittskonstanten wie die erste Kugel) mit einer Kraft F gedrckt wird, ist in der Hertzschen Kontakttheorie beschrieben. u Fr die Annherung w0 der Kugelmittelpunkte relativ zu der Lage, in der sich u a die Kugeln gerade ohne eine Kontaktkraft berhren, gilt (mit 1/r = 1/r1 + 1/r2 ): u w0 =3

2, 25(1 2 )2 F 2 . E2r

(9.6)

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9 Crashberechnung und Insassensimulation

ten, diese Kontaktkrfte zu berechnen. Eine Mglichkeit ist in Abb. 9.11 c) fr a o u einen zweidimensionalen Fall skizziert. Hier sind die Mittellinien der beiden Krper durch jeweils ein Finite-Elemente-Netz dargestellt. Ein Netz wird als o das sogenannte Slave-Netz deniert, das andere als Master-Netz. Zur Berechnung der Kontaktkrfte bestimmt man den Abstand s der Slave-Knoten von a den Master-Segmenten. Auf den Slave-Knoten K1 wirkt dann eine Kraft F (fr dieses Beispiel sei das Kraftgesetz linear): u F = ks (s0 s) fr s0 s > 0 . u (9.7)

Die Gre s0 wird Kontaktdicke genannt. Die Kraft F wird anteilig auf die o Knoten des Master-Segmentes aufgeteilt; auf dessen Knoten wirken die Krfte a F1 und F2 , deren Summe F ergibt: F = F1 + F 2 . (9.8)

Mit dem Knoten K2 wird analog verfahren. Der Abstand der Slave-Knoten und der Master-Segmente entspricht ungefhr der Durchdringung der beiden a Krper. Man nennt diese Art der Kontaktkraftberechnung Penalty-Methode. o Sind Bauteile sehr groen Deformationen unterworfen, so kann es vorkommen, dass sich ein Bauteil selber berhrt (Abb. 9.11 d). In diesen Fllen u a kommen spezielle Kontaktalgorithmen zum Einsatz, bei denen alle Knoten Slave-Knoten und alle Elemente Master-Segmente sind. Die Kontaktalgorithmen, die diese Kontaktberechnung durchfhren, sind rechenzeitintensiver als u die einfachen Master-Slave-Kontakte. Anmerkung 9.1. Modikationen der Kontaktalgorithmen erreicht man z. B. durch nichtlineare Kraft-Verformungsgesetze, z. B. : F = kS (s0 s)2 . (9.9)

Da man bei einem komplexen Vorgang wie einem Fahrzeugcrash nicht von vornherein wei, welche Bleche und welche Bereiche miteinander in Kontakt treten knnten, muss man groe Teile eines Fahrzeuges (beim o Frontalcrash z. B. den gesamten Vorderwagen bis zur Spritzwand oder sogar bis zu den Sitzen) dahingehend durch einen Algorithmus abprfen, u ob Kontakte auftreten. Streng genommen msste man daher den Abstand u eines jeden Knotens gegen jedes Element abprfen, was bei 500000 Knou ten und Elementen eine Zahl von 25 1010 Abstandsberechnungen ergeben wrde. Moderne Algorithmen zeichnen sich dadurch aus, dass diese Zahl u deutlich unterschritten wird, dennoch bentigen die Kontaktalgorithmen o in der Crashberechnung einen betrchtlichen Zeitanteil der Rechnerresa sourcen.

9.4 Weitere Aspekte

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In der Crashberechnung werden die partiellen Dierentialgleichungen durch Finite-Elemente-Diskretisierungen in gewhnliche Dierentialgleichungen o uberfhrt. Diese gewhnlichen Dierentialgleichungen werden durch sehr u o einfache Einschrittverfahren gelst, das heit, dass die Kontaktalgoritho men lediglich an bestimmten, diskreten Zeitpunkten die Abstnde berecha nen und die Kontaktkrfte lediglich dann auf die Knoten wirken, wenn ein a bestimmter Abstand (z. B. die doppelte Blechdicke) unterschritten wird. Es gibt Flle, bei denen sich die Slave-Knoten so schnell bewegen, dass a sie sich bei einer Abstandsberechnung auf der einen Seite und bei der nchsten Abstandsberechnung auf der anderen Seite der Mastersegmena te benden. Dies ist in Abb. 9.12 dargestellt. Gezeigt sind zwei FiniteElemente-Netze zu den Zeitpunkten ti , i = 1, . . . , 4. In diesem Fall bewegen sich die Slave-Knoten so schnell, dass der Kontaktalgorithmus keine Krfte auf die Knoten aufbringt und sich die Krper auf diese Weise una o gehindert durchdringen knnen. Der Kontaktalgorithmus versagt also bei o zu groen Geschwindigkeiten. Man kann diesem Versagen durch eine Vero kleinerung der Zeitschritte ti = ti+1 ti oder durch eine Vergrerung der Kontaktdicke s0 in (9.7) entgegenwirken. Der in Abb. 9.11 zweidimensional dargestellte Fall ist auf drei Dimensionen ubertragbar, wenn ein Knoten auf ein Finites Element in dessen Inneren trit (Node-Segment). Im Dreidimensionalen gibt es allerdings noch Spezialflle, die in Abb. 9.13 wiedergegeben sind. Es kann der Fall auftreten, a dass ein Knoten direkt auf eine Ecke trit (Node-Edge) oder dass zwei Ecken aufeinander treen (Edge-Edge). Auch diese Flle mssen durch a u die Kontaktalgorithmen bercksichtigt werden. u

9.4 Weitere AspekteIn diesem Abschnitt werden einige weitere Aspekte der Crashberechnung dargestellt. Im ersten Unterabschnitt wird auf Hourglass-Moden eingegangen. Der zweite Unterabschnitt beschftigt sich mit den Zeitschrittgren zur Diskretia o sierung der gewhnlichen Dierentialgleichungen. Im dritten Unterabschnitt o wird auf weitere Aspekte der Crashberechnung eingegangen. 9.4.1 Hourglass-Moden Die Anzahl der Elemente und Knoten heutiger Crashmodelle liegt in der Grenordnung von einer bis zwei Millionen. Um Rechenzeit einzusparen, weno det man eine Vielzahl von Tricks an, bei denen physikalisch oder mathematisch vorgegebene Restriktionen zum Teil verletzt werden. Daraus knnen unsinnio ge Ergebnisse resultieren, die der Berechnungsingenieur erkennen muss. Um zum Beispiel die Energie einer Struktur, die durch ein Finite-ElementeNetz in einem Modell bercksichtigt wird, berechnen zu knnen, muss man u o

154

9 Crashberechnung und Insassensimulation

Abb. 9.12. Durchdringungen bei groen Relativgeschwindigkeiten von FiniteElemente-Netzen.

Abb. 9.13. Node-Segment-Kontakt, Node-Edge-Kontakt, Edge-Edge-Kontakt.

9.4 Weitere Aspekte

155

uber dieses gesamte Finite-Elemente-Netz integrieren. Zur Einsparung von Rechenzeit bei der Integration, wertet man die Verformung eines Elementes nur in dessen Mitte aus (verwendet also nur einen Integrationspunkt pro Element). Man nennt dies reduzierte Integration. In Abb. 9.14 ist dies exem-

Abb. 9.14. Reduzierte Integration und Hourglass-Moden.

plarisch an einem zweidimensionalen Netz gezeigt (vgl. auch Abb. 8.3). Durch diese sogenannte reduzierte Integration kann es vorkommen, dass zwar die Struktur deformiert ist (bei der Integration msste also Verformungsenergie u errechnet werden), aber die Integration keine Verformungsenergie ergibt. Betrachtet man die Struktur im linken Teil von Abb. 9.14, so erkennt man die Knoten und die Integrationspunkte. Dies sei die nicht deformierte Struktur. Die deformierte Struktur ist hellgrau im rechten Teil von Abb. 9.14 zu erkennen. Es wird eine deutliche Deformation sichtbar. Der Integrationsalgorithmus errechnet allerdings wieder wie bei der nichtdeformierten Struktur eine verschwindende Verformungsenergie. Man nennt diese Verformungen, die keinen Beitrag zur Energie liefern, Hourglass-Moden. Da der Entstehung dieser Hourglass-Moden keine Krfte entgea genwirken, mssen Korrekturalgorithmen eingesetzt werden, die der Entsteu hung entgegenwirken. Diese wiederum bringen Energie in das Gesamtsystem. Diese Energie muss durch den Nutzer eines Programms kontrolliert werden. Falls diese Energie zu gro ist, muss das Ergebnis einer Berechnung als unbrauchbar verworfen werden. 9.4.2 Zeitschritt Die gewhnlichen Dierentialgleichungen, die in der Crashberechnung nach o Durchfhren der rumlichen Diskretisierung vorliegen, werden mit einem im u a Wesentlichen konstanten Zeitschritt mit Hilfe eines sehr einfachen Einschrittverfahrens gelst. Die Gre des Zeitschritts wird nicht durch mathematisch o o begrndete Zeitschrittsteuerungen angepasst, sondern durch physikalisch mou tivierte Berechnungen. Um eine gewisse Stabilitt der Zeitschrittintegration zu gewhrleisten, bea a trachtet man die Zeit, die eine Welle durch das kleinste Finite-Element bentigt. Die Wellenausbreitungsgeschwindigkeit ist o

156

9 Crashberechnung und Insassensimulation

v=

E .

(9.10)

Die krzeste Seite eines Finiten Elements sei min . Folglich sollte der Zeitu schritt t fr die Integration unterhalb der Zeit liegen, die eine Welle durch u dieses kleinste Finite Element bentigt: o t