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1. Vorlesung Organisatorisches www.univie.ac.at/an/lv/crash / nedoma crash! Prüfungen: Do, 29.1.09, 5.3.09 schriftlich Stattskriptum zu Semesterende Inhalt der Vorlesung Ein Zeitraum von 1500 Jahren wird abgedeckt. Gliederung: 1. Urgermanisch 2. Urnordisch 3. Gotisch 4. Altenglisch 5. Althochdeutsch 6. Altsächsisch 7. Altnordisch und Altisländisch 8. Altfriesisch Bemerkungen: Die Chronologie bedingt, dass näher verwandtes auseinander gerissen wird (Urnordisch- Altnordisch, Altenglisch-Altfriesisch) Es wird nur die älteste Stufe einer Sprache durchgenommen. In dieser Übersicht fehlt das Altsächsische und das Altfränkische- aus Zeitgründen. Innerhalb der Abschnitte herrscht eine gewisse Ordnung: 1. Historischer Hintergrund 2. Sprache: Lautsystem (Phonologie), Zeichensystem (Morphologie) 3.Literatur, tw. mit der Schrift, größtenteils aber Art und Umfang der Texte, Textsorten 4. Kulturelles Umfeld der überlieferten Texte Was heißt Kultur? Der Begriff kommt aus dem 17. Jhdt. vom Wort cultura, f. Colere (Verb) heißt: arbeiten, bebauen, pflege. 2. Bedeutung: Ausbildung und Veredelung, 3. Bedeutung: Verehrung (cultus). Im heutigen Sprachgebrauch bedeutet es auch pflegen, bebauen (Landwirtschaft), aber auch geistige Vervollkommnung und die Produkte dieser künstlerischen Arbeit. Kultur bedeutet auch die vom Menschen veränderte Natur, der Way of Life einer bestimmten Bevölkerungsgruppe. Uns sind heute nur die materiellen Hinterlassenschaften von Kulturen zugänglich (objektive Kultur). 1. Urgermanisch Urgermanisch ist eine fast ausschließlich rekonstruierte Sprache, es gibt keine überlieferten Quellen. Über die germanische Lebenswelt gibt es mehr Infos, weil die antike Lateinische Welt Auskunft gibt. Weitere Infos beziehen wir aus Bodenfunden und Ausgrabungen. Je nach Sichtweise gibt es verschiedene Germanenbegriffe. Crashkurs der altgermanischen Sprachen, Kulturen... VO Nedoma WS 2008/09 Vom Vortragenden nicht eingesehen! Keine Gewähr auf Korrektheit!

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1. Vorlesung

Organisatorischeswww.univie.ac.at/an/lv/crash/nedomacrash!

Prüfungen: Do, 29.1.09, 5.3.09 schriftlichStattskriptum zu Semesterende

Inhalt der VorlesungEin Zeitraum von 1500 Jahren wird abgedeckt.Gliederung:1. Urgermanisch2. Urnordisch 3. Gotisch4. Altenglisch5. Althochdeutsch6. Altsächsisch 7. Altnordisch und Altisländisch8. Altfriesisch

Bemerkungen:Die Chronologie bedingt, dass näher verwandtes auseinander gerissen wird (Urnordisch-Altnordisch, Altenglisch-Altfriesisch)Es wird nur die älteste Stufe einer Sprache durchgenommen.In dieser Übersicht fehlt das Altsächsische und das Altfränkische- aus Zeitgründen.

Innerhalb der Abschnitte herrscht eine gewisse Ordnung:1. Historischer Hintergrund2. Sprache: Lautsystem (Phonologie), Zeichensystem (Morphologie)3. Literatur, tw. mit der Schrift, größtenteils aber Art und Umfang der Texte, Textsorten4. Kulturelles Umfeld der überlieferten Texte

Was heißt Kultur?Der Begriff kommt aus dem 17. Jhdt. vom Wort cultura, f. Colere (Verb) heißt: arbeiten, bebauen, pflege. 2. Bedeutung: Ausbildung und Veredelung, 3. Bedeutung: Verehrung (cultus).Im heutigen Sprachgebrauch bedeutet es auch pflegen, bebauen (Landwirtschaft), aber auch geistige Vervollkommnung und die Produkte dieser künstlerischen Arbeit. Kultur bedeutet auch die vom Menschen veränderte Natur, der Way of Life einer bestimmten Bevölkerungsgruppe.Uns sind heute nur die materiellen Hinterlassenschaften von Kulturen zugänglich (objektive Kultur).

1. UrgermanischUrgermanisch ist eine fast ausschließlich rekonstruierte Sprache, es gibt keine überlieferten Quellen. Über die germanische Lebenswelt gibt es mehr Infos, weil die antike Lateinische Welt Auskunft gibt. Weitere Infos beziehen wir aus Bodenfunden und Ausgrabungen. Je nach Sichtweise gibt es verschiedene Germanenbegriffe.

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1.1. Historischer HintergrundDer Name „Germanen“ taucht zunächst und für Jhdt. exklusiv in der antiken lat. und griech. Literatur auf. Die von Römern bezeichneten „Germani,-oi“ haben sich selber nicht als Germanen bezeichnet. Die Germanenvölker sahen sich isoliert und eigenständig. Schriften von außen wurden immer aus einem Blickwinkel verfasst, dementsprechend scharf oder unscharf wurde der Begriff Germanen gefasst.Woher kommt der Begriff Germanen?Sehr kontrovers in der Wissenschaft! Es kann nicht geklärt werden, aus welcher Sprache das Wort „Germanen“ kommt. Von den Germanen selber ist der Begriff nicht eingeführt, die Lateiner und Kelten kommen auch nicht in Frage.Eine Möglichkeit, die wahrscheinlich ist, lautet: Lateinische Übersetzung eines germanischen Namens: germanus- leiblich echt, oder Bruder, Schwester. Die Germani wären also die Wahren, die Echten (Menschen). Urgerm. *Swēbōz, die leiblich Freien, so sollen sich die Germanen selber bezeichnet haben. Svebi taucht in der Literatur immer wieder auf und steht für die Schwaben.Sicher überliefert ist der Germanenname zuerst bei Cäsar, MB1/1, etwa M. 1. Jhdt. v. Chr.Cäsar bezeichnet den Rhein als wichtige Grenze zwischen Kelten und Germanen, tatsächlich waren dies und jenseits des Rheins sowohl Kelten als auch Germanen ansässig waren. Nach Cäsars Erfindung des Namens Germanen, taucht der Begriff immer wieder für das barbarische, unzivilisierte Volk auf, das sich von den Kelten durch Recht, Religion und Sprache markant unterschieden hat. Die Einsicht, dass Kelten und Germanen sich unterscheiden, musste von den Hochkulturen erst eingesehen und erlernt werden. Fremde Kulturen wurden in einen Topf geworfen und zeugt von Ignoranz. Möglich ist, dass es neben Kelten und Germanen noch weitere Völkergruppen gegeben hat, die aber nicht bekannt sind, eben weil sie mit den Kelten in einen Topf geworfen wurden.Die antike Ethnografie beginnt sich erst nach Cäsar mit Menschen zu beschäftigen, die größer und blonder als die Römer selbst sind. Von wissenschaftlichen Studien kann keine Rede sein.Die ersten germanischen Völker die uns in den Quellen entgegentreten, tauchen in der griech. Hemisphäre auf und heißen Skiren und Bastarnen. Die früheste sichere und genau datierbare Bezeugung von Germanen und germanischen Sprachen ist die Protogenes Schrift aus den Jahren 230 v. Chr., MB2/3: Hier wird von einem Volk berichtet, dass mit einem Angriff droht. Eine Völkerschaft wird Skiren (die Reinen) genannt. In andern Überlieferungen sind die Bastarnen (die Bastarde, die Vermischten) ab dem frühen 2. Jhdt. v. Chr. genannt.Im Bereich der röm. Zivilisation sind die Kimbern und die Teutonen bekannt. Ende 2. Jhdt. v. Chr. haben es einige bis in die Po-Ebene geschafft. MB2/4: Cicero berichtet von drohenden Angriffen. Bei Cicero herrschen noch die ethnologischen Verhältnisse vor Cäsar (alle sind Gallier), Cäsar differenziert dann später schon (Kimbern, Teutonen etc).Im 1. Jhdt n. Chr. beschäftigte sich Tacitus speziell mit den Germanien in der „Germania“. Ab 100 tauchen mehr und mehr germanische Personen- und Ortsnamen auf. Dennoch ist die externe Überlieferung leider oft ungenau oder falsch.

Bis zum Beginn der Völkerwanderungszeit haben die Römer auch versucht in Germanien Fuß zu fassen. 9 n. Chr. kam es zum Kampf im Teutoburger Wald: Arminius, ein Cherusci, siegt gegen 3 röm. Legionen. Daraufhin wurde der Limes errichtet. Die Römer waren in der starken aber abwartenden Position. Im 2. Jhdt. n. Chr. haben die Marcomannen (Kern: Böhmen, Nachbarn der Römer) den Römern Kopfzerbrechen bereitet.Die röm. Historiografie hat mit einem territorialem bzw. geografischen Begriff von Germania gearbeitet- alle die in dem Bereich gewohnt haben, waren Germanen.

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2. Vorlesung

Unter den cäsarischen Germanenbegriff würde auch Süddeutschland fallen. Wir wissen aber, dass dort zu Cäsars Zeit Völker lebten, die der späten Lateinkultur zuzuordnen sind, Kelten also. Außerdem sind für die Römer die schwierigen Verhältnisse in Osteuropa relativ undurchsichtig geblieben. Einige Völker die vom Schwarzen Meer zu den Karpaten gezogen sind hätten laut Römer auch Germanen sein müssen, weil sie danach ausgeschaut haben. Die Römer sind diesen Völkerschaften am Ende des 3. Jhdt dann begegnet. Die griechische Überlieferung war von der cäsarischen Definition des Germanischen unbeeinflusst. In Griechenland hat man die längste Zeit nur zwischen den Kelten im Südosten und den Skythen im Nordosten unterschieden.

1.2. SpracheNehmen wir noch mal die Namen Cimbern und Teutonen her: MB 3/6Die Cimber und die Teutonen sind überliefert in einem mittelalterlichen dänischen Text.Der nicht spezifische germanische Lautstand von Cimbri und Teutones ist durch Lautsubstitution zu erklären und durch die Landschaftsnamen. Fremde Laute werden durch ähnliche Laute der höheren Sprache ersetzt, z.B. engl. -th- (ð) . Kann man es nicht aussprechen, ersetzt man es durch einen ähnlichen Reibelaut, der an einer ähnlichen Stelle gebildet wird, z.B. durch „d“. Wird der Reibelaut beibehalten, verändert sich nur die Stelle der Bildung wird ð zu „f“. Auch kann ein „s“ daraus werden (brother als Beispiel).Die Kelten und Römer hatten nicht die gleichen Laute wir die Germanen. Also hat man sie ersetzt und zwar durch die Verschlusslaute „k“ und „t“.Die ursprünglichen Völkernamen wurden ebenso verändert. Chimbri- Kimbern, Theutones-Teutonen.

MB 3/7: 1811 hat man in Zenjak-Negau 26 Helme der gleichen Machart gefunden. Angelegt ist dieses Depot wohl im 2. Jhdt. vor Chr. worden. Die Helme haben unterschiedliches Alter. Helm B stammt vermutlich aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert, der Text darauf wurde wahrscheinlich erst später nachgetragen. Auf der Krempe und hinten befinden sich paraschriftliche, nicht zu erklärende Zeichen. Auch innen im Helm finden sich solche Zeichen. Die transliterierte Inschrift ist aus einem altitalischen Alphabet. Die Veneter hat ein eigenes, das vom etruskischen Alphabet abstammt. Die Veneter und ihre Kultur sind im Laufe des 1. Jhdts von den Römern assimiliert worden.Was steht nun auf so einem Helm? Es handelt sich um eine Besitzerinschrift. Die Inschrift besteht aus 2 Segmenten, nämlich Harigasti (Kasus nicht erklärbar) und Teiwae (Nom.).Es wird sich vermutlich um einen germanischen Söldner handeln. Im 4. v. Chr. Jhdt. gab es eine permanente Bedrohung durch die reichen norditalischen Städte. Der Söldner wird wohl in die Kämpfe involviert gewesen sein.

Woran erkennt man, ob ein Name germanisch ist oder nicht?1. Äußeres Kriterium: Lautstand eines Namens. Ist die 1. Lautverschiebung durchgeführt

worden oder nicht? Charakteristische Laute sind f,ð,χ. Beim Helm haben wir das anlautende H.

2. Inneres Kriterium: Etymologie (Herkunft der Wörter). Die Bestandteile der Namen müssen mit bekannten aus den späteren altgerm. Sprachmaterial verbunden und aus diesem erklärt werden können, sie müssen weiters einen Sinn ergeben. Bei den Teutonen passte das gut: Volk, Angehörige eines Volkes. Beim Helm B von Negau ist es der Fall, dass die Bestandteile einwandfrei mit späterem Sprachmaterial verbunden werden können und einen Sinn ergeben: Harigasti- hari= Heer, gasti= Gast; Teiwae-

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Göttername Tyr. Der Helm ist also nur im germanische zu deuten, in keiner anderen Sprache sonst.

3. Sachliche Zusatzinformationen aus literarischen Verbindungen, oder durch die Lokalisierung eines Ortsnamens. Auch Ort und Zeit der Inschrift können Aufschluss geben. Das alles sind aber nicht unbedingt 100%ige Beweise. Bsp. MB 3/8: „König der Suebi“ Ariovistus (keltischer Name, doch von seinem Umfeld her ist er germanisch!). Es ist auch in alter Zeit möglich gewesen, dass ein keltischer Name mehr Prestige hatte, als ein germanischer. Umgekehrt haben wir aber auch einen Falle: Ein Name auf Silbermünzen, die im heutigen Böhmen gefunden wurden. Einer dieser Boia-Könige, der Münzherr, erscheint auf den Münzen als Fariarix (durch Lautstand als germanisch ausgewiesen, bedeutet „Fährmann“), jedoch sind die „Boii“ eigentlich Kelten.

Gliederung des GermanischenMan kann vereinfacht sagen, dass Germanische lässt sich genealogisch in Nord-, West- und Ostgermanisch teilen (MB 5/11). Leider ist eine solche didaktisch praktische Einteilung auch ist, so trifft sie leider kaum die sprachliche Wirklichkeit. Sprachen sind nicht nur ähnlich, weil sie in einem Stemma nebeneinander stehen, sondern weil der Kontakt zwischen den Sprechen länger war und es dadurch zu Ähnlichkeiten gekommen ist. Problematisch ist das in der Grafik bei Altdeutsch. Was die Ausgliederung einzelner Sprachzweige betrifft, verdient folgendes Schema den Vorzug: Die Dialekte einer Sprache bilden bei natürlicher Ausbreitung ein Kontinuum. Man darf hier nicht von den kodifizierten Hochsprachen ausgehen, da diese durch Schulbildung und Massenmedien verbreitet werden. Wir müssen von den Dialekten ausgehen: Diese Bilden eine Art Kette, siehe MB 4/9. Die Sprecher einer Sprache müssten die Sprecher des nächsten „Kettengliedes“ verstehen können. Sprecher von den Enden der „Kette“ verstehen sich deshalb nicht mehr (Prinzip: Abnehmende Verständlichkeit mit zunehmender Entfernung). (Bemerkung: Unsere Definition von Germanisch durch Lautverschiebung ist eine Abstraktion. Identitätsbildend werden die Lautverschiebungen nicht gewesen sein, weil nicht von heute auf morgen anders gesprochen wurde.)Die dialektale Gliederung ist zunächst unauffällig. Wenn in so ein abgeschlossenes Dialektkontinuum ein sich bewegender Faktor hineinkommt, dann wird das ganz interessant. Dieser Faktor ist die Bewegung zum Schwarzen Meer hin im 2. Jhdt. durch die Goten, Vandalen und Burgunder. Durch die Distanz der Gruppen konnten sie sich nicht mehr Verstehen (die Dialektverbände konnten sich nicht mehr austauschen. Wir haben ab dieser Zeit ein verbleibendes Germanisch (in Skandinavien) und im Südosten das Ostgermanische.

1.3. Literatur fällt aus, weil es keine Quellen gibt

1.4. Kultur- Materieller NiederschlagWann und wo ist das germanische als Sprache und individuelle Kultur entstanden?Die antike Literatur kann zu dieser Verortung nichts beitragen, ebenso die historisch vergleichende Sprachwissenschaft. Wir müssen uns der Archäologie bedienen. In den Überblickswerken heißt es, dass die Glotogenese (Sprachschöpfung: Fürs Germanische= 1. Lautverschiebung) im 5. Jhdt. v. Chr. stattgefunden hat.Gustav Schwantes sagt: Das Entstehen der Germanen ist mit der Jastorf-Kultur in Verbindung zu bringen (MB 5/12). Diese Kultur ist im Bereich der unteren und mittleren Elbe entstanden und hat sich weiter in den Norden Deutschlands erstreckt. Der Beginn der Jastorf-Kultur ist dem Übergang von Bronze zu Eisenzeit zuzuordnen, also 5. vorchristliches Jahrhundert. Eigentlich fehlt aber ein einheitliches Gesamtgepräge dieser

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Kultur. Innerhalb der Kultur herrschen regionale Unterschiede in speziellen Riten und Sitten. Die Jastorf Kultur ist keine scharf umrissene Kulturprovinz. Innerhalb der Jastorf-Theorie bleibt auch die Rolle Skandinaviens unklar. Aufgrund des Entstehungsortes um die Elbe, müsste man annehmen, dass Skandinavien nur sekundär damit im Zusammenhang steht.Auch die Methodik, Bodenfunde mit Völkergruppen in Zusammenhang zu bringen und eventuelle Beweislücken zu füllen, ist nicht ganz schlüssig.In der kontinentalen archäologischen Forschung hat man auch eine Jastorf-Kultur auf Jütland kartiert (das wäre ein sehr großer Bereich). In der dänischen Forschung sieht das ganz anders aus: Man rechnet mit einem geschlossenem Kulturraum, einer nordischen Gruppe. Die Unterscheidung von verschiedenen Ethnien ist schwer, weil diese vielleichte Gleichheiten oder Ähnlichkeiten aufweisen.Entweder hat die Jastorf- Kultur um die Elbe bis nach Jütland gesiedelt, daraus wurden die Germanen. Oder: Die Jastorf- Kultur war im geschlossenen nordischen Bereich vertreten. Die Theorien schließen sich somit gegenseitig aus.Die notwendige Konsequenz daraus: Die 1. Lautverschiebung auf die Zeit um 500 zu datieren, ist somit zu überdenken. Die kanonische Festlegung auf um 500, beruht auf der Theorie der Jastorf-Kultur. Ist die Annahme der Jastorf-Kultur als Vorgänger der Germanen nicht richtig, so ist auch die Datierung der Lautverschiebung falsch. Die erste schriftliche Quelle der Lautverschiebung stammt vom Helm B, siehe oben, aus dem 2. Jhdt. v. Chr.

3. Vorlesung

Letzte Stunde: GermanischPhänomen der LautsubstitutionDialektkontinuum, Bruch des Dialektkontinuums im 1./2. Jhdt. Im 2. Jhdt gibts Ostgermanisch, West-und NordgermanischJastorfkultur im 5. Jhdt., unscharf konturiert1. Lautverschiebung um 500, frühester Beleg: Venetische Inschrift vom Helm von Negau.

Faktoren, die (nicht) identitätsstiftend gewesen sind:

Die Sprache und die materielle Kultur sind es wohl nicht gewesen. Den betroffenen der Lautverschiebung ist die Veränderung der Lautverschiebung nicht aufgefallen. Die materielle Kultur der Jastorfkultur ist zu unspezifisch gewesen.

Vermeintliche rassische Merkmale sind es bestimmt auch nicht gewesen. Auch die äußere Erscheinung (blond, blauäugig) dürfte nicht exklusiv germanisch gewesen sein.

Die politische Organisation in einem Regnum in der später Völkerwanderungszeit kann es auch nur zum Teil gewesen sein, denn solche politischen Einheiten decken sich auch heute noch kaum mit einer einheitlichen Kultur oder Sprache der Bevölkerung. Aus der zeitlichen Distanz der Überlieferung gibt es Vermischungen von Selbst- und Fremdbezeichnungen der einzelnen Völker, wie zum Beispiel Skiren, Bastarnen etc.

Schlussfolgerung: Es wird wohl das Zusammengehörigkeitsgefühl gewesen sein, ein subjektiver Faktor also, über den sich eine ethnische Gruppe im germanischen Altertum definiert hat.Ausdruck dieses Zusammengehörigkeitsbewusstseins können eine gemeinsame Gesellschaftsordnung, eine gemeinsame Symbolsprache und eine Wahrnehmung und

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Benennung von Nachbarvölkern sein. In weiterer Folge können es auch sprachliche und religiöse Differenzen sein.Was wir als Jastorfianer bezeichnen können, das passt nicht zu dem Faktor Zugehörigkeitsbewusstsein. Nach so langer Zeit kann man also über die Jastorfkultur als „die Germanen“ nichts präzises sagen.

Besprechung der Bibliografie

2.Urnordisch

2.1. Historischer HintergrundWas das alte Skandinavien betrifft sind wir noch schlechter dran, als mit Zentralgermanien bis zum Beginn der Völkerwanderungszeit (spätes 4. Jhdt.). Dieses Negativfaktum wächst mit der Distanz zu den Schift- und Hochkulturen im Mittelmeerraum. Für die römischen und griechischen Historiker war Skandinavien viel weiter weg als das transrheinische Skandinavien. Skandinavien war sozusagen am Rande der Welt und darüber wusste man nicht viel zu berichten. Eine richtige Geschichte mit Ereignissen, Kämpfen und Jahreszahlen ist aufgrund der fehlenden historischen Berichte nicht möglich.

Fiktionaler Text „Die unglaublichen Dinge jenseits von Thule“ aus dem 1./2. Jhdt. nach Chr., in Griechenland verfasst: Der Autor Antonios Diogenes ist uns sonst völlig unbekannt. Der Text ist ein Liebesroman nach damaligen Zeitgeschmack. Die Werkstruktur ist sehr komplex und verworren. Der Text selber ist uns nicht überliefert, wir wissen nur davon, weil viel später, im 9. Jhdt., der Patriarch von Konstantinopel sich eine Literatursammlung zulegen wollte. Er hat über 200 Texte gesammelt und in dem Werk Bibliothek zusammengefasst. Wichtig ist, dass die literaturgeschichtlichen Angaben ziemlich zuverlässig sind. Der Text spielt also in Thule. Ein Eingeborener namens Þruskanos hat eine Affaire mit der Protagonistin, die es nach Norden verschlagen hat. Als Vorlage für die Namen diente wohl ein Reisebericht aus dem 1. Jhdt. In solchen Entdeckungsreisen, bei denen ein Nordgermane einem Forscher als Führer gedient hat, wurden die nordischen Namen genannt. Der Name Þruskanos ist einwandfrei etymologisch aus dem Germanischen zu deuten. Auch das Þ ist realisiert. Hergeleitet ist es vom Adjektiv „stark“, der Starke also. Thule ist eine Insel, über die es schon vor der Antike Kenntnis gab. Aus dem 4. Jhdt. vor Chr. gibt es einen griechischen Reisebericht von Pytheas von Massallia MB 7/15: „Thule ist die nördlichste Insel.“ Auch Plinius schreibt über das „letzte Thule“, die äußerste Grenze der bewohnbaren Welt gewissermaßen. Diese ethnografischen Angaben des Pytheas wurden im späteren antiken Schrifttum angezweifelt, wodurch die zutreffenden Berichte und wertvollen Erkenntnisse in Vergessenheit geraten sind. Keine einzige Handschrift des Reiseberichtes ist erhalten, es gibt nur Zitate und Referenzen aus zweiter Hand. Das Beispiel zeigt, dass die Menschen auch in frühesten Zeiten mobil waren.

MB 7/16: Iordanesʻ GotengeschichteKlischeebehaftet. Innerskandinavische gentile Auseinandersetzungen zwischen den Dänen und den Erulern. Iordanes sagt: „Skandinavien ist eine Wiege der Völker, von dort werden Menschengruppen in die Ferne entsendet.“ Von der Insel Scandzia sollen auch die Goten mit ihrem König Berik ausgefahre sein. Also kommen laut Iordanes auch die Goten aus Skandinavien.

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Im 17. Jhdt. in Schweden hat man sich die Sache so konstruiert, dass Gautland, das schwedische Götaland, das Herkunftsgebiet der völkerwanderungszeitlichen Goten gewesen sei. Dass dann die Schweden des 17. Jhdts. die Nachfolger der Goten sind, die nach der Auswanderung von Skandinavien das römische Reich temporär unterworfen hätten, ist durchaus identitätsstiftend, aber ein Mythos -> Gotizismus.

MB 8/17: Plinius: Berichtet kritisch über die „Wunder- und Fabelvölker“ in Skandinavien. Darunter sind die Oionen und die Pferdefüßler Hippopoden. Mit diesem Klischee wird gezeigt, dass wohl alles was weiter weg von Griechenland war, für unzivilisiert gehalten wurde. Ein anderes Volk waren die Phanesier, die übergroße Ohren gehabt haben sollen, mit denen sie sich komplett bedecken konnten.

2.2. SpracheDialektkontinuen des späten 5. Jhdts., MB 8/18Was ist mit der nordwestgermanischen Einheit passiert?Etwa ab der Mitte des 5. Jhdts. sind die Angeln mit Teilen der Sachsen und mit Jüten nach England abgewandert. Die Angeln und Jüten haben bevölkerungsarme Landstriche hinterlassen, so dass von Osten her Nordgermaische Völker nach gerückt sind, die Dänen. Und zwischen dem neuen dänischen Kettenglied und dem alten sächsischen Kettenglied herrschte dann ein stärkerer Bruch. Das Kontinuum hat sich neu zusammengesetzt. Es sind Kettenglieder weggefallen und somit war die Kommunikation zwischen den Dänen und ihren Nachbarn gestört-> das ehemalig residualgermanische Kontinuum ist auseinandergebrochen.Aus einem Kontinuum entsteht ein englisches (Jüten, Angeln, tw. Sachsen), ein nordgermanisches (Dänen als Südwestliches Mitglied) und kontinentalwestgermanisches Kontinuum (späteres hoch- bzw. niederdeutsches Kontinuum). Das Wesentliche dieses Kapitels ist, dass wir im 1. nachchristlichen Jhdt. noch ein zusammenhängendes, gemeingermanisches Dialektkontinuum. Davon spaltet sich im Laufe des 2. Jhdts. n. Chr. das ostgermanische Kontinuum ab. Im Laufe des 5. Jhdts. bricht das große residualgermanische Dialektkontinuum in 3 neue Kontinuen auseinander. Dass das ostgermanische und das westgermanische sich später wieder angenähert hat, hat nichts geholfen, denn die sprachlichen Entwicklungen seit der Zeit der Abspaltung haben die Kommunikation gestört.

2.2.1. SchriftDas Urnordische ist ausschließlich epigrafisch, also in Runeninschriften erhalten.Die frühesten authentischen Inschriften stammen aus dem späten 2. Jhdt. nach Christus. Es handelt sich um eine ganze Gruppe aus über 20 Denkmälern, die bezeugt sind. Unter den ältesten davon sind es besonders 2 Arten von Inschriftenträgern: Schmuck z.B. Fibeln und Waffen oder Werkzeuge. Letztere sind besonders in Mooren gefunden worden. Runen sind keine Buchschrift, sondern nur eine Inschriftenschrift.Auch das Verbreitungsgebiet ist sehr einheitlich, nämlich das dänische Gebiet einschließlich dem heutigen deutschen Schleswig und dem heutigen schwedischen Schonen.Woher sie kommen, wer sie erfunden hat und warum kann nicht ganz geklärt werden!

4. Vorlesung

Letzte Stunde: Abschluss des 1. Kapitels, Frage: Was war für die Bildung einer ethnischen Identität in der germanischen Zeit notwendig? 1. Gruppen und Zusammengehörigkeitsgefühl, das aber nicht materiell greifbar ist.

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Danach: Nordgermanisch. Ereignisgeschichtliche Infos um die Zeit Christi Geburt sind nicht überliefert, wenn dann nur Topoi, Stereotypen. Ältestes Dokument: Name ÞruskanazResidualgermanisch hat bis ca. 450 n. Chr. bestanden.Einheimisch germanische Schrift: Runen. Abstammung der Runen, Gestalt und Zweck der Runen- auf alle 3 gibt es keine schlüssige Antwort.

Herkunft der Runen:Latein-TheorieNorditalisch-TheorieGriechisch-Theorie

1. Runen sind äußerlich den norditalischen Alphabeten am ähnlichsten.2. Bei den zugrunde liegenden Phonem-Graphem-Systemen (MB 9/19) ergeben sich im

einzelnen Differenzen. Zeichen sind gleich, stehen aber für einen unterschiedlichen Laut.

3. Durch den Transfer der Sprache gab es sicher ein Gefälle zwischen der römischen Hochkultur und den Germanen.

4. Die frühesten Runeninschriften stammen nicht aus einer Kontaktzone, wie zum Beispiel dem Rheinland, sondern aus tiefst innergermanischen Gebieten.

Wer schuf die Runen?Diese Frage ist nicht geklärt. Man vermutete, dass Priester die Zeichen aus zauberhaften Gründen geschaffen haben. Die frühesten Zeugnisse sind aber nicht in einen magischen, religiösen Kontext zu bringen. MB 9/20: 5 der frühesten Inschriften, alle aus dem Moor von Illerup. Die Inschriften sind auf Schildern oder Schildfesseln, aber auch Lanzenspitzen angebracht. Es sind durchwegs Personennamen und Herstellerinschriften angegeben. Bei Inschrift IV wurde gestempelt. Die Runenschrift war wohl zunächst für kurze Mitteilungen gedacht. Diese waren im privaten Bereich oder halböffentlich. Im rechtlichen Bereich fanden sie keine Verwendung, außerdem gab es keine Gebete, Verträge, Handelskorrespondenzen. Zur gleichen Zeit war die Lateinschrift in vielen Gebieten verbreitet. Z. B.: für Weih- und Grabinschriften, öffentlich rechtliche Texte. Die venetischen Inschriften gibt es ca. 370 (gleich viel wie Inschriften im älteren Fuþark) und sind meist Weihinschriften.Fazit: In der älteren runischen Überlieferung haben die Runen vorwiegend der zwischenmenschlichen aber auch der magisch religiösen Kommunikation gedient. Das Entstehen und der Gebrauch der Runen scheint nur aus der Kontaktsituation (Rheingrenze, Donaugrenze, Limes) zum römischen Reich entstanden zu sein. Die hohe römische Kultur schein als Katalysator gedient zu haben. Die Runen sind immitativ, denn sie ahmen ja andere Alphabete nach. Spätestens in der 2. H. des 2. Jhdts. n. Chr. entstand das ältere Fuþark mit 24 Zeichen.Die Reihenfolge der Zeichen weicht von der der mediterranen Reihen ab. Runen gab es nicht nur in Skandinavien.

Inschriftenträger:Schmuck, WaffenSteininschriften, meist monumentaler Art, stammen aus dem späten 4. Jhdt in Norwegen und Schweden. Erst später gab es die auch in Dänemark (Wikingerzeit). Wahrscheinlich haben die Runen auf den Schmuckstücken und Waffen die Dinge besonders gemacht und ihnen Kraft verliehen. Aus dem Moor von Illerup kommen 316 Lanzenspitzen, davon sind nur 2 berunt. 215 Schildfesselbeschläge wurden gefunden, nur 3 davon haben Runen. Runen hatten also einen Seltenheitswert.

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Wichtige Charakteristika des älteren Fuphark:Runen unterschieden nicht zwischen kurzen und langen Vokalen.Rune 11 und 13 sind 2 Zeichen für i-Laute, warum das so ist, ist nicht klar.Rune 22: Lautkombination ng

2.2.2. Historische Phonologie des Urnordischen:Ursprünglich gibt es alte Gemeinsamkeiten von Nordgermanisch und Ostgermanisch:1: Gotonordische Schärfung: Doppel j und doppel w zwischen Vokalen wurden geschärft zu einem Verschlusslaut, dieser wurde auch noch gedoppelt. ww-> gw-> ggw. jj-> gj-> ggj, aber im ostgermanischen jj-> dj-> ddjDie Schärfung als gemeinsame Neuerung gegenüber der westgermanischen Sprachen ist nicht ganz richtig. an: ggj nicht gleich got: ddjGotonordische Schärfung seit dem späten 4. Jhdt. In den Inschriften gibt es aber keine Zeugnisse davon (Grund dafür ist die geringe Anzahl der auf uns gekommenen Inschriften).2 Gegenbelege für Ausgangsschärfungen siehe /21 unten.Fazit: Im nordgerm. und ostgerm. fanden wohl unabhängig Lautwandelprozesse statt, die sich nur ähneln.

Im Sinne eines Sprachkontaktes und gemeinsamer Neuerungen sind die, die das Nordgermanische und das Westgermanische gemeinsam haben und dem Ostgermanischen fehlen, weil ab dem 2. Jhdt. kein Kontakt mehr zum Rest bestand.1. Entwicklung langes „e₁“ zu langem „a“.2. Rothazismus: auslautendes „-z“ wird zu „r“

2.2.3. Phonemsystem des Urnordischen:MB /23Was das Vokalsystem betrifft unterscheidet sich das urnordische vom urgermanischen durch Zuwachs, nämlich kurzem „o“ und langes „a“

2.2.4. Flexionsmorphologie des Urnordischen:MB 11/24 und /25Charakteristisch ist:Bildung des Nominativ Sg.: Endung ist konservativ, weil nicht verändert vom urgem. zum urn. Urnordisch ist eine dagaz-Sprache. Auch Genetiv auf -az, Dativ auf -ē sind in Inschriften erhalten. Es hat vermutlich einen Mittel-Kasus gegeben und auch einen Anrede-Kasus, beide sind nur durch die Deutung in Inschriften belegt. Der Instrumental und Vokativ sind wohl im Urnordischen kurz vor dem Verschwinden gewesen.

Prä. Ind. starke Verba, 1. Person auf -u, 3. Person auf -iþ sind überliefert, die restlichen Endungen werden angenommen.

2.3. LiteraturIst nicht überliefert, weil das urnordische nur in ca 250 Runeninschriften festzumachen ist. Das Urnordische ist eine Trümmersprache. Wir unterscheiden je nach Ausmaß der Überlieferung nach 3 Größen:1. Großkorpussprachen: ein hoher Prozentsatz der Zeichen ist überliefert2. Kleinkorpussprachen: kleiner Prozentsatz ist überliefert, aber Eindruck von Struktur und

Grammatik, sowie Wortschatz ist vorhanden3. Trümmersprachen: nur Splitter sind überliefert, Grammatik und Lexikon bestehen meist

aus Leerstellen. Urnordisch ist eine Trümmersprache.

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Von den 250 Inschriften sind nur wenige les- und deutbar. Gutes Beispiel: Goldhorn B von Gallehus. Horn wurde gestohlen, eingeschmolzen, es sind aber Stiche erhalten.

5. Vorlesung fehlt (ergänze aus MB)6. Vorlesung

Letzte Stunde: Altgermanische LiteraturRunenepigrafische Inschriften: Bsp.Inschriften auf GoldbrakteatenWaffenopferfunde von Illerup

3.GotischBibliografie

3.1. Historischer HintergrundAussagekraft archäologischer QuellenDie Bodenfunde demonstrieren die Wanderung der Goten von der Ostsee zum Schwarzen Meer innerhalb von 200-300 Jahren. Hunneneinfall Beginn der VölkerwanderungszeitAlarich plündert 410 Rom.Sein Nachfolger führte die Westgoten nach Gallien, in die Südwestecke um Toulouse. Sie errichteten das Tolosanische Reich der Westgoten. Sie expandierten über die Pyrenäen. Der Schwerpunkt verlegte sich nach Spanien. In Spanien auf der iberischen Halbinseln. Dort beherrschen sie 200 Jahre lang große Gebiete. 711 kommt es zu einer Invasion von berberischen Völkern unter Tarik. Spanien war dann über Jahrhunderte hinweg arabisch beherrscht.Die Ostgoten sind in den Quellen schwer fassbar. Die Gotischen Anteile dieses Herrschaftverbandes sind beträchtlich gewesen: Quelle: röm. Diplomat Priskos sagt, dass es innerhalb des Hunnengebietes 3 Sprachen gab, darunter auch gotisch. Von der Griechischen Welt und der Literatur sind die Goten nicht unbedingt als Germanen wahrgenommen worden, sie wurden unter dem Begriff Skyten zusammengefasst. Eine ostgotische Gruppe ist auf der Halbinsel Krim am Schwarzen Meer zurückgeblieben. Eine andere Gruppe hatte sich um die Mitte des 5. Jahrhunderts in Pannonien festgesetzt, das wird aber nur vermutet. Von weiteren Aktivitäten gotischer Verbände wissen wir am Balkan. Theoderich dem Großen ist es gelungen, einen großen Teil der Ostgoten zu vereinen und mit ihnen nach Rom zu ziehen. Das sehr wirksame Ostgotische Reich hatte aber nur bis 552 bestand, weil es unter Byzantinischen Angriffen gestürzt wurde. Man muss bedenken, dass die die sich als Goten bezeichnet haben, zahlmäßig den anderen Germanen unterlegen waren. Wie lange das westgotische in Spanien überlebt hat, weiß man nicht. Vermutlich haben sie nach 711 nicht mehr gotisch gesprochen. Namen wie Fernando und Rodrigo, Personennamen also, haben überlebt.Das Ostgotische konnte sich noch etwas halten nach dem Sturz durch die Byzantiner.

3.2. Sprache3.2.1. SchriftDie Goten hatten eine eigene Schrift, MB /36Es handelt sich um eine Buchschrift, keine epigrafische Schrift (wie bei den Runen). Als Erifnder der Schrift wird der Westgotische Bischof Wulfila genannt (311-382). Er hat die neue Schrift, die erfundenen Buchstaben für seine Bibelübersetzung verwendet. Zu Mitte

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des 4. Jhdts. muss diese Bibel entstanden sein. IN den zeitnahen Griech. Quellen lautet der Name Ulfilas: Wolf/ besser Wölfchen als erstes Namensglied. (Kurznamenbildung im Germanischen: 2-gliedriger Personennamen z.B. Hein-rich, man kann ans 1. Glied ein -o anhängen: Heino, man kann aber auch von dieser schwachen Kurzform eine Verkleinerungsform bilden z.B. Hein-ek-e. Bei Wulfila haben wir auch die selbe Art der Bildung: Wulf-il-a)Von der gotischen Schrift des Wulfila gibt es 2 Hauptvarianten. Die Unterschiede sind gering zwischen Typ 1 und Typ 2: Typ 1 ist nach rechts geneigt (kursiv) und das s sieht wie ein griech. Sigma aus. Typ 2 ist gerade und das s entspricht dem lateinischen s.Die Buchstaben haben einen Zahlenwert wie im griechischen. Auch die Buchstaben g und l sehen den griechischen Pendants ähnlich. Buchstabe h und r sind dagegen wieder lateinisch angehaucht. Man hat auch runische Vorbilder für u und o gefunden.Offene Fragen in der Komposition: Buchstabe 9 erinnert an ein Psi, gibt aber einen Thorne-Laut wieder.Laut Quellen hat Wulfila gotisch, griechisch und latein gesprochen.Die Buchstabennamen können als kryptogotisch bezeichnet werden. Nr. 5 eyz entspricht einem gotischen „Pferd“. Noicz entspricht „Not“, urgermanisch naudiz. Aza hat kein direktes Gegenstück unter den Urgermanischen und Urnordischen Wörtern. Der Grundstock der bezeugten Schriftzeichennamen wird wohl auf ostgotische Runennamen zurückgehen. Gotische Buchstabennamen der Wiener Alkuinhandschrift.

Es gibt Digrafen: ai und au steht für gebrochenes e und o, sie können aber auch für die alten Diphtonge stehen. Für eine diphtongische Realisierung sprechen außerbibelgotische Zeugnisse: Goldring von Pietroassa. Personennamen sind ebenfalls Zeugnisse: Ende 4./Anfang 5. Jhdt. Rada-gaisus, im 6. Jhdt. Gesila

3.2.2. Historische PhonologieKennzeichen für das Gotische: Extremvokalismus, späte Sprachperiode des Germanischen.Gotische Brechung: siehe MB 16Das Gotische hat altes bewahrt: lang e bleibt, UND kein Rhotazismus wurde durchgeführt.

3.2.3. PhonemsystemVokale: bei den got. Kurzvokalen wurde aus dem 3er System (a, i, u) durch Brechung ein 5er SystemBei den Langvokalen haben wir ein 5er System oder beim bibelgotischen nach der Monophtongierung ein 7er System.Diphtonge: 1 Element, Bsp. Theoderich, realisiert durch -eo-, -eu-, und -ui- (ist nicht bezeugt)

Konsonanten: allophonische Konsonanz, Labioverlare sind vorhanden

3.2.4. FlexionsmorphologieSubstantivaCharakteristisch ist der Nom. Sg. Ausgang -az: das a kann schwinden -> -z und es gibt eine Auslautverhärtung -> -s, das Gotische ist eine dags-Sprachees gibt 5 KasusSchwache Flexion: n-Stämme, oft Personennamen

VerbenDual ist vorhanden und voll funktionsfähig

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MB /42 Paternoster auf gotisch

7. Vorlesung

3. 3. Literatur des Gotischen

Sie ist in längeren Texten aber in geringer Anzahl vorhanden. Es ist eine Kleinkorpussprache, über deren Struktur, Grammatik und Vokabular wenig gesagt werden kann.Nicht nur die Quantität ist limitiert, sondern auch die Qualität. Die Bibelübersetzung des Wulfila ist dieser eine längere Text. Wir kennen also nur die eine Varietät des Gotischen, das Bibelgotische, mit Leihwörter aus dem Lateinischen und Griechischen. Es ist ein Westgotisches Werk aus dem späten 4. Jhdt.Andere Textsorten und Gattungen fehlen fast zur Gänze. Wir haben etwas außerhalb der Bibelübersetzung, nämlich die „Skeireins“ (Auslegung, Kommentar zum Johannes Evangelium, also wieder zur Bibel gehörig). Nichtreligiöse Texte sind 2 Verkaufsurkunden aus dem späten Ostgotenreich des 6. Jhdts. Nicht der gesamte Text, sondern nur die Unterschriften und Zeugentexte sind auf Gotisch.Fazit: Von den nichtbibelgotischen Texten bleibt nicht viel über.

Epigrafische Überlieferung:Die Runeninschriften sind spärlich, es sind nur 9 Inschriften bekannt. Davon tragen manche nur 2 Runen und es ist nicht klar, ob es einwandfrei Gotisch ist oder eine andere ostgermanische Sprache.

In der Wiener Alkuin HS sind pseudogotische Formen überliefert, diese Formen sind aber auch ca. 350 Jahre nach Untergang des Gotischen Reiches zu Papier gebracht worden.

Viele Ostgotische Personennamen sind überliefert. An diesen kann man ablesen, dass es eine Monophtongierung im späten 6. Jhdt. im Raum Italiens gegeben hat. ai->e, au->o

3 kurze Proben gotischer Texte: MB 18

Wulfila- Bibel:Der gotische Text fußt auf einer griech. Vorlage. Diese Vorlage, das Original also konnte aber bis jetzt noch nicht gefunden werden. In der Standardausgabe der Wulfila- Bibel sind der Gotische Text dem Griechischen gegenübergestellt. Dieser griechische Text ist also konstruiert.350-380 wurde die Bibel vermutlich übersetzt, später aber nicht, weil Wulfila etwas nach 380 gestorben ist. Es gibt 5 erhaltene HS, tw. in sehr schlechtem Zustand. 4 der HS scheinen aus der 1. H. d. 6. Jhdts in Italien (Ostgotenreich) zu stammen. Die umfangreichste davon ist der Codex argenteus. Er wurde purpur gefärbt, die Schriftzeichen sind silber, was ihn sehr kostbar macht. Doch auch nur von ihm ist etwas mehr als die Hälfte bewahrt. Es sind die Evangelien, die Paulusbriefe und nur sehr wenig aus dem AT in der Bibel enthalten. Es ist unklar, was Wulfila den Goten vermitteln wollte, AT oder NT.Es gibt ein epigrafisches Zeugnis, nämlich ein Bleitäfelchen auf dem wir fragmentarisch Teile aus einem Evangelium finden. Fundort: Pannonien, Hacs, Bendekpuszta spätes 5. Jhdt.Zwischen der Entstehungszeit und der Kodifikationszeit liegen 120-200 Jahre. Wir wissen nicht, wie viele und welche Änderungen vorgenommen wurden. Auf dem

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Überlieferungsweg sind vermutlich nicht allzu viele Änderungen vorgenommen worden, denn es handelt sich ja um einen heiligen Text.

Hinweis:Die Westgoten sind über den Donauweg, über Pannonien durch die Italiener missioniert worden. Nur dadurch lassen sich die vielen Kirchenwörter erklären, die aus dem Lateinischen stammen.Die Goten haben das Christentum in der arianischen Form übernommen. Er war im 4. Jhdt. in Konstantinopel sehr verbreitet. Während der großen dogmatischen Streitigkeiten zerfiel der Arianismus und wurde als Häresie erklärt.

Zeugentext:Urkunde von Neapel, von 551, in Ravenna ausgestellt. Eine ostgotische Kirchengemeinschaft hat Schulden mit einem Stück Land beglichen. Da das Land wertvoller ist, erhält die Gemeinde noch zusätzlich Geld. Der Text ist in 4facher Ausführung vorhanden.

Goldring von Pietroassa:2 Bruchstücke: „der Goten Besitz, geweiht (und) geheiligt“

3.4. Kultur der GotenDer westliche Rand der Goten (Pannonien) ist im 4. Jhdt. missioniert worden. Auch am östlichen Rand scheint das so gewesen zu sein. Im Konzil von Nicäa wurde ein Bischof von Gothia erwähnt. Wahrscheinlich hat es auf der Halbinsel Krim schon eine Diözese gegeben. Auch nach Einfall der Hunnen bleiben die gotischen Siedler dort. Deren Nachfahren waren von der byz. Kirche abhängig und es kamen immer wieder andere Völkerschaften auf die Insel. Sie konnten aber Teile ihrer Identität und auch sehr wenig ihrer Sprache behalten. Das Krimgotische ist aus einer Quelle des 16. Jhdts überliefert! Ein flämischer Botschafter hat im Auftrag von Ferdinand I einen Bericht abgeliefert in dem er mehrere Wörter auf gotisch aufzählt. Der Botschafter Ogier Ghislain de Busbecq konnte in Folge auch Interviews mit ein paar Krimern halten. Probleme dabei:Der eine Befragte war kein Muttersprachler, der andere Befragte war kein Sprachwissenschaftler. Mit deutsch und niederländischen Einflüssen ist also zu rechnen. Der Befrager, Busbecq, hat seine Ausgaben der türkischen Briefe nicht redigieren können, denn seine Briefe wurden geraubt und ungenehmigt gedruckt!Ob die Krimgoten ihre Sprache selbst aufgezeichnet haben, ist ungewiss. Nach der Begegnung mit Busbecq verliert sich die Spur der Krimgoten. Im 18. Jhdt. wurden sie als Christen verfolgt und weiter östlich neu angesiedelt. Das mag ein Grund für ihr Verschwinden sein.

Appendix:Verwandte des Gotischen/ andere ostgermanische Sprachen der Völkerwanderungszeit:„Splittersprachen“ die dem gotischen nahegestanden sind.Zeitgenössisches Zeugnis, M. 6. Jhdt., Prokopius: Bezeichnung der Sprachen der Burgunder, Vandalen etc als Gotisch- also pars pro toto.Text „Gotisches Epigramm“, etwa 5. Jhdt.: Latein- vandalisch

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8. Vorlesung

4.Altenglisch

4.1. Historischer HintergrundCäsar machte eine Expedition nach Gallien. Die Römer haben Britannien nie aus den Augen verloren. Ein großer Teil der britischen Hauptinsel wurde 43 nach Chr. von den Römern besiedelt- es wurde Kolonie.Anders als in Gallien ist dem Imperium Romanum die Kontrolle über Britannien um 500 entglitten. Deshalb wahrscheinlich, weil die Römer ihre Streitkräfte direkt in Westrom brauchten und diese von Britannien abzogen. Es entstand ein Machtvakuum in Britannien. Ab der Mitte des 5. Jhdts wurden germanische Truppen rekrutiert. Diese waren vorher vorallem Seeräuber. Es kam zu ähnlichen Verhältnissen wie zwischen den beiden röm. reichen in der Völkerwanderungszeit. Sobald die germanischen Söldner mehr und mehr wurden, etablierten sich und wurden eigenständig.MB /50 Herkunftsgebiet der AngelsachsenDie germanischen Invasoren/Bewohner werden in ihrer Gesamtheit in den Zeitgenössischen Quellen entweder Saxones oder Angli bezeichnet. Saxones herrscht in den lateinischen Quellen vor, bis ins 9. Jhdt. Auf dem Festland selten, aber auf der Inseln selber hielt sich Angli. Ab dem 9. Jhdt. setzte sich der Begriff dann durch. Der Verbund der Namen Angeln und Sachsen kommt sehr selten vor, wenn dann nur in Gelehrtenliteratur. Es ist als „die anglischen Sachsen“ zu nehmen, denn die „vetuli saxone“ sind die alten Sachsen, die am Kontinent verblieben sind.

Wie kann man die beiden ethnisch teilen?Die sächsischen Bevölkerungsteile im Süden GB scheinen zu dominieren (Jüten, Friesen). In Mittel und Nordengland haben die Angeln dominiert. Der Besiedelungsprozess war nicht strikt, es gab keine streng abgetrennten Ethnien, sondern Zonen mit Mischbevölkerung.Hauptquelle: Kirchengeschichte des englischen Volkes von Beda Venerabilis, 731 fertiggestellt.Man vermisst in der kanonischen 3teilung Bedas (Saxones, Angli, Jüti) die Friesen. Sie sind sicherlich unter den Besiedlern vertreten gewesen, da sie ja ebenfalls Nordseebewohner waren. UND: Bedas Bemerkung ist zu beachten, dass die Landschaft „Jütland“ nach dem Abzug der Jüten sehr leer war und dass die Dänen in dieses Gebiet nachgerückt sind. Durch das Nachrücken entstand eine Sprachgrenze zwischen den Dänen und den Briten.

Bis zum Ende des 7. Jhdts. war es so, dass die germanischen Einwanderer den größten Teil Britanniens südlich des ...? unter ihre Herrschaft gebracht haben. In Randzonen (Cornwall, Wales, Strathclide und Cumbria) konnten sich die keltische Sprache und Kultur weiter behaupten.Die germanischen Siedler waren nicht in einem einzigen großen Regnum vereint. Es gab viele Splittergruppen, Kleinkönigtümer. Für das 7. Jhdt. sind mindestens 7 Herrschaftsbereiche bekannt: Kent, Essex (Ostsachsen), Sussex, Wessex, Eastanglia, Mercia, Northumbia. Die beiden größten Königreiche waren Mercia und Northumbria. Die Zeit dieser 7 Königreiche ist auch die Zeit in der das Christentum bei den Siedlern durchdringt. Es gibt die westliche, irische Prägung und die römische Prägung. Spätestens Ende 7. Jhdt. war Britannien christianisiert.Unter diesen Königtümern hat es militärische Auseinandersetzungen gegeben. Ab dem ausgehenden 8. Jhdt. kam es zu einer Reihe von Plünderungen durch dän. und norweg. Seeräuber. Es waren anfangs Blitzüberfälle, bald danach aber schon geplante und

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organisierte Überfälle. Die Dänen stationierten eine Invasionsarmee und siedelten auch da. Northumbrien, Mercia und Eastanglia waren unter dänischer Herrschaft. Das Danelag (Gesetze) galt dort. Das Litus saxonicus war eine Befestigungsanlage der Spätantike beim Ärmelkanal in Nordgallien. Diese Danisierung stoppte König Alfred der Große Ende des 9. Jhdts. Er war König von Westsachsen.1066 endet die Wikingerzeit, die mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne 793 begonnen hat. 1066 ist der letzte Anführer eines wikingischen Invasionsheeres Harald bei der Schlacht von Stamford unterlegen. Der englische König, ebenfalls Harald, wurde aber bereits nach 3 Wochen von einem noch größerem Heer attackiert. Wilhelm der Eroberer siegt in der Schlacht von Hastings, Harald stirbt. Dieser normannische Sieg sorgte auch für einen sprachlichen Einschnitt.Wikinger die in der Normandie gesiedelt haben, passten sich an, wurden zu Franzosen und sprachen altfranzösisch. Deshalb gewann das Normannisch-französische die Überhand in England. Es gab die kleine franz.- normannische Elite, die einer riesen englischsprachigen Bürgerschicht gegenüberstand. Englisch konnte sich aber weiter halten.

4.2. SpracheMan hat in England in Runen geschrieben, 90 runenepigrafische Zeugnisse sind erhalten. Runen hielten sich bis um 1000.Aus altenglischer Zeit ist uns eine große Anzahl von literarischen Texten, aber auch Sach- und Fachliteratur erhalten. Diese wurde in Latein geschrieben. Dass sich das latein Alphabet durchsetzen konnte, hängt mit der Christianisierung zusammen. Irische Schreiber übernahmen die Lateinschrift und diese wurde zu einer eigenen insularen Lateinschrift ausgebildet.Statt g stand ʒStatt w gab es ein Runen-w, ein PStatt th stand þ oder ðEs gab also 2 Zeichen, die sich an den Runen orientieren. Das altenglische hat auch die Ligatur æ.

4.2.1. Dialekte des AltenglischenDialektale Unterschiede sind maßgeblich für die Sprache!Eine Hochsprache, die überregional gebraucht wurde, gab es nicht. Es gibt sächsische, anglische und kentische Dialekt.Kentisch: kleinste Gruppe; schwach bezeugt, aber am frühesten überliefert- frühes 7. Jhdt. Sächsisch: Das Westsächsische ist am meisten überliefert und war wohl der meist verbreitete Dialekt. In Grammatiken und Wörterbüchern finden wir immer das westsächsische der Hochblüte aus der Zeit Alfred des Großen.Anglisch: 1. Merzische, 2. Northumbrische. In Gebrauchstexten wurde es überliefert. Westsächsische Texte enthalten anglische Ausdrücke- das anglische war wohl früher da und deshalb wurde es übernommen.

4.2.2. Historische PhonologieAuffällige Formen: MB /521. Nasale m, n vor Frikativen (f, s, þ)- Nasale schwinden, als Ersatz wird ein Kurzvokal

gelängt2. Maskuline a- Stämme: im altengl. gibt es eine Aufhellung von a zu æ, velarer Nasal

verhindert die Aufhellung. Besonders im Kentischen hat die Aufhellung stattgefunden.3. i- Umlaut tritt ein: der Vokal der schwächer betonten Silbe ist ein i, die Vokale der

stärker betonten Silbe verändern sich: e und u-y, o-ø, a-æ

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4. Palatalisierung/ Assibilierung (Zuzischung): ein s oder che- Laut kommen in palataler Umgebung hinzu.

9. Vorlesung

4.2.3. Altenglisches PhonemsystemMB /53In puncto Vokale ist das Altenglische besser als das Urnordische bestückt. Lautwandelprozesse wie Aufhellung und Umlaut haben diese Vokale gebildet. Sowohl bei den Kurz-als auch bei den Langvokalen haben wir die Phoneme y und æ. Zwischen e und o würde ein ö stehen, das Westsächsische hat das aber nicht, sondern das ö wurde zu lang e gerundet.Wir haben Kurz- und Langdiphtonge im Altenglischen. Sie sind alle eigene Phoneme. Die Langdiphtonge gehen auf urgermanische Diphtonge zurück.

Beim Konsonantensystem hat das Altenglische Zuwachs bekommen durch Palatalisierung und Assibilierung. Wie der Konsonant r realisiert wurde, lässt sich nicht sagen (entweder Zungenspitzen „r“ oder Zäpfchen „r“). Wann genau an einem bestimmten Ort ein Lautwandelprozess eingetreten ist, können wir heute nicht mehr sagen.

4.2.4. FlexiosnsmorphologieMB 22/54Substantiva: In der altenglisch Grammatik von Karl Brunner werden im Allgemeinen 6 Kasus unterschieden. Das ist nicht unbestritten. Der Vokativ ist immer mit dem Nominativ zusammengefallen. Wir brauchen also nicht mir einem eigenen Vokativ rechnen. Im althochdeutschen, in der Grammatik von Braune-Reifenstein, werden ebenso kommentarlos 5 Kasus angesetzt. Dort gibt es keinen Vokativ.Maskuline a-Stämme: Das altenglische ist eine typisch westgermanische Sprache wo das Stammbildende a schwindet. Durch eine Verweichung wird dann noch aus dagaz-> dægDer 5. Kasus ist ein Instrumentalis und ist im Verschwinden begriffen.Formal ist der altengl. Instrumental auf einen Lokativ zurückzuführen.

Verba: Starke V. im Präs. Ind.: Ausgang in der 1. Person Sg. auf e. 2. Person Sg. auf t. 3. Person Sg. auf þ. *-anþ -> *-ōþ -> -aþNur eine Endung für den Plural

Paternoster MB /56Altengl. Vaterunser des spätwestsächsischen, frühes 11. Jahrhundert.þ und ð stehen unterschiedlos für stimmloses und stimmhaftes ð.

4.3. Literatur des AltenglischenDas Altenglische ist eine Großkorpussprache. Es gibt 80-90 Runeninschriften aus dem späten 5. Jhdt. bis gegen 1000. In England hat man nicht das alte Fuþark verwendet, sondern eine weiterentwickelte Reihe, das Fuphorc. Es hat nicht mehr 24 Zeichen, sondern je nach Variante 26- 33 Zeichen.Die literarische Überlieferung setzt später als die Runeninschriften ein. Das Kentische ist wenig aber sehr früh überliefert. Eine Gesetzessammlung aus Kent stammt aus der Zeit um 600 oder kurz danach. Diese Gesetze sind nicht im Original erhalten, die ältesten HS stammen erst aus dem 12. Jhdt. Die ältesten Original HS sind Glossare und Urkunden des

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8. Jhdts. Der Großteil der altenglischen Dichtung ist in nur 4 HS überliefert. Alle 4 Poetik HS entstammen der Zeit um 1000. Sie sind auf spätwestsächsisch geschrieben. Es handelt sich wahrscheinlich nicht um die Originaldichtungen. Man geht davon aus, dass die Originale merzische und anglische Texte waren. Es folgte dann eine Überlieferungstradition bis ins spätwestsächsische.Einige Texte stehen in der Nachfolge der altgermanischen Heldendichtung. Eine größere Zahl ist allerdings religiösen Inhalts. Blütezeit war die Zeit unter König Alfred dem Großen. Eine Reihe von lateinischen Texten wurde in die Volkssprache und in Prosa übersetzt. Nichtübersetzte Texte des 9. Jhdts. sind medizinisch-magische Texte und Texte der Geschichtsschreibung. Spätaltenglische Zeit: Produktivster Autor dieser Zeit ist Abt Ælfric Grammaticus. Er war der bekannteste und berühmteste Gelehrte seiner Zeit.

Textproben:MB 23/57Prominentester Text: Beowulf, wohl im 8./9. Jhdt. entstanden.Niedergeschrieben wurde es in nur 1 HS (Codex unicus) um 1000. 1731 wurde die HS durch einen Brand beschädigt. Der Codex ist sehr lang und Beowulf umfasst mehr als 3000 Verszeilen. Die Schauplätze in Beowulf liegen nicht in England, sondern in Dänemark und im Land der Gauten (heutiges Götaland). Englische Stämme oder Gentes werden nicht erwähnt. Im Mittelpunkt stehen 2 heroische Taten von Beowulf, der dem Gautischen Königshaus entstammt. 1. Der Kampf Beowulfs gegen Grendel und ihren Sohn, Beowulf ist noch jung. 2. Beowulf als alter Mann gegen einen Drachen. Er verteidigt die Menschheit gegen Gefahren von außen. Die Handlung hüpft hin und her, es gibt Exkurse, die in den Text reingepackt wurden. Beowulf steht in der Folge der altgermanischen Heroik. Andererseits ist der Text in seiner Art und Weise von Formen und Normen geprägt. Die Digression (Hin-und Hersprünge der Handlung) ist eine Technik, die mündlich kaum durchführbar ist, schriftlich allerdings schon.

„jemandem die Metsitze entziehen“: jemandem der Freiheit berauben.Beowulf= „Bienenwolf“= Bär

2. Textbsp. Prosa MB 23/58Im Umfeld König Alfred des Großen entstanden. Alfred hatte militärische aber auch kulturelle Erfolge. Er ließ lateinische Texte übersetzen, darunter „Über den Trost der Philosophie“, im Original von Boethius. Alfred war als Mäzen tätig. Wichtige Übersetzungen dieser Zeit sind noch die Kirchengeschichte des Beda und die Weltgeschichte des Orosius (spätes 9. Jhdt.). In seiner Weltgeschichte schildert er Katastrophen, die nicht dem Christentum zugeschrieben wurden- es war eine Rechtfertigungsschrift. In die übersetzte Weltgeschichte hat man 2 Reiseberichte aufgenommen, die uns aufschlussreiche Infos geben:

1. Reisebericht von Ohthere/Ottarr, ein Norweger. Er trieb Import/Exportgeschäfte und hatte gutes Ansehen. Er dokumentierte seine Reisen und die Erlebnisse im Auftrag für Alfred. Die höfischen Menschen bekamen somit fremde Länder und fremde Sitten gelehrt.

10. Vorlesung

4.4. Kultur im AltenglischenEs ist zu einer intensiven Durchdringung der germanischen Welt durch die christliche Kultur gekommen. Das Christentum ist eine Schriftkultur/Buchkultur, das liegt daran, dass

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sie Doktrinen folgt und bestimmten Regeln. Die Wechselwirkungen zwischen der Gedächtnis- und der Schriftkultur zeigen sich auch in der Beowulf-Geschichte: Sie wurde sehr lang mündlich tradiert und erst um 1000 verschriftlicht. Was das alte England betrifft, kommt neben dem germanischen und dem christlichen auch noch ein dritter Traditionsstrang dazu: Keltisch. Die keltischen Einflüsse sind vielfältig. Die Kelten sind eine eigene Größe. Man kann die Sprache in verschiedene Zweige und Dialekte einteilen. Ein Objekt, in dem sich alle 3 Stränge wiederspiegeln ist das sog. Frankʻs Casket (Runenkästchen von Auzon), MB 24. Es gibt auf allen Seiten Bilder und Runen, bis auf eine Inschrift. Es wurde um 700 geschnitzt, in Nordhumbrien. Das Material ist Walknochen. Das Kästchen hat wohl zu Aufbewahrung von Wertsachen gedient.Die Funktion der 5 Bildplatten ist nicht klar. In welchem Zusammenhang die Bilder stehen ist nicht klar. Man muss wohl von eigenständigen Abbildungen ausgehen, die durch eine lockere Rahmenhandlung zusammengehalten werde. Alle Szenen zeigen Situationen in der Fremde, fernab der Heimat.

Vorderseite: 2 geteilt, 2 Bildszenen: Schlüsselszene aus Wieland dem Schmied (Germanische Heldensage), 3 Magier/Weisen aus dem Morgenland huldigen „Maria und dem Kind“ (Christliches Motiv). „magi“ war ursprünglich ein persischer Weiser, im Laufe der Zeit wurden daraus 3 Weise dann 3 Könige (ab dem 12. Jhdt).

Linke Seite: Romulus und Remus im Wald. Ihre Geschichte stammt aus der römischen Vorzeit.

Rückseite: 4teiliges Bild: li.o. Römer nehmen Jerusalem im Kampf ein. Rechts davon flüchten Menschen. li.u. Gericht wird gehalten über die, die nicht flüchten konnten. Rechts davon werden Gefangene abtransportiert. Die Inschrift erläutert die abgebildeten Geschehnisse. Linke und rechte untere Ecke „Urteil“ und „Geisel“. Oder „domgisel“ als Herstellersignatur.

Rechte Seite: Rhiannon, Göttin aus der Keltischen Sage.

Deckel: er ist beschädigt und kleiner als die anderen Platten. Inschriften gibt es nicht, sie ist vielleicht auf dem abgebrochenen Stück gestanden. Dargestellt ist Egil mit einer Frau in einer Festung. Links davon ist eine Schar von Angreifern. Ein germanischer Heldensagenstoff ist dargestellt.

Am Kästchen sind verschlüsselte Runen zu finden, die sonst nirgends vorkommen.

5.Althochdeutsch

5.1. Historischer Hintergrund3./ 4. Jhdt. Völkerwanderungszeit: Eine von mehreren german. Gruppen die sich in Gallien festgesetzt haben, waren die Franken. Es war sicher auch ein multiethnischer Verband. Chlodwig hat im späten 5. Jhdt. die verschiedenen Verbände unter eine Königreich gebracht. Es beginnt die Zeit der Merowinger. Zum Kernbereich des Ostgotenlandes hat auch die Provance gehört, die eine große Wirtschaftskraft war. Die Franken mussten nur warten bis das Ostgotenreich zerstört war, dann war in Gallien der Weg für sie frei. Zur Provance kam noch ein Pufferstaat: Burgund. Die Franken beherrschten bis Mitte 6. Jhdt. ganz Gallien.Seit Beginn des 6. Jhdts hatten die Franken auch parallel zu Gallien, Gebiete im Westen: Kampf 531 gegen die Alemannen, 539 gegen die Bayern. Dass die Franken nicht noch

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weiter expandieren, liegt an innerfränkischen Konflikten. Kleine Reiche innerhalb des großen Königreiches konkurrieren miteinander.Christianisierung: Bereits Chlodwig trat zum Christentum über, das half ihm außenpolitisch. Er trat zum Trinitarischen Katholizismus über, nicht zum Arianismus, der nach dem Konzil von Nicäa als Häresie verurteilt wurde. Es war aber auch riskant, denn die eigenen einflussreichen Leute mussten erst überzeugt werden, das Christentum zu respektieren und zu leben. Spätes 6./ frühes 7. Jhdt. war die Christianisierung abgeschlossen. In den östlichen Gebieten (Bayern, Alemannen) erst später, um 600 durch angelsächsische und irische Mönche. Die Machtkämpfe haben zur Folge, dass die Karolinger um 800 an die Macht kommen. 774 hat Karl der Große das Langobarden Reich in Norditalien erobert. Nach Jahrzehntelangen Kämpfen hat er dann noch die Altsachsen unterworfen und sie zum Christentum bekehrt. 800 wurde er in Rom von Leo III zum Papst gekrönt. In einem einzigen Reich war diese absolute Macht vertreten. Karl wurde noch Kaiser und so war sein Reich wie das glanzvolle Imperium Romanum. 843: Vertrag von Verdun. Danach kristallisierten sich 2 Reiche heraus: das romanischsprachige Westfrankenreich- das fränkische stirbt dort im 9./10. Jhdt. aus. Und: Das germanischsprachige Ostfrankenreich.Das Ostfrankenreich hat sich bald in verschiedene Stammesherzogtümer unterteilt. N: Sachsen, NO: Thüringen, Mitte: Schwaben, Franken, Bayern. Im 10. Jhdt. kommen sächsische Kaiser, die Ottonen an die Macht. Der bedeutendste Herrscher war Otto der Große (Schlacht auf dem Lechfeld gegen diebische Ungarn im 10. Jhdt.)

5.2. SpracheZur Regierungszeit Ottos war die maximale Ausdehnung des Ostfrankenreiches. Das althochdeutsche war am meisten verbreitet, aber sie war nicht die einzige Sprache. Das Althochdeutsche beginnt in der Zeit um 600 und Ende in der Mitte des 11. Jhdts.SchriftMan schrieb in Latein, es gibt aber auch 80 Runenfunde. Zum Teil hat man in der angelsächsischen Insulare geschrieben (wegen der irischen Mönche). In der Zeit Karls schrieb man in der karolingischen Minuskelschrift (nur Kleinbuchstaben). Die lateinischen Buchstaben waren nicht für die Wiedergabe des althochdeutschen geeignet.

5.2.1. Die dialektale Gliederung des Althochdeutschen:MB 29Hauptsächlich wurde in Klöstern geschrieben und somit im jeweiligen Dialekt.2 Gruppen: Oberdeutsche Dialekte im Süden, Fränkische Dialekte in der Mitte

11.Vorlesung

Althochdeutsch- SpracheEs gibt keine normiert Obersprache, sondern verschiedene Dialekte. Die dialektale Gliederung ist ähnlich der modernen Dialekte. Dialekte:

StrengalthochdeutschEs gab viele Lautentwicklungen in dieser Zeit, die z.B. das Alemannische und Bayrische geprägt haben.

Ostfränkisch hat eine Vermittlerstellung zwischen den Dialekten. Vielen Wörterbüchern liegt deshalb das Ostfränkische des 9. Jhdt zu Grunde- es wird somit zum „normalen“ Althochdeutsch.

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Altthüringischist nicht überliefert

Theodiscus ab 786 belegt *þeudo =uraltgermanisch „Volk“Deutsch würde somit „völkisch“ bedeuten.theodiscus= Volkssprache im Ostfränkischen im Vergleich zu Lateintheodiscus steht ab dem 8. Jhdt. für alle Althochdeutschen Dialekte

5.2.2. Historische Phonologie MB 27/62Es gibt eine auffällige Serie von Lautwandelprozessen, daraus entsteht eine Reihe von neuen Konsonanten. Der alte Konsonantismus wird schubweise verändert-> 2. LautverschiebungDie 1. Lautverschiebung unterscheidet das Germanische vom Indogermansichen.Die 2. Lautverschiebung ist nicht flächendeckend, sondern findet sich eher im Süden wieder. Am strengsten wurde sie im Süden durchgeführt, gegen Norden ebbt sie ab. Die Verschlusslaute sind davon betroffen, dh. stimmlose und stimmhafte Plosive. In Position 1 gibt es noch einen Vokal, in Position 2 wird er zu einer Affrikata verschoben.Die heutige Hochsprache folgt dem Ostfränkischen. Das Lateinische Alphabet war für die Lautverschiebung nicht geeignet, die Schreiber hatten also ihre liebe Mühe.

Medienverschiebung: Stimmhafte, nimmt gegen Norden ab Sie hat nur im Strengalthochdeutschen Verbreitung gefunden.

2. Lautverschiebung siehe /62

Schwächung der Frikative, Deutsch hat den charakteristischen Þ- Laut verloren. Im englischen wurde „th“ aber noch erhalten.Umlaute bleiben in althochdeutscher Zeit noch ungeschrieben und erhalten erst im mittelhochdeutschen eine eigene Orthografie.

5.2.3. Phonemsystem des Althochdeutschen und des OstfränkischenMB 29/64 und /65

Reich bestückt an Diphtongen und Umlauten und auch das Konsonantensystem hat Zuwachs bekommen.

5.2.4. Flexionsmorphologie des Althochdeutschen MB 30Der Instrumentalis ist bereits im Rücklauf, im Mittelhochdeutschen ist er dann ausgestorben. Althochdeutsch ist eine dag-Sprache.

5.3. Literatur des AlthochdeutschenGroßkorpussprache mit geringerer Überlieferungsdichte als Altenglisch.80 Runeninschriften um das 6. Jhdt.. Die Runenzeit war im Südgermanischen Raum nur über 2-3 Generationen, das abrupte Ende folgte im 6. Jhdt durch die Christianisierung. Es wurde da noch auf Voralthochdeutsch geschrieben, weil es noch keine 2. Lautverschiebung gab.

Es gibt eine überlieferungslose Zeit um 600 bis ins frühe 8. Jhdt- 100 Jahre also keine Überlieferungen.Das meiste an Überliefertem stammt aus dem 9. Jhdt, z.B.:

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Evangelienbuch Tacian und Otfried v. Weißenburg. Die transportieren direkt und indirekt christliche Ideologien.

Aus der Spätzeit ist uns ein Autor bekannt: Notker Labeo Teufonicus, ✝1022.

Nur wenige Werke dieser Zeit sind nicht christlich beeinflusst, wie z.B. Merseburger Zaubersprüche. Diese sind älter als der Rest, wie alt genau sie sind, ist unklar.

Hildebrandlied : 68 Verse, nur in einer HS aus dem Kloster Fulda erhalten. Es besteht aus 2 Seiten, die als Schreibübung in einer Bibel als Füllsel geschrieben stehen. Um 830 geschrieben, aber die älteste überlieferte germanische Heldendichtung. Es ist eine sprachliche Mischung aus einem Nieder-und Hochdeutschem Text.

12. Vorlesung

Letzte Std.: AlthochdeutschDialekte, -landschaften: Sind im Großen und Ganzen wie die von heuteTerminologie: theodiscus, keine sprachgenetische Bezeichnung, wie urnordisch etc. sondern meint volkssprachlich, steht also im Gegensatz zu latein und bezog sich zuerst auf Altenglisch.2. Lautverschiebung: am stärksten im SüdenPhonemsysteme der althochdeutschen Dialekte: Zuwachs durch LautwandelprozesseBsp. Altes Vaterunser vgl. Paternoster

Literatur: steht in Tradition der Gedächtniskultur:

Hildebrandlied (Fortsetzung): gleich im ersten Satz erhebt es den Anspruch, urtümliche Dichtung zu sein. Hochdeutsche Vervollständigung, dann von niederdeutschem, saxonischem Redakteur bearbeitet -> wilder Mischmasch an Formen. Der Verfasser gibt an, dass er nicht der Urheber ist, sondern den Inhalt des Liedes selber nur gehört hat (orale Tradition).Hauptpartie des Liedes ist ein Dialog im Ausmaß von 50 Versen, Hildebrand spricht mit seinem Sohn Hadubrand. Der Vater erkennt den Sohn, obwohl er 30 Jahre von der Heimat weggewesen ist. Warum Hildebrand weg war, weiß man nicht. Von Hadubrand erfahren wir zumindest, dass Hildebrand einst ostwärts ging, weil er vor Otachas Hass floh. Ihm folgte Theodrich und seine Gefolgsleute. Das Comeback des alten steht unter einem ungünstigem Stern. Hadubrand glaubt, dass der Vater schon lange tot ist und Hildebrand ruft Gott als Zeugen für seine echte Vaterschaft an. Hildebrand will sich zu erkennen geben, wird aber verkannt, denn der Sohn glaubt, dass der alte ein listiger Hunne ist (Hildebrand will dem Sohn Gold schenken, Hadubrand glaubt, es ist hunnisches Gold und das Misstrauen steigt). In Vers 49 ruft Hildebrand dann ein zweites Mal Gott an, damit er ihm helfen solle. Das hilft aber alles nichts und beide, Vater und Sohn, beginnen zu kämpfen. Mitten im Kampf bricht die Überlieferung ab und wie das Ende ausgeht, weiß keiner. Die tragische Disposition des Textes weist aber darauf hin, dass der Vater den Sohn umbringt (siehe Ödipus). Die Quelle dafür ist eine altnordische, nämlich ein Hildibrandslied in der Asmundar saga kappabana. Dort erzählt Hildebrand, dass er seinen Sohn ermordet hat. Allerdings ist der Text aus dem Hochmittelalter, unser Text ist früher entstanden.

Lebensweltlich orientierter Text:Pharmazeutischer Text: 1. Basler Rezept /70

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Text stammt aus der Zeit um 800. Wie das Hildebrandlied wurde es im Kloster Fulda geschrieben. Es ist das älteste Beispiel für althochdeutsche Fachprosa. Der Text folgt einem Beipackzettelschema, dh. Zusammensetzung des Medikament, Dosierung, weitere Anwendungshinweise. Leider fehlt die Indikation für das Medikament, das im Text beschrieben ist. Es muss sich aber um eine äußerst teures, besonderes Medikament handeln, das gegen Fieber wirken sollte. Aus moderner Sicht lässt sich aber nicht ganz genau sagen, wogegen das Mittel war, denn die Wirkung der Zutaten hilft gegen viele Beschwerden.

Aus der ma. volksmedizinischen Literatur gibt es eigentlich nichts Vergleichbares.

Letzte Stunde: Althochdeutsch ist eine Großkorpussprache, ist im Umfang viel geringer als das Altenglische. 2/3 des Wortschatzes stammt nicht aus Texten, sondern aus Glossen! Das sind Übersetzungswörter, klärende Wortgruppen in mehreren Sprachen. Sie sind am Rand oder im Text angegeben und werden durch erläuternde lateinische Wörter komplettiert. Man schreibt über das betreffende Lemma (hier latein) das klärende Interpretament (althochdeutsch). Das ist ganz besonders! Es gibt über 1200 Codices mit 200 000 Einträgen, die 27 000 althochdeutsche Lexeme präsentieren. Bei Hildebrandlied wird uns der Wortschatz von Kriegern übermittelt, im Rezept haben wir einen Pharma- Wortschatz. Christliche Texte und Werke von kanonischen frühchristlichen Autoren sind in den Glossen auf uns gekommen. Diese wurden aus schulischen Zwecken verwendet. Glossierungstätigkeiten von lateinischen HS ist keine exklusive Althochdeutsche Sache, besonders ist aber die immense Menge!

/71: Glossen in BSB München:Über dem Lemma (interlinear Glosse) steht das Althochdeutsche Interpretament. Wenn es am Rand steht heißt es Marginalglosse, wenn es daneben steht dann heißt es kontextuelle Glosse. Eine elaborierte Variante sind die gelösten Glossen, das sind gewissermaßen Wortlisten, also Wörterbücher.

/72: Das früheste Bsp. ist der Textglossar Abrogans aus der Stiftsbibliothek St. Gallen. Es war für alttestamentarische Texte gedacht. Dieser Glossar war ursprünglich ein Latein-Latein-Lexikon, dh. das Lemma und das Interpretament waren latein. Beides wurde dann ins althochdeutsche übersetzt. Das althochdeutsche war zur Entstehungszeit des Abrogans im christlichen Wortschatz noch nicht so gut ausgeprägt. Termini technici wurden erst etwas später eingeführt.

5.4. Kultur des Althochdeutschen:Problem der alltäglichen Kommunikation in einer Fremdsprache

Lateinkenntnisse waren nur beschränkt vorhanden. In der Karolinger- und Ottonen-Zeit wurde Latein nur in Klöstern und im hofnahen Adel verwendet.W: Romanisch, altfranzösischO: AlthochdeutschIn den Quellen sind einige Personen genannt, die beide Sprachen beherrschten. Sie stammten meist aus grenznahen Gebieten. Einen zweisprachigen Unterricht hat es natürlich nicht gegeben. Unterrichtssprache war Latein.

Schwierigkeiten des Erwerbs und Gebrauchs der „Fremdsprache“ Deutsch:

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Wie moderne Reiseführer, die im Anhang einen kleinen Sprachführer haben, so gab es auch sowas für die damalige Zeit, so genannte Gesprächsbücher:

/73: Kasseler Glossen, aus dem frühen 9.Jhdt., bestimmt für einen Romanen (=altfranz. Sprecher). Altbairisches Vokabular zu Körperteilen und grundsätzlichen Fragen (Wie heißt dieser Mann? Aus welchem Land kommst du? etc.)

Der Autor war wohl ein bairischer Adeliger, der sich im altfranz. Bereich mit Latein durchschlagen konnte. Umgekehrt hätte ein Romane mit Latein und Altfranz. im alltäglichen Bereich des Ostens wohl keine Chance gehabt- deshalb gab es diese Glossen.Die Reiseführer bieten „Sprechsprache“, dh. es ist keine hohe Literatur, sondern alltägliche Gespräche. Deshalb kommen auch Obszönitäten darin vor (Hundes Arsch in deine Nase!).

6. Altsächsisch (zusammenfassend behandelt)Bibliografie

6.1. Historischer HintergrundAlles wissenswerte haben wir bereits gehört:Starke sächsische Gruppen, die sich unter den Piraten befunden haben, die den Ärmelkanal und Umgebung unsicher gemacht haben.Unter den Einwohnern in BritannienKarl der Große hat im späten 8. Jhdt. in jahrelangen Kämpfen, ansässige Sachsen unterworfen.Das hl. römische (= karolingisches) Reich ist später sogar von einer sächsische Dynastie regiert worden.

6.2. SpracheDas altsächsische ist eine eigenständige westgerm. Sprachvarietät, die mit dem altengl. nicht näher verwandt ist, aber ältere Gemeinsamkeiten mit dem altengl und altfries., und jüngere Gemeinsamkeiten mit dem Althochdeutschen hat. Manchmal wird das altsächsische als altniederdeutsch bezeichnet, denn die 2. Lautverschiebung wurde nicht durchgeführt. Niederdeutsch vs. Hochdeutsch. Innerhalb des Hochdeutschen gibt es das Oberdeutsche, wo die Lautverschiebung total durchgeführt wurde. Es gibt noch das Mitteldeutsche, da wurde sie nur teilweise durchgeführt.

6.3. Literatur/74: Altsächsisches Paternoster, elaborierte Versionaltsächsischer stimmhafter Reibelaut: đ (anstelle von þ)Das Vaterunser ist länger, denn es ist nicht Prosa, sondern Stabreimdichtung! In der Stabreimdichtung gibt es 1 Versform: die Langzeile. Sie besteht aus 2 Teilen (Anvers und Abvers), die durch eine Mittelzäsur, ein Spacium getrennt sind. In jedem der beiden Teile gibt es 2 metrisch hervorgehobene Hebungen, gesamt also 4 Hebungen. Diese werden durch die Alliteration (Klangelement) verbunden. Gleiche Konsonanten alliterieren miteinander- also f mit f, k mit k, etc.. st, sp, sk alliterieren nur mit sich selbst- also st mit st, etc. Die Verteilung der Alliterationen: 1. Hebung im Abvers muss mit einer oder beiden Hebungen im Anvers alliterieren.Andere Alliterationsverse sind im Beowulf zu finden und im Hildebrandlied.

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13. Vorlesung

Wdh. letzte Stunde9.Jhdt. - 1200: AltsächsischDas Altsächsische ist eine Kleinkorpusprache. Vom Textumfang her ist mehr überliefert als z.B im Gotischen und anders als beim Gotischen gibt es in der Grammatik keine Leerstellen. Die Überlieferung des Altsächsischen ist ziemlich einseitig, dh. eher christlich. Das was tatsächlich überliefert ist, reicht nicht aus, dass der Großteil des Wortschatzes uns bekannt ist.

Der längste Text ist der Heliant (Paternoster). Es ist eine Evangelien-Harmonie von ca. 830. Beinahe 6000 Verszeilen sind überliefert. Es gibt auch mehrere HS als von Beowulf oder dem Hildebrandlied. Vom Heliant gibt es 2 fast vollständige HS und 4 Fragmente.

Die weitere Überlieferung ist wenig aufregend, es sind christliche Texte

Dem Altsächsischen folgt chronologisch das Mittelniederdeutsche, die Sprache der Hansezeit.

7. Altnordisch/ Altisländisch (zusammenfassend behandelt)siehe PS AltnordischBibliografie S.7

7.1. Historischer HintergrundWikingerzeit ab Ende 8. Jhdt. (793 Überfall auf Kloster Lindisfarne) bisMitte 11. Jhdt./ Ende 11. Jhdt. (Schlacht von Stamfordbridge)

Christianisierung in Skandinavien:Sehr zögerliche Verbreitung. Auf Island im Jahre 1000 in einem allgemeinen Beschluss entschieden. Das ist unique. Einzelne widerständige Gebiete wie Uppland sind erste im 11. Jhdt. bekehrt worden.

7.2. SpracheIm 6. und 7. Jhdt. gab es eine bewegte Zeit in der Sprachgeschichte mit Umlauten, Brechungen, Assimilationen etc. Das Urnordische ist schlagartig und tiefgreifend verändert worden zum Altnordischen um 700. Die Phase von 500-700 nennt man Späturnordisch. Innerhalb des Altnordischen haben sich dialektale Unterschiede nur langsam entwickelt. Die Sprache des alten Island ist eine Kolonialsprache. Das Altisländische ist am konservativsten.MB 34/75: Vater unser

7.3. Literatur3700 TexteAltnordisch: GroßkorpusspracheAltisländische Texte aus der Mitte des 12. Jhdts.Viele Texte verarbeiten alte Motive, dh. altgermanische Gedächtniskultur. Ohne diese Texte wären unsere Kenntnisse über die vorchristliche Kultur nur sehr gering.3 unique Gattungen:• Sagaliteratur: künstlerisch anspruchsvolle Prosaliteratur.• Skaldendichtung

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• Liederedda: älteste Texte aus dem 9. Jhdt., lange orale Tradition, verschriftlicht im späten 13. Jhdt.

Das Altdän., Altschwed. und Altnorwegische sind schlecht überliefert. Das Altgotländische galt als eigene Sprache.

8. AltfriesischBibliografie: ganz neu Rolf Bremmer

8.1. Historischer HintergrundDie Friesen waren immer schon da, wo sie heute sind, in der Nordsee.Bei Plinius und Tacitus erfahren wir ab dem 1. Jhdt. von den Frisii.Friesland als Teil des Frankenreiches. Ab dem 12. Jhdt. ist eine Zentralgewalt rückläufig. Spätestens ab dem 14. Jhdt spricht man von der Friesischen Freiheit. Das soziale Gefälle zwischen dem Adel/ Großbauern und der normalen Bevölkerung war wesentlich geringer als zeitgleich in Deutschland. Ein Amtsherzogtum, einen Vertreter des deutschen Kaisers hat es wohl nicht gegeben. Die Friesen waren frei, aber nicht gleich.

Exkurs:Es besteht die Möglichkeit einer 3. Kultur neben den Kelten und den Germanen. Die Friesen könnten diese 3.Gruppe sein. Namen von Friesen lassen sich nicht gut vom germanischen her erklären. Das Friesische hat sehr viele etymologisch dunkle Wörter.Mit Untergang des Weströmischen Reiches werden die Friesen an den Rand gedrängt. Ab dem 5.Jhdt. gibt es nicht viele Infos zu den Friesen. Zu dieser Zeit waren sie wohl schon germanisiert.Das 7./8. Jhdt. ist geprägt von Kämpfen des kleinen friesischen Gebietes mit dem mächtigen Nachbar Franken. Ab 800 wurde es in das Reich Karl des Großen eingegliedert. Ansätze einer Christianisierung gab es schon früher, durch Verbindungen nach England über den Ärmelkanal. Während des 7. Jhdts. haben die Fr. eine intensive Handelstätigkeit verfolgt, das führte zu Wohlstand. In der Wikingerzeit war das ein Nachteil, weil geplündert wurde. Das Handelszentrum schlechthin Dorestad, am Niederrhein, wurde innerhalb von 30 Jahren 6 Mal geplündert. Ab 863 wird es dann kaum mehr erwähnt. Zu dieser Zeit ist auch die Besiedlung der Nordfriesischen Inseln und der Westküste von Schleswigholstein. Durch den isolierten Charakter der einzelnen Inseln muss es sich um abgeschlossene Dialektgemeinschaften gehandelt haben. Die Kontakte nach Außen passierten über Fremdsprachler.Exkurs Ende

8.2. SpracheDie eine Standardsprache hat es nicht gegeben.

8.2.1. Dialekte des AltfriesischenAlte Sprache der Siedler, ein Altnordfriesisch ist nicht belegt. Wir haben nur eine Art residualfriesisch. Es zerfällt in 2 Gruppen (der Fluss Lauwers trennt die Gruppen in Altwest- und Altostfriesisch). Die meisten Altfriesichen Texte und die prominenten des 13. und 14. Jhdt stammen aus dem Altostfriesischen. Die meisten WB, Grammatiken etc. haben das Altostfriesische als Grundlage. Es gibt 2 Dialekte:

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Weserostfriesisch (Landschaft Rüstringen) und Emsostfriesisch (das Gros der Texte) Im 15. Jhdt ist es vom Mittelniederdeutschen verdrängt worden. Im 15. Jhdt setzt in Westfriesland die Überlieferung ein.

Exkurs: Das moderne Friesische ist dialektal sehr stark aufgespalten, West-, Ost- und Nordfriesisch.

WestfriesischEine schriftsprachliche Norm und ein Wörterbuch gibt es nur im Westfriesischen. Es gibt davon ca. 320 000 Sprecher.

Nordfriesisch8 000 bis 10 000 Sprecher

Ostfriesisch1500 bis 2500 Sprecher

Alle Sprecher sind mindestens 2-sprachigExkurs Ende

8.2.2. Historische Phonologie:Das Altfriesische ist dem Altenglischen sehr ähnlich.Nasalschwund (m,n) in der Position vor FrikativenMehr und stärkere Aufhellungen im AltfriesischI-Umlaut, ähnlich Altenglisch: Velare Vokale sind betroffen. Alles wird zu kurz/lang e umgelautet. Das führt dazu, dass Texte e-lastig sind.Palatalisierung/Assibilierung: g und k werden gezischt. Die altfriesischen Schreiber haben sich bemüht, neue Zeichen für die neuen Laute zu finden, siehe MB 36/80

8.2.3. Phonemsystem um 1300Die Vokale sind nicht so zahlreich vorhanden, denn es gibt keine eigenen Umlaut und Aufhellungsphoneme. Auch an Diphtongen ist es ärmer.Die Konsonanten sind bis auf einen „dsch“-Laut im altenglischen ganz gleich dem Altenglischen.

8.2.4. FlexionsmorphologieNom.Sg. NullendungInstrumental gibt es als eigene Kategorie nicht mehr

8.3. Literatur des AltfriesischenGrößere Kleinkorpusspracheaußer den Urkunden gibt es nur 25 Sammelhandschriften, aus denen eine Grammatik erstellt werden kann. Die Überlieferung ist einseitig, der Großteil sind Rechtstexte.

Aus dem frühen MA haben wir 20 Runeninschriften aus dem 6. -9. Jhdt.Inschrift Webschwert von Westeremden, MB 37/84

Überlieferung ab dem späten 13. Jhdt. Ende des Altfriesischen im 16. Jhdt.

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Landschaftsrechte bis ins 11. Jhdt. zurück. Große Menge an Rechtsquellen, die in Volkssprache verfasst sind! Nicht in Latein.

Brockmer HS, spätes 13. Jhdt., /85

8.4. Kultur: keine Angaben

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