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gg. 33, Heft 25/26 K. BETKE, L. BICKttOFF, M KAM~iJLLEI~ und F. HELPENSTEIN: Lymphknotenreaktion. 619 1. J~fli 1955 CYT OL 0 GISCHE UNTERSUCHUNG DER LYMPH KN 0TENRE AKTI ON NACH ANTIGEN- UND FREMDK(iRPERINJEKTION BEI DER WEISSEN MAUS. Won K. BETKE, L. BICKiIOFF, M. KA~IIVIi;LLER und i% HELPENSTEIN. Aus der Un[versitfits-Kinderklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. W. ~ELLER). Die experimentelle Lymphknotenforschung hat in den letzten Jahren ein betrt~chtliehes Material fiber die l~eaktion der Lymphknoten auf parenterale Ein- verleibung yon antigenen Substanzen erbraeht. Das Hanptgewicht lag daranf, die eintretenden morpho- logischen Ver~nderungen mit dem Anstieg der sero- logisch nachweisbaren AntikSrper in Korrelation zu bringen. Es wurde aber kaum untersueht, welehe Wirkung die Injektion yon einfaehen FremdkSrpern hat, die keine antigene Wirkung besitzen. Wir haben uns daher seit 1951 in 8Untersuchnngsreihen: mit dieser Frage bescht~ftigt. Die Ergebnisse der Unter- suchungen sollen hier zusammenfassend mitgeteilt werden; n~here Einzelheiten linden sieh in 8 Disser- tationen (BIcKIIOFF, KA~i~LLER, HELPENSTEIN). Material und Methodik. Als Versuchstiere dienten junge erwachsene weige M~use. In der ersten Serie warden einsehliel31ieh Kontrolltieren 60, in der zweiten Serie 99, in der dritten Serie 163, insgesamt Mso 322 M/~use untersueht. Die Tiere warden zu drift oder zu viert in ger/~umigen G1/tsern gehalten, und zwar jewefls 1 Kontroll- tier und 2 odor 3 Versuehstiere, nm gleiehartige Versuchs- bedingungen zn erreichen. Die Tiere wurden ad libitum mit K6rnerfutter und Wasser ernahrt. Antigene Substanzen. 1. Milzbrandserum ad usum hu- manure vom Rind (Behringwerke). 2. Ruhrvaccine (Behring- werke). Nichtantigene Subslanzen. 1. Carbo medicinalis (Merck) in Pulverform als 2%ige Aufschwemmung in physiologiseher KochsalzlSsung. 2. Sandstaub a]s 2%ige Aufsehwemmung in physiologischer KoehsalzlSsung. tIierzu wurde Seesand im MSrser geklopft und zerrieben, mit Wasser aufgeschwemmt nnd 30 rain der Sedimentation iiberlassen. Der milchig ge- triibte Ubersfand, der nar noch feinste Sandpartikel (und wohl aueh Porzellanparfikel) enthielt, warde abgehebert und zentrifugiert. Das Sediment warde im Porzellantiegel gegliiht und anschliel?end als 2%ige Aufsehwemmung in physio- logiseher KochsMzl6sung suspendiert.- Die Noble- wie die Sandprgparation warde darch Einste]len in ein koehendes Wasserbad sterilisiert. Darch Verimpfen auf Bouillon wurde die Sterilitgt gepriift. In Erggnzungsversuehen der dritten Serie warde Saponin in 0,1%iger LSsung, steriles destilliertes Wasser und sterile physiologische KochsMzlSsung verwendet. Vorgehen. Die Tiere erhMten ein- oder mehrmals im Abstand yon 2 Tagen die Substanzen in einer Menge yon 0,1 cm 3 subcutan in das reehte Vorderbein injiziert. Naeh verschiedenen Zeitabst/~nden warden die Tiere mit Chloro- form getOtet. Bei der sofortigen Sektion warden beiderseits axillar die Lymphknoten aufgesucht und herausprttpariert. Die Lymphknoten wurden mit einer feinen Sehere quer darch- schnitten nnd mit der Sehnittfliiehe atff Objekttriiger getupft. In den ersten Versuchen warden Sehmierpr~parate angefertigt, die jedoeh nicht so sch6ne Bilder ergaben. Ft~rbung nach MAY-GRtiXWALD-GIE~SA unter Verwendung yon kohlen- st~urefreiem doppelt destilliertem Wasser. -- Blutbilder warden vor TStung der Tiere aus Sehwanzblut hergestellt. Auswertung. Auf eine makroskopisehe Bearteilung der Lymphknoten warde verziehtet, da die Gr6Benvariationen bei versehiedenen Tieren normMerweise sehon sehr erheblieh sind. Die Tupf- bzw. Ansstrichsprttparate wlrden erst bei sehwacher Vergr6Berung darchmustert, nm einen allgemeinen Eindruek zu erhalten; anschlieBend ~n~rden die Zellen mit 01immersion nigher untersucht. An diesen qualitativen, mehr nur in snbjektiven TerminJs fixierbaren Arbeitsgang wurde eine Zt~hlung und Differenzierung yon 2000--4000 Zellen ange- sehlossen. Hierbei warde das Gesichtsfeld immer wieder blind geweehselt, da die einzelnen Zellformen unregelmggig in den Pr~paraten verteilt zu liegen pflegten. Die gefundenen Zellformen warden dabei nar in 4 grob geteilte Klassen rubriziert: 1. lymphatische Zellen, 2. reticul~re Zellen, 3. Reiz- formen, 4. Sonderformen. Zu Gruppe 1 gehOren die Lympho- cyten und Lymphoblasten, die normalerweise 98--99% aller Zellen ausmachen. Gruppe 2 enth~lt alle retieul£ren Zellen, soweit sie nicht bei 3 und 4 einzuordnen sind. Kriterinm ist der I/~dig-netzige oder auch kSrnige Bau des Kerns. f~ber- wiegend handelt es sich dabei um lymph~tisehe Reticulum- zellen naeh der Nomenklatur yon MOESeJ~LIlV. In Gruppe 3 sind alle Zellen mit einer hervorsteehenden Basophilie des im Verh~ltnis zum Kern meist groBen Pl~smaleibs enthalten, also vor allem Plasmaze]len und Plasmoblasten (MoEseKLI~). Gruppe 4 enthalt, in Einzelnotizen aufgefiihrt, vorkommende besondere Zellformen wie Mastzellen, Endothe]ien, M&kro- phagen, Riesenzellen. Die Vorziige dieser groben Xlassifizie- rung in Verbindung mit einer qualitativen Beschreibung haben wir an anderer Stelle auseinandergesetzt (BETK~). Ergebnisse. 1. VergIeich der Wirkung yon Kohle und Ruhr- vaccine. Nach 4maliger Injektion der Substanzen ergab sich bei beiden Tiergruppen eine Vermehrung reticu]/irer Zellelemente, und zwar vorzugsweise der sog. groBen lymphatischen Reticu]umzellen. Es wurde nach 8 Tagen, 14 Tagen und naeh 4 Wochen unter- sucht. Der H6hepunkt der Reaktion lag bei 14 Tagen. Die mit Kohle behandelten Miiuse reagierten mit einem Durchschnitt yon 14% Reticulumzellen st/irker als die mit Ruhrvaceine behande]ten, die 7,5% er- reichten. Die Kontrolltiere hatten Werte yon 1,0 bis 1,5%. Die Reaktion war nach 4:Wochen noch nicht abgeklungen. -- Neben den ]ymphatischen Reticulum- zellen vermehrten sich auch die Zellelemente der Gruppe 3 (Eeizformen), wobei es sich nach 8 und 14 Tagen vornehmlich um gr6Bere Zellen mit reticu- l~rem Kernbau handelte, also Plasmoblasten, w~h- rend typische P]asmazellen weniger h~ufig zu linden waren. Erst nach 4 Wochen traten reife Plasmazellen st/~rker hervor. Die mit Kohle behandelten Tiere zeigten eine lebhaftere l%eaktion a]s die mit Vaccine behandelten. Im Vergleich der Lymphknoten aus der rechten Axilla (Injektionsseite) und linken Axilla ergab sich weder fiir die Reticulumze]len noch fiir die Reiz- formen eine Differenz. 2. Ve~yleieh der Wirkung yon Fremdserum und yon Sandstaub. Nach beiden Substanzen ergab sieh eine retieul/h'e Reaktion. Sie war schon nach 2 Tagen nachweisbar, erreichte ihren HShepunkt 10 Tage nach der ersten Injektion und ebbte dann wieder ab. Erst nach 8 Wochen waren wieder normale Zahlen Ifir Reticu]umzellen erreicht. Auch bier war ~Jeder, und zwar schon nach 2 Tagen, die Gegenseite im g]eichen Sinn wie die Injektionsseite ver~ndert. Die St~rke der l%eaktion war bei beiden Tiergruppen ann/£hernd gleich: nach 10Tagen wurden bei den ,,Serum"- Tieren im Durchschnitt 5,5%, bei den ,Sand:'- Tieren 4,5 % Reticulumzellen gez~h]t. In bezug auf die Reizformen ergab sich jedoch ein abweichendes Verhalten gegenfiber den Ergebnissen der ersten Versuchsreihe. W~hrend bei den ,,Serum"-

Cytologische Untersuchung der Lymphknotenreaktion nach Antigen- und Fremdkörperinjektion bei der weissen Maus

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Page 1: Cytologische Untersuchung der Lymphknotenreaktion nach Antigen- und Fremdkörperinjektion bei der weissen Maus

gg. 33, Heft 25/26 K. BETKE, L. BICKttOFF, M KAM~iJLLEI~ und F. HELPENSTEIN: Lymphknotenreaktion. 619 1. J~fli 1955

CYT OL 0 GISCHE U N T E R S U C H U N G D E R LYMPH KN 0 T E N R E AKTI ON NACH ANTIGEN- UND F R E M D K ( i R P E R I N J E K T I O N BEI D E R W E I S S E N MAUS.

Won

K. BETKE, L. BICKiIOFF, M. KA~IIVIi;LLER und i% HELPENSTEIN. Aus der Un[versitfits-Kinderklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. W. ~ELLER).

Die exper imente l le Lymphkno ten fo r schung h a t in den l e tz ten J a h r e n ein betrt~chtliehes Mater ia l fiber die l~eakt ion der L y m p h k n o t e n auf pa ren te ra l e Ein- ver le ibung yon an t igenen Subs tanzen erbraeht . Das H a n p t g e w i c h t lag daranf , d ie e in t r e t enden morpho- logischen Ver~nderungen mi t dem Anst ieg der sero- logisch nachweisbaren An t ikSrpe r in Kor re l a t i on zu br ingen. Es wurde aber k a u m unte rsueh t , welehe W i r k u n g die I n j e k t i o n yon einfaehen F r e m d k S r p e r n ha t , die keine an t igene W i r k u n g besi tzen. Wi r haben uns dahe r seit 1951 in 8Unte r suchnngs re ihen : m i t dieser F r a g e bescht~ftigt. Die Ergebnisse der Unte r - suchungen sollen hier zusammenfassend mi tge te i l t werden; n~here Einze lhe i ten l inden sieh in 8 Disser- t a t i onen (BIcKIIOFF, KA~i~LLER, HELPENSTEIN).

Material und Methodik. Als Versuchstiere dienten junge erwachsene weige M~use.

In der ersten Serie warden einsehliel31ieh Kontrolltieren 60, in der zweiten Serie 99, in der dritten Serie 163, insgesamt Mso 322 M/~use untersueht. Die Tiere warden zu drift oder zu viert in ger/~umigen G1/tsern gehalten, und zwar jewefls 1 Kontroll- tier und 2 odor 3 Versuehstiere, nm gleiehartige Versuchs- bedingungen zn erreichen. Die Tiere wurden ad libitum mit K6rnerfutter und Wasser ernahrt.

Antigene Substanzen. 1. Milzbrandserum ad usum hu- manure vom Rind (Behringwerke). 2. Ruhrvaccine (Behring- werke).

Nichtantigene Subslanzen. 1. Carbo medicinalis (Merck) in Pulverform als 2%ige Aufschwemmung in physiologiseher KochsalzlSsung. 2. Sandstaub a]s 2%ige Aufsehwemmung in physiologischer KoehsalzlSsung. tIierzu wurde Seesand im MSrser geklopft und zerrieben, mit Wasser aufgeschwemmt nnd 30 rain der Sedimentation iiberlassen. Der milchig ge- triibte Ubersfand, der nar noch feinste Sandpartikel (und wohl aueh Porzellanparfikel) enthielt, warde abgehebert und zentrifugiert. Das Sediment warde im Porzellantiegel gegliiht und anschliel?end als 2%ige Aufsehwemmung in physio- logiseher KochsMzl6sung suspend ie r t . - Die Noble- wie die Sandprgparation warde darch Einste]len in ein koehendes Wasserbad sterilisiert. Darch Verimpfen auf Bouillon wurde die Sterilitgt gepriift.

In Erggnzungsversuehen der dritten Serie warde Saponin in 0,1%iger LSsung, steriles destilliertes Wasser und sterile physiologische KochsMzlSsung verwendet.

Vorgehen. Die Tiere erhMten ein- oder mehrmals im Abstand yon 2 Tagen die Substanzen in einer Menge yon 0,1 cm 3 subcutan in das reehte Vorderbein injiziert. Naeh verschiedenen Zeitabst/~nden warden die Tiere mit Chloro- form getOtet. Bei der sofortigen Sektion warden beiderseits axillar die Lymphknoten aufgesucht und herausprttpariert. Die Lymphknoten wurden mit einer feinen Sehere quer darch- schnitten nnd mit der Sehnittfliiehe atff Objekttriiger getupft. In den ersten Versuchen warden Sehmierpr~parate angefertigt, die jedoeh nicht so sch6ne Bilder ergaben. Ft~rbung nach MAY-GRtiXWALD-GIE~SA unter Verwendung yon kohlen- st~urefreiem doppelt destilliertem Wasser. - - Blutbilder warden vor TStung der Tiere aus Sehwanzblut hergestellt.

Auswertung. Auf eine makroskopisehe Bearteilung der Lymphknoten warde verziehtet, da die Gr6Benvariationen bei versehiedenen Tieren normMerweise sehon sehr erheblieh sind. Die Tupf- bzw. Ansstrichsprttparate wlrden erst bei sehwacher Vergr6Berung darchmustert, nm einen allgemeinen Eindruek zu erhalten; anschlieBend ~n~rden die Zellen mit 01immersion nigher untersucht. An diesen qualitativen, mehr nur in snbjektiven TerminJs fixierbaren Arbeitsgang wurde eine Zt~hlung und Differenzierung yon 2000--4000 Zellen ange- sehlossen. Hierbei warde das Gesichtsfeld immer wieder blind geweehselt, da die einzelnen Zellformen unregelmggig in

den Pr~paraten verteilt zu liegen pflegten. Die gefundenen Zellformen warden dabei nar in 4 grob geteilte Klassen rubriziert: 1. lymphatische Zellen, 2. reticul~re Zellen, 3. Reiz- formen, 4. Sonderformen. Zu Gruppe 1 gehOren die Lympho- cyten und Lymphoblasten, die normalerweise 98--99% aller Zellen ausmachen. Gruppe 2 enth~lt alle retieul£ren Zellen, soweit sie nicht bei 3 und 4 einzuordnen sind. Kriterinm ist der I/~dig-netzige oder auch kSrnige Bau des Kerns. f~ber- wiegend handelt es sich dabei um lymph~tisehe Reticulum- zellen naeh der Nomenklatur yon MOESeJ~LIlV. In Gruppe 3 sind alle Zellen mit einer hervorsteehenden Basophilie des im Verh~ltnis zum Kern meist groBen Pl~smaleibs enthalten, also vor allem Plasmaze]len und Plasmoblasten (MoEseKLI~). Gruppe 4 enthalt, in Einzelnotizen aufgefiihrt, vorkommende besondere Zellformen wie Mastzellen, Endothe]ien, M&kro- phagen, Riesenzellen. Die Vorziige dieser groben Xlassifizie- rung in Verbindung mit einer qualitativen Beschreibung haben wir an anderer Stelle auseinandergesetzt (BETK~).

Ergebnisse.

1. VergIeich der Wirkung yon Kohle und Ruhr- vaccine. Nach 4maliger I n j e k t i o n der Subs tanzen ergab sich bei be iden T ie rg ruppen eine Vermehrung reticu]/irer Zel lelemente, und zwar vorzugsweise de r sog. groBen lympha t i s chen Ret icu]umzel len. Es wurde nach 8 Tagen, 14 Tagen und naeh 4 Wochen unte r - sucht . Der H 6 h e p u n k t der R e a k t i o n lag bei 14 Tagen. Die mi t Koh le behande l t en Miiuse reag ie r ten m i t e inem Durchschn i t t yon 14% Ret icu lumze l len s t / i rker als die mi t Ruhrvace ine behande] ten , die 7,5% er- reichten. Die Kon t ro l l t i e re h a t t e n W e r t e yon 1,0 bis 1,5%. Die R e a k t i o n war nach 4:Wochen noch n ich t abgeklungen. - - Neben den ]ympha t i schen Re t i cu lum- zellen ve rmehr t en sich auch die Zel le lemente der Gruppe 3 (Eeizformen), wobei es sich nach 8 und 14 Tagen vornehml ich u m gr6Bere Zellen m i t re t icu- l~rem K e r n b a u handel te , also P lasmoblas ten , w~h- rend typ i sche P]asmazel len weniger h~ufig zu l inden waren. E r s t nach 4 Wochen t r a t e n reife P lasmaze l len st/~rker hervor . Die m i t Koh le behande l t en Tiere zeigten eine lebhaf te re l%eaktion a]s die mi t Vaccine behande l ten .

I m Vergleich der L y m p h k n o t e n aus der rech ten Axi l la ( Injekt ionssei te) und l inken Axi l la e rgab sich weder fiir die Ret iculumze] len noch fiir die Reiz- formen eine Differenz.

2. Ve~yleieh der Wirkung yon Fremdserum und yon Sandstaub. Nach beiden Subs tanzen ergab sieh eine retieul/h'e Reak t ion . Sie war schon nach 2 Tagen nachweisbar , erreichte ihren H S h e p u n k t 10 Tage nach der e rs ten I n j e k t i o n und ebb te d a n n wieder ab. E r s t nach 8 Wochen waren wieder normale Zahlen Ifir Ret icu]umzel len erreicht . Auch bier war ~Jeder , und zwar schon nach 2 Tagen, die Gegensei te im g]eichen Sinn wie die In jek t ionsse i t e ver~nder t . Die St~rke der l%eaktion war bei be iden T ie rg ruppen ann/£hernd gleich: nach 1 0 T a g e n wurden bei den , ,Serum"- Tieren im Durchschn i t t 5 ,5%, bei den , S a n d : ' - Tieren 4,5 % Re t icu lumze l len gez~h]t.

I n bezug auf die Re iz formen ergab sich jedoch ein abweichendes Verha l t en gegenfiber den Ergebnissen der e rs ten Versuchsreihe. W~hrend bei den , ,Serum"-

Page 2: Cytologische Untersuchung der Lymphknotenreaktion nach Antigen- und Fremdkörperinjektion bei der weissen Maus

620 K . BETKE, L . BICKIIOFF, ~-1¢~. KAIHNi~LLEt~ u n d F . HELPENSTEIN" Lymphknotenreaktion. Klinische Wochenschrift

Tieren ein Anstieg bis auf 3% (nach 8 und 10 Tagen) festgestel]t wurde, blieben die Werte ffir I~eizformen bei den ,,Sand"-Tieren stets in der Streubreite der Xontrollen (0,5% als obere Grenze). Die Differenz liel3 sich statistisch sichern. Augerdem trat bei den Serumtieren eine statistisch gesicherte Differenz zwi- schen Injektionsseite und Gegenseite auf, indem die Werte ffir Reizformen auf der Gegenseite geringer waren.

Versuehsreihe 1 und 2 harmonierten also insofern nieht, als im ersten Fall ein einfacher ~'remdkSrper (Kohle) eine Proliferation yon geizformen ergab, wgh- rend das im zweiten Fall mit Sandstaub nieht ge- sehah. Abb. 1 zeigt die Versuchsergebnisse der beiden Versuehsreihen in gemeinsamer Darstellung. Um das

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32 ~0 ~8 56' T~e notch der z 3zfe~tion

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O0 ~ 8 7G 2q o'2 ~O ~8 53 Tage na.ch #erl,3nfekt/on

Abb. 1. ~eakt ion der 3Lym~hknoten naeh In jekt ion yon Kohle o - - % yon Sandstaub ~ - . ~ , yon 1~uhrvaccine e - - . - - o , yon Fremdserum I k - - A .

Schrafiiert: Streuungsbereich der ]~on~rollen. Oben: l~eaktion der l~eticulumzeHen; unten: t teaktion der l~eizformen.

fiberraschende Resnltat zu fiberprfifen, vor Mlem auch deswegen, weft die Serien 1 und 2 zu verschiedenen Zeiten durehgefiihrt und die Praparate yon verschie- denen Untersuchern ausgezahlt worden waren, wurde noch die Serie 3 angesetzt, in der die Wirkung yon Xohle, Serum und Sandstaub gleichzeitig geprfift wurde.

3. Vergleich der Wirkung von _Fremdserum, Kohle und Sandstaub. Die Substanzen wurden 3real im Abstand yon 2Tagen injiziert, die Tiere 10Tage nach der ersten Injektion getStet. Die Untersuchung bestatigte die Ergebnisse der ersten beiden Serien. Nach allen 3 Substanzen t ra t einc reticulare I~eaktion auf, auf Injektions- und Gegenseite in gleieher Starke. Sie war naeh Kohle am starksten ausgepragt. Reiz- formen bildeten sich in nennenswertem Umfang nur nach Kohle und Serum, und zwar wieder nach Kohle starker als nach Serum. Injektions- und Gegenseite diiferierten diesmal auch bei Serum nicht.

In Erganzungsversuchen wurde die Wirkung yon Saponin, Aqua desti]lata und physiologischer Koch- sMzlSsung studiert. Saponin ergab eine machtige Proliferation yon Reticulumzellen und Reizformen. Aber auch destflliertes Wasser und KoehsalzlSsung bewirkten geringe t~caktionen, und zwar eher bei physiologischer Kochsalzl6sung starker a]s bei Wasser. Durch den bloBen Stich der Injektionskaniile war

jedoeh keine l~eakgion zu erzielen, wie bereits in Serie 2 nachgewiesen wurde.

Das Verhalten des Blutbildes ~mrde in Versuehs- serie 2 naher verfolgt. Nur die Monoeyten zeigten ein gesetzmaNges Verhalten, indem sie schon wenige Tage naeh der ersten Injektion anstiegen. Der HShe- punkt der l~eaktion war naeh 8--12 Tagen erreieht, wobei knapp das 3faehe der Normalwerte gesehen wurde (6,8% im Durehsehnitt gegenfiber 2,5% bei den Kontrollen). ,,Sand"- und ,,Serum"-Tiere verhielten sieh gleieh. Die Lymphoeyten waren bis 4~ Wochen naeh der ersten Injektion nahezu unverandert; erst naeh 7 und 8 Woehen war eine Lymphoeytose zu beobaehten. Die Schwankungen der Eosinophilen waren uneharakteristiseh.

Bespreehung. Die Untersuchungen haben gezeigt, dab nach sub-

cutaner Injektion yon Antigen (Serum, Vaccine) wie yon Nichtantigen (Kohle, Sandstaub) in den Lymph- knoten eine reticulare I~eaktion eintritt, die ihren t tShepunkt etwa 10 Tage nach der ersten Injektion hat. Die nichtregionaren Lymphknoten sind davon in gleicher Weise ergriffen wie die regionaren. Der lokalisierte Gewebsreiz ergibt also eine genera]isierte Wirkung an den Lymphknoten.

Die retieulare Reaktion war naeh Vaccine-, Serum- und Kohleinjektion yon einer plasmacellularen t~eak- tion begleitet. Diese war charakterisiert durch das Auftreten yon groBen, stark basophilen Zellen, die man in der Cytologie meist als Plasmoblasten bezeichnet. Erst in den spateren Stadien der l~eaktion t ra ten typisehe Plasmazellen stgrker hervor, wenngleieh sie in geringer Zahl auch schon friiher zu finden waren.

Die experimentelle Cytologic hat gezeigt, dab zwischen dem Anftreten yon plasmacellularen Ele- menten und der Produktion yon AntikSrpern enge Beziehungen bestehen. Eine Vielzahl yon Unter- suehungen - - es seien bier uur EH~ICH, FAG~A~US, I-IAa~IS zitiert - - hat gezeigt, dag mit dem Anstieg serologiseh naehweisbarer AntikSrper morphologisch die Ausbildung groBkerniger stark basophiler Zellen gekoppelt ist, und man ist heute bereehtigt anzu- nehmen, dag diese Zellen die AntikSrper produzieren. Es ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob man die Zellen tatsaehlieh als lunge Plasmazellen (Plasmo- blasten) betraehtet, wie es racist gesehieht, oder ob man mit ~BEGEMANN n u r einen besondereu Funktions- zustand reticulgrer Zelldemente bzw. mit XLI~A t~eaktionsformen von Lymphocyten almimmt.

Wenn man somit den Satz gelten lassen kann: Die Antik5rper stammen aus Plasmazellen, dann durf man ihn jedoch nicht umdrehen und etwa sagen: Eine Plasmazelle produziert AntikSrper, gleichsam, als ob die Basophilie ein Indicator ffir die AutikSrper- produktion sei. Unter dem Eindruek unserer Ver- suche mit Kohle haben w4r schon 1951 auf dem Hamatologenkongrel~ in t~om bei der Diskussion fiber die AntikSrperbildung darauf hingewiesen, dab eiu solcher SchluB unzul~Lssig sei. In neuesten sorgfaltigen histologischen und cytologischen Untersuchungen kommen MASS~O~F und RIEC~SRT unabhangig yon uns zu dem gleichen Ergebnis. Andererseits vermiBten I tA~IS und H A ~ I s naeh Injektion niehtantigener Substanzen (Gelatine, Koehsalz, Lanolin-Mineral61) eine Bildung yon basophilen Elementen. Das mag

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Jg. 38, Hef~ 25/26 Kurze wissensehaftliche Mitteilungen. 621 I. Jnli 1955

zum Tell daran liegen, dab diese Autoren andere Versuehstiere (Kaninchen) verwendeten. Augerdem wurden die Materialien nur einmal injiziert, so dab vielleieht die l%eizwirkung nieht sehr hoeh war.

Wit haben weiter zeigen k6rmen, dag versehiedene FremdkSrper verschieden wirken k6nnen. Sandstaub lieB zwar eine reticul~re geak t ion entstehen,bewirkte jedoeh nieht die Bildung basophiler Zellen. MSg- lieherweise spielt hierbei die Ober!il~ehenaktivit~t eine Rolle, die Noble ja in hervorragendem Mag besitzt. Unter dieser Erwggung stellten , d r die Versuehe mi t SaponJn an, die tats~ehlieh eine ganz erhebliehe reticulate und plasmacellulgze Reaktion ergaben.

Von grunds~tzlieher Bedeutung seheint uns die Tatsaehe zu sein, dab aueh die nichtregion~ren Lymph- knoten sieh in gIeieher Weise ~md znr gleiehen Zeit veriinderten wie die region~ren. Lediglich in Serie 2 war bei Seruminjektion in bezug aui die geizformen eine quanti tat ive Differenz zwischen Injektionsseite and Gegenseite zu beobachten gewesen. Die Befunde spreehen gegen die Annahme, dab etwa die injizierten Substanzen setbst naeh Erreiehen des Lymphknotens die Vergnderungen bewirken. Bei Serum w/~r~ ein soleher Meehanismus allenfal]s noeh denkbar, bei Vaccine kaum noch, bei Kohle and Sand ganz sieher nicht. Sehon in den regionaren Lymphknoten haben wit niemals Xohlepartikel oder SandpartikeI ent- decken k6nnen. Bei Koh]e and Sandstaub ist es aueh ~uBerst unwahrscheinlich, dag irgendwelehe ISs- lichen Anteile eine solehe Fernwirkung hervorbringen kSnnten. Wir mSehten aus unseren Versuchen eher folgern, dab die Tatsache der Injekt ion selbst den Reiz darstel]t, der die Lymphknotenreakt ion bedingt. Dureh die eingebrachte Substanz wird lokal eine Zellirritation hervorgerufen. Wh' wissen dureh die Untersuehungen yon ~M~'ENKIN, dal3 dnreh lokale Zell- sehgAigung eine gauze Anzahl hoehwirksamer Stoffe freiwerden, die Fernwirkungen im Organismus ent- falten, z. B. Fieber bedingen kSnnen odor Leukoeytose. Es ware merkwfirdig, wenn sie die Lymphknoten nieht beeinflugten. Je naeh der physikaliseh-ehemisehen Natur des eingebraehten Stoffes kann dabei der Effekt quant i ta t iv nnd aueh qualitativ differieren, so dag in unserem Fall dam Fehlen yon Reiziormen naeh Sand nieht gegen die Annahme spricht.

Wit kommen so zu der Auffassung - - jedenf~(lls fiir die weige Maus, --- dal3 man bei den :Folgen der Einverleibung einer Fremdsubstanz 2 Dinge aus- einanderhalten mug :

1. Eine nnspezifisehe generalisierte Stimulierung des lymphatisehen Gewebes, die dutch eine reticulate und plasmaeellnl~re Proliferation gekennzeiehnet ist, und zwar gleiehgiiltig, o b die Substanz ein Antigen oder ein geeigneter FremdkSrper war.

2. Die Produktion yon AntikSrpern. Sic t r i t t ein, wenn die eingebrachte Snbstanz ein Antigen war -and lguit offensiehtlieh in den dutch die unspezifisehe Reaktion hervorgerufenen plasmaeellulg~ren Elementen ab. Es ist einleuehtend, dab sic in den regiong~ren L~Tnphlmoten rascher und starker vor sieh geht, als in den niehtregiongren (HARRIS und Mitarbeiter), da ffir die Prodnktion yon Antik6rpern die Gegenwart des Antigens erforderlieh ist (HAUROWITZ). Diese Vor- rangsVellnng der region~ren Lymphknoten bei der Einwirkung eines Antigens kann sieh aueh morpho- logiseh in einer st~rkeren I%eaktion maniiestieren (s. Serie 2, Serumversueh).

Es ist m6glieh, dab der unspezifische, plasma- cellulite Zellformen erzeugende Effekt yon geeig- ne~en FremdkSrpern die Grnndlage fiir die Wirkung yon sog. Adjuvantien (z. B. Aluminiumhydroxyd) dar- stellt, mit denen man in der Immmlisierungstechtfik die AntikSrperbildung bei sehwaehen Antigenen ver- st~rkt.

Zusa~men~assung. Weil3en M~usen wurde Fremd- serum, Ruhrvaccine, Kohle oder Sandst~ub subeutan injiziert. Naeh alien Substanzen zeigte sieh eine reti- culgre geakt ion in den Lymphknoten, and zwar in gleieher Stgrke in den region£ren wie in den nicht- region~ren. Nach Serum, Ruhrvaeeine und Kohle wurde angerdem eine Proliferation plasmaeellul/irer Elemente gesehen, ebenfalls sowohl in den regiongren wie in don niehtregiongren Lymphknoten. I m Fall der Seruminjektion war jedoeh die p]asmaee]lulgre Reak- tion ant der Injektionsseite stgrker. Saponin rief eine sehr starke retieul/ire and plasmaee]tul~re Reaktion hervor, ant Injektions- wie Gegenseite gleieh.

Es wird gelolgert, dal~ man bei der Injektion einer Fremdsnbstanz 2 Dinge auseinanderhalten mug: 1. eine unspezifisehe generalisierte Reizwirkung auf das lymphatische Gewebe, die aui die Tatsache der In- jektion an sieh erfolgt, ohne Riieksieht darauf, ob die Substanz ein Antigen war oder nieht. 2. Eine spezifisehe I~eaktion (z. B. AntikSrperbildung), die eintritt, wenn die einverleibte Substanz ein Antigen w a r .

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K U R Z E W I S S E N S C H A F T L

ZUM NACHWEIS KURZDAUERNDER IYV-EINWIRKUNG AUF SERUMEIWEISSE.

Von

Aus dem ~istologisch-]~mbryo]og[schen Ins~itut der ~[edizinischen Fakult~ l%ibeirg, o Preto, ]3rasilien.

(Eingegangen am 20. Januar 1955.)

Bekanntlich zeigen eiweil~- and polynncleotidhaltige Be- standtefle yon Zellen eine charakteristische Absorption yon ul~r~,violetter Strahlung, die bestimmte StoffweehselMstungen

I C H E M I T T E I L U N G E N .

soleher Zellen zu analysieren erlaubt. Nun sind dureh Arbeiten russischer Antoren 1, 2 Zweifel daran aufgetaucht, ob die Ultr~violettabsorption dieser Zellbestandteile fiberhaupt ein Merkmat lebender }Ia~erie ist oder ob sic nicht erst dureh eine Zellschadigung irgendwelcher Art ktinstlieh indnziert worden ist. :Die vorliegende Mitteilung versucht, diese Frage zun~chst im Hinblick auf die UV-Eigenschaften yon Serum- eiwei~k6rpern zu entseheiden.

Eine jede Messung der UV-Absorption ist zwangslgufig mit einer Einwirknng yon ultravioletter Strahlung ant die Probe verbunden. Es ist daher prinzipiell nicht m6glich zn