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DISS ETH Nr. 11057 Konstantin O. Papailiou Die Seilbiegung mit einer durch die innere Reibung, die Zugkraft und die Seilkrümmung veränderlichen Biegesteifigkeit

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  • DISS ETH Nr. 11057

    Konstantin O. Papailiou

    Die Seilbiegung mit einer durch die innere Reibung,die Zugkraft und die Seilkrmmung vernderlichen Biegesteifigkeit

  • DISS ETH Nr. 11057

    ABHANDLUNGzur Erlangung des Titels

    DOKTOR DER TECHNISCHEN WISSENSCHAFTENder

    EIDGENSSISCHEN TECHNISCHEN HOCHSCHULE ZRICH

    vorgelegt von

    Dipl. El.-Ing. TH BraunschweigDipl. Bau-Ing. Universitt Stuttgart

    geboren am 3.7.1946von Athen/Griechenland

    Angenommen auf Antrag von:Prof. Dr. H.-R. Meyer-Piening, Referent

    Prof. Dr. G. Oplatka, KorreferentDr. V. Esslinger, Korreferent

    1995

    Die Seilbiegungmit einer durch die innere Reibung,die Zugkraft und die Seilkrmmung

    vernderlichen Biegesteifigkeit

    Konstantin O. Papailiou

  • Fr meinen Vater

  • Zusammenfassung

    Die Seilbiegung stellt einen wichtigen Betriebszustand von Spiralseilen dar.Whrend des Biegevorganges verschieben sich die Drhte des Seiles gegenseitig,wobei die Reibung zwischen den einzelnen Drhten eine entscheidende Rollespielt. Durch die Biegeverformung bleiben auch die Querschnitte fr das gesam-te Seil nicht notwendigerweise eben. Dies muss in der Formulierung des An-satzes fr die Biegesteifigkeit des Seiles bercksichtigt werden.Unter Beachtung von allgemein anerkannten Grundstzen fr die Seilbiegung,wird im Rahmen dieser Arbeit ein Modell fr mehrlagige Spiralseile vorgestellt,das auf einer, durch die innere Reibung vernderlichen und von der Seilkrm-mung und von der Seilzugkraft abhngigen, effektiven Biegesteifigkeit basiert.Damit werden die Seillinie, die Seilkrmmung und die verschiedenen Kompo-nenten der in den einzelnen Drhten des Seiles herrschenden Spannungen be-rechnet. Mit dem neuentwickelten Seiltomographen werden durch Abtastender Seiloberflche, die Seillinie und die Seilkrmmung experimentell ermittelt.Dabei ist eine recht gute bereinstimmung zwischen Rechnung und Messungfestzustellen.Dieses Seilmodell wird auch auf Aluminium-Stahl-Verbundseile fr die Strom-bertragung erweitert und durch entsprechende Messungen besttigt. Anschlies-send wird damit, als wichtige Anwendung, die Ermittlung der Wechselbiege-spannungen, die in den einzelnen Drhten von solchen Leiterseilen bei wind-erregten Schwingungen entstehen, durchgefhrt und mit der heute blichen Be-messungspraxis verglichen. Durch die Bercksichtigung der von der innerenReibung herrhrenden Zusatzspannung, welche zusammen mit der Biegespan-nung die schwellende Lngsspannung in den Seildrhten ergibt, wird eine be-kannte Diskrepanz zwischen den gemessenen und den mit einfachen Seilmodel-len, die auf einer konstanten Biegesteifigkeit basieren, berechneten Wechselbie-gespannungen geklrt, sowie die Unsicherheit ber den fr diesen Betriebszu-stand gltigen Ansatz fr die effektive Biegesteifigkeit des Seiles behoben. Damitkann schliesslich ein neuer Weg zur Festlegung der zulssigen Schwingungsbe-anspruchungen fr Leiterseile prinzipiell aufgezeigt werden.

  • Summary

    The bending of stranded cables is a severe loading case for these importantstructural components. During bending of such cables a movement between theindividual wires of the cable takes place, which is greatly influenced by thefrictional forces acting at the interwire contacts. Because of this movement, theplanes for the crossections of the cable do not necessarilly remain plane, whichhas to be considered in the formulation of the bending stiffness of the cable.The main subject of this work is to develop, based on generally accepted prin-ciples on the bending of cables, an adequate model to quantify the bendingbehaviour of multilayered stranded cables. This model leads, under considerationof the internal friction, to a variable effective bending stiffness, which alsodepends on the cable curvature and the tensile load acting on the cable. Itbecomes now possible to calculate analytically the deflection, the curvature andthe various stress components in the wires of the cable. With the newly develop-ped cablescanner the deflection and the curvature of the cable axis can alsobe determined experimentally. The comparison between theory and measure-ments shows good agreement.The same model is extended to apply also to ACSR (Aluminium conductors steelreinforced), which are widely used in overhead transmission lines, and is vali-dated by corresponding measurements. An important application of this workbecomes finally the calculation of the dynamic bending stresses in the individualwires of such conductors, caused by wind induced (aeolian) vibrations. Thesecalculations, which consider in addition to the ordinary alternating bendingstresses in the wires, the secondary tensile stresses (zusatzstresses) resultingfrom the interlayer friction in the conductor, seem to resolve a known discre-pancy between measured stresses and stresses calculated by the simpler con-ductor models in use today, which employ a constant bending stiffness, as wellas to clarify the long outstanding uncertainity on the proper choice of theeffective bending stiffness for vibrating conductors. This can well lead to thereconsideration of the fatigue stress limits for such conductors.

  • Vorwort

    Diese Arbeit ist neben meiner beruflichen Ttigkeit bei der Firma Sefag AG inMalters/Lu entstanden. Aus diesem Grund bin ich Herrn K.H. Pfisterer, demHauptgesellschafter der Sefag, der mir diese anspruchsvolle Ttigkeit ermg-licht, zu grossem Dank verpflichtet.An einer Dissertation berufsbegleitend zu arbeiten hat zwei Seiten:Zum einen tut man so etwas in einem Alter wo eine gewisse Reife und mit ihrdie notwendige Sicht fr das Wesentliche vorhanden sein sollte. Auch das imberuflichen Alltag erworbene Durchsetzungsvermgen zum Verfolgen von Zie-len ist sicher fr den Fortschritt der Arbeit frderlich. Zudem hat man in vielenFllen einen besseren Bezug zu den Problemen aus der Praxis, was fr dieAusrichtung der Arbeit vom Nutzen sein kann.Zum anderen ist die Belastung die eine solche Arbeit mit sich bringt - wird siedoch grsstenteils in der Freizeit durchgefhrt - fr einen selbst und vor allemfr die Familie nicht unerheblich. Nur die Vorfreude auf das Erreichen eineseinmal gesetzten Zieles und die Vorstellung, oder besser gesagt die Hoffnung,einen persnlichen Beitrag zur Lsung eines interessanten, anwenderbezogenenIngenieurproblems zu liefern, ermuntern einen immer wieder dranzubleiben.So ist es auch mir ergangen in den Jahren in welchen ich mich mit der vorlie-genden Arbeit beschftigt habe. Und daraus entspringt auch mein Wunsch, jetzt,nachdem die Arbeit abgeschlossen ist, mich bei all denen zu bedanken, die zurRealisierung dieser Arbeit geholfen haben.Allen vorab mchte ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. H.-R. Meyer-Piening danken fr seine Bereitschaft, diese Arbeit zu untersttzen, die Infra-struktur des Instituts fr Leichtbau und Seilbahntechnik (ILS/ETH), insbeson-dere zur Realisierung der Versuche, zur Verfgung zu stellen und vor allem frseine stets konstruktive Kritik und wertvollen Hinweise, die mir aus mancherSackgasse geholfen haben.Auch den Herren Dr. V. Esslinger von der EMPA und Prof. Dr. G. Oplatka vomILS, die stets fr Diskussionen zur Verfgung standen, wertvolle Anregungenlieferten und in diesem Sinne die Arbeit begleiteten und auch das Korreferatbernommen haben, gilt mein grosser Dank.Einen besonderen Dank mchte ich an dieser Stelle meinem Freund Prof. Dr. M.Leider aussprechen. Nicht nur konnte ich von seinen frheren Arbeiten, die

  • einen Meilenstein zu dieser Thematik darstellen, profitieren, sondern er standmir stndig mit Rat und Tat zur Verfgung und hat viele wertvolle Beitrgegeliefert.Meinen vterlichen Freund und frheren Chef Herrn Dr. W. Bckner undmeinen langjhrigen Kollegen von der CIGRE Herrn Prof. Dr. R. Helms von derBAM Berlin, die mich als Jungingenieur in diese Problematik eingefhrt habenund mein Interesse daran zu arbeiten gefrdert haben, mchte ich hier mitmeinem speziellen Dank erwhnen. Auch meinen guten alten Bekannten JimPoffenberger, der mich durch seine bekannte Formel dazu animiert hat, michintensiv mit der Biegesteifigkeit von Leiterseilen zu beschftigen, mchte ichhier dankeswerterweise anfgen.Aber auch die Mitarbeiter vom ILS und von der EMPA Dbendorf, AbteilungErmdung und Betriebsfestigkeit, welche den Versuchsaufbau und die Durch-fhrung der Messungen betreuten und mich sonst whrend dieser Arbeit stndigund bereitwillig untersttzt haben, mchte ich hier lobend anfhren, und insbe-sondere die Herren Kopanakis, Roth, Siebenthaler, Vaczlavic, Bollier, Mllerund Schuler vom ILS, sowie Sauter, Beisswanger und Heiniger von der EMPA.Auch Herrn Dr. Klaffke von der BAM, mchte ich fr die kompetente Durch-fhrung der Reibungsmessungen danken.Herr Frank Schmidberger, der die Software Programme zu dieser Arbeit ge-schrieben hat und auch in vielen Aspekten mitgedacht und mitgeholfen hat, hatmeinen grossen Dank mehr als verdient.Last but not least mchte ich mich an dieser Stelle bei meiner lieben FrauMargarita herzlichst bedanken. Nicht nur hat sie mich stndig angespornt, an derArbeit weiterzumachen, auch wenn es oft auf Kosten des Familienlebens ging,zudem hat sie als Grafikerin und Verlegerin die gesamte graphische Gestaltungpersnlich - auch berufsbegleitend - durchgefhrt, sowie den Druck der Arbeitkoordiniert und bernommen. Danke Schatz.Alles in allem kann diese Dauerbeschftigung auch lteren Semestern, zudenen sich der Verfasser, als zwar nicht ewiger Student aber als gerne ewigStudierender inzwischen zhlen muss, wrmstens empfohlen werden. Sie hltden Geist wach, schafft intensive Kontakte zu vielen interessanten Leuten undbringt mit ein bisschen Glck, wie es hier der Fall zu sein scheint, Resultatehervor, die in der tglichen Ingenieurpraxis direkt angewendet werden knnen.

    Malters, im Oktober 1994

  • Inhaltsverzeichnis

    Zusammenfassung ...................................................................................................................

    Summary .................................................................................................................................

    Vorwort ...................................................................................................................................

    1. Einleitung..................................................................................................................... 11.1 Situation und Problemstellung ........................................................................... 11.2 Bisherige Entwicklung ....................................................................................... 51.3 Ziele der Arbeit .................................................................................................. 61.4 Abgrenzungen .................................................................................................... 71.5 Gliederung der Arbeit ......................................................................................... 7

    2. Grundlagen .................................................................................................................. 82.1 Die Zugspannung ............................................................................................... 82.2 Die Zusatzspannung ......................................................................................... 112.3 Die Biegespannung .......................................................................................... 142.4 Die Biegesteifigkeit .......................................................................................... 20

    Biegegleichung ................................................................................................. 20Biegesteifigkeit ................................................................................................. 21Draht- und Zusatzsteifigkeit ............................................................................. 21

    2.5 Das Seilbiegemoment ....................................................................................... 25Mittlere bergangskrmmung ......................................................................... 27

    2.6 Das Seil-Zustandsdiagramm ............................................................................. 32Hysterese .......................................................................................................... 34

    2.7 Das einlagige Spiralseil als Rechenbeispiel ...................................................... 37Innerer Seilzustand ........................................................................................... 37Drahtsteifigkeit ................................................................................................. 39Zusatzsteifigkeit ............................................................................................... 39Seilbiegemoment .............................................................................................. 43

    3. Mehrlagige Seile ........................................................................................................ 453.1 Drahtauflagepunkte .......................................................................................... 453.2 Zugkraft in der Aussenlage mehrlagiger Seile .................................................. 463.3 Zugkraft in der Innenlage zweilagiger Seile ..................................................... 49

    Allgemeiner Fall: Punktuelle Auflage und variable Zugkraftder Aussenlage ................................................................ 49

    Erste Nherung: Kontinuierliche Auflage und variable Zugkraftder Aussenlage ................................................................ 52

  • Zweite Nherung: Kontinuierliche Auflage und konstante Zugkraftder Aussenlage ................................................................ 56

    3.4 Zugkraft in den Innenlagen von Spiralseilen mit mehr als zwei Lagen ............ 583.5 Das Zustandsdiagramm fr mehrlagige Seile ................................................... 59

    Arbeiten mit dem M-K-Diagramm ................................................................... 61

    4. Berechnungsverfahren ............................................................................................... 654.1 Biegung eines zugbelasteten Seiles .................................................................. 654.2 Analytische Berechnung der Seillinie ............................................................... 714.3 Bestimmung der Seillinie mit der Finite Elemente Methode ............................ 754.4 Das Programm SEIL ........................................................................................ 77

    Eingabeteil ........................................................................................................ 78Rechenteil ......................................................................................................... 80Ausgabeteil ....................................................................................................... 82

    5. Messungen ................................................................................................................. 855.1. Der Seiltomograph ........................................................................................... 865.2 Die Versuchsanordnung ................................................................................... 925.3 Die Versuchsseile ............................................................................................. 985.4 Die Materialkennwerte ..................................................................................... 995.5 Die Reibungszahlen ........................................................................................ 100

    6. Auswertung ............................................................................................................. 1036.1 Versuchsergebnisse fr das Stahlseil .............................................................. 1036.2 Versuchsergebnisse fr das Aluminium-Stahl-Seil .......................................... 1086.3 Sensitivittsanalyse......................................................................................... 1106.4 Einfluss der Biegesteifigkeit ........................................................................... 1116.5 Einfluss der Seilprobenlnge .......................................................................... 114

    7. Anwendungen .......................................................................................................... 1177.1 Drahtspannungen in schwingenden Leiterseilen ............................................. 1177.2 Praktisches Vorgehen ..................................................................................... 1227.3 Einfluss der Reibkorrosion und der statischen Vorspannung ......................... 127

    8. Ausblick ................................................................................................................... 130

    Anhang I ......................................................................................................................... 132

    Anhang II ......................................................................................................................... 135

    Anhang III ......................................................................................................................... 137

    Anhang IV ......................................................................................................................... 139

    Anhang V ......................................................................................................................... 141

    Literaturverzeichnis .......................................................................................................... 143

    Symbolverzeichnis............................................................................................................. 148

    Abbildungsverzeichnis....................................................................................................... 155

    Lebenslauf ......................................................................................................................... 159

  • 11. Einleitung

    1.1 Situation und Problemstellung

    Diese Arbeit befasst sich mit der Biegung von zugbelasteten Spiralseilen. Eswurden offene Spiralseile untersucht, die aus einem geraden Kerndraht bestehen,sowie aus dazu konzentrischen Lagen von Runddrhten, welche schraubenlini-enfrmig und wechselseitig um den Kerndraht geschlagen sind, Abb.1.1.

    Abb. 1.1 Prinzipieller Aufbau eines offenen Spiralseils

    Spiralseile aus Stahl finden vielseitige Anwendungen in der Frdertechnik als Bau-element der verschiedensten Konstruktionen.Eine besondere Anwendung der Spiralseile sind die sogenannten Leiterseile, diezur Strombertragung bei Freileitungen Einsatz finden. Diese Seile bestehen inden meisten Fllen aus zwei Materialien, einem sogenannten Kern (das ist derKerndraht und eine bzw. zwei Drahtlagen) aus Stahl, der hauptschlich diemechanischen Lasten, die auf das Seil wirken, aufnimmt, plus einige diesen Kernumschlingenden Drahtlagen aus Aluminium, die den Stromtransport berneh-men. In der Schweiz findet man zudem oft Ein-Komponenten-Freileitungsseile,aus AlMgSi-Legierungen, sogenannte Aldrey-Seile, die sich unter den hiesigenBetriebsverhltnissen bestens bewhrt haben.Die grosse Bedeutung dieser Freileitungsseile fr das sichere Funktionieren derelektrischen bertragungsnetze ist hinreichend bekannt. Sie stehen bei Hoch-spannungsfreileitungen in Tausenden von Kilometern weltweit im Einsatz. Ihr

  • 2Anschaffungswert wird auf mehrere Milliarden Schweizer Franken geschtzt[Papailiou, 1989], und fr deren Wartung werden jhrlich von den Netzbetrei-bern, den Elektritzittswerken, entspechend hohe Betrge aufgewendet.

    Abb. 1.2 Leiterseile an einer 400 kV Hochspannungsfreileitung bei Cap Sounion

    Zweifelsohne sind die Leiterseile massgeblich fr die Betriebssicherheit der elek-trischen Netze verantwortlich, denn sie mssen strungsfrei, in vielen Fllenber Jahrzehnte hinweg, die Strombertragung ber grosse Entfernungen ge-whrleisten. Umso unangenehmer ist die Tatsache, dass sie unter bestimmtenBedingungen Drahtbrche erleiden, die im schlimmsten Fall zu Seilbrchen undsomit zu schwerwiegenden Strungen fhren knnen. Die Hauptursache vonsolchen Brchen ist Drahtermdung durch windangeregte, sogenannte olischeSchwingungen (olos war der altgriechische Gott der Winde).Dieses Problem beschftigt die Freileitungsingenieure fast seit Anfang des 20.Jahrhunderts, als nmlich die Hochspannungsnetze massiv ausgebaut wordensind [Bckner, 1988]. Die grosse wirtschaftliche Bedeutung aber auch die phy-sikalische Komplexitt dieses Problems, werden deutlich dadurch dokumentiert,dass mehrere internationale Organisationen wie die CIGRE (Congrs Internatio-nal des Grands Rseaux Elctriques) [Recommendations, 1979, Final Report,1988, Report on Aeolian Vibration, 1989], die IEEE (Institute of Electrical andElectronic Engineers) [1966] und die EPRI (Electrical Power Research Institu-te) [1979], sich heute noch intensiv damit beschftigen.

  • 3Die wirtschaftliche Bedeutung liegt darin, dass insbesondere bei Hochspan-nungs-Freileitungen, d.h. hauptschlich 400 kV-Leitungen, die Seile die teuersteEinzelkomponente der Leitung sind, und auch die Komponente, die, ber dieWahl des Seilmaterials, des Seilquerschnittes, des Seildurchmessers und derSeilzugspannung fr die Bemessung und Auslegung der restlichen Bauteile derLeitung, d.h. der Armaturen, der Isolatoren, der Maste und der Fundamente undsomit fr die Gesamtkosten der Leitung, massgebend ist.Viele Versuche, dieses Problem analytisch in den Griff zu bekommen, habennoch nicht zum gewnschten Erfolg gefhrt, denn die Freileitungsseile, obwohlsie vordergrndig einen einfachen Aufbau besitzen, sind insbesondere bezg-lich ihres mechanischen Verhaltens rechnerisch recht schwierig zu erfassen [EPRI,1979, S.53]. Man ist deswegen seit ber 30 Jahren dazu bergegangen, dieSchwingungsbeanspruchung der Leiterseile durch Messungen an Leiterseilen imBetrieb, mit dafr speziell entwickelten Messgerten, sogenannten Recordern,zu erfassen [Papailiou, 1987]. Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren, durchdie Einfhrung von - dank moderner Elektronik - leistungsfhigen, kompaktenRecordern, Abb.1.3, die die Speicherung und Auswertung der Messungen we-sentlich vereinfachen, deutlich verstrkt, so dass solche Messungen heute weit-gehend standardisiert sind [CIGRE, 1994] und weltweit durchgefhrt werden.

    Hngeklemme

    Abb. 1.3 Moderner Seilschwingungsrecorder in Messposition (alle Masse in mm)

    VIBREC

    Leiterseil

  • 4Dabei misst man die Biege-Amplitude des schwingenden Seiles in einer kurzenEntfernung (3 1/2" = 89 mm) von der Aufhngung, die als feste Einspannungangenommen wird, Abb.1.3, und rechnet diese Amplitude in eine Seilbiegespan-nung um. Diese Umrechnung erfolgt durch die Annahme eines einfachen qua-sistatischen Seilmodells [Poffenberger und Swart, 1965]: das kurze Seilstck(von 89 mm Lnge), an dem die Durchbiegung gemessen wird, wird als einseitigfest eingespannter Balken betrachtet, an dem der Seilzug und die durch dieSchwingungsauslenkung eingeprgte Verschiebung wirken. Als Biegesteifigkeitdieses (Seil-)Balkens wird die Summe der Biegesteifigkeiten der einzelnen Drhtedes Seiles, die sogenannte Drahtsteifigkeit, verwendet. Diese Annahme impli-ziert, dass die einzelnen Drhte des Seiles um die eigene Drahtachse gebogenwerden. Somit kann letztlich eine Spannungs-(Dehnungs-)ermittlung an derussersten Drahtlage des Seiles erfolgen.Die Gltigkeit dieses Modells, dessen Hauptvorteil in seiner einfachen Anwen-dung liegt, wird nicht selten angezweifelt. Insbesondere wurde verschiedentlichfestgestellt [Hondalus, 1965, Claren und Diana, 1969, CEA, 1986, Ramey, 1987],dass die damit ermittelten Drahtspannungen eher im Trend zu betrachten sindund nicht immer mit den tatschlichen Spannungen in den einzelnen Seildrhtenbereinstimmen. Vor allem in den inneren Drahtlagen, bei denen oft Drahtbrchefestgestellt werden, scheint eine grosse Diskrepanz zwischen den nach demoberen Modell berechneten Spannungen und den tatschlich in den Drhtenherrschenden Spannungen zu bestehen.Zudem mssen die auf diese Art und Weise errechneten Beanspruchungen oftmit den Betriebsfestigkeits-Kennlinien des Seiles zur Abschtzung der Seille-bensdauer verglichen werden. Letztere sind im Labor gewonnene Whlerkur-ven [CIGRE, 1985] bzw. daraus hergeleitete Bemessungsgrenzwete [EPRI, 1979].Bei diesem Vergleich tritt ein weiteres Problem auf, welches nach einer besserenSeilmodellierung bei der Seilbiegung verlangt.Die meisten Whlerkurven von Seilen im Labor werden nmlich aus Messungender maximalen Biegeamplitude des Seiles bei Anregung von Eigenschwingun-gen, die zu stehenden Wellen fhren, gewonnen. Diese maximalen Biegeamplitudenwerden dann, unter Verwendung des einfachen Seilbalken-Modells wie obenbeschrieben, in eine Biegespannung an der Seileinspannung umgerechnet. Leiderkann man diese Biegespannungen nicht direkt mit den aus den Feldmessungengewonnenen Biegespannungen, die durch die Umrechnung der gemessenenBiegeamplitude des Seiles in der Nhe der Aufhngung (Klemme) entstandensind, vergleichen. Es wird sogar ausdrcklich davor gewarnt [EPRI, 1979, S.60],denn man ist sich bewusst, dass, durch die Annahme eines homogenen Balkensmit einer konstanten Biegesteifigkeit fr das Seil, die Verhltnisse bei der Seil-biegung ungengend erfasst werden, was bei der Umrechnung von gemessenenVerschiebungen (am gesamten Seil) auf Spannungen (in den einzelnen Drhtendes Seiles) zu grossen Unsicherheiten fhren kann.

  • 5Aus all diesen Grnden muss als erster und wichtigster Schritt zur Lsung desgeschilderten Problemkreises die Untersuchung der Seilbiegung unter Be-rcksichtigung einer - durch den Seilaufbau und durch die innere Reibung her-vorgerufenen - vernderlichen Biegesteifigkeit des Seiles in Angriff genommenwerden. Damit ist auch die Problemstellung dieser Arbeit definiert.

    1.2 Bisherige Entwicklung

    Die Seilbiegung hat praktisch seit der Einfhrung der Seile als Konstruktions-element die Fachleute beschftigt, da rechtzeitig erkannt worden ist, dass dieserBelastungsfall fr die Betriebssicherheit der Seile besonders wichtig ist. Ausdiesem Grund ist eine Vielzahl von Arbeiten darber verfasst worden, die zumbesseren Verstndnis dieses Problems beigetragen haben. Es wrde den Rahmendieser Arbeit sprengen, eine vollstndige bersicht ber alle diese Arbeiten zuprsentieren. Stattdessen wird im folgenden ber diejenigen Arbeiten kurz be-richtet, die sich, wie diese Arbeit, speziell mit der Biegesteifigkeit von Seilenbefasst haben. Diese Grsse ist nmlich von entscheidender Bedeutung fr dasVerstndnis und die Lsung des Seilbiegungsproblems und sie hat in der Fach-literatur recht frh entsprechende Beachtung gefunden.Bei der folgenden Literaturbersicht wird unterschieden zwischen Arbeiten ausdem Gebiet der Frdertechnik, die sich hauptschlich mit Stahldrahtseilen be-fasst haben, und Arbeiten aus dem Gebiet der Freileitungen, die naturgemssprimr die Leiterseile untersucht haben.Die ersten wichtigen Arbeiten auf dem Gebiet der Frdertechnik waren dieArbeiten von Reuleaux [1861] und Isaachsen [1907], die auch die ersten wert-vollen Anstze ber die Berechnung der Biegespannung und der Biegelinie vonSeilen lieferten. Besondere Bedeutung ist der Arbeit von Ernst [1933] beizumes-sen, der wohl als erster den Einfluss der inneren Reibung bei der Seilbiegungquantitativ beschrieben hat. Die Arbeiten von Leider [1973, 1975] stellen einenweiteren Meilenstein zum Verstndnis des inneren Seilzustandes, insbesonderedurch den von ihm przisierten Begriff der Zusatzspannung, dar. Schliesslichsind die neueren Arbeiten von Schiffner [1986] und Wang [1990] zu erwhnen,die die frheren Theorien verfeinert und weiterentwickelt haben. In diesemZusammenhang sind auch die Arbeiten von Hruska [1951], Czitary [1962],Zweifel [1969], Wiek [1973], Costello [1983] und Raoof und Hobbs [1988] zuerwhnen, die sich intensiv mit diesem Problem befasst haben und verschiedenewertvolle Anstze und Lsungen lieferten.

  • 6Auch die Freileitungsingenieure haben sich frhzeitig direkt mit der Ermittlungder Biegesteifigkeit von Leiterseilen beschftigt. Dabei wurde recht oft ber dieMessung der maximalen Durchbiegung einer beidseitig eingespannten Seilprobe,die unter einer konstanten Zugkraft stand, die wirksame mittlere Steifigkeiterrechnet, in der Annahme, dass sich das Seil wie ein homogener Balken mitkonstanter Biegesteifigkeit verhlt [Pape, 1930, Monroe und Templin, 1932,Sturm, 1936, Morisson, 1962, McConell und Zemke, 1980]. Parallel dazu gibtes einige Arbeiten [Bckner, 1960, Helms, 1964, Scanlan und Swart, 1968,Mcks und Swart, 1969, Brand, 1972, CEA, 1986, Ramey, 1987], wo man ausSpannungsmessungen mit Dehnungsmessstreifen (DMS) an der ussersten Draht-lage des Seiles versucht hat, sich ein Bild ber den inneren Spannungszustanddes Seiles bzw. der einzelnen Drhte zu beschaffen.Das ungebrochene Interesse der Fachwelt an der Biegesteifigkeit von Seilenwird deutlich dokumentiert durch neue Arbeiten sowohl aus der Reihe derFrderseil-Anwender [Raoof und Huang, 1992, Wiek, 1993], als auch der Lei-terseil-Interessenten [AIF, 1991, Zeitler, 1994]. Aber auch Forscher auf demGebiet der experimentellen Mechanik [Lanteigne, 1985, Goudeau und Cardou,1993] bemhen sich, diesem interessanten Problem auf den Grund zu gehen.

    1.3 Ziele der Arbeit

    Das Ziel dieser Arbeit kann aufgrund vom Vorhergesagten wie folgt formuliertwerden:Es wird ein Seilmodell entwickelt und bestehende analytische Anstze werdendahingehend erweitert, dass der Biegevorgang eines zugbelasteten Spiralseilsrealittsnah rechnerisch erfasst werden kann. Dabei wird eine durch die innereReibung vernderliche Biegesteifigkeit fr das Seil eingefhrt und deren Abhn-gigkeit von der usseren Belastung des Seiles analytisch ermittelt. Zur berpr-fung der Theorie wird eine Messanordnung konzipiert und aufgebaut, die es mitguter Genauigkeit erlaubt, die Seildurchbiegung und die Seilkrmmung undletzlich die variable Biegesteifigkeit entlang des Seiles zu bestimmen. Darausknnen wichtige Erkenntnisse ber den inneren Seilzustand, insbesondere berdie gegenseitigen Verschiebungen der einzelnen Drhte und die in den Einzel-drhten des Seiles herrschenden Spannungen, gewonnen werden. Dabei wird dieTheorie, trotz der Komplexitt des Problems, einfach gehalten und berschaubardargestellt und zwar im Hinblick auf Ausbaubarkeit fr weiterfhrende Unter-suchungen und auf sinnvolle Anwendungen in der Praxis. In diesem Sinne werdenauch die im Rahmen dieser Arbeit erstellten Programme so bedienerfreundlichgestaltet werden, dass sie als Werkzeuge (tools) bei der Bemessung von SeilenEinsatz finden knnen.

  • 71.4 Abgrenzungen

    Auch wenn die ursprngliche Problemstellung aus den Seilschwingungen her-rhrt, und es sich somit um eine dynamische Belastung des Seiles handelt, wirdim Rahmen dieser Arbeit diese Belastung als eine quasistatische Belastungbehandelt. Dieses Vorgehen hat sich nmlich bei frheren Untersuchungen [Pof-fenberger und Swart, 1965, EPRI, 1979, CEA, 1986] sehr gut bewhrt. Indiesem Sinne befasst sich diese Arbeit auch nicht mit der Ermdungsproblematikvon Freileitungsseilen. Dies ist ein recht komplexer Vorgang, dessen quantitativeLsung zurzeit nicht greifbar erscheint. Durch die hier gewonnenen, neuenErkenntnisse der inneren Seilmechanik ber die, durch die Reibung vernder-liche und von der Seilkrmmung und der Seilzugkraft abhngigen, Biegesteifig-keit sowie ber das Verschiebungsverhalten der Drhte im Seilverband, solldennoch diese Arbeit die Grundlagen zur Lsung des Ermdungsproblems vonLeiterseilen liefern. Letztlich will sich diese Arbeit nicht mit Einspann- undKrafteinleitungsproblemen an den Seilaufhngungen (Klemmen) befassen. Dieswrde die schon komplexe Aufgabenstellung um einiges erschweren und einegeschlossene Gesamtlsung verunmglichen. Allerdings sollten die Ergebnissedieser Arbeit auch zur Klrung dieser Thematik Wesentliches beitragen knnen.

    1.5 Gliederung der Arbeit

    Zur Erreichung der obengannten Ziele wurde diese Arbeit wie folgt gegliedert:In Kapitel 2 wird das Seilmodell fr einlagige Seile zusammengestellt, unterEinbezug der Ergebnisse von frheren Arbeiten und die von der Krmmung, derinneren Reibung und der Zugkraft abhngige, variable Biegesteifigkeit des Seileseingefhrt. In Kapitel 3 werden dann die erarbeiteten Grundlagen auf mehrlagigeSpiralseile ausgebaut und die (nicht lineare) Momenten-Krmmungs-Seilkennli-nie vorgestellt. Damit kann in Kapitel 4 das Finite-Elemente-Modell zur Biege-berechnung von zugbelasteten Seilen aufgebaut werden. Zur experimentellenUeberprfung wird in Kapitel 5 auf das neu entwickelte Messverfahren (Seil-tomograph) eingegangen. In Kapitel 6 erfolgt der Vergleich zwischen Messungund Rechnung sowie eine Sensisittsanalyse ber den Einfluss der verschiedenenParameter auf die Ergebnis-Interpretation. In Kapitel 7 werden schliesslich dieErkenntnisse dieser Arbeit auf das fr die Freileitungspraxis wichtige Gebiet derSchwingungen von Leiterseilen bertragen, sowie mgliche Auswirkungen aufdie Bemessung von solchen Seilen aufgezeigt.

  • 82. Grundlagen

    2.1 Die Zugspannung

    In diesem Kapitel wird auf die Zugbeanspruchung des Seiles eingegangen. Sieist die Grundbeanspruchung der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Seile.Zum einen wird bei allen durchgefhrten Versuchen als erstes auf das unbela-stete Seil eine Zugkraft aufgebracht. Zum anderen beeinflusst diese Zugkraftmassgebend die Biegebeanspruchung, respektive die daraus herrhrenden Span-nungen im Seil.Eine umfassende Darstellung dieser Thematik befindet sich im Buch von Feyrer[1990], so dass hier nur das Wesentliche wiedergegeben zu werden braucht.Auf die speziellen Verhltnisse bei der Zugbeanspruchung von Verbundseilen(insbesondere Aluminium/Stahl-Freileitungsseilen) ist vor allem Ziebs [1970] imDetail eingegangen. Auch hier wird auf die Wiedergabe der vollstndigen Herlei-tung der Formeln verzichtet.Die Abb. 2.1 zeigt schematisch einen Draht einer beliebigen Drahtlage L einesSpiralseiles, bestimmt durch seinen Querschnittmittelpunkt, sowie den abgewik-

    Abb. 2.1 Geometrie eines Drahtes der Lage L eines Spiralseiles

    dL = 2rL

    dL

    L

    AL

  • 9kelten Draht fr eine volle Schlaglnge AL. Diese Abbildung enthlt auch die Defi-nition des Schlagwinkels L und des Wickeldurchmessers dL der betrachteten Draht-lage, die bei den hier untersuchten Seilen aus nL gleichen runden Drhten besteht.Die Abb. 2.2 zeigt die Aufteilung einer usserlich auf das Spiralseil wirkendenZugkraft S auf die einzelnen Drhte, unter Vernachlssigung der Querkraft, die durchdie Biegung und Torsion des Drahtes (infolge der usseren Zugkraft) erzeugt wird.Diese Querkraft ist sehr klein, weil sich die Schlagwinkel und die Lageradien desSeiles unter der Zugbelastung nur wenig ndern [Feyrer, 1990].

    Abb. 2.2 Aufteilung der Seilzugkraft auf die einzelnen Drhte

    Somit gilt fr die Drahtzugkraft Zd,L jedes einzelnen Drahtes einer beliebigen Lage Ldes Seiles:

    ZS

    d Ld L

    L,

    ,

    cos= (2.1)

    Die gesamte Zugkraft in Seilrichtung ergibt sich aus der Summe:

    = = d,L d,L LDrhte,Lagen d,L,K

    S S Z cos (2.2)

    wobei die Summation auch den Kerndraht (K = 0) beinhaltet.Zur Ermittlung der einzelnen Drahtzugkrfte Zd,L wird angenommen, dass die Seil-querschnitte beim Aufbringen der Zugkraft S, die eine beliebige Seillnge A

    s um A

    s

    sowie die dazugehrige Drahtlnge Ad,L um Ad,L verlngert, eben bleiben. Weiterhinwird angenommen, dass alle Drhte sich im linear-elastischen Bereich befinden, d.h.,dass das Hookesche Gesetz gilt. Schliesslich seien die von der Umfangskraft Ud,Lherrhrenden Einflsse sehr klein. Auch die nderung des Schlagwinkels und dieQuerkontraktion der Drahtquerschnitte sind in diesem Zusammenhang vernachls-sigbar, da die daraus resultierenden Spannungen 1% [CEA, 1986] bzw. 2% [Feyrer,1990] der gesamten Drahtzugspannung ausmachen. Die entsprechenden Formelnsind im Anhang I zusammengefasst.

    Ud,L Zd,L

    LSd,L

    S

  • 10

    Die Abb. 2.3 verdeutlicht diese Verhltnisse bei der Draht- und Seildehnung unterder Wirkung einer Zugkraft, wenn der Seilquerschnitt sich nicht verdreht.

    Abb. 2.3 Draht- und Seildehnung

    Die Drahtdehnung d,L fllt um den Faktor cos2L kleiner aus als die dazugehrigeSeildehnung

    s:

    d L d Ld L

    s

    sL s L,

    ,

    ,

    cos cos= = = AA

    AA

    2 2 (2.3)

    Die Drahtzugkraft Zd,L , die fr alle Drhte der gleichen Lage gleich gross ist, erhltman ber das Hookesche Gesetz zu:

    ZA

    Ed Ld L

    d Ld L

    d L

    ,

    ,

    ,

    ,

    ,

    =

    AA bzw. Z E Ad L d L d L

    d L

    d L, , ,

    ,

    ,

    =

    AA (2.4)

    mit Ed,L dem E-Modul eines Drahtes der Lage L und Ad,L seiner Querschnittsflche.Die Kombination von (2.1), (2.2), (2.3) und (2.4) liefert die Drahtzugkraft Zd,L einesbeliebigen Drahtes der Lage L in Abhngigkeit von der Gesamtseilzugkraft S:

    L

    As As

    Ad,L

    L 0

    Ad,L

  • 11

    ZE A

    E ASd L d L d L L

    d L d L Ld L K

    ,

    , ,

    , ,

    , ,

    cos

    cos=

    2

    3

    (2.5)

    Entsprechend gilt fr die Drahtzugspannung:

    ( ) = =

    2d,L d,L L

    d,Ld,L S

    Z E cos SA AE

    (2.6)

    Dabei ist:

    (2.7)

    die Dehnsteifigkeit des Seiles.

    2.2 Die Zusatzspannung

    Die folgenden Herleitungen basieren auf den Arbeiten von Leider [1973, 1975],der Wesentliches zur Biegung von Drahtseilen beigetragen hat, und werden zumTeil, der besseren bersicht wegen, auf ein einlagiges, 7-drhtiges Spiralseil - dasist ein Seil mit einem Kerndraht und einer Lage mit 6 Drhten - bezogen.Weiterhin wird angenommen, dass die Drhte der Drahtlage sich untereinanderin Umfangsrichtung nicht berhren, eine Annahme, die bei den hier untersuchtenoffenen Stahlseilen und den Aluminium/Stahl Freileitungsseilen im allgemeinengut zutrifft. Das wird durch eine leichte Vergrsserung des Durchmessers desKerndrahtes gegenber dem der Lagendrhte erreicht [Leider, 1975, Feyrer, 1990].Die in den einzelnen Drhten der Lage L des Seiles herrschenden Zugkrfte ZL,erzeugen auf die jeweils darunter liegenden Drahtlagen, bzw. den darunter lie-genden Kerndraht, einen Schnrdruck, der einer radialgerichteten StreckenlastpL entspricht. Diese betrgt:

    (2.8)

    Dabei ist L der Krmmungsradius der Schraubenlinie eines Drahtes der LageL und rL der Wickelradius dieser Lage. Die Verhltnisse im Seil zeigt Abb. 2.4.

    ( ) = 3d,L d,L Lsd,L,K

    AE E A cos

    ( )= = L L

    LL L

    2 Z sin d / 2 Zpd

  • 12

    Abb. 2.4 Bestimmung des Drahtschnrdruckes

    Fr ein Drahtelement mit dem sogenannten Umschlingungswinkel d ergibt sich eineRadialkraft:

    dN p dL L L= (2.9)

    Unter Bercksichtigung der geometrischen Verhltnisse, Abb. 2.4, erhlt man:

    = L

    LL

    r dsin

    d (2.10)

    Der Krmmungsradius L und der Wickelradius rL hngen folgendermassen zusam-men [Htte, 1955]:

    LL

    L

    r=

    sin2 (2.11)

    Einsetzen von (2.8), (2.10) und (2.11) in (2.9) liefert:

    = L L LdN Z sin d (2.12)

    Dabei ist der Drehwinkel der Schraubenlinie, Abb. 2.4.Die Radialkraft dNL hat bei einer Relativbewegung zwischen dem betrachtetenenDrahtelement des Lagendrahtes und dem Kerndraht, z.B. durch Biegung, einesich der Verschiebung widersetzende Reibkraft dRL zur Folge, Abb. 2.5:

    = = L L L L L LdR dN Z sin d (2.13)

    Ld

    d LpL

    rL

    ZL

  • 13

    Dabei ist L die Reibungszahl zwischen dem betrachteten Drahtelement und seinerUnterlage, z.B. dem Kerndraht des Seiles.Das Einhalten der statischen Gleichgewichtsbedingungen in Richtung der Draht-achseergibt, Abb. 2.5:

    + = = = L L L L L L L LZ dZ Z dZ dR Z sin d (2.14)

    Dabei ist dZL die durch die Reibung maximal ertragbare Zugkraftdifferenz einesDrahtelementes.

    Abb. 2.5 Krfteverhltnisse an einem Drahtelement der Lage L

    Integration von (2.14) ber und Einsetzen der Randbedingung

    = =L d,L0 : Z Zliefert:

    Z Z eL d L L L= ,sin (2.15)

    Dabei ist Zd,L die reine Zugbelastung des Drahtes nach (2.5), die fr alle Drhte derLage L gleich ist.ZL dagegen ist die an jeder Stelle des Drahtes durch die Reibung maximalertragbare (Gesamt-)Zugkraft ZL(). D.h. neben der im reinen Zugbelastungsfallauftretenden Zugraft Zd,L entsteht im Draht der Lage L - bei hinreichend grosserRelativbewegung - durch die Reibung eine zustzliche, entlang des Drahtesvernderliche, Zugkraftkomponente:

    ( ) ( ) ( ) = = L Lzus,L L d,L d,L sinZ Z Z Z e 1 (2.16)

    ZL ZL+dZL

    dRL = LNL NL

  • 14

    Fr die weiteren Herleitungen bietet es sich an, diese Zusatzkraft auf die Drahtquer-schnittsflche zu beziehen und somit auf die sogenannte Zusatzspannung zu kommen.Dies ist eine reine Zugspannung, die einerseits als konstant ber den betrachtetenDrahtquerschnitt betrachtet wird und andererseits entlang des Drahtes mit dem so-genannten Drahtdrehwinkel variiert:

    ( ) ( ) ( ) = = L Lzus,Lzus,L d,Ld,L

    sinZ e 1A (2.17)

    Dabei ist d,L die frher schon mit (2.6) berechnete, konstante Drahtzugspannung.Diese Zusatz-(Zug-)spannung kann wohlgemerkt nur dann entstehen, wenn das Seil,z.B. infolge Belastung durch eine ussere Querkraft, gebogen wird. Durch die sichdabei einstellende Krmmung erfahren die Drhte der einzelnen Drahtlagen - beimeinlagigen Seil sind es die Drhte der usseren Drahtlage und des Kerndrahtes -auch unterschiedliche Dehnungen und versuchen somit sich gegeneinander zu verschie-ben. Dabei wird angenommen dasss die obige Gleichung die zunchst fr das geradeSeil hergeleitet wurde, auch beim gebogenen Seil mit sehr guter Nherung gilt, da dienderung des Schlagwinkels L beim Biegevorgang klein und somit vernachlssigbarist [Wang 1990].

    2.3 Die Biegespannung

    Bei der Krmmung eines Drahtseiles setzt sich die Dehnung der einzelnen Drhteeiner Drahtlage L aus zwei unterschiedlichen Anteilen zusammen [Leider, 1973],Abb.2.6.Die normale Biegedehung b,L erfhrt der Draht bei der Biegung um seineeigene neutrale Achse. Ihr Maximalwert an der Drahtoberflche lsst sich nhe-rungsweise mit der sogenannten Reuleaux-Gleichung ermitteln, zu:

    b Ld L

    ,

    ,

    =

    2 (2.18)

    wobei d,L der Drahtdurchmesser eines Drahtes der Lage L und der Krmmungsradiusder Seilachse ist.Liegt der betrachtete Drahtquerschnitt - genauer gesagt dessen Mittelpunkt - aus-serhalb der neutralen Achse des Seiles, so erfhrt er eine zustzliche Biegedehnung

    zus,L , die der Krmmung der Seilachse = 1/ und dem Abstand hd,L derDrahtachse von der neutralen Achse des betrachteten Seilquerschnittes ( = Seilach-se) proportional ist, Abb. 2.7. Sie betrgt:

  • 15

    (2.19)

    Dabei wird angenommen dass der Lagendraht relativ zur darunterliegenden Lagesich nicht verschiebt und dass zunchst L= 0 ist.Sinngemss gilt fr die dazugehrigen Biegespannungen:

    b L d Ld L

    d Ld LE E

    , ,

    ,

    ,

    ,

    = =

    2 2 (2.20)

    = Lzus,L d,L dE sin2 (2.21)

    (a) (b)

    Abb. 2.6 Drahtspannungen bei der Seilbiegung(a) Drhte unverschoben (b) Drhte verschoben

    Hier ist dL der mittlere Durchmesser der Drahtlage L und der Positionswin-kel des Drahtquerschnittes im betrachteten Seilquerschnitt, Abb. 2.7, welcherin diesem Zusammenhang nur diskrete Werte annehmen kann, die entsprechendder Position der nL einzelnen Drhte im Seilquerschnitt sich jeweils um 2/nLvoneinander unterscheiden. Dabei reicht es, den Bereich

    2 2 + zu

    betrachten, da sich ausserhalb dieser Grenzen die Verhltnisse im Draht peri-odisch wiederholen. Gleichzeitig ist der Drehwinkel der Schraubenlinie desDrahtquerschnittmittelpunktes, der sogenannte Drahtdrehwinkel, Abb. 2.4. Erbestimmt dessen Lage entlang der Seilachse und kann in diesem Zusammenhangkontinuierlich alle Werte zwischen 0 und 2 annehmen.Die exakte Berechnung der Biegespannung b,L, die in ihrer einfachsten Formdurch die Reuleaux-Gleichung (2.20) nherungsweise dargestellt wird, ist schon vonverschiedenen Autoren angegangen worden [Leider, 1977, Czitary, 1962, Wiek,1973, Schiffner, 1986, Wang, 1990] und braucht deswegen hier nicht wiederholtzu werden.

    = = = L

    zus,L d,L d,Ld1h h sin2

    dL

    d,L

    zus,L b,L zus,L b,Ld,L ......

    Seil-achse

  • 16

    Abb. 2.7. Geometrie des Seilquerschnittes

    Man kann nachrechnen, dass der Mittelwert der exakt berechneten Biege-spannung ca. 90% der Reuleauxschen Spannung betrgt. Somit kann letztere,der bersicht wegen, fr die folgenden berlegungen, insbesondere bei derBiegesteifigkeitsberechnung, verwendet werden. Selbstverstndlich kommt imRechenprogramm, Kap. 4.4, die vollstndige Formel fr die Biegespannung[Leider, 1977] zum Einsatz, welche nicht nur die nderung des Betrages son-dern auch die nderung der Richtung des Krmmungsvektors bercksichtigtwas zu unterschiedlichen Biegespannungen in den einzelnen Drhten des glei-chen Querschnitts fhrt (s.a. Abb. 7.3a).Schliesslich sei hier vermerkt, dass die Torsionsspannung der Drhte aus derBiegung, wenn berhaupt, nur wenige Prozente der Reuleaux-Spannung betrgt[Schiffner, 1986]; sie ist somit fr die hiesige Untersuchung von untergeordneterBedeutung und wird deswegen vernachlssigt.Die Beziehung (2.19) gilt zunchst nur fr ein Bndel paralleler Drhte, wie inAbb. 2.6 schematisch angedeutet. Beim bergang auf den schraubenlinienfr-migen Draht, muss (2.19) modifiziert werden.Beim bergang vom geraden Draht (L = 0) zum verseilten Draht muss nmlichzustzlich bercksichtigt werden, dass - wie im Kapitel 2.1 hergeleitet - dieDrahtdehnung nach (2.3) um den Faktor cos2L kleiner als die Dehnung desgeraden Drahtes wird. Somit muss die Zusatzspannung nach (2.21) entspre-chend angepasst werden:

    (2.22)

    Diese Spannung gilt fr den unverschobenen Seilverband. Damit die Verhltnissebei der Biegung des Seiles unter Bercksichtigung der inneren Reibung richtigwiedergegeben werden, muss noch der Verschiebezustand des Drahtes bei derSpannungsermittlung bercksichtigt werden.

    = 2Lzus,L d,L LdE sin cos2

    =0hd,L

    d,L

    rL

    dL

  • 17

    a L d LL L

    d L L LE r, ,

    ,

    sincos

    = 2

    Wie von frheren Beobachtungen bekannt [EPRI, 1979], und auch leicht vorstellbar,fangen die Drhte eines Seiles ab einer gewissen Krmmung an, sich auf ihrer Un-terlage zu verschieben, Abb. 2.8:

    Abb. 2.8 Drahtverschiebung bei der Seilbiegung

    An welcher Stelle des Seilquerschnittes die Verschiebung beginnt und welche Lngedes jeweiligen Drahtes sie erfasst, hngt davon ab, ob die Zusatzspannung beimunverschobenen Draht nach (2.22) die maximale, durch die Reibung ertragbareZusatzspannung nach (2.17) bersteigt.Durch Gleichsetzen der vorstehend genannten Gleichungen (2.17) und (2.22) fr /2 und Auflsen nach der Krmmung folgt:

    e d Ld L L L

    Le

    E dL L

    , ,

    sin /

    ,cos /

    =

    2

    21

    2 (2.23)

    Somit gilt zus,L (2.22) > zus,L (2.17) und zwar fr alle Drhte des betrachteten

    Querschnittes. Es wird also angenommen dass ab dieser Endkrmmung derbetreffende Einzeldraht ber seine ganze Lnge gleitet.Der Beginn der Verschiebung dagegen setzt an der Stelle ein, wo die Steigungvon (2.22) erstmalig die Steigung von (2.17) bersteigt, Abb. 2.9. Das ist wiefrher schon gezeigt [Leider, 1973], ziemlich genau bei = 0, s.a Abb. 2.7, derFall. Die dazugehrige Krmmung fr den Verschiebungsbeginn betrgt:

    (2.24)

    Somit setzt sich bei teilweiser Verschiebung die Zusatzspannung eines Drahtes ab-schnittsweise aus den beiden Verlufen nach Gleichung (2.17) und Gleichung (2.22)zusammen, Abb. 2.9. Der Krmmungsbereich, wo beide Spannungszustnde entlangdes Drahtes koexistieren, wird bergangsbereich genannt. Auf diesen Bereichwird spter eingegangen.

  • 18

    Abb. 2.9 Verlauf der Zusatzspannung je nach Verschiebungszustand des Drahtes

    In der in Abb. 2.9 gezeigten Darstellung (mittlere Kurve) befindet sich der Drahtim sog. bergangsbereich, da entlang des gleichen Drahtes beide Spannungsva-rianten, (2.17) und (2.22), auftreten. Eingetragen sind auch die Zusatzspannun-gen nach (2.22) bei der Anfangskrmmung (2.24) bzw. der Endkrmmung (2.23).

    Auf jeden Fall, auch wenn die Verschiebung bei immer grsser werdenden Krm-mung ( > e,L) den gesamten Draht erfasst, wird die Zusatzspannung nichtabgebaut, sondern sie wird nur auf zus,L,max, d.h. die durch die Reibung maximalertragbare Zusatzspannung nach (2.17), eingeschrnkt und bleibt in dieser Hheim verschobenen Draht eingefroren, Abb. 2.10.

    Der einzelne Draht, dem ein bestimmter Winkel im betrachteten Querschnittzugeordnet ist, bleibt solange unverschoben, bis seine Zusatzspannung nach(2.22) kleiner als die maximal bertragbare, reibungsbedingte Zusatzspannungnach (2.17) ist. Die Krmmung bei welcher fr diesen bestimmten Draht dieDrahtverschiebung einsetzt folgt durch Gleichsetzen von (2.17) und (2.22) zu:

    ( ) L L 2d,L L L

    d,L d,L

    sine 1E sin cos d / 2

    = (2.25)

    d L e L L, sin( )1

    E dd L e L L L, , sin cos 22

    E dd L L L, sin cos 22

    E dd L a L L L, , sin cos 22

    0 /2 0 + /2

    zus,L

  • 19

    zus,L

    0 2

    d,L()

    e,L

    a,L

    /2 0 /2

    zus,L,max

    b,L

    Abb. 2.11 Krmmung fr den Beginn der Drahtverschiebung (abhngig von )

    Abb. 2.10 Maximal ertragbare Zusatzspannung bei vollstndigerDrahtverschiebung

    Daraus erkennt man, dass jeder Draht bei einer bestimmten Krmmung sich zuverschieben beginnt, welcher abhngig von seiner - durch den Winkel definier-ten - Lage im Seilquerschnitt ist. Das bedeutet, dass die einzelnen Drhte desjeweils betrachteten Querschnittes, sich nicht notwendigerweise bei der gleichenKrmmung zu verschieben anfangen.Fr 0 geht (2.25) in (2.24) und fr /2 in (2.23) ber, Abb. 2.11; d.h.die Drhte in Hhe der Seilachse ( = 0) sind die ersten und die Drhte amSeilscheitel ( = /2) die letzten, die von der Verschiebung erfasst werden.

  • 20

    2.4 Die Biegesteifigkeit

    Wie in der Einleitung zu dieser Arbeit erwhnt, ist die Bestimmung der Biegesteifigkeitvon zentraler Bedeutung fr die Biegung von Drahtseilen. Denn, obwohl die Biege-steifigkeit eine konstruierte (Hilfs-) Grsse ist, erleichtert sie wesentlich - alsKombination von Material- und Querschnittswerten - die anschauliche Vorstellungder Vorgnge bei der Biegung. Entsprechend hat sie Beachtung in der Fachliteraturgefunden und viele z.T. schon zitierte Untersuchungen beschftigen sich mit derenErmittlung. In diesem Zusammenhang sollen im folgenden die Verhltnisse bei derSeilbiegung im Detail untersucht werden.

    Biegegleichung

    Die Grundlage fr die Verformung eines Trgers bildet die sogenannte natrlicheGleichung der elastischen Linie des Trgers, bekannt aus der Festigkeitslehre:

    1M

    EJbzw. M EJ

    mit:

    M : im Trgerquerschnitt wirkendes Biegemoment

    y(x) : Biegelinie des Trgers (hier die sogenannte Seillinie)

    1: Krmmung der neutralen Achse

    : Krmmungsradius der neutralen Achse

    (EJ) : Biegesteifigkeit des Trgerquerschnittes

    1

    y"

  • 21

    Auch fr Drhte im Seilverband, die einer Biegung unterliegen, wird die obige Glei-chung angesetzt [Isaachsen, 1907, Ernst, 1933, Wyss, 1956, Schiffner, 1986, Wang,1990]. Die wesentlichen Voraussetzungen dabei sind, dass die Querschnitte dereinzelnen Drhte bei der Biegung eben bleiben und dass das Drahtmaterial einemlinear-elastischen Verhalten nach dem Hookeschen Gesetz folgt. Ersteres ist schonfrher experimentell beobachtet worden [Czitary, 1962]. Die zweite Annahme wurdehier durch geeignete Wahl der usseren Belastungen eingehalten.

    Biegesteifigkeit

    Bekanntlich ist das Moment in dem jeweiligen Trgerquerschnitt proportional zur dortherrschenden Krmmung der Querschnittsachse. Der Proportionalittsfaktor lautet (EJ)und wird auch Biegesteifigkeit oder krzer, im Gegensatz zur Dehnsteifigkeit, Stei-figkeit genannt. Fr einen homogenen Krper mit bekanntem E-Modul lsst sich dieSteifigkeit ohne weiteres berechnen und damit auch die Verformung infolge derusseren Belastung. Anders liegen die Verhltnisse bei einem Drahtseil, da in diesemFall die einzelnen Drhte nicht stndig unverschieblich miteinander verbunden sind,sondern sie knnen sich, je nach Belastungszustand, auch gegeneinander verschie-ben.

    Fr die Bestimmung der Steifigkeit eines Drahtseiles muss man deswegen den inne-ren (Verschiebungs-) Zustand des Seiles kennen, der schon im Kap. 2.3 quantitativbeschrieben worden ist.

    Draht- und Zusatzsteifigkeit

    Wie aus der Festigkeitslehre bekannt ist, wird zur Ermittlung der Biegelinie dasMomentengleichgewicht an jedem Querschnitt des betrachteten Trgers verwen-det, indem dem usseren Belastungsmoment M, das innere Moment - ermitteltaus den an jeder Stelle des betrachteten Querschnittes wirkenden Normalspannun-gen - gleichgesetzt wird. Im Fall eines mehrteiligen Querschnittes, wie beimSpiralseil, wird zu diesem Zweck das ussere Moment M auf die einzelnenQuerschnittsteile des Seiles, d.h. die einzelnen Lagendrhte (Md,L) und denKerndraht (MK), aufgeteilt, Abb. 2.12.

  • 22

    zus,LcosL b,LcosL

    Md,L

    Abb. 2.12 Aufteilung des Seilbiegemomentes auf die einzelnen Drhte

    Im Gleichgewichtszustand gilt:

    = +d,L

    K d,LM M M (2.26)

    Da sich diese Betrachtungen auf den Mittelpunkt des Drahtquerschnittes beziehen,muss man, wie in Abb. 2.12 dargestellt, bei der Ermittlung der inneren Drahtmo-mente aus den Normalspannungen letztere mit cosL multiplizieren.Fr das gesamte Seil kann nun die eingangs erwhnte natrliche Gleichung derBiegelinie angesetzt werden. Mit (2.26) folgt:

    ( ) = = +Kd,L d,L

    EJ M M M (2.27)

    Dabei wird das sehr kleine Biegemoment, das eine Krmmung quer zurSeilbiegeebene hervorruft, vernachlssigt [Wang, 1990].

    Wie im Kap. 2.3 schon erlutert, treten in einem Draht bei der Seilbiegung zweiNormalspannungskomponenten b,L und zus,L auf. Entsprechend setzt sich dieBiegesteifigkeit des Drahtes ebenfalls aus zwei Anteilen zusammen. Diese An-teile der Steifigkeit erhlt man aus folgender berlegung:

    Fr das Drahtmoment Md,L gilt entsprechend den beiden Anteilen der Draht-spannung, nmlich der Biegespannung und der Zusatzspannung, und Abb. 2.12:

    yd,L

    hd,LL M

    zus,L

    Ad,L

    b,L

    = + d,L b,L L d,L d,L d,L zus,L L d,LM cos y dA h cos dA (2.28)

  • Dabei ist Ad,L die Querschnittflche, yd,L die Querschnittsordinate und hd,L der Ab-stand von der Seilachse des betrachteten Drahtes der Lage L, s.a. Abb. 2.12.

    Gleichung (2.27) kann auch fr den einzelnen Lagendraht in folgender Form ge-schrieben werden:

    ( ) ( ) ( )= = +d,L

    min,d,L zus,d,Ld,L

    MEJ EJ EJ (2.29)

    Durch Vergleich von (2.28) und (2.29) und durch Auflsung des ersten Integrals von(2.28) fr den Kreisquerschnitt des Drahtes mit b,L nach (2.20), erhlt man (EJ)min,d,L,die sog. Drahtsteifigkeit, die bei Biegung eines einzelnen Drahtes um seine eigeneQuerachse wirkt:

    ( ) = 4d,L

    d,L Lmin,d,LEJ E cos

    64(2.30)

    Die entsprechende Seilsteifigkeit, die als (EJ)min gekennzeichnet wird, ergibt sich ausder Summe der einzelnen Drahtsteifigkeiten nach (2.30) zu:

    ( ) ( ) ( ) = + = + 4 4d,L Kd,L L Kmin,d,L Kd,L d,L

    minEJ EJ EJ E cos E64 64(2.31)

    mit EK den E-Modul und K den Durchmesser des Kerndrahtes.Wrden die einzelnen Drhte reibungsfrei aufeinanderliegen, wre dies die einzigeSteifigkeit des Drahtseiles.

    Durch die Reibkrfte zwischen den einzelnen Drhten kommt es jedoch, analog zurDehnung und zur Spannung, Kap. 2.3, auch zu einer Zusatzsteifigkeit (EJ)zus,d,L nach(2.32).

    Da die Zusatzsteifigkeit aus der Zusatzspannung resultiert und diese ber den Draht-querschnitt konstant ist, bedarf es zur Berechnung des zweiten Glieds in (2.28)keiner eigentlichen Integration. Somit ergibt sich fr die Zusatzsteifigkeit eines ein-zelnen Drahtes der Lage L:

    (2.32)( )= =

    2d,L

    zus,L d,L d,L L zus,L L Lzus,d,L

    1 1EJ A h cos r sin cos4

  • 24

    In dieser Beziehung sind, je nach Verschiebungszustand des betrachteten Drahtes, dieZusatzspannungen aus (2.17) bzw. (2.22) einzusetzen, sowie die Entfernung hd,L desQuerschnittschwerpunktes des Drahtes von der neutralen Achse des gebogenen Seilesnach (2.19). In beiden Fllen ist diese Zusatzsteifigkeit vom Winkel abhngig, d.h.sie variiert mit entlang des einzelnen Drahtes bzw. sie liefert unterschiedliche Beitrgefr die verschiedenen Drhte des gleichen Seilquerschnittes, je nach der jeweiligen-Position des betrachteten Drahtes.Somit folgt mit (2.22) fr die Zusatzsteifigkeit eines Einzeldrahtes bei unverschobe-nen Drhten (sog. Bereich I):

    ( ) ( )I = 2 3d,L d,L L Lzus ,d,LEJ E A r sin cos (2.33)

    und mit (2.17) bei vllig verschobenen Drhten (sog. Bereich II):

    ( ) ( )II m b jj= - bksin LLd,L Lzus ,d,L L r sinEJ Z e 1 cos (2.34)Gleichung (2.33), aufsummiert ber alle Drhte und Lagen, liefert die Zusatzsteifig-keit des Seiles bei unverschobenen Drhten:

    ( ) = 2 3d,L L d,L Lzusd,L

    EJ E (r sin ) A cos (2.35)

    In diesem Fall weist das Seil die maximale Biegesteifigkeit, die sog. Seilsteifigkeit(EJ)max auf, die sich aus der Summe der Drahtsteifigkeit nach (2.31) und der Zu-satzsteifigkeit nach (2.35) ergibt:

    ( ) ( ) ( ) = +max min zusEJ EJ EJ (2.36)

    Dieses Ergebnis ist hnlich dem Fall, indem man das Seil als starren homogenenBalken betrachtet und dessen Flchentrgheitsmoment mit Hilfe des Satzes vonSteiner errechnet. Das ist auch eine Plausibiltskontrolle fr die Richtigkeit derhier gemachten Anstze, die zur Zusatzsteifigkeit fhrten.

    Gleichung (2.34) dagegen gibt hier erstmalig einen zustzlichen Beitrag zurreinen Drahtsteifigkeit an, der bis jetzt fr den Fall der vllig verschobenen Drhtenicht bercksichtigt wurde. Dieser zustzliche Steifigkeitsbeitrag, der mit steigenderKrmmung des Seiles gegen Null geht, ergibt sich aus den durch die Reibung

  • 25

    maximal ertragbaren Zusatzspannungen der Drhte nach (2.17), und wirkt zustzlichzur reinen Drahtsteifigkeit nach (2.31) dem usseren Belastungsmoment entgegen.Diese Restzusatzsteifigkeit (EJ)zusII ergibt sich aus der Summation von (2.34) fralle Drhte des Seiles. Allerdings lsst sich mit den Funktionen in (2.34) keinegeschlossene Form fr (EJ)zusII finden, sondern die Aufsummierung muss numerischdurchgefhrt werden, s.a. Kap. 2.7.

    Dagegen kann fr die Aufsummierungen in den beiden Gleichungen fr die Stei-figkeiten (EJ)min nach (2.30) und (EJ)zusI nach (2.33) je eine einfache Formel ange-geben werden:

    ( ) ( ) = = 4d,LL d,L Lmin min,d,Ld,L d,L 64

    EJ EJ n E cos (2.37)

    (2.38)

    Dabei erstreckt sich die Summation jeweils ber die nL gleichen Drhte einer Draht-lage des Seiles. Die entsprechenden Seilsteifigkeiten ergeben sich einfach aus demZusammentragen aller Lagensteifigkeiten nach obigen Formeln, Kap. 3.5.

    Als Besonderheit beinhaltet (2.38) folgende Identitt:

    ==Ln 2L i

    i 1

    n sin2

    (2.39)

    Das gilt fr = =i LL

    2 i 1,.....,nn

    und nL > 2, was fr Spiralseile immer der Fallsein wird.

    Diese Beziehung, die bis jetzt als empirische Regel bekannt war [EPRI, 1979, S.15],wird im Anhang II bewiesen.

    2.5 Das Seilbiegemoment

    Aus der jeweils im Seil herrschenden Steifigkeit (EJ) und Krmmung kann mitHilfe der natrlichen Gleichung der elastischen Linie das zugehrige SeilbiegemomentM = (EJ) berechnet werden.

    Durch Bercksichtigung der im vorherigen Abschnitt hergeleiteten Beziehung:

    ( ) ( )I = = 2 3L d,L d,L L Lzus zus ,d,Ld,L d,L

    nEJ EJ E A r cos2

  • 26

    (EJ) = (EJ)min + (EJ)zus (2.40)

    wird daraus:

    M = (EJ)min + (EJ)zus = Mmin + Mzus (2.41)

    In dieser Gleichung ist Mmin das sogenannte Drahtbiegemoment des Seiles, das sichaus der Biegung der Drhte um deren eigene Achse ergibt und Mzus das Zusatz-biegemoment des Seiles, das von der inneren Reibung zwischen den Drahtlagenherrhrt und vom Verschiebezustand der einzelnen Drhte abhngt.

    Das gesamte innere Seilmoment M ergibt sich somit aus der Summe des Drahtmo-mentes und des Zusatzmomentes. Dieser Sachverhalt ist schematisch in Abb. 2.13dargestellt. Dabei wird unterschieden zwischen einem (Krmmungs-) Bereich I, beidem die Drahtverschiebung nirgends entlang der Drhte eingesetzt hat, und einenBereich II, bei welchem alle Drhte ber deren gesamte Lnge sich verschobenhaben. Diese beiden Zustnde des Seiles werden durch die zwei unterschiedlichenBiegesteifigkeiten nach (2.36) und (2.37) gekennzeichnet und werden im nchstenAbschnitt nher erlutert.

    M (EJ)max M

    Mm

    MR

    Mmin

    (EJ)zusI

    a m e

    Bereich I bergang Bereich II

    Abb. 2.13 Momenten-Krmmungs (M-K)-Kennlinie eines einlagigen Seiles

    (EJ)zusII

    (EJ)min

  • 27

    Mittlere bergangskrmmung

    Nach Abb. 2.13 kann man nherungsweise annehmen, dass unter Vernachlssigungdes bergangsbereiches, der nach Kapitel 2.3 zwischen der Anfangskrmmung aund der Endkrmmung e angesiedelt ist, der Steifigkeitswechsel auf einmal bei dersog. mittleren bergangskrmmung m stattfindet. Diese Nherungsberlegung er-leichtert wesentlich die bersichtlichkeit der folgenden Darstellungen und soll des-wegen hier eingefhrt werden. Zudem wird im folgenden der Index L weggelassen,da das in diesem Abschnitt betrachtete Seil einlagig ist.

    Die folgende Tabelle 2.1 zeigt die in den beiden Bereichen I und II, Abb. 2.13, unterdiesen Annahmen wirksamen Biegesteifigkeiten und Biegemomente des Seiles.

    Tab. 2.1 Biegesteifigkeiten und Biegemomente im Bereich I und Bereich II

    Dabei wurde das Moment MR zunchst als Hilfsgrsse eingefhrt. Dieses Momentwird erst weiter unten physikalisch sinnvoll interpretiert werden knnen. Es ist:

    ( ) II= R zusM EJ (2.42)

    Mit (2.34) erhlt man:

    sinR dd

    ( 2.43)

    Wenn in (2.43), die von abhngige Zusatzkraft ( )d sinZ e 1m b - durch(Z() - Zd), mit Z() der gesamten und Zd der reinen, von unabhngigenDrahtzugkraft, ersetzt wird, folgt:

    (EJ)Gesamt MGesamt

    Bereich (EJ)min + (EJ)zus = (EJ)max (EJ)max(keine Draht-verschiebung)

    Bereich (EJ)min + (EJ)zusII

    = (EJ)min + MR

    (EJ)min + MR

    (vollstndigeDrahtverschiebung)

  • 28

    ( )( )= R dd

    M Z Z sin r cos (2.44)

    Die mittlere bergangskrmmung m bekommt man jetzt aus folgender berlegung:bei dieser Krmmung sollten in der vereinfachten Darstellung (Abb. 2.13) perDefinition die Seilmomente im Bereich I und im Bereich II gleich sein, d.h. mitTabelle 2.1:

    ( ) ( )I II= = + =m m Rmax minM EJ EJ M M (2.45)Daraus folgt die mittlere bergangskrmmung:

    ( ) ( ) ( ) I = = =

    R Rm

    max min zus

    M M (2.43)EJ EJ EJ (2.38)

    (2.46)

    Die folgende Abb. 2.14 zeigt schematisch den Verlauf der Seilsteifigkeit ber derKrmmung. In dieser Abbildung sind zum Vergleich einmal der exakte Verlaufder Biegesteifigkeit, d.h. unter Bercksichtigung eines endlichen bergangsbe-reiches, der sich zwischen den Krmmungen a und e nach (2.24) und (2.23)erstreckt dargestellt. Zum anderen ist der eben besprochene angenherte Stei-figkeitsverlauf, der einen schlagartigen bergang vom unverschobenen zumvollstndig verschobenen Zustand der Seildrhte bei der mittleren bergangs-krmmung m nach (2.46) zugrundelegt, eingetragen.

    Diese Abbildung ist von besonderer praktischer Bedeutung, da hier erstmalig diedurch die innere Reibung vernderliche Biegesteifigkeit eines Seiles quantitativdargestellt wird. Diese Abhngigkeit der Biegesteifigkeit von der Seilkrmmungwird auch bei der spteren Berechnung der Seillinie gebraucht werden und wirdsomit die Ergebnisse dieser Arbeit prgen.

    Das dazugehrige mittlere bergangsmoment Mm ergibt sich aus (2.45) zu:

    (2.47)

    Den Schnittpunkt MR der M-K-Geraden mit der Momentenachse erhlt man ausAbb. 2.13 wie folgt:

    ( ) ( )( )( )

    ( ) ( )I= = =

    max maxm m R Rmax

    zus max min

    EJ EJM EJ M M

    EJ EJ EJ

  • 29

    (EJ)

    (EJ)max

    (EJ)()

    (EJ)min

    a m e

    Bereich I bergang Bereich II

    Abb. 2.14 Schematischer Verlauf der Biegesteifigkeit (EJ)() ber derSeilkrmmung fr ein einlagiges Seil

    (2.48)

    Fr MR gilt aber (2.43):

    ( )( )= R dd

    M Z Z sin r cos (2.43)

    MR ist das sogenannte Restreibmoment oder das maximal infolge der Reibung er-tragbare Moment, das, nachdem alle Drhte geglitten sind, im Seil eingefroren wirdund der usseren Belastung weiter entgegenwirkt, denn es gilt fr > m(Bereich II):

    (2.49)

    D.h. das Moment MII oberhalb der mittleren bergangskrmmung m setzt sich ausdem Drahtmoment Mmin und dem Restreibmoment MR zusammen.

    ( ) ( ) ( )( )( ) ( )( )( ) ( ) =

    = =

    m m mmin max min

    RRmax min

    max min

    M EJ EJ EJ

    MEJ EJ MEJ EJ

    ( ) ( ) ( )II II= + = + = +R min Rmin zus minM EJ EJ EJ M M M

  • 30

    Dagegen ist das Moment unterhalb der bergangskrmmung, d.h. im Bereich I -keine Drahtverschiebung - das maximal mgliche Seilmoment:

    ( ) ( ) ( )I I= k + k = kmin zus maxM EJ EJ EJ (2.50)

    Die Plausibilitt der obigen berlegungen soll durch folgende Grenzbetrachtunguntermauert werden:

    Mit (2.24) und. (2.23) wurden die Anfangs- und Endkrmmungen der Drahtver-schiebung fr einen Seilquerschnitt aufgrund von Gleichgewichtsberlegungen an deneinzelnen beteiligten Drahtelementen ermittelt :

    Beginn der Drahtverschiebung (2.24)

    Ende der Drahtverschiebung (2.23)

    Andererseits wurde in (2.46) aus Abb. 2.13 die mittlere bergangskrmmung maufgrund von einfachen berlegungen hergeleitet zu:

    ( ) ( )k = -R

    m

    max min

    MEJ EJ

    (2.51)

    Durch Einsetzen des MR-Anteils eines einzelnen Drahtes aus (2.43) folgt:

    (2.52)

    Ausserdem gilt fr den hier betrachteten Einzeldraht nach (2.30) und (2.33):

    (2.53)

    Fr die dazugehrige reine Drahtzugkraft (d.h. ohne den Biegeanteil Zzus ) folgt:

    (2.54)

    m bk = s ba d 2dsin

    E r cos

    ( )m bp -k = s be d 2dsin /2e 1

    E r cos

    ( ) ( )( )= d max min( ) Z EJ EJ

    ( ) ( ) ( )- = b2 3d dmax minEJ EJ E A r sin cos

    Z Ad d d=

    km

  • 31

    + sin0 : e 1 sin

    ( ) ( )( )( )

    =

    sin / 2

    m d d 2 2d d

    e sin / 2 r( / 2) AE A r sin / 2 cos

    = = m d a2dsin( 0)

    E r cos

    = = sin / 2

    m d e2d

    e 1( / 2)E r cos

    Zur Bestimmung der Krmmung, bei der die Drahtverschiebung einsetzt, mussnun nach Kap. 2.3, = 0 in (2.52) eingesetzt werden.Mit der bekannten Reihenentwicklung:

    = + + + +2 3

    e 1 .......1! 2! 3!

    (2.55)

    wird fr kleine Werte von unter Vernachlssigung der Glieder, die vonhherer Ordnung klein sind:

    (2.56)

    Unter den gleichen Voraussetzungen gilt zustzlich:

    0 : sin (2.57)

    Dies, zusammen mit (2.53) und (2.54) in (2.52) eingesetzt, ergibt:

    ( )( )

    + = m d d 2 2d d

    1 sin 1 r( 0) AE A r cos

    (2.58)

    und

    (Gleichung (2.24)) q. e. d.

    Entsprechend lsst sich aus (2.52) die bergangskrmmung fr das Ende derDrahtverschiebung bei = /2, d.h. fr die Gesamtlnge des betrachteten Drah-tes, bestimmen zu:

    (2.59)

    bzw. da sin(/2) = 1:

    (Gleichung (2.23)) q. e. d.

  • 32

    Abschliessend zeigt Abb. 2.15 schematisch fr ein einlagiges Seil die Steifigkeitsbe-reiche I, bergang und II, d.h. den Verlauf vom Anfangs- und Endkrmmungsradiusa und e , sowie vom mittleren bergangskrmmungsradius m abhngig von derDrahtzugspannung d.

    d

    Abb. 2.15 Anfangs-, End- und mittlerer bergangskrmmungsradius inAbhngigkeit von der reinen Drahtzugspannung

    2.6 Das Seil-Zustandsdiagramm

    Die im vorherigen Abschnitt aufgestellte Momenten-Krmmungs-Kennlinie(M-K-Diagramm) des Seiles, Abb. 2.13, ist von zentraler Bedeutung sowohl frdie weiteren berlegungen im Laufe dieser Arbeit als auch fr grundstzlicheberlegungen ber den inneren Zustand von Seilen bei Biegung. Sie kann somitauch als das Zustandsdiagramm des Seiles bezeichnet werden. Aus diesem Grundsollen im Folgenden einige zustzliche berlegungen zu dieser erstmalig hier frSeile eingefhrten Darstellung gemacht werden.

    ame

    Bereich I

    Bereich II

    bergangsbereich

  • 33

    M

    Mb Mb/ b

    Mm

    MR

    (EJ)min

    Bereich I Bereich II b m

    Abb. 2.16 Vorgang der Seilbiegung im M-K- Diagramm

    Das M-K-Diagramm, Abb. 2.16, gestattet es auf bersichtliche Art und Weisefr jede ussere Belastung, d.h. fr jedes ussere Biegemoment, den Krm-mungszustand (und somit auch den Spannungszustand) sowie die dabei wirksa-me Biegesteifigkeit des Seiles zu ermitteln.

    Wirkt z.B. auf das Seil ein usseres Belastungsmoment Mb, so muss sich letztlichaufgrund dieses Zustandsdiagramms beim Seil die Krmmung b einstellen.

    Dabei kann das Seil, um den End-Punkt Mb/b zu erreichen, nur Verformungs-zustnde entlang der M-K-Kennlinie annehmen, wenn der Ausgangszustandreibkraftfrei war (Erstbelastung). Demzufolge stellt das Seil zunchst der usse-ren Belastung eine Anfangssteifigkeit, die dem unverschobenen Seilzustand ent-spricht, die sogenannte maximale Seilsteifigkeit (EJ)max nach (2.36) entgegen. DieseSteifigkeit wirkt bis zur mittleren bergangskrmmung m, bei welcher nachdem frher Gesagten angenhert der bergang vom unverschobenen zum voll-verschobenen Seilzustand stattfindet. Ab diesem Punkt wirkt dem usserenBiegemoment nur die minimale, die sogenannte Drahtsteifigkeit (EJ)min nach(2.31) entgegen; diese knnte auch als Endsteifigkeit des Seiles bezeichnetwerden.

    Hat somit bei der Biegung eines Drahtseiles die Drahtverschiebung das gesamteSeil erfasst, so ist fr eine weitere Biegung nur noch die Drahtsteifigkeit aus(2.31) zu bercksichtigen. D.h. bei Biegung im Bereich II (vollstndige Draht-

    (EJ)max

    (EJ)b

    (EJ)zus(b)

    (EJ)min(b)

  • 34

    verschiebung) verhlt sich das Seil bei weiterer Belastung so, als seien die einzelnenDrhte vollkommen reibungsfrei gegeneinander zu verschieben. Allerdings wirkt auchin diesem Bereich das Restreibmoment MR nach (2.43), das im Seilverband durchdie Reibkrfte eingefroren ist, zustzlich der usseren Belastung entgegen.

    Dadurch ergibt sich fr das Seil bei der Endkrmmung b eine mittlere Steifigkeit(EJ)b von einer Grsse, als ob sie whrend des gesamten Biegevorganges von (0/0) bis (Mb/b) konstant gewirkt htte. Diese mittlere Seilsteifigkeit fr den gesam-ten Biegevorgang betrgt:

    und ist somit abhngig von der erreichten Endkrmmung b.

    Hysterese

    Das im vorherigen Abschnitt hergeleitete M-K-Diagramm wurde zunchst im erstenQuadranten des M-K-Koordinaten-Systems erlutert, da dies von besonderer Be-deutung fr die Biegebeanspruchung eines Seiles ist. Mit den folgenden berlegun-gen soll das M-K-Diagramm auch auf die anderen Quadranten erweitert werden.Damit kann der Seilzustand auch bei Entlastungsvorgngen bzw. bei zyklischenBeanspruchungen sehr bersichtlich dargestellt werden.

    Dabei sind zwei Flle voneinander zu unterscheiden, Abb. 2.17 (a) und (b):

    Fall (a)

    Die durch die ussere Belastung Mb erreichte Endkrmmung b ist kleiner als diebergangskrmmung, Abb. 2.17a:

  • 35

    M M

    Mb

    Mb

    b m m m m b

    (a) (b)

    Abb. 2.17 Seilbiegung im M-K-Diagramm(a) b < m : keine Hysterese(b) b > m : Hysterese, links Erstbelastung, rechts Folgebelastung

    Fall (b)

    Die durch die ussere Belastung Mb aus dem reibkraftfreien Zustand erreichteEndkrmmung b ist grsser als die bergangskrmmung:

    > b m

    Das Seil kann oberhalb der bergangskrmmung nur Zustnde annehmen, die sichin Abb. 2.17b auf der Geraden mit der Steigung (EJ)min befinden.

    Die Momentengleichung lautet dann:

    wobei MR das maximal mgliche Reibmoment - Restreibmoment - nach (2.43) ist.

    Aus dem oben Gesagten kann jetzt das M-K-Diagramm eines Seiles fr einen voll-stndigen Be- und Entlastungszyklus konstruiert werden.

    ( )= + b R bminM M EJ

  • 36

    Abb. 2.18 Hysterese im M-K-Diagramm bei der Seilbiegung

    Ausgehend vom Nullpunkt (M = 0, = 0) folgt das Seil der Geraden c mitder Steigung (EJ)max (unverschobener Seilzustand) bis die bergangskrmmungm erreicht wird, anschliessend der Geraden d mit der Steigung (EJ)min. Dabeibleibt das am Knickpunkt (Mm/m) wirkende maximale Reibmoment MR im Seileingefroren.

    Wird nun bei der maximalen Belastung (Mb/b) die Belastungsrichtung umge-kehrt (Entlastung), verfolgt das Seil zunchst die Gerade e mit der Steigung(EJ)max , die parallel zur Geraden c verluft, d.h. es setzt dem Entlastungsmo-ment die maximale Biegesteifigkeit (EJ)max entgegen. Dabei muss das eingefro-rene Restreibmoment MR zunchst innerhalb der Krmmungsstrecke m abge-baut werden.

    Ab diesem Punkt, der wie ein neuer Nullpunkt fr das Seil betrachtet werdenkann, wiederholt sich der gleiche Vorgang wie bei der Belastung, allerdings inumgekehrter Richtung, (Geraden f und g). Bei erneuter Belastungsumkehrfolgt das Seil der Geraden h, um wieder an den ursprnglichen Nullpunkt zugelangen und somit (im gezeichneten Fall) die Hysterese-Schleife zu schliessen.

    d

    c

    e

    f

    ghm m m b

    Mb

    MmMR

    M

    0

    0

  • 37

    2.7 Das einlagige Spiralseil als Rechenbeispiel

    Im folgenden sollen die oben aufgestellten berlegungen und Formeln auf ein einlagi-ges Spiralseil angewendet werden. Dazu soll das Aluminium/Stahl(Al/St)-Seil 35/6nach DIN 48204, Abb. 2.19, Verwendung finden, da es einen einfachen, bersicht-lichen Aufbau besitzt und sich somit fr eine Handrechnung anbietet. Die hierinteressierenden Seildaten sind:

    - 1 Kerndraht aus Stahl = 2,7 mm, ASt = 5,73 mm2 = Ad- 6 Lagendrhte aus Aluminium = 2,7 mm, AAl = 34,38 mm2 = 6 Ad- Schlagwinkel = 10 (Schtzung)- mittlerer Lagendurchmesser dm = 5,4 mm = 2 rm- Reibungszahl = 0,1 (Annahme)

    - Elastizittsmodul ESt = 210.000 N/mm2, EAl = 70.000 N/mm2

    rmdm

    Abb. 2.19 Querschnitt vom Al/St-Seil 35/6 (s.a. Abb. 2.7)

    Innerer Seilzustand

    Am Anfang der Betrachtungen steht die Frage, wie weit die Drahtverschiebungfortgeschritten ist. Die Antwort hierauf liefern die beiden Gleichungen (2.24)und (2.23):

    (2.60)I= = =

    2Al m

    aa zug zug

    E cos d1 1 1 C2 sin

  • 38

    mit:

    und:

    (2.61)

    mit:

    Dabei ist zug als Zugspannung eines Drahtes der Aluminiumlage bei bekannter Seil-zugkraft nach (2.6) zu berechnen.

    In Abb. 2.20 sind die beiden Krmmungsradien fr den Beginn der Drahtverschie-bung a bzw. fr das Einsetzen der vollstndigen Drahtverschiebung e alsFunktion der Drahtzugspannung nach (2.60) und (2.61) aufgetragen. Somit kannaus diesem Diagramm fr das ausgewhlte Drahtseil zu jeder beliebigen Zug-spannung der im Seil herrschende Drahtverschiebungszustand abgelesen werden.In der gleichen Abbildung ist auch der mittlere bergangskrmmungsradiusm=1/m nach (2.46) eingetragen.

    Abb. 2.20 Grenzkrmmungsradien vom Al/St-Seil 35/6

    C N mmI =

    =

    70 000 0 97 5 42 0 1 0 174

    10 56 106. , ,, ,

    , /

    ( ) II = = =

    2Al m

    e sin / 2e zug zug

    E cos d1 1 1 C2 e 1

    em

    a

    0 50 100 150 200

    Aluminiumdrahtzugspannung [N/mm2]

    0

    50

    100

    Anfa

    ngs-

    End

    - und

    be

    rgan

    gs-

    krm

    mun

    gsra

    dien

    [m

    ]

    ( )II6

    0,10,174 / 2

    70.000 0,97 5,4C 6,63 10 N/mm2 e 1

    = =

  • 39

    Drahtsteifigkeit

    Unabhngig von der Grsse der Drahtverschiebung besitzt die erste Komponenteder Steifigkeit, die Drahtsteifigkeit (EJ)Draht , einen konstanten Wert. Nach Glei-chung (2.31) folgt:

    EJmin

    EJ EDrahtDrhte

    4

    64cos (2.62)

    EJ NmmDraht ( . . ) , , ,210 000 6 70 000 2 764 0 9848 16185 104

    6 2

    Zusatzsteifigkeit

    Im Bereich I (keine Drahtverschiebung), ist die Zusatzsteifigkeit des einzelnenDrahtes abhngig von der Lage des Drahtes im Seilquerschnitt. Dies wird durchden Faktor sin2 in (2.33) ausgedrckt. Demnach ndert sich die Steifigkeit deseinzelnen Drahtes in Seillngsrichtung mit diesem Faktor, da der Winkel entlang der Schlaglnge eines Drahtes die Werte von

    = 0 bis

    = 2 durchluft.Fhrt man jetzt eine Aufsummierung dieser Steifigkeitswerte ber die innerhalbdes gleichen Seilquerschnitts um jeweils

    = 60 zueinander versetzten Drhte,Abb. 2.19, durch, so ist die Summe, unabhngig von der Lage der einzelnenDrhte, in jedem Seilquerschnitt konstant, denn es gilt:

    2

    Drhte

    Anzahl Lagendrhtesin 3

    2

    Der allgemeine Beweis dafr wurde fr eine beliebige Drahtanzahl nL einer DrahtlageL im Kapitel 2.4 angesprochen und wird in Anhang II geliefert.Daraus resultierend folgt nach (2.33) fr die Zusatzsteifigkeit EJ

    zusI im Bereich I einkonstanter Wert:

    I

    23m

    Al AlzusAl Drhte

    dEJ E sin A cos2

    (2.63)

  • 40

    ( ) I = = 2

    6 2zus

    5,4EJ 3 70.000 5,7255 0,9551 8,3717 10 Nmm2

    Anders liegen die Verhltnisse im Bereich II (vollstndige Drahtverschiebung). Hierndert sich die Zusatzsteifigkeit des einzelnen Drahtes entsprechend seiner durchden Winkel bestimmten Position am betrachteten Seilquerschnitt nach der Funk-tion ( )sine 1 sin aus (2.34).

    Mit den fr die einzelnen Drhte geltenden Werten dieser Funktion, lsst sich fr

    den Zusatzsteifigkeitsanteil ( ) II zusDrhte

    EJ keine geschlossene Form finden, sonderndie Aufsummierung muss numerisch durchgefhrt werden.

    Da die Funktion sin(e 1) bei der bisherigen Herleitung nur in den 1. und 4.Quadranten ( )/ 2 / 2 definiert ist, muss wegen der Achsensymmetrie(der Zusatzspannung) zur Geraden = /2 gesetzt werden:

    und

    Dabei ist (EJ)zusII immer positiv, da die Funktionen sin(e 1) und sin im

    4. und 1. Quadranten immer gleiche Vorzeichen aufweisen, Abb. 2.21.

    Abb. 2.21 Verlauf der Zusatzspannung ber eine volle Schlaglnge( = 0 bis 2)

    Die Berechnung der Zusatzsteifigkeit im Bereich II nach (2.34) erfolgt durchAufsummierung ber alle Drhte der Funktion sin(e 1) sin. Fr das hierbetrachtete Seil erhlt man einen Wert von 0.062 der in den folgenden Formelnverwendet wird.

    Damit folgt:

    ( ) II = = m

    zug zugzus

    d 1 1EJ 0,062 A cos C2

    (2.64)

    mit:

    3 2 2 = / /3 2 2 = /

    0

    zus

    (2.17)

    (2.22)

    /2 3/2 2

  • 41

    ( )= = 3C 0,062 5,755 0,9848 5,4 / 2 0,95 mm

    Die Zusatzsteifigkeit hngt demnach von den beiden (vernderlichen) Werten derKrmmung und der Zugspannung der Aluminium-Drhte ab. Entsprechend ist inAbb. 2.22 die Zusatzsteifigkeit (EJ)zus als Funktion der Krmmung aufgetragen. DerParameter fr die Kurvenschar ist die in den Aluminium-Drhten herrschende Zug-spannung zug von 10, 20, 30 und 40 N/mm

    2.

    Abb. 2.22 Zusatzsteifigkeit vom Al/St-Seil 35/6;1: zug = 10N/mm2; 2: zug = 20N/mm2; 3: zug = 30N/mm2; 4: zug = 40N/mm2

    Man erkennt daraus deutlich, dass, wie es auch die physikalische Anschauung er-warten lsst, die Zusatzsteifigkeit mit zunehmender Zugspannung in den Aluminium-Drhten, d.h. mit zunehmendem Schnrdruck auf den Stahlkern, sich entsprechendvergrssert, d.h. das Seil rutscht bei einer grsseren Krmmung.

    Im sogenannten bergangsbereich treten dann beide Verschiebungszustnde am glei-chen Seilquerschnitt auf und zwar abhngig von der durch den Winkel bestimmtenLage des Einzeldrahtes im Seilquerschnitt. Hier haben die beiden Kurven der Zusatz-spannung nach (2.22) und (2.17) fr Winkel zwischen /2 und +/2, neben der

  • 42

    trivialen Lsung = 0 noch zwei weitere Schnittpunkte (s.a. Abb. 2.10). Diesewandern mit zunehmender Krmmung immer weiter nach aussen bis der gesamteDraht von der Verschiebung erfasst wird. Die folgende Abb. 2.23 zeigt fr das Al/St-Seil 35/6 den Zusatzspannungsverlauf bei einer Seilkrmmung, die einen Wert imbergangsbereich aufweist.

    /2 0 /2

    Abb. 2.23 Die Zusatzspannung im bergangsbereich; die zwei senkrechten Linienin der Abbildung markieren die Schnittpunkte von (2.17) und (2.22)

    Am Ende des bergangsbereiches lautet schliesslich die Zusatzsteifigkeit bei voll-stndiger Drahtverschiebung nach (2.61) und (2.64):

    ( )II,

    == = = =zus e zug zug ee6 26,3 10 Nmm const.

    1EJ C C C C (2.65)

    d.h., diese Grenzsteifigkeit ist unabhngig von der Zugspannung.

    Man erkennt ferner, dass mit zunehmendem bergang von der Zusatzsteifigkeit (EJ)zusIzur Zusatzsteifigkeit (EJ)zusII auch der Einfluss der Parameter zug und zunimmt.(EJ)zusII wird stndig kleiner, bis sie ihren Grenzwert am Ende des bergangsberei-ches nach (2.65) erreicht hat; sie strebt anschliessend mit steigender Seilkrmmung nach (2.64) einen Grenzwert von Null an (Abb. 2.22).

    Bereich der Drahtverschiebung

  • 43

    44444

    33333

    2 2 2 2 2

    11111

    Seilbiegemoment

    Im folgenden sollen die im Kap. 2.5 gemachten berlegungen bezglich des Seilbie-gemoments verdeutlicht werden, indem man sie wiederum auf das hier betrachteteAl/St-Seil 35/6 quantitativ bertrgt.

    Im Bereich I (keine Drahtverschiebung) nimmt das Zusatzbiegemoment proportionalmit der Krmmung zu, da die Zusatzsteifigkeit in diesem Bereich einen konstantenWert aufweist, wie schon in (2.63) festgehalten worden ist, Abb. 2.24.

    Es gilt somit im Bereich I (keine Drahtverschiebung):

    ( )I I= 2zus zusM EJ = 8,37 Nmm (2.66)Setzt man fr die Krmmung den Wert aus Gleichung (2.60) ein, so erhlt man dasZusatzmoment zu Beginn der Drahtverschiebung zu:

    ( )II II

    = = zug 3zus ,a zugzusM EJ 0,79 mmC (2.67)

    Abb. 2.24 Zusatzbiegemoment im Al/St-Seil 35/6 in Abhngigkeit von derSeilkrmmung fr verschiedene Werte der Drahtzugspannung;1: zug = 10N/mm2; 2: zug = 20N/mm2; 3: zug = 30N/mm2; 4: zug = 40N/mm2

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    Abb. 2.25 Gesamtbiegemoment im Al/St-Seil 35/6 in Abhngigkeit von derSeilkrmmung fr verschiedene Werte der Drahtzugspannung;1: zug = 10N/mm2; 2: zug = 20N/mm2; 3: zug = 30N/mm2; 4: zug = 40N/mm2

    Daraus erkennt man, dass aufgrund des mit der Zugspannung zunehmenden Schnr-druckes, auch die Drahtverschiebung bei steigender Zugspannung im Draht erst beihheren Biegemomenten einsetzt.

    Zum Ende des bergangsbereiches hin nimmt das Zusatzbiegemoment immer weni-ger zu, bis es bei vollstndiger Drahtverschiebung (Bereich II) einen konstantenWert, welcher abhngig von der herrschenden Zugspannung ist, erreicht. DieserWert bleibt dann auch bei zunehmender Krmmung erhalten und betrgt m i t(2.64):

    ( )II, II= = = 3zus e zug zugzus mmM EJ C 0,95 (2.68)

    Ab dieser Stelle wirkt lediglich das sog. Drahtmoment

    (2.69)

    der usseren Belastung entgegen; die (Gesamt-)Momenten-Krmmungs-Kennlinieist somit im Bereich II proportional (EJ)min, Abb. 2.25. Dabei markieren die kleinenKreise die Stellen (Mm/m) fr die einzelnen M-K-Kennlinien dieses Seiles.

    44444

    33333

    2 2 2 2 2

    11111

    ( )= = 6 2min minM EJ 1,62 10 Nmm

  • 45

    3. Mehrlagige Seile

    In den vorhergehenden Abschnitten dieser Arbeit wurde die Theorie der durchdie innere Reibung vernderlichen Biegesteifigkeit zunchst fr einlagige Seile,d.h. fr Seile bestehend aus einem Kerndraht und einer darauf liegenden Draht-lage, hergeleitet. Das hat den Vorteil, dass durch den relativ einfachen Seilaufbaudie Verhltnisse bersichtlich bleiben und der Rechenaufwand fr Handrech-nungen - zur Kontrolle - noch vertretbar ist. Die folgenden Abschnitte befassensich nun mit mehrlagigen Spiralseilen, die in den Anwendungen mehrheitlichvorkommen und die somit von besonderer praktischer Bedeutung sind.

    Dabei wird der besseren bersicht wegen in mehreren Schritten vorgegangen.Da bei mehrlagigen Seilen die Auflage der einzelnen Drhte auf der jeweilsdarunterliegenden Lage (mit Ausnahme der innersten Lage, die auf dem Kern-draht aufliegt) an einzelnen Auflagepunkten stattfindet, muss man zunchst dieAnzahl dieser Auflagepunkte ermitteln. Dann wird ein Spiralseil mit einemKerndraht und zwei Lagen betrachtet und die vernderliche Zugkraft in diesenbeiden Lagen errechnet. Schliesslich werden fr den allgemeinen Fall eines Spi-ralseils mit beliebiger Lagenanzahl, die, durch die innere Reibung vernderlichenZugkrfte, fr jede Lage des Seiles ermittelt. Die Kenntnis dieser Zugkrftebildet auch die Grundlage fr die weitere Berechnung der vernderlichen Bie-gesteifigkeit mehrlagiger Seile.

    3.1 Drahtauflagepunkte

    Bei mehrlagigen Seilen liegen die Drhte der usseren Lage (Index a) nur punk-tuell auf den Drhten der darunterliegenden inneren Lage (Index i) auf, Abb. 3.1.Die Drahtschraubenlinie geht dabei, vor allem bei hohen Zugkrften und wei-chem Drahtmaterial, in einem Polygonzug zwischen den Sttzpunkten ber.

    Ein zur Seilachse paralleler Draht der Aussenlage (Schlagwinkel der usserenLage a = 0), kreuzt auf die Lnge Ai (Schlaglnge der inneren Lage in Achsen-richtung des Seiles gemessen) ni Drhte der Innenlage. Ist jetzt der Aussendrahtgewunden (a 0), so werden es pro Windung des Aussendrahtes ni Auflage-punkte mehr oder weniger, je nachdem ob die Schlagwinkel a und i (Schlag-winkel der Innenlage) entgegengesetzte oder gleiche Vorzeichen haben; auf die

  • 46

    Schlaglnge Aa der Aussenlage bezogen, werden daraus ni(Aa/Ai) Auflagepunkte.Somit berhrt ein Draht der usseren Lage pro Schlaglnge Aa = da / tana in ba,i Auflagepunkten die darunter liegende Lage:

    (3.1)

    Dabei gilt als Vorzeichenregel:

    unterschiedliche Schlagrichtungen aussen und innen : +

    gleiche Schlagrichtungen aussen und in

    Analog berhrt ein Draht der inneren Lage pro Schlaglnge Ai in bi,a Auf-lagepunkten die darber liegende Lage:

    (3.2)

    wobei die gleiche Vorzeichenregel wie oben gilt.

    Die hier betrachteten Spiralseile sind immer wechselseitig geschlagen, womitin obigen Formeln das + Zeichen zum Tragen kommt.

    3.2 Zugkraft in der Aussenlage mehrlagiger Seile

    Im Fall des im Kap. 2 betrachteten einlagigen Seiles hat die Aussenlage auf demSeilkern eine kontinuierliche Auflage. Fr die Berechnung der Zugkraft Za indieser Aussenlage findet (2.15) Verwendung:

    (3.3)

    mit Zd,a der reinen Zugkraft der Aussenlage nach (2.5). Wiederum ist Za vomWinkel a abhngig, allerdings wird im folgenden, der besseren bersicht we-gen, die Schreibkonvention Z() = Z verwendet.

    a ia,i i

    i a

    d tanb n 1d tan

    =

    i ai,a a

    a i

    d tanb n 1d tan

    =

    =a d,a a a asinZ Z e

  • 47

    Bei den in diesem Abschnitt betrachteten mehrlagigen Seilen dagegen sttzt sich

    die Aussenlage in ba,i Auflagepunkten auf der darunter liegenden Lage ab, Abb. 3.1.

    Da sich die Draht-Zugkraft nur in diesen Auflagepunkten verndern kann, ergibtsich ein treppenfrmiger Verlauf fr die Zugkraft der Aussenlage, mit einerStufenhhe von aNa. Wird nmlich ein Drahtelement der Aussenlage (Schlag-winkel a) mit der Zugkraft Za um den Winkel a umgelenkt, so bewirkt esauf seiner Unterlage eine Normalkraft Na (s.a. Kap. 2.2) von der Grsse:

    (3.4)

    Das Krftegleichgewicht an einem Drahtelement der Aussenlage in einemAuflagepunkt dieses Elements auf der Innenlage, Abb. 3.1, liefert wieder:

    (3.5)

    Abb. 3.1 Krftegleichgewicht an einem Drahtelement der Aussenlage eineszweilagigen Seiles im Auflagepunkt auf der darunterliegenden Lage

    Unter Bercksichtigung von a= 2/ba,i gilt:

    (3.6)

    Durch sukzessives Anwenden der Gleichgewichtsbedingung (3.5) erhlt mandie Zugkraft des n-ten Drahtelementes der Aussenlage zu:

    = a a a aN 2 Z sin sin( / 2)

    Za Za

    a

    aNaZn-1 Zn

    Na

    = = N 2 Z sin sin( / 2) 2 Z sin sin( / b )a a a a a a a a a a,i

    n n 1 a aZ Z N= +

  • 48

    Za

    Za(3.8)

    Zn,a(3.7)

    ( )( )nn,a d,a a a a,iZ Z 1 2 sin sin /b= + mit (1 n ba,i) (3.7)Diese Werte Zn,a bilden die Eckpunkte der Treppe des Zugkraftverlaufs in derAussenlage, Abb.3.2, und liegen auf einer e-Funktion, die sich nur durch einenFaktor Ka von der e-Funktion unterscheidet, die nach (3.3) die Drahtzugkraftbei einer kontinuierlichen Seilauflage darstellt. Somit kann fr die DrahtzugkraftZa der Aussenlage angesetzt werden:

    =a d,a a a a asin KZ Z e (3.8)

    Abb. 3.2 Verlauf der Drahtzugkraft in der Aussenlage ein