44
‘Set-the-Price‘ vs. ‘Get–the-Price‘ als umfassendes Gesamtkonzept Barkawi Management Consultants München • Atlanta • Moskau • Shanghai • Wien Service Parts Pricing 4.0 Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

1 I

‘Set-the-Price‘ vs. ‘Get–the-Price‘

als umfassendes Gesamtkonzept

Barkawi Management ConsultantsMünchen • Atlanta • Moskau • Shanghai • Wien

Service Parts Pricing 4.0Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

Page 2: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 2

Autoren

Weitere Veröffentlichung von Barkawi Management Consultants

Carena Barkawi, Gründerin und GeschäftsführerinSeit vielen Jahren ist Carena Barkawi mit ihrem Mann zusammen Geschäfts- führerin und Inhaberin der mehrfach ausgezeichneten Unternehmensberatung Barkawi Management Consultants in München. Barkawi Management Consul-tants ist Teil der Barkawi-Gruppe. Hier ist Carena Barkawi Geschäftsführerin der Holding und Dachgesellschaft.

Oliver Bendig, PartnerOliver Bendig verantwortet den Bereich ‘After Sales und Customer Service‘ und berät seit über 20 Jahren erfolgreich Technologie- und Industriegüterunterneh-men mit einem Fokus auf Service-, Preis- und Wachstumsstrategien. Zahlreiche seiner Kunden konnten ihr After Sales-Geschäft verdoppeln oder verdreifachen und zum wichtigsten Standbein ihres Unternehmens entwickeln.

Dr. Veronika Köbberling, Senior ExpertDr. Veronika Köbberling ist seit 2006 bei Barkawi Management Consultants als Beraterin tätig mit dem Themenfokus After Sales Service und Supply Chain Management. Veronika Köbberling ist promovierte Mathematikerin mit Zusatz-qualifikation MBA in Logistik und Supply Chain Management und Berufserfah-rung im Finanzsektor.

After Sales Services: The Quest for Faster Growth and Higher MarginsEin hervorragendes Produkt ist die Basis, perfekter After-Sales-Service ist das lukrative Sahnehäubchen und rundet die Supply-Chain ab! Der Ausbau des Ser-vicegeschäfts stellt eine attraktive Möglichkeit für Hersteller von Industriegütern dar. Hier finden Sie 52 Seiten prall gefüllt mit Infos & Maßnahmen, die für eine erfolgreiche Transformation hin zu einem kundenorientierten Service-Champion nötig sind.

Page 3: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

3 I

Service Parts Pricing 4.0 –Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

INDEX

1. Einleitung: Was wir vom Tourismus lernen können 4

2. Summary für Ungeduldige 7

3. Mission 1.0: Pricing als umfassendes Gesamtkonzept 8

4. Mission 2.0: Optimierte Preisfestsetzung ‘Set-the-Price‘ 13

5. Mission 3.0: Optimierte Preisdurchsetzung ‘Get-the-Price‘ 22

6. Mission 4.0: Strategische Einbettung der Preisfindung im Service 29

7. Ausblick Big Data: Trend für die Serviceteilepreisgestaltung? 37

8. Checkliste: Was umfasst ein gutes Pricing-Projekt? 40

Page 4: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 4

Preisgestaltung vs. Preisrealisierung: Was wir vom Tourismus lernen können

Mallorca, die schöne Insel im Mittelmeer, ist jedes Jahr Ziel von ca. 11 Mio. Touristen, davon ca. 80 % im heißen Sommermonat August. Der Bier-Durst der Besucher sowie die entsprechende Infrastruktur an ‘Ballermann‘, Schinkenstraße, Bierkönig & Co. sind legendär und ziehen seit vielen Jahren Aussteiger an, die sich ein traumhaftes Leben als Gastronomen in Reichtum und unter südlicher Sonne vorstellen.

Doch die ambitionierten Neu-Gastronomen und -Hoteliers auf Mallorca haben vielfach idealisierte Vorstellungen, die regelmäßig ernüchternd von der Realität eingeholt werden. Auch Inselregierung und Tourismusbehörde auf Mallorca träumen schon seit Jahren vergeblich ausschließlich von hochwertigem Golftourismus, bei dem edle Golfer in schicken Hafenorten ein Vermögen für eine Tasse Cappuccino lassen, die Umwelt von weniger Touris-ten profitiert sowie von Öko-Touristen, die friedlich

durch einsame Bergwelten wandern, und der Insel Geld und Arbeitsplätze im hochwertigeren Preis- segment bringen.

Seit vielen Jahren versucht man auf Mallorca, erfolg- los höhere Preise durchzusetzen, Konzepte dazu gibt es zu Genüge:

Dazu wurde in den letzten Jahren sehr viel inves-tiert, Straßen gebaut, neue Hotels bzw. alte Hotels aufgewertet und die Preise saftig erhöht, um die un-geliebten Sauf- und Billigtouristen abzuschrecken. Am Balneario N°6, dem berüchtigten Ballermann, wurden Eimer als Standard-Behältnisse für Sangria und meterlange Strohhalme verboten, mehr Polizei eingesetzt, um u.a. eine Minimalbekleidung der alkoholisierten Touristen zu gewährleisten.

Die mallorquinische Tourismusbehörde führte im Juli 2016 sogar eine Tourismussteuer von nur lächerli- chen 0,25 – 2,00 Euro pro Tag und Besucher ein, denn die alteingesessenen, saturierten Hoteliers hielten mit einer starken Lobby dagegen, um die alte Klien-tel nicht zu verschrecken. Jüngere, modern denkende Hoteliers bauten ihre Hotels um und erhöhten ihre Preise, denn die Investitionen in 4- statt 3-Sterne und entsprechend edlere Gäste müssen sich amor-tisieren. Alles in der Hoffnung auf ‘bessere Gäste‘, höhere Preise und mehr Umsatz bzw. Gewinn!

Inmitten von Hotelburgen findet sich also mittler- weile so manche neue Hotel-Perle, deren hoffnungs- voller Besitzer bzw. Betreiber sich unendlich viele Gedanken über die Preisfindung für die Übernachtung

Page 5: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

5 I

gemacht und sich den Kopf zerbrochen hat, über die Gestaltung und preisliche Kalkulation des Früh-stücksbuffets, der Halb- und Vollpension. Kein Detail seiner zukünftigen Gäste und deren Wünsche blieb unanalysiert. Was viele unterschätzt haben, ist die Macht des Faktischen, also die Tatsache, dass der zu-künftige 4-Sterne Urlauber weiterhin von grölenden Billigheimern umzingelt sein wird, die Flaniermeile an der Playa de Palma nur einfachste Pommes- & Pizza-Restaurants aufweist, dass in einer der schönsten und größten Buchten der Insel nach wie vor ein Handtuch neben dem anderen liegt und das gesamte Umfeld aus schunkelnder Bierseeligkeit, Spaß suchenden Männerkegelvereinen, und britisch- deutschem Billigtourismus den heiß ersehnten, hochwertigen, Ruhe suchenden Öko-Golf-Urlauber abhalten wird, diese auf Mallorca zu suchen.

Tragisch ist hier ganz besonders, dass der aus der Markt- und Werbepsychologie bekannte Halo-Effekt dazu führt, dass einige wenige Aspekte das Angebot insgesamt prägen. Die Ballermänner, kaserniert auf wenigen Quadratkilometern, färben auf das Image einer Insel ab, die zu 99 % tatsächlich Ruhe und Schönheit bietet. Die Wahrnehmung hingegen ist leider eine komplett andere.

Durch die Wahrnehmung des Kunden schränken sich die Preisgestaltung und die tatsächliche Reali- sierung des Preises stark ein und scheitern an unendlich vielen Umgebungsfaktoren, die es schon im Vorfeld realistisch einzuschätzen gilt. Wenn ein Urlauber für zwei Wochen Hotel incl. Flug 299 Euro zahlt, würde ein Anbieter im Hotel nebenan mit

höherwertigem Ambiente mit 799 Euro unweigerlich leer ausgehen.

Die wenigen Urlauber, die sich dennoch in das höher-klassige Hotel verirren, bekommen deshalb schon im Reisebüro hohe Rabatte, vor Ort nochmals Preis-nachlass für ein Special-Dinner und täglich Sonder-konditionen beim Lunch. An einigen Tagen sind die alkoholischen Tischgetränke frei, die Kellner kriegen hohe Umsatz-Provisionen, damit sie die wenigen Gäste besonders fürsorglich und stilvoll umsorgen, die besten von ihnen erhalten großzügige Boni, damit sie langfristig bleiben und nicht in die weni-gen Luxus-Restaurants abwandern. Die Lieferanten gewähren kein Zahlungsziel, denn für Frischware wollen sie sofort Geld sehen, der Hotelier bekommt noch nicht mal Skonto. Am Ende ist das Hotel pleite und der nächste Hotelier versucht sein Glück.

Die Preisgestaltung des glücklosen Hoteliers, auf welcher der Business-Plan und die hohen Inves-titionen sowie die Amortisation beruhten, wurde von der Realität eingeholt. Die Preise ließen sich nicht realisieren, denn die unzähligen Eckdaten, Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren wurden nicht adäquat einbezogen. Rabatte, Boni, Skonti, teure Überleistungen wurden ebenfalls nicht ein-gepreist und reduzierten den dürftigen Umsatz zusätzlich.

Hauptproblem: Ein stimmiges Gesamtkonzept? Fehlanzeige! Einzelaktionen machen noch kein Konzept. Der Wunsch war Vater des Gedankens, die Überlegungen konzentrieren sich nach wie vor auf

Page 6: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 6

die Preisfestsetzung, im Folgenden ‘Set-the-Price‘ genannt, die Möglichkeiten, diesen jedoch zu realisieren im besagten Umfeld wurden komplett vernachlässigt. Detaillierte Überlegungen zur Preis- realisierung anzustellen, dem sogenannten ‘Get-the-Price‘, ist mindestens so bedeutsam wie die konzeptionell-strategischen Positionierungsüberle- gungen. Vor allem aber berücksichtigen sie die Realität: Welche Rabatte sind erforderlich, um im Wettbewerb mithalten zu können? Welche re- gionalen Unterschiede gibt es zu berücksichtigen? Wie gestaltet sich das Wettbewerber-Umfeld? Welche Vorteile des Cross-Sellings ergeben sich? Können Hotelbetreiber, die gleichzeitig als Gastro- nomen ein Restaurant führen, dieses mit den Hotelgästen auslasten und mit Kampfpreisen in den Markt gehen, die einen reinen Hotelbetrieb ruinieren würden? Welchen Einfluss haben höhere Getränke- und Essens-Preise auf das primäre Geschäft des Hotels, die Anzahl der Übernach-tungen u.ä.? Welche Interdependenzen gibt es zwischen Kerngeschäft und Rand-Business? Eine Vielzahl von Fragen tut sich auf! Nun ist das allerdings kein reines Problem der Touristik, es sollte lediglich als veranschaulichende Analogie der Einführung in die Pricing-Problematik der Industrie im Allgemeinen dienen.

Ähnlich geht es nämlich den Herstellern nahezu aller Produkte. Baumaschinen, Traktoren, Großan- lagen etc., sprich: beinahe alle OEMs (Original Equip-ment Manufacturer) sind von dem Konflikt zwischen ‘Set-the-Price‘ und ‘Get-the-Price‘ betroffen – häufig sogar, ohne es bemerken:

Ein OEM für motorisierte Gartengeräte: Spezielle Motoröle werden aufgrund von ungesteuerten Preisnachlässen und fehlender Kostenüberwachung unbeabsichtigter-weise zu einem Preis unterhalb der Kosten an einen Generalimporteur in Polen abgegeben. Der Absatz für die entsprechenden Artikel geht in die Höhe, weit über den erwarteten Marktbedarf hinaus. Der Verkauf unter Preis bleibt unentdeckt, da nur der Gesamtumsatz für Service-teile ausgewertet und dieser als florierend bewertet wird.

Erst in dem Moment, als der Absatz auf Artikelbasis analy-siert wird, kommt das Problem zutage: die entsprechenden Motoröle machen interessanterweise 30 % des Gesamt- umsatzes für Serviceteile in Polen aus, üblicherweise in anderen Regionen durchschnittlich nur knapp 7 %.

Der Verkauf der viel zu preiswert, nämlich unter Kosten, abgegebenen Motoröle verursachte in Polen eine Marge von insgesamt Null Prozent über alle Serviceteile hinweg, auf Einzelartikel-Basis wäre diese sogar weit unter Null, während sie in anderen Regionen bei über +20 % liegt. Durch die Lage in der Grenzregion vervielfachte sich der Umsatz und damit das Minus sogar noch zusätzlich, weil deutsche Kunden das Preisgefälle nutzten und auf der pol-nischen Seite wesentlich preiswerter einkaufen konnten als bei ihrem deutschen Händler mit den üblichen Preisen. Hier ging also zusätzlich noch profitabler zugunsten unprofitablen Umsatzes verloren.

Page 7: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

7 I

Summary für Ungeduldige:Würde man Unternehmer fragen, ob sie bewusst auf Umsatz und Marge verzichten, würde jeder dieses entrüstet von sich weisen. De facto ist es jedoch genau das, was passiert, durch den Verzicht auf eine konzeptionell angelegte Preisstrategie! Viele OEMs bewegen sich bei der Preisfindung heute quasi im Blindflug.

Die bewusste Differenzierung in Preisdefinition (‘Set-the-Price‘) und tatsächliche Preisdurchsetzung (‘Get-the-Price‘) ist der erste Schritt hin zu einem funktionierenden Gesamtkonzept, an dessen Ende höherer Umsatz und optimierte Margen stehen. 80 % ihrer Energie stecken Unternehmen heutzu- tage immer noch in die abstrakte Preisgestaltung, die tatsächliche Preisdurchsetzung am Markt erfährt noch lange nicht die Beachtung, die ihr gebührt, denn hier spielt die eigentliche Musik.

Das, was es sich zunächst vermeintlich an Aufwand spart, bezahlt manches Unternehmen teuer, denn einmal fehlgesetzte Preissignale lassen sich nur schwer wieder revidieren.

Eine perfekte Abstimmung und Kombination aus ‘Set-the-Price‘ und ‘Get-the-Price‘ als Gesamtkon-zept hingegen sichert weitsichtigen Unternehmen Umsatz und Profit auf wesentlich höherem Niveau als das bei der bisherigen, oft auf Daumenregeln, Intuition oder Extrapolierung bestehender Daten basierende übliche Verfahren. Aber wie geht man vor? Welche Kriterien gilt es zu beachten? Welche mathematischen Modelle kommen zum Einsatz? Lesen Sie hier, wie ein stimmiges Gesamtkonzept den Erfolg des Unternehmens nachhaltig sichert.

Page 8: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 8

Der festgesetzte Preis ist also nicht der tatsächlich im Markt realisierte Preis. Der Verkaufspreis ist

noch lange nicht der Betrag, der in der Kasse klingelt. Zudem: Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem grob per Selbstkosten plus Aufschlagfaktor kalkulierten Preis und einem stimmigen Gesamt-konzept. Ersteres holt die Kosten plus kleiner Marge wieder rein. Ein stimmiges Pricing-Gesamtkonzept will viel mehr! Die intelligente, konzeptionelle Preis-findung für Produkte, Serviceteile etc. hat zusätzlich die Absicht, dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, das Ergebnis bzw. den Profit zu optimieren und die Kundenloyalität zu sichern. Wie aber sieht die Realität in vielen Unternehmen aus?

• Ein OEM für Schwermaschinen: Zwei Spezial-schrauben, welche sehr ähnlich in Form und Funktion sind, aber einen kleinen Größenunter- schied aufweisen, werden an den gleichen Kun- den mit einem Preisunterschied von Faktor fünf verkauft, was zu großer Kundenunzufrie-denheit führt. Der Kunde zahlt also für zwei aus seiner Sicht identische Schrauben einmal 2 Euro und einmal 10 Euro. Das wäre bei einer Schraube nicht von Relevanz, insbesondere nicht von mo- netärer. Solche Kleinigkeiten zerstören jedoch das Vertrauen in ein faires Preismodell, insbeson-dere bei Kunden, die nicht nur die eine Schraube für 2 Euro kaufen, sondern Umsatz in Multi-Mil-lionenhöhe machen mit jeder Art von Ersatz-

Mission 1.0:

Pricing als umfassendes Gesamtkonzept

Page 9: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

9 I

teilen. Das Gefühl, bei einzelnen Teilen zu viel zu zahlen, wirkt sich negativ auf die Kundenbezie- hung sowie die langfristige Kundenbindung aus.

• Ein OEM für Landmaschinen: Großhändler- und Händlerrabatte sind aufgrund guter Verhand-lungstaktik der Großhändler so stark im Un-gleichgewicht, dass Großhändler Serviceteile teilweise zu Preisen unterhalb der Einkaufs-preise der regulären Händler an Endkunden weitergeben können. Das ist besonders störend, da der Vertriebskanal über die Händler eigent-lich der vom OEM bevorzugte Vertriebskanal ist, weil diese die technischen Servicepartner sind. Diese Praxis führte nicht nur wiederholt zu sehr berechtigten Beschwerden des Händler- kanals, auch besteht durch eine derartige Praxis die starke Gefahr der Selbstkannibalisierung! Zudem ist dem OEM und seinen angebundenen Händlern die Preishoheit verloren gegangen – mit fatalen Folgen für die zukünftige Preis- gestaltung!

• Ein OEM der High-Tech-Industrie: Servicever- träge, die den Ausfall von Ersatzteilen ver- sichern, werden teilweise zu einem Preis von mehr als 450 % des Preises für die im Mittel aus-fallenden Teile angeboten. Da die Kunden gut informiert sind über Ausfallwahrscheinlichkei- ten und Ersatzteilpreise, finden diese Verträge keine Abnehmer. Dabei stellen diese Verträge eigentlich eine Win-Win-Situation dar: Für den Kunden bedeuten sie eine Versicherung, für den OEM bedeuten sie Kundenbindung und

einfachere Connectivity. Würden sie die Verträge zu vernünftigen Preisen von beispielsweise 200 % der Ersatzteilkosten anbieten, weil diese teilweise extrem teuer sind mit bis zu 50.000 Euro pro Teil, aber mit gleichzeitig sehr geringen Ausfallwahrscheinlichkeiten von 1 bis 3 %, wäre der Kunde eher bereit, einen als fair empfun- denen Aufschlag als Risikoprämie zu zahlen für den Ernstfall. Fazit: Preise für Ersatzteile und Serviceverträge müssen aufeinander abge- stimmt und ausbalanciert werden, ansonsten droht der Verlust der Glaubwürdigkeit mit dem Risiko eines entgangenes Geschäfts.

Leider sind dies keine ungewöhnlichen oder gar Ex- trembeispiele. Unzulänglichkeiten ähnlicher Natur in der Preisgestaltung von Serviceteilen sind symp- tomatisch für die produzierende Industrie und tauchen auf, sobald man intensiver die Preis- und Rabattpraxis analysiert und auseinandernimmt. Die Unternehmen sind kontinuierlich mit der nicht enden wollenden Aufgabe von Einführung, Produk-tion und Verkauf von Neuprodukten und -geräten beschäftigt.

Denn in diesem Primärmarkt geht es hart zu: Märkte verschieben sich, Technologien verändern sich, der Wettbewerb nimmt zu, und Margen brechen weg. Es überrascht also nicht, dass Unternehmen so viel in Strategien, Prozesse und IT investieren, um den Verkauf ihrer Primärprodukte sicherzustellen. Nichtsdestotrotz, die wahren Gewinnmöglichkeiten liegen zumeist im Bereich von Service und Ersatz- teilen zur Pflege und Instandsetzung dieser Produkte

Page 10: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 10

und Geräte. Durchschnittlich trägt das Service- geschäft zu etwa 20 % des Gesamtumsatzes bei, aber bis zu 60 % zum Profit!

Trotzdem liegt das Verhältnis der Mitarbeiterkapa-zität, betreut mit Aufgaben rund um die Preisgestal-tung von Serviceteilen, im Vergleich zum Primär- geschäft etwa bei 1:20. Oft ist die Preisfindung für Serviceteile sogar nur eine untergeordnete Auf- gabe einer einzelnen Person innerhalb der Logistik- abteilung.

Automobilhersteller wie BMW mit mehr als 20 Preisexperten für Ser-viceteile sind eher eine seltene Ausnahme.

Aufgrund noch sehr viel höherer Ergebnismar-gen erscheint leider der Bedarf bzw. die Chan-ce von Investitionen in diesem Bereich fälsch- licherweise als uner-heblich. Wieso? Die Ergebnismargen sind bereits relativ hoch, deshalb denken viele Unternehmen nicht über weiteres Potenzial nach. Die Zufriedenheit mit relativ hohen Mar-gen hindert Unterneh-

men daran, noch besser zu werden, die wirklichen Hebel zu identifizieren und die Margen durch ein umfassendes Pricing-Konzept über viele Tausen-de von unterschiedlichen Ersatzteilen optimal zu gestalten bzw. auszuschöpfen.

In der Tat ist die Preisfindung für Serviceteile eine komplexe Aufgabe – verschiedene Elemente und Einflussfaktoren müssen bei der Entwicklung eines erfolgreichen Preismodells berücksichtigt werden:

Grafik: Teile- & Service-Pricing

Garantien

Lieferkonditionen & Frachtkosten-

Allokation

Listenpreise (regional

abhängig)

Marktpreise und Wett- bewerbsumfeld

Bundling von Teilen und Services

Kundenloyalität & Zahlungs- bereitschaft

Produk- tionskosten und andere verbundene

Kosten

Einfluss auf das Primär- geschäft

Produkt- lebenszyklus

Upgrade oder

Austausch anstelle

von Reparatur

Werbung & Aktionen

Zahlungs- pläne und

Kondi- tionen

Nachlässe nach Kanal &

Kundentyp

Mengen-/ Volumen- nachlass

TEILE- & SERVICE- PRICING

Möglich- keiten des

Cross- selling

Regionale Unter- schiede

Kritikalität & Dring-

lichkeit

Page 11: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

11 I

Viele Unternehmen investieren viel Zeit, Geld und Man-Power in die Preisfestsetzung, definieren also einzelne Preise innerhalb des Ersatzteil-Portfolios mit viel Aufwand. Dabei vernachlässigen sie vielfach die konzeptionelle Gestaltung der Preispolitik, also einer wohlüberlegten, ausbalancierten und markt-angepassten Preisstrategie für Serviceteile – häufig mit weitreichenden Folgen:

• Massive Einbußen von Umsatz und Markt- anteilen und zugleich ungenutzte Margen- potentiale für Serviceteile

• Unzufriedene Vertriebspartner und Verlust von Kundenloyalität

• Kannibalisierung durch unbeabsichtigte Schaf-fung neuer Möglichkeiten für den Großhandel, Einkaufsorganisationen, Graumarkt und Anbieter von Nachbauteilen

• Negativer Einfluss auf Absatz der Primär- produkte – überteuerte Teile beeinträchtigen Gesamtkosten über den Lebenszyklus

Hauptkonflikt im Pricing-Gesamtkonzept: ‘Set-the-Price‘ vs. ‘Get-the-Price‘

Die einführenden Beispiele zeigen sowohl in der Preisgestaltung (‘Set-the-Price‘) als auch in der Preisdurchsetzung (‘Get-the-Price‘) Defizite auf. Hier manifestiert sich der Hauptkonflikt, denn oft steckt zu wenig Konzept hinter der Preisdefinition, sodass hier massiv Umsatz verschenkt wird.

Hinzu kommt: Die tatsächliche Durchsetzung des Preises im Markt ist ohnehin erschwert durch Rabatte & Co. und mindert somit nochmals den Umsatz. Ein typisches Beispiel aus der Consulting- Praxis: Die Zentrale gibt einen Preis vor, der auf-grund einiger weniger Faktoren quasi ‘freihändig‘ festgelegt wurde. Dieser Preis berücksichtigt kaum regionale Unterschiede, keine Interdependenzen bei den Käufen der Kunden, auch nicht die Kritizität der Teile. In einigen Ländern stehen die Händler unter massivem Wettbewerbsdruck, in anderen nicht, dennoch sind die Preise identisch. Regional geben die Händler hohe Rabatte, um den Absatz anzu-kurbeln, insbesondere in den Ländern, in denen die Händler durch spezielle Verträge lediglich an den Stückzahlen incentiviert sind, statt am Deckungs-beitrag des Einzelteils. Konsequenz: Umsatz und Ergebnis der gesamten Ersatzteil-Sparte liegen weit unter ihren Möglichkeiten.

Erfolgreiche Preisgestaltung adressiert hingegen die gesamte Kette von der zentral getriebenen Preis- bildung bis zur Preisdurchsetzung oft auf regionaler Ebene außerhalb zentraler Kontrolle.

‘Über 80 % ihrer Energie investieren OEMs in den Versuch, den ‘richtigen‘ Preis zu setzen und verlieren die Sicht für die mindestens genauso wichtige Seite der Preisdurch-setzung. Hier kann nur ein stimmiges Gesamtkonzept zu optimaler Nutzung aller Preispotenziale führen, andernfalls bleiben Umsätze und Profit auf der Strecke!‘

Zitat Dr. Andreas Baader,

Managing Partner Barkawi Management Consultants

Page 12: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 12

Die oben stehende Grafik stellt die Dualität von Preis- setzung und Preisdurchsetzung dar, und zeigt, dass insbesondere im Bereich der Preisdurchsetzung Komplexität entsteht, und dass eine ungesteuerte Ausführungspraxis der ‘Price-Execution‘ unweiger-lich zu einem Margenverlust führt.

Soll heißen: Wenn sie nicht aufpassen, verlieren Unternehmen unter Umständen sehr viel Geld, Marktanteile, Kundenbindung und mehr!

Zitat Mitarbeiter eines internationalen OEMs

Grafik: ‘Set the price‘ vs. ‘Get the price‘

Ein- stands- kosten

Zentral definierter

Preis- Multiplikator

Flexible Preisan-

passung an individuelle

Markt- situation

Listen- preis

Rabatte Kick- backs

Bonus Vertrieb

Handling- und Service-

Kosten

Tatsächlich erzielter

Preis

SET THE PRICE

OEM Kunde

GET THE PRICE

Individuelle Preisgestaltung (lokal, regional, Wettbewerbs-

umfeld etc.)

‘Unsere Zentrale definiert einen Preis, schlägt vorne 80% auf die Einstands- kosten drauf, hinten gehen aber 50% wieder verloren und wir haben weniger als die Einstandskosten in der Tasche.‘

Page 13: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

13 I

Vielfach erfolgt die initiale Preisgestaltung an-hand der Zuschlags-Kalkulation, Cost-Plus oder

ähnlicher Methoden, die völlig umfeldunabhän-gig, ausgehend von den eigenen Kosten bzw. vom eigenen Aufwand des Unternehmens, einen Preis aus ‘Kosten plus Marge‘ festsetzen. Aus den Einstands-kosten, dem Warenwert plus Personal- und Logistik- kosten oder aus den Fix- und variablen Kosten wird ein Preis zurechtgezimmert, der selten über den Tellerrand hinausblickt. Statt einer Kalkulation mit banalen Aufschlagsfaktoren könnte man hier ein viel intelligenteres analytisches, konzeptionelles System zum Ansatz bringen, welches zwar zunächst mit mehr Aufwand verbunden zu sein scheint, sich aber in der Folge um ein Vielfaches bezahlt machen wird! Durchdachte Preissetzung basiert auf Top 3- Grundprinzipien, die ebenbürtig nebeneinander stehen und gleichzeitig anzuwenden sind:

Mission 2.0:

Optimierte Preisfestsetzung

‘Set-the-Price‘

Grafik: ‘Set the price‘ vs. ‘Get the price‘

Top 1: Segmentierung und Portfolio-Strukturierung

Top 3: Einflussfaktoren der Preiszufriedenheit

Top 2: Margenkurven und Pricing-Regeln

Page 14: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 14

Top-1: Segmentierung und Portfolio-Strukturierung Um die scheinbare Komplexität der Preisgestaltung für Serviceteile zu bezwingen, ist die Teilesegmen-tierung sowie die Strukturierung des Teile-Port- folios ein zentraler Schlüssel. Entscheidende Erfolgs- faktoren sind hierbei die Aufteilung der Teile ent-sprechend der Wettbewerbsgefährdung und das Denken in Wert-Treibern. Mit Wettbewerbsge- fährdung ist der Grad der Differenzierung des Teils gegenüber anderen Teilen von Fremdanbietern gemeint: Ist das Teil ein Standardteil mit verschiede-nen möglichen Alternativanbietern auf dem Markt? Sind Preise des Wettbewerbs frei verfügbar und können leicht verglichen werden? Oder ist das Teil ein OEM-spezifisches Zeichnungsteil, ggf. sogar mit gewissen Schutzrechten? Handelt es sich um ‘Captive Parts‘, um Din- bzw. Normteile oder um ‘Competitive Parts‘? Eine besondere Rolle spielen hier die ‘Captive Parts‘, bei denen es sich um Quasi-

Monopol-Teile handelt, bei denen der OEM typischerweise eine starke Stellung im Markt hat, und dadurch die Konditionen und somit auch den Preis diktieren kann. So erhalten beispielsweise unabhängige Reparateure Monopolteile in vielen Fällen zu unattraktiven Preisen und so werden Kunden an die zertifizierten Händler mit deutlich niedrigeren Preisen gebunden.

Ein typisches Beispiel für einen Wert-Treiber ist die sogenannte ‘Kritizität‘. Wie kritisch ist das Teil für den Kunden? Bedeutet ein Defekt des Teiles einen Geräteausfall ggf. mit Umsatzeinbußen, möglicher-weise sogar verbunden mit Strafzahlungen? Oder ist das Teil nur von untergeordneter Wichtigkeit z. B. für den optischen Eindruck notwendig, bietet es lediglich eine Nutzungserleichterung oder trägt zur Erhöhung der Lebensdauer der Geräte bei? Solche Kriterien treiben das Margenpotential und sind entscheidend für die Auswahl des am besten geeigneten Preisansatzes. Beispiel: Der Ausfall eines Teflon balgs für rund 40 Euro in einer Getränkeab-

Grafik: Entwicklung der Segmentierung (Beispiel)

1. Teileart 2. Wettbewerbsgefährdung 3. Kritizität

XYZ-ZeichnungsteileKaptive Teile

DIN/Normteile

Ersatzteile

Verschleißteile

Verbrauchsmittel

OEM-Zulieferer

DIN/Normteile

DIN/Normteile

OEM-Zulieferer

OEM-Zulieferer

XYZ-ZeichnungsteileKaptive Teile

Unkritisch

HochkritischKritisch

Unkritisch

HochkritischKritisch

Unkritisch

HochkritischKritisch

Page 15: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

15 I

füllhalle kann für einen Hersteller dunkler Brause schnell 8.000 Euro Stillstandskosten bedeuten.

Top 2: Margenkurven und Pricing-Regeln

GlossarCaptive/kaptive Teile: Hier hat ein OEM die Stellung eines Alleinanbieters, und durch spezielle Rechte, Intellectual Property Rights oder einzigartige technische Fähigkeiten eine Quasi-Monopolstellung.

Überall die gleiche Marge aufzuschlagen ist hingegen gängige Praxis, in manchen Marktsituationen wäre es jedoch klüger, marktadaptiv zu agieren und güns-tig anzubieten. Wettbewerbsgefährdete Teile teuer anzubieten führt zum Verlust von Marktanteilen. Bei kaptiven Teilen hingegen das Preispotenzial nicht auszunutzen ist eine vertane Chance.

Beispiel Landmaschinen-Branche: Der übliche pau-schale Aufschlagsfaktor von 5 führt bei frei ver-fügbaren Teilen wie Filter, die der Wettbewerb für 1,5 anbietet, unweigerlich zu Verlusten von Markt-anteilen, während bei kaptiven Teilen in einigen Fällen ein Faktor von bis zu 10 durch die Kunden ohne Absatzverluste akzeptiert würde. Ein Faktor 5, obwohl man durchaus bis 10 hätte gehen können,

ließ einen großer Land- maschinenhersteller viel Umsatz und Marge

verschenken, denn die Preise der kaptiven Teile wurden in Unkenntnis der Marktsituation in diesem speziellen Segment deutlich zu günstig festgesetzt.

Marktadaptive Preissetzung ist also in der Regel die geeignete Methode für wettbewerbsgefährdete Teile, denn das sichert Marktanteile. Die Preise wer- den bewusst und in Kenntnis der Preise der Wett-bewerber gesetzt. Durch wertbasierte Preissetzung unter Ausnutzung des Wettbewerbsvorteils für kaptive Teile kann die Marge erhöht werden, da der OEM hier eine monopolartige Position hat und freier in der Preisgestaltung ist.

Preisfestsetzung für oft mehrere zehn- oder hun- dert-tausend Serviceteile wird immer zu einem großen Ausmaß regelbasiert sein, dennoch ist selbst die Anwendung klar definierter Princing-Regeln ein großer Fortschritt gegenüber der Kalkulation nach dem Prinzip ‘Cost-Plus‘. Aber wie kann man sich das konkret vorstellen?

Pricing-Algorithmus: Mathematik ist nicht alles, aber ohne ist alles nichts!

Eine mathematische Betrachtung erfasst die Zu-sammenhänge und bildet sie in einer Funktion mit dazu gehöriger Kurve ab. So sind Kunden beispiels-weise meist weniger preissensitiv und zeigen eine im Verhältnis höhere Zahlungsbereitschaft für gering-wertige Teile als für hochwertige Teile oder Haupt-komponenten. Mit steigendem Teilewert beginnen die Kunden genauer über Preis und Wert nachzu-

Page 16: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 16

denken, sie vergleichen Preise mit dem Restwert der Geräte, recherchieren Preise und schauen sich nach Alternativen um. So stellen also segmentspezifische Margenkurven mit fallender Marge bei steigendem Wert eine sinnvolle Grundregel dar.

Im nächsten Schritt kann der Preisvorschlag, der durch die Margenkurven generiert wird, durch weitere mathematische Regeln überschrieben werden, sprich: Ober sticht Unter. Ist durch die tatsächliche Marktsituation und ihre dynamische Bewertung ein höherer Preis durchsetzbar, so würde die starre Anwendung der Margin-Kurve auf Profit

verzichten. Auch wenn ein höherer Preis bereits gut etabliert ist und von den Kunden akzeptiert ist, würde es Verzicht auf Profit bedeuten, wenn man dem niedrigeren Margen-Kurve-Vorschlag Folge leisten würde. Die mathematische Regel, die sich aus der Margin-Kurve ableitet, ist also im Bedarfs-

fall kritisch zu hinter- fragen und außer Kraft zu setzen, wenn diese einen Nachteil bedeu- tet, wie beispielsweise durch die Vorgabe ‘Be- schränkung der Preis- änderung auf +/-20 % des bisherigen Preises‘, ‘Angleichung an Markt- preise für wettbe- werbsgefährdete Teile‘, oder Regeln, welche die Preiskonsistenz unter leicht vergleichbaren Teilen herstellen wie z. B. symmetrischen Teilen. Ein intelligentes System agiert dyna- misch und holt das Optimum raus, klam-

mert sich aber nicht statisch an Vorgaben oder hinterlegte Algorithmen!

Die eigentliche Kunst aber besteht in der Definiti-on von optimalen, oder besser gesagt: geeigneten, Margenkurven pro Teilesegment, denn das erfor-dert Erfahrung und zu einem gewissen Grad Intui-

Grafik: Segmentspezifische Margenkurven (vereinfacht)• Für jedes Segment werden die

Sensitivitätskurven in Margen- kurven umgesetzt

• Margenkurven unterscheiden sich abhängig vom Teilesegment in Bezug auf

> minimale / maximale Zielmargen > Steigung > Teilewert (Kosten)• Ausgehend von den Herstell- /

Einstandskosten kann so für jeden individuellen Artikel ein Preis festgesetzt werden

• Im nächsten Schritt werden die Preise ggf. überschrieben durch weitere Regeln wie rechts / links Glättung, marktgerechte Preise für Einzelteile, Begrenzung Preisänderung auf +/-20 %

Basis- aufschlag

OEM- Marken- Aufschlag

OEM- Design- Aufschlag

0 2000%

20%

40%

60%

80%

100%Marge

Kosten in Euro

400 600 800 1.000

Norm- & DIN-Teile

Branchenspezifische Teile

Kaptive Teile

Page 17: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

17 I

tion. Einige grundsätzliche Beziehungen sind sofort offensichtlich, denn hier hat der Kunde eine geringe-re Preissensitivität, weniger Entscheidungsalterna-tiven und weniger Zeitdruck für die Entscheidungs-findung: Margenkurven für kaptive Teile dürfen und sollten höher sein als für wettbewerbsgefährdete Teile, genauso sollten die Margenkurven für kriti-sche Teile höher sein als für nicht-kritische Teile!

Aber bei aller vermeintlich quantitativen, mathe-matischen Genauigkeit sollte eines nicht vergessen werden: Die Entscheidung bezüglich der absoluten Position und Steigung der Kurven beruht oft auf dem Urteilsvermögen von Marktexperten des OEMs: Beobachtungen beispielsweise im Rahmen von Kundeninterviews und Erfahrung von (externen) Preisspezialisten, somit also auf qualitativen An-nahmen, die in der Folge Basis mathematischer Berechnungen darstellen. Tatsächlich gibt es keine ‘beste‘, allgemeingültige Preiskurve pro Segment, und es ist Aufgabe eines intelligenten, iterativen, mathematischen Prozesses, dass der gewählte Ansatz einerseits erfolgreich optimale monetäre Ergebnisse liefert und andererseits gleichzeitig die Kundenzufriedenheit erhöht. Der individuelle, für den Einzelfall konzipierte Algorithmus ist das Herz des Pricing-Gesamtkonzeptes.

Obwohl der Ansatz über Margenkurven einem ‘Cost-plus‘-Ansatz ähnelt, ist er doch sehr viel mächtiger. Durch die Nutzung dynamischer Kur-ven statt statischer Faktoren wird der Effekt genutzt, dass Kunden sehr viel weniger preis- sensitiv für geringwertige Teile sind.

So ist z. B. bei einem Anlagenbauer für ein am Markt frei ver-fügbares Teil, wie eine Spezialschraube mit Kos-ten von 0,50 Euro, ein Aufschlagsfaktor von +/-9 (also ein Preis von 4,50 Euro) durchaus durchsetz-bar. Währenddessen stellt für ein zwar frei ver-fügbares, aber sehr hochwertiges Teil wie eine Lagereinheit mit Kosten von 1.000 Euro ein Auf-schlagsfaktor von +/- 1,8, also ein Preis von 1.800 Euro, in der Regel eine Obergrenze dar. Kunden werden für hochwertige Teile sehr viel eher nach Alternativanbietern Ausschau halten.

Genauso eröffnet die Differenzierung der Teile nach Wettbewerbskriterien und Werttreibern wie z.B. die Kritizität und die Anwendung unterschiedlicher Margenkurven je nach Segment verschiedene Mög-lichkeiten: Die Kalibrierung der jeweiligen Margen- kurven erfolgt entweder entsprechend dem markt- basierten Ansatz anhand von Marktimpulsen oder aber anhand von Einsichten über die Zahlungs- bereitschaft der Kunden, dem sogenannten wert- basierten Ansatz. Was bedeutet das in der Praxis?

Kernaussage ist: Kritizität als Werttreiber erhöht die Zahlungsbereitschaft. Ein großer internationaler Gabelstaplerhersteller stellt auch Lagersysteme. Wenn beim Lagersystem ein Teil ausfällt, steht das gesamte Lager still, demzufolge ist die Zahlungs-bereitschaft der Lagersystemkunden höher, als bei einem Teil, für das der Kunde Zeit oder Alternati-ven zur Beschaffung hat. Ein stark kompetitives Umfeld mit vielen Anbietern und austauschbaren

Page 18: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 18

Ersatzteilen ermöglicht weniger steile Margenkur-ven als ein stark beschränktes Wettbewerbsumfeld. Hier kann ein quasi-monopolistischer Anbieter für kaptive Teile schalten und walten, vor allem aber Margen abschöpfen, wie es ihm beliebt, denn der Kunde hat nur wenig alternative Optionen bzw. Aus-weichmöglichkeiten.

Top-3: Einflussfaktoren der Preiszufriedenheit

Der Einsatz starrer Pricing-Regeln, aber auch dyna- mischer Margin-Kurven liegt in der überwiegend ma-thematischen, also quantitativen Betrachtung der Geschehnisse. Die Kaufentscheidung des Kunden und dessen langjährige Treue werden jedoch auch von weichen Faktoren beeinflusst, die man unter dem Oberbegriff der ‘Preiszufriedenheit‘ subsum-mieren kann.

Es gibt verschiedene Einflussfaktoren mit Auswir-kungen auf die Preiszufriedenheit, deren Nicht-beachtung auch einen scheinbar durchdachten Ansatz zur Preisgestaltung unerwarteterweise scheitern lässt: Fährt die Ehefrau des Kunden ei-nen BMW der kleinen 1-er Serie und zahlt dort für ein benötigtes Ersatzteil wesentlich weniger, als er für das baugleiche, absolut identische Bauteil für seinen 5-er BMW zahlen muss, so stellt sich schnell ein ungutes Gefühl mit weitreichenden Folgen für die wahrgenommene Preis-Fairness und Zufrieden-heit ein.

Aus diesem Beispiel lassen sich einige Lehren ziehen und als klare Spielregeln die folgenden sechs Handlungsempfehlungen ableiten:

Die 6 wichtigsten Spielregeln:

1. Vermeiden Sie drastische, wiederholte oder ad hoc Preisänderungen!

Aufgrund einer systemseitig hinterlegten Regel wurde bei einem Maschinenbauunternehmen der Preis für ein spezifisches Teil innerhalb eines Monats von 4.607,50 Euro auf 8.677,50 Euro er-höht. Die Ursache lag darin, dass das Teil von der Serienproduktion in die Einzelfertigung gewech-selt ist und damit der interne Verrechnungssatz neu bewertet wurde.

Solche Preisveränderungen gilt es abzumildern, beispielsweise durch Quersubventionierung in-nerhalb des Gesamtportfolios oder innerhalb des Käufer-Portfolios einen Ausgleich stattfin-den zu lassen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, diese Preiserhöhung mit einem Kommu-nikationspaket zu begleiten, sodass der Kunde versteht, warum diese Preiserhöhung erfolgt ist.

Ziel ist es, eine ‘teure‘ Gesamtwahr- nehmung durch aus der Art ge- schlagene Einzelpreise zu ver-meiden, genauso wie den Eindruck einer unsoliden, wenig vertrauenswürdi- gen Preiskalkulation.

Page 19: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

19 I

2. Halten Sie insbesondere kaptive Teile preislich auf fairem Niveau.

Bieten Sie in der Wahrnehmung des Kunden ‘faire Preise‘. ‘Mondpreise‘ und offensichtliches Ausnutzen von Monopol-Situationen sind zwar kurzfristig gewinnsteigernd, langfristig jedoch kontraproduktiv.

So haben verschiedene Automobilhersteller wegen zu hoher Ersatzteilpreise Probleme mit der chinesischen Kartellbehörde bekommen. Beispielsweise wurde der Preis für ein Mercedes C-Klasse Fahrzeug, welches komplett aus Ersatzteilen zusammengebaut ist, auf das 12- fache des Preises für ein Neufahrzeug geschätzt. Diese Zahlen als Headline an den Pranger gestellt, bedeuten einen medialen Super-GAU, sie versetzen dem mühsam erwor-benen, langjährig aufgebauten Kundenvertrauen einen herben Schlag.

3. Setzen Sie bewusst attraktive Preise für ein begrenztes Sortiment von Teilen zur Beeinflus-sung der Preiswahrnehmung.

Gewöhnlich kann bei Serviceteilen eine sehr starke 80:20-Pareto-Kurve beobachtet werden, d. h., obwohl es insgesamt eine sehr hohe Teile- vielfalt gibt, konzentriert sich ein Großteil des Umsatzes auf vergleichsweise wenige Teile.

Für einen Hersteller von Landmaschinen machen 755 von fast 100.000 Teilen schon 80 % des Um-satzes aus, und nur 15 Teile sind für 20 % des Um-satzes verantwortlich. Indem im Rahmen eines Preisprojekts attraktive Preise für diese 15 Teile gesetzt wurden, konnte die Kundenzufriedenheit deutlich gesteigert werden, obwohl insgesamt das Preisniveau sogar angehoben wurde.

Das nennt sich Win-Win! Hier hat also der ‘Halo-Effekt‘, der aus einem fair kalkulierten Sortiment von 15 Teilen auf die Wahrnehmung des gesamten Sortimentes abstrahlt, ein deut-lich positives Signal gesetzt.

4. Stellen Sie sicher, dass Preise einem plausiblen Muster zu folgen scheinen.

Manche unüberlegte Preisgestaltung erweist sich als Ärgernis mit weitreichenden Folgen: Zahlt der Kunde für das identische Teil in Rot weniger als für das gleiche Teil in Grün, oder ist das Teil links wesentlich billiger als das Rechte, oder ist das Nachfolgeteil wesentlich teurer als der baugleiche Vorgänger, so empfindet der Kunde oft ein danach nur noch schwer zu beseitigendes Gefühl der Willkür. Wie schade, denn oft werden hier lediglich ein paar Euro mehr

Page 20: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 20

gemacht, das Vertrauen des Kunden aber ist unbezahlbar und nachhaltig zerstört.

Ziel ist also symmetrische Teile (rechts/links, vorne/hinten) oder bis auf die Farbe identische Teile in der Regel gleich zu bepreisen; genauso wichtig ist Preiskonsistenz für z. B. Teile in einer Vorgänger-Nachfolger-Beziehung, zwischen ver- gleichbaren Teilen in unterschiedlichen Größen oder zwischen vergleichbaren Teilen aus unter- schiedlichen Produktlinien.

Nur so vertraut der Kunde einer aus seiner Wahr-nehmung heraus konsistenten, transparenten und fairen Systematik der Preisgestaltung. Und eben diese Wahrnehmung – oft nahezu unab-hängig vom tatsächlichen Preisniveau! – prägt Kaufzufriedenheit, schafft Kundenbindung und -vertrauen! (siehe hierzu auch das Kapitel ‘Kommunikation‘)

5. Richten Sie die Preise an den Gesamtkosten aus Kundensicht aus!

Der Preis eines Produktes, so wie es der Her-steller anbietet, entspricht oft nicht der Gesamt-kosten-Wahrnehmung durch den Kunden. Das lässt sich am Beispiel eines Autokaufs einfach verdeutlichen: Der Hersteller betrachtet seinen Verkaufspreis als Kaufpreis und somit als kostenseitiges Entscheidungskriterium des Kun- den. Das ist jedoch zu kurz gegriffen, denn die Anschaffungskosten sind nur ein kleiner Teil der gesamten Kosten des Kunden und somit

seiner Entscheidungskriterien. Für ihn kommen noch Wartungskosten bzw. Erhaltungskosten und regelmäßige Unterhaltskosten sowie Treib-stoffkosten hinzu. Autos in unterschiedlichen Preisklassen haben oft auch unterschiedliche Laufleistung, Wiederverkaufswert, Wartungs- intervalle, Verschleiß von Teilen, etc.

Die Kilometerleistung hat einen wesentlichen Einfluss auf diese zusätzlichen Kosten. Auch Versicherung und Steuern sind je nach Modell und Größe des Fahrzeugs unterschiedlich hoch zu bewerten. Hinzu kommen Treibstoff, Reifen-Verschleiß, Bremsen und Kupplung, die sich zu den für den Kunden relevanten Kosten addieren und auf die gesamte Laufleistung bezogenen Total-Kosten berechnet werden müssen, den sogenannten ‘Total Cost of Owner- ship‘. Diese relativieren die Anschaffungskosten.

Page 21: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

21 I

Diese Betrachtung sollte jeder OEM bei der Preisgestaltung berücksichtigen, um mit seinem eingeschränkten Blick auf den reinen Verkaufspreis kom-plett an der Kundenwahrnehmung vorbei zu agieren.

Ein Anlagenbauer berichtete, dass Kunden immer bessere, eigene Daten- banken aufbauen, um ‘Total Cost of Ownership‘-Betrachtungen anzustel- len und in Preisverhandlungen ein- zusetzen. Ersatzteilpreise sind also maßgeblich schon beim Kauf des Primärprodukts und werden syste-

matisch vorab analysiert, das sollte jeder OEM realisieren und antizipieren!

6. Individualisieren Sie Preise nach Kundentyp

Automobilhersteller bieten identische Teile für verschiedene Produktlinien teilweise zu unter- schiedlichen Preisen an – siehe hierzu das Ein-gangsbeispiel dieses Kapitels, in dem der Ehe-mann als Fahrer einer Limousine der Premium- Klasse den Kleinwagen seiner Frau zur Inspektion bringt, und für das identische Bauteil höchst unterschiedliche Preise zahlt. Normalerweise passiert das recht unauffällig, da im Hinter- grund eine Datenbank läuft.

Durch Eingabe der Nummer des KFZ-Schlüs-sels werden die Preise im System angezeigt. Auf diese Weise kann der Preis für eine Premium-

produktlinie aufrechterhalten werden, während Kunden eines Standardproduktes adäquate Preise angeboten werden können.

Fazit:

Preisgestaltung ist also weit mehr als nur simples ‘Cost-Plus‘! Jedes Versäumnis, jede Bequemlich-keit, jeder Gedanke, den man sich spart bei der Pro-dukt-Kalkulation, rächt sich bitter, denn Umsatz- und Profitpotenziale bleiben ungenutzt.

Auch überlässt man manch einem Wettbewerber, der es cleverer angeht, das Feld und enttäuschte oder verärgerte Kunden sind kaum zurückzugewin-nen. Die hier investierte kreative Energie hingegen zahlt sich um ein Vielfaches aus!

Dennoch ist klar: Intelligente Preisdefinition ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts. Denn ‘Set-the-Price‘ ist die Basis, das Fundament, auf dem nun ein pfiffiges Konzept zum ‘Get-the-Price‘ auf-gesetzt wird.

Dennoch ist die Preisfindung im besten Falle die halbe Miete, tatsächlich in den meisten Unterneh-men sogar weniger, denn mit dem Betreten des Marktes mit einem einmal festgesetzten Preis gehen die Probleme erst richtig los! Welche Prob-leme? Die Probleme, die OEMs trotz eigentlich fest-gesetzter Preise das Leben schwer machen, denn zwischen Theorie und Praxis klafft oft eine riesige Lücke namens ‘Realität‘!

Page 22: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 22

Mission 3.0:

Optimierte Preisdurchsetzung

‘Get-the-Price‘

In der Realität treffen die wohldurchdachten und hundertfach durchgerechneten, intelligent kalku-

lierten Preise nämlich auf fordernde Kunden, die mit Abwanderung drohen, auf unfaire Konkurrenten, die mit Kampfpreisen in den Markt gehen, auf Händler, die dem Hersteller Geschäft abjagen wollen und viele Gemeinheiten mehr, die massiv Marge kosten, wenn man die Augen vor den Tatsachen verschließt, vor allem aber versäumt, diese vorher einzupreisen!

Auch ausgeklügelte Ansätze zur Preissetzung sind vergeblich, wenn Margen in der Umsetzung durch eine unkontrollierte Praxis nicht abgeschöpft wer-den können. Drei wesentliche Schwachstellen in der Preisdurchsetzung, in denen sich Chancen und Risiken gegenüberstehen, können systematisch beobachtet werden:

Chance vs. Risiko 1:

Regionale versus zentrale Preise – regionale Preise folgen nicht den zentral gesetzten Preis-Standards

Chance vs. Risiko 2:

Rabatte und Konditionen – Margen werden durch Rabatte und Konditionsschemata weggeschmolzen

Chance vs. Risiko 3:

Nachgelagerte Boni, Kick-Backs, Provisionen, Skonti oder kostenlose Serviceversprechen generieren Kosten, die oft nicht vorhergesehen und deshalb in der Preisbildung nicht berücksichtigt wurden

Page 23: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

23 I

Chance vs. Risiko 1: Regionale versus zentrale Preise

Während eines Preisprojekts für einen Landmaschi-nenhersteller hat sich herausgestellt, dass einige schnelldrehende Serviceteile in Nordostdeutschland unterproportional im Vergleich zu anderen Regionen verkauft wurden. Lokale Preise in Polen unterschie-den sich so stark, dass sich für diese Teile ein Grau-markt zwischen Händlern in Polen und Nordost-deutschland etabliert hat. Der lokale Wettbewerb von Nachbauteilen hat die polnische Niederlassung verleitet, die Preise für die entsprechenden Teile zu senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben und keine Marktanteile zu verlieren, ohne das Risiko des grenz- überschreitenden Handels zu antizipieren. Denn: Deutsche Kunden fingen ebenfalls an, ihre Ersatz-teile in Polen zu kaufen. Es wäre besser gewesen, zu akzeptieren, dass es in Polen einen starken lokalen Wettbewerb gibt, als sich den Markt in angrenzen-den Märkten kaputt zu machen und sich selbst zu kannibalisieren.

Graumarkt wird es immer geben, wenn es unter-schiedliche Preisniveaus gibt, aber hier ist bewusst abzuwägen, welche Zahlen, Daten und Fakten zu er-warten sind. Ein Rechenmodell kann hier hilfreiche Dienste leisten. Doch schlimmer geht immer: Verliert der polnische Händler trotz massiver Preis-senkungen seinen Umsatz an den Wettbewerb, ist dem Unternehmen ein doppelt großer Schaden ent-standen! Der Händler hatte trotz der Preissenkung den Umsatz komplett verloren!

Es gibt gute Gründe für eine regional unterschied- liche Preisgestaltung, z. B. eine unterschiedliche Zahlungsbereitschaft der Kunden, die Wettbe- werbssituation oder Unterschiede in den verbun-denen Servicekosten. Beispielsweise können in Skandinavien oft höhere Preise für Serviceteile erzielt werden als in Mitteleuropa. Kunden sind in der Regel an leicht höhere Preise gewöhnt, eine Akzeptanz für die Zahlung einer zusätzlichen Prämie zur Deckung höherer Servicekosten scheint verbreitet, und zudem sind Nachbauteileanbieter für gewöhnlich etwas weniger aktiv. Barrieren zwischen regionalen Märkten können aber nicht grundsätzlich erhalten bleiben. In der Konsequenz motivieren re-gionale Preisunterschiede zu einem gewissen Grad immer zu grenzüberschreitendem Handel, wenigs-tens solange der Preisunterschied höher ist als die damit verbundenen Bearbeitungs- und Logistik- kosten. Der erwartete Nutzen von regionalen Preis- unterschieden muss mit dem Risiko von einem Graumarkthandel abgewogen werden.

Eine pragmatische Lösung sind regionale Auf- bzw. Abschlagsfaktoren pauschal für alle Teile, um regio- nale Listenpreise von zentralen Listenpreisen abzu- leiten. Diese regionalen Faktoren berücksichtigen Servicekosten (Logistik und Importsteuern), lokale Marktgegebenheiten (Wettbewerb, Währungsri-siken, Lohnniveau), und Verhaltensaspekte (z. B. Preissensitivität und Serviceorientierung). Zusätz- lich wird eine begrenzte Liste von Teilen definiert, für welche die lokale Preisgestaltung innerhalb ei-ner festgelegten Bandbreite auf spezielle Marktan-forderungen reagieren kann. Preisabweichungen für

Page 24: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 24

weitere Teile oder außerhalb der Bandbreite müssen mit dem zentralen Preisteam abgestimmt werden. Wir sprechen hier vom ‘Freedom within a frame-work‘.

Ein anderer Hersteller in derselben Branche hatte damit zu kämpfen, dass verschiedene regionale Vertriebsgesellschaften dem selben länderüber-greifend aktiven Großhändler unterschiedliche Preise angeboten haben, sodass der Großhändler Arbitrage-Effekte ausnutzen konnte. Hier könnte es sogar noch dramatischer kommen, wenn der Großhändler nicht nur immer bei dem billigsten Anbieter zum niedrigsten Preis kauft, sondern systematisch die Vertriebsgesellschaften gegen- einander ausspielt und die Preisspirale immer wei-ter zu drücken vermag. Solche Fälle müssen durch ein zentrales Kundenmanagement gelöst werden!

Grundsätzlich kann man sagen, dass lokale Preise Chance und Risiko gleichzeitig darstellen, hier ist also im Einzelfall zu entscheiden. Letzteres im-pliziert aber ein aktives Management der lokalen Preise, Aktion statt Reaktion, nur dann lassen sich Risiken abschätzen und in Chancen verwandeln!

Chance vs. Risiko 2:

Rabatte und KonditionenRabatt- und Konditionsschemata beschreiben, wie Rechnungspreise von Listenpreisen abgeleitet werden. Typische Rabatt-Typen sind Grundrabatte je Kunde – z. B. nach Kundengruppe oder individuell

verhandelt –, Volumenrabatte, Rabatte abhängig vom Auftragstyp (z. B. Express- versus Standard- bestellung, Internetbestellung u.v.m.), saisonab- hängige Rabatte, spezielle Werbeaktionen oder transaktionsbasiert ausgehandelte Rabatte. Die Konditionsschemata umfassen Aufschläge wie z. B. Versandkosten oder auch Zahlungsbedingungen.

Kunden unterscheiden sich – wie bereits mehrfach angemerkt – hinsichtlich ihrer Zahlungsbereitschaft. Wenn es gelingt, Kunden anhand des Kriteriums ‘Zahlungsbereitschaft‘ zu segmentieren, sind Rabat- te eine Möglichkeit zur Optimierung von Margen. Kunden können aber auch einen unterschiedlichen Wertbeitrag für die Wertschöpfungskette als Ganzes leisten.

In einem Händlernetz- werk, in dem die Händ-ler die primären Kun-den des OEMs sind (also nicht wie üblich die direkten Endkun-den), sind loyale und zertifizierte Händler wichtige Partner für den Vertrieb von Serviceteilen. Diese Handelspartner liefern einen Premiumservice an die Endkunden, während nicht zertifizierte Händler eine weniger wichtige Rolle in Vertrieb und Service spielen. Denn: Diese sind in der Regel kleiner, um- satzschwächer, verkaufen üblicherweise nicht das Primärprodukt wie die zertifizierten Händler. Sie bieten also allgemeinen Service und Repara- turen, aber nicht den Verkauf des Primärproduktes

Page 25: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

25 I

im großen Stil. Mit Verkauf von Neugeräten und dem entsprechenden After-Sales-Service binden OEMs jedoch ihre Endkunden an den Händler. Genau das machen die nichtzertifizierten Händler nicht, wodurch sie in der Priorität eindeutig unter den zertifizierten Händlern einzusortieren sind.

Großhändler wiederum sind oft maßgebliche Part-ner im Vertrieb von Serviceteilen, bieten aber selbst keinen Service. Rabatte werden idealerweise so kalibriert, dass sie die unterschiedlichen Rollen der verschiedenen Händlertypen honorieren.

So erhält z. B. ein Großhändler für frei verfügbare Verschleißteile bei einem OEM aus der Landma-schinenbranche einen Rabatt von 36 % und der Premiumhändler einen Rabatt von 30 % – diese Teile werden vom Endkunden in der Regel selbst verbaut, und sowohl Großhändler als auch Premiumhändler fungieren als Distributor, während der Großhändler die Endkunden über ein Netz kleinerer Händler bedient, die jeweils auch eine gewisse Marge benötigen, bedient der Premiumhändler die Endkunden direkt.

Dem OEM liegt vor allem daran, Marktan-teile von Alternativ- anbietern gering zu halten. Großhändler bekommen aufgrund

ihrer Marktmacht und des höheren Volumens einen besseren Rabatt.

Hingegen erhält der Großhändler für kaptive Reparaturteile nur einen Rabatt von 20 %, der Premiumhändler aber einen Rabatt von 25 % – diese Teile werden von einem Händler im Rahmen von Reparaturmaßnahmen verbaut. Der Premi-umhändler stellt einen Premiumservice sicher und soll diese Teile im Gegenzug zu einem guten Preis beziehen können. Beim Großhändler beziehen kleinere, nicht autorisierte Händler oder Technik- betriebe die genannten Reparaturteile, diese Betriebe sollen die Teile aber nicht zu einem besse-ren Preis als die Premiumhändler erhalten können.

Ein intelligent entworfenes Rabattsystem adressiert alle Vertriebskanäle und Kundentypen und kann als wirksames Werkzeug zur Absatzsteuerung und Um-satz-Incentivierung genutzt werden. Allerdings sind

Grafik: Typische Vertriebskanäle

Primärer Markt Erweiteter Markt

Großhändler

Nicht- Original-Teile

Graumarkt

Überholte / reparierte /

wieder- verwertete Teile

Industrieüber-greifende

Markteintritte (Teile & Service)

Teilehersteller

3rd Party Dienstleister

Endkunde

Importeure

InternetOEM

Händler / Werkstätten

Servicebereich des OEMS

Page 26: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 26

fast alle Unternehmen dem Risiko ausgesetzt, dass auch gut durchdachte Rabattsysteme mit der Zeit degenerieren, z. B. durch eine zunehmende Anzahl von Ausnahmen oder nicht Einhaltung von Rabatt- regelwerken durch die Vertriebsverantwortlichen.

Ein aktuelles Beispiel zeigt die Problematik konkret auf: Ein Hersteller motorisierter Gartengeräte nutzt einen ausgeklügelten Rabattansatz, welches Rabatte sowohl nach Händler- und Kundentyp als auch nach Teilegruppe differenziert. Auf diese Weise können zum Beispiel Rabatte für kaptive Ersatzteile, die in der Regel nur im Fall eines konkreten Geräte- oder Maschinenausfalls bestellt werden, und Rabatte für schnelldrehende Verschleißteile, welche besonders wettbewerbsgefährdet sind und idealer Weise be- vorratet werden sollten, voneinander unterschieden werden. Der Vertrieb der Verschleißteile wird hiermit incentiviert und gleichzeitig werden gute Margen für kaptive Ersatzteile erhalten.

Über die Zeit sind allerdings immer mehr neue Kun-dentypen und Teilegruppen hinzugefügt worden, sodass das Rabattsystem hinterher aus 12 Kundentypen und 52 Teilegruppen bestand, und

damit eine Rabattmatrix mit 12 x 52 = 624 Ein- trägen gemanagt werden musste. Das System ist dadurch viel zu komplex geworden, und durch Wech-sel des Verantwortlichen konnte zudem die initia-le Logik zum Setzen der Rabattniveaus nicht mehr nachvollzogen werden.

In einem Preisprojekt wurde diese Matrix überarbei-tet und wieder zurückgeführt in ein Rabattsystem mit nur neun Kundentypen und zwölf Teilegruppen. Es wurde eine Logik in einer Art Würfel entwickelt, wie Rabatte pro Kunde pro Ersatzteilkombination zu ermitteln sind, die leicht zu verstehen und an Kun-den zu kommunizieren ist. Es ist für Kunden nun transparent und verständlich, warum sie für die eine Teilegruppe einen bestimmten Rabatt bekommen, für die andere aber nicht, und was sie tun müssen, um eine höhere Kundenrabattstufe zu erreichen.

Ein anderer OEM für Landmaschinen nutzte ein Rabattsystem, welches zunächst für jeden Kunden einen individuell vereinbarten flachen Rabattsatz über alle Teile hinweg hinterlegt. Die Kunden- Accountmanager hatten gewisse Richtlinien für die Rabattgewährung. Datenanalysen zeigten jedoch, dass diese Richtlinien teilweise sehr unterschiedlich ausgelegt wurden: Die gewährten Rabatte unter-schieden sich signifikant je nach zuständigem Ma-nager. Zusätzlich zu einem Grundrabatt gab es noch sechs weitere, miteinander kombinierbare, Rabatt- optionen für die Kunden. In der Konsequenz wurde Rabattoptimierung für die Kunden zu einer komple-xen Kunst und für die Organisation eine unnötige Prozesskomplexität erzeugt.

Page 27: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

27 I

Als weitere Herausforderung war das System der Transportkostenaufschläge ein Grund für ernst zu nehmende Kundenbeschwerden. Während einer intensiven Phase von Kundeninterviews hat sich herausgestellt, dass Wettbewerber im Großhandels- bereich gegen eine jährliche feste Rate Express- lieferungen ohne zusätzliche Aufschläge anbieten, während der Hersteller selbst mit jeder Standard-bestellung spürbare Transportkosten verrechnete, und sogar noch höhere Raten für Expressbestel-lungen. Obwohl Kunden das allgemeine Preisniveau der Teile als fair bewerteten, war die Methode der Transportkostenverrechnung ein Türöffner für den Wettbewerb.

Diese Beispiele zeigen, dass Rabatte sowie Kon-ditionsschemata als intrinsischer Bestandteil der Preisgestaltung verstanden werden müssen und der gleichen Aufmerksamkeit bedürfen wie die Listenpreisfindung. Verbindliche Regeln für das Sales-Team sind eine wichtige Voraussetzung, genauso wie die antizipierte Rabattgewährung durch frühzeitiges, aktives Einpreisen dort, wo es im Wettbewerbsumfeld problemlos möglich ist.

Ein Gleichgewicht zu finden zwischen persönlichen Freiheiten der Vertriebsmanager, ohne deren unter-nehmerisches Denken und Motivation einzuschrän-ken, bei gleichzeitiger Vermeidung unlimitierten Rabattierungsgebahrens ist nicht ganz trivial und bedarf eines gut durchdachten Konzeptes mit klaren Handlungsanweisungen.

Zusammenfassend kann man also feststellen: Rabattdifferenzierung eröffnet attraktive Möglich-keiten der Margenoptimierung, erhöht aber auch schnell die Komplexität. Generell ist beim Entwurf und der Überarbeitung von Rabattsystemen im Hinterkopf zu behalten, dass einmal gewährte Rabatte nur schwierig wieder zurückzunehmen sind, es sei denn, diese Änderung ist von einem überzeu-genden Kommunikationsplan begleitet. Üblicher-weise jedoch verliert ein Hersteller durch ungesteu-erte Rabatte unwiederbringlich die Preishoheit!

Chance vs. Risiko 3:

Nachgelagerte Kosten durch Boni, Skonti oder kostenlose Serviceversprechen

Ein OEM aus der Hightechindustrie bietet seinen Kunden Support durch ein professionelles techni-sches Call Center im Rahmen von verschiedenen Serviceverträgen an. Die Call-Center-Kosten werden in der Preisfindung der Serviceverträge korrekt adressiert. Dennoch wird derselbe technische

Page 28: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 28

Support ohne Verrechnung von Kosten auch solchen Kunden zur Verfügung gestellt, die ohne Vertrag Services und Teile nach Bedarf kaufen.

Dieser zusätzliche Support Service generiert einen Wert für den Kunden und Kosten für den OEM. Ideal wäre eine direkte Fakturierung des Call Centers auf Nutzungsbasis an Kunden ohne Vertrag. Zumindest aber sollten die entsprechenden Kosten im Preis-findungsprozess für Serviceteile Berücksichtigung finden. Warum?

Sonderleistungen, Rabatte, Boni, Skonti

Weil verschiedene nachgelagerte Kosteneffekte typischerweise die Marge nochmals nachträglich massiv reduzieren, und Produkte mit vielen Sonder-leistungen somit schnell an die Grenze der Profitabi-lität geraten. Um eine gute Entscheidung sorgfältig und wohlüberlegt zu treffen, sollte bei der Preis- gestaltung zumindest ein Bewusstsein für die folgenden kostenrelevanten Effekte bestehen:

• Rabatte: Kunden handeln manchmal noch Rabatte aus, die auf der Rechnung nicht erkennbar sind, wie Bonus-Teile als kostenlose Zugabe oder Skonti;

• Boni: Vertriebsmitarbeiter erhalten vielfach Boni;

• Kostenloser Support: Services in Kombination mit dem Serviceteile-verkauf werden oft nicht verrechnet, wie z.B. technischer Support, Remote Services oder Expressversand;

• Kick-Backs: Kunden erhalten am Ende eines Jahres als Incentivierung einen umsatzbasierten Kick-back ausgezahlt.

Ein Regelwerk zur Kontrolle dieser Effekte gehört genauso zu einem modernen, umfassenden Preis- projekt, wie die Berücksichtigung aller Servicekosten- elemente während der Preisgestaltung, also weit mehr als nur die Einstandskosten der Serviceteile.

Als einer der schwierigsten Aspekte, die in den Griff zu bekommen sind, gilt der menschliche Faktor, bei dem beispielsweise der Vertriebsmanager über Nettigkeiten und Zugaben den Kunden binden möchte, um seine Umsatzzahlen zu erreichen, der Hersteller durch seine nahezu unbegrenzten kosten- losen Dienstleistungen aber massiv an Marge verliert, wenn man eine Gesamtkostenbetrachtung anstellen würde.

Dass die Incentivierung der Vertriebsmannschaft deshalb nicht rein über Umsatzprovisionierung er-folgen, sondern in der Regel an Profit-Ziele geknüpft sein sollte, ist deshalb mittlerweile eine Selbstver-ständlichkeit modernen Vertriebsmanagements.

Page 29: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

29 I

Ein Pricing-Konzept, das seinen Namen wirklich verdient, braucht also – neben klaren Maßgaben für ‘Set-the-Price‘ und ‘Get-the-Price‘ eine übergeordnete Strategie! Die Definition von Listenpreisen, Rabat-

ten und Konditionsschemata allein garantiert noch nicht den Erfolg des Servicegeschäfts, solange dies alles nicht eingebettet ist in einen strategischen Ansatz. Die Grundlage für eine durchdachte Preisgestaltung, die ausgerichtet ist am Wert aus Kundensicht, tatsächlicher Kostenbasis und der Wettbewerbssituation, basiert auf vier Säulen:

Mission 4.0:

Strategische Einbettung der Preisfindung im Service

Säule 1: Werthaltige Produkte

Säule 3: Kontrolle der Margenlecks

Säule 2: Kundensegmentierung

Säule 4: Kommunikation des Produktwerts und proaktiver Verkaufs-ansatz

Page 30: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 30

Säule 1: Werthaltige ProdukteDass die Produktqualität ein wichtiges Entschei-dungskriterium für den Kunden ist, ist eine Binsen-weisheit. Dass es bei einem qualitativ schlechteren Produkt oftmals nicht ausreicht, dieses lediglich zu einem niedrigeren Preis, also billiger anzubieten, möglicherweise nicht. Die untenstehende Grafik basiert auf Kundeninterviews für zwei verschie-dene OEMs von Windkraftanlagen und zeigt, dass der Preis nicht das einzige kritische Kriterium für die Kaufentscheidung ist. So offensichtlich es auch scheint, genauso oder noch wichtiger ist die Halt-barkeit und Verlässlichkeit der Teile sowie Verfüg-barkeit und Liefergeschwindigkeit. Die Schaffung werthaltiger Produkte inklusive damit verbundener Dienstleistungen sowie das Management von Inno- vationen und gewerblich geschützten Bestandteilen sind elementar! Dieses sollte bereits bei der Produktentwicklung in das strategische Gesamt-

konzept einfließen, um den Erfolg eines Produktes abzusichern. Das erfordert, die Entscheidungskri- terien der Kunden wirklich zu kennen, nicht einfach aufgrund möglicherweise falscher Annahmen zu agieren.

Ein weiteres Beispiel aus der Praxis: Ein Landma- schinenhersteller beobachtet Absatzprobleme im Bereich spezieller, aus Stahl gefertigter Verschleiß- teile. Es hat sich herausgestellt, dass die Ursache dieses Problems nicht im Preis liegt, sondern dass ein Lieferant von Nachbauteilen kompatible Teile an- bietet, aber aus speziell gehärtetem Stahl mit sig-nifikant höherer Lebensdauer. Obwohl der Preis für das Nachbauteil höher ist als für das Originalteil, konnte der Nachbau einen erheblichen Marktan-teil ergattern. Um optimale Produkte und Service- angebote zu entwickeln, welche eine Preisprämie gegenüber dem Wettbewerb erlauben, kann die Kollaboration mit priorisierten Kundensegmenten

ein sinnvolles Vorge-hen sein. Hier arbeiten OEMs mit bevorzugten Kunden zusammen, ar- beiten beispielsweise in Workshop und/oder Kundenbefragungen heraus, was z. B. ein gutes Produkt aus-macht, oder welche Entscheidungskrite- rien maßgeblich für den Kunden sind, welche hingegen nicht.

Grafik: Kundenumfrage bei zwei Herstellern von Windkraftanlage

2,0 Niedrig

Haltbarkeit der TeileTechnische Faktoren

Kaufkriterien für Ersatzteile

Service- Faktoren

Öko- nomische Faktoren

Lebenslanger Support

Verfügbarkeit der Teile

Einfaches Bestellverfahren

Zahlungsbedingungen

Zuverlässigkeit der Teile

Liefergeschwindigkeit

Teilepreis

GarantiebedingungenBeziehung zum Anbieter

2,5 3,0

= Wichtigkeit Kunde OEM 2= Wichtigkeit Kunde OEM 1

3,5 Mittel

4,0 4,5 5,0 Hoch

Support bei der Teileidentifikation / Hotline

Page 31: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

31 I

So verpasst ein OEM nicht den Anschluss oder wird böse überrascht von einem neuen Platzhirsch mit einem möglicherweise besseren Produkt, der ihn auf dem Standstreifen überholt und unbemerkt Markt-anteile abgräbt.

Doch nicht nur der Preis ist ein wichtiges Produkt- Merkmal für die Entscheidungsfindung des Kunden. Folgende Zitate von verschiedenen Kunden eines Anlagenbauers, die im Rahmen von Kundeninter- views entstanden sind, verdeutlichen auch die Bedeutung von Verfügbarkeit und Liefergeschwin-digkeit:

(Zitate Kunden eines int. Anlagenbauers)

Säule 2: KundensegmentierungDie Kunden der meisten Hersteller und OEMs sind sehr unterschiedlich. Große Kunden haben andere Anforderungen als kleine Kunden, manche verfügen über einen großen Techniker-Stamm und lösen Probleme weitestgehend selbstständig, andere hingegen benötigen umfassenden technischen Support. Für unterschiedliche Kundenbedürfnisse gilt es also im Idealfalle unterschiedliche Pakete zu schnüren, sprich: Individuelle Services, Dienstleis-tungen, Produktspezifikationen anzubieten. Zudem zeigen Kunden eine unterschiedliche Risiko- bereitschaft und Bereitschaft, für Serviceteile und Premiumservices zu bezahlen.

‘Lieferzeiten spielen eine große Rolle – Kritizität und Produk-tionsverlust sind wesentliche Entscheidungskriterien, mein Top Management hat in diesen Fällen keine Probleme, wenn ich teure Teile kaufe.‘

‘Offensichtlich wird an einem Konzept zur Preisverbesserung gearbeitet, das freut uns natürlich, aber wir sind bereit für gute Qualität zu bezahlen – Preis ist nicht der wichtigste Faktor – uns in-teressieren Qualität und Verfügbarkeit, unsere Maschinen laufen 24/7.‘

‘Ausfallzeiten der Maschinen sind ein großes Problem, ein Still-stand schlägt mit 6.000 – 8.000

Euro pro Stunde zu Buche; Aufschläge von 30 – 40 % sind

für uns daher akzeptabel.‘

‘Auch Standardteile kaufe ich immer beim Hersteller –

die Lieferzeit ist unschlagbar.‘

Page 32: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 32

So kann z. B. ein Hersteller von Hightech Equipment seine Kunden im Wesentlichen in drei Gruppen unterteilen:

1. Unabhängige Großkunden:

Diese Kundengruppe verfügt über Technik-Know-how und bevorzugt es, Serviceteile und technischen Support auf Bedarfsbasis zu kau-fen, also im konkreten Schadens- bzw. Repara-turfall. Sie sind bereit, das Risiko eines Teileaus-falls, auch für teure Teile, selbst zu tragen, und nehmen von Serviceverträgen, die den Teile-ausfall mit versichern, eher Abstand in dem Bewusstsein, dass solche Verträge eine Risiko- prämie beinhalten. Verschleißteile mit alter-nativen Quellen auf dem Markt kaufen sie für gewöhnlich direkt beim Teilelieferanten.

2. Kostenbewusste Risikominimierer:

Diese Kunden sind eher offen für Verträge, wel-che den Ausfall von werthaltigen Ersatzteilen absichern, um finanzielle Risiken auszugleichen, und werden teilweise auch von Versicherungen oder Finanzpartnern dazu angehalten. Für vor-hersagbare Servicekosten wie Verschleißteile und technischen Support suchen sie allerdings tendenziell nach kosteneffizienten Lösungen.

3. Hilfesuchende ‘All Inclusive Paket‘-Kunden:

Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel, höhere Ausfallrisiken selbst zu tragen, und wegen

begrenzter Kapazitäten, im Markt nach alterna-tiven Quellen für Verschleißteile zu suchen, sind diese Kunden besonders an ‘Rundum-Sorglos‘- Serviceverträgen interessiert.

Durch eine genaue Account-Planung und dem Angebot von Serviceteilen sowohl auf Artikel-basis, als auch als gebündelte Komponenten in verschiedenen Serviceverträgen, können alle Kunden adäquat adressiert und Margen ergebnis- optimiert auf die unterschiedliche Risiko- und Zahlungsbereitschaft abgestimmt werden.

Säule 3: Kontrolle des MargenlecksVertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. So lässt sich Säule 3 zusammenfassen. Feedback-Schleifen zur Kontrolle der Einhaltung von Vorgaben sind uner-lässlich, um Margen-Lecks auf die Spur zu kommen.

Ein professionelles Monitoring des Gesamterfolges sowie die kritische Hinterfragung in regelmäßigen Abständen professionalisiert und optimiert das Pricing-Tool und seine Mechanismen. Das installierte Pricing-Konzept inklusive des mathematischen Algorithmus ist also dynamisch, nicht statisch.

Ein gutes Tool lebt und atmet, und wird mit jeder Feed- back-Schleife intelligenter und leistungsfähiger. Denn auch der Kunde ist ein aktives, dynamisches Wesen, und wer sich langfristig auf einmal erhobene Kundendaten und -anforderungen verlässt, ist verlassen!

Page 33: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

33 I

Grafik: Abweichungsanalyse Rabatte – Ideal vs. real

Die Grafik zeigt in einer Abweichungs-Analyse für einen Hersteller von Industriemaschinen die Diskre- panz zwischen dem tatsächlich gewährten und dem formal spezifizierten Grundrabatt je Kunde. In diesem konkreten Fall summierte sich der entgangene Um- satz durch die Rabattdifferenz auf 9 % des Netto- umsatzes. Was ist passiert?

Jede Bubble im Chart repräsentiert einen Kunden.Entspräche der tatsächliche Ist-Discount dem formal hinterlegten Discount für den jeweiligen Kunden, lägen alle Bubbles auf der theoretischen Geraden. Die meisten Bubbles liegen jedoch weit darüber.

Die Größe der Bubble verdeutlicht die Kundenrele-vanz entsprechend dem Umsatz. Hätte man allen Kunden lediglich den formalen Discount gewährt, wäre der Umsatz insgesamt 9 % höher. Ergebnis- effekt übrigens noch mal deutlich höher, da diese 9 % mehr Umsatz direkten Ergebniseffekt haben, da sie keine weiteren, beispielsweise proportionalen Kosten aufweisen.

Sorgfältige Spezifikation von Regeln für die Bestimmung zentraler und regionaler Listenpreise, Rabatte und Konditionsschemata sind also kein Garant dafür, dass die Preispolitik auch wirklich eingehalten wird. Incentivesysteme für Vertriebsver-antwortliche, die nicht nur umsatz-, sondern auch profitabilitätsorientiert sind sowie Loyalitätsprogramme tragen zur Einhaltung der Preis- politik bei. Ebenso wichtig sind auch

Kontrollstrukturen, welche die Befolgung vorge- gebener Regeln sicherstellen. Expertenlösungen für die Preisgestaltung mit einem kaskadierenden Kenn- zahlensystem statt umständlicher ERP Module mit begrenzten Funktionalitäten und Excel / Access Lösungen als Hilfskonstruktion können hier unter-stützen.

Ein Pricing-Team, welches gestalterisch und konzep-tionell voll auf die Preisgestaltung von Serviceteilen fokussiert ist, sollte durch ein Preisgremium mit Ver-tretern aus Vertrieb, Service, Finanzen, Logistik und Einkauf unterstützt werden. Das Gremium überwacht Ergebnisse und hilft bei einer kontinuierlichen Verbesserung der Preisgestaltungsprozesse.

Das alles klingt nach massivem Aufwand, hat auch zugegebenermaßen mit der guten alten Preis- gestaltung nach dem Zuschlagsfaktoren-Prinzip nicht mehr viel gemein, aber es lohnt sich, diesen Aufwand zu betreiben, anstatt tatenlos zuzusehen,

0%0%

50%

100%

10% 20% 30% 40% 50%

Ziel =

aktueller

Rabatt

Zielrabatt

Tats

ächl

ich z

ur V

erfü

gung

ge

stel

lter R

abat

t

Page 34: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 34

wie man aufgrund von Vorab-Bequemlichkeit, im Nachhinein die Butter vom Brot genommen bekommt!

Säule 4: Kommunikation des Produktwerts

und proaktiver Verkaufsansatz Der Amerikaner Lee Atwater, politischer Berater von Ronald Reagan, George W. Bush und den Republika-nern, prägte in den 80er Jahren im Zusammenhang mit seinen aggressiven Medien-Kampagnen den Spruch ‘Perception is reality‘. Besser hätte man es nicht formulieren können, denn das, was der Kunde wahrnimmt, formiert sich als Aussage bzw. Informa-tion, unabhängig davon, ob das intendiert war. Anders herum werden wünschenswerte Positionierungen oft nicht wahrgenommen – beispielsweise vom Kunden, der das Produkt möglicherweise anders bewertet, als der Hersteller es gern hätte. Jeder OEM tut also gut daran, sich seine zu kommunizierenden Eckdaten genauestens zu überlegen und dezidiert als integralen Bestandteil in sein Pricing-Konzept einfließen zu lassen.

Die Preiswahrnehmung ‘teuer‘ durch eine verkehrte Kalkulation einiger weniger Teile kann genauso fatale Auswirkungen haben, wie die Nicht- Kommunikation entscheidender Produkt-Vorteile. Diese hätten beispielsweise dem Unternehmen Blackberry (ehemals RIM Research in Motion) ei-nen absoluten Wettbewerbsvorteil in einer Welt der

immer preiswerteren Mobiltelefone verschaffen können: 2003 brachte RIM als erster Hersteller ein Telefon heraus, das Push-Email unterstützte, Blackberry war damit quasi der Erfinder der mobi-len Email. Schon wenig später verfügten nahezu alle Handys über diesen schon bald selbstverständlichen Service, und das Alleinstellungsmerkmal war dahin. Es gab jedoch ein weiteres: absolute Daten- sicherheit! Diese führte sogar dazu, dass Black-berry-Handys in totalitären Staaten wie China phasenweise verboten wurden, denn sie machten die gängige Abhörpraxis unmöglich. Doch anstatt diesen unschlagbaren Produktvorteil zu nutzen, zu

Page 35: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

35 I

kommunizieren, zu vermarkten, auszuschlachten, wo es nur geht, und in das Pricing-Konzept einflie-ßen zu lassen, warb RIM seinerzeit mit diversen unspezifischen, seltsam maritimen Motiven. Diese sind bis heute weder durchgängig, noch konsistent oder passend in der Botschaft.

Der objektive Produktvorteil der Abhörsicherheit, der sogar die deutsche Kanzlerin Angela Merkel überzeugte, sodass sie ihre vertraulichen Telefo-nate ausschließlich von Blackberry-Handys führte, wurde dem Kunden nicht kommuniziert. Das durchaus zu rechtfertigende Argument für einen

Premiumpreis – sowohl für das Primärprodukt, als auch für den After-Sales-Service bzw. Reparaturen – entzog sich somit also der Wahrnehmung. Daten-sicherheit als Kaufargument fand schlicht nicht statt in den Köpfen der Käufer. Seit vielen Jahren befindet sich Blackberry im harten Kampf gegen den Abstieg, denn nicht nur in der immer schnelllebigeren Welt der mobilen Telefonie zeigt sich jeden Tag aufs Neue, dass Lee Atwater Recht hatte: Perception is reality!

Als nächstes wird es Apple treffen, die jahrelang auf der Welle des Erfolges schwammen als höchst innovativ wahrgenommener Hersteller, der jeden Preis rechtfertigen konnte mit dem stylischen Image seiner Produkte. Doch auch hier ist die Aktie im Sinkflug, die Umsätze gehen zurück und schon bald wird ein Imagewandel mit massivem Einfluss auf die Preisgestaltung eintreten. Selbst wenn die Kriegskasse gefüllt ist und Apple innovative Firmen zukauft, werden Produkte wie Dr. Dre und seine Beats-Kopfhörer und der zugehörige Beats-Music- Streamingdienst – 2014 gekauft für 3 Milliarden US Dollar – nicht die Strahlkraft haben, wie das iPhone.

Schon in naher Zukunft wird der Kunde die Marke Apple möglicherweise als nicht mehr so begehrens- wert wahrnehmen, dass die exorbitanten Preise gerechtfertigt sind und ohne nachzudenken bezahlt werden. In den letzten Jahren taten Fotos von campierenden Fans in Schlafsäcken vor den Apple-Konsumtempeln, rechtzeitig zum Release des jeweils neuesten iPhones, noch ihre Wirkung, das kann jedoch schnell vorbei sein. Doch diese Bilder

Page 36: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 36

zeigen, wie mächtig die Wahrnehmung des Kunden weltweit ist und in der Folge die Beeinflussung der Wahrnehmung anderer Kunden. Das geht allerdings in beide Richtungen, nach oben und nach unten.

Ohne entsprechendes Marketing ist es also vergeb-liche Liebesmüh, die besten Teile und Services anzu-bieten. Teilen Sie Ihren Kunden mit, dass Sie besser sind als die Konkurrenz! Das Vertriebsteam und die Partner des Unternehmens müssen darauf trainiert werden, den Kunden den Wert nahe zu bringen, und dafür unterstützendes Kommunikations- material zur Seite gestellt bekommen.

‘Preiswert‘ im Sinne von ‘den Preis wert‘ ist eine an-dere Aussage als ‘billig‘! Wenn es den Kunden nicht bewusst ist, dass sie z. B. einen Premium-Lieferser-vice erhalten, werden sie auch nicht in der Lage sein, diesen Service wertzuschätzen. Deshalb: Tue Gutes und rede darüber!

Eine von verschiedenen OEMs aus unterschied- lichen Industrien genutzte Maßnahme ist, eigene Ersatzteile und Nachbauteile durch eine unabhängi-ge Organisation wie den TÜV Rheinland in Deutsch-land testen zu lassen. Diese Organisation zertifiziert dann die höhere Qualität und Haltbarkeit der Origi-nalteile, und die entsprechenden Ergebnisse kön-nen anhand von Produktinformationsbroschüren und Postern in Ausstellungsräumen an die Kunden kommuniziert werden. Noch effizienter ist die Aus-stellung von Original und Nachbauteil nach einem gewissen Ausdauertest, der den Unterschied im Verschleißverhalten offenbart.

Kunden unterstellen für gewöhnlich automatisch, dass Nachbauteile günstiger sind, ohne überhaupt einen Preisvergleich anzustellen. Aber verschiedene Beispiele aus unterschiedlichen Industrien zeigen, dass dies oft eine irrtümliche Annahme ist und Nachbauteile teilweise sogar teurer sind.

Die Verfolgung solcher Beispiele kann die Basis für eine smarte Kommunikationskampagne des OEMs sein. Zur Kommunikation könnten hier pfiffige und informative Konzepte, z. B. auch in Social Media genutzt werden!

Der proaktive Verkaufsansatz im Ersatzteilbereich ist ebenfalls unterschätzt und nicht sehr weit verbrei-tet. Servicemitarbeiter konzentrieren sich üblicher- weise auf die Bearbeitung eingehender Serviceauf-träge und Vertriebsmitarbeiter auf den Verkauf des Primärproduktes.

Schon einfache Maßnahmen können den Ersatz-teilverkauf enorm ankurbeln. Ein OEM mit einem Händlernetzwerk hat am Ende der Saison für jeden Händler die Absatzzahlen nach Artikel ausgewertet und jeweils in etwa 20 % aufgeschlagen.

Die Händler wurden nun durch spezielle Vertriebs-mitarbeiter aktiv kontaktiert, mit dem Vorschlag, die entsprechenden Mengen für die kommende Saison zu beziehen. Bis auf die Verhandlung verlängerter Zahlungsziele haben sich Händler zu einem Großteil darauf eingelassen und waren dankbar, entspre-chend konkrete Bestellvorschläge zu bekommen.

Page 37: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

37 I

Ausblick:

Big Data – Trend für die Servicepreis- gestaltung?

An einem verregneten Sonntag surfen viele Nut-zer im Internet auf der Suche nach sonnigen

Reisezielen. Sekündlich steigen die Preise nahezu unbemerkt. Im B2C-Markt, insbesondere im Bereich von Flugtickets, Reiseangeboten, an Tankstellen und im Onlinehandel, wird seit einiger Zeit das Thema ‘dynamische Preisgestaltung‘ heiß diskutiert. Feste Preise und ‘ein Preis für alle‘ sind anachronistische Konzepte. Modern gestaltete, dynamische Preise werden permanent anhand von gewieften Algorith-men angepasst, abhängig von Real-Time-Angebots- und Nachfragedaten, Wettbewerbspreisen und an-deren externen Faktoren. Big Data ist ein Schlüssel zu immer effizienteren Algorithmen und zum Design kundenindividueller Preisangebote.

Beispielsweise kann der Preis vom durch den Kun-den benutzen Endgerät abhängen. Verschiedene Untersuchungen durch unabhängige Institute behaupten, dass amazon.com in einigen Fällen iPhone-Nutzern bzw. Apple-Nutzern höhere Preise anbietet als PC-Nutzern, allerdings streitet Amazon diese Praxis ab. Genauso gibt es auch Fälle in Reiseportalen, in denen bestimmte Hotelangebo-te nur für Apple-Nutzer und nicht für PC-Nutzer verfügbar sind. Als weiteres Beispiel für dynamische Preise hängen Online-Preise oft von der Surf- Historie ab – Preise über Google-Links oder Preis- roboter sind nicht unbedingt dieselben, als auf direktem Weg auf die Seite des Internethändlers.

Page 38: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 38

Auf dem Tablet kostet der Flug mehr als am PC, nachmittags ist Einkaufen billiger als abends. 3,4 Millionen Mal hat der Online-Versandhändler Ama-zon im April die Preise der auf der deutschen Seite gelisteten Produkte verändert. Der Sachverstän-digenrat für Verbraucherfragen fand heraus, dass dieselbe Pauschalreise für Apple-Besitzer teurer war als für Windows-Nutzer. Und mancher hat schon festgestellt, dass ein und derselbe Flug unter- schiedlich kostet, je nachdem, ob man mit dem Tablet, Smartphone oder Computer surft und je häufiger man den Flug anklickt. Die Dynamik nimmt also rasant zu! Im Onlinehandel variieren die Preise längst nicht mehr von Tag zu Tag, sondern com- putergesteuert im Halbstundentakt, vor allem für Laptops, Smartphones, Bekleidung – und im Früh-jahr für Sommerreifen.

Die größte Gefahr ist, dass sich die Kunden übervorteilt fühlen. Etwa wenn der Super- markt den Preis eines Artikels gerade in dem Moment ändert, wenn der Käufer damit auf dem Weg zur Kasse ist. Fühlt er sich einmal betrogen oder abgezockt, ist das Vertrauen dahin. Diese Technik könnte aber auch im positiven Sinne dazu dienen, die Masse weggeworfener Lebensmittel zu verringern, etwa, wenn die Preise von Lebensmitteln kurz vor dem Verfallsdatum massiv gesenkt wür-den. Davon hätten alle was! Der Kunde, der Händler und die Umwelt!

Im Ersatzteilgeschäft sind solche Ansätze zur dyna-mischen Preisgestaltung bisher eher nicht verbrei-tet und schwieriger sich vorzustellen. Im Gegenteil,

die heutige Praxis basiert oft immer noch auf einmal jährlich überarbeiteten und publizierten Preislisten, sogar teilweise noch in Druckform wie beispiels- weise Preiskataloge. Dies ist insbesondere unge-eignet für Teile, die starken Schwankungen auf der Angebots- und Nachfrageseite unterliegen. Eine dynamische Preisanpassung birgt Chance und Risiko zugleich: Durch die wesentlich feinere Steuerungsmöglichkeit lassen sich Umsätze und Profit optimieren, Kunden erhalten individualisierte Preisangebote und Sortimente bzw. Teile lassen sich gezielt bepreisen und steuern. Die Kalibrierungs- optionen sind wesentlich größer und feiner, setzen allerdings auch eine entsprechende Datenverfüg-barkeit – mit dem entsprechenden Erhebungs- und Pflegeaufwand – voraus. Andererseits besteht ein durchaus zu bedenkendes Risiko, den Kunden durch zu dynamische Preisgestaltung zu verwirren oder gar zu verärgern.

Der Aufwand im B2B-Bereich, eine Logik für eine wirklich dynamische Preisgestaltung mit sich regelmäßig ändernden Preisen in Reaktion auf den Markt zu entwickeln, lohnt sich vermutlich höchs-tens für ein sehr begrenztes Segment von wettbe-werbsgefährdeten Teilen, wie z.B. schnelldrehende Verbrauchsmittel wie Filter, Spezialflüssigkeiten, Öle oder Fette sowie für besonders hochwertige Komponenten, für die es Alternativanbieter auf dem Markt gibt.

Das Sammeln von Kundendaten, die Kenntnis über die installierte Basis der Kunden, des Nutzungs- verhaltens oder des Status der Maschinen und

Page 39: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

39 I

Geräte eröffnet aber dennoch neue Möglichkeiten für den OEM, um dedizierte, kundenindividuelle Ersatzteilkampagnen zu fahren. Datamining, in Pro-dukte eingebaute Sensoren und die Vernetzung der Produkte für Realtime-Datenaustausch, sind die Schlüsseltechnologien.

Wenn z. B. der Absatz für Filter bei einzelnen Kunden eines Landmaschinenherstellers unter ein aufgrund von Maschinenstatus und Maschinennutzungs- daten zu erwartendes Niveau fällt, ist dies ein klarer Indikator für ein Loyalitätsproblem. Kauft der Kunde zu selten, ist er nicht über die Fälligkeit der Wartung informiert? Oder kauft er beim Wettbewerb, weil dieser billiger ist, oder den Kunden frühzeitig pro- aktiv anspricht? In diesem Fall kann eine gezielte Filter-Kampagne, welche diese Kunden adressiert, eine erfolgsversprechende Maßnahme sein, den Absatz anzukurbeln, ohne allgemein die Marge zu reduzieren. Real-time-Maschinendaten ermög- lichen es dem OEM auch, gewisse Reparatur- und Wartungspakete mit Serviceteilen im Bündel und mit Preisen abhängig von bisherigem Kunden- verhalten anzubieten, bevor Kunden selbst eine Anfrage starten. Eine weitere vielversprechende Möglichkeit besteht darin, im Fall einer Ersatzteil-bestellung weitere Teile, die gewöhnlich in Kombi-nation genutzt werden, im Rahmen von Cross- oder Upselling-Kampagnen anzubieten.

Auch denkbar ist es, mittels Big Data und in Kom-bination z.B. mit Auswertungen von Wetterdaten frühzeitig besondere Bedarfssituationen in der Landmaschinenbranche zu erkennen: Ende der

Sommersaison, die Ernte ist reif, und das schöne Wetter droht umzuschlagen. Wenn jetzt ein wich-tiges Ersatzteil fehlt, steht der Traktor still. Hier könnten Händler schon weit im Voraus proaktiv planen und zwar viel genauer als es heute üblich ist! Ebenso könnten Händler mit Frostschutzmittel, oder ggf. auch Düsen (als typisches Verschleißteil!) zum Spritzen von Insektiziden nach einem milden Winter agieren.

Aber man könnte noch weiter denken: Bei einer all-gemeinen Plage von Ungeziefer, deren geographi-schen Verlauf man wie bei einer Grippewelle über Google tracken kann, könnten Anbieter ihre Kunden proaktiv angehen und noch besser unterstützen, also aktiv agieren und auf Big Data basierend geziel-ten Support anbieten bzw. Kampagnen aufsetzen.

Die Ideen zur Nutzung von Big Data im Bereich von Ersatzteilpreisgestaltung stecken noch in den Kinderschuhen, und erfolgreiche Anwendungen werden eher im Bereich zielgerichteter und intelli-genter Kampagnen sein, als im Bereich hochreak-tiver, dynamischer Preisanpassungen wie bei den mehrmals täglichen Preisänderungen von Benzin an Tankstellen.

Page 40: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 40

Phase 1: Die erste Phase ‘Bewertung der Ist-Situation‘ definiert den Start- und den angestrebten Zielpunkt des Projekts und• beinhaltet eine Analyse der aktuellen Preispraxis des OEMs, der Wettbewerbssituation und eines

Marktausblicks• stellt eine ‘End-to-End‘-Sicht von Materialkosten bis zur effektive Marge dar• identifiziert die Margenlecks entlang des sogenannten Preiswasserfalls• ermittelt die wichtigsten Kaufargumente aus Kundensicht• legt Schwachstellen und Verbesserungspotentiale offen.Diese Phase endet mit einer nochmaligen Anpassung des Projektumfangs, setzt die Stoßrichtung für die zukünftige Preisstrategie und bettet die Preisgestaltung in eine allgemeine Servicestrategie und sonstige laufende Aktivitäten ein. Phase 2: Die nachfolgende Phase ‘Segmentierung‘ ist der Schlüssel zur Reduzierung von Komplexität und überführt dadurch die Preissetzung für Ersatzteile und Services in eine zu bewältigende Aufgabe.• Regionale Märkte werden hinsichtlich genereller Preissensitivität, Servicekosten und Vertriebsansatz

(z. B. direkte versus Importeursmärkte) segmentiert,• Kunden und Vertriebspartner werden hinsichtlich Zahlungsbereitschaft, Serviceerwartungen,

Marktmacht und Wert für die Organisation als Ganzes unterteilt,• und die bestehende Teilesegmentierung wird um Wettbewerbskriterien und relevante Werttreiber wie

Kritizität erweitert.

Phase 3: In der ‘Modellierungsphase‘ wird eine marktorientierte Preisstruktur entwickelt.• Listenpreise werden entlang verschiedener Preisstrategien wie markt- oder wertbasierte Ansätze

definiert,• regionale Marktfaktoren werden ausgearbeitet, um lokale Gegebenheiten abzubilden,• Konditionsschemata für z. B. Rabatte und Versandaufschläge werden standardisiert, um sicher zu stellen,

dass Margen nicht durch eine unkontrollierte Praxis unnötig verschenkt werden, und• Regeln zur Kostenallokation zwischen den zentralen und regionalen Organisationseinheiten werden in

gemeinsamer Diskussion kalibriert.

Checkliste: Was umfasst ein gutes Pricing-Projekt?

Page 41: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

41 I

Phase 4: Die letzte Kernphase der ‘Umsetzung‘ versetzt die Organisation in die Lage, das neue Preiskonzept zu implementieren.• Ein zentrales Modul ist die Definition von Standardpreisprozessen,

Funktionen und Verantwortlichkeiten, welches auch das Zusammenspiel zwischen zentralen und regionalen Kompetenzen regelt. Ein ‘Pricing‘- Kalender wird entwickelt, durch den die Preisgestaltung in den allgemeinen Planungsrhythmus des Unternehmens eingebettet wird.

• Der IT-technische Anpassungsbedarf wird ermittelt, und die Notwendigkeit eines dedizierten Preistools für die Unterstützung fortlaufender Preis- aktivitäten bewertet.

• Die Entwicklung eines Implementierungsplans inklusiv Meilensteine, die Einbeziehung aller betroffenen Organisationseinheiten, und eine proaktive Kommunikation der Ergebnisse und nächsten Schritte schließt das Preisprojekt ab.

Phase 5: Abhängig von der Tool-Entscheidung kann eine fünfte Phase ‘Pricing IT-Tool‘ folgen, die einen eigenen Projektcharakter hat. Es wird ein Anforderungskatalog von Funktionalitäten spezifiziert, und abhängig von dem Ergebnis einer ‘Make-or-Buy‘-Entscheidung, ein IT Tool Anbieter-Auswahlprozess begleitet. Je nach Anforderungen wird der Projekterfolg durch eine spezifische, individuelle Softwarelösung unterstützt, die auch später in der fortlaufenden Preismodellierung zur Ergebnisüberprüfung eingesetzt werden kann.

Page 42: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 42

Fazit & Schluss‘Preissetzung‘ und ‘Preisdurchsetzung‘ sind also die zwei Seiten der Medaille für eine erfolgreiche Preis-gestaltung im Service. Ein sorgfältig durchgeführtes Preisprojekt verspricht eine nachhaltige Umsatzer-höhung für Serviceteile von üblicherweise bis zu 10 % und eine Ergebnissteigerung von bis zu 15 %. Preis-findung ist jedoch keine einmalige, sondern eine zyklische Aufgabe mit strategischen und taktischen Komponenten. Es gilt nachhaltig dran zu bleiben, zu optimieren, zu kalibrieren, denn ein Preiskonzept lebt und atmet!

Wer es richtig macht, wird dafür jedoch mehr als belohnt, denn neben mehr Umsatz und höherem Profit, steigen Kundenbindung und -loyalität, Pro- fessionalität und die positive Wahrnehmung des Produktportfolios sowie des Gesamtunternehmens.

Wenn Sie Potenziale in der Preisgestaltung für Serviceteile Ihres Unternehmens nicht ungenutzt lassen und nicht von Wettbewerbern ausgebremst werden wollen, ist es an der Zeit, alles zu unterneh-men, Schwächen zu beseitigen und die kraftvollen Stärken eines smarten Gesamtkonzeptes zum Tragen zu bringen!

Würden die Hoteliers auf Mallorca mit der Touris-musbehörde, den Gastronomen und den unzähligen anderen Anbietern an einem Strang ziehen und ein kollaboratives Konzept im Sinne des im modernen Supply Chain Management üblichen ‘Collaborative

Planning‘ auf die Beine stellen, dann würde den lauten Kegelbrüdern, die kaum Umsatz, aber viel Ärger bedeuten, schnell der Garaus gemacht.

Aber: Ein Konzept ist erst ein Konzept, und verdient auch erst dann diesen Namen, wenn ein konkre-ter, übergeordneter Plan dahinter steht. Viele klei-ne, unkoordinierte Einzelaktionen sind nicht nur kein Plan bzw. Konzept, sondern das Gegenteil: konzeptlos! Mit dem entsprechenden Konzept hingegen kennt nicht nur der Kegelbruder am Strand von Palma de Mallorca schnell den Unterschied zwischen billig und preiswert!

Billig kommt einen manchmal teuer zu stehen!

Zitat, frei nach Franz Kotteder, Redakteur der Süddeutschen Zeitung schwerpunktmäßig mit den Themen

Konsum und Ernährung und Autor des Buches

‘Billig kommt uns teuer zu stehen‘

Page 43: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

43 I

Barkawi Management ConsultantsBarkawi Management Consultants wurde 1994 gegründet, beschäftigt heute über 100 Mitarbeiter und unterhält Standorte in München (Hauptsitz), Shanghai, Moskau, Atlanta und Wien. Kunden von Barkawi Management Consultants sind global agierende Unternehmen mit kapitalintensiven und logistisch komplexen Geschäftsmodellen wie zum Beispiel 3M, BMW, CocaCola, Daimler, Fresenius, Siemens, Vodafone und viele mehr.

Barkawi Management Consultants GmbH & Co. KG Baierbrunner Str. 3581379 München

Telefon: +49 89 749826-0Fax: +49 89 749826-739 [email protected]

Barkawi Management Consultants ist Teil der Barkawi Gruppe. Carena und Karim Barkawi sind Geschäftsführer der Holding und Dachgesellschaft.

Auszeichnungen

DisclaimerDie Angaben im Text sind unverbindlich und dienen lediglich zu Informationszwecken.

Haftungsansprüche gegen Barkawi Management Consultants GmbH, die durch die Nutzung der in der Publikation enthaltenen Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen.

© 2016 Barkawi Management Consultants GmbH. All rights reserved.

Fotorechte

iStock: Seiten 1, 7, 22, 29Shutterstock: Seiten 4, 8, 10, 13, 15, 17, 19, 20, 24 26, 27, 34, 37, 39, 40, 44

Page 44: Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr ... · Service Parts Pricing 4.0 – Damit Preisfestsetzung und Preisdurchsetzung nicht mehr von der Realität eingeholt werden!

I 44

Würde man Unternehmer fragen, ob sie bewusst auf Umsatz und Marge verzichten, würde jeder dieses ent-rüstet von sich weisen. De facto ist es jedoch genau das, was passiert , durch den Verzicht auf eine konzepti-onell angelegte Preisstrategie! Viele OEMs bewegen sich bei der Preisfindung heute quasi im Blindflug. Die bewusste Differenzierung in Preisdefinition (‘Set-the-Price‘) und tatsächliche Preisdurchsetzung (‘Get-the-Price‘) ist der erste Schritt hin zu einem funktionierenden Gesamtkonzept, an dessen Ende höherer Umsatz und optimierte Margen stehen.

80 % ihrer Energie stecken Unternehmen heutzutage immer noch in die abstrakte Preisgestal-tung, die tatsächliche Preisdurchsetzung am Markt erfährt noch lange nicht die Beachtung, die ihr gebührt, doch hier spielt die eigentliche Musik. Das, was es sich zunächst vermeintlich an Aufwand spart, bezahlt manches Unternehmen teuer, denn einmal fehlgesetzte Preissignale lassen sich nur schwer wieder revidieren.

Eine perfekte Abstimmung und Kombination aus ‘Set-the-Price‘ und ‘Get-the- Price ‘als Gesamtkonzept hingegen sichert weitsichtigen Unternehmen Umsatz und Profit auf wesentlich höherem Niveau als das bei der bisherigen, oft auf Daumenregeln, Intuition oder Extrapolierung bestehender Daten basierende übliche Verfahren. Aber wie geht man vor? Welche Kriterien gilt es zu beachten? Welche mathematischen Modelle kommen zum Einsatz?

Barkawi Management Consultantswww.barkawi.com

‘Set-the-Price‘ vs. ‘Get–the-Price‘

als umfassendes Gesamtkonzept

Lesen Sie hier, wie ein stimmiges Gesamtkonzept den Erfolg des Unternehmens nachhaltig sichert.