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27 Das Antiphospholipid-Syndrom: Herausforderungen in der Autoimmundiagnostik Dr. Thorsten Krieger Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Hamburg __________________________________________________________________________ Das Antiphospholipid-Syndrom (APS) ist eine Autoimmunerkrankung, die durch das Auftreten arterieller oder venöser Thrombosen charakterisiert ist. Diese können zu Schwangerschaftskomplikationen bis hin zum Abort führen. Im Serum finden sich Autoantikörper gegen Phospholipide wie Cardiolipin und ß 2 -Glycoprotein. Das APS kann als alleiniges Krankheitsbild oder vergesellschaftet mit dem Systemischem Lupus erythemathodes (SLE) auftreten. Das APS führt in vivo zu einer Hyperkoagulabilität in vitro aber paradoxerweise zu einer verlängerten aPTT. Die aPTT Verlängerung führte zu dem irreführenden Begriff Lupus Antikoagulanz. Indikationen für eine Untersuchung auf ein APS sind rezidivierende Thrombosen unklarer Genese, aPTT Verlängerungen unklarer Genese, rezidivierende Aborte unklarer Genese, Autoimmunerkrankungen, insbesondere der SLE und eine Thrombozytopenie autoimmuner Genese. Um die Anzahl falsch positiver Ergebnisse möglichst niedrig zu halten, sollte die Indikation zur Diagnostik nicht zu großzügig gestellt werden. Untersucht werden können die Autoantikörper funktionell als Lupus-Antikoagulanz und immunologisch durch Bestimmung der Antiphospholipid-Antikörper. Die Untersuchung des Lupus Antikoagulanz erfolgt dreischrittig in jeweils zwei unterschiedlichen Testverfahren um die Sensitivität zu erhöhen. Begonnen wird mit einem Screeningtest mit dem Nachweis einer Verlängerung der Gerinnungszeit in einem Phospholipid-abhängigem Testverfahren. Angeschlossen wird ein Plasmatauschversuch zur Bestätigung eines Inhibitors und zum Ausschluss eines Gerinnungsfaktorenmangels. Abgeschlossen wird die Testung mit einem Bestätigungstest um nachzuweisen, dass sich der Inhibitor gegen Phospholipide und nicht gegen einen Gerinnungsfaktor richtet. Die Antiphospholipid-Antikörper werden immunologisch z. B. mit einem ELISA oder EliA bestimmt. Ein häufig verwendetes Panel besteht aus Cardiolipin- und ß 2 -Glycoprotein 2 GPI)-AK der Immunglobulinklassen IgG und IgM. Hierbei scheinen die Antikörper der IgG- Klasse gegenüber der IgM-Klasse eine größere klinische Bedeutung zu haben. Interessanterweise sind auch nicht alle Antiphospholipid-Antikörper mit Thrombosen assoziiert. Entscheidend ist vielmehr das Epitop, welches von den Autoantikörpern gebunden wird. So sind z. B. ß 2 GPI-AK überwiegend gegen die Aminosäuren Gly40-Arg43 in

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Das Antiphospholipid-Syndrom: Herausforderungen in der Autoimmundiagnostik Dr. Thorsten Krieger Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Institut für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, Hamburg

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Das Antiphospholipid-Syndrom (APS) ist eine Autoimmunerkrankung, die durch das

Auftreten arterieller oder venöser Thrombosen charakterisiert ist. Diese können zu

Schwangerschaftskomplikationen bis hin zum Abort führen. Im Serum finden sich

Autoantikörper gegen Phospholipide wie Cardiolipin und ß2-Glycoprotein. Das APS kann als

alleiniges Krankheitsbild oder vergesellschaftet mit dem Systemischem Lupus

erythemathodes (SLE) auftreten. Das APS führt in vivo zu einer Hyperkoagulabilität in vitro

aber paradoxerweise zu einer verlängerten aPTT. Die aPTT Verlängerung führte zu dem

irreführenden Begriff Lupus Antikoagulanz.

Indikationen für eine Untersuchung auf ein APS sind rezidivierende Thrombosen unklarer

Genese, aPTT Verlängerungen unklarer Genese, rezidivierende Aborte unklarer Genese,

Autoimmunerkrankungen, insbesondere der SLE und eine Thrombozytopenie autoimmuner

Genese. Um die Anzahl falsch positiver Ergebnisse möglichst niedrig zu halten, sollte die

Indikation zur Diagnostik nicht zu großzügig gestellt werden.

Untersucht werden können die Autoantikörper funktionell als Lupus-Antikoagulanz und

immunologisch durch Bestimmung der Antiphospholipid-Antikörper.

Die Untersuchung des Lupus Antikoagulanz erfolgt dreischrittig in jeweils zwei

unterschiedlichen Testverfahren um die Sensitivität zu erhöhen. Begonnen wird mit einem

Screeningtest mit dem Nachweis einer Verlängerung der Gerinnungszeit in einem

Phospholipid-abhängigem Testverfahren. Angeschlossen wird ein Plasmatauschversuch zur

Bestätigung eines Inhibitors und zum Ausschluss eines Gerinnungsfaktorenmangels.

Abgeschlossen wird die Testung mit einem Bestätigungstest um nachzuweisen, dass sich

der Inhibitor gegen Phospholipide und nicht gegen einen Gerinnungsfaktor richtet.

Die Antiphospholipid-Antikörper werden immunologisch z. B. mit einem ELISA oder EliA

bestimmt. Ein häufig verwendetes Panel besteht aus Cardiolipin- und ß2-Glycoprotein

(ß2GPI)-AK der Immunglobulinklassen IgG und IgM. Hierbei scheinen die Antikörper der IgG-

Klasse gegenüber der IgM-Klasse eine größere klinische Bedeutung zu haben.

Interessanterweise sind auch nicht alle Antiphospholipid-Antikörper mit Thrombosen

assoziiert. Entscheidend ist vielmehr das Epitop, welches von den Autoantikörpern

gebunden wird. So sind z. B. ß2GPI-AK überwiegend gegen die Aminosäuren Gly40-Arg43 in

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Domäne I gerichtet. ß2GPI ist ein 50 kDa großes Glycoprotein, welches aus einer

Polypeptidkette mit 5 Domänen besteht. Es ist in der Lage anionische Phospholipide zu

binden und ist Kofaktor des Cardiolipins. Erfolgt durch Autoantikörper eine Dimerisierung des

ß2GPI, kann dieses stärker an Zellrezeptoren binden und so zu einer Deregulierung in

Thrombozyten, Monozyten und Gefäßendothelzellen führen, die zur Thrombophilie führen

kann.

Die Diagnostik des APS ist weiterhin eine Herausforderung für das Labor. Der Nachweis von

LA in hoher Konzentration ist hochspezifisch und mit thrombotischen Ereignissen assoziiert.

Ein niedriger konzentriertes LA lässt sich aber häufig nicht mit jedem Testverfahren

nachweisen, so dass zur Steigerung der Sensitivität mehrere Testverfahren angewendet

werden sollten. Ferner haben Antikoagulanzien wie Cumarine einen erheblichen Einfluss auf

die Analytik und sollten im Vorfeld nach Möglichkeit abgesetzt werden. Ringversuche zeigen,

dass die Rate falsch positiver und falsch negativer LA-Resultate bei etwa 20 % liegt, bei

niedriger konzentriertem LA auch noch darüber.

Auch die Diagnostik der Cardiolipin- und ß2-Glycoprotein-AK gestaltet sich in der Praxis nicht

einfach. Die Antigene für die Testkits stellen für die Diagnostikahersteller eine größere

Herausforderung dar als reine Proteinantigene. Außerdem fehlt es weiterhin an geeignetem

Referenzmaterialien zur Testvalidierung. Dies führt dazu, dass die Testkits weiterhin schlecht

standardisiert sind und es zu erheblichen Diskrepanzen in der diagnostischen Sensitivität

und Spezifität kommt.

In einer eigenen Studie mit 162 Frauen mit habituellen Aborten wurden je fünf Testkits

unterschiedlicher Hersteller verglichen. Cardiolipinantikörper fanden sich je nach Hersteller

in 2 bis 6 Patientinnen für den Isotyp IgG und in 2 bis 8 Patienten für den Isotyp IgM. Noch

größer war die Abweichung in der Diagnostik der ß2-Glykoproteinantikörper. Hier lagen die

Testergebnisse zwischen 2 und 37 positiven Ergebnissen für den IgG Isotyp und zwischen 1

und 8 positiver Ergebnissen für den IgM Isotyp (1). Eine zweite Studie mit einem Kollektiv

von 43 gesicherten SLE Patienten zeigten ähnliche Ergebnisse (2). Die Diskrepanz der

Ergebnisse zeigt weiterhin eine unbefriedigende Harmonisierung der Labortests, so dass die

sorgfältige Auswahl der Testkits für das Diagnostiklabor von erheblicher Bedeutung ist. Auch

die Automatisierung der Testabarbeitung führt nicht automatisch zur Optimierung der

Ergebnisse.

(1) Gutensohn K, Vossen D, Strate A, Kersten JF, Hofbauer M, Krieger T. (2013) Automated, semi-automated, and manual analyses of anti-cardiolipin and anti-β2-glycoprotein I antibodies in women with a history of miscarriage. Int J Lab Hematol. 35(2):150-62.

(2) Vossen D, Hofbauer M, Kersten JK, Krieger T, Peine S, Gutensohn K (2013) Comparison of modern analysers for the detection of antiphospholipid antibodies in patients with SLE J Lab Med 2013