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1 D AS AULAGEBÄUDE DER UNIVERSITÄT GÖTTINGEN

Das Aulagebäude der Universität Göttingen€¦ · der die Kithara spielt; er ist umgeben von den neun Musen. An den Stirnseiten sitzen Klio, die Göttin der Geschichtsschreibung,

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DAS AULAGEBÄUDE DERUNIVERSITÄT GÖTTINGEN

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DAS AULAGEBÄUDE UND SEINE ARCHITEKTUR 4

DER WILHELMSPLATZ 6

DENKMAL WILHELMS IV 7

DIE UNIVERSITÄT IM JAHR 1837 8

DER AKADEMIESAAL 9

DIE KÖNIGSWAND IN DER GROSSEN AULA 11

BÜSTEN IM AULAGEBÄUDE 16

DIE NUTZUNG DES AULAGEBÄUDES HEUTE 18

DER AULAGARTEN 20

DER KARZER 21

INHALT

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König Wilhelm IV. schenkte der Universität Göt-tingen anlässlich ihres 100. Geburtstags im Jahr1837 das Aulagebäude. Zu den Feierlichkeitenhielt Prof. Carl Otfried Müller (1797–1840) am17. September 1837 die Festrede (auf Latein). Ersprach von dem Aulagebäude als einer »weit -räumigen und schmuckvollen Festhalle«, die »zurwissenschaftlichen Benutzung verwendet werde«.Der »Glanz des Ortes« schien die »Herzen zu er-heben« und erweckte große Erwartungen in dieweiteren Leistungen dieser Universität.

Schon im Jubiläumsjahr 1837 hat der berühmteGelehrte, der in Göttingen die klassische Archäo-logie begründete, die Leistungen dieser Universi -tät in Beziehung zu den anderen Universitäten desLandes und Europas gesetzt. Die Georgia Augustahatte enge internationale Kontakte und war be-strebt, ein eigenes Profil zu bilden, um exzellenteWissenschaftler und Studenten anzuziehen.Müller war überzeugt, dass Wissenschaft Entfal-tungsmöglichkeiten und Freiräume braucht und

»allzu enge Grenzen den freudigen Eifer und dieFreiheit des Geistes« auslöschen würde, »welchebesonders bei der Erweiterung der Wissenschaftnötig sind«.

In der Aula hat im Jahr 2012 die Festveranstaltungzum 275. Jubiläum der Universität Göttingenstatt gefunden. Und wir sind stolz darauf, dass dieGrund werte der Georgia Augusta bis heute Be-stand haben. Sie finden sich in unserem Leitbildebenso wie in unseren strategischen Zielen fürdie Zukunft der Universität. In dieser Broschüreerhalten Sie viele Informationen und Abbildungenzu dem Gebäude, den Gemälden und Büsten, diees beherbergt – ich wünsche Ihnen eine interes -san te Lektüre.

Professor Dr. Ulrike BeisiegelPräsidentin der Georg-August-Universität Göttingen

WILLKOMMEN

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DAS AULAGEBÄUDE ...

1837, anlässlich der Hundert jahrfeier der GeorgiaAugusta, wurde das neu errichtete Aula ge bäudeeingeweiht. König Wil helm IV. von Großbri -tannien und Hannover hatte das Gebäude ge-stiftet und damit dem dringenden Bedarf derUniversität nach einem Re prä sen ta tionsbau fürfeierliche Anlässe entsprochen.

Das Aulagebäude, das von Uni versitätsbau -meister Otto Praël entworfen wurde, ist einGesamt kunstwerk auf klassizistischer Basis mitEinflüssen weiterer Epochen. Sein Grundrissent spricht einem umgekehrten T. Ausgehendvom Vestibül, dem Ein gangs bereich, erschließtein Mittel korridor die gesamte Tiefe des Hauses.Zwei Sei ten treppen führen vom relativ dunklenVesti bül aus ins Hauptgeschoss, wo sie in einedorische Säulenhalle münden. An diese schließtsich die so genannte Kleine Aula an, die heuteals Sitzungssaal genutzt wird. Dahinter liegt –von zwei breiten Seiten fens ter flügeln hell aus-geleuchtet – die Große Aula als Zen trum undlichtdurchflu te ter architektonischer Mittelpunktdes Hauses. Die Große Aula erstreckt sich überzwei Stockwerke und ist durch übereinanderliegende Säulen ord nungen in Haupt- undSeitenschiffe sowie Emporen untergliedert.

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... UND SEINE ARCHITEKTUR

DAS GIEBELRELIEF

Das Relief im Giebelfeld an der Stirnseite desAula gebäu des wurde von dem Bildhauer Ernstvon Bandel gestaltet. Im Zentrum des Friesesschwebt der geflügelte Genius der Wissenschaft.Die vier Figuren zu beiden Seiten symbolisierendie Fakultäten der Universität: links außen dieMedizin mit Schale, Schlange und der Fackeldes Lebens; daneben die Theologie mit Kreuz,Kelch und den Gebotetafeln; rechts vom Geniusdie Jurisprudenz mit Waage, Gesetzbuch undRicht schwert; rechts außen auf die Weltkugelgestützt die Phi lo so phie mit einer Leier in derHand. Eine Sphinx mit Totenschädel, Sinnbildfür die Rätsel der Natur, sowie ein Greif, Symbolder Phantasie, schließen die Darstellung nachaußen hin ab.

Unter dem Giebelrelief befindet sich – in latei-nischer Sprache – die Widmung des Gründers:»GUILIELMUS.IV.REX.ACADEMIÆ.SUÆ.GEORGIÆ.AUGUSTÆ.ET.BONIS.ARTIBUS.MDCCCXXXVII« (»König Wilhelm IV. seiner Georg-August-Aka de mie und den nützlichen Künstenim Jahr 1837«.)

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DER WILHELMSPLATZ

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Die Errichtung des Aulagebäudes bildete denAbschluss der architek tonischen Gestaltung des»Neu en Marktes«. Dieser re prä sentative Platzwar in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts aufdem Areal eines ehemaligen Franziskaner klos tersentstanden und hatte das mittelalterlich geprägteStadtbild Göttingens erheblich verändert. In un-mittelbarer Nachbarschaft, dem Aula gebäudegegenüber liegend, befanden sich der klassizis-tische Neubau der Justizkanzlei, das städtischeGymnasium sowie ein zweiflügliges Gebäudemit Res tau ra tion und einem Ball- und Con cert -saal, in den 1834 das erste Göttin ger Theatereinzog. Die ser gesamte Gebäudekomplex wirdheute eben falls von der Uni ver sität genutzt.

Zu den Jubiläumsfeierlichkeiten schenkte dieStadt Göttingen der Uni versität ein StandbildWil helms IV. Das Denkmal wurde, wie das Gie -bel relief, von Ernst von Bandel ge staltet, derauch der Schöpfer des Hermannsdenkmals imTeu to bur ger Wald ist. Es war ur sprüng lich um90 Grad gedreht der Stadt zugewandt auf demNeu en Markt aufgestellt und gab dem Platz sei-nen heutigen Na men. Wilhelm IV., dargestelltals se gens reicher Regent und Frie dens brin ger,trägt den Königs man tel. Die Gebärde seinerrechten Hand ist der des Marc-Aurel-Stand bildsin Rom nachempfunden.

DENKMAL WILHELMS IV

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DIE UNIVERSITÄT IM JAHR 1837

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Die Festrede zur feierlichen Einweihung desneuen Aulagebäudes aus Anlass des hundert-jährigen Jubiläums der Georgia Augusta im Jahr1837 hielt Carl Otfried Müller, Professor fürKlassische Philologie und Alter tums kunde. DerGelehrte, der durch seine deutliche Ein fluss nah -me auf die Aula-Architektur und die Innen aus -stattung auch als Spiritus Rector des Ge bäudesgilt, schildert in seiner auf Latein gehaltenenRede die bisherige Entwicklung der Universität.Die historische For schung und ihre empiri-schen Metho den werden darin besonders be-tont. Müller legt dieses Bekenntnis für einenwissenschaftlichen His to ris mus in Anwesenheitdes Mediziners und Natur forschers JohannFriedrich Blu men bach, des Mathematikers undPhysikers Carl Fried rich Gauß sowie des Natur-forschers Alexander von Humboldt als Ehren -gast ab. Im Sinne der historischen Ausrichtungforschten an der Georgia Augusta im Jahr 1837alle 46 Professoren, wobei die Fachgrenzenzwischen den Natur- und Geisteswissenschaftennoch nicht im heutigen Sinne ausgeprägt waren.

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Auch die Akademie der Wissenschaften, seitihrer Gründung im Jahr 1751 der Universitäteng verbunden, erhielt im Aula gebäu de einenrepräsentativen Raum, der noch heute für Sitzun -gen genutzt wird: den Akademie saal im linkenSeitenflügel des Haupt geschosses.

Mit der Wanddekoration sollte die Atmosphäreeines Innenraumes aus der Zeit des klassischenGriechen lands geschaffen werden. Die Felder-aufteilung ist der antiken Wanddekoration vonPompeji und Hercula neum nachempfunden,die Farben und Ornamente der griechischenKeramik entnommen.

In der Mitte des Saales ist Apollon zu sehen,der die Kithara spielt; er ist umgeben von denneun Musen. An den Stirn seiten sitzen Klio, dieGöttin der Geschichts schrei bung, und Urania,die Göttin der Astronomie und der Mathematik.Im zentralen Deckenmedaillon sind die beidenGründerheroen der griechischen Geschichts-schreibung, Herodot und Thukydi des, abgebildet.Mit ihrer Dar stellung an prominenter Stelle wiesdie Universität auf die führende Rolle historisch-empirischer Methoden (Historismus) hin, die inder zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts maß-geblich in Göttingen entwickelt worden waren.Der Historismus manifestierte einen Objektivi -täts anspruch, durch den – wie man zur damaligenZeit meinte – die Geistes- und Naturwissen- schaften miteinander vereint werden könnten.

DER AKADEMIESAAL

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DIE KÖNIGSWAND ...

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Der Blickfang der Großen Aula ist die Königs-wand. Hier befinden sich die Gemälde undBüsten der jeweiligen Landesherren von derGründung der Georgia Augusta bis zum Jahr1888. Alle Landesherren trugen den Titel»Rector magni ficentissimus«, bis Wilhelm I. mitdieser Tradition brach. Zu welchem Zeitpunktdie Ein rich tung und Ausstattung einer Königs-wand geplant wurde, ist nicht bekannt. Anstoßscheint der Wunsch gewesen zu sein, ein Bild-nis Wilhelms IV., des regierenden Königs undStifters des Aula-Gebäudes, anzubringen. Er-weiterungen und Umplatzierungen folgten inden Jahren 1851 und 1881. Die jetzige Hän-gung der Gemälde und Aufstellung der Büstenstammt aus dem Jahr 1987, dem 250. Jahrestagder Gründung der Universität.

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... IN DER GROSSEN AULA

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Georg II. August (Regentschaft 1727 bis 1760)

Georg II. August *10.11.1683, †25.10.1760.Von 1727 bis 1760 König von Großbritannienund Irland und Kurfürst von Hannover, wie esder seit 1714 bestehenden Personalunion desKönighauses Hannover mit Großbritannien ent-sprach. Er stiftete 1734 (Gründung 1737) dieUniversität Göttingen und ließ 1753 das Briti-sche Museum erbauen.

Gottfried Boy schuf 1741 das Gemälde, dasden König in einem Her melin man tel zeigt.

Georg III. (Regentschaft 1760 bis 1820)

Georg III. (Büste) *4.6.1738, †29.1.1820.Von 1760 bis 1820 König von Großbritannienund Irland, 1760 bis 1814 Kurfürst und an-schließend König von Hannover. Er beendeteden Siebenjährigen Krieg 1763 durch einenSonderfrieden ohne Preußen (Pariser Frieden).Im Innern suchte er die Herrschaft des briti-schen Parlaments zurückzudrängen. Durchseine Haltung bewirkte er den Abfall der nord-amerikanischen Kolonien.

Die Marmorbüste von John Bacon von 1775gelangte ein Jahr später als Geschenk von Kö-nigin Sophie Charlotte an die Universität.

DIE KÖNIGSWAND ...

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Georg IV. (Regentschaft 1820 bis 1830)

Georg IV. *12.8.1762, †25.6.1830. Von 1820 bis 1830 König von Großbritannienund Irland und König von Hannover. Georg IV.stand als Lebemann im Mittelpunkt vieler Skan-dale und führte einen erfolglosen Scheidungs-prozess (1820) gegen seine zweite Gattin, diebraunschweigische Prinzessin Karoline. Für sei-nen Vater Georg III. übernahm er 1811 die Re-gentschaft, als dieser erkrankte. 1819 gab erHannover eine Verfassung.

Originalgemälde von Sir Thomas Laurence.

Wilhelm IV. (Regentschaft 1830 bis 1837)

Wilhelm IV. *21.8.1765, †20.6.1837.Von 1830 bis 1837 König von Großbritannienund Irland und König von Hannover. WilhelmIV. folgte seinem Bruder Georg IV. Mit seinemTod endete die Personal union zwischen Groß-britannien und Hannover. Für das KönigreichHannover erließ er das Staatsgrundgesetz, dessenAufhebung durch seinen Bruder und NachfolgerErnst August den Protest der »Göttinger Sieben«hervorrief. Wilhelm IV. ist der Stifter des Aula-gebäudes aus Anlass des 100jährigen Bestehensder Georgia Augusta.Carl Wilhelm Friedrich Oesterley konzipiertedieses Gemälde als Gegenstück zum BildGeorgs II. August, des Universitätsgründers.

IN THE GREAT HALL... IN DER GROSSEN AULA

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Ernst August (Regentschaft 1837 bis 1851)

Ernst August *5.6.1771, †18.11.1851.Herzog von Cumberland (seit 1799) und Königvon Hannover von 1837 bis 1851. Student inGöttingen von 1786 bis 1791. Der Sohn KönigGeorgs III. war der erste Herrscher nach dem Endeder welfischen Personalunion Großbritannien-Hannover. Als diese 1837 endete, wurde KöniginVictoria Königin von England und Ernst AugustRegent in Hannover. Gegen den Protest derGöttinger Sieben hob er das Staatsgrundgesetzvon 1833 auf.

Das Göttinger Bildnis von Carl Wilhelm FriedrichOesterley entstand 1851.

Georg V (Regentschaft 1851 bis 1866)

Georg V. (Büste) *27.5.1819, †12.6.1878.Letzter König von Hannover von 1851 bis 1866.Der Sohn von König Ernst August erblindete 1833.Der Monarch regierte im Sinn der Reaktion. ImDeutschen Krieg von 1866 kämpfte er mit Öster -reich gegen Preußen, dessen Sieg zur von ihmnie anerkannten Annexion Hannovers und zurBeschlagnahmung seines Privatvermögens führte.

Die Marmorbüste ist eine exakte Kopie einerBüste der Bildhauerin Elisabeth Ney von 1860.Prinz Ernst August von Hannover schenkte sie1979 der Universität. Das Original, ein Ge-schenk von Georg V., befindet sich in der Uni-versitäts-Kunstsammlung.

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DIE KÖNIGSWAND ...

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Wilhelm I. (Regentschaft 1861 bis 1888)

Wilhelm I. von Preußen *22.3.1797, †9.3.1888.Deutscher Kaiser von 1871 bis 1888, Königvon Preußen von 1861 bis 1888, Neffe desHannoverschen Königs Ernst August. Als Prinzsprach er sich 1848 für die Nieder werfung derMärzrevolution aus und schlug 1849 die Auf-stände in der Pfalz und Baden nieder. Als Re-gent schlug er eine gemäßigte liberale Politikein. Nach der Berufung Otto von Bismarckszum preußischen Ministerpräsidenten (1862)trat Wilhelm zumeist hinter die Politik seinesKanzlers zurück. 1867 übernahm er das Präsidiumdes Nord deut schen Bundes; am 18. Januar 1871wurde er in Versailles zum Deutschen Kaiserausgerufen.

Das Gemälde von Adolf Jebens wurde nacheiner Vorlage von Paul Bülow geschaffen. Auf-fällig sind die zahlreichen Orden, so derSchwar ze Adlerorden, das Eiserne Kreuz in ver -schiedenen Varianten sowie der blaue »Pour lemérite«.

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... IN DER GROSSEN AULA

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In den 1920er Jahren begann man damit, Büstenbedeutender Professoren der Georgia Augustaan prominenter Stelle im Aula gebäude aufzu-stellen. Die gegenwärtige Auswahl und Auf stel -lung im Vestibül und im Mittel korridor, imTreppenhaus sowie in der Kleinen Aula wurdeim Jubiläumsjahr 1987 vorgenommen und ver-sammelt Büsten aus der Zeit von etwa 1800 biszum Jahr 1928. Der Name des Geehrten isthäufig bereits vom Bildhauer in den Sockel ein-graviert worden. Ergänzend finden sich jeweilsauf einer kleinen Tafel die volle Namensangabemit den Lebensdaten und eine Kurzinformation.Aus der Vielzahl der vorhandenen Bildnissekönnen hier nur einige erwähnt werden.

Auf der linken Seite des Vestibüls steht die Büstevon Carl Otfried Müller (1797-1840), Pro fessorfür Klassische Philologie und Altertumskunde.Müller war maßgeblich an der Planung des Aula - ge bäu des beteiligt – insbesondere an den Ent -würfen für das Giebelrelief und den Akademiesaal.In der Kleinen Aula finden sich neben anderenauf der linken Seite die Büsten von ChristianGottlob Heyne (1729-1812), Professor für Klas-sische Philologie und Be grün der der modernenuniversellen Altertums wissen schaft sowie lang-jähriger Leiter der Universitäts biblio thek, undvon Johann Beckmann (1739-1811), Professorfür Ökonomie und Begründer der wissenschaft-lichen Technologie als Hochschulfach. Auf derrechten Seite stehen unter anderem die Büsten

BÜSTEN ...

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von Albrecht von Haller (1708-1777), Professorfür Anatomie, Chirurgie und Bo ta nik und zu-gleich berühmter Dichter der Aufklärung, sowievon David Hilbert (1862-1943), einem der be-rühmtesten Ma the matiker seiner Zeit.

Zwischen den Durchgangstüren zur Großen Aulawurde die Büste von Jacob Grimm (1785-1863)aufgestellt, Professor für deutsche Altertumswis -sen schaften und Bibliothekar, der ge mein sam mitseinem Bruder Wilhelm die Germanistik alsHoch schulfach begründet hat, sowie die Büste vonCarl Fried rich Gauß (1777-1855), welt be rühm terMathematiker und Astronom und zu gleich lang-jähriger Direktor der Göttinger Sternwarte.

Eine Gedenktafel an der rechten Seite des Durch -ganges erinnert an die »Göt tin ger Sie-

ben«. Die sieben Pro fes soren Jakobund Wilhelm Grimm, FriedrichChristoph Dahlmann, Georg Gott friedGerwinus, Heinrich Ewald, WilhelmAlbrecht und Wil helm Eduard Weberhatten sich ihrem Landesherrn,König Ernst August von Hannover,

widersetzt und wurden daraufhin ent-lassen. Der Monarch hatte die neue,

vergleichsweise liberaleVer fass ung, die 1833 alsStaats grundgesetz vonWilhelm IV., seinemBruder und Vor gän ger,

in Kraft gesetzt worden war, eigenmächtig auf-gehoben. Durch die Protest aktion, die großeZustimmung in der Bevöl ke rung fand, rücktendie Hochschullehrer als bürgerlich-liberaleKraft in das Licht der Öffentlichkeit.

Eine entsprechende Gedenktafel auf der linkenSeite der Kleinen Aula führt die Namen der»zwischen 1933 und 1945 entlassenen undvertriebenen Professoren und Do zen ten derUniversität Göttingen« auf. Über 50 Dozentenund Pro fes so ren mussten die Universität auf-grund der rassistischen »Säuberungs maß nah men«des Nazi-Re gi mes damals verlassen, darunterso herausragende Natur wis sen schaftler wieMax Born, James Franck, Richard Courant undEmmy Noether. Schwer lastete der akademi-sche Exodus auf der Univer-sität, die vor allem ihrenRuf als Metropole derMathe matik und Physikdauerhaft verlor –noch schwerer aberwog der Verlustder moralischenIntegrität derGeorgia Augusta,die sich allzu wil-lig dem national-sozialistischenRegime ge-beugt hatte.

... IM AULAGEBÄUDE

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DIE NUTZUNG DES AULAGEBÄUDES ...

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Heute bietet die Große Aula den repräsenta tivenRahmen für ver schiedenste Anlässe: In diesemtraditionsreichen Festsaal werden zum Semester -ende in einer Feierstunde frisch Promovierte ver -abschiedet. Hier halten neu be rufene Pro fes so- rinnen und Pro fes so ren ihre An tritts vorlesungen,und hier referieren namhafte Wis sen schaft lerunter schiedlichster Diszipli nen im Rahmen deröffentlichen Ringvorlesung von Universität undAka de mie der Wissenschaften. Nicht zuletzt istdie Aula eine aller erste Adresse für festlicheKon zerte und Auf füh run gen.

Das Aulagebäude dient aber nicht nur Repräsen -tations- und Veranstaltungszwecken, sondernist auch Sitz der Hoch schul leitung und von Ein - rich tun gen der Universitäts verwal tung. Nebenden Arbeits räu men der Universitätspräsidentinund ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter be-finden sich die Büros der Vize prä si den ten undihrer Referentinnen und Referenten in der Aula.Außer dem sind die Stabsstelle Presse, Kommu ni -kation und Marketing und und die StabsstelleControlling hier unter ge bracht. Im Akademie-saal tagt die Akademie der Wissenschaften zuGöttingen. In der Aula finden regelmäßig dieSitzungen von Senat und Stiftungsrat der Uni-versität statt.

... HEUTE

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Der Aulagarten mit seinerhistorischen Blumenanlageliegt hinter dem rechtenSeitenflügel des Aulage -bäu des und wird zur Burg -straße hin durch einenschmiedeeisernen Zaunbegrenzt. Die Neuanlage,die im Jahr 2002 einge-weiht wurde, nimmt Ge-staltungselemente auf, dieden Garten bereits im 19.Jahrhundert geprägt haben.Da keine Kenntnisse überdie frühere Bepflanzungvorlagen, wählte man fürdie möglichst stilgerechteNeu ge stal tung Pflan zen aus, die schon im frü-hen 19. Jahrhundert in den Gärten Mitteleuro-pas kultiviert wurden. Die Rabatte entlang derAulawand ist Standort für etwa vierzig mehr-jährige Arten, die vom Frühjahr bis zum Herbstfür eine ständig wechselnde Blütenfülle sorgen.

Nur wenige Pflanzen in diesem Garten stam-men aus der heimischen Flora. Besonders zahl-reich sind dagegen Arten aus Nordamerikavertreten wie etwa Sonnenbraut, Neuengland-Aster, Flammenblume oder Goldraute.

DER AULAGARTEN

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Die Universität besaß die alleinige Gerichtsbar-keit »in Civilibus et Criminalibus« über ihreStudenten und benötigte daher auch ein Ge-fängnis, den Karzer, für den Vollzug der ver-hängten Stra fen. Zu den häufigsten studen-tischen Vergehen, die eine Karzer strafe zur Folgehatten, gehörten Glücksspiele und Duelle, Be -lei digungen und öffentliche Trunkenheit, aberauch studentischer »Unfug aller Art« wie nächt-liches Lärmen, zu schnelles Reiten in der Stadt,Baden in der Leine außerhalb der Bade an stal -ten oder das Auslöschen von Straßenlaternen.Dabei wurden leichte Missetaten mit eintägigerKarzer strafe belegt, schwer wiegende Deliktemit bis zu zwei Wochen Haft.

Mit der Einrichtung von zwölf Karzerräumenim neuen Aula ge bäu de konnte 1837 das alteUniversitätsgefängnis im Kollegien haus nörd-lich der Paulinerkirche aufgegeben werden.Hier hatte Otto von Bismarck seine legendärenKarzeraufenthalte absolviert. Der Karzer im Aula -gebäude erfüllte – ab 1900 auf vier Räume ver-ringert – seine Funktion bis 1933. Jeder Raumwar ausgestattet mit einem Bett (Matratze undBettzeug brachten die Insassen mit), Tisch undStuhl, einer Bank, einem Wasch ge schirr ausBlech, einem Holzkasten mit Aborteimer undeinem eisernen Ofen.

Allerdings hatte die Karzerstrafe im Verlauf des19. Jahrhunderts ihre abschreckende Wirkungweitgehend verloren. »Vom Türen schließen istkeine Rede«, schrieb ein Insasse 1888. Be suchs - recht, Be die nung durch den Pedell (Hausmeister)sowie Speisen und Ge tränke aus der Stadtmachten den Aufenthalt erträglich. Und schließ -lich wurde es sogar zur studentischen »Ehren - sache«, ein mal im Karzer gesessen zu haben.

Viele Karzerinsassen nutzten die Gelegenheitund verewigten sich mit Silhouetten undNamens kür zeln, Inschriften aus Lam pen rußoder Schnitzereien an Wänden und Decken, inTischen und Bo den dielen. Ein beliebtes Themader Darstellungen und Gedichte war die Sehn-sucht nach den An nehmlichkeiten des Lebensaußer halb des Karzers. Aber auch der Grundder Haft wurde häufig dargestellt. So lautet dasGedicht eines Studenten, der wegen Lampen-austretens einsaß:

Als ich sie zuerst gesehenDacht ich nur das eine:Himmel, brennt die Lampe schön!Diese oder keine!

Nachdem der Karzer aufgegeben worden war,wurden die Räu me lange als Archiv und Lagergenutzt. Heute können die acht Kar zer zimmer,eingerichtet mit den Original möbeln, im Rah-men von Stadtführungen besichtigt werden.

DER KARZER

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Arndt, Karl (ed.):Katalog der Bildnisse im Besitz derGeorg-August-Universität Göttingen.Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 1994

Bergmann, Marianne; Freigang, Christian (text);Eckardt, Stephan:Das Aula-Gebäude der Göttinger Universität.Athen im Königreich Hannover. München,Berlin: Deutscher Kunstverlag, 2006

Hoffmann, Dietrich andMaack-Rheinländer, Kathrin (ed.):»Ganz für das Studium angelegt«: Die Museen,Sammlungen und Gärten der UniversitätGöttingen. Göttingen: Wallstein, 2001

Nissen, Walter; Prauss, Christinaund Schütz, Siegfried:Göttinger Gedenktafeln. Ein biografischer Weg-weiser. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht, 2002

Oberdiek, Alfred:Göttinger Universitätsbauten. Die Bau -geschichte der Georg-August-Universität.Göttingen: Verlag Göttinger Tageblatt, 1989

Willerding, Ulrich:Historische Blumenpracht. Der Aulagartender Universität. Göttingen: 2002

WEITERFÜHRENDE LITERATUR

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Die Präsidentin derGeorg-August-Universität

Presse,Kommunikation und Marketing

Akademische Beratung:Prof. Dr. Karl Arndt,

Prof. Dr. Marianne Bergmann

Fotos:Marc Oliver Schulz,Christina Hinzmann,Frank Stefan Kimmel,

Stephan Eckardt

Gestaltung:Rothe Grafik

2013

EDITORIAL

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