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Das Darm-Mikrobiom Priv.-Doz. Dr. med. Miriam Stengel

Das Darm-Mikrobiom · Laktulose/Mannitol-Test (indirekter Test, fraktionierte Urinausscheidung oral aufgenommener Disaccharide) Konfokale Endomikroskopie ... • Nicht sinnvoll zum

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  • Das Darm-Mikrobiom

    Priv.-Doz. Dr. med. Miriam Stengel

  • Interessenkonflikte

    Vortrags-/Beraterhonorare: Dr. Schwabe GmbH, Heel Deutschland, Yakult

    Reisekostenübernahme: Dr. Schwabe GmbH

    Aktienbesitz: Keine

    Studienteilnahme / Forschungsprojekte: Keine

  • Das Dickdarm-MikrobiomLernziele

    Nach dem Durcharbeiten der eCME sollten Sie wissen:

    Welche Körpernischen Mikrobiota bewohnen

    Wie Mikrobiota zusammengesetzt sind

    Welche Funktionen Mikrobiota erfüllen

    Welche Erkrankungen der Mikrobiota es gibt

    Wie Mikrobiota beeinflusst werden können

    Wie sich Probiotika / Antibiotika / Stuhltransfer auswirken

    Welchen Einfluss Phytotherapeutika auf Mikrobiota haben

  • Körpernischen der Mikrobiota beim MenschenEinflüsse, typische Spezies und ihre Aufgaben

    Darm Haut

    Propionibacterium

    Staphylococcus

    Corynebacterium

    Vitamin-D-Biosynthese

    Vagina

    Lactobacillus

    Gardnerella

    pH-Regulation

    Mund

    Streptococcus

    Spaltung von Kohlenhydraten

    pH-Regulation

    Ähnlich divers

    Trocken vs. fettigEthnizität

    Schwangerschaft

    Lunge

    Mutter-milch

    Plazenta

    Geringe Dichte

    Schwer zu kultivieren

    Beeinflusst

    durch: Zahnstatus

    Hygiene

    Vorherrschend:

    Funktion:

  • Körpernischen der Mikrobiota beim MenschenEinflüsse, typische Spezies und ihre Aufgaben

    Darm Haut

    Propionibacterium

    Staphylococcus

    Corynebacterium

    Vitamin-D-Biosynthese

    Vagina

    Lactobacillus

    Gardnerella

    pH-Regulation

    Mund

    Streptococcus

    Spaltung von Kohlenhydraten

    pH-Regulation

    Ähnlich divers

    Trocken vs. fettigEthnizität

    Schwangerschaft

    Lunge

    Mutter-milch

    Plazenta

    Geringe Dichte

    Schwer zu kultivieren

    Beeinflusst

    durch: Zahnstatus

    Hygiene

    Fokusthema dieser Fortbildung ist das intestinale Mikrobiom

    Vorherrschend:

    Funktion:

    Lloyd-Price Jason 2016; Costea 2018 Jan;3(1):8-16

  • Das gastrointestinale MikrobiomVerteilung im Magen-Darm-Trakt

    Balfour Sartor R Am J Gastroenterol Suppl 2012; Thursby E Biochemical Journal 2017

  • Das Dünndarm-MikrobiomAusflug: Dünndarmfehlbesiedlung - SIBO

    Dünndarmfehlbesiedlung =

    small intestinal bacterial overgrowth = SIBO =

    bakterielle Falschbesiedlung des Dünndarms mit mehr als 105 Keimen pro ml

    IntestinaleBlähungen

    Abdominelle Schmerzen

    Diarrhö

    Aufstoßen

    Übelkeit

    GERD-Symptome

    Fettstühle

    ExtraintestinaleFatigue

    Cephalgien

    Gelenkbeschwerden

    Osteoporose

    Nephrolithiasis

    Gewichtsverlust

    Hautveränderungen (Ekzem)

    Vitaminmangel

    Symptome sind vielfältig

    Goshual et al. Gut Liver 2017;11:196-208; Wilhelmi et al. Schweiz Med Forum 2018;18:191-200

  • Das Dünndarm-MikrobiomAusflug: Dünndarmfehlbesiedlung - SIBO

    Grace et. al. Aliment Pharmacol Ther 2013; 38: 674–688; Simren et al. Gut 2013,62:159–176; Goshual et al. Gut Liver 2017;11:196-208

    Risikofaktoren

    IntrinsischWeibliches Geschlecht

    Höheres Alter

    Verminderte Magensäureproduktion

    Veränderte GI-Motilität

    Verminderte Mukusproduktion

    VorerkrankungAdipositas

    Diabetes mellitus

    Bindegewebserkrankung

    Reizdarmsyndrom

    Leberzirrhose

    Gastrointestinale Voroperationen

    ExtrinischErnährung

    MedikationPPI, H2-Blocker

    Antibiotika

    Prokinetika

    Laxantien

    NSAID

    Opioide

  • SIBO - Diagnostik

    Gasbarrini a et al. Aliment Pharmacol Ther 2009; 29(Suppl 1); Gasbarrini a et al. Dig Dis 2007; 25; Romagnuolo J et al. Am J Gastroenterol 2002; 97.

    Häufig und lange unerkannt!

    Jejunale Aspiration mittels Endoskopie

    Atemteste Glukose/Laktulose

    Goldstandard • Invasiv, ÖGD

    • Hohe Kosten

    • Transport und Kultur

    • Kontamination

    • Analyse der Anaerobier

    • Reproduzierbarkeit ungewiss

    • Nicht-invasiv

    • Einfache Durchführung

    • kostengünstig

    • Keine Standardisierung

  • SIBO - Therapieprinzipien

    Ernährung

    Low-FODMAP

    Darmselektive

    Antibiotika

    Probiotika

    Therapie der Grunderkrankung

    Phytotherapie

    Medikation

    prüfen

  • Die Dickdarm-MikrobiotaSystematik

  • Das Dickdarm-MikrobiomZusammensetzung

    Vorherrschende Zusammensetzung des Darmmikrobioms =

    Enterotyp

    4 verschiedene Enterotypen zusammengesetzt aus 4, 3, 2 Typen

    oder Mischung aus Prevotella, Firmicutes oder Bacteroidetes

    Zusammensetzung ändert sich im Laufe des Lebens:

    – Starke Änderungen im Kleinkindalter

    – Stabilisierung im Erwachsenenalter

    – Zerfall im hohen Alter

    Lloyd-Price Jason 2016; Costea 2018 Jan;3(1):8-16; Yatsunenko T, et al. Nature. 2012; 486:222–7; Jeffery IB, Nat Rev Microbiol. 2012; 10:591–592. [PubMed: 23066529]

  • Die Dickdarm-MikrobiotaÜber die Lebensspanne

    https://www.gutmicrobiotaforhealth.com/about-gut-microbiota-info/

  • Das Dickdarm-MikrobiomZusammensetzung

    Ca. 160 Species / Person

    > 1000 bakterielle Species im Darm isoliert:

    Diversität beeinflusst durch:

    – Geographische Herkunft

    – Ernährung

    – Geburtsmodus

    – Muttermilch

    – Genetik

    – Bacteroidaceae

    – Clostridiaceae

    – Prevotellaceae

    – Ruminococcaceae

    – Bifidobacteriaceae

    – Lactobacellaceae

    – Enterobacteriaceae

    – Saccharomycetaceae

    – Methanobacteriaceae

    Lloyd-Price Jason 2016; Costea 2018 Jan;3(1):8-16; Yatsunenko T, et al. Nature. 2012; 486:222–7; Jeffery IB, Nat Rev Microbiol. 2012; 10:591–592. [PubMed: 23066529]

  • Das Dickdarm-MikrobiomFunktion

    Lloyd-Price Jason 2016; Costea 2018 Jan;3(1):8-16; Yatsunenko T, et al. Nature. 2012; 486:222–7; Jeffery IB, Nat Rev Microbiol. 2012; 10:591–592. [PubMed: 23066529]

    – Glycosaminoglycandegradation

    – Unterstützung und Training des Immunsystems

    – Wachstumshemmung von Krankheitserregern

    – Darmmotilität

    – Produktion von Vitaminen und Nährstoffen

    – Produktion kurzkettiger Fettsäuren durch Fermentation von

    Kohlenhydraten

  • Das Dickdarm-Mikrobiom

    Dalile B Nat Rev Gastro Hepat 2019 Aug;16(8):461-478

    Ausflug: Bedeutung der Short Chain Fatty Acids

    SCFA (kurzkettige Fettsäuren)

  • Das Dickdarm-MikrobiomAusflug: Bedeutung der Short Chain Fatty Acids

    SCFA (kurzkettige Fettsäuren)

    Keimfreie Mäuse oder Zerstörung des Mikrobioms durch Antibiotika

    führt zu:

    Neubesiedlung des Darms von keimfreien Tieren produziert SCFA und

    verbessert Mikroglia-Funktionen

    Mikroglia benötigen gesundes und diverses Darmmikrobiom

    mit SCFA, um zu reifen Stress, Mikrobiom und RDS│ │

    Veränderungen der Mikroglia

    Gestörtem zellulären Netzwerk

    Abgeschwächter Immunantwort

    Mikroglia = Immunzellen des Gehirns

    Erny D Nat Neuroscience 2015

  • Das Dickdarm-MikrobiomAusflug: Intestinale Permeabilität

    Barrierefunktion des Darms wird aufrechterhalten durch

    • Schleim (Mukus)

    • Epithelzellen mit tight junctions (sog. Zonula occludentes)

    • Immunfaktoren

    Störung der Barrierefunktion im Bereich des Darmepithels:

    • Stress

    • Krankheit

    • circadianer Rhythmus

    • Medikamente

    • Gallensäuren

    • Ernährung

    Leaky Gut = Erhöhte Durchlässigkeit (Permeabilität) der Darmwand

    gegenüber Bakterien und –produkten oder Toxinen│

    Camilleri M, Gut 2019 Aug;68(8):1516-1526.

  • Das Dickdarm-MikrobiomAusflug: Intestinale Permeabilität

    • Leaky Gut = Konzept aus der Naturheilkunde

    • Entzündliche oder ulzerierende Darmerkrankungen (CED, Zöliakie)

    zeigen erhöhte Darmdurchlässigkeit, können aber durch Wieder-

    herstellung der Darmbarriere nicht geheilt werden

    • Es gibt bisher keine ubiquitär anwendbaren Tests, die ein Leaky Gut

    Syndrom nachweisen

    Experimentell: Zonulin (Protein der tight junctions) im Serum

    Laktulose/Mannitol-Test (indirekter Test, fraktionierte

    Urinausscheidung oral aufgenommener Disaccharide)

    Konfokale Endomikroskopie

    Problem: Validierung, Standardisierung, Reproduzierbarkeit,

    Normwerte?

    Camilleri M, Gut 2019 Aug;68(8):1516-1526; Fritscher-Ravens A Gastroenterology 2014;147:1012–20.

  • Das Dickdarm-MikrobiomStuhltests – Sinn oder Unsinn?

    • Sinnvoll zum Nachweis von Clostridientoxinen, Würmern, Parasiten

    • Nicht sinnvoll zum Nachweis einer Dysbiose

    „Aus bakteriellen Verschiebungen, die sich in Stuhltests möglicherweise zeigen, lässt

    sich kein krankhafter Zustand oder ein Zusammenhang mit einer chronischen

    Erkrankung herleiten. Dennoch werden die Ergebnisse von Stuhltests oft dazu

    genutzt, Ernährungs- oder Lifestyle-Empfehlungen abzuleiten. Diese können mitunter

    zu einer Mangelernährung führen.“

    Fazit: Kommerzielle Stuhltests sind nicht diagnostisch und lassen

    keine Therapieempfehlungen zu.

    Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS): Teuer und sinnlos: DGVS rät von Stuhltests

    zur Analyse des Darm-Mikrobioms ab, https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2018/09/PM_2018_09_Stuhltests-Mikrobiom.pdf

  • Das Dickdarm-MikrobiomBakterien und Ihre Funktion

    Bakterien Funktion Auswirkung/Symptom

    Dorea spp. (↑) Hauptgasbildner im

    GIT

    Flatulenz, Meteorismus

    Schnellerer Colontransit

    Methanogene Archaea (↓

    in D-RDS; ↑ in O-RDS)

    Gasreduktoren Slow transit Obstipation

    Roseburia, Blautia,

    Veillonella (↑)

    SCFA-Produzenten Low-grade Entzündung

    Bifidobakterien (↓) Produzieren

    Serinprotease-

    Inhibitoren

    Erhöhte Proteasefunktion im Darm

    produziert mehr toxische Metabolite

    Clostridiales (↓) 5HT-Synthese Dysregulation der GI-Motilität

    Enck P Nat Rev Dis Prim 2016

  • Das Dickdarm-MikrobiomEinfluss von Medikamenten

    Medikament Auswirkung Symptom

    PPI Clostridiale (↓) Actinomycetales(↑)Micrococcaceae (↑)Streptococcacea (↑)Enterococcaceae (↑)

    Dysbiose

    C. diff. Infektion

    NSAR, Metformin,

    Opioide,

    Psychopharmaka

    Enterococcaceae (↑)Gammaproteobacteriae (↑)(Enterobacter, Escherichia, Klebsiella, Citrobacter)

    Pathogene nachgewiesen bei

    Sepsis-Patienten

    Psychopharmaka Bacteroidetes (↓)Firmicutes (↑)

    Steigerung BMI?

    Le Bastard Q Aliment Pharmacol Ther 2018

  • Das Dickdarm-MikrobiomDefinition Prä-, Pro-, Syn-, Anti- und Psychobiotika

    Antibiotika: Stoffwechselprodukt von Pilzen oder Bakterien, welches

    Wachstum anderer Mikroorganismen hemmt oder diese abtötet. Auch

    synthetische oder gentechnische Gewinnung.

    Präbiotika: für den Menschen unverdauliche Nährstoffe, die den Mikrobiota

    als Nahrungsgrundlage dienen und damit zu einer selektiven Vermehrung

    dieser führen können. Natürliche Präbiotika kommen in Gemüse und

    Vollkorn vor.

    Probiotika: Mikroorganismen, die in ausreichender Menge verabreicht -

    dem Wirtsorganismus einen gesundheitlichen Nutzen bringen.

    Synbiotika: Kombinationen aus Probiotika und Präbiotika

    Psychobiotika: lebende Organismen, die Patienten mit psychiatrischen

    Krankheiten einen gesundheitlichen Vorteil bringen können, wenn sie in

    angemessenen Mengen aufgenommen werden.

  • Das Dickdarm-MikrobiomEffekte von Probiotika

    Analyse von 56 Publikationen der letzten 10 Jahre

    n=27

    Multistrain Probiotika

    n=13 positiver Effekt

    n=14 kein Effekt

    n=29

    Singlestrain Probiotika

    n=13 positiver Effekt

    n=16 kein Effekt

    24

    Fazit: Entscheidung über Probiotikaversuch muss individuell

    getroffen werden

    Mazurak N Neurogastroenterol Motil 2015

  • Das Dickdarm-MikrobiomProbiotika und Reizdarm - Leitlinie

    25

    1. Ausgewählte Probiotika sollten in der Behandlung des

    RDS eingesetzt werden

    2. Dabei kann die Wahl des Stammes nach der Symptomatik

    (v.a. Schmerzen, Blähungen) erfolgen

    3. Zu Präbiotika in der Behandlung des Reizdarmsyndroms

    kann keine Empfehlung abgegeben werden

    25

    S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom 2020

  • Das Dickdarm-MikrobiomStimmungsveränderung durch Probiotika

    • Konstante Interaktion von Mikroorganismen und Wirt mittels neuroaktiven

    Substanzen, Peptiden, Aminosäuren, biogenen Aminen, SCFA und Gasen

    • Spezielle Gruppe der Psychobiotika (Probiotika mit psychoaktiver Wirkung und

    Präbiotika) könnte durch neuroaktive Wirkstoffe Hirn, Psyche und Verhalten

    beeinflussen.

    • Anxiolytisches und antidepressives Potential:

    Bifidobakterien und Laktobazillen Stämme am besten untersucht

    • Wichtigste Tierstudie 2004: Sterile Mäuse (ohne Mikrobiota-Besiedlung am Körper)

    zeigen eine pathologische Stressantwort

    • Wichtige Humanstudie 2011: Gesunde Probanden nahmen Placebo oder

    Probiotikum (Lactobacillus helveticus R0052 and Bifidobacterium longum) zu sich

    (n=55, 30 d). Probiotikagruppe zeigte bessere Stimmung.

    Dinan T.G. Psychobiotics: a novel class of psychotropic. Biol. Psychiatry. 2013;74:720–726; Sudo N J. Physiol. 2004;558:263–275; Messaoudi M Br. J. Nutr. 2011;105:755–764

  • Das Dickdarm-MikrobiomStimmungsveränderung durch Antibiotika und Probiotika

    Randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studien

    Rifaximin

    600 mg/Tag

    7 Tage

    Bifidobacterium longum 1714TM

    1x109cfu/Tag

    4 Wochen

    N=16 Gesunde N=40 Gesunde

    Messung der Hirnaktivitäten in

    Ruhephase und unter Einfluss eines

    sozialen Stressors

    Messung der Hirnaktivitäten in

    Ruhephase und unter Einfluss eines

    sozialen Stressors

    Einnahme von Rifaximin reduzierte

    Stresseffekte

    Einnahme von B. longum reduzierte

    Stresseffekte

    Sowohl Antibiotikum als auch Einnahme von B. longum reduzierte Stresseffekte bei Probanden

    Wang H Am J Gastroenterol 2019; Wang H Neurotherapeutics 2018

  • Das Dickdarm-MikrobiomFäkaler Mikrobiomtransfer („Stuhltransplantation“)

    • Förderung guter Bakterien: Lactobacilli und Bifidobakterien

    • Reduktion schlechter Bakterien: Clostridium, Escherichia coli,

    Salmonella, Shigella und Pseudomonas

    • Bisher zugelassen und erprobt NUR in der Behandlung der

    refraktären und rezidivierenden Clostridieninfektion

    • Schwierigkeit der geeigneten Spenderauswahl, ausführliche

    Anamnese (Reise, Sexualverhalten, Drogen), Stuhl-/Bluttests

    • Applikationsweg: Einlauf, Magensonde, endoskopisch, Kapseln

    • Großes Marktpotential

    Petrof EO Gastro 2014; Benno PJ Investig Med High Impact Case Rep 2016; Hagel S Dtsch Arztebl Int 2016

  • Therapie – Auswirkungen einer FMT

    • Übertragung von infektiösen Erkrankungen möglich

    • Metabolische Auswirkungen? Atherosklerose?

    • Progression demyelinisierender Erkrankungen wie MS?

    • Psychiatrische Komorbidität?

    • Ungelöste technische, ethische und Sicherheitsfragen!

    • Bei der Behandlung des RDS kann keine Empfehlung abgegeben

    werden (RDS-LL 2020)

    S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom 2020; Johnsen PH Lancet Gastroenterol Hepatol 2018; Halkjaer SI Gut 2018; Xu D Am J Gastroenterol 2019

  • Modulation des Dickdarm-MikrobiomsFluch und Segen?

    • Probiotika senken das Risiko, während einer Antibiotikatherapie

    an einer Diarrhö (sogenannte Antibiotika-assoziierte Diarrhö,

    AAD) zu erkranken. Welche Bakterien für welches Antibiotikum

    geeignet sind, bleibt unklar

    • FMT ist indiziert bei therapierefraktärer C. difficile Infektion

    Gesichert ist:

    DGVS S3-Leitlinie Chronische Pankreatitis. Z Gastroenterol 2012; 50: 1176–22; Guo Q Cochrane Database Syst Rev 2019 Apr 30;4:CD00482; JAMA 2012; 307: 1959-1969;

    Nature Medicine (2019); 25: 1728-1732; New England Journal of Medicine(2019; doi: 10.1056/NEJMoa1910437

  • Modulation des Dickdarm-MikrobiomsFluch und Segen?

    DGVS S3-Leitlinie Chronische Pankreatitis. Z Gastroenterol 2012; 50: 1176–22; Guo Q Cochrane Database Syst Rev 2019 Apr 30;4:CD00482; JAMA 2012; 307: 1959-1969;

    Nature Medicine (2019); 25: 1728-1732; New England Journal of Medicine(2019; doi: 10.1056/NEJMoa1910437

    • Intensivpatienten können bei gleichzeitiger Pro- und Antibiotika-

    einnahme eine lebensgefährliche Bakteriämie entwickeln

    • Patienten mit akuter Pankreatitis und Probiotikaeinnahme

    zeigen Übersterblichkeit und sollten nicht gegeben werden

    • Vorsicht FMT: An einer US-Klinik erhielten zahlreiche Patienten

    fäkale Mikrobiomtransfers von einem Spender, dessen Darm mit

    multiresistenten E. coli besiedelt war. Bei 2 Patienten kam es zu

    einer Bakteriämie, einer starb.

    Aber:

  • Effekte von Phytotherapeutika auf das Mikrobiom des Darms

    1 HMPC 2015. Assessment report on Carum carvi L., fructus and Carum carvi aetheroleum. 2 HawreIakJA et al. (2009). Altern. Med. Reu 14, (4), 380-384. 3 Shams R et al.

    (2015). JSM Gastroenterol. Hepatol. 3, (1), 1036. 4 Adam B et al. (2006). Scand. J. Gastroenterol. 41, (2), 155-160. 5 Harrington AM et al. (2011). Pain 152, (7), 1459-1468. 6

    Koch E et al. (2015). Z. Phytother. 36, (Suppl. 1), S34-S35.

  • Kümmelöl hemmt die Gasbildung

    Durch „selektive antimikrobielle Effekte“ und eine damit einhergehende

    verringerte Gasbildung durch Mikroorganismen

    Kümmelöl zeigt hohe Selektivität bezüglich der Hemmung des

    Wachstums verschiedener Bakterienspezies.

    Hemmung potentiell pathogener Bakterien:

    z.B. Bacteroides fragilis, Candida albicans, Clostridium spp.

    Keine Hemmung der nützlichen Bakterien:

    z.B. Lactobacillen, Bifidobakterien, E. coli

    Hawrelak JA, Cattley T, Myers SP (2009). Altern. Med. Rev. 14, (4), 380-384

  • Pfefferminzöl hemmt BakterienwachstumKümmelöl hemmt Bakterienwachstum - selektiv

    Messung der Hemmung des Bakterienwachstums über minimalste hemmende

    Konzentration (kein Bakterienwachstum mehr)

    Hawrelak JA, Cattley T, Myers SP (2009). Altern. Med. Rev. 14, (4), 380-384

  • Die Dickdarm MikrobiotaSystematik

  • Ausflug: Mykobiom

    • Opportunische Pilzinfektionen nehmen zu: Mehr immunsupprimierte Patienten

    (Chemotherapie, post-Transplantation, AIDS)

    • Assoziation von Mykobiom mit Erkrankungen:

    • Hepatitis B

    • Zystische Fibrose

    • CED

    • Nachgewiesene Interaktion von Mycobiota und Wirt

    • Mykobiome im Körper interagieren: Störung von C. albicans im Darm beeinflusst

    pulmonale Funktion bei allergischen Reaktionen durch

    A. fumigatus

    • MykobielleTranslokation in die Blutzirkulation initiiert Immunantwort

    • Ätherische Öle aus Kümmel und Pfefferminze haben antifungale Eigenschaften

    Morcia C, Malnati M, Terzi V. Food Addit Contam Part A Chem Anal; Control Expo Risk Assess. 2012;29:415‐422; Sokovic MDMolecules. 2009;14:238‐249; Botschuijver S, Gastroenterology. 2017;153:1026‐1039; Noverr MC Infect Immun 2005, 73:30-3836; Brenchley Nat Med 2006, 12:1365-137137; Cutler JE Nat Rev Microbiol 2007, 5:13-28;Ott SJ Scand J Gastroenterol 2008, 43:831-841; Diagn Micr Infec Dis 2011, 70:492-498; Harrision MJ Ir J Med Sci 2012, 181:S369-S437

  • Menthacarin - Mykobiommodulation im Tiermodell

    Hintergrund

    • Man hat festgestellt, dass die viszerale Hypersensitivität bei RDS und

    einem RDS-Modell der Ratte mit einer Mykobiom-Dysbiose assoziiert ist.

    • Die ätherischen Öle der Pfefferminze und des Kümmels enthalten Menthol

    bzw. Carvone, die beide antifungale und antibakterielle Aktivität aufweisen.

    Fragestellung

    • Können diese Öle eine viszerale Hypersensitivität abschwächen?

    Methodik

    • Induktion einer viszeralen Hypersensitität durch maternale Trennung und Water Avoidance Stress

    • Messung der viseralen Hypersensitivität durch viszeromotorischen Reflex auf eine Colondistension

    • 7 Tage Behandlung mit den Ölen in verschiedenen Dosierungen, danach

    Mikrobiom-Analyse der Ratten

    Botschuijver S et al. (2018). Neurogastroenterol Motil. 2018 Jun;30(6):e13299. doi: 10.1111/nmo.13299. Epub.

  • Menthacarin - Mykobiommodulation im Tiermodell

    Schematische Darstellung der

    Behandlung der Rattengruppen, die in

    der Mykobiomanalyse verwendet wurden

    Normosensitive Ratten - blau

    Überempfindliche Ratten - rot

    Ratten vor und nach Behandlung mit 75

    mg/kg Menthacarin oder Kontrolle

    Ergebnis:

    Maternale Trennung und Water Avoidance Stress induzierte bei den untersuchten Ratten eine Mykobiom-

    Dysbiose, die durch Menthacarin wieder aufgehoben wurde. Gleichzeitig verschwand auch die durch die

    Stressbehandlung ausgelöste viszerale Überempfindlichkeit.

    Botschuijver S et al. (2018). Neurogastroenterol Motil. 2018 Jun;30(6):e13299. doi: 10.1111/nmo.13299. Epub.

  • Menthacarin - Mykobiommodulation im Tiermodell

    Fazit

    • Viszerale Hypersensitivität bei RDS und einem RDS-Modell der

    Ratte ist mit einer fungalen Dysbiose (Mykobiom-Dysbiose)

    assoziiert.

    • Menthacarin enthält die ätherischen Öle der Pfefferminze bzw.

    des Kümmels. Beide weisen antifungale und antibakterielle

    Aktivität auf.

    • Menthacarin hebt die viszerale Hypersensitivität im Rattenmodell

    der RDS auf und moduliert das Mykobiom.

    Botschuijver S et al. (2018). Neurogastroenterol Motil. 2018 Jun;30(6):e13299. doi: 10.1111/nmo.13299. Epub.

  • Zusammenfassung

    • Mikrobiota = komplexes, individuelles Ökosystem

    • Eigenständiges Organ: Bakterien, Viren, Pilze

    • Ausmaß und Funktionen der Mikrobiota noch unklar

    • Erhöhte Darmpermeabilität führt zu Translokation von

    Bakterien und Toxinen (klinische Relevanz?)

    • Bakterien produzieren essentielle kurzkettige Fettsäuren

    • Komplexe Interaktion der Mikrobiota mit dem Wirt

    • Bidirektionale Hirn-Darm-Mikrobiota-Achse

  • Zusammenfassung

    • Aufwändige Stuhlanalysen teuer aber ohne Aussage

    • Präklinische Studien legen Einfluss der Mikrobiota auf

    psychische Faktoren nahe

    • SIBO als Differentialdiagnose beachten

    • Phytotherapeutika modulieren durch ihre antimikrobiellen

    und antifungalen Eigenschaften das Mikrobiom/Mykobiom

    • Probiotika bei Reizdarm symptomspezifisch einsetzbar

    • FMT hilfreich bei CDI aber nicht bei Reizdarm

    SIBO = Small Intestinal Bacterial Overgrowth = Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms

    FMT = Fäkaler Mikrobiota-Transfer = „Stuhltransplantation“

    CDI = Clostridium-difficile-Infektion

  • Literatur

    SIBO = Small Intestinal Bacterial Overgrowth = Bakterielle Fehlbesiedlung des Dünndarms

    FMT = Fäkaler Mikrobiota-Transfer = „Stuhltransplantation“

    CDI = Clostridium-difficile-Infektion

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