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Acta Mechanica 62, 5--18 (1986) ACTA MECHANICA @ by Springer-Verlag 1986 Das direkte (natiirliche) Reduktionsverfahren, Teil II* Von S. Falk~ Braunschweig, Bundesrepublik Deutschland Mit 4 Abbildungen (Eingegangen am 5. August 1985) Zusalnmenfassung- Summary ])as direkte (natiirliche) Rednktionsverfahren wird dem bekannten Yerfahren der ~bertragungsmatrizen gegeniibergestellt und die numerisehe Stabilit~t diskntiert. Es folgt ein kritischer Vergleieh mit der Weggr5Benmethode sowie ein einfaches Beispiel. The Direct (Natural) Method o/Reduction, Part II* The direct (natural) method of reduction and the wellknown transfer matrices are refered to each other. Special attention is given to the numerical stability. A comparison between the displacement method and a simple example are added. 1. Die Grundgleichungen Wir studieren in dieser Arbeit den in Abb. 1 skizzierten beidseitig frei ge- lagerten geraden Balken, der besetzt ist nfit diskreten :Federn, D~mpfern und Massen. Zu diesen gehSren Matrizen, die mit Hilfe dreier geeignet zu wiihlender VergleichsgrSi]en c, d und m dimensionslos gemacht werden 1 1 1 (~--C~, Di~- D~, M~ ~--M~; i--~ 1, 2,...,n. (1.1) c d- m Die daraus aufgebaute Punktmatrix (dynamische Federmatrix) d . P~ = (?~ + ~ ~-~ 4+ ttl~2; i = 1, 2 ..... ~ (1.2) enth~lt den Schwingungsparameter [Rad] ~2 22 m 2 = s + ioJ ; = --, (1.3) L'sec-eo j c * Dieser Fortsetzungsberieht gilt Ms Erwiderung auf die vorstehend abgedruckte Leserzuschrift yon Herrn Prof. Dr.-Ing. 1%. Uhrig (Reply to the Comments of R. Uhrig).

Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

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Page 1: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

Acta Mechanica 62, 5--18 (1986) A C T A M E C H A N I C A @ by Springer-Verlag 1986

Das direkte (nat i ir l iche) Redukt ionsver fahren , Teil II*

Von

S. Falk~ Braunschweig, Bundesrepublik Deutschland

Mit 4 Abbildungen

(Eingegangen am 5. August 1985)

Z u s a l n m e n f a s s u n g - Summary

])as direkte (natiirliche) Rednktionsverfahren wird dem bekannten Yerfahren der ~bertragungsmatrizen gegeniibergestellt und die numerisehe Stabilit~t diskntiert. Es folgt ein kritischer Vergleieh mit der Weggr5Benmethode sowie ein einfaches Beispiel.

The Direct (Natural) Method o/Reduction, Part I I*

The direct (natural) method of reduction and the wellknown transfer matrices are refered to each other. Special attention is given to the numerical stability. A comparison between the displacement method and a simple example are added.

1. Die Grundgleichungen

Wir studieren in dieser Arbeit den in Abb. 1 skizzierten beidseitig frei ge- lagerten geraden Balken, der besetzt ist nfit diskreten :Federn, D~mpfern und

Massen. Zu diesen gehSren Matrizen, die mit Hilfe dreier geeignet zu wiihlender VergleichsgrSi]en c, d und m dimensionslos gemacht werden

1 1 1 ( ~ - - C ~ , D i ~ - D~, M~ ~ - - M ~ ; i--~ 1, 2 , . . . , n . (1.1)

c d- m

Die daraus aufgebaute Punktmat r ix (dynamische Federmatrix)

d . P~ = (?~ + ~ ~-~ 4 + ttl~2; i = 1, 2 . . . . . ~ (1.2)

enth~lt den Schwingungsparameter

[Rad] ~2 22 m 2 = s + ioJ ; = - - , (1.3) L'sec-eo j c

* Dieser Fortsetzungsberieht gilt Ms Erwiderung auf die vorstehend abgedruckte Leserzuschrift yon Herrn Prof. Dr.-Ing. 1%. Uhrig (Reply to the Comments of R. Uhrig).

Page 2: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

6 S. Falk:

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Abb. 1. Gerader B~lken, besetzt mit diskreten Federn, D~impfern und Massen

wo nun alte mit einer Tilde versehenen Gr56en (wie im folgenden attch) dimensions- los sind.

Das dynamisehe Verhalten des Balkens wird besehrieben dutch Natr izen G, N, S, K (Geometrie, Naehgiebigkeit, Steifigkeit, Krgftegeometrie), wobei es zweekm/i6ig ist, aus der Matrix N eine geeignet definierte Nachgiebigkeitszahl

(ira wesenttiehen den Kehrwert des Elastizitgtsmoduls E bzw. des Gleitmoduls G) und aus der Matrix S die GrSl3e 1/x herauszuziehen, was beim Vergleieh mit [3, (3.3)]ff. zu beaehten ist. Mit ttilfe einer VergleiehslRnge L machen wir

aueh den KraftgrSBenvektor k s ebenso wie den WeggrSl3envektor Us dimensions- los

H V,~ L M / M / ~ i / . ~ ~ k a - - ~ c c L c L c L~c L % L~ c ] , (1.4)

), u a = L L #~~ r . (1.5)

Des weiteren fiihren wir die L/ingenverh/iltnisse

~ti~ :-= a] - - a k L ' a0 ---- 0; ] , k ~ - 0, 1,2 . . . . . n + l ; ] > / c (1.6)

ein und schreiben die n Dynamen der [Federkr/ifte und -momente

P~(i) u~ § s~ = O, i = 1, 2 . . . . . ~ (1.7)

auf und dazu die an das rechte Balkenende reduzierte Gesamtdyname, die ver- schwinden mug. Dies gibt mit den dimensionslosen Differenzen (1.6) die erste Grundform ((1.8.) s. S. 7), wo in der letzten SpaRe die Lastgr6i3en aus der er- weiterten Feldmatrix [3, (3.3)] stehen.

Page 3: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

Das direkte

o~

natiirliche) l~eduktionsverfahren, Tell II

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Page 4: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

8 S. FMk:

Sind alle Federmatrizen C~ regular, so lassen sich die ersten n Gleiehungen (1.8) yon links mit (~i -1 multiplizieren, das gibt mit der modifizierten Punkt- matrix

1~(2) = ~i-lP~(i) = I + ~ c Ci-115~i + C~-lNd2 (1.9)

die zweite Grundform. ((1.10 s. S. 7). Im statisehen Fall wird wegen D~ = 0 und ./V/~ = 0 die Punktmatrix 1~ = I,

und damit geht die zweite Grundform fiber in [3, (4~.6)]. Sind alle Federn un- endlieh grog (feste Auflager, Einspannung und dergleiehen), so wird ebenfalls P~ = I, dariiber hinaus versehwindet die Bloek-Hauptdiagonale der Matrix oben reehts in (1.10).

Wir betraehten noeh eine Misehform. Es seien die Federmatrizen (~i diagonal und einige der dimensionslosen Federzahlen gi~. Meiner, andere grSger (oder gleieh) 1, dann wird nur mit den letzteren die zweite Grundform hergestellt, die ersteren jedoeh bleiben in der ersten Grundform. Im Extremfall werden die kleineren Federzahlen Null, die grSgeren unendlieh grog; auf diese Weise lassen sieh alle erdenkliehen Rand- und Zwisehenbedingungen zwanglos erfiillen, ohne dag das Programm ge~ndert werden miigte. Ist insbesondere die L~nge des linken Stutzens a~ ----- 0, so wird G(0) -~ I.

Ist die Federmatrix niehtdiagonal (dies ist in der Praxis die Regel, da die Federn, besser Koppelfeldem nur Symbole fiir elastisehe Verzweigungen dar- stellen), so wird sie aui tIauptaehsen transformiert, was einer Linearkombination der WeggrSgen gleiehkommt.

Die Ordnung aller hier auftretenden Bloekmatrizen C~, D~, 2!//~; G, N, S , / ~ ist gleieh der Anzahl G der an der Deformation beteiligten konjugierten Paare [3, (1.1)], es gilt somit 1 _< ~ <_ 6.

2. Der Sonderfall a = 2

Liegen a]le Profilmittelpunkte S a u f der x-Achse und haben die zu S ge- h5renden Hauptachsen des Profils alle die gleichen raumfesten Riehtungen y und z, so zerfallen die Blockmatrizen der Ordnung ~ = 6 in vier getrennte B15cke der Orduungen 1, 1, 2 und 2, was meehanisch bedeutet, dal] Dehnung, Drillung, Biegung in der x-z-Ebene und Biegung in der x-y-Ebene voneinander entkoppelt sind. Wir betrachten im fo]genden als Prototyp die Biegung in der ~-z-Ebene, zu der die beiden konjugierten Paare (w, Vz) und (~0, My s) gehSren. Es sei weder gugere noeh innere Dgmpfung vorhanden, aueh fehle die Horizontal- kraft H, und die Rotationstrggheit werde gegeniiber der Translationstrggheit vernachlgssigt. Aul]erdem seien alle KenngrSgen konstant, dann gilt die mit Mille des Trennungsansatzes

W z ( x , t) = ws(x)"/(t); /(l) = A cos egt ~- Bs in o)t , f ( t ) = --o)~/(1) (2.1)

Page 5: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

Das direkte (natiirliche) l~eduktionsverfahren, Teil II 9

zeitfrei gem~chte gew6hnliche Differentialgleichung vierter Ordnung

EjuSws""(x) -- oFcz2Ws(X) = qz(x) + rosy(X); 1/EJu s 4= O, (2.2)

wo auf der rechten Seite die Alnplffudenfunktionen der erregenden Strecken- lasten und Streckenmomente stehen. Nit den dimensionslosen GrSgen

x eL ~ : ~ -if, ~ :~ E j r S 4= O, ~5 ~ := 6~/t:~,

m eFL (~2 : = 0 2 - - , t~ : ~ - -

C ~b

(2.3)

schreibt sich die zur homogenen Differentialgleichung (2.2) geh6rige Feldmatrix

mit den vier B15cken

{ G(J, ~) N(O, ~) z )

F(~, $) = \ s ( o , ~) ~ / ~ K(O, ~)

{ A((3~) --8-~B(d~)/'

G(d, 8) = \--5D(~8) A(c~8) ]

(2.4)

(2.5)

s(~, ~) = \~-"co$)

K((5, ~) = \ ri-IB(r9$) dD((~) t A(88) ]

(2.6)

und den aus Kreis- und Hyperbelfunktionen zusammengesetzten Funktionen

1 (88) 4 A(d~) = -~ (COS ~ + cos d~) = 1 + ~ + ...

1 (~)5 B(d~) = ~- (SIN ~ + sin 6~:) = 6~ @ T + "'"

r = -ff (COS 88 - cos ~ ) = 2---5- + - ~ . + "'"

D(& e ) = - ~ - ( S I N ~ - s i n ~ ) = 3! + . + ' " '

(2.7)

Page 6: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

i0 S. Faik:

TAN 5~

SEC ~

Abb. 2. Die beschr~nkten Funkt~ionen Hyperbeltangens und ttyperbelsecans

die fiir groBe Wer te yon (~ und/oder ~ rasch anwaehsen. Die zur Feldmatr ix (2.4) gehSrigen Weg- und Kraf tgrSgen sind

,( V~]

(2.s)

und die jetzt zweireihigen Punk tma t r i zen werden zufolge D~ = 0 nach (2.3)

~4 Pl = (~i - - r = (~i - - - - 2 ~ . (2.9)

~tt

Die drei frei verfiigbaren VergleichsgrSgen e, m u n d L w~hlt man zweckm/igig

so, dal3 u = tt = 1 wird, ferner L = l, dann ist ~FL ~ 0El die Masse des Balkens der L/inge I.

3. (lbergang auf beschdinkte Funktionen

Fiihr t man die in Abb. 2 skizzierten Funkt ionen Hyperbel tangens undHyperbe l -

secans ein, so schreiben sich die vier Grundfunkt ionen (2.7) folgendermal3en

1 I A((3~) = COS (3~ �9 a(d~); a((3~) = ~- (1 @ S E e &~. cos (3~),

B(d~) = COS d~. b(6~);

C(d~) = COS t~. c(~);

D(O~) = c o s ~ - d(~) ;

1 b(~) = -ff (TAN ~ § SEe ~ . sin ~ ) ,

1 c((~) = ~- (1 - - SEC (3~. cos ~ ) ,

1 d((3~) = -~ (TAN d - - SEC t~ . sin t3~),

SEC ~,~

1

= cos ~8'

(~.])

wo nun die neuen Funkt ionen a((3~) usw. beschr~inkt sind; sie konvergieren fiir ~ --> ~ offenbar gegen 1/2.

Page 7: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

Das direk~e (natiirliche) Reduktionsverfahren, Tell II 11

Die vier Blockmatrizen (2.5), (2.6) schreiben sich damit als

{ a((l~) --&-lb(&~)/' G(~, ~) = COS ~ \ - -~d(~) a(~) ]

(3.2) { &-~d(~) &-~c(~) /

:V(&, ~) = COS &~ \--&-2c(&~) --~-lb(~)]'

{&-Ib(&~) --~-2c(~)1, s(&, ~) = cos ~ \~-2c(&~) --~-~d(&~)/

(3.3) {a(&~) ad(~) t K(~, ~) = c o s &~ \~-~b(~) a ( ~ $ ) /

Sehen wir uns daraufhin die Glcichungssysteme (1.8), (1.10) an. i[m groBen Block oben rechts treten allein die Matrizen N(ai~ ) auf, in denen der Faktor mit negativen Potenzen vorkommt; positive Potenzen finden sich in der letzten Blockzeile, die deshalb durch &a dividiert wird. Man kann ein iibriges tun und si~mtliche Gleichungen dutch COS (&l/L) dividieren, womit alle Koeffizienten der ersten oder zweiten Grundform beschri~nkt sind.

Da die vier Funktionen a((~) usw. gegen eins konvergieren, strebt fiir gro~e Argumente yon &# die Feldmatrix gegen

($-az &-=z 1

_&-2z _&-1 x

1 &

o ~-1 1 J mit (3.~)

F(&, $) ~ COS &~

[ 1 _(~-1 I--(~ 1

| &2~-i _&~-i

i:]'- P = &ax-x

1 /

_&-i ] q : &-3"

&-2.J

= COS&~.pq v

und dies ist die bereits in [4, (2.2)] vorgefiihrte Dyade, die fiir das Scheitern des LTbertragungsverfahrens fiir groi3e Werte yon & verantwortlich ist; denn jede der

K cos wt

= I=L

Abb. 3. Erzwungene Sehwingung eines einfeldrigen Balkens

Page 8: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

12 S. Falk:

zweireihigen Determinanten aus (3.4) verschwindet identisch, ein physikalisch durch nichts begriindeter Effekt, den das direkte Reduktionsverfahren ver- meidet, da eben nicht numerisch, sondern analytisch gerechnet wird. Ffir den einfeldrigen Balken der Abb. 3 beispielsweise schrumpft das Gleichungssystem mit L = l, somit ~ = 1 am rechten Rand, zusammen auf

8-~n(~) A(~) ] \i~o/L~c] + \(~-~D(@)/Lc/" K = ; fl = ---[ -= --~

mit der LSsung

( V~o ~ _ 2 (a((~) --(~d((~)t.( a((~fi) t . K . c o s ~ f l , (3.6.1) isyo/L] SEC~ ~-eos(~\_~-lb((~ ) a((~) ] \~-ld(~)/

und dies degeneriert im s~a[ischen :Fall wegen ~ ~ 0 zu

(3.6.2)

wie es sein muf3. Die Eigenwerte sind definiert durch die Gleichung SEC (~ ~- cos ~ = 0; sie

sind fiir grol~e Werte von ~ nur wenig verschieden yon

- -~- -b m,~; m = 1, 2, 3 . . . . , ~ (3.7)

und lassen sich ohne Schwierigkeit mit einer lediglich durch die Mantissenlgnge der benutzten Maschine begrenzten Genauigkeit berechnen.

4. ) I i t nahme yon Zwisehengrii l len beim klassisehen Redukt ionsver fahren

Fiir unendlich groge Federzahlen, d. h. also fiir feste Einspannung, bleibende St~itzensenkung und dergleichen wurde schon in [2, (20)] vorgeschlagen, die entsprechenden Reaktionen (KrKfte und/oder Momente) als zus~itzliehe Unbe- kannte einzufiihren und diese ebenso wie die zum linken Balkenende gehSrenden Freiwerte separat zu berechnen, sogenannte 5[itnahme yon Zwischengr61~ en. Dies fiihrt auf ein erweitertes Gleichungssystem yon (Block-) Hessenbergform, das fiir den Sonderfall, dag sgmtliche Federzahlen unendlich grog sind, formal mit der zweiten Grundform (1.10) identisch ist, nicht aber numerisch identisch, wenn man so vorgeht, wie in [4] beschrieben. Denn nach wie vor miissen die zu den Unbe- kannten gehSrigen Matrizenspalten an den Feldmatrizen vorbeimultipliziert werden, wobei mindestens die H/41fte des l~eehenaufwandes vertan wird, da die zwangsl/iufig anfallenden Kra/tgrSflenzeilen in (1.8), (1.10) iiberhaupt nicht vor-

Page 9: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

Das direkte (natiirliche) Reduktionsverfahren, Tell II 13

kommen. Der praktisch wichtige Fall, da$ einige oder alle Federzahlen endlich

grol~ sind, wird aul~erdem weder in [2] noch in [4] erwahnt. SchlieBlich -- und das ist die eigentliehe gravierende Schw/~che dieser Vorgehensweise - - kann das fiir Feldmatrizen fundamentale Additionstheorem nicht genutzt werden, da in der Maschine nicht mit Formeln sondern in Zahlen gerechnet wird, und allein dies ist der Grund f fir die numerischen Schwierigkeiten des Ubertragungsverfahrens neben den prinzipiellen, die beispielsweise darin bestehen, dal~ bei einer inneren

festen Einspannung des Balkens der Abb. 4 eine Ubertragung des Zustands- vektors nach reehts grunds/itzlich nicht m5glich ist, w/~hrend sich das Gleiehungs- system (1.10) in hSchst willkommener Weise vereinfacht, ohne dab der formale Bechenablauf im geringsten zu ~ndern w/~re. Der entscheidende neue Gedanke besteht eben darin, auf alle unnStigen Zwischenschritte zu verzichten und die allein interessierenden Gleiehungen (1.8) bzw. (1.10) unabhiingig voneinander (und wenn man will, sogar in beliebiger Beihenfolge) explizit anzuschreiben. Das System steht dann fehlerfrei vor uns, bevor aueh nur eine einzige numerische Operation notwendig wurde. Die beim ~bertragungsverfahren und i:hren in [4] besehriebenen Neberfformen durch die Matrizenmultiplikationen ausgelSs[en Sehwierigkeiten kSnnen somit gar nicht erst auftreten, und genau hierin wie in den noeh zu beschreibenden analytischen MSglichkei[en liegt die l~berlegenheit des direkten Reduktionsveffahrens begrfindet.

Selbstredend geht es auch jetzt nieht ohne Numerik. Bei erzwungenen Sehwin- gungen wird der vorgegebene Wert ~ bzw. ~ in alle Funktionen (2.7) sowie in die Punktmatr ix (1.2) eingesetzt und das so entstehende Gleichungssystem Am = r wie in [3, Abschnitt 6] geschildert, aufgelSst. Im Resonanzfall entscheidet der Alternativsatz fiber das weitere Vorgehen, siehe dazu [7, Abschnitt 26.1].

Freie Schwingungen fiihren auf das homogene Gleichungssystem F(~) m = o. Die notwendige Bedingung det F(~) = 0 definiert dann die Eigenwerte (Eigen- schwingungszahlen) 2~, die einzeln oder in Haufen (Iqestern, clusters.) berechnet werden. Wie dies zu geschehen hat, zeigen wir im n/ichsten Abschni t t

5. Bietet das Weggrfllenverfahren Vorziige?

Man kann nun fragen, ob es nicht zweckm/~Biger ist, yon vornherein auf das durch Elimination der Kraftgr5i~en entstehende WeggrSf~enverfahren iiber- zugehen; anstetle der (Block-) t tessenbergmatrix steht dann eine (Block-) Tri- diagonalmatrix, die an Stabilit/~t nichts zu wiinschen iibrig 1/~Itt und zudem -- so scheint es - - geringeren l~echenaufwand verursacht. Dies trifft jedoch nur zu, wenn die zugrunde liegende Differentialgleichung keinen Parameter ~ enth/~lt wie beispielsweise bei der reinen Biegung mit oder ohne elastische Bettung fix, weft die bei der Elimination der KraftgrSlten auftretenden Nenner yon Null versehiedene Konstante sind. In allen anderen Fallen aber fiihrt das Weggr5Ben- verfahren zu nicht unerheblichen Schwierigkeiten, da durch die unumg/~ngliche

Page 10: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

14 S. Falk:

Division Nenner entstehen, die Funktionen yon 2 bzw. d sind, somit Pole erzeugt werden, die zwar eine gewisse meehanisehe Bedeutung besitzen, jedoeh (oder gerade deswegen) die Numerik his zur Unl6sbarkeit belasten, wie aus der Litera- tur hinl/inglieh bekannt. Der interessierte Leser studiere dazu die Arbeit [5].

Es ist dies die Crux aller Eliminationsverfahren iiberhaupt, wghrend das l%eduktionsverfahren divisions]tel arbeitet, einerlei ob mit oder ohne [3ber- tragungsmatrizen; eine Version des Llbertragungsverfahrens ftir Schwingungs- aufgaben ist in [1] naehzulesen.

Zweitens wird leieht iibersehen, dab das Weggr61~enverfahren nur dann im Vorteil ist, wenn die Elimination ein fiir alle Male formelm/iBig durehgefiihrt und tabuliert wurde. Bei Differentialgleiehungen mit nieht konstanten Koeffizienten (also beim Balken mit nieht konstanten KenngrSgen F(x), H(x), fit(x) usw.) dagegen ist die Elimination nut yon %'all zu Fall numerisch mSglieh, und der hierzu erforderliehe Aufwand kompensiert zum erhebliehen Teil den Gewinn, den die B~ndmatrix gegeniiber der Hessenbergmatrix bedeutet.

Drittens besteht heute kein Grund mehr, auf Bandmatrizen (Bloektridiagonal- matrizen) auszuweiehen. Der in [7, Absehnitt 41.6] besehriebene T-S-Algorithmus (Taylor-Entwieklung des Schnr-Komplements) hat die primitiven Suchmethoden (search methods), die bei ged/~mpften Sehwingungen durch das erforderlieh werdende Durchk/immen der komplexen Zahlenebene allein an dem immensen Aufwand seheitern miissen, lgngst abgelSst und bew/iltigt transzendent-nieht- lineare Eigenwertprobleme hoher Ordnung n ohne Sehwierigkeit. Zwar mtissen (mindestens) die ersten und zweiten Ableitungen der naeh 2~ bzw. ~ der Grund- funktionen (2.7) gebildet werden, doeh reproduzieren sieh diese untereinander, denn es ist

dA(6~) dB(3$) dr -- SD(a~), da ~A(6~),

dC(a~) dD(6~) d~ = ~B(~), d6 ~0(~),

(5.1)

woraus sieh beliebig hohe Ableitungen auch der in (1.8) auftretenden Produkte

P ($ )N(~) bzw. # (~ )N(~) usw. (5.2)

dureh ein formales Programm masehinell ermitteln lassen, und dies gilt aueh ftir allgemeinere Klassen yon linearen Differentialgleiehungen, wie man sieh leieht iiberlegt. Erst ansehlieBend erfolgt der Ubergang auf die besehrAnkten Funktionen a(c~) usw. naeh (3.1). Der T-S-Algorithmus arbeitet dann mit jeder gewiinschten vorgesehriebenen Genauigkeit.

Auch bei den Eliminationsverfahren, zu denen als Prototyp der Gaui3sehe Algorithmus gehSrt, verli~uft die Differentiation der Matrixelemente/ik(A) bzw. /ik(~) problen31os, doeh nghert die Taylor-Entwieklung in der Naehbarschaft der Pole die Funktion det F(A) bzw. det F(d) nur sehleeht an; sie versagt praktiseh, wenn zwisehen zwei sehr eng benaehbarten Polen eine Nullstelle liegt. Die Elimi-

Page 11: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

])as direkte (na~iirliche) P~eduk~ionsverfahren, Tell II 15

nationsverfahren sind daher vom heutigen Stand der Numerik aus betrachtet nicht konkurrenzf/~hig und haben ihre Daseinsberechtigung nur fiir den Sonder-

fall der Dehnung oder reinen Biegung (Theorie erster Ordnung), fiir den sie urs13rtinglich geschaffen waren.

6. Ein Beispiel

Vorgelegt sei der mit Punktmassen m~ besetzte Balken der Abb. 4; die erregen- den Kr/~fte K d ( t ) -~ K~ cos cot greifen an den Massen an; Drehfedern fehlen ebenso wie die Rotationstr/~gheit.

Wit setzen voraus, da$ alle Federzahlen c~ yon Null hinreichend verschiedea seien, dann ist die zweite Grundform (1.10) die ad/~quate Ausgangsgleichung. Mit

den modifizierten Punktskalaren

~(3) = 1 - - - - . ; - - = ,Y. )= (6.1)

und den vier Produktfunktionen

~ ( ~ , $ ) : = p~(~) A ( ~ ) = A(~) - - 7 A(~$) - - ; ~x~(0, $) = 1, (6.2) ci ~tt

9 4

(6.3)

~4 ~3 ; y~(0, $)---- ~ - , (6.4)

~'~(3, ~) : = ~(~) 3-aD(35) 3-aD(35) ,,~ 6' = _ _ _ ~ - a D ( ~ $ ) ~ ; ~8

X~(0, $) = -~-, (6.5)

ist die zweite Grundform ((6.6.) s. S. 16)mit Si = c~w~ angegeben.

K, fit) Kz fit) Kj fit) K~ fit)

m, , . m2. mj ~j~ ran!

Abb. 4. Balken mi~ Punktmassen und Zug-Druck-Federn

X

Page 12: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

16 S. Falk:

r

�9

r

r

7

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I i

o o

v v

tL II

o

,.~ § + ~

0 ~ i ~

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.-7

--~ .+

o

r

II IL

Page 13: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

Das direkte (natiirliche) R, eduktionsverfahreu, Tail I I 17

I m Fall der Stat ik wird mit ~o 2 = 0 such (~a = 0; es verbleiben daher die in

(6.2) bis (6.5) ganz rechts angegebenen Potenzen yon ~. Damit geht (6.6) tiber in

wo/L 9%

0 = 1 --5~o

0 = 1 --52o

S d c L S d c L . . . S . / c L

~,-* 0 . . . 0

-~ %, ~- * . . . 0

1/cL

0

;g

0 = 1 --ECho -~ an, "-~ an2 . . . -~ ~an~

0 = 0 0

0 = 0 0

1 1 . . . 1

a n + l . 1 a n + l . 2 �9 �9 �9 a n + l . n ~ KvSn+j_,v

(6.7)

Die beiden letzten Gleichungen sind die erfifllten Gleichgewichtsbedingungen. Fiir feste Auflager C{ - 1 = 0 folgt wo/L = 0 und ~0 -~ 0, wie es sein muff.

Fiir den starren Balken wird wegen x = 0 ein %rechsel des Parameters er-

forderlich. Dies effolgt unten links in (6.6) zwanglos wegen 8a/z =/~5~ 2, ebenso in den Subtrahenden der Funktionen (6.2) bis (6.5), wo 84/z# = ~2 zu setzen ist.

7. Zusammenfassung

Es wurde gezeigt, da]~ das direkte (natiirliche) ]~eduktionsverfahren eine

grundtegend neue Methode darstellt, die aus keiner der bislang bekannten Metho-

den abzuleiten ist. Die Vorziige des Verfahrens bestehen d~rin, dal~

1. keine M~trizenmultiplikationen durchgefiihrt werden und daher die Elemente

der (Block-) Hessenbergmatrix analytisch gegeben sind, 2. keine Divisionen auftreten, womit Pole vermieder~ werden, was seinerseits

zur Folge hat, dab 3. die T~ylor-Entwicktung problemlos m6glich wird.

Ob die damit in der erfordertichen Breite vorgestellte Methode neben den

mehr als ein Jahrhunder t alten Eliminationsveffahren (Kraft- bzw. Weggr5ffen- verfahren) yon der , ,offiziellen" Baudynamik angenommen wird, mu~ die Zukunft

erweisen.

Danksagung

Ffir Beratung und ~i~arbeit danke ich meinem Kollegen, Herrn Prof. Dr.-Ing. habiL Peter Ruge.

2 A c t a Mech, 62/1--~:

Page 14: Das direkte (natürliche) Reduktionsverfahren, Teil II

18 S. Falk: Das direkte (natSrliche) P~eduktionsverf~hren, Tell I I

Literatur

[1] Davis, M., Dawson, B. : A distributed-element method for vibration analysis of flexible spacecraft based on transfer matrices. ESA Journal 9, 75--95 (1985).

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Pro/. Dr.-Ing. habiL S. Fall Institut /iir Angewandte Mechanik

Technische UniversitSt Braunschweig Post/ach 3329

D-3300 Braunschweig Bundesrepublik Deutschland