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1 Das Foucault-Pendel im Dom zu Magdeburg Dr. Peter Streitenberger und Dr. Eckard Specht Otto-von-Guericke-Universit¨ at Magdeburg Institut f¨ ur Experimentelle Physik Idee und Initiatoren Als im Jahre 1851 der franz¨ osische Physiker Jean Ber- nard L´ eon Foucault (1819–1868) im Pariser Panth´ eon mit Hilfe eines 67 m langen und 27,4 kg schweren Pendels die Erdrotation nachwies, bezweifelte man schon lange nicht mehr, dass sich die Erde um ih- re Achse dreht. Mit diesem Experiment, bei dem die Schwingungsebene des Pendels gegen¨ uber dem Erd- boden eine langsame Drehung vollf¨ uhrt, hatte Fou- cault jedoch eine einfache und anschauliche Dar- stellung des lange gesuchten Einflusses der Erdrota- tion auf irdische Bewegungsabl¨ aufe gefunden. Seit- dem h¨ angen ¨ ahnliche Pendel weltweit in ¨ offentlichen Geb¨ auden, Museen, Schulen und Universit¨ aten und Pendelversuch von Foucault im Pariser Panth´ eon 1851 erm¨ oglichen es dem Besucher, jederzeit die Erddre- hung zu beobachten, ihre Winkelgeschwindigkeit zu ermitteln sowie Betrachtungen ¨ uber die Grundlagen der Physik und unsere Anschauung von Raum und Zeit anzustellen. Die auch heute noch anhaltende Popularit¨ at des Pendelversuchs und sein Bezug zu grundlegenden Fragen der klassischen Physik und der Stellung des Menschen im Kosmos bewog die drei In- itiatoren, die Evangelische Domgemeinde, der F¨ order- verein Dom zu Magdeburg e. V. sowie das Institut f¨ ur Experimentelle Physik der Otto-von-Guericke-Univer- sit¨ at Magdeburg, in einer gemeinsamen Aktion dieses Experiment anl¨ aßlich des 400. Geburtstages von Otto von Guericke im Jahre 2002 im Magdeburger Dom zu wiederholen. Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Domprediger Gi- selher Quast, Herrn Manfred Fiek und Herrn Rolf Schrader von der Domgemeinde, Frau Ursula Klin- ger und Herrn Stephen Gerhard Stehli vom Dom- orderverein sowie Dr. Wolfram Knapp und Dr. Pe- ter Streitenberger vom Institut f¨ ur Experimentelle Physik der Otto-von-Guericke-Universit¨ at ¨ ubernahm die konzeptionelle, planerische und organisatorisch- technische Vorbereitung. F¨ ur die technische Realisie- rung der Pendelkonstruktion konnte Herr Prof. Dr. Lutz Sch¨ on vom Lehrstuhl f¨ ur Didaktik der Physik der Humboldt-Universit¨ at zu Berlin gewonnen wer- den, der ¨ uber umfangreiche Erfahrungen beim Bau langer Foucault-Pendel verf¨ ugt. Dank der finanziel- len und materiellen Unterst¨ utzung durch die beteilig- ten Institutionen sowie zahlreiche Sponsoren konnte das Pendel schließlich am 23. Juli 2002 erfolgreich im Dom im westlichsten Joch des Langhauses installiert und am 1. August 2002 im Rahmen einer festlichen Veranstaltung der ¨ Offentlichkeit ¨ ubergeben werden. Foto: Ulrich Arendt Die ersten Schwingungen des Foucault-Pendels im Dom Der Foucault-Effekt Der Bewegungsablauf fallender oder geworfener orper auf der Erdoberfl¨ ache erfolgt nicht nur un- ter dem Einfluss der Schwerkraft, sondern unter der zus¨ atzlichen Wirkung von Tr¨ agheitskr¨ aften, insbeson- dere der Coriolis-Kraft. Diese Tr¨ agheitskr¨ afte sind ei- ne Folge der Tatsache, dass die Erde kein Inertialsy- stem, sondern ein beschleunigtes, speziell ein rotie- rendes Bezugssystem darstellt. Beim freien Fall zum Beispiel ¨ außert sich die Erdrotation in der sogenann- ten Ostabweichung. Diese betr¨ agt bei einer Fallh¨ ohe von 100 m und Vernachl¨ assigung der Luftreibung et- wa 2 cm, d. h., ein aus dieser H¨ ohe frei fallender orper trifft 2 cm weiter ¨ ostlich vom Lotpunkt auf. ¨ Ahnliches gilt f¨ ur horizontal geworfene K¨ orper, de- ren Bewegung infolge der Erdrotation nicht in einer Ebene bleibt, sondern wie schon 1837 der franz¨ osi- sche Physiker Poisson zeigte, je nach Wurfrichtung ei- ne horizontale Abweichung aufweisen. Allerdings sind diese Effekte so gering, dass sie aufgrund von Umge- bungsst¨ orungen experimentell nur sehr schwer nach- weisbar sind. Foucault erkannte, dass sich diese klei- nen Abweichungen bei der periodischen Bewegung ei- nes Fadenpendels akkumulieren und in der langsamen

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Das Foucault-Pendel im Dom zu Magdeburg

Dr. Peter Streitenberger und Dr. Eckard Specht

Otto-von-Guericke-Universitat MagdeburgInstitut fur Experimentelle Physik

Idee und Initiatoren

Als im Jahre 1851 der franzosische Physiker Jean Ber-nard Leon Foucault (1819–1868) im Pariser Pantheonmit Hilfe eines 67 m langen und 27,4 kg schwerenPendels die Erdrotation nachwies, bezweifelte manschon lange nicht mehr, dass sich die Erde um ih-re Achse dreht. Mit diesem Experiment, bei dem dieSchwingungsebene des Pendels gegenuber dem Erd-boden eine langsame Drehung vollfuhrt, hatte Fou-cault jedoch eine einfache und anschauliche Dar-stellung des lange gesuchten Einflusses der Erdrota-tion auf irdische Bewegungsablaufe gefunden. Seit-dem hangen ahnliche Pendel weltweit in offentlichenGebauden, Museen, Schulen und Universitaten und

Pendelversuch von Foucault im Pariser Pantheon 1851

ermoglichen es dem Besucher, jederzeit die Erddre-hung zu beobachten, ihre Winkelgeschwindigkeit zuermitteln sowie Betrachtungen uber die Grundlagender Physik und unsere Anschauung von Raum undZeit anzustellen. Die auch heute noch anhaltendePopularitat des Pendelversuchs und sein Bezug zugrundlegenden Fragen der klassischen Physik und derStellung des Menschen im Kosmos bewog die drei In-itiatoren, die Evangelische Domgemeinde, der Forder-verein Dom zu Magdeburg e. V. sowie das Institut furExperimentelle Physik der Otto-von-Guericke-Univer-sitat Magdeburg, in einer gemeinsamen Aktion diesesExperiment anlaßlich des 400. Geburtstages von Ottovon Guericke im Jahre 2002 im Magdeburger Dom zuwiederholen.

Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Domprediger Gi-selher Quast, Herrn Manfred Fiek und Herrn RolfSchrader von der Domgemeinde, Frau Ursula Klin-ger und Herrn Stephen Gerhard Stehli vom Dom-Forderverein sowie Dr. Wolfram Knapp und Dr. Pe-ter Streitenberger vom Institut fur Experimentelle

Physik der Otto-von-Guericke-Universitat ubernahmdie konzeptionelle, planerische und organisatorisch-technische Vorbereitung. Fur die technische Realisie-rung der Pendelkonstruktion konnte Herr Prof. Dr.Lutz Schon vom Lehrstuhl fur Didaktik der Physikder Humboldt-Universitat zu Berlin gewonnen wer-den, der uber umfangreiche Erfahrungen beim Baulanger Foucault-Pendel verfugt. Dank der finanziel-len und materiellen Unterstutzung durch die beteilig-ten Institutionen sowie zahlreiche Sponsoren konntedas Pendel schließlich am 23. Juli 2002 erfolgreich imDom im westlichsten Joch des Langhauses installiertund am 1. August 2002 im Rahmen einer festlichenVeranstaltung der Offentlichkeit ubergeben werden.

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Die ersten Schwingungen des Foucault-Pendels im Dom

Der Foucault-Effekt

Der Bewegungsablauf fallender oder geworfenerKorper auf der Erdoberflache erfolgt nicht nur un-ter dem Einfluss der Schwerkraft, sondern unter derzusatzlichen Wirkung von Tragheitskraften, insbeson-dere der Coriolis-Kraft. Diese Tragheitskrafte sind ei-ne Folge der Tatsache, dass die Erde kein Inertialsy-stem, sondern ein beschleunigtes, speziell ein rotie-rendes Bezugssystem darstellt. Beim freien Fall zumBeispiel außert sich die Erdrotation in der sogenann-ten Ostabweichung. Diese betragt bei einer Fallhohevon 100 m und Vernachlassigung der Luftreibung et-wa 2 cm, d. h., ein aus dieser Hohe frei fallenderKorper trifft 2 cm weiter ostlich vom Lotpunkt auf.Ahnliches gilt fur horizontal geworfene Korper, de-ren Bewegung infolge der Erdrotation nicht in einerEbene bleibt, sondern wie schon 1837 der franzosi-sche Physiker Poisson zeigte, je nach Wurfrichtung ei-ne horizontale Abweichung aufweisen. Allerdings sinddiese Effekte so gering, dass sie aufgrund von Umge-bungsstorungen experimentell nur sehr schwer nach-weisbar sind. Foucault erkannte, dass sich diese klei-nen Abweichungen bei der periodischen Bewegung ei-nes Fadenpendels akkumulieren und in der langsamen

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2 Das Foucault-Pendel im Dom zu Magdeburg

Drehung der Schwingungsebene des Pendels sichtbarwerden. Diese Drehung oder Foucault-Prazession ei-nes Pendels ist somit der einfachste und anschaulich-ste lokale Beweis der Drehung und Krummung derErdoberflache. Auf Grund des Tragheitsgesetzes ver-harrt der Pendelkorper namlich in einem Inertialsy-stem – das sind in diesem Fall die Fixsterne – indemselben Bewegungszustand, solange keine außerenKrafte quer zur Schwingungsrichtung auf ihn einwir-ken. Die Schwingungsebene hat dann relativ zum Fix-sternhimmel eine feste Ausrichtung, wahrend sich dieErde sozusagen unter dem Pendel hinwegdreht. Da-bei beschreibt der Pendelkorper auf der Erdoberflache

Rosettenformige Bahn des Pendels auf dem Erdboden

eine rosettenformige Bahn, die auf der Nordhalbku-gel im Uhrzeigersinn durchlaufen wird. Am Nord-pol wurde ein vollstandiger Durchlauf der Rosetteeinen Sterntag, also 23h 56m 04s dauern, dementspre-chend dreht sich dort fur einen irdischen Beobachterdie Schwingungsebene mit der Winkelgeschwindig-keit der Erde, die ωE = 15,041◦/h betragt. Entferntman sich vom Pol, wird die Rosette immer langsamerdurchlaufen; am Aquator dreht sich die Schwingungs-ebene relativ zur Erdoberflache uberhaupt nicht. Dasliegt daran, dass an einem Ort der geographischenBreite ϕ die Vertikale gegenuber der Erdachse geneigtist. Bei der Rundreise des Pendels (und des Domes)um die Erdachse bleibt die Ausrichtung der Schwin-gungsebene zu den Fixsternen erhalten, wahrend derErdboden unter dem Aufhangepunkt eine lokale Dre-hung um die Vertikale mit einer gegenuber ωE verrin-gerten Winkelschwindigkeit ωF = ωE sinϕ vollfuhrt.Mit ϕ = 52◦ 07′ 35′′ fur die geographische Breitevon Magdeburg (Fußpunkt der nordlichen Domspit-ze) erhalt man fur die Drehung der Schwingungsebe-ne ωF = 11,873◦/h. Die Rosette wird folglich im Domunter idealen Bedingungen in der Zeit von 30h 19m

16s einmal vollstandig durchlaufen.

Voraussetzung dafur ist, dass die Bewegung desKorpers moglichst vollstandig in einer Horizontalebe-ne verlauft. Dies ist bei einem Pendel nur naherungs-weise der Fall, aber um so besser erfullt, je geringer

der Auslenkwinkel des Pendels ist und es somit har-monische Schwingungen vollfuhrt. Andererseits ist fureine gute Beobachtbarkeit des Effektes eine nicht zugeringe horizontale Auslenkung wunschenswert. Bei-de Forderungen lassen sich nun um so besser ver-einbaren, je langer das Pendelseil ist. Außerdem istein langes Pendel unempfindlicher gegenuber unver-meidlichen Fehlerquellen wie zum Beispiel geringfugi-ge Asymmetrie in der Aufhangung. Zudem muss derPendelkorper genugend schwer sein, um den Einflussvon Reibungskraften moglichst gering zu halten.

Technische Realisierung

Als Aufhangung wurde eine rotationssymmetrischefeste Einspannung gewahlt. Das Seil lauft durch ei-ne Innenbohrung eines Zylinders und ist darin mit6 Imbussschrauben fixiert. Der Pendelkorper, einemit Blei und Sand gefullte Messinghohlkugel von40 cm Durchmesser und einer Gesamtmasse von30 kg, macht also um eine durch das Seil vorgege-bene Achse die Drehung der Erde mit. Ein markan-ter Punkt auf der Kugeloberflache behalt unabhangig

Foto

:Eckard

Specht

Einspannung des Pendelseils

von der Drehung der Schwingungsebene fur einen ir-dischen Beobachter seine Ausrichtung bei. Das Pen-delseil mit einer Lange von 35,89 m und einem Durch-messer von 2,6 mm besteht aus 7 Seelen, die ihrer-seits aus 19 (Unter-)Seelen bestehen. Dieser filigra-ne Aufbau ist notwendig, um seine mechanischen Ei-genschaften moglichst isotrop zu gestalten. Bei ei-nem einfachen zylinderformigen, gezogenen Drahtbestunde die Gefahr, dass bereits durch vorhande-ne Materialtexturen oder Einknickungen an der Ein-spannstelle nach langer Biegebelastung richtungs-abhangige Krafte auftreten, die den Foucault-Effektunterdrucken konnen. Der maximale Auslenkwinkeldes Pendels betragt ca. 1,7◦.

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1931 erfand Charron den nach ihm benannten Ring,der eine technische Neuerung darstellte. Dabei wirddas Pendelseil ca. 50–100 cm unterhalb seinesAufhangepunktes durch einen exakt konzentrisch umdie Ruhelage positionierten Ring gefuhrt, an dessenleicht konisch geformter Innenseite es sich wahrendjeder Schwingung zweimal anlegt. Die dadurch verur-sachte Reibung zwischen Seil und Ring unterdrucktwirksam Krafte quer zur Schwingungsrichtung, diebeispielsweise durch unsymmetrisches Anschwingen,Luftbewegungen (Zugluft vom Eingang des Doms)oder das Umstoßen der Messinghulsen entstehen.Diese storenden Krafte wurden sich letztendlich in ei-ner ellipsenformigen Bahn des Pendelkorpers bemerk-bar machen, die sich ohne den Charron-Ring immerweiter einer Kreisbahn annahern und schließlich denFoucault-Effekt unsichtbar machen wurde.

Foto

:Eckard

Specht

Blick von oben auf den Charron-Ring

Wer das Pendel im Dom gesehen hat, wird sichvielleicht zunachst gefragt haben: Warum schwingtes nicht wie jedes gewohnliche Pendel aus? Denndie Reibungskrafte, die das sich bewegende Pendelin der umgebenden ruhenden Luft erfahrt, mussenzwangslaufig irgendwann zum Stillstand fuhren. DieAntwort ist ganz einfach. Durch eine Spule, die sichunterhalb des Zentrums der Anordnung befindet, wirdein Magnetfeld erzeugt, das einen im Innern der Mes-singkugel befindlichen Eisenkern anzieht. Das pas-siert pro Schwingung zweimal und zwar immer dann,wenn sich der Pendelkorper von außen kommend aufden Mittelpunkt zubewegt. Ein Reflex-Optokopplerregistriert dabei den Nulldurchgang des Pendels undermoglicht so die Steuerung des Elektromagneten.Die infolge Luftreibung verloren gegangene Bewe-gungsenergie wird somit stets wieder zugefuhrt unddie Schwingung in Gang gehalten. Dieses war selbst-verstandlich zu Foucaults Zeiten noch nicht moglich,

er musste sein Pendel nach einer gewissen Zeit stetsaufs Neue anschwingen, der eigentlich zu beobach-tende Effekt war damals dennoch zu sehen.

Foto

:Eckard

Specht

Gesamtansicht der Aufhangung des Pendels

Als Anzeige der Drehung der Schwingungsebene die-nen 81 Metallhulsen, die kreisformig aufgestellt sind,so dass benachbarte Stifte in durchschnittlich 22m 28s

umgestoßen werden.

Vergleich Theorie-Experiment

Interessant ist nun eine Untersuchung, ob sich dasinstallierte Foucault-Pendel tatsachlich wie erwartetverhalt. Im nachsten Bild sind dazu viele aufeinan-derfolgende Schwingungsdauern – gemessen mittelseiner elektronischen Lichtschranke – aufgetragen: dierote Kurve zeigt 150 Messungen am 2.8., die blaueKurve 300 Messungen am 13.8. und die grune Kurve260 Messungen am 16.8.2002. Bei der roten Kurvewurde die Lichtschranke im Abstand von ca. 95 cmvom Mittelpunkt aufgestellt, bei der blauen in ei-nem Abstand von ca. 15 cm; bei beiden herrschtereger Besucherandrang am Dompendel. Es ist deut-lich zu erkennen, dass fur die jeweils ersten 150Messungen die Standardabweichung der roten Kurvemit 0,0019 s großer ist als die der blauen Kurve mit

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0,0010 s. Dies kann daran liegen, dass die Geschwin-digkeit des Pendels beim Lichtschranken-Durchgangaußen (rote Kurve) viel kleiner ist als in der Nahe des

30 60 90 120 150 180 210 240 270 300Nr. der Messung

11.908

11.910

11.912

11.914

11.916

11.918

11.920

11.922

11.924

11.926

11.928

11.930

Sch

win

gung

sdau

er in

Sek

unde

n

Fluktuationen in der Schwingungsdauer

Zentrums (blaue Kurve); bei letzterer machen sichStorungen weit weniger bemerkbar. In der zweitenHalfte der blauen Kurve wurde untersucht, welchenEinfluss Luftstromungen von der Domeingangstur ha-ben. Ab n = 167 wurde die Tur einige Minuten geoff-net, und das Pendel geriet an diesem sehr windigenTag sofort in elliptische Schwingungen, die jedochnach ca. 15 Minuten durch den Charron-Ring weitest-gehend eliminiert wurden. Der Wind blies hierbei inSchwingungsrichtung, wodurch das Pendel zusatzlichangetrieben wurde (daher die etwas kleinere mittle-re Schwingungsdauer). Die grune Kurve wurde vorder Offnungszeit des Doms gemessen, die Standard-abweichung ist mit 0,0006 s deutlich geringer. Die Pe-riodendauer betragt somit 11,92289 s bei einer Stan-dardabweichung von 0,00057 s; sie ist wegen der ma-gnetischen Anziehungskraft ein wenig kleiner als dieSchwingungsdauer eines frei schwingenden Pendels,die mit der bekannten Formel T = 2 π

l/g (mitl als Seillange und g als Schwerebeschleunigung) er-mittelt wird.

Beobachtet man hingegen die Zeiten, in denen be-nachbarte Stifte umfallen uber mehrere Tage, stelltman Erstaunliches fest. Es fallt auf, dass diese Zei-ten stark schwanken: das Minimum betrug 5,5 Mi-nuten und als Maximum wurden 4,5 Stunden(!) regi-striert. Im Bild entsprechen die schattierten Bereicheeiner 360◦-Drehung der Schwingungsebene, hierfur

benotigte das Pendel 37,38 h, 29,60 h bzw. 31,29 h.Zumindest der Mittelwert der letzten beiden Umlaufe

63 12 42 72 21 51 81 30 60 9Stift-Nr.

8

16

24

32

40

48

56

64

72

80

Zei

tdiff

eren

z in

Min

uten

Zeiten, in denen benachbarte Stifte umgefallen sind

liegt mit 30,45 h sehr nahe am theoretischen Wert von30,32 h. Auffallig ist dabei, dass sich das Pendel mit-unter langer in der Nahe der Stifte 70–80 aufhalt, dasentspricht der NNW-SSO-Richtung. Ursache fur allediese Abweichungen sind die schon genannten storen-den Krafte, die hauptsachlich durch Luftstromungenund eine mogliche geringfugige Asymmetrie in derEinspannung des Seils sowie des Magnetfeldes be-dingt sein konnen.

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Umgestossene Stifte zeigen die Drehung der Schwingungs-ebene an