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Jahrgang 1895. 1 Heft 2. 15 Januar 1895.J Kissling: SelbsteiwärmuDg von fetten Ölen. 49 Die sämmtlichen Ergebnisse der im Vor- stehenden beschriebenen Versuche seien nun nochmals in knapper Form zusammengestellt: 1. Beim Hiudurclileiten eines trockenen Luft- stromes durch „rohes" („ungekochtes"), auf 100° erhitztes Leinöl nahm letzteres pro Tag 0,87 Proc. seines Gewichts an Sauerstoff auf. Die wirkliche Gewichtszunahme betrug 0,41 Proc, der Gewichts- verlust 0,4G Proc. Die mit dem Luftstrome fort- geführten flüchtigen Stoffe enthielten 15 Proc. Kohlensäure; der Rest (85 Proc.) bestand aus flüchtigen Säuren der Methanreihe und anderen organischen Substanzen. 2. Bei hinreichend grosser Berührungsfläche zwischen den zur freiwilligen Sauerstoffaufnahme geneigten fetten Ölen und Luft und entsprechen- dem Schutz gegen Abkühlung nach aussen hin "wird durch den Oxydationsvorgang eine erhebliche Wärmemenge erzeugt. Schafft man eine solche grosse Berührungsfläche durch Tränkung von Faser- stoffen mit dem betreffenden Öle, so kann unter günstigen Bedingungen die Wärmeentwickelung bis zur Selbstentzündung der Faserstoffe steigen. 3. Die Grosse der durch diese freiwillige Oxydation erzeugten Wärmemenge ist abhängig; a) von der chemischen Beschaffenheit des betr. Öles, d. h. also von dessen Verwandtschaft zum Sauerstoff, b) von der Grosso der Berührungs- fläche zwischen 01 und Luft, also auch von der mechanischen Beschaffenheit des betr. Faserstoffes oder des porösen, bez. in feiner Vertheilung be- findlichen Körpers, sowie von dem Mengenverhält- niss, in dem das Öl und der letzteres auf- nehmende Körper zu einander stehen, c) von dem Schütze gegen äussere Abkühlung, bez. von der zugeführten Wärmemenge, d) von der Einwirkung des Lichtes. 4. Zu 3 a) bis d) ist Folgendes zu bemer- ken: a) Die 4 in dieser Richtung untersuchten Öle verhielten sich sehr verschieden; beim Rüböl liess sich unter den obwaltenden Bedingungen eine Wärmeentwickelung nicht nachweisen, beim Baum- wollsaatöl war sie sehr gering, beim ,.rohen" Leinöl etwas stärker, beim Leinölfirniss sehr be- deutend, b) Die 5 untersuchten Faserstoffe ver- hielten sich ebenfalls verschieden; die grösste Wärmeentwickelung wurde bei Anwendung von Seidenfaser beobachtet, dann folgten Thierwolle, Baumwolle, Jute, endlich Hanf, c) Der Schutz gegen Abkühlung und die von aussen zugeführte Wärmemenge ist insofern von wesentlicher Be- deutung, als die Fähigkeit der Öle, sich an der Luft unter Wärmeentwickelung zu oxydiren, bei höherer Temperatur eine wesentlich grössere ist als bei niederer, d) Im gleichen Sinne wie die Temperatur wirkt das Licht ein. 5. Die Thätigkeit von Mikroorganismen ist für die in Rede stehenden Oxydationsvorgänge bedeutungslos; dieselben sind vielmehr als rein chemische Processe aufzufassen. Das Gasgravimeter, ein bequemer Apparat für chemische Analyse auf gasometrischem Wege. Von G. Bodländer. Die analytischen Operationen, welche auf der Gewichtsbestimmung von Gasen beruhen, die bei bestimmten Reactionen entwickelt werden, lassen sich, wie ich in meinen Ar- beiten über das Gasbaroskop') gezeigt habe, durch eine Umkehrung der bisher üblichen Methoden der Gasmessung wesentlich ver- einfachen. "Wenn man nämlich statt das Volumen bei nahezu constantem (atmosphä- rischem) Druck zu messen, den Druck des Gases bei constantem Volumen feststellt, so erfährt man die Menge des Gases genau durch 1 bis 2 Ablesungen und unter wesent- licher Erleichterung oder völliger Ersparung der Rechnung. Das nämliche, dem Gasbaro- skop zu Grunde liegende Princip wird für gewisse gasometrische Untersuchungen in ganz anderer Ausführung bei einem noch einfache- ren Apparat, dem hier zu beschreibenden Gasgravimeter, angewandt. Das Gasgravimeter (Fig. 16) besteht aus der etwa 500 cc fassenden Flasche A, mit welcher durch Rohr R und Hahn H das U-Rohr Ü V verbunden ist. An den Glas- stopfen $, der dicht in den Hals der Flasche eingeschliffen ist, ist ein 20 bis 50 cc fas- sender, mit Graduirung versehener Becher B angeschmolzen. Von dem U-Rohr ist der eine Schenkel U oben geschlossen und hat einen Durchmesser von 20 mm und eine etwa ebenso grosse Höhe; der andere Schenkel V hat einen Durchmesser von 2 mm und in seine Öffnung 0 ist ein etwa 50 cm langes, oben und unten offenes Rohr V von 2 mm Durchmesser eingeschliffen. V trägt 1 bis 2 cm von der Biegungsstelle entfernt eine Marke. V ist an einer empirischen oder berechneten Scala M so befestigt, dass der Nullpunkt der Scala, wenn V auf V auf- gesetzt ist, mit der Marke auf V zusammen- fällt. Der Apparat wird, nachdem er be- schickt ist, durch den mit Bleifuss ver- sehenen Halter C so zusammengehalten, dass, wenn Druck in A herrscht, der Stopfen nicht herausgeschleudert werden kann. Zur Benutzung des Apparates füllt man das U-Rohr von 0 aus mit so viel Queck- silber, dass dessen Kuppe in V mit der Marke auf V zusammenfällt, wenn beide Schenkel des U-Rohres unter gleichem Druck 2263. ') Z. 1894, 425 bis 431; Ber. d. ehem. Ges. 27,

Das Gasgravimeter, ein bequemer Apparat für chemische Analyse auf gasometrischem Wege

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Jahrgang 1895. 1Heft 2. 15 Januar 1895.J Kissling: SelbsteiwärmuDg von fetten Ölen. 49

Die sämmtlichen Ergebnisse der im Vor-stehenden beschriebenen Versuche seien nunnochmals in knapper Form zusammengestellt:

1. Beim Hiudurclileiten eines trockenen Luft-stromes durch „rohes" („ungekochtes"), auf 100°erhitztes Leinöl nahm letzteres pro Tag 0,87 Proc.seines Gewichts an Sauerstoff auf. Die wirklicheGewichtszunahme betrug 0,41 Proc, der Gewichts-verlust 0,4G Proc. Die mit dem Luftstrome fort-geführten flüchtigen Stoffe enthielten 15 Proc.Kohlensäure; der Rest (85 Proc.) bestand ausflüchtigen Säuren der Methanreihe und anderenorganischen Substanzen.

2. Bei hinreichend grosser Berührungsflächezwischen den zur freiwilligen Sauerstoffaufnahmegeneigten fetten Ölen und Luft und entsprechen-dem Schutz gegen Abkühlung nach aussen hin"wird durch den Oxydationsvorgang eine erheblicheWärmemenge erzeugt. Schafft man eine solchegrosse Berührungsfläche durch Tränkung von Faser-stoffen mit dem betreffenden Öle, so kann untergünstigen Bedingungen die Wärmeentwickelungbis zur Selbstentzündung der Faserstoffe steigen.

3. Die Grosse der durch diese freiwilligeOxydation erzeugten Wärmemenge ist abhängig;a) von der chemischen Beschaffenheit des betr.Öles, d. h. also von dessen Verwandtschaft zumSauerstoff, b) von der Grosso der Berührungs-fläche zwischen 01 und Luft, also auch von dermechanischen Beschaffenheit des betr. Faserstoffesoder des porösen, bez. in feiner Vertheilung be-findlichen Körpers, sowie von dem Mengenverhält-niss, in dem das Öl und der letzteres auf-nehmende Körper zu einander stehen, c) von demSchütze gegen äussere Abkühlung, bez. von derzugeführten Wärmemenge, d) von der Einwirkungdes Lichtes.

4. Zu 3 a) bis d) ist Folgendes zu bemer-ken: a) Die 4 in dieser Richtung untersuchtenÖle verhielten sich sehr verschieden; beim Rübölliess sich unter den obwaltenden Bedingungen eineWärmeentwickelung nicht nachweisen, beim Baum-wollsaatöl war sie sehr gering, beim ,.rohen"Leinöl etwas stärker, beim Leinölfirniss sehr be-deutend, b) Die 5 untersuchten Faserstoffe ver-hielten sich ebenfalls verschieden; die grössteWärmeentwickelung wurde bei Anwendung vonSeidenfaser beobachtet, dann folgten Thierwolle,Baumwolle, Jute, endlich Hanf, c) Der Schutzgegen Abkühlung und die von aussen zugeführteWärmemenge ist insofern von wesentlicher Be-deutung, als die Fähigkeit der Öle, sich an derLuft unter Wärmeentwickelung zu oxydiren, beihöherer Temperatur eine wesentlich grössere istals bei niederer, d) Im gleichen Sinne wie dieTemperatur wirkt das Licht ein.

5. Die Thätigkeit von Mikroorganismen istfür die in Rede stehenden Oxydationsvorgängebedeutungslos; dieselben sind vielmehr als reinchemische Processe aufzufassen.

Das Gasgravimeter,ein bequemer Apparat für chemischeAnalyse auf gasometrischem Wege.

VonG. Bodländer.

Die analytischen Operationen, welche aufder Gewichtsbestimmung von Gasen beruhen,die bei bestimmten Reactionen entwickeltwerden, lassen sich, wie ich in meinen Ar-beiten über das Gasbaroskop') gezeigt habe,durch eine Umkehrung der bisher üblichenMethoden der Gasmessung wesentlich ver-einfachen. "Wenn man nämlich statt dasVolumen bei nahezu constantem (atmosphä-rischem) Druck zu messen, den Druck desGases bei constantem Volumen feststellt, soerfährt man die Menge des Gases genaudurch 1 bis 2 Ablesungen und unter wesent-licher Erleichterung oder völliger Ersparungder Rechnung. Das nämliche, dem Gasbaro-skop zu Grunde liegende Princip wird fürgewisse gasometrische Untersuchungen in ganzanderer Ausführung bei einem noch einfache-ren Apparat, dem hier zu beschreibendenGasgravimeter, angewandt.

Das Gasgravimeter (Fig. 16) besteht ausder etwa 500 cc fassenden Flasche A, mitwelcher durch Rohr R und Hahn H dasU-Rohr Ü V verbunden ist. An den Glas-stopfen $, der dicht in den Hals der Flascheeingeschliffen ist, ist ein 20 bis 50 cc fas-sender, mit Graduirung versehener Becher Bangeschmolzen. Von dem U-Rohr ist dereine Schenkel U oben geschlossen und hateinen Durchmesser von 20 mm und eine etwaebenso grosse Höhe; der andere Schenkel Vhat einen Durchmesser von 2 mm und inseine Öffnung 0 ist ein etwa 50 cm langes,oben und unten offenes Rohr V von 2 mmDurchmesser eingeschliffen. V trägt 1 bis2 cm von der Biegungsstelle entfernt eineMarke. V ist an einer empirischen oderberechneten Scala M so befestigt, dass derNullpunkt der Scala, wenn V auf V auf-gesetzt ist, mit der Marke auf V zusammen-fällt. Der Apparat wird, nachdem er be-schickt ist, durch den mit Bleifuss ver-sehenen Halter C so zusammengehalten,dass, wenn Druck in A herrscht, der Stopfennicht herausgeschleudert werden kann.

Zur Benutzung des Apparates füllt mandas U-Rohr von 0 aus mit so viel Queck-silber, dass dessen Kuppe in V mit derMarke auf V zusammenfällt, wenn beideSchenkel des U-Rohres unter gleichem Druck

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stehen. Auf den Boden von A bringt mandie zu untersuchende Substanz (feste Körperoder Flüssigkeiten) in abgewogener oder ab-gemessener Menge, und in den Becher Bbringt man die die Zersetzung unter Gasent-•wickelung hervorrufende Flüssigkeit, welcheim Überschuss vorhanden sein muss. Mansetzt den mit hartem Fett eingeschmiertenStopfen auf die Flasche, schraubt dieselbein den Halter M ein, entfernt den Hahn Haus seiner Führung und setzt den Apparatin ein grösseres, mit Wasser von Zimmer-temperatur gefülltes Gefäss. Nachdem derApparat hier einige Minuten geblieben ist,setzt man den Hahn H so ein, dass derselbeden Inhalt der Flasche absperrt, verschliesstdie Öffnung 0, um ein Herausschleudern vonQuecksilber beim Schütteln zu verhüten,durch einen Stopfen und bringt durch Neigen

I

Fig. IG.

des Apparates die Flüssigkeit aus B zumAusfliessen. Man bewirkt durch Schüttelneine Beschleunigung der Reaction und setztauch nach deren am Aufhören der Gas-entwickelung erkennbaren Beendigung dasSchütteln 1 bis 2 Minuten fort, um eine voll-kommene Mischung des gasförmigen Inhaltsund eine vollständige Entbindung des in derFlüssigkeit im Zustande übersättigter Lösungbefindlichen Gases zu bewirken. Dann setztman den Apparat in das Wassergefäss, ent-fernt den Stopfen von 0 und setzt das RohrV auf V auf. Durch vorsicht iges Drehenvon Hahn H bewirkt man, dass der Über-druck sich allmählich dem Gefäss Umittheiltund das Quecksilber langsam in V und Vin die Höhe steigt, ohne dass sich Luft-blasen zwischen die Quecksilbersäule ein-schieben. Der Stand des Quecksilbers in Voder V zur Scala wird abgelesen und aus

ihm, sowie aus der Zimmertemperatur er-gibt sich die Menge des entwickelten Gasesbez. des zu bestimmenden Körpers.

Beträgt das Volumen der Flasche A ein-schliesslich des Luftraumes über dem Quecksilberin U und abzuglich des von dem leeren Becher Beingenommenen Raumes V cc, und ist der Apparatmit w cc Flüssigkeit beschickt worden, so beträgtder Luftraum V — w cc. Dieser Raum ist vordem Eintritt der Reaction mit Luft vom Atmo-sphärendruck h mm und der Temperatur t desZimmers gefüllt. Das auf 0° und 7G0 mm redu-cirte Volumen der Luft in A beträgt sonach:

(V — w). h . 273Ö7T3"~y

Sind a auf 0° und i 60 mm reducirte cc Gasentwickelt worden, so beträgt die Gesaiumtmengevon Luft und entwickeltem Gas, beide auf 0° und760 mm reducirt:

l607(273~+"t)" + a °C'Diese Gasmonge ist in dem Raum V — w

enthalten, steht aber in demselben unter dem Druckder Atmosphäre vermehrt um den Druck der Queck-silbersäule in V und T'. Sei die Höhe dieser Säuleb mm, so ist das reducirte Volumen von Luft undentwickeltem Gas zusammen:

(V- w). h .273 __ (V - w). (h + b). 27376Ö~. (273 +1) + " ~ " "760 7 (273~+Y)

folglich:_ ( V —w).b. '273

ll~lW7(273"+t)" CC'Die Menge des Gases ist also proportional

dem Druck der Quecksilbersäule in T' und V undkann, ohne dass der Barometers tand zu be-rücks icht igen wäre, direct aus dem Druck bberechnet werden. Es sind aber noch einige Um-stände zu berücksichtigen, wenn man genaue Er-gebnisse erhalten will.

Der Druck im Apparate wird an dem Standedes Quecksilbers in 1T oder 1 ' zum Nullpunkt derScala abgelesen: da aber gleichzeitig mit demSteigen des Quecksilbers in V ein Sinken in Uauftritt, ist der wirkliche Druck grösser als derabgelesene. Ist der Durchmesser von V 2 mm,von U 20 mm und sind beide Röhren cylindrisch,so ist der abgelesene Druck b das 1,01 fache deswirklichen, es ist also für b in obiger Gleichung1,01 b zu setzen. Dadurch, dass Quecksilber ausU verdrängt wird, steigt ferner der für das Ge-misch von Gas und Luft disponible Raum. Be-trägt die abgelesene Steighöhe b mm, so ist dieGrosse des freigewordenen Raumes bei einein Durch-messer von 2 mm für V und V b . 0,001 . 3,14 cc.Dieser Raum werde, wie wir ohne jeden Fehlerannehmen können, ganz mit dem entwickelten Gasegefüllt: dann beträgt die Menge des zu obigemWerthe hinzuzuzählenden reducirten Gases

b . 0,00314 (1,01 b + h) . 273760 . (273'+!)""

Ein Theil des entwickelten Gases löst sich inder Entwickelungsflüssigkeit; sei der Absorptions-coefficient derselben für mittlere Zimmertemperatur 1und die Menge der Flüssigkeit w, so ist die Menge

— ; ec.

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des gelösten Gases bei einem abgelesenen Druck b,also einem wirklichen Druck 1,01 b

w . 1. 1,01 bcc.760

Es kommt nur der Partialdruck des entwickel-ten Gases in Betracht, auch dann, wenn die ent-wickelten Gase Sauerstoff oder Stickstoff sind, weildie Flüssigkeit mit denselben bei dem in der Atmo-sphäre herrschenden Partialdruck schon vor derGasentwickelung gesättigt ist. Die Gesammtmengedes entwickelten Gases beträgt also:

(V—w). 1,01b. 273w 760. (273-b . 0,00314 (1,01 b + h).273

• t )

1.1,01bl

760760 . (273 + t)Trotzdem in diese erweiterte Gleichung

der wechselnde Barometerstand h eintritt,kann man von einer Bestimmung desselbenabsehen und für denselben einen Mittelwerthvon 750 mm einsetzen. Ist selbst h inWirklichkeit um 50 mm niedriger oder höher,so wird, wenn das Volumen von V — w etwa480 cc beträgt, die Grosse von b durch denFehler nur um das 0,0003 fache seines Werthesbeeinflusst, also bei einem Werthe b = 333 mmum 0,1 mm, also eine mit blossem Augekaum bestimmbare Grosse; die Steighöhevon 333 mm ist fast die höchste, welchebei gewöhnlichen Bestimmungen zur Beob-achtung gelangt.

Eine etwas grössere Bedeutung hat derUmstand, dass wegen des zweiten Correc-tionsgliedes in der obigen Gleichung die ge-naue 'Proportionalität zwischen Überdruckund Gasmenge verschwindet. Wenn z. B.die aus 1 g Natriumcarbonat entwickelteKohlensäure einen Überdruck von 350 mmhervorruft, wird das aus 0,5 g entwickelteGas einen Überdruck von 175,18 mm stattvon 175 mm bewirken.

Berechnet man auf Grund der Formelaus dem bekannten Volumen eines Gasgravi-meters, dem Flüssigkeitsvolumen, dem Ab-sorptionscoefficienten des Gases in Wasserund der beobachteten Steighöhe die Mengedes zersetzten Stoffes, so findet man mitwenigen Ausnahmen eine genaue Überein-stimmung zwischen den beobachteten undden berechneten Werthen. Genaue Überein-stimmung ergab sich bei der Bestimmungder Carbonate der Alkalien aus dem Druckder entwickelten Kohlensäure, bei der Be-stimmung von Wasserstoffsuperoxyd, Kalium-permanganat, Braunstein, Chlorkalk u. dgl.aus dem Druck des entwickelten Sauerstoffs,bei der Bestimmung des Zinks im Zinkstaubaus dem Druck des Wasserstoffs und der Be-stimmung der Ammonsalze aus dem durchNatriumhypobromit entwickelten Stickstoff.Kleine Abweichungen zeigten sich bei der

Zersetzung von Calciumcarbonat durch Salz-säure, indem hier die Verminderung derDampfspannung des Wassers durch das Chlor-calcium, und vielleicht ein Zurückhalten vonetwas Kohlensäure durch die Lösung in Folgevon Übersättigung oder eine unvollkommeneZersetzung den Druck etwas erniedrigte.Die Fehler waren sehr gering, aber immer-hin der Beobachtung zugänglich. GrössereAbweichungen zeigten sich bei der Bestim-mung der Essigsäure aus der aus überschüs-sigem Calciumcarbonat entwickelten Kohlen-säure und bei der Zersetzung von Harnstoffdurch Natriumhypobromit. Hier war dieUrsache der zu geringen Drucke offenbareine unvollkommene, bez. zum Theil ab-norme Zersetzung. Auch in diesen Fällenaber zeigte sich für die nämliche Substanzein ganz constantes Verhältniss der beob-achteten zu den berechneten Werthen, wo-durch es bei Berücksichtigung der vorhan-denen Abweichungen möglich war, aus dengefundenen Zahlen die Mengen der ange-wandten Substanz in zahlreichen Wieder-holungen der Versuche genau zu erhalten.

Um die Berechnung der zersetzten Sub-stanz aus dem Druck zu vereinfachen oderentbehrlich zu machen und um gleichzeitigfür bestimmte Substanzen den Abweichungender berechneten von den beobachtetenDruckenRechnung zu tragen, werden dem Gasgravi-meter Scalen beigegeben, die so eingetheiltsind, dass die abgelesenen Drucke direct dieGewichtsmengen der zersetzten Substanz au-geben. Wegen der Verschiedenheit der an-zuwendenden Flüssigkeitsmengen und derAb-sorptionscoefficienten der entwickelten Gasekann jede Scala ohne weiteres nur für einebestimmte Klasse von Bestimmungen benutztwerden. Die Zahlen beziehen sich auf Be-stimmungen bei 18°; eine einfache, demApparat beigegebene Tabelle ermöglicht eineCorrection der bei anderen Temperaturenabgelesenen Drucke auf 18°, ohne jede Rech-nung vorzunehmen.

Als einer der Vortheile, welche die An-wendung des Gasgravimeters gegenüber dengebräuchlichen technischen Gasmessern bietet,ist es anzusehen, dass eine Ablesung desBarometerstandes vollständig erspart und,eine Umrechnung der abgelesenen Zahlen aufnormalen Druck vermieden wird. Da keine•wässerige Sperrflüssigkeit vorhanden ist, fälltdie Absorption des entwickelten Gases, diesonst sehr störend wirkt, weg, und es kommtnur die Absorption in der Entwickelungs-flüssigkeit in Betracht, deren Einfluss aufden Druck bei Herstellung der Scalen be-rücksichtigt ist. Wegen der Grosse der ent-wickelten Gasmenge spielen kleine, durch

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Verschiedenheit der Temperatur und derConcentration der Lösungen bedingte Ab-weichungen in der Absorption eine vollkom-men zu vernachlässigende Rolle. Der leichthandliche Apparat enthält nur Glasver-schlüsse, so dass Fehler durch Diffusion undUndichtheiten nicht vorkommen können.Nach vollzogener Einwage ist eine Zeit vonhöchstens 5 Minuten für eine Bestimmungausreichend, und der Apparat ist nach ein-fachem Ausspülen mit Wasser für eine neueBestimmung bereit. Da die Wände des Ge-fässes vor und nach der Gasentwickelungbefeuchtet sind und das Volumen sich nichtändert, so ist die Correction für den Wasser-dampf vollständig vermiedeu. Die Tempe-raturconstanz wird leicht dnrch Eintauchenin Wasser hergestellt, ohne dass die Ab-lesung hierdurch erschwert wird, weil dieScala aus dem Wasser herausragt.

Von dem Gasbaroskop unterscheidet sichdas Gasgravimeter durch die einfache Con-struction, die bequemere Hantirung und da-durch, dass man für den Apparat nur 3 bis5 cc Quecksilber braucht. Andererseits lassensich nicht alle auf Gasmessung beruhendenOperationen mit dem Gasgravimeter aus-führen, namentlich nicht diejenigen, bei deneneine stärkere Erwärmung für die Gasent-wickelung nöthig ist, und die nitrometrischenUntersuchungen. Die Genauigkeit der An-gaben des Gasgravimeters ist in den meistenFällen fast ebenso gross, wie die der An-gaben des Gasbaroskops. Als Hilfsinstru-ment für das Gasgravimeter genügt ein ein-faches Thermometer, an dem die Zahlen bisauf halbe Grade genau abgelesen werdenkönnen.

Besonders zweckmässige Verwendung fin-det der Apparat als Calc imeter , nament-lich für die Untersuchung des Rohmaterialsder Cementfabrikation, sowie der Knochen-kohle. Die Scala trägt 100 Haupttheil-striche, deren jeder etwa 3,6 mm vom näch-sten entfernt ist und dazwischen je 4 Unter-theilstriche. — Jeder Haupttheilstrich zeigt0,01 g zersetztes Calciumcarbonat an, undbei Einwage von 1 g liest man direct dieProcente Calciumcarbonat in der Mischungab. Das zu untersuchende gepulverte Ma-terial wird trocken auf den Boden des Ge-fässes gebracht und in den Becher 10 ccSalzsäure mittlerer Concentration. Ob einigeFlüssigkeitstropfen mehr oder weniger anden Wänden des Gefässes haften, beeinflusstdas Resultat nicht. Zahlreiche Controlbe-stimmungen haben ergeben, dass die Resul-tate bis auf 0,1 Proc. genau sind.

Auch zur T i t e r s t e l l u n g von Normal-säuren kann man das Gasgravimeter ver-

wenden, indem man die abgemessene Mengeder zu stellenden Säure auf den Boden derFlasche A bringt und in den Becher B10 cc einer Suspension von Schlemmkreide inWasser. Man wählt eine Suspension vonmindestens 200 g auf 1 l Wasser, damitimmer ein Überschuss von Calciumcarbonatzugegen ist. Es ist hierbei für das Re-sultat von geringer Bedeutung, welche Mengenvon Flüssigkeit man in den Apparat bringt,da die Volumverminderung durch Einführungvon mehr Flüssigkeit den Druck, der durcheine bestimmte Menge Kohlensäure hervor-gerufen wird, fast genau um ebenso vielsteigert, als die vermehrte Absorption durchdie Flüssigkeit und durch die Bildung vonCalciumdicarbonat ihn erhöht. Die zur Be-stimmung des Calciumcarbonats dienendeScala kann ohne Weiteres zur Titerstellungvon Säuren angewandt werden. 1 cc einerNormalsäure entwickelt 22 mg Kohlensäure,also ebenso viel wie 50 mg reines Calcium-carbonat. Der durch 20 cc Normalsäureund 10 cc Kreidesuspension bewirkte Über-druck muss das Quecksilber bis zum Theil-strich 100 der Calcimeterscala treiben. JederHaupttheilstrich entspricht l\b cc Normal-säure oder 2 cc '/jo-Normalsäure.

Dies Verhältniss gilt nur, wenn Mineral-säuren, namentlich Salzsäure oder Salpeter-säure, einzustellen sind, die sich mit Calcium-carbonat vollständig und zu löslichen Salzenumsetzen. Will man den Gehal t vonEss igsäure auf gleiche Weise ermitteln, sosieht man, dass die Säure nicht vollständigauch durch noch so grossen Überschuss anCalciumcarbonat neutralisirt wird. Trotzdemkann man das Gasgravimeter gut zur schnellenBestimmung des Gehaltes an Essigsäurenamentlich in solchen Flüssigkeiten anwenden,die ihrer dunklen Farbe wegen eine maass-analytische Bestimmung unmöglich machen.Es werden durch einen Überschuss von sehrfeinem Calciumcarbonat 93 Proc. der vor-handenen Essigsäure gebunden; es entsprichtalso 1 Theilstrich der Calcimeterscala nicht60, sondern 0,93 . 12 = 11,6 mg Essigsäure.Am besten ist es aber, für häufig wieder-kehrende Essigbestimmungen eine besondere,eventuell dem Apparat beigegebene Aceto-meterscala zu benutzen, von welcher jederHaupttheilstrich 10 mg Essigsäure anzeigt,jeder Untertheilstrich 2 mg, so dass die Be-stimmung bis auf ganze Milligramm genauist. Wendet man 20 cc des zu unter-suchenden Essigs zur Prüfung an, so erhältman den Procentgehalt durch Multiplicationder abgelesenen Zahl mit 5 bis auf ljm Proc.genau. Auch hier wurde durch zahlreicheVersuche mit Essig, dessen Gehalt maass-

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analytisch ermittelt worden war, die Zu-verlässigkeit und Schnelligkeit der Be-stimmung festgestellt.

Die gleiche Menge Kohlensäure, welcheaus 1 g Calciumcarbonat entwickelt wird, ent-steht auch bei der Zerlegung der äquiva-lenten Menge Natrium- oder Kaliumcarbonatdurch Säuren. In der That ist der durch1,061 g reinen Natriumcarbonats hervorge-rufene Druck ebenso gross, wie der durch1 g Calciumcarbonat bewirkte. Währendaber der von kleineren Mengen Calcium-carbonat ausgehende Druck nicht genau derEinwage proportional ist, sodass die Scalen-theilstriche in der unteren Hälfte der Scalaeinen sehr wenig kleineren Abstand von ein-ander haben müssen als in der oberen, istbeim Kalium- und Natriumcarbonat, wennimmer gleiche Flüssigkeitsmengen in denApparat kommen, der Druck der entwickeltenKohlensäure genau der Menge vorhandenenAlkalicarbonats proportional. Man kannohne erheblichen Fehler die Calcimeterscalafür die Bestimmung der Alkalicarbonate be-nutzen, wobei bei Einführung von 10 ccFlüssigkeit in den Apparat ein Haupttheil-strich 0,01061 g Na2CO3 oder 0,028626 gNa2CO3-(-10H2O oder 0,013822 g K2CO3

entspricht. Für genaue Bestimmungender Alka l icarbonate wendet man ambesten eine besondere Scala an, die wie diefür Calciumcarbonat 100 Haupttheilstricheund je 4 Nebentheilstriche zwischen 2 Haupt-theilstrichen trägt. Jeder Haupttheilstrichentspricht 4,4 mg CO3 = 10,61 mg Na2CO3

= 28,626 mg Na2CO3-h 10H2O = 6,21 mgNa2O = 8,406 mg NaHC03 = 13,822 mgK2CO3=9,422mgK2O = 10,012mgKHCO3,also immer ein Zehntel des Moleculargewichtsin mg bei denjenigen Substanzen, von denen1 Mol. 1 Mol. CO2 entwickelt. Da auchhier der Raum zwischen 2 Theiistrichen3,6 mm beträgt, so lassen sich bequem nochdie Zehntel der angegebenen Mengen be-stimmen. Die Maximaleinwagen ergebensich durch Multiplication der Zahlen mitHundert.

Das Gasgravimeter bietet ein bequemesMit te l , Carbonate neben Ä t z a l k a l i e nund Dicarbonate neben Carbonaten zubestimmen, namentlich auch bei der Unter-suchung von Rohsoda lauge und car-bonis i r te r Lauge. Man bestimmt in einemTheil der zu untersuchenden Probe das Ge-sammtalkali durch Titration mit Salzsäureund Methylorange und in einem anderenTheil die Kohlensäure durch das Gasgravi-meter, wobei zu beachten ist, dass das-selbe mit 20 cc Flüssigkeit beschickt seinmuss.

Ch. 95.

Sind a cc Normalsäure bei der Titration ver-braucht worden, und hat der Druck der Kohlen-säure das Quecksilber im Gasgravimeter bis zumTheilstrich b emporgetrieben, so ist, wenn a grösserist als b/5, Atzkali neben Carbonat vorhanden undwenn a kleiner als b/5, ist Dicarbonat neben Car-bonat vorhanden.

Die Probe enthält, wenn gleiche Mengen fürdie Titration und Gasentwickelung angewandtworden sind:

wenn a grösser als b/5 istb/5 • 31,05 mg Na2O als Carbonat oder b • 1O,G1 mg

Na2C03

(a—b/5) • 31.05 mg Na2O als Ätznatron oder(a—b/5) • 40,06 mg Na OH,wenn a kleiner als b/5 ist

(b/5 — a) • 31,05 mg Na2O als Dicarbonat oder(b/5 —a) • 84,06 mg NaHCO.,

(2a—b/5) • 31,05 mg Na2O als Carbonat oder(a—b/10) • 106,1 mg Na2CO3.

Man kann ferner das Gasgravimeter alsAzotometer benutzen, indem man zur Be-stimmung von Ammonsalzen oder vonHarnstoff die zu untersuchenden Probendurch überschüssiges Natriumhypobromit zer-setzt. Man verwendet 50 cc Natriumhypo-bromitlauge und 20 cc der zu untersuchendenFlüssigkeit, oder bei höherem Stickstoff-gehalt eine geringere Menge, der man soviel Wasser zusetzt, dass die Gesammtmengeder Flüssigkeit im Gasgravimeter 70 cc be-trägt. Weil hierdurch der für das entwickelteGas disponible Raum kleiner wird als beider Zersetzung von Calciumcarbonat und weildie Absorption des Stickstoffs eine geringereist als die der Kohlensäure, ist der vomStickstoff ausgeübte Druck grösser als dervon einem gleichen Volumen Kohlensäure.Es lässt sich nach der Formel ( l) der Druckeiner gegebenen Menge Stickstoff berechnenund diese Berechnung ergibt für ein Gas-gravimeter, dessen Volumen 500 cc beträgt,dass der Druck des aus 70 cc Flüssigkeitentwickelten Stickstoffs um das 1,15 fachegrösser ist als der des gleichen VolumensKohlensäure, die aus 10 cc Flüssigkeit ent-wickelt worden ist. Ein Haupttheilstrichder Calcimeterscala entspricht in Folge dessennicht 2,8 mg Stickstoff sondern, 2,8 : 1,15= 2,435 mg Stickstoff. Die bei Zersetzunggewogener Mengen Chlorammonium erhaltenen,vom Stickstoff verursachten Überdrucke ent-sprachen den nach der Formel berechneten.Am besten ist es, für häufige Bestimmungenvon Stickstoff in Ammonsalzen auf das Gas-gravimeter eine für Azotometrie geaichteScala zu setzen, die 200 Theilstriche ent-hält und von der jeder Theilstrich 1 mgStickstoff = 3,8143 mg Chlorammonium= 4,7175 mg Ammonsulfat = 1,2151 mgAmmoniak anzeigt. Für die Best immung

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des Harnstoffes lässt sich dieselbe Scalaanwenden. Versuche mit reinem Harnstoff er-gaben, dass im Mittel aus zahlreichen Bestim-mungen, die geringe Abweichungen von ein-ander zeigten, 93,6 Proc. des im Harnstoffenthaltenen Stickstoffs im Gasgravimeterentwickelt werden. Es zeigt 1 Theilstrichder Scala also 2,0044 mg Harnstoff an oderabgerundet mit genügender Genauigkeit imVergleich zu den Versuchsfehlern 2 mg. DieGeschwindigkeit der Bestimmung des Harn-stoffs im Gasgravimeter macht zusammenmit der Ersparung jeglicher Rechnung denApparat für physiologische Untersuchungensehr geeignet. Zu beachten ist, dass dieerhebliche Erwärmung, welche bei der Ein-wirkung der Bromlauge auftritt, eine längereAbkühlung des Apparates auf die Ausgangs-temperatur nöthig macht; erst nach etwa5 Minuten langem Aufenthalt in dem Kühl-wasser hört das Quecksilber auf zu fallen.

Eine grosse Anzahl von Bestimmungenlässt sich mit dem Gasgravimeter unter An-wendung von Wasserstoffsuperoxyd ausführen.Hier sollen nur die Untersuchungsmethodenangeführt werden, deren Ausführbarkeit imGasgravimeter erprobt worden ist, und beidenen sich immer ausgezeichnete Überein-stimmung mit den auf dem Wege der Ge-wichts- oder Maassanalyse festgestellten Er-gebnissen herausgestellt hat. Es unterliegtkeinem Zweifel, dass die zahlreichen, vonBaumann u. A. angegebenen, mit Hilfe vonWasserstoffsuperoxyd auszuführenden gaso-metrischen Analysen mit Hilfe des Gas-gravimeters zweckmässig vorgenommen werdenkönnen. Namentlich eignet sich das Gas-gravimeter zur Untersuchung von Chlor-k a l k durch Zersetzung mit überschüssigemWasserstoffsuperoxyd. Es ist bei der Aus-führung nur darauf zu achten, dass nachdem Ausgiessen des Wasserstoffsuperoxydsder Apparat nur 1 Minute lang kräftig ge-schüttelt und dann schnell in das Kühl-wasser gebracht wird. Nimmt man sofortdie Druckmessung vor, so entspricht der vonder Scala abgelesene Gehalt genau demnach der Methode von Penot bestimmten.Eine Verzögerung von 1 bis 2 Minuten übtnoch keinen störenden Einfiuss; wartet manaber längere Zeit, so beginnt die spontaneZersetzung des überschüssigen Wasserstoff-superoxyds unter langsamer Drucksteigerung.Natürlich ist auch hier darauf zu achten, dassdie Gesammtflüssigkeitsmenge genau der ent-spricht, für welche die Scala eingetheilt ist.Wird ein Apparat von 500 cc Inhalt mitzusammen 50 cc Flüssigkeit beschickt, soentspricht bei 18° 1 mg Chlor einer Steig-höhe von 0,466 mm.

Am besten ist es, auch für die Chloro-metr ie eine besondere, dem Apparat angepassteScala zu benutzen, die so eingerichtet ist, dassjeder Haupttheilstrich, 3,2 mg entwickeltem Sauer-stoff = 7,09 mg bleichendem Chlor = 2,23851 ccChlor von 0° und 760 mm entspricht. Da jedervon diesen Haupttheilstrichen vom nächsten3,9434 mm entfernt ist, ist es leicht, mit Hilfevon Untertheilstrichen bis auf halbe mg Chlor ge-nau die Bestimmung auszuführen. Vertheilt man7,09 g Chlorkalk in 250 cc Wasser und bringt25 cc in das Gasgravimeter, so zeigt ein Haupt-theilstrich 1 Proc. bleichendes Chlor, also einenenglischen Grad an. Bringt man 11,1925 g Chlor-kalk in 250 cc Wasser und 25 cc der Mischung inden Apparat, so entspricht jeder Haupttheilstricheinem französischen Grad, d. h. einem Liter Chlor-gas von 0° und 760 mm, welches aus 1 k Chlor-kalk entwickelt werden kann. Zur Zersetzung desChlorkalks führt man in jedem Fall in den BecherB 25 cc neutrale Wasserstoffsuperoxydlösung ein.Der Gehalt derselben muss für die Zersetzungenvon 0,709 g 0,6 Proc, für die Zersetzung der1,11925 g 0,9 Proc*. im Minimum betragen. Esist zweckmässig, keinen zu grossen Überschuss vonWasserstoffsuperoxyd anzuwenden und man benutztam besten eine 1 proc. Lösung.

Der G e h a l t e i n e r W a s s e r s t o f f s u p e r -o x y d l ö s u n g kann gleichfalls im Gasgravi-meter festgestellt werden. Wenn man Wasser-stoffsuperoxyd durch einen Überschuss vonverdünnter Schwefelsäure und Kaliumper-manganat* zersetzt, sodass die Gesammt-rnenge der Flüssigkeit im Apparat 50 ccbeträgt, so entspricht jeder Haupttheilstrichder für die Chlorometrie benutzten Scala3,4 mg Wasserstoffsuperoxyd.

Hat man also z. B. 25 cc einer Lösung zer-setzt und dabei einen Überdruck von 12 Theil-strichen an der Scala erhalten, so enthielt dieLösung 12.0.0034 = 0,0408 g H2O2 = 0,1(532 Proc.

| Da an der Scala nur Drucke abgelesen werden• können, die höchstens 0,34 g 11, 02 entsprechen,j so muss man von Lösungen, die mehr als 1,3 Proc.

H2 0.2 enthalten, eine entsprechend geringere Mengein den Apparat bringen und durch Wasserzusatzdaiür sorgen, dass die Gesammtflüssigkeit imApparat 5̂0 cc beträgt. Da jeder Haupttheilstrich2,23851 cc Sauerstoff von 0° und 760 mm ent-spricht, so kann man auch die aus 1 cc ^Vasser-stoffsuperoxydlösung zu entwickelnde Sauerstoff-menge mit Hilfe des Gasgravimeters feststellen.

Unter Benutzung der gleichen Scala kannman das Gasgravimeter zur Geha l t sbe -st immung von K a l i u m p e r m a n g a n a t -lösung benutzen, indem man dieselbe durcheinen Überschuss von Schwefelsäure undWasserstoffsuperoxyd zersetzt und auch hierim Ganzen 50 cc Flüssigkeit in den Apparatbringt. Da jeder Haupttheilstrich 3,2 mgSauerstoff anzeigt, so entspricht er einemWirkungswerth von 11,2 mg Eisen Sindz. B. 40 cc einer 1/10 Normalchamäleonlösung,

Jahrgang 1895. "1Heft 2. 15. Janaar 1895.J Bodländer: Das Gasgravimeter. 55

von der also 1 cc 5,6 mg Eisen entspricht,durch 10 cc angesäuerte Wasserstoffsuper-oxydlösung zersetzt worden, so muss dasQuecksilber bis zum Haupttheilstrich 20steigen.

Ferner kann der Gehalt von Braun-stein an MnO2 mit Hilfe derselben Scalaermittelt werden, wenn man wieder die Ge-sammtmenge der Flüssigkeit auf 50 cc bringtund den Braunstein durch Schwefelsäure undWasserstoffsuperoxyd in Lösung bringt. Manübergiesst zur Zersetzung der Carbonate denfein gepulverten Braunstein mit der ver-dünnten Schwefelsäure, giesst das Wasser-stoffsuperoxyd in den Becher, schliesst denApparat nach eingetretenem Teinperatur-gleichgewicht und bringt die Substanz in Re-action. Es entspricht ein Theilstrich 8,7 mgMnO2. Hat man 0,870 g Braunstein einge-wogen , so zeigt jeder Theilstrich 1 Proc.MnO2 an. Man braucht für die Zersetzungdes Braunsteins 0,34 g H2O2 und wendetletzteres in nicht zu grossem Überschüsse an.

Auch das Mangan im Eisen lässt sichsehr bequem und genau mit Hilfe des Gas-gravimeters bestimmen. Man fällt dasMangan aus der Lösung des Eisens in con-centrirter Salpetersäure durch Kaliumchlorat,verdünnt, filtrirt, wäscht aus und bringtFilter samtnt Niederschlag auf den Bodendes Gasgravimeters. Dazu gibt man ver-dünnte Schwefelsäure und in den BecherWasserstoffsuperoxyd, sodass zusammen 50 ccFlüssigkeit im Apparat vorhanden sind. DasVolumen des Niederschlages kann vernach-lässigt werden. Hier entspricht ein Haupt-theilstrich der Scala 5,5 mg Mangan.

Zur Gehaltsbestimmung von Zink-staub benutzt man den Druck des durchconcentrirte Salzsäure entwickelten Wasser-stoffes. Zahlreiche Versuche haben ergeben,dass man die Auflösung des metallischenZinks am besten durch 20 cc Salzsäure von1,2 bewirkt, der man zur Beschleunigungder Auflösung 1 Tropfen sehr verdünnterPlatinchloridlösung zusetzen kann. Die beider Einwirkung der concentrirten Salzsäureauf das Zink eintretende Erwärmung be-schleunigt die Auflösung, sodass dieselbe in2 bis 3 Minuten beendet ist. Die Abkühlungerfolgt wegen der geringen Flüssigkeits-menge sehr schnell, und dass sie beendetist, erkennt man daran, dass das Queck-silber nicht mehr sinkt. Die Resultatelassen sich unter .Berücksichtigung des Vo-lumens des Apparates und der eingeführtenFlüssigkeit aus der in mm gemessenen Steig-höhe leicht berechnen, und die Berechnungergab in mehreren Versuchen genaue Über-einstimmung mit den nach der Methode von

Topf erhaltenen Zahlen. Wendet man dieScala an, welche für die auf der Sauerstoffent-wicklung beruhenden gasometrischen Methodendient, so entspricht ein Haupttheilstrichderselben 0,006947 g metallischem Zink,und bei einer Einwage von 0,6947 g er-geben die abgelesenen Zahlen direct denProcentgehalt des Zinkstaubes an metalli-schem Zink2).

Clausthal Bergakademie. December 1894.

Elektrochemie.Elekt ro lyse der Ni t rosylschwefel -

säure. Nach A. Gurcmann (Z. anorg. 7,161) wird bei der Elektrolyse verdünnterSäure am positiven Pol Sauerstoff entwickelt,bei der Elektrolyse concentrirter Nitrose ent-weicht der Stickstoff völlig als Stickoxyd.

Appara t zur e lek t ro ly t i schen Zer-setzung von Salzlösungen. Th. Craney(D.R.P. No. 78 539) hat seinen Apparat(d. Z. 1894 646) verbessert, wie Fig. 17 che-matisch denselben im Grundriss zeigt; Fig. 18ist senkrechter Längsschnitt, Fig. 19 ein Quer-

I schnitt nach x-x in Fig. 18. Ein Gefäss Aaus Steingut, Glas, Cement oder am bestenaber aus Holz, welches an den erforderlichenSteilen mit einer Bekleidung versehen ist,wird mit einem Deckel B luftdicht ver-schlossen, um die sich entwickelnden Gaseam Entweichen zu hindern, und mit einemgeeigneten Einlassrohr C zur Einführung derSalzsoole, sowie mit einem Auslass D zurEntfernung der flüssigen Zersetzungsproducteausgerüstet. Der ganze Boden des Gefässesist bedeckt mit einer nicht angreifbarenporigen Masse A2, wie Thon, Glas, Sand.Asbest o. dgl. Hierdurch ist eine sog. elek-trolytische Scheidewand hergestellt, welche

| den Vorgang der Elektrolyse nicht hemmt,aber doch die Vermischung und Wiederver-einigung der Zersetzungsproducte verhindert.Die Trennungswände E Ex zerlegen das Ge-fäss A in mehrere Kammern oder Zellen, sodass diese allmählich den freien Flüssigkeits-zufluss erhalten und ihn zwingen, abwech-selnd über den oberen Rand der einen Tren-nungswand und unter den unteren der nächstenin seiner Strömung vom einen zum andernEnde des Gefässes zu fliessen. Die Trennungs-wände können aus gleichem Material wie

-) Die Herstellung des gesetzlich geschütztenGasgravimeters und der zugehörigen Soalen istHerrn Dr. II. Geissler Nachfolger, Bonn über-tragen.