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1 MMW-Fortschr. Med. Nr. 9 / 2012 (154. Jg.) AKTUELLE MEDIZIN SUBKLINISCHE HYPERTHYREOSE Das geht aufs Herz Ein akut entzündeter Wurmfortsatz wird in der Regel operativ entfernt. Oft wäre die primäre Behandlung mit Antibiotika jedoch eine wirksame und sichere Alternative. Ärzte des Nottingham University Hospitals haben vier Studien mit insgesamt 900 Pati- enten ausgewertet. Von den Patienten mit Verdacht auf unkomplizierte Appendizitis waren 470 mit Antibiotika behandelt wor- denl. Bei 63% dieser Patienten war die Be- handlung erfolgreich, d. h., sie sprachen auf die Antibiotika an und entwickelten auch im folgenden Jahr keine erneuten Be- schwerden, die eine Appendek- tomie erforderlich gemacht hätten. Durch die medika- mentöse Therapie wurde das Risiko für Komplikationen – per- forierte Appendizitis, Peritonitis oder Wundinfektionen – im Vergleich zur sofor- tigen Operation um 31% gesenkt. Der Un- terschied kam vor allem durch die operati- onsbedingte Morbidität zustande. BMJ 2012;344:e2156; doi: 10.1136/bmj.e215 Die endogene, subklinische Hyperthyreose ist mit einer erhöhten kardiovaskulären und Gesamtsterberate sowie mit einem er- höhten Risiko für Vorhofflimmern assozi- iert. Dies hat die Analyse mehrerer prospek- tiver Studien mit insgesamt fast 53 000 Pati- enten bestätigt. Das höchste Risiko haben danach Patienten mit einem TSH-Wert un- ter 0,1 mIU/l. 2200 Studienteilnehmer hat- ten eine subklinische Hyperthyreose. Die Gesamtsterberate der Patienten mit sub- klinischer Hyperthyreose war um das 1,24-Fache, die KHK-Sterberate um das 1,29-Fache erhöht. Die Schilddrüsenfunk- tionsstörung war zudem mit einem um das 1,6-Fache erhöhten Risiko für Vorhofflim- mern assoziiert. Arch Intern Med 2012; online 23. April. doi:10.1001/ archinternmed.2012.402 Die jüngsten Lesehits auf springermedizin.de Fall Breivik: Darum kommt es zu gegensätzlichen Gutach- ten www.springermedizin. de/2879366 Polypharmakotherapie gefährdet Ältere: Checkliste deckt ungeeig- nete Medikamente auf www. springermedizin.de/2876468 Kardiovaskuläre Sekundärpräven- tion: Doch kein Herzschutz durch Fischöl-Kapseln? www.springer- medizin.de/2878960 BLUTUNGSGEFAHR Rachenmandel-Op. besser ohne Tonsillektomie Die Entfernung der Rachenmandel wird vor allem bei Kindern mit häufigen Mittelohr- entzündungen und/oder behinderter Na- senatmung durchgeführt. Die schwerwie- gendste Komplikation dabei ist die post- operative Blutung. In einer Studie aus Wales kam es nach einem solchen Eingriff in etwa einem von 200 Fällen zu schweren Blu- tungen. Überraschenderweise bluteten die Patienten bei kombinierter Adenotonsillek- tomie doppelt so häufig wie nach alleiniger Rachenmandel-Op. (0,45 vs. 0,22%). Insge- samt hatten die Forscher gut 5500 Adenoi- dektomien durchgeführt, davon etwa 4200 mit gleichzeitiger Tonsillektomie. Vernach- lässigbar gering war das Risiko einer schweren sekundären Blutung nach allei- niger Adenektomie. In der Adenotonsillek- tomiegruppe mussten jedoch 0,4% der Pa- tienten wegen späterer Nachblutungen er- neut in den OP. Laryngoscope 2012; DOI: 10.1002/lary.23279 SCHUTZ VOR KREBS? Mit dem Übergewicht schwindet die Entzündung Der Abbau von Übergewicht kann Entzün- dungsprozesse eindämmen – und auf die- sem Weg möglicherweise das Krebsrisiko senken. Darauf deuten die Ergebnisse einer randomisierten Studie mit 439 übergewich- tigen, postmenopausalen Frauen hin, die entweder eine kalorienreduzierte Diät be- folgten oder regelmäßig Sport trieben oder Diät- plus Sportprogramm absolvierten. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe ohne Inter- vention waren sie nach zwölf Monaten um 8,5%, 2,4% bzw. 10,8% leichter. Sowohl in der Diät- als auch in der Diät-plus-Sport- Gruppe waren die meisten Entzündungs- marker signifikant zurückgegangen (CRP- um 36,1% und 41,7%, Interleukin-6-Spiegel um 23,1% und 24,3%). Auch die Neutrophi- len hatten in beiden Diätgruppen abge- nommen. Allerdings trat dieser Effekt nur ein, wenn die Frauen mindestens 5% ihres Gewichts verloren hatten. Cancer Res 2012; 72(9); 2314–26 Dr. med. Dirk Einecke Chefredakteur dirk.einecke@ springer.com UNKOMPLIZIERTE BLINDDARMENTZÜNDUNG Antibiotika statt Appendektomie? Akute Appendizitis. © CNRI/spl/agentur focus

Das geht aufs Herz

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Page 1: Das geht aufs Herz

1MMW-Fortschr. Med. Nr. 9 / 2012 (154. Jg.)

AKTUELLE MEDIZIN

SUBKLINISCHE HYPERTHYREOSE

Das geht aufs Herz

Ein akut entzündeter Wurmfortsatz wird in der Regel operativ entfernt. Oft wäre die primäre Behandlung mit Antibiotika jedoch eine wirksame und sichere Alternative. Ärzte des Nottingham University Hospitals haben vier Studien mit insgesamt 900 Pati­enten ausgewertet. Von den Patienten mit Verdacht auf unkomplizierte Appendizitis waren 470 mit Antibiotika behandelt wor­denl. Bei 63% dieser Patienten war die Be­handlung erfolgreich, d. h., sie sprachen auf die Antibiotika an und entwickelten auch im folgenden Jahr keine erneuten Be­

schwerden, die eine Appendek­tomie erforderlich g e m a c ht h ät te n . Durch die medika­mentöse Therapie wurde das Risiko für Komplika tionen – per­forierte Appendizitis, Peritonitis oder Wundinfek tionen – im Vergleich zur sofor­tigen Operation um 31% gesenkt. Der Un­terschied kam vor allem durch die operati­onsbedingte Morbidität zustande. BMJ 2012;344:e2156; doi: 10.1136/bmj.e215

Die endogene, subklinische Hyperthyreose ist mit einer erhöhten kardiovaskulären und Gesamtsterberate sowie mit einem er­höhten Risiko für Vorhofflimmern assozi­iert. Dies hat die Analyse mehrerer prospek­tiver Studien mit insgesamt fast 53 000 Pati­enten bestätigt. Das höchste Risiko haben danach Patienten mit einem TSH­Wert un­ter 0,1 mIU/l. 2200 Studienteilnehmer hat­ten eine subklinische Hyperthyreose. Die Gesamtsterberate der Patienten mit sub­klinischer Hyperthyreose war um das 1,24­Fache, die KHK­Sterberate um das 1,29­Fache erhöht. Die Schilddrüsenfunk­tionsstörung war zudem mit einem um das 1,6­Fache erhöhten Risiko für Vorhofflim­mern assoziiert. Arch Intern Med 2012; online 23. April. doi:10.1001/archinternmed.2012.402

Die jüngsten Lesehits auf springermedizin.de

Fall Breivik: Darum kommt es zu gegensätzlichen Gutach­ten www.springermedizin.de/2879366

Polypharmakotherapie gefährdet Ältere: Checkliste deckt ungeeig­nete Medikamente auf www.springermedizin.de/2876468

Kardiovaskuläre Sekundärpräven­tion: Doch kein Herzschutz durch Fischöl­Kapseln? www.springer­medizin.de/2878960

BLUTUNGSGEFAHR

Rachenmandel-Op. besser ohne TonsillektomieDie Entfernung der Rachenmandel wird vor allem bei Kindern mit häufigen Mittelohr­entzündungen und/oder behinderter Na­senatmung durchgeführt. Die schwerwie­gendste Komplikation dabei ist die post­operative Blutung. In einer Studie aus Wales kam es nach einem solchen Eingriff in etwa einem von 200 Fällen zu schweren Blu­tungen. Überraschenderweise bluteten die Patienten bei kombinierter Adenotonsillek­tomie doppelt so häufig wie nach alleiniger

Rachenmandel­Op. (0,45 vs. 0,22%). Insge­samt hatten die Forscher gut 5500 Adenoi­dektomien durchgeführt, davon etwa 4200 mit gleichzeitiger Tonsillektomie. Vernach­lässigbar gering war das Risiko einer schweren sekundären Blutung nach allei­niger Adenektomie. In der Adenotonsillek­tomiegruppe mussten jedoch 0,4% der Pa­tienten wegen späterer Nachblutungen er­neut in den OP.Laryngoscope 2012; DOI: 10.1002/lary.23279

SCHUTZ VOR KREBS?

Mit dem Übergewicht schwindet die EntzündungDer Abbau von Übergewicht kann Entzün­dungsprozesse eindämmen – und auf die­sem Weg möglicherweise das Krebsrisiko senken. Darauf deuten die Ergebnisse einer randomisierten Studie mit 439 übergewich­tigen, postmenopausalen Frauen hin, die entweder eine kalorienreduzierte Diät be­folgten oder regelmäßig Sport trieben oder Diät­ plus Sportprogramm absolvierten. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe ohne Inter­vention waren sie nach zwölf Monaten um

8,5%, 2,4% bzw. 10,8% leichter. Sowohl in der Diät­ als auch in der Diät­plus­Sport­Gruppe waren die meisten Entzündungs­marker signifikant zurückgegangen (CRP­um 36,1% und 41,7%, Interleukin­6­Spiegel um 23,1% und 24,3%). Auch die Neutrophi­len hatten in beiden Diätgruppen abge­nommen. Allerdings trat dieser Effekt nur ein, wenn die Frauen mindestens 5% ihres Gewichts verloren hatten. Cancer Res 2012; 72(9); 2314–26

Dr. med. Dirk EineckeChefredakteur

dirk.einecke@ springer.com

UNKOMPLIZIERTE BLINDDARMENTZÜNDUNG

Antibiotika statt Appendektomie?

Akute Appendizitis.

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