Das Gilgamesch Epos

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  • 8/18/2019 Das Gilgamesch Epos

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    reclam bibliothek

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    Das Gilgamesch-EposÜbersetzt, kommentiert und

    herausgegeben von Wolfgang Röllig

    Philipp Reclam jun. Stuttgart 

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    Inhalt 

    Einleitung   7

    Das 12-Tafel-Epos in der ninivitischen Version

    Tafel  i   35

    Tafel ii   46

    Tafel iii   52

    Tafel iv   59Tafel v   67

    Tafel vi   73

    Tafel vii   81

    Tafel viii   89

    Tafel ix   98

    Tafel x   103Tafel xi   116

    Auszüge aus den altbabylonischen Texten

    1 Gilgameschs Träume. Enkidus Erziehung und Erscheinen

    in Uruk   133

    2 Die Planung des Marsches zum Zedernwald   1383 Träume auf dem Marsch zum Zedernwald   143

    4 Der Tod des Chuwawa   146

    5 Gilgamesch bei der Schenkin Siduri   147

    Anhang

    Erläuterungen   153Glossar   177

     Weiterführende Literatur   181

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    Einleitung  7

    Nun töne, Lied, mit eignem Feuer!

    Denn du bist älter, du bist neuer.

    Goethe, West-östlicher Divan

    Einleitung

    Erzählen ist ein Urbedürfnis des Menschen wie Essen, Trinken

    und Schlafen. Erlebnisse werden geschildert, Erfahrungen wer-

    den in Worte gebracht, Sehnsüchte angedeutet, Jubel, Freudeund Glück, aber auch Schmerz, Trauer und Klage werden in Si-

    tuationen oder Bildern geschildert und so dauerhaft erfahrbar ge-

    macht, seelisch bewältigt. So entsteht Dichtung, große Dichtung.

    Das Gilgamesch-Epos ist so eine große Dichtung. In ihm

    wurden bereits vor Tausenden von Jahren existentielle Erfah-

    rungen des Menschen angesprochen – Schöpfung und Tod,Freundschaft und Feindschaft, Hochmut und klägliches Versa-

    gen, Demut und Überheblichkeit – und in beispielhaften Episo-

    den plastisch vorgestellt. Das Epos entstand in einer Kultur, die

    schon lange vergangen ist, spielt im Zweistromland, das uns mit 

    seiner frühen Zivilisation fremd ist. Und doch spricht es, auch

    darin den großen Epen Europas gleich, Situationen und Erfah-rungen an, die immer aktuell bleiben, auch uns betreffen. Die

    Bedeutung seines Erzählstoffes, die Schönheit und Erhabenheit 

    seiner Erzählung ließen sich trotz mancher Lücken bisher bereits

    erahnen. Die Entdeckung vieler neuer Bruchstücke, die gelehrte

    Rekonstruktion des Textes in den letzten Jahrzehnten lässt uns

    heute diese großartige Schöpfung babylonischer Dichter erst richtig erfahrbar machen. Dazu soll diese neue Übersetzung ver-

    helfen.

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    8 Einleitung

    Eine erste Übersetzung des Gilgamesch-Epos erschien in Re-

    clams Universal-Bibliothek bereits 1934. Sie stammte aus der Fe-

    der von Albert Schott, einem Schüler von Peter Jensen, der zuvordurch seine monumentalen Bände Das Gilgamesch-Epos in der 

    Weltliteratur  (Bd. 1, 1906; Bd. 2, 1928) für eine kontrovers geführ-

    te Diskussion über die Verbreitung und Wirkung des Epos ge-

    sorgt hatte. Die neue Übersetzung war sowohl inhaltlich als auch

    in ihrer sprachlichen Gestaltung vorbildlich. Schott kehrte al-

    lerdings aus dem Zweiten Weltkrieg nicht zurück. Seine Über-setzung wurde aber mehrfach aufgrund neuerer Forschungen

    ergänzt und verbessert durch Wolfram Freiherr von Soden und

    erschien in einer 6. Auflage zuletzt 1989. In der Zwischenzeit 

    wurden weitere Fortschritte in der Textrekonstruktion gemacht,

    konnten neue Fragmente des Epos bei Ausgrabungen und in Mu-

    seen entdeckt werden, wurden die Kenntnisse der Grammatikund des Wortschatzes des Akkadischen (Babylonisch-Assyri-

    schen), nicht zuletzt durch die Arbeiten Wolfram von Sodens,

    entscheidend verbessert. Jetzt hat Andrew R. George 2003 in ei-

    ner monumentalen Neuedition aller Texte nebst ausführlichem

    Kommentar eine völlig neue textliche Basis geschaffen, die nicht 

    nur eine Revision, sondern eine neue Übersetzung des Epos fürdie Ausgabe im Reclam Verlag ermöglichte und erzwang. Der

    hier vorgelegte Text weicht an so vielen Stellen von den früheren

    Auflagen ab, dass keine Ergänzung der alten Übersetzung mög-

    lich war, sondern eine einheitliche neue Übersetzung erforder-

    lich wurde. Sie bemüht sich allerdings darum, die Vorgänger

    nicht einfach zu ignorieren, sondern folgt an bestimmten Stellendurchaus den Formulierungen von Schott / von Soden. Doch

    ist das in den früheren Auflagen angewandte Prinzip, Lücken in

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    Der Text  9

    der ninivitischen Version durch Texte aus der altbabylonischen

    Überlieferung zu schließen, jetzt aufgegeben worden, da der Text 

    des sogenannten 12-Tafel-Epos inzwischen weithin lückenlos re-konstruierbar ist. Darüber hinaus soll diese Übersetzung, die sich

    möglichst eng an den Text der ninivitischen Version anlehnt,

    auch deutlich machen, wo stilistische Eigenheiten der babyloni-

    schen Dichtung hervortreten. Es wurde also nur in geringem

    Umfang stilistisch geglättet, schon um die Erzählstruktur des

    überlieferten Textes auch dem heutigen Leser spürbar zu ma-chen. Das kann allerdings nur teilweise gelingen, soll das Ver-

    ständnis des Gesagten nicht leiden. Deshalb schien es sinnvoll,

    durch Beigabe von Erläuterungen schwierige Stellen zu erklären,

    Hintergrundinformationen zu liefern, die dem Babylonier selbst-

    verständlich und wohlbekannt waren, Lesern des 21. Jahrhun-

    derts jedoch nicht geläufig sein können. Das kann und will aberkein Kommentar zum gesamten Epos sein. Darüber hinaus soll

    eine alphabetische Zusammenstellung von mehrfach vorkom-

    menden Namen und Begriffen dem Leser auch ohne Lektüre der

    Anmerkungen eine rasche Orientierung erlauben.

    Der Text 

     Wie nicht anders zu erwarten, hat der Text des Epos eine lange

    und durchaus uneinheitliche Tradition. Das »Gilgamesch-Epos«

    in der ninivitischen Version, die auch hier als Haupttext der

    Übersetzung zugrunde gelegt wurde, ist erst ein Produkt derSpätzeit der babylonisch-assyrischen Kultur des 1. Jahrtausends

    v. Chr. Dieser Text samt seiner Einteilung in 12 »Tafeln« ist – so-

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    Das 12-Tafel-Epos in der ninivitischen Version

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    Tafel i 35

    Tafel  i

    Der die Tiefe auslotete, die Fundamente des Landes,der Entlegenes wusste, alles verstand,

    Gilgamesch, der  die Tiefe auslotete, die Gründung des Landes,

    der Entlegenes wusste, alles verstand,

    der gleichermaßen …

    der alles begriff, die Summe der Weisheit.

     Verborgenes sah er, Geheimes tat er auf,er brachte Kunde von der Zeit vor der Flut.

    Einen weiten Weg legte er zurück, erschöpft machte er Rast.

    All seine Mühe ist niedergeschrieben auf einem Gedenkstein: 10

    Er errichtete die Mauer von Hürden-Uruk,

    des allerheiligsten Eanna, des glänzenden Schatzhauses.

    Schau seine Mauer an, die sich so weit erstreckt !Blick auf ihre Verkleidung, der niemandes Werk gleicht!

    Nimm doch die Treppe, die seit alters besteht, und

    nähere dich Eanna, dem Wohnsitz der Ischtar,

    das kein späterer König, kein Mensch nachmachen kann!

    Steig hinauf auf die Mauer von Uruk und geh herum,

    prüfe das Fundament, inspiziere das Ziegelwerk,ob nicht sein Ziegelwerk aus Backstein ist, 20

    ob den Grund nicht legten die sieben Weisen!

    Eine  Quadratmeile ist Wohnstadt, eine Quadratmeile sind Palm-

    gärten, über eine Quadratmeile erstreckt sich die Lehmgrube,

    eine halbe Quadratmeile bedeckt der Tempel der Ischtar.

    Drei  und eine halbe Quadratmeilen – das ist die Ausdehnungvon Uruk.

    Nimm den Tafelbehälter aus Zedernholz,

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    36 Das 12-Tafel-Epos in der ninivitischen Version

    löse  seinen Verschluss aus Bronze,

    öffne  den Zugang zu seinem Geheimnis,

    nimm die Tafel aus Lapislazuli heraus, lies auf ihr vonall  der Beschwernis, durch die Gilgamesch gehen musste!

     Jeden König übertrifft er, ist von kräftiger Statur,

    der Held, in Uruk geboren, der stößige Wildstier! 30

    Er geht voran, ist der Allererste,

    hinterher marschiert er, eine Stütze für seine Brüder,

    ein rettendes Ufer, Schirm für seine Kämpfer,eine wilde Flut, die selbst Mauern aus Stein zerbricht.

    Gilgamesch, du Wildstier des Lugalbanda von

    vollkommener Kraft,

    gesäugt von der edlen Kuh Rimat-Ninsun.

    Riesig ist Gilgamesch, vollkommen (und) schrecklich,

    der die Pässe der Gebirge auftat,der Brunnen grub an den Flanken des Berges,

    der den Ozean überquerte, die weite See, bis zum Aufgang

    der Sonne,  40

    der die Weltränder ausspähte auf der Suche nach dem Leben,

    der energisch zum fernen Uta-napischti vorstieß,

    der die Kultstätten wiederherstellte, die die Sintflut zerstörte,der die kultischen Riten festlegte für die zahlreichen Menschen.

     Wo ist einer, der sich mit ihm an königlicher Macht 

    messen könnte

    und der wie Gilgamesch sprechen könnte: »Ich bin der König«?

    Den Namen Gilgamesch trägt er seit dem Tag seiner Geburt.

    Zwei Drittel von ihm sind Gott, ein Drittel Mensch.Belet-ili entwarf seine Gestalt,

    Nudimmud vollendete seine Statur: 50

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    Tafel i 37

    Lücke.

    . . . . . . . . elf Ellen hoch ist er ,

    zwei Ellen sind seine Lenden weit,ein Drittel Ellen sein Fuß, eine halbe Rute sein Bein.

    Sechs Ellen breit sind seine Schultern,

    eine halbe Elle lang ist der erste seiner Finger.

    Seine Wangen tragen einen Bart, glänzend wie Lapislazuli ,

    sein lockiges Haar wächst dicht wie Getreidehalme . 60

     Von vollkommenem Liebreiz war er, als er herangewachsen war,sehr schön nach irdischen Maßstäben.

    Im Pferch von Uruk schreitet er einher ,

    kräftig wie ein Wildstier, hocherhobenen Hauptes.

    Seinesgleichen hat er nicht, seine Waffen sind gezückt,

    durch das pukku sind seine Genossen in Schach gehalten.

    Ständig gehen die jungen Leute von Uruk grollend herum,denn Gilgamesch lässt den Sohn nicht zu seinem Vater,

     bei Tag und bei Nacht treibt er (ihn) an mit Macht.

    Er, Gilgamesch, ist der König der weiten Menschheit,  70

    er, der Hirte  ( sein sollte ) in Hürden-Uruk,

    Gilgamesch lässt die Tochter  nicht zu ihrer Mutter,

    er . . . . . . . . . . . . . . . . . bald,ihre Klagen bringen sie vor die Götter (?)

    Gewaltig, überragend, allwissend …

    Gilgamesch lässt die Jungfrau nicht zu ihrem Geliebten.

    Die Tochter des Kriegers, die Braut des Jünglings:

    ihre Klagen vernehmen die Göttinnen,

    die Götter im Himmel rufen zu Anu,dem … 80

    »Hast du nicht den wilden Stier geschaffen in Hürden-Uruk?«

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    Tafel 131

    Auszüge aus den altbabylonischen Texten

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    132 Altbabylonische Texten

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    Gilgameschs Träume 133

    1 Gilgameschs Träume.

    Enkidus Erziehung und Erscheinen in Uruk

    Gilgamesch erhob sich. Um den Traum zu erklären,

    spricht er zu seiner Mutter:

    »Mutter, in meinem Traumgesicht 

    ging ich kraftstrotzend herum / unter den Männern. 5

    Da verbargen sich die Sterne des Himmels vor mir, und

    ein Meteor fiel vor mir nieder.Ich wollte ihn aufheben, (doch) er wurde zu schwer für mich,

    ich wollte ihn in Bewegung setzen, konnte ihn aber

    nicht bewegen.

    Das (ganze) Land von Uruk ist bei ihm versammelt, 10

    die jungen Männer küssen seine Füße.

    Ich stemmte meine Stirn dagegen, / sie unterstützten mich –da konnte ich ihn aufheben und zu dir bringen.«

    Gilgameschs Mutter, der alles kund ist, / sprach zu Gilgamesch: 15

    »Vielleicht, Gilgamesch, wurde einer wie du

    in der Steppe geboren, und / das Bergland ließ ihn heranwachsen.

    Siehst du ihn, so wirst du Freude haben. 20

    Die jungen Männer küssen ihm die Füße,und du wirst ihn umarmen, / ihn zu mir führen.«

    Er legte sich nieder, sah einen zweiten (Traum),

    erhob sich, sprach zu seiner Mutter: 25

    »Mutter, einen zweiten (Traum) habe ich gesehen:

    . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . auf der Gasse / von Uruk-Markt,

    da lag eine Axt, und (die Leute) / waren um sieversammelt. 30

    Die Axt aber – ihr Aussehen war ganz fremdartig.

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    Alle Rechte vorbehalten

    © 2009 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 

    Gesamtgestaltung: Cornelia Feyll und Friedrich Forssman

    Satz und Druck: Reclam, Ditzingen

    Buchbinderische Verarbeitung: Kösel, Krugzell

    Printed in Germany 2009

    reclam ist eine eingetragene Marke

    der Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart 

    isbn 978-3-15-010702-7