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DAS HANDBALL WUNDER Die Europameisterschaft 2016 Alle Spiele, alle Stars, alle Fakten © des Titels »Das Handballwunder« (978-3-86883-943-2) 2016 by riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, München | Nähere Informationen unter: http://www.riva-verlag.de

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Das HanDballWunDer

Die Europameisterschaft 2016Alle Spiele, alle Stars, alle Fakten

© des Titels »Das Handballwunder« (978-3-86883-943-2)

2016 by riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, München | Nähere Informationen unter: http://www.riva-verlag.de

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Inhalt

TITelGesCHICHTe 24DAS HAnDbAll-WunDEr DEr #bADboyS 24DAgur SigurDSSon – Der iceman mit den vielen gesichtern 36

DIe spIele 46SpAniEn: Zwölf Schwächeminuten sorgen für den Fehlstart 48ScHWEDEn: Stresstest gegen den rekord-Europameister 50SloWEniEn: Die Fans singen »oh wie ist das schön« 52ungArn: blitzstart gegen den olympia-Vierten 54ruSSlAnD: unnötiger Krimi gegen den Ex-Weltmeister 56DänEmArK: mit Wille und leidenschaft gelingt die Sensation 58norWEgEn: Duell der Außenseiter als Krimi mit Extra Time 60FinAlE: Überragende Abwehrarbeit macht die Sensation perfekt 62prESSESTimmEn 68glÜcKWÜnScHE 70

DIe sTars 72AnDrEAS WolFF – Der Aufsteiger mit fantastischer bilanz 74Finn lEmKE – Erst 23 Jahre jung und schon der Abwehrchef 78porTräTS AllEr Em-TEilnEHmEr 82Em-DEbATTE: Wie viel Handball können Handballer verkraften? 100FoTo-SElFiES 106FoToS DEr FAnS 110

Das naCHspIel 116pArTy pur: Die wilde nacht von Krakau endet in berlin 118Em-STATiSTiK: Alle Spiele, alle Ergebnisse 126

impressum 128

2524 Das HanDball-WunDer Das HanDball-WunDer

Die Handball-Welt überschlug sich mit Superlativen.

»Das Wunder von Krakau« wurde es genannt und

die »größte Sensation, die Handball-Europa je er-

lebt hatte«. Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar,

Handball-Ikone und als ARD-Experte in Polen selbst

vor Ort, sagte es so: »Ich bin tief beeindruckt, viel-

leicht so tief wie nie zuvor. Das ist ein unglaublich

toller Moment. Gold – das hätte selbst ich nicht für

möglich gehalten. Dass dieses Team Europameister

geworden ist, ist eine der größten Sensationen in der

Geschichte des deutschen Handballs.«

Glamour Boys. Da stehen sie, die Europameister von Krakau, lassen sich vom Konfettiregen duschen und genießen den unerwarteten Triumph.

Das HanDball-WunDerder #badboys

119118 Das HanDball-WunDer Das HanDball-WunDer

Party Pur!

Die wilde Nacht von

Krakau endet in Berlin

Einige kamen gar nicht mehr ins Bett.

Die Jubelfeier begann in Krakau und endete in Berlin.

Party pur erst in der Siegerhalle, dann im Restaurant-

keller und zum Schluss in der Max-Schmeling-Halle.

24 Stunden nonstop. So feierten die Bad Boys ihren

großen Triumph!

Tief unter der Erde explodierte der isländische Vulkan.

Mit weit aufgerissenen Augen stemmte Dagur Sigurds-

son die goldene Meisterschale in die Höhe und schrie

seine Freude heraus. »Scha la la la«, grölte der Isländer,

und die Mannschaft stimmte voller Inbrunst ein. Es war

nachts im Keller des Restaurants »La Grande Mamma«

im Herzen der Krakauer Altstadt, als die wilde EM-Party

ihren Höhepunkt erreichte. Sigurdsson wurde dabei

zum Feierbiest, stammelte ein »überglücklich, überstolz,

fassungslos« und war immer noch überwältigt vom nicht

für möglich gehaltenen Triumph. Torwart-Gigant Andy

Wolff, der von Turnierbeginn an stets vom EM-Titel ge-

redet hatte, gestand: »Ich wusste immer, dass wir das

Zeug dazu haben, Europameister zu werden. Wir ha-

ben in keiner Sekunde an uns gezweifelt.« Und dieses

Selbstvertrauen wurde in der Halle zunächst mit Sekt

(Sigurdsson: »Die Polen hatten vergessen, das Bier kalt

zu stellen«) und später natürlich mit echtem Pilsener Ur-

quell begossen.

Nicht nur auf dem Feld, sondern auch in der Nacht

erwiesen sich die frisch gekürten Titelträger als wür-

dige Europameister. Die Verbandsspitze ließ es ruhi-

ger angehen und köpfte zur Feier des Tages auf dem

Hotelzimmer eine »teure Flasche Rotwein«, wie DHB-

Vizepräsident Bob Hanning erzählte. Dabei sinnierte

er bereits über eine goldene Zukunft. »Wir haben jetzt

Partystimmung. Die Champions-Polonaise in der Max-Schmeling-Halle.

7574 Das HanDball-WunDer Das HanDball-WunDer

AndreAs Wolff

Der Gummimann. Andy Wolff kann das Bein auf die Torlatte legen. Der gelenkige Schlussmann bringt hier die Schweden zur Verzweiflung.

Andreas Wolff war außer Rand und Band. Mit einer Fla-

sche polnischem Bier in der rechten und der goldenen

Meisterschale in der linken Hand hüpfte der Torwart-

Titan durch die Katakomben der Tauron-Arena von Kra-

kau und brüllte all seine Freude über den fantastischen

EM-Coup der deutschen Handballer heraus.

»Wer nicht hüpft, der ist kein Deutscher«, rief Wolff, noch

immer euphorisiert von seiner Wahnsinnsleistung im Fi-

nale gegen Spanien. Er genoss die Bierdusche seines

Kollegen Rune Dahmke in vollen Zügen. »Glaube kann

Berge versetzen. Und wir haben bei dieser EM einen

ganzen Gebirgszug versetzt«, sagte Wolff siegestrunken.

Das »Tier« im Tor ließ seine Arme blitzschnell hervorzu-

cken, parierte mit rechts, links, der Schulter, der Fuß-

spitze und sogar dem Unterleib. Der Handball-Gigant

Andreas Wolff ließ zum Abschluss eines grandiosen Tur-

niers auch die Spanier verzweifeln – ein großer Teil des

EM-Titels ist dem Senkrechtstarter im deutschen Team

zuzuschreiben.

Auch dank seiner Paradenquote von wahnwitzigen

48 Prozent war das Finale am Sonntag kaum nerven-

aufreibender als der Gruselroman, den Wolff in Polen

zur Entspannung zwischen den Spielen las. Ende der

zweiten Halbzeit streckte er nur noch seine Arme gen

Hallendecke.

»Andy Wolff, da wirst du doch bekloppt!«, schrieb der

Deutsche Handballbund bei Twitter während des Spiels,

es folgten noch 21 weitere Ausrufezeichen. Die Anspan-

nung entlud sich in einem Urschrei bei der Schluss-

sirene.

Bundestrainer Dagur Sigurdsson hatte es angesichts der

unfassbaren Darbietung seines Keepers, der schon vor

dem Finale zum besten Torhüter des Turniers gewählt

worden war, kurzzeitig sogar die Sprache verschlagen.

Als er sich wieder gefasst hatte, adelte er Wolff durch

Der Aufsteiger mitfantastischer Bilanz

6362 Das HanDball-WunDer Das HanDball-WunDer

Die neuen Europameister stürmten nach Spielschluss

mit Siegesschreien auf ihren unglaublichen Torhüter

Andreas Wolff zu, wenig später reckte dann Team-Oldie

Carsten Lichtlein die EM-Trophäe im schwarz-rot-gol-

denen Konfettiregen in die Höhe. Als eine der größten

Sensationen der EM-Geschichte durch das 24:17 (10:6)

im Finale gegen Spanien in Krakau perfekt war, gab

es bei den deutschen Handballern kein Halten mehr.

Die EM-Helden sangen nach ihrem vergoldeten Titelt-

riumph stolz erst »We are the champions«, dann ließen

sie voller Inbrunst die deutsche Nationalhymne folgen.

Bundestrainer Dagur Sigurdsson umarmte sichtlich ge-

rührt jeden seiner Spieler, danach tanzte das gesamte

Team wild im Kreis.

»Das ist ein überragendes Gefühl. Wir waren Zeugen ei-

ner großartige Leistung der gesamten Mannschaft. Wir

haben ein tolles Team. Das müssen wir jetzt einfach ge-

nießen«, sagte Sigurdsson in der ARD. Wolff sprach von

Finale

DeutschlanD –

spanien 24:17

Überragende Abwehrarbeit

macht die Sensation

perfekt

einer »grandiosen Leistung«. Seinen riesigen Anteil am

nicht für möglich gehaltenen Erfolg wollte der Schluss-

mann der HSG Wetzlar nicht überbewerten: »Wir haben

eine tolle Abwehr gespielt.«

Neben Wolff und einer herausragenden Abwehr war

auch Kai Häfner mit seinen sieben Toren maßgeblich

am zweiten EM-Gold nach 2004 und dem größten Er-

folg des Deutschen Handballbunds seit dem Titelgewinn

bei der Heim-WM 2007 beteiligt. Zusätzlicher Lohn für

die DHB-Auswahl war das Ticket für die Olympischen

Spiele in Rio.

»Das war eine unglaubliche Vorstellung, die unsere

Mannschaft da abgeliefert hat, gerade in der Abwehr.

Sie hat Geschichte geschrieben. Dagur Sigurdsson hat

den Löwenanteil an diesem Titel«, kommentierte Vize-

präsident Bob Hanning und musste in der Kabine eine

Sektdusche über sich ergehen lassen.

Wolff, der zum Spieler der Begegnung gewählt wurde,

parierte am Ende sensationelle 48 Prozent der auf sei-

nen Kasten abgefeuerten Würfe. Weniger Gegentore hat

noch keine Mannschaft in einem EM-Finale zugelassen.

»Das ist alles schwer zu erklären. Andy Wolff war Welt-

klasse, besser geht es nicht. Ich bin wahnsinnig stolz

auf die Mannschaft, den Trainer, auf alle. Die Jungs sind

der absolute Wahnsinn«, sagte Teammanager Oliver

Roggisch nach dem siebten Turniersieg in Serie und der

erfolgreichen Revanche für die Auftaktniederlage gegen

die routinierten Iberer (29:32), die weiter auf ihren ersten

EM-Titel warten müssen.

Glückwünsche nach dem nicht für möglich gehaltenen

Triumph der quasi als Nobodys angereisten Mannschaft

kamen unmittelbar nach Spielschluss von höchster

Stelle. »Zum Gewinn der Europameisterschaft gratuliere

ich Ihnen ganz herzlich. Als jüngstes Team des Turniers

haben Sie Hervorragendes geleistet. Mit Ihnen freut

Maßarbeit. Steffen Fäth fasst sich ein Herz, lässt Spaniens Toptorwart Arpad Šterbik keine Chance. Im Finale dominiert nur eine Mannschaft, die deutsche.

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Editorial

mit Superlativen sind wir schnell zur Hand. Was die deutsche Handball-nationalmannschaft bei

der 12. Europameisterschaft in polen geleistet hat, gilt nun als Handball-Wunder. Ein Wunder?

Die Definition liest sich wie folgt: »Wunder ist ein Ereignis in Raum und Zeit, das menschlicher

Erfahrung und den gesetzlichkeiten von natur und geschichte widerspricht.«

Für die letzte EM-Endrunde 2014 hatte sich das Team gar nicht qualifiziert. Olympia 2012 fand ebenfalls ohne die

deutschen Handballer statt. bei der letzten Weltmeisterschaft 2015 in Katar sprang immerhin platz 7 heraus. Wer

diese bilanzen verinnerlicht hat, der weiß, dass es wirklich ein Wunder war, was das Team von Dagur Sigurdsson

in polen vollbracht hat.

Es ist nach 2004 der zweite Titelgewinn auf europäischer bühne und reiht sich ein in die Erfolgsliste des DHb, in

der auch drei Weltmeistertitel stehen: 1938, 1978 und 2007.

Aber wer an einem Sonntagabend 17,4 millionen Zuschauer vor die Fernsehschirme lockt, der hat mehr zu bieten

als nur einen geilen Sport. Die nationalmannschaft von heute, die sich selbst zu den bad boys ernannte, hat als

jüngstes Em-Team ein land euphorisiert und einen neuen Hype ausgelöst. Handball ist wieder in. Das ist – nach

einer langen Durststrecke – wirklich ein Wunder. Deshalb zeichnen wir in diesem buch die Stationen nach, die zum

Em-Triumph führten.

Viel Spaß beim lesen wünscht

ulricH KÜHnE-HEllmESSEn

Herausgeber

Wunder? Wunder!

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Fotoshooting. Das offizielle EM-Sieger-Foto: Es ist wahr, Deutschland ist Europameister 2016.

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Ausnahmezustand. Steffen Weinhold und Carsten Lichtlein mit der EM-Trophäe in der Berliner Max-Schmeling-Halle.

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Der Kreis. Strahlende Gesichter demonstrieren Teamgeist. Und mitten drin der Adrenalinjunkie Andy Wolff.

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Aua. Spaniens Kapitän Jorge Maqueda nimmt Maß und zielt zu genau. Ein Spieler in der Mauer muss einiges aushalten können.

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Die Handball-Welt überschlug sich mit Superlativen.

»Das Wunder von Krakau« wurde es genannt und

die »größte Sensation, die Handball-Europa je er-

lebt hatte«. Ex-nationalspieler Stefan Kretzschmar,

Handball-ikone und als ArD-Experte in polen selbst

vor ort, sagte es so: »ich bin tief beeindruckt, viel-

leicht so tief wie nie zuvor. Das ist ein unglaublich

toller moment. gold – das hätte selbst ich nicht für

möglich gehalten. Dass dieses Team Europameister

geworden ist, ist eine der größten Sensationen in der

geschichte des deutschen Handballs.«

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Glamour Boys. Da stehen sie, die Europameister von Krakau, lassen sich vom Konfettiregen duschen und genießen den unerwarteten Triumph.

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26 Das HanDball-WunDer

Das Handball-Wunder wurde am 31. Januar 2016 per-

fekt. Ein Tag für die Sportgeschichtsbücher. Denn wie

die junge deutsche mannschaft, die in der Vorrunde

noch gegen Spanien verloren hatte, die iberer demon-

tierte, vorführte und letztlich beim 24:17-Erfolg verzwei-

feln ließ, war dermaßen beeindruckend, dass selbst

Fußball-Kaiser Franz beckenbauer euphorisch gratulier-

te: »Super! Sie haben sich von Spiel zu Spiel gesteigert.

ich ziehe alle Hüte, die ich zur Verfügung habe. Sie wa-

ren ja nicht der Topfavorit, sondern Außenseiter.«

17,4 millionen TV-Zuschauer erlebten in Deutschland den

Abpfiff in Krakau mit – eine ganze Nation hockte gebannt

vor dem Fernsehschirm. Die Auftaktpartie hatten gerade

einmal 3,8 millionen Deutsche am TV-gerät mitverfolgt.

Auch das ist ein beweis für die euphorische Stimmung,

die diese Europameister auslösten. Der verletzte Kapi-

tän uwe gensheimer, der das Turnier zunächst zu Hause

am Fernsehschirm verfolgte, in der letzten Woche aber

hautnah mit der mannschaft verbrachte: »Es ist zu Hau-

se ein unheimlicher Hype entstanden. Das ist für unsere

Sportart der Wahnsinn. Da sieht man auch wieder, wie

wichtig es ist, dass wir im öffentlich-rechtlichen Fern-

sehen gezeigt und wieder wahrgenommen werden.«

Keiner hätte vor Turnierbeginn auch nur einen cent auf

die deutsche mannschaft gesetzt. und es gab hand-

feste gründe, die gegen ein erfolgreiches Abschneiden

sprachen:

Es war die jüngste mannschaft, die Deutschland je

in ein Turnier schickte. Am Ende standen nicht weniger

als 16 Em-neulinge auf dem parkett.

Wichtige leistungsträger fehlten verletzt. Kapitän

uwe gensheimer (Achillessehne), patrick groetzki (Wa-

denbeinbruch), patrick Wiencek (Kreuzbandriss) und

paul Drux (Schulter) fuhren nach polen erst gar nicht mit,

im Turnier verletzten sich auch noch Steffen Weinhold

und Torjäger christian Dissinger.

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Danke. Tobias Reichmann klatscht die Fans ab. Er war in Polen Deutschlands erfolgreichster Torschütze.

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28 Das HanDball-WunDer

Zudem fehlte das Sieger-gen. Zuletzt reichte es

bei der Wm in Katar zu platz sieben. Der letzte Titelge-

winn datierte gar aus dem Jahr 2007, als das Wintermär-

chen bei der Heim-Wm gelang. Die olympischen Spiele

2012 und die Em 2014 wurden gar verpasst.

Aber die rasselbande von Trainer Dagur Sigurdsson

trotzte allen Widrigkeiten. Sie selbst machte sich zu

#badboys, und das nicht ohne grund. »Es gibt eine Do-

kumentation über die bad boys«, erklärte Hendrik peke-

ler den ursprung des namens. Dieser Film handelt vom

Team des nbA-Klubs Detroit pistons in den späten 80er

und frühen 90er Jahren. »Die waren damals so wie wir«,

erzählte pekeler weiter: »Es waren keine Superstars da-

bei, sondern die haben den nbA-Titel nur geholt, weil

sie Arschlöcher waren. Diesen Film haben wir zweimal

angeschaut, das wollten wir auf uns übertragen. Wir

wollten in der Abwehr so arschlochmäßig sein, dass

die gegenspieler keine lust mehr haben, gegen uns zu

spielen.«

mit einer (Abwehr-)leistung, die sprachlos macht, und

einem Andreas Wolff, der das Torwartspiel mit unfass-

baren Paraden neu zu definieren schien, entzauberte die

deutsche rasselbande zum Abschluss ihrer zweieinhalb

Wunder-Wochen von polen auch die hochdekorierten

Spanier und verschob damit noch einmal ihre eigenen

grenzen. Das Team berauschte sich an sich selbst, die

partie kam für die iberer am Ende einer einzigen Demon-

tage gleich. nur 17 gegentore – nie zuvor hatte ein Euro-

pameister in einem Finale so wenige Treffer kassiert. mit

einer Quote von 48 prozent gehaltener bälle hatte Andy

Wolff maßgeblichen Anteil an diesem Handball-Wunder.

Sie kommen aus Wetzlar, balingen oder lübbecke und

zogen aus, um den immensen Verletzungssorgen ir-

gendwie zu trotzen und die Hauptrunde zu erreichen –

nun sind Wolff, Fäth und co. die neuen Handball-Könige

Europas.

Kein Drehbuchautor der Welt hätte eine bessere Dra-

maturgie entwerfen können für das, was die deutsche

mannschaft in polen abzog. nach dem sportlich durch-

Teamgeist. Rune Dahmke um-armt Martin Strobel. Die »Bad Boys« wuchsen in Polen zu einem verschworenen Haufen zusammen.

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