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ceo* Das Magazin für Entscheidungsträger. Juli 2008 Reputation. Bevor man am Schein arbeiten kann, muss das Sein stimmen. KKL Luzern. Wie man ein Kulturmonument erfolgreich bewirtschaftet. Minergie. Warum IKEA mit ökologischen Konzepten Energie und Geld spart.

Das Magazin für Entscheidungsträger. Juli 2008 Reputation ... · lagen die persönliche Stabilität zu erhalten oder wiederzuerlangen. Denn der Wandel macht vor niemandem halt

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Page 1: Das Magazin für Entscheidungsträger. Juli 2008 Reputation ... · lagen die persönliche Stabilität zu erhalten oder wiederzuerlangen. Denn der Wandel macht vor niemandem halt

ceo*Das Magazin für Entscheidungsträger. Juli 2008

Reputation. Bevor man am Schein arbeiten kann, muss das Sein stimmen.KKL Luzern. Wie man ein Kulturmonument erfolgreich bewirtschaftet.Minergie. Warum IKEA mit ökologischen Konzepten Energie und Geld spart.

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Herausgeber: PricewaterhouseCoopers AG ceo Magazin, Birchstrasse 160, 8050 Zürich

Chefredaktion: Alexander Fleischer, [email protected], Franziska Zydek, [email protected]

Creative Direction: Dario Benassa, [email protected]

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Michael Craig, Ella Sarelli, Giselle Weiss

Konzept, Redaktion und Gestaltung: purpur, ag für publishing und communication, zürich, [email protected]

Bildnachweis: Titelbild: Cédric Widmer, Seite 3: Andreas Teichmann, Seiten 5, 23: Martin Rütschi/Keystone,

Seite 14/15: Reinhard Görner/artur.

Copyright: ceo Magazin PricewaterhouseCoopers.

Die von den Autoren geäusserten Meinungen können von jenen der Herausgeber abweichen.

Das ceo Magazin erscheint dreimal jährlich in deutscher, französischer und englischer Sprache. Auflage 30 000

Bestellungen von Gratisabonnementen und Adressänderungen: [email protected]

Litho/Druck: ud-print AG, Luzern. Papier: Magno Satin FSC, holzfrei, beidseitig gestrichen, halbmatt, hochweiss

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ceo/editorial 03

Beschleunigen, Spur halten, hoheGeschwindigkeit fahren, niemanden verlie-ren – ich behaupte, dies sind Anliegen vonjedem, der in der Wirtschaft Verantwortungträgt. Beschleunigung und Stabilität sind die Pole eines Dilemmas, das fast täglichaustariert werden muss. Formel-1-Renn-teams und Leistungssportler tun dies nichtnebenbei, sondern als Hauptbeschäftigung.Somit sollte es für uns etwas zum Abgu-cken geben. Die Rennwagen haben dasZiel, immer am Boden zu bleiben, Skiakro-baten müssen die Bodenhaftung aufgebenund doch einer exakten Bahn folgen – es istinteressant, was man aus dem kontrolliertenLoslassen lernen kann. In der IT-Branchelohnt es sich ebenfalls, genauer hinzu-schauen, da nur in wenigen Wirtschafts-zweigen ein vergleichbares Tempo herrscht.Und schliesslich ist der CEO selbst alsMensch von den Beschleunigungskräftenbetroffen und gefordert, auch nach Nieder-lagen die persönliche Stabilität zu erhaltenoder wiederzuerlangen. Denn der Wandelmacht vor niemandem halt.

Wettbewerbsvorteile durch AgilitätImmer wieder geht es um den Wandel. Manhat den Eindruck, dies alles schon in den80er und 90er Jahren des letzten Jahrhun-derts gehört zu haben: Wandel, Wertewan-

del, Change Management. Doch währendes damals noch einzelne Ereignisse waren,die Veränderung mit sich brachten, welchebewältigt werden musste, so ist der Wandelheute ein Zustand. So leuchtet es ein, dassein eigentliches Change Management inden Hintergrund tritt und dafür das Fördernvon Agilität im Fokus steht. Es geht alsonicht um ein Projekt, sondern um eineEigenschaft. Es sind agile Unternehmen mitagilen Strukturen, Prozessen undMenschen, die Wettbewerbsvorteile erzie-len. Es verwundert daher auch nicht, dassder Wandel und die dadurch geforderteAgilität mehr und mehr das zentrale Themaunserer täglichen Arbeit in der Unterneh-mensberatung werden. Unser neuer Leiterdes Bereichs Wirtschaftsberatung, MarkusBucher, beleuchtet in diesem ceo Magazingenauer die unternehmerische Agilität alsChance.

Alles Neue bedingt auch AbschiedMit Markus Bucher haben wir ein neuesMitglied in unserer Geschäftsleitung, dasvorlebt, dass Agilität wohl auch das Gegen-teil von Verbissenheit oder Verkrampfungbedeutet. Auch an der Spitze unseresVerwaltungsrats verzeichnen wir eine Verän-derung. Hans Wey wird als Präsident desVerwaltungsrats seine grosse Erfahrung alsWirtschaftsprüfer und Manager bei derUmsetzung der nötigen zielgerichtetenAnpassungen in unserem Unternehmeneinbringen. Alles Neue bedingt immer auchAbschied. Edgar Fluri, unser scheidender

Der Wandel ist heute ein Zustand. Es verwundertdaher nicht, dass der Wandel und die dadurch gefor-derte Agilität mehr und mehr das zentrale Themaunserer täglichen Arbeit werden.

Dr. Markus R. Neuhaus CEO PricewaterhouseCoopers Schweiz undEurofirms Senior Partner

Verwaltungsratspräsident, und Kurt Haus-heer, unser scheidender Leiter der Wirt-schaftsberatung, werden uns nicht nurmenschlich und fachlich fehlen, sondernauch als Autoren für das ceo Magazin. Auch in dieser Funktion und an dieser Stellemöchte ich meinen herzlichen Dank andiese beiden Wirtschaftspersönlichkeitenrichten. Sie haben wesentlich zur Reputati-on unseres Unternehmens beigetragen.

Reputation als ökonomische DimensionReputation ist nicht nur in unserer äusserstvertrauensintensiven Branche ein bedeuten-der Treiber des wirtschaftlichen Gesche-hens. Dieser ökonomischen Dimension derReputation sind wir in dieser Ausgabe desceo Magazins auf den Grund gegangen. Es ist faszinierend zu sehen, wie dasPhänomen Reputation aus der Sichtweiseunterschiedlicher Wirtschaftsleute anKonturenschärfe gewinnt.

Ich hoffe, Sie finden auch in dieser AusgabeGedanken und Informationen, die Sie inIhrem Schaffen und Gestalten inspirieren.Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüreund eine erholsame Sommerzeit.

Markus R. Neuhaus

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ceo2/08. inhalt

Roland Rasi schreibt im ceo* Forum: «EinManager muss ein Gespür dafür besitzen,wie viel Beschleunigung er verursachen darf– und selbst über die Stabilität verfügen,Beschleunigungen zu meistern.»

06

Anton Lüthi, Physiker, schreibt im ceo*Forum: «Ein Athlet setzt seinen Körper in Bewegung und bremst ihn wieder. In der Zeit dazwischen gibt er die Kontrollenie ab.»

08

Willy Rampf, technischer Direktor, BMWSauber F1 Team, schreibt im ceo* Forum:«Wir müssen nicht nur unsere Fahrzeuge,sondern auch unsere Entwicklungbeschleunigen. Wir müssen schnellerschneller werden!»

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Kurt Bylang, General Manager Getronics(Schweiz) AG, schreibt im ceo* Forum:«Zum technologischen Fortschritt gehörtimmer auch ein Ziel. Denn nur so werdenEntwicklungen nachvollziehbar und könneneingeordnet werden.»

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pwc spektrum

04 ceo/inhalt

Agile Organisationen: Unternehmen sindeinem ständigen Wandel ausgesetzt. Umden Erfolg auch in der Zukunft zu sichern,ist eine neue Kernkompetenz gefragt.

29Unternehmensführung: Um im globalenWettbewerb erfolgreich zu sein, müssenUnternehmen ihre Wertschöpfung wirksamund nachhaltig steuern.

31Betriebsimmobilien: Ein professionellesManagement bietet Potenzial, den Unter-nehmenswert zu erhöhen.

34Corporate Reporting: Die Unternehmens-berichterstattung ist transparenter gewor-den. Dies liegt an strengeren Vorschriftenzur Offenlegung – und am Bewusstseinder Unternehmen.

365 Minuten Wirtschaftswissen auf denPunkt gebracht.

37Service: Publikationen und Analysen.Abonnemente und Adressen.

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Titelbild: Cédric WidmerKKL Luzern

«Ulysses», ein Leadership-Development-Programm von PricewaterhouseCoopers. Hilfe zur Selbsthilfe in Äthiopien.

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Rolf Dörig, Delegierter des Verwaltungsratsder Swiss-Life-Gruppe: «Reputation ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Um sie zubeantworten, braucht es keine akademi-schen Konstrukte.»

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ceo/inhalt 05

Dossier Reputation

KKL Luzern: Kultur, Kulinarik und Kongresseauf Topniveau: eine unternehmerischeHerausforderung.

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Energieeffizienz: IKEA Schweiz baut nurnoch nach Minergie-Standard – und spartdadurch Millionen an Heizkosten.

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Reputationsmanagementist keine Kommunikati-onsdisziplin, sondern eineManagementaufgabe.Führungspersönlichkeitenvon ZKB, Novartis, LGT und Inficon beziehenStellung.

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Martin Scholl, CEO ZKB, Seite 18

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06 ceo/forum

Dr. Roland Rasi berät «gefallene» CEO. Erkennt die Situation aus eigener Erfahrung.Als Topmanager beim ehemaligen Bankver-ein verlor er einen internen Machtkampf,verliess seine Stelle und begann eine neueKarriere.

Der freie Fall aus der Chefetage wird durcheinen goldenen Fallschirm kaum gebremst.Zu dieser Erkenntnis gelangen vieleFührungskräfte allerdings erst nach demAufprall. Ich hatte immerhin einen «Notfall-schirm»: Musik und Kultur – Interessen, diemich nach dem totalen Stillstand wieder inBewegung setzten. Mein Absprung warzwar freiwillig, die Landung aber dennochhart. Ein solcher Moment ist für jedendramatisch. Plötzlich ist die Agenda leer,Einladungen bleiben aus, niemand willetwas, Bekannte gehen einem aus demWeg und Hobbys hat man auch keine, denndafür war vorher kaum Zeit vorhanden.Davon gäbe es nach dem Fall reichlich, nurweiss man nichts damit anzufangen.Wenn das Leben nicht mehr in Hochge-schwindigkeit, sondern in Zeitlupe verläuft,haben wir es mit einem Beschleunigungs-phänomen zu tun. Im allgemeinen Sinnbedeutet Beschleunigung nämlich jedeÄnderung eines Richtungsvektors, also

nicht nur eine Geschwindigkeitszunahme,sondern auch eine Verlangsamung oderRichtungsänderung. Ich bin überzeugt, dassviele Probleme unserer Zeit Beschleuni-gungsphänomene sind. Eine abrupte Ände-rung der Geschwindigkeit oder der Rich-tung kann destabilisierend wirken. DieSBB-Spitze wollte den Wandel beschleuni-gen, die Arbeiter des Cargo-Werks in Bellin-zona wollten ihn bremsen. Die «Beschleuni-gung» im Subprime-Markt überforderte dieBanken und die Wirtschaft kam ins Schlin-gern. Beschleunigungen sind nichts ande-res als Störungen – manchmal gewollt,manchmal nicht. Unter Stabilität ist alsokein Zustand zu verstehen, sondern dieFähigkeit oder Tugend, nach Störungenwieder zur Ausgangslage (oder zumindestzum courant normal) zurückzukehren.Wenn wir davon ausgehen, dass in einerkomplexen und dynamischen Welt dieHäufigkeit und die Intensität von Beschleu-nigungen zunehmen, folgt, dass die Bedeu-tung von Stabilität steigt. Unternehmen,welche sich – wie ein Stehaufmännchen –nach Rückschlägen und Krisen raschwieder aufrichten und zur Normalitätzurückfinden, sind im Vorteil. Das gilt imübertragenen Sinne auch für Menschen. Inmeiner beruflichen Praxis kann ich immerwieder beobachten, dass Manager, die einLeben neben dem Beruf kennen, eine intak-te Familie haben, einen breiten Freundes-kreis ihr Eigen nennen, sich für Sport, Kulturoder sonstige nichtgeschäftliche Dinge inte-ressieren, stabiler sind als Manager, die nurfür ihren Beruf und ihre Karriere leben.

Tragischer- und fälschlicherweise nehmendiese Menschen nichtberufliche Bindungenals Bremsklötze statt als Stabilisatorenwahr. Es ging mir damals ähnlich. Ich moch-te die Geschwindigkeit und ärgerte mich,wenn die Menschen um mich herum nichtSchritt halten konnten. Das hohe, aberkonstante Tempo suggerierte Stabilität, diegar nicht vorhanden war. Ich wähnte michim Fahrersitz und genoss die Geschwindig-keit. Dabei ist man meistens nicht nurFahrer, sondern auch Beifahrer – Beschleu-niger und Beschleunigter zugleich. AlsManager trägt man deshalb eine doppelteVerantwortung. Zum einen muss man einGespür dafür besitzen, wie viel Beschleuni-gung man verursachen darf, damit Betroffe-ne nicht aus dem Gleichgewicht geraten,und zum anderen muss man selbst über dieStabilität verfügen, Beschleunigungen allerArt zu meistern.Meine Agenda ist wieder gefüllt, ohne dassich die Herrschaft darüber verloren hätte.Ich freue mich über die Selbstbestimmungund die Freiheit, mein eigenes Tempo zugehen. Dieses ist vielleicht nicht mehr sohoch, wie es einmal war, aber dafür genies-se ich jetzt die Fahrt. //

Foto: Anne Morgenstern

forum1. beschleunigung/stabilität

Roland Rasi: Ein Manager muss ein Gespürdafür besitzen, wie viel Beschleunigung erverursachen darf – und selbst über die Stabili-tät verfügen, Beschleunigungen zu meistern.

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08 ceo/forum

Der Physiker Dr. Anton Lüthi arbeitet amEidgenössischen Institut für Schnee- undLawinenforschung in Davos und erforscht inZusammenarbeit mit der SchweizerSkiakrobatik-Nationalmannschaft vonSwiss-Ski Erfolgsfaktoren für einen perfek-ten Sprung.

Wenn man am Fernsehen die Skiakrobatenihre atemberaubenden Saltos und Schrau-ben drehen sieht, hat man als Laie keineVorstellung davon, wie exakt diese Sprüngeberechnet sind. Durch die Höhe der Schan-ze, ihre Krümmung, die den Drehimpulsgeneriert, die Geschwindigkeit des Sport-lers, die von der Länge und der Steilheit desAnlaufs, dem Gewicht des Athleten undseiner Ausrüstung bestimmt wird, ist dieBahn des Fluges vorgegeben. Vom Start biszur Landung wirken Kräfte der Physik wieZentripetalkraft und Gravitation. Und diesind für alle Springer gleich.Dennoch gibt es unterschiedliche Leistun-gen. Das heisst, jeder Athlet hat währenddes dynamischen Ablaufs eines Sprungesdie Möglichkeit, das Beste aus den vorge-gebenen Bedingungen zu machen – zusteuern, zu optimieren. Und dies, obwohldie Flugphase, die ihn in bis zu 15 MeterHöhe führt, gerade mal drei Sekundendauert. Der perfekte Sprung entsteht ausdem exakt getimten Zusammenspiel vonBeschleunigung und Stabilität. Einfachgesagt: Ein Athlet setzt seinen Körper inBewegung und bremst ihn am Ende wieder.In der Zeit zwischen diesen beiden Aktionensteuert er den Flug im Bereich seiner

Möglichkeiten und gibt die Kontrolle keinenMoment lang ab.Die Schweizer Skiakrobaten haben sich dasZiel gesetzt, bis zur nächsten Olympiadeeinen dreifachen Salto mit fünf Schraubenzu springen. Es gibt Athleten, die diesenSprung bereits beherrschen – er ist bisheraber nicht Standard im Repertoire. Wir hatten die Möglichkeit, dank Sponsorenund Unterstützung einer auf biomechani-sche Analysen spezialisierten Firma, denAblauf vieler Sprünge vom Start bis zurLandung genau zu studieren. An derWasserschanze, wo die Sportlerinnen undSportler trainieren, bauten wir ein riesigesGerüst mit 20 Infrarotkameras auf. Dannversahen wir fünf Athleten am ganzenKörper mit 48 Markenpunkten und liessensie eine ganze Nacht lang springen. Hut abvor diesem sportlichen Einsatz! Er hat sichgelohnt. Denn jetzt können wir am Compu-ter, wie im Trickfilm, jede Sequenz der Flug-bahn eines jeden Sprunges analysieren. Wirlassen unsere Strichmännchen am Bild-schirm immer wieder in Zeitlupe springen.Wir beobachten ihre Bewegung in Sekun-denbruchteilen, stoppen sie, lassen sierückwärtsfliegen. Für mich war es verblüf-fend, dass man am Bewegungsablauf deneinzelnen Sportler erkennt – obwohl dieStrichmännchen am Bildschirm völlig iden-tisch aussehen. Das zeigt, wie individuelldie Bewegungen ausgeführt werden – undwie viel persönlichen Interpretationsspiel-raum jeder Sportler hat, trotz Physik.In einer zweiten Phase haben wir begonnen,zu spielen: Wir veränderten gewisse Para-meter und beobachteten in der Simulation,was passiert. Wie verläuft der Flug, wenndie Ski kürzer, länger, leichter, schwererwerden? Was geschieht, wenn man die

Geschwindigkeit erhöht, verringert? EineKonsequenz dieser Arbeit ist, dass dieSchweizer Skiakrobaten im Moment zusam-men mit der Firma Oxess einen völlig neuenSki entwickeln lassen, der ihnen helfen soll,ihr olympisches Ziel zu erreichen.Um neue Höchstleistungen zu erzielen,braucht es das Zusammenspiel verschiede-ner Faktoren: Zentral ist das genaueVerständnis der Abläufe, die ausserhalbunseres Einflussbereiches liegen. In derSkiakrobatik sind dies zum Beispiel dieSchanze, die physikalischen Kräfte sowiedie Auswirkungen unsteuerbarer Einflüssewie zum Beispiel Wind. Dann können wirversuchen, alles, was wir beeinflussenkönnen, zu optimieren – zum Beispiel dasMaterial. Und zum Schluss liegt es amAthleten, unter Zeitdruck und Wettbewerbs-stress die richtigen Entscheidungen zufällen beziehungsweise aus Erfahrung inSekundenbruchteilen die richtigen Mass-nahmen einzuleiten. Dabei gibt es meiner Beobachtung nach,jenseits aller Berechnungen und Axiome,weiche Faktoren, wie zum Beispiel dasZusammenspiel zwischen Coach undSportler. Es braucht jemanden, der währendder Absprungphase den Überblick behältund den Athleten lenkt, wenn etwas Unvor-hergesehenes eintritt – etwa wenn sich dieWindverhältnisse ändern. Die richtigeEinschätzung der Situation, die Zusammen-arbeit im Team, der gemeinsame Code – dieZurufe müssen extrem kurz und unmissver-ständlich sein – sowie das gegenseitigeVertrauen sind für den Erfolg sicher ebensoentscheidend wie der perfekte Ski. //

Foto: Roth und Schmid

forum2. beschleunigung/stabilität

Anton Lüthi: Ein Athlet setzt seinen Körper in Bewegung und bremst ihn am Ende wieder.In der Zeit dazwischen gibt er die Kontrollekeinen Moment lang ab.

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10 ceo/forum

Willy Rampf ist technischer Direktor beimBMW Sauber F1 Team. In dieser Funktionist er für die technischen Belange und fürden Fahrzeugeinsatz des Formel-1-Teamsan der Rennstrecke verantwortlich.

Der schnellste Wagen gewinnt – meistens.Bei «Beschleunigung» und «Stabilität»denke ich deshalb zuerst ans Fahrzeug.Konkret an die Beschleunigung beim Renn-start und die Bremsstabilität und natürlichan den Abtrieb. Das ist die Kraft, die durchden Luftstrom erzeugt wird, der über undums Chassis, die Flügel und die Aufhän-gungsteile strömt und den Wagen auf denBoden presst. Dadurch sind beispielsweisehohe Kurvengeschwindigkeiten möglich.Formel-1-Wagen erzeugen so viel Abtrieb,dass sie ab einer Geschwindigkeit von ca.170 km/h an der Decke fahren könnten.Mehr Abtrieb bedeutet höhere Kurvenstabi-lität, aber auch mehr Luftwiderstand. Jenach Rennstrecke ist das eine oder dasandere wichtiger. In Monaco, einem kurven-reichen, eher langsamen Kurs, ist Abtrieballes. In Monza, einer Hochgeschwindig-keitsstrecke, ist geringer Luftwiderstandentscheidend. Die Rennstrecke ist gegeben.Die optimale Abstimmung ist für jeden Kurseine andere. Pro Runde sind unsere Fahr-zeuge momentan noch rund drei bis fünfZehntel langsamer als die von Ferrari. Unse-re erste Aufgabe besteht also darin, unsere

Wagen eine halbe Sekunde schneller zumachen. Das wird uns im Verlauf der Saisonauch gelingen. Aber: Auch Ferrari entwickeltund wird schneller. Wir müssen also nichtnur Fahrzeuge, sondern auch unsereEntwicklung beschleunigen. Wir müssenschneller schneller werden!Diese Herausforderung ist sowohl aus tech-nischer als auch aus menschlicher Sichtsehr komplex. In der Formel 1 ist die Tech-nologie bereits auf einem ausgesprochenhohen Niveau, trotzdem behaupte ich: Esgibt keine Grenzen der Entwicklung. Dasführt natürlich zu einer zunehmendenSpezialisierung der Fachleute. Die Mitarbei-ter kennen ihre Bereiche besser als ich.Meine Aufgabe ist es, die Entwicklungsrich-tung vorzugeben, die Ideen der Mitarbeiterzu filtern und die Zusammenarbeit derSpezialisten sicherzustellen. Denn so wich-tig jedes einzelne Detail am Wagen auch ist,erst im Zusammenspiel der Komponentenzeigt sich deren Wirkung und Wirksamkeit.Hinzu kommt die rasante Entwicklungsge-schwindigkeit, die wir noch beschleunigenwollen, ja beschleunigen müssen, um ganzan die Spitze zu kommen. Doch nur schonum mitzuhalten, bleibt kaum Zeit. UnserWindkanal beispielsweise ist 24 Stundenam Tag in Betrieb und trotzdem ist esunmöglich, alles zu testen. Mit Absiche-rungspolitik gewinnt man in der Formel 1keinen Blumentopf. Man muss bereit sein,Risiken einzugehen und Fehler zuzulassen –zumindest in Bereichen, die nicht sicher-heitsrelevant sind. Es mag eigenartig klin-gen, aber auch in der «techniklastigen»Formel 1 sollte man nicht nur seinenBerechnungen, sondern auch seinem

Bauchgefühl vertrauen können – und demseiner Mitarbeiter.Mein zweiter Gedanke zu den Begriffen«Beschleunigung» und «Stabilität» beziehtsich deshalb aufs Team und die menschli-chen Aspekte. Eine beschleunigte technolo-gische Entwicklung ist nur mit einem stabi-len Team möglich. Sauber wurde durch dasZusammengehen mit BMW enorm«beschleunigt». 2005 zählte der Rennstallungefähr 280 Angestellte. Als wir damalsdie Situation analysierten und die Zukunftdes BMW Sauber F1 Teams planten, waruns klar, dass wir, um sportlich erfolgreichzu sein, mehr Manpower brauchten. Heutearbeiten in unserem Team knapp 700 Mitar-beiter, davon 430 in Hinwil, der Rest inMünchen. Damit gehören wir immer noch zuden kleineren Werkteams. Wir wollten auchnicht das grösste, sondern das effizientesteTeam werden. Das Aufstocken des Perso-nalbestands in Hinwil um rund 50 Prozentwar dennoch happig. Die neuen Mitarbeitermussten nicht nur ein sehr hohes Mass anFachkompetenz mitbringen, sondern auchmenschlich passen. Der Ausbau wurde2007 abgeschlossen und heute sind wir einSpitzenteam. //

Foto: Helmut Wachter

forum3. beschleunigung/stabilität

Willy Rampf: Wir müssen nicht nur unsere Fahrzeuge, sondern auch unsere Entwicklung beschleunigen. Wir müssenschneller schneller werden!

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12 ceo/forum

Kurt Bylang ist General Manager von Getro-nics (Schweiz) AG. Das Unternehmen ist imBereich Informations- und Kommunikati-onstechnologie (ICT) tätig.

Die IT-Branche galt lange als Inbegriff fürhohe Innovationskadenz. Heute ist sie damitin guter Gesellschaft. Das Veränderungs-tempo ist generell hoch geworden, in derFinanzindustrie genauso wie in der Maschi-nenbranche oder im Detailhandel. Treiberhinter der allgemeinen Beschleunigung istnicht allein die IT, sondern es sind dieMenschen, die die jeweiligen Wirtschafts-sektoren gestalten und betreiben. IT unter-stützt die Akzeleration mit schnellem,globalem und umfassendem Zugriff aufInformation aller ArtDie beiden Begriffe «Beschleunigung» und«Stabilität» umfassen, worum sich bei unsals ICT-Dienstleister letztlich alles dreht: umInnovation einerseits und Nachhaltigkeitandererseits. Getronics verifiziert neueEntwicklungen der TechnologiepartnerMicrosoft und Cisco sowie anderer Markt-führer und integriert die einzelnen Kompo-nenten zu einer kundenspezifischen, hoch-verfügbaren Arbeitsplattform, welche aufWunsch des Kunden auch durch Getronicsbetrieben wird. Stabilität und Beschleunigung – das einegeht nicht ohne das andere. Zwischenbeiden die Balance zu halten, ist eine gros-se Herausforderung. Als General Managerbin ich auf drei Ebenen mit dieser Heraus-forderung konfrontiert: im Markt, im Unter-nehmen, im Privatleben.

Im Markt ist es für uns matchentscheidend,technologisch stets auf dem neusten Standund am Ball zu sein. Die Anforderungen anden modernen und oft mobilen Arbeitsplatzändern sich rasch und laufend. Als Infra-strukturintegrator und Outsourcing-Unter-nehmen stehen wir zwischen Technologie-partnern und -anwendern und leben vomVertrauen, das man uns entgegenbringt: Aufuns muss man sich verlassen können,schliesslich legen unsere Kunden ihre IT-Infrastruktur und damit einen wichtigenProduktionsfaktor in unsere Hände. Vertrau-en lässt sich bekanntlich nicht an- undausschalten, sondern muss aufgebautwerden – mit stabilen zwischenmenschli-chen Beziehungen und mit wasserdichtenDienstleistungen. Sie bestimmen letztlichdas Tagesgeschäft und den für unsereKunden erbrachten Mehrwert. Von uns wird zudem erwartet, dass wir inhoher Kadenz die neusten Technologienanbieten und diese auch reibungslos undpannenfrei implementieren können; dass diejeweiligen Lösungen robust und ausgetestetsind und damit ohne Risiken für denBetrieb. Das sind keine Projekte mit Anfangund Ende, sondern auf Langfristigkeitausgerichtete Geschäftsbeziehungen. Kurzgesagt: Unsere Lösungen und Aufgabenverändern sich zwar rasant, wir als Dienst-leister stehen aber für Stabilität – in Formvon Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit. Ähnliches gilt mit Blick nach innen: UmMitarbeiter, die mit sich ständig änderndenArbeitsinhalten konfrontiert sind, zu Höchst-leistungen zu motivieren, brauchen wir eineFirmenkultur der Stabilität und Sicherheit.Für mich als Arbeitgeber gilt es, das Gleich-gewicht zu finden und zu halten zwischenhoher Innovationskadenz und einer klaren

Ausrichtung des Unternehmens. UnsereMitarbeiter müssen genau wissen, wohindie Reise geht. So kommt trotz stetigemWandel jene Ruhe ins Unternehmen, dienötig ist, damit alle voll und ganz bei derSache sind. Oder anders ausgedrückt: Zumtechnologischen Fortschritt gehört immerauch ein Ziel. Denn nur so werden Entwick-lungen nachvollziehbar und können einge-ordnet werden. Ein Schlagwort der Stunde heisst «UnifiedCommunication». Es bedeutet, dass diegesamte Kommunikation, sei es via Handy,PDA, Festnetz, PC oder Laptop, unterneh-mensweit über eine einzige Kommunikati-onsplattform läuft und nicht wie bisher übermehrere verschiedene, meist voneinanderunabhängige. Den Showcase – sowohl fürunsere Kunden wie auch für unsere Mitar-beiter – bieten wir in unserem Unternehmengleich selbst: Alle 24 000 Getronics-Arbeits-plätze weltweit sind in der Kommunikationvoll integriert. Nach aussen werden wir soselbst zu einer Referenz für den Future-Ready Workspace. Im Innern wissen alle,worum es geht, weil sie selbst damit arbei-ten. Auch das gibt Stabilität. Persönlich weiss ich, wie wichtig es ist, aufzwei Beinen im Leben zu stehen und nichtnur durch den Beruf bestimmt zu sein. Es istfür mich daher wesentlich, nicht nur imBüro, sondern auch zu Hause in hohemMasse verfügbar zu sein. Das heisst: Bin icham Arbeiten, bin ich ganz hier. Bin ich zuHause, bin ich ganz dort. Auch das gibtStabilität! //

Foto: Markus Bertschi

forum4. beschleunigung/stabilität

Kurt Bylang: Zum technologischen Fortschrittgehört immer auch ein Ziel. Denn nur sowerden Entwicklungen nachvollziehbar undkönnen eingeordnet werden.

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dossier reputation

Bevor man amSchein arbeitenkann, muss das Seinstimmen.

14 ceo/reputation

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ceo/reputation 15

Page 16: Das Magazin für Entscheidungsträger. Juli 2008 Reputation ... · lagen die persönliche Stabilität zu erhalten oder wiederzuerlangen. Denn der Wandel macht vor niemandem halt

«Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.» Selbst wenndiese Aussage zu Zeiten Wilhelm Buschs womöglich in einigenBereichen noch Gültigkeit hatte, ist dem heute mit Sicherheit nichtmehr so. Wir leben im Zeitalter der Blogs und Networking-Plattfor-men und die Regel dieser sozialen Medien lautet «Reputation byRecommendation». Mit einem ruinierten Ruf wird man privateinsam und geschäftlich ruiniert. Der Wunsch, unseren Ruf zufördern und zu schützen, beeinflusst unser Handeln praktischtäglich. So verwundert es auch nicht, dass eine immer grösserwerdende Zunft davon lebt, diesen Wunsch, zu erfüllen – undanbietet, einen guten Ruf aufzubauen, Rufschaden abzuwendenoder einen bereits eingetretenen Reputationsverlust einzudämmen.Fragt man, in welchem Wirtschaftszweig die Pflege und der Schutzder Reputation zu Hause sind, erhält man als Antwort meistens: inder Kommunikationsbranche. Und tatsächlich wächst das Angebotin diesem Bereich ständig: Reputationsmonitoring, Reputationsbe-rater, CEO-Konsulenten, PR-Agenturen. Sicher, Ansehen ist einkommunikatives Konstrukt. Aber vor dem Schein steht immer nochdas Sein. James E. Grunig, der wohl einflussreichste PR-Wissen-schaftler der letzten Jahrzehnte, hat es selbst treffend auf denPunkt gebracht: «Reputation cannot be managed... only the be-haviour of management.» Reputationsmanagement ist keine Kommunikationsdisziplin,sondern eine Managementaufgabe. Und seit Strategie- und Unter-nehmensberatungen intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeitbefasst sind, führt auch für sie kein Weg mehr am Thema Reputati-on vorbei. So auch bei PwC. «Reputation ist bei jedem Strategie-projekt ein dominanter, wenn auch unterschwelliger Treiber»,bestätigt Ralf Schlaepfer, Leiter Consulting bei PwC. «Die Kunstliegt darin, alle Beteiligten so einzubinden, dass sie sich als Eigner

der Strategie sehen.» Der globale Leiter der Nachhaltigkeitsbera-tung bei Pwc, der Schweizer Thomas Scheiwiller, betrachtet dasThema Reputation ganz nüchtern, und ebenso trocken ist seinepersönliche Definition: «Reputation ist die aggregierte Metrik fürAussenbeziehungen.» Aussenbeziehungen – also doch Public Relations? Aber im wört-lichen Sinne von «öffentliche Beziehungen»? Tatsächlich liegtScheiwiller mit der Aggregationsdefinition auf sehr ähnlicherWellenlänge wie die heutige Kommunikationsforschung. Der US-amerikanische Professor Charles Fombrun ist Gründer und Leiterdes internationalen Reputation Institute und hat die RepTrak Score-card entwickelt. Sein Modell basiert darauf, dass Reputation alsGefühle, Vertrauen, Achtung und Bewunderung in sieben Dimen-sionen erarbeitet wird: 1. Produkte/Dienstleistungen (hohe Qualität,gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, erfüllte Konsumentenbedürfnis-se), 2. Innovation (innovativ, Erster auf dem Markt, passt sichschnell dem Wandel an), 3. Arbeitgeber (leistungs- und mitarbeiter-orientiert, lebt Chancengleichheit), 4. Governance (offen und trans-parent, ethisch korrekt, faires Geschäftsgebaren), 5. Citizenship(verantwortlich gegenüber der Umwelt, wohltätig, positiver Einflussauf die Gesellschaft), 6. Führung (gut organisiert, inspirierendeLeader, hervorragendes Management, klare Vision für die Zukunft),7. Performance (profitabel, bessere Ergebnisse als erwartet, guteWachstumsaussichten). Bei Fombrun wird die öffentliche Wahrneh-mung eines Unternehmens in all diesen Dimensionen gemessen.

Gute Performance, gute Reputation?Und damit sind wir mitten drin im Dilemma der heutigen Praxis desReputationsmanagements. Es wird gemessen, gefeilt und poliertund wieder gemessen. Viel interessanter wäre doch aber zuwissen, was man unternehmen muss, damit das gemesseneErgebnis so ausfällt, dass gar nicht mehr viel gefeilt und poliertwerden muss – damit die Realität für sich spricht. So betrachtetwird Reputationsmanagement weniger zur Kommunikationsauf-gabe sondern, zur Stellenbeschreibung der Unternehmensführung:

dossier reputation

Von Alexander Fleischer, Präsident des «.HarbourClub. Chief Communications Officers» und Leiter Marketing und Kommunikation von PricewaterhouseCoopers Schweiz.Fotos: Roth und Schmid

Reputationsmanagement ist keine Kommunikationsdisziplin, sondern eine Managementaufgabe.

16 ceo/reputation

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• Den Mindset der Führungsriege darauf ausrichten, verantwor-tungsvolle Unternehmer sein zu wollen,

• eine funktionierende Corporate Governance (mit Checks und Balances) aufbauen,

• operationelle Prozesse einrichten, die sicherstellen, dass kein Betrug, kein Fehlhandeln, keine Ineffizienzen und kein Abwei-chen vom vorgegebenen Ziel unentdeckt bleiben,

• erfolgreich, d.h. besser als die Mitbewerber, agieren (Performanceabliefern, dies ist das eigentliche Kernstück),

• interne Transparenz darüber herstellen, wie Wert im Unternehmengeschaffen wird, wo dies geschieht und in welchem Ausmasse,

• und schliesslich externe Transparenz schaffen.

Wenn all diese Faktoren berücksichtigt werden, ergibt sich darauseine gute Performance des Unternehmens. Und dies resultiert dannin einer guten Reputation? Nicht ganz – denn hier kommt dieKommunikation wieder ins Spiel. Untersuchungen von Prof. Clau-dia Mast von der Universität Hohenheim bei Stuttgart haben fürDeutschland gezeigt, dass mittelständische Unternehmen sich fastdurchgehend unter Wert verkaufen. Es ist anzunehmen, dass es inder Schweiz in Bezug auf KMU ähnlich aussieht. Die Ursache fürdieses nichtgenutzte Reputationspotenzial liegt wohl in einemverkannten Stellenwert der Unternehmenskommunikation, wassich in zu knapper Aufmerksamkeit für und zu geringen Investitio-nen in die Kommunikation niederschlägt. Ein «Hidden Star» zu sein,

ist aber ökonomisch nicht wirklich sinnvoll. Marie von Ebner-Eschenbach brachte es gnadenlos auf den Punkt: «Wer sich mitwenig Ruhm begnügt, verdient nicht vielen.»

Klartext reden und knallhart Position beziehenWenn die Leistung stimmt und die Kommunikation auch, dann istdies wie eine Art Versicherung für schwierige Zeiten. PwC-MannThomas Scheiwiller nennt dies «Hysterese» und führt aus: «Es istwie die Trägheit bei einem Magneten. Eine gute Reputation schaffteinen Puffer für Krisenzeiten – ich darf mir dann zwei bis drei Fehlererlauben, ohne gleich abgestraft zu werden.» Der Verwaltungsrat und der CEO liefern also die Ergebnisse undder Kommunikationsverantwortliche oder -berater bringt diesedann in die Öffentlichkeit? In der Praxis geht die Funktion derKommunikationsleiter, der CCO, weiter. Sie spielen in vielen Unter-nehmen bereits bei der Gestaltung der Realität eine zentrale Rolle.Aus ihrer täglichen Exponiertheit in der Aussenwelt erfahren siesehr direkt, wo die tatsächlichen Stärken und Schwächen einesUnternehmens zu finden sind. In der Strategiefindung und -ausge-staltung sind diese Impulse von aussen wichtig – besonders imDialog mit dem CEO, denn Reputation und Kommunikation sindChefsache.Auch in puncto Disziplin der Strategieumsetzung nehmen die CCOeine wichtige Rolle ein – die des Unternehmensgewissens. Wenndas, was ein CCO kommuniziert, nicht mit dem übereinstimmt, wasMitarbeiter, Kunden, Shareholder etc. erleben, ist seine Glaubwür-digkeit rasch untergraben – jedoch nicht nur seine, sondern auchdie des Unternehmens, das er vertritt. Deshalb gehört es auch zuden Aufgaben des CCO, im Unternehmen Klartext zu reden.Einfluss zu nehmen. Dafür zu sorgen, dass es aus Sicht der Öffent-lichkeit – deren Anwalt er in dieser Rolle ist – in die richtige Rich-tung läuft. CCO müssen dabei intern oft knallhart Position beziehen und kämpfen, sonst werden sie in ihren Aussen-beziehungen auseinandergenommen. Denn sie wissen, dass derSatiriker Lukian recht hat: «Das Etikett soll nicht grösser sein als der Sack». //

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«Es gibt nichts Wichtigeres.»

Interview: Corinne Amacher

Herr Scholl, nach dem erzwungenenRücktritt Ihres Vorgängers Hans F. Vögelimussten Sie quasi über Nacht als neuerCEO das Vertrauen in die Zürcher Kanto-nalbank wiederherstellen. Wie war dasfür Sie?Ich war schon als Mitglied der ZKB-Gene-raldirektion gewohnt, vor Kunden und Mitar-beiter hinzustehen. Als ich die operativeLeitung der Bank übernahm, konzentriertesich alles noch mehr auf meine Person. Eswar hektisch, doch mit dem Vertrauen derKunden und Mitarbeitenden kann man auchschwierige Situationen meistern. Ich war inmeiner ganzen Laufbahn immer ich selbstund muss folglich niemandem etwasvorspielen. Wenn ich sage, die Situation seiunter Kontrolle, dann glaubt man mir dasauch. Abgesehen davon bildet sich derwesentliche Teil der Reputation ohne Zutundes CEO. Es sind unsere Kundenberaterin-nen und -berater, die mit ihrer fachlich wiepersönlich kompetenten Arbeit tagtäglichzum guten Ruf der Bank beitragen.

Was haben Sie persönlich unternommen,um die Reputation zu stärken?Meine Geschäftsleitungskollegen und ichführten einen intensiven Dialog mit allenStakeholdern und insbesondere auch mitunseren Mitarbeitenden. Wir haben unszweimal vor jeweils 400 Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern von TeleZüri-Programm-leiter Markus Gilli befragen lassen. Daswaren sehr intensive Podiumsdiskussionen.Markus Gilli hat uns nicht geschont, und

das Feedback der Zuhörer war gut. Dannbesuchten wir Kundenveranstaltungen odermachten Einzelbesuche bei wichtigenKunden.

Die ZKB war in die Kritik geraten, weil siegegenüber ihrem Kunden Sulzer eineDoppelrolle spielte. Welche Lehrenhaben Sie daraus gezogen?Für eine Bank gibt es nichts Wertvolleres alsden guten Ruf. Wir mussten die Sensibilitätfür diesen Grundsatz, den man als «Bänk-ler» schon im ersten Lehrjahr lernt, bankin-tern von neuem schärfen. Mittlerweile istdas Bewusstsein, dass die Reputation einenwichtigen strategischen Vermögenswertdarstellt, wieder in allen Köpfen verankert.

Konkret, welche Massnahmen wurdengetroffen?Es kam wie immer in solchen Fällen umge-hend der Ruf nach Checklisten und Regel-werken. Die nützen aber überhaupt nichts,denn die nächste Krise wird bestimmt ganzanders verlaufen. Am wichtigsten sind dieSensibilität für kritische Themen und eineoffene Diskussionskultur. Die Mitarbeiten-den müssen erkennen, ob ein Geschäftproblematisch ist, und sie müssen darüberreden dürfen. Ist ein heikles Thema einmalerkannt, geht es um eine Auslegeordnung,und anschliessend kann man entscheiden.Wir haben eigens einen Konfliktausschussgeschaffen, der in Geschäften entscheidet,die ausserordentliche Auswirkungen auf dieReputation der Bank haben könnten. Indiesem Gremium sitzen der vom konkretenFall betroffene Geschäftseinheitsleiter, derChief Risk Officer und ich als CEO; der Chefdes Rechtsdienstes hat eine beratende

Stimme. Reputationsrelevant kann ein Inte-ressenkonflikt zwischen Kunde und Banksein, eine kritische Kundenbeziehung, einHandelsgeschäft mit einem Land wie Iran,das zwar keine unmittelbaren materiellenRisiken birgt, dafür aber ein erheblichespolitisches Risiko darstellt etc. Dies sindallesamt keine Themen, die sich mit Check-listen abhandeln lassen. Hier geht es viel-mehr immer um eine Güterabwägung.

Wie gross ist die Gefahr, dass die Mitar-beiter vor lauter Risikobewusstsein ihreArbeit mit angezogener Handbremseverrichten?Diese Gefahr ist nicht von der Hand zuweisen. Dass dies nicht passiert, ist einewichtige Führungsaufgabe. Man mussaufpassen, dass das Risikobewusstseinnicht zu einer Verweigerungshaltung führt.Das Bankgeschäft basiert auf Risiken, dasist nun mal so. Die Mitarbeiter müssenwissen, dass sie trotz aller Risiken auchEntscheidungskompetenzen haben unddiese wahrnehmen sollen.

Welche Methoden haben Sie geschaffen,um heikle Themen zu erkennen?Wir haben zusammen mit dem Forschungs-bereich Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög)der Universität Zürich ein Reputationsmoni-toring aufgebaut, das wir mit unseren eige-nen Marken- und Marktforschungsinstru-menten verbinden. Damit dieses Monitoringnicht in irgendeiner Schublade verschwin-det, wird es in die bestehenden Abläufe derBank integriert. Durch eine systematische

Martin Scholl, CEO Zürcher Kantonal-bank, über die Lehren aus dem FallSulzer und den Wert eines guten Rufes.

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Martin Scholl: «Die Mitarbeiter müssen wissen, dass sie trotz aller Risiken auch Entscheidungskompetenzenhaben und diese wahrnehmen sollen.»

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Der Unternehmens-ethik verpflichtet.

Manchmal gefällt es Dan Ostergaard, andern den Spiegel vorzuhal-ten. Wenn er eine Rede hält, pflegt er die Zuhörer auf die verschie-denen Massstäbe anzusprechen, die in der Kindererziehung und imGeschäftsalltag angelegt werden: Am Abend ermahnt der Vaterseinen Sohn, die Rechenprüfung ohne Schummeleien zu absolvie-ren, am nächsten Morgen erliegt er im Büro der Versuchung, mitunlauteren Methoden einen lukrativen Auftrag zu ergattern. Als Leiter Corporate Integrity & Compliance sieht es der Jurist mitMBA-Zusatzausbildung als seine Hauptaufgabe, die ethischenWerte und Prinzipien des Pharmakonzerns Novartis in der alltägli-chen betrieblichen Praxis zu verankern. Kein leichtes Unterfangen,100 000 Angestellte auf der ganzen Welt mit einer entsprechendgrossen Bandbreite an sozialen und kulturellen Hintergründen aufeine ethische Linie einzuschwören, aber ein lohnenswertes und einunabdingbares. «Verantwortungsvolle Geschäftsführung stärkt dieWettbewerbsfähigkeit», sagt Ostergaard. «Sie hilft uns, unsere Risi-ken zu senken, das Vertrauen von Stakeholdern zu gewinnen undunsere Mitarbeiter zu motivieren.»

Integres Verhalten fördern und erzwingenSeit seinem Eintritt im Jahr 2002 hat Ostergaard ein umfassendesIntegritätsmanagementsystem eingeführt, das Novartis Integrity &Compliance Program. Dieses unterstützt die Führungskräfte beider Gestaltung hoher Integritätsstandards sowie bei der Förderungund Erzwingung integren Verhaltens im Geschäftsalltag. DasProgramm unterscheidet sich von herkömmlichen Compliance-Initiativen, die sich lediglich mit Standardsetzung, Sensibilisierungund Überprüfung befassen, indem es zusätzlich auf die unabding-bare Vorbildrolle des Managements, die Entwicklung ethischerFührungskompetenz und die Gestaltung moralsensitiver Anreiz-und Entscheidungssysteme fokussiert. Die Abteilung Corporate Integrity & Compliance berichtet direkt anden Vorstand und trägt Verantwortung für das Programm. DieVerantwortung für integres Verhalten und Compliance liegt jedochbei den Führungskräften und allen Mitarbeitern. Ostergaard verfügtin Basel über ein kleines Team und arbeitet eng mit 220 Integrity &

Die Einhaltung des Verhaltenskodexesist bei allen Novartis-MitarbeitendenBestandteil der Leistungsbeurteilungund hat Auswirkung auf die Vergütung.«Somit wird verantwortungsbewusstesstatt ethisch riskantes Handelnbelohnt», sagt Dan Ostergaard, LeiterCorporate Integrity & Compliance.

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Medienanalyse erhalten wir Aufschluss überaktuelle wie künftige Themen, welche aufdie Reputation der Bank negative wie positi-ve Auswirkungen haben könnten. Im erstenQuartal 2008 wurde erstmals ausführlichüber die Entwicklung unserer ReputationBericht erstattet. Die Resultate werden jetztdiskutiert.

Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?Für Erkenntnisse aus dem Reputationsmo-nitoring ist es noch zu früh. Eine breit ange-legte Stakeholderumfrage gab uns aller-dings wichtige Hinweise für unsere künftigeStrategie. Vergangenes Jahr befragten wirmehrere hundert Mitarbeiter, Kunden,Medienschaffende und Politiker zu Strate-gie, Struktur und Kultur der ZKB. Um einResultat herauszugreifen: Bezüglich unse-res Handelsgeschäfts haben wir Erklärungs-bedarf. Unser Investment Banking ist keineCasinoabteilung, sie hat eine wichtige Funk-tion innerhalb der Bank. Nur müssen wirdies auch entsprechend leben und glaub-haft darlegen.

Krisenbewältigung gehört zum Anforde-rungsprofil eines CEO. Welche Verhal-tensweisen haben Sie sich persönlich fürden Krisenfall vorgenommen?Im Nachhinein betrachtet muss ich sagen,dass wir im Fall Sulzer zu zögerlich kommu-niziert haben. Es ist in einer Krisensituationwichtig, den Sachverhalt möglichst raschund vollständig auf den Tisch zu legen, statttröpfchenweise mit der Wahrheit herauszu-rücken. Erfahrungsgemäss schüttelt es eineFirma mit einer offenen, transparentenKommunikationsstrategie nur einmal undnicht über mehrere Wochen oder gar Mona-te verteilt immer und immer wieder. Quasials Krisenprophylaxe möchten wir derÖffentlichkeit in den nächsten Monatenauch zeigen, dass die Führung der Banknicht nur auf den Schultern des CEO ruht,sondern auf mehrere Geschäftsleitungsmit-glieder verteilt ist. Andererseits ist es sicherso: Im Krisenfall muss immer der CEOhinstehen. //

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Dan Ostergaard: «Führende Unternehmen sehen Integrität nicht als Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit, sondern als Treiber für Differenzierung, einen guten Ruf und auch für Innovation.»

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«Es reicht der gesundeMenschen-verstand.»

«Man sagt, die Reputation eines Unterneh-mens sei ihr wichtigstes Gut. Das würde ichsofort unterschreiben. Es braucht eine brei-te Akzeptanz, um eine grosse Organisationweiterzubringen. Wir haben bei Swiss Lifeselber erfahren, was es bedeutet, wenn derRuf des Unternehmens ramponiert ist unddie Marke nicht mehr gut dasteht. Dasbrennt sich in den Köpfen ein, und zwarhartnäckig: Einen angeschlagenen Ruf kehrtman nicht innerhalb von zwei Jahren insGegenteil – und schon gar nicht mit Worten.Reputation kann man nicht herbeireden undman kann sie auch nicht machen. Reputati-on muss man sich erarbeiten. Wegen seiner Bedeutung für das Unterneh-men ist das Thema auch für mich wichtig.Einen institutionalisierten Stellenwert hat esindes nicht: Offen gestanden halte ichwenig von all den Modellen zum Reputati-onsmanagement, sie sind mir zu theore-tisch. Gleiches gilt für den Trend, die Repu-tation eines Unternehmens quantifizieren zuwollen. Die Idee dahinter ist nachvollzieh-

Reputation ist eine Frageder Glaubwürdigkeit. Um sie zu beantworten,braucht es keine akademischen Konstruk-te, schreibt Rolf Dörig, Delegierter des Verwaltungsrats derSwiss Life-Gruppe.

reputation. swiss life

Compliance Officers zusammen, die in 98 Länderorganisationenganz- oder teilzeitlich für die Umsetzung des Programms verant-wortlich sind und Konzernleitung sowie lokales Management inregelmässigen Abständen informieren. Ostergaard will keinesfalls als eine Art Konzernpolizist verstandenwerden, sondern sieht sich als Förderer von richtigen Verhaltens-weisen. Weil Mitarbeitende primär das tun, wofür sie bezahltwerden, und gerade in ethischen Grauzonen «institutionelleRückenstützen» benötigen, setzt er auf ein ausgeklügeltes Anreiz-system. Die Einhaltung des Verhaltenskodexes ist bei allen Novar-tis-Mitarbeitenden Bestandteil der Leistungsbeurteilung und hatAuswirkungen auf die Kompensation. «Somit wird verantwortungs-bewusstes statt ethisch riskantes Handeln belohnt.»

Ethische Entscheidungskompetenz stärkenSchulungen sind wichtig, um die Mitarbeitenden zu sensibilisierenund deren Fähigkeiten auszubauen. Wer bei Novartis eine Stelleantritt, erhält sobald wie möglich eine Einladung zu einem Kursüber den Verhaltenskodex, der konzernweit gültige Standards inBezug auf Diskriminierung, Interessenkonflikte, Insiderhandel,Kartellabsprachen, Datenschutz, Bestechung und Einhaltung vonlokalen Gesetzen festlegt. 2007 wurden weltumspannend 210 000solcher Kurse durchgeführt, die meisten am Computer. SämtlicheMitarbeitenden – aus der Produktion bis zur Konzernleitung –müssen den Kurs absolvieren. «Führungskräfte treffen ihreEntscheide oft unter ökonomischem Druck», sagt Ostergaard,«umso wichtiger ist es, sie für heikle Situationen zu sensibilisierenund vor allem ihre ethische Entscheidungskompetenz zu stärken.» Um den Mitarbeitern und externen Stakeholdern die Möglichkeit zugeben, über mögliche und tatsächliche Fälle von Fehlverhaltenvertraulich und geschützt berichten zu können, wurde im Jahr 2005das von der Abteilung Integrity & Compliance unabhängige Busi-ness Practice Office (BPO) am Hauptsitz in Basel gegründet. Damitwurden die Verantwortung für die Annahme der Meldungen übermögliches und tatsächliches Fehlverhalten sowie die Entscheidungüber allfällige Sanktionen an einer Stelle gebündelt. «Indem dasBusiness Practices Office Verdachtsfälle zentral, einheitlich undvertraulich untersucht, wird die Verpflichtung von Novartis zu einereinwandfreien Geschäftsführung gestärkt und bei den Mitarbeiten-den zusätzlich verankert», sagt Ostergaard. In 70 Ländern und in51 Sprachen wurden so genannte «Integrity Telephone Lines»eingerichtet. Im Jahr 2007 gelangten 906 Verdachtsfälle ans BPO,davon erwiesen sich 290 ganz oder teilweise begründet, 168 Mitar-beiter erhielten als Sanktion die Kündigung. Bei Novartis ist Integrity & Compliance nicht wie bei vielen anderenUnternehmen beim Rechtsdienst angesiedelt, sondern bei derAbteilung Corporate Affairs. Dort bildet sie einen Pfeiler der Corpo-rate Citizenship Initiative, die die gesellschaftliche Verantwortungvon Novartis ins Zentrum stellt. Ein ethisch einwandfreiesGeschäftsgebaren ist nicht nur richtig, – es trägt auch zum Aufbaueiner integren Unternehmenskultur bei, unterstützt das Risikoma-nagement, stärkt den Ruf und schafft Wettbewerbsvorteile.«Führende Unternehmen sehen Integrität nicht als Hindernis für dieWettbewerbsfähigkeit», sagt Ostergaard, «sondern als Treiber fürDifferenzierung, einen guten Ruf und auch für Innovation.» //

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bar: Reputation ist ein entscheidenderErfolgsfaktor eines Unternehmens, ergogehört sie in die Bilanz. Die Umsetzunghingegen ist zu abstrakt: Hier soll etwas inFranken und Rappen Ausdruck finden, dasin diesen Dimensionen gar nicht fassbar ist. Bei der Reputation geht es um Fragen wie:Erfüllt eine Unternehmensleitung die Erwar-tungen, die sie weckt? Stimmt das, was siemacht, mit dem überein, was sie als Zielkommuniziert hat? Stimmen Taten undWorte überein? Kurz gesagt: Reputation isteine Frage der Glaubwürdigkeit. Um sie zubeantworten, braucht es keine akademi-schen Konstrukte, es reicht der gesundeMenschenverstand.

Langfristige Optik Bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeitspielt natürlich der Geschäftserfolg eineRolle, die Attraktivität für Aktionäre, dieAttraktivität als Arbeitgeberin, die Qualitätder Produkte und auch das Bild, das dieÖffentlichkeit von einem Unternehmen hat.Jeder einzelne Aspekt ist wesentlich für denRuf eines Unternehmens. Dieser ist gut,wenn jeder Teilaspekt ebenfalls gut dasteht,

und nur dann. Oder anders gesagt: Trotzguten Zahlen kann ein Unternehmen einschlechtes Image haben. Mit der Reputation von Swiss Life bin ichheute sehr zufrieden. Wir haben einenbeachtlichen Erfolgsausweis, einen gutenNamen, ein stringentes Geschäftsmodell.Zwar gelten wir in den Augen einzelnerAnalysten als zu konservativ. Gerade imMoment erweist sich unsere langfristigeOptik aber als richtig: Von der Subprime-Krise sind wir verschont geblieben.

Unternehmerische Risiken Für eine Marke wie Swiss Life ist ein Verhal-tenskodex, zu dem sich jeder hier bekennt,entscheidend. Es geht um Fairness undRespekt in den Kundenbeziehungen undum Zuverlässigkeit und Vertrauen imGeschäftsgebaren – das ist das A und O inunserer Branche, davon leben wir. DieHerausforderung besteht darin, diese Wertevorzuleben und sie zu verteidigen, auchgegen den Druck und die Verlockungen desMarktes; denn Reputation ist ein fragilesGut. Sie zu verlieren ist unendlich viel einfa-cher, als sie zu erwerben und zu schützen.Andererseits kommt nur voran, wer immerwieder bereit ist, unternehmerische Risikeneinzugehen. Dieser Aspekt hat unsbeispielsweise im Vorfeld der Übernahmevon AWD beschäftigt. AWD passt zu unse-rer Wachstumsstrategie: Wir wollen dieDistribution verstärken. Weil unser Geschäftletztlich lokal ist, brauchen wir lokal denZugang zu den Kunden und diesen Zugangkönnen wir mit AWD ganz wesentlichverbreitern. Von der strategischen Absichther ist die Übernahme denn auch positivaufgenommen worden. Man stellte uns –allerdings nur in der Schweiz – aber auchdie Frage, ob denn der aggressive AWD zurgrundsoliden Swiss Life passe. Die Antwortdarauf fiel uns leicht: Die AWD-Gruppefeiert dieses Jahr ihren 20. Geburtstag undden zweimillionsten Kunden. Ohne zufriede-ne Kunden wäre dies nicht möglich gewe-sen. Noch glauben uns nicht alle, dass dieZusammenarbeit von Swiss Life und AWDein Erfolg wird. Und auch hier gilt: Wirkönnen diesen Erfolg nicht herbeireden, wirmüssen ihn erarbeiten. Die ersten Resultatewerden wir in sechs bis zwölf Monaten aufden Tisch legen.»

Aufgezeichnet von Iris Kuhn-Spogat

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«Das hat sehr viel inBewegung gesetzt.»

Interview: Franziska Zydek

Durchlaucht, wie geht es der LGT?Der LGT geht es gut. Wir konnten im erstenQuartal den Umständen entsprechend guteResultate erzielen, mit einem Gewinn aufdem Niveau der Vorjahresperiode und eineminsgesamt deutlich positiven Netto-Neugeld-zufluss, wenngleich unter dem Vorjahr. DieSteueraffäre hat sich hauptsächlich in Liech-tenstein ausgewirkt, wo wir unter dem StrichAssets verloren haben. In allen anderenLändern, auch in unserem Onshore-Geschäft in Deutschland – konnten wirZuflüsse verzeichnen. Das war so nichtunbedingt zu erwarten und ist für uns sehrerfreulich.

Wie gross ist aus Ihrer Sicht der Schaden,der Ihrer Bank durch die deutsche Steu-eraffäre entstanden ist?Dies lässt sich wohl erst mit einer gewissenzeitlichen Distanz einschätzen. Finanziellerwarten wir aber auch weiterhin keinesubstanziellen Auswirkungen. Der Daten-diebstahl und die daraus resultierende gros-se Medienpräsenz haben aber sicher zueinem Reputationsverlust geführt – da gibtes nichts schönzureden. Wir sind nach derPhase des Krisenmanagements jetzt sehraktiv daran, verlorenes Vertrauen bei unse-ren Stakeholdern wiederaufzubauen.

Was war Ihr wichtigstes Ziel im Umgangmit der Krise?Unser Hauptinteresse galt unseren Mitarbei-tenden und Kunden. Es ging in erster Liniedarum, den Sachverhalt einzugrenzen und

Unsicherheiten zu minimieren. Wir wolltenklarstellen, dass die Affäre nur Kundenbezie-hungen der LGT Treuhand betrifft. Das Treu-handgeschäft macht rund 9 Prozent unsererverwalteten Vermögen aus.

Wie haben Ihre Kunden während derKrise reagiert?Bei den direkt Betroffenen war die Unsicher-heit natürlich am grössten. Die übrigenKunden haben mehrheitlich sehr gelassenreagiert. Die Affäre hat sehr stark polarisiert,das Vorgehen der deutschen Behörden hatzum Teil grosse Befremdung ausgelöst.

Wie haben Sie in der Krise Ihre Strategiefür die Kommunikation definiert?Wir haben sofort realisiert, dass es sich hierum eine ernsthafte Angelegenheit handeltund wir ausserhalb der üblichen Prozesseund Strukturen agieren müssen. Noch amgleichen Tag haben wir uns entschieden, mitabsoluter Transparenz und hoher Geschwin-digkeit alle uns bekannten Fakten auf denTisch zu legen.

Was war dabei ungewöhnlich? Wir wussten in den ersten Tagen nicht mitletzter Sicherheit, ob die Affäre tatsächlichdurch den Datendiebstahl bei der LGT Treu-hand im Jahr 2002 ausgelöst worden war.Noch weniger war uns bekannt, wer dieDaten an wen weitergegeben hatte, und oballenfalls noch weitere Daten im Spiel waren.In der Presse wurden damals BND-naheQuellen zitiert, die von jüngeren Daten spra-chen. Es hiess, man habe «die ganze Bankgeknackt». Dass der Datendieb die gleichenDaten, die er 2002 entwendet hatte, an denBND weiterverkauft hat, wurde erst einige

Zeit später publik. Die normale Reaktion ineiner derart schwammigen Situation wäre,überhaupt erst zu kommunizieren, wennman gesicherte Informationen hat. Uns ginges aber darum, in erster Priorität den Scha-den zu begrenzen.

Haben Sie dieses Ziel erreicht?Ja, ich denke, es ist relativ rasch gelungen,den Fall auf die LGT Treuhand und auf dieZeit bis und mit 2002 einzugrenzen. Es ist zukeinem Zeitpunkt zu einem Ansturm aufunsere Bank oder zu sonstigen extremenVorfällen gekommen, der normaleGeschäftsbetrieb war jederzeit sicherge-stellt. Unsere Kommunikation ist bei denZielgruppen angekommen und wir konntenrelativ schnell Klarheit für unsere Kundenschaffen.

Weshalb konnten Sie sicher sein, dassder BND nicht über zusätzliche, neuereKundendaten verfügt?Wir haben die Berichterstattung laufendausgewertet und jede neue Information mitden uns bekannten Fakten abgeglichen.Unsere Führungskräfte kennen ihre Leuteund Geschäftsbereiche sehr genau, siekonnten mögliche Spuren rasch verfolgenund weitere Lecks schnell ausschliessen. ImGrunde genommen haben wir in der Krisegemerkt, wie verlässlich unsere innerenStrukturen und Systeme funktionieren.

Auf welche Strukturen und Systemebeziehen Sie sich?Auch bei der LGT gibt es die üblichenSicherheitsmassnahmen für Daten, IT,Gebäudeschutz etc. Hier bewegen wir unssicherlich auf einem Topniveau in der Bran-che. Wenn man aber ähnlich gelagerte Fälleanalysiert, stellt man fest, dass die grösstenRisikofaktoren auf der menschlichen undnicht auf der technischen Seite zu findensind. In diesem Bereich haben wir aus demDatendiebstahl von 2002 viel gelernt. Wir

S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein, CEO der LGT, über dieKonsequenzen der Steueraffäre und über den Umgang mit plötzlicher,ungewollter Medienpräsenz.

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S. D. Prinz Max: «Der Datendiebstahl und die darausresultierende grosse Medienpräsenz haben abersicher zu einem Reputationsverlust geführt – da gibtes nichts schönzureden.»

Prinz Max von und zu Lichtenstein:«Der Datendiebstahl und die darausresultierende Medienpräsenz haben zueinem Reputationsverlust geführt – dagibt es nichts schönzureden.»

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«TechnologischesKnow-how undVerlässlichkeit.»

Text: Iris Kuhn-Spogat

Sein oder Nicht sein, diese Frage entscheidet sich letztlich auch fürLukas Winkler, CEO von Inficon, an der Reputation seines Unter-nehmens. Zum einen, weil die Firma börsenkotiert ist und dieReputation an den Finanzmärkten Gewicht hat. Zum anderen, weilInficon als Nischenanbieterin in Nischenmärkten (siehe Box rechts)auf Marktführerschaft angewiesen ist: Nischen sind naturgemässklein, wer sie nicht beherrscht, verdient zu wenig Geld. Bevor Inficon 2000 an der Schweizer Börse kotiert wurde, war dasUnternehmen Teil von Unaxis (heute OC Oerlikon). Mit dem IPOerhielt das Thema Reputation erstmals Bedeutung, schliesslich galtes, die eigene Identität zu finden und sich für potenzielle Anleger zuprofilieren. Die Finanzmärkte schwelgten damals im New-Econo-my-Rausch. Es lag nahe, Inficon als Zulieferer der Halbleiterindus-trie zu positionieren, immerhin stammten 50 Prozent des Umsatzesaus diesem Bereich. Als wenig später die New-Economy-Blaseplatzte, sauste der Kurs von Inficon mit in die Tiefe. Und das,obschon die anderen 50 Prozent des Umsatzes weder mit Halblei-tern noch mit der New Economy etwas zu tun hatten. Bis heute figuriert Inficon bei einigen Analysten in der KategorieSemiconductors, obwohl der Umsatzanteil dieses Geschäftsbe-reichs inzwischen auf ca. 20 Prozent zurückgegangen ist. «DiesesImage bringen wir fast nicht mehr weg», sagt Winkler. Dieses Wahr-nehmungsproblem führt unter anderem dazu, dass der Aktienkursvon Inficon den Wert des Unternehmens nicht adäquat – sprich: zutief – abbildet. Eine Verlockung für Financiers wie Tito Tettamanti:Er stieg über seine Beteiligungsgesellschaft Sterling Strategic Valueletzten Sommer mit über 5 Prozent bei Inficon ein und ist nebenUBS Fund Management, Corisol Holding, Polar Capital und Schro-der heute der grösste Aktionär. Ist Inficon ein Übernahmekandidat? «Als börsenkotiertes Unterneh-men stehen wir theoretisch ständig zum Verkauf», sagt LukasWinkler. «Als Übernahmekandidat zu gelten, muss unserem Rufallerdings nicht unbedingt schaden, solange die operative Leistungstimmt.» Weder die Möglichkeiten einer Imagekorrektur noch dieBedeutung neuer Grossaktionäre und auch nicht das Auf und Abdes Aktienkurses tangieren bei Inficon das Tagesgeschäft. «DieMitarbeiter sind in keiner Art und Weise ins Börsengescheheninvolviert», sagt Winkler. «Wir messen auch unseren Erfolg nicht am

Lukas Winkler, CEO von Inficon, über den Stellenwert des Aktienkursesfür sein KMU und über das PrinzipReputation durch Leistung.

reputation. inficon

gewichten die menschliche Seite sehr hochund haben beispielsweise mit einer konse-quenten Schulung der Führungskräftereagiert. Ich glaube, heute gibt es bei unseine Kultur – eine Bewusstseinshaltung –,die auf menschliche und zwischenmenschli-che Faktoren sensibilisiert ist. In meinenAugen ist das ein nicht zu unterschätzendesSicherheitsdispositiv.

Wie beurteilen Sie rückblickend dieKommunikation nach aussen – Liechten-stein hat ja sehr scharf auf die Kritik ausDeutschland reagiert.Hier wird oft zu wenig differenziert. DasFürstenhaus verfolgt als Eigentümer der LGTeine klare Corporate Governance: Die Fami-lienmitglieder, die für das Land Liechtensteinpolitisch tätig sind – der Erbprinz und meinVater, der Fürst –, haben keine Funktioninnerhalb der Bank. Ich als CEO der Bankbin nicht für die Politik zuständig. MeinBruder hat auf die vehemente Rhetorik ausDeutschland dezidiert reagiert und dabeiauch auf den rechtlich fragwürdigen Ankaufder gestohlenen Daten hingewiesen. Wir beider LGT haben jedoch zu keiner Zeit politi-sche Stellungnahmen abgegeben.

Hatte die Affäre für Sie auch ihre positi-ven Seiten?Wir setzen alles daran, jetzt Massnahmen zuergreifen, um die Krise in eine Chance umzu-münzen. Wir kommunizieren viel aktiver alsnoch vor wenigen Monaten und machendamit sehr gute Erfahrungen. Wir haben dieSituation auch zum Anlass genommen, umunseren Auftritt, unsere Positionierung undgewisse strategische Nuancen zu überprü-fen. Dies ist derzeit noch im Gang. Ichdenke, wir haben die Krise bisher gut über-standen, aber wir sind uns sehr bewusst,dass noch viel Arbeit zu erledigen ist.

Was ist Ihr persönliches Fazit?Rasche Entscheidungswege, ein gutesFührungsteam, loyale Mitarbeitende sowieeine starke interne Kultur sind absolutzentral, um Krisen zu meistern. Ich bin froh,die Erfahrung gemacht zu haben, dass dieLGT über diese Säulen verfügt. Deshalb binich auch sehr zuversichtlich für unsereweitere Zukunft. //

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Aktienkurs, sondern ausschliesslich am Gewinn.» Winklers Philoso-phie: Stimmt die Leistung, prosperiert das Unternehmen, was derFinanzmarkt in der Regel mit steigenden Kursen honoriert. DieAktionäre pflegt er nach den simplen Grundsätzen «Kontinuität»,«Gleichbehandlung», «Liefern, was man verspricht». Ähnlich hält es der CEO an der Kundenfront. «Unsere Kundenbe-ziehungen stehen und fallen mit unserem technologischen Know-how und mit unserer Verlässlichkeit», sagt Winkler. «Davon hängtunsere Reputation am Markt zu 100 Prozent ab.» Winkler ist zufrie-den mit dem Lauf der Dinge: Seit er am Ruder ist, wächst derUmsatz Jahr für Jahr zweistellig, den Gewinnanteil am Umsatz hat er in dieser Zeit von 3,9 auf 13,8 Prozent mehr als verdreifacht.

Zahlen und Fakten zu InficonInficon mit Holdingsitz in Bad Ragaz undCEO/CFO Office in Balzers (FL) produziertInstrumente für die Analyse, Messung undKontrolle von Gasen, insbesondere füranspruchsvolle Vakuumanwendungen. Infi-con beliefert die vier Märkte Halbleiter undVakuumbeschichtung (35 Prozent amUmsatz), Allgemeine (42 Prozent amUmsatz), Klima- und Kühltechnik (16Prozent am Umsatz) sowie Notfall undSicherheit (7 Prozent am Umsatz). Inficonproduziert an den drei HauptstandortenBalzers (FL), Syracuse (USA) und Köln (D);die über den ganzen Globus verteiltenVerkaufsmitarbeiter eingerechnet, beschäf-tigt das Unternehmen ca. 870 Mitarbeiter,die 2007 einen Umsatz von 236,6 MillionenUSD erzielt haben.

Einbrüche – von denen des Aktienkurses mal abgesehen – kenntWinkler bislang keine. Gewappnet hat er sich trotzdem: Er hat fürdie ganze Belegschaft eine Erfolgsbeteiligung eingeführt. Läuft dasGeschäft, erhält jeder Angestellte einen Barbonus. Harzt es, kannWinkler das eingeplante Budget als Reserve verwenden – undmuss auf Einbrüche nicht gleich mit Kündigungen reagieren.Entlassungen bezeichnet Winkler als «eines der grössten Reputati-onsrisiken» für ein lokal derart stark verankertes Unternehmen wieInficon. //

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Agile Organisationen: Für den Wandel gewappnet. Seite 29

Unternehmensführung: Wertmanagement hat viele Facetten. Seite 31

Interview: Dr. Peter Wilden, CFO von Ferring. Seite 33

Betriebsimmobilien: Brachliegende Werte nutzen. Seite 34

Corporate Reporting: Verbesserte Transparenz wird belohnt. Seite 36

5 Minuten: Informationen aus der Wirtschaft auf den Punkt gebracht. Seite 37

Service: Events, Publikationen und Analysen. Seite 39

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Agile Organisationen: Für den Wandelgewappnet.Unternehmen sind einem ständigen Wandel ihres Umfelds ausgesetzt. Um den Erfolg auch in der Zukunft zu sichern, ist eine neue Kernkompetenz gefragt.Agilität ist die Fähigkeit, die richtige Balance zwischen Standardisierung und Flexibilität zu finden, schreibt Markus Bucher, neuer Leiter Wirtschaftsberatung.

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Wandel hat es schon immer gegeben –heute aber findet er in einem bisher nichtgekannten Ausmass kontinuierlich undunerbittlich statt. Das Internet hat diepermanente Kommunikation ermöglicht unddadurch die Funktionsweise der Märkteverändert. Mit der Globalisierung sind neueFormen der Geschäftstätigkeit aufgekom-men. Zudem haben neue Regulierungenund Codes of Conduct – national, grenz-überschreitend, branchenspezifisch und -übergreifend – die Compliance kompliziert. Um in einem solchen Umfeld erfolgreich zuarbeiten, müssen Unternehmen stets aufVeränderungen, deren Art und Ausmass siemöglicherweise oft nicht abschätzenkönnen, vorbereitet sein. Die Herausforde-rung liegt darin, sich nicht vom Wandel über-raschen zu lassen, sondern für verschiedeneSzenarien gewappnet und auf Eventualitäteneingestellt zu sein. Zahlreiche Unternehmensind sich dessen bewusst; dies bestätigt derelfte «Annual Global CEO Survey» von PwC:Von 1150 befragten CEO antworteten 88Prozent, dass sie die Fähigkeit, ihrGeschäftsmodell rasch an interne und exter-ne Veränderungen anzupassen, als einen

wichtigen Schlüssel zur Wettbewerbsfähig-keit erachten. Was aber heisst das konkret? Wie kann sich ein Unternehmen auf Verän-derungen einstellen oder sie sogar zuseinem Vorteil nutzen, ohne zu wissen, inwelche Richtung diese verlaufen werden?Die Antwort lautet: Agilität, eine Fähigkeit,die sich auch mit Gewandtheit, Wendigkeitoder Beweglichkeit umschreiben lässt.Agilität bedeutet, die richtige Balancezwischen Standardisierung und Flexibilitätzu finden und dieses Gleichgewicht in derStrategie und Organisation zu verankern.Agilität heisst, Veränderungen vorwegzu-nehmen, anstatt darauf zu reagieren. Siewird über alle Branchen hinweg eine Kern-kompetenz der Zukunft sein.Welch gravierende Folgen es haben kann,das eigene Geschäftsmodell nicht rechtzei-tig auf den Wandel des Umfelds auszurich-ten, zeigt das Beispiel der Musikindustrie.Das Internet erschütterte das gesamte,hochrentable Geschäftsmodell der Branche.E-Commerce, Online-Anbieter und dieMöglichkeit, Musiktitel individuell herunter-zuladen, setzen die Firmen neuen Wettbe-werbern aus, von denen sie nie gedachthätten, dass sie den Markteintritt wagen,geschweige denn schaffen würden. Dochder Kampf gegen die neue Konkurrenzerwies sich als aussichtslos, denn diesehatte die Konsumenten auf ihrer Seite.

Kernprozesse herausschälenAgilität zielt darauf ab, Fähigkeiten einerOrganisation zu schärfen, die zwar nichtheute, aber vielleicht in der Zukunft benötigtwerden. In seinem Bestreben, die bestehen-den Prozesse so effizient wie möglich zugestalten, kann ein Unternehmen leicht anFlexibilität verlieren. Durch eine zu weitrei-chende Standardisierung läuft es Gefahr,dem Wandel nicht angemessen zu begeg-nen: So kann jede Veränderung des Markt-umfeldes das Geschäft verwundbarmachen, die Chancen des Wandels werdennicht genutzt.Der Zielkonflikt zwischen Vereinheitlichungund Flexibilisierung ist offenkundig. Denndas eine Ziel wird meist auf Kosten desanderen erreicht. Um dennoch die Balancezu finden, müssen das Geschäftsmodellund die Organisation immer wieder radikalhinterfragt werden. Der Ausgangspunkt istein klares und gemeinsames Verständnisdavon, welche Geschäftsprozesseentscheidend für die Wertsteigerung sind.Die Konzentration auf die Kernprozessegeht mit zwei wesentlichen kulturellen Verla-gerungen einher: eine prozessorientierteSichtweise, die auf das Unternehmen alsGanzes und nicht nur auf einzelne Bereichegerichtet ist, und ein auf Zusammenarbeitbasierendes Führungsmodell.Wenn von Prozessen die Rede ist, gilt esstets das Zusammenspiel von Prozessenund Menschen zu sehen. Geschäftsprozes-se laufen nicht einfach ab, sondern werdenvon Menschen und deren Verhaltensweisengestaltet. Die Technologie spielt dabei einezweitrangige Rolle; sie ist lediglich ein Befä-higer. Dank der Technologie konnten enor-

StrategieWachstumWettbewerb

Markus Bucher, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Wirtschaftsberatung

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me Effizienzgewinne erzielt werden, aller-dings zu dem Preis, dass in den Organisa-tionen viel Verständnis für die Prozesseverloren gegangen ist.

Vier Schritte zur AgilitätGrob gesagt, braucht es vier Schritte, umein Unternehmen so wendig zu machen,dass es sich rasch auf sich abzeichnendeVeränderungen einstellen kann:

• Detaillierte Szenarien erstellen: Manage-mentteams bewerten die wirtschaftlichen,regulatorischen und geopolitischen Fakto-ren, die sich in den kommenden Jahrenvermutlich auf die Geschäftstätigkeitauswirken werden. Neben der allseitsbekannten SWOT-Analyse gewinnt soinsbesondere die PEST-Analyse anBedeutung: Politische, wirtschaftliche,soziale und technologische Trends werdenanalysiert und ihre Bedeutung in denunternehmerischen Zusammenhanggestellt.

• Geschäftstätigkeit unter die Lupe nehmen:Über eine tiefgehende Untersuchung allerProzesse können die Führungskräftebesser beurteilen, welche Prozesseentscheidend für die Wertschöpfung sindund welche nur dazu dienen, das Alltags-geschäft zu erleichtern.

• Wertschöpfende Aktivitäten in den Mittel-punkt rücken: Eine gemeinsame Sicht aufdie gesamte Geschäftstätigkeit erlaubtdem Management, Best-Practice-Lösun-gen und leistungssteigernde Faktoren zuidentifizieren, die quer durch alle Bereichewertsteigernd wirken.

• Die wertschöpfenden Aktivitäten vor demHintergrund wahrscheinlicher Veränderun-gen überprüfen: Vor dem Hintergrundeiner Reihe möglicher Szenarien lässt sichbeurteilen, welche Prozesse flexibilisiertund welche standardisiert werdenmüssen, um auch in einem verändertenUmfeld Wert generieren zu können. Derdaraus resultierende strategische Mixerlaubt es der Unternehmensführung,verschiedene Elemente des Wandels indas Geschäftsmodell einfliessen zulassen.

Am Ende eröffnen sich Handlungsalternati-ven, die es dem Unternehmen erlauben,erfolgreich zu operieren, gleich welcheUmweltveränderung und welches Szenarioeintreten. Der Schritt zur Agilität gelingtindes nur, wenn das Unternehmen von einerKultur des Wandels durchdrungen ist unddie Mitarbeiter die Notwendigkeit der Flexi-bilität verinnerlichen und den permanentenWandel als etwas Natürliches betrachten.Dies impliziert auch, dass die Anreizsyste-me für Manager und Mitarbeiter den Willenzum Wandel unterstützen.

Strategie und ErfolgsmessungDie Fähigkeit eines Unternehmens, sich aufden Wandel einzustellen, ist ein entschei-dendes Element zur Verbesserung des Leistungsausweises. Um den Leistungsaus-weis in einem sich kontinuierlich verändern-den Umfeld zu verbessern, lassen sich dieAusarbeitung der Strategie und derenUmsetzung nicht länger voneinander tren-nen; sie bilden vielmehr einen sich stetserneuernden, kreislaufartigen Prozess. DiePwC-Wirtschaftsberatung wird diesemZusammenhang in ihrem Leistungsverspre-chen gerecht: «Wir beraten und helfen beider Implementation mit dem Ziel, einendauerhaften Wandel zu planen, zu begleitenund schliesslich herbeizuführen.» Eine wirksame Umsetzung setzt immerauch die Messbarkeit des Erfolgs voraus.Sobald die Soll- und die Istwerte voneinan-der abweichen, steht auch die Strategie zurDisposition. Möglicherweise ist die einge-schlagene Strategie nicht mehr der richtigeWeg, um sich im gegenwärtigen und imkünftigen Umfeld zu differenzieren. Es giltdaher stets beide Aspekte zu berücksichti-gen: die Messbarkeit des Erfolgs wie auchdie strategische Grundlage der unterneh-merischen Entscheidungen.

Im Dialog die Agilität fördernUm zur Agilität zu gelangen, gilt es dieVeränderungen des Geschäftsumfelds zuerkennen, sie in die Strategie einfliessen zulassen und diese so umzusetzen, dass sichdie Performance messbar verbessert. Fürdie Unternehmensführung ist dies keineinfaches Unterfangen. Dialog, intern wieauch mit externen Partnern, schafft rascherKlarheit darüber, wo Herausforderungenliegen und was zu tun ist, um ihnen zubegegnen. Ein solcher Gedankenaustauschkönnte etwa die folgenden Fragen beinhal-ten:

• Wie lässt sich Wachstum generieren?Branchenexpertise hilft die Wünsche derKunden zu identifizieren und die eigeneOrganisation darauf auszurichten, dieentsprechenden Produkte und Dienstleis-tungen effizient herzustellen bzw. zuerbringen.

• Wie lässt sich die Performance managen?Rahmenwerke für das Performance-Management bieten Informations- undEntscheidungsgrundlagen, um Strategienin operative Handlungen umzusetzen undProzesse nachhaltig zu verändern.

• Wie lassen sich Mitarbeiter in einemUmfeld des Wandels führen?Anreizsysteme können das Verhalten sobeeinflussen, dass dem Wandel Rechnunggetragen und die Wertschöpfung gestei-gert wird.

• Wie geht man mit Regulierungen um?Meist ist nicht die Regulierung als solchedas Problem, sondern die Kenntnis vonund der Umgang mit den spezifischenAuswirkungen der Vorschriften auf daseigene Unternehmen.

• Wie trifft man gute Entscheidungen?Alle möglichen Chancen- und Risikosze-narien müssen in Erwägung gezogen undanalysiert werden. Angesichts derUmwelt- und Unternehmenskomplexität,aber auch der hohen Erwartungen anTransparenz und Compliance werden Risikoüberlegungen immer wichtiger.

Es gehört zu den Aufgaben der Unterneh-mensführungen, ihr Geschäftsmodell immerwieder zu hinterfragen und Szenarien desWandels in die Organisation, die Prozesseund die Kultur zu integrieren. Die Formulie-rung der Strategie und die Messung desErfolgs bilden einen Kreislauf, um diePerformance auch unter sich änderndenRahmenbedingungen zu erhöhen.

FAZITVeränderungen erkennen unddarauf reagieren – als Chance!Diese Haltung zeichnet eine agile Organisation aus, eine Organisation, die darauf ausge-richtet ist, langfristig und untersich ändernden Rahmen-bedingungen erfolgreich zu arbeiten und ihren Leistungs-ausweis stetig zu verbessern.

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Unternehmensführung: Wertmanagement hatviele Facetten.Um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen ihre Wertschöpfung wirksam und nachhaltig steuern. Wertmanagement ist dasZusammenspiel von Strategie, Management, Struktur und Kultur im Hinblick auf eine unternehmensweite Wertorientierung.

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Kennen Sie Ihre wichtigsten Werttreiber undderen Einfluss auf den Unternehmenswert?Haben Sie angemessene Instrumente undStrukturen, um diese Werttreiber effektiv zusteuern und den Unternehmenswert zu stei-gern? Wer nachhaltig Wert generieren will,sollte verstecktes Potenzial ermitteln undausschöpfen. Eine wertorientierte Unterneh-mensführung funktioniert jedoch nur, wenndie Interessen des Eigentümers und derUnternehmensleitung gleichermassendarauf ausgerichtet sind, Mehrwert zuschaffen. Daher stellen sich weitere Fragen:Werden mit dem aktuellen Entlöhnungssys-tem Manager genügend motiviert, Mehrwert

zu generieren? Werden sie angemessenentschädigt, wenn sie das Wertpotenzialeines Unternehmens steigern? Wertorien-tiertes unternehmerisches Handeln kannsichergestellt werden, indem alle Führungs-aktivitäten und -entscheidungen auf einelangfristige Wertschöpfung ausgerichtetwerden. Um die Wertschaffung zu verbessern,müssen zunächst der aktuelle Wert desUnternehmens und die wichtigsten Werttrei-ber bekannt sein. Eine Unternehmensbe-wertung und eine Analyse der Wertentwick-lung sind für börsenkotierte Gesellschaftenebenso hilfreich wie für Unternehmen imprivaten Besitz. Unternehmen, deren Aktienan der Börse gehandelt werden, verfügenmit der Börsenkapitalisierung über einen

Massstab für die Entwicklung des Unter-nehmenswertes. Da dieser aber häufigdurch exogene Faktoren beeinträchtigt wird,ziehen zahlreiche Unternehmen ergänzendeModelle zur Wertbestimmung heran. Nicht-kotierte Firmen ohne diesen externenBewertungsmassstab, sind per se auf alter-native Methoden zur Unternehmenswertab-schätzung angewiesen. Heutzutage hatinsbesondere die Bewertungsmethode desDiscounted Cash Flow (DCF-Methode) inVerbindung mit einer umfassenden Wert-analyse und einer Modellierung der wich-tigsten finanziellen Werttreiber zentraleBedeutung erlangt.

1. Geschäftsanalyse: Wie hoch ist der WertIhres Unternehmens

und welches sind die wichtigsten Wert-

treiber?

2. Wertsteigerung: Wo liegt Potenzial,

um den Unternehmens-wert zu erhöhen?

3. Change Management:

Wie können Sie wirksam Wert

schaffen?

4. Management-kompensation:

Wie lässt sich die Entlöhnung an

die Wertschöpfung koppeln?

So steuern Sie den Wert Ihres Unternehmens.

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Im Anschluss an die Unternehmensbewer-tung lassen sich Verbesserungsmöglichkei-ten entlang der Wertschöpfungskette bzw.verborgene Potenziale zur Wertsteigerungidentifizieren. Parallel dazu werden mögli-che strategische Optionen aufgezeigt undderen Wirkung abgeschätzt. Die für dieUnternehmung aus wertorientierter Sichtinteressantesten Optionen werden inkonkrete Aktivitäten umgesetzt und in derUnternehmensstrategie, den Prozessen undder Kultur verankert. Erst dann lassen sichmessbare Ziele für die Wertgenerierungvorgeben, deren Erreichung sich auch imAnreizsystem für das Management wider-spiegeln sollte.Börsengehandelte Gesellschaften sinddabei im Kampf um qualifizierte Führungs-kräfte im Vorteil, da sie mit Aktien- undOptionsprogrammen Formen einer erfolgs-basierten Entlöhnung anbieten können.Private Unternehmen, die sich in einerdirekten Konkurrenzsituation zu börsenko-tierten Firmen befinden, benötigen im aktu-ellen «War for Talent» ähnlich attraktiveAnreizsysteme, um gute Manager anzuwer-ben, zu motivieren und langfristig zu halten.Für Unternehmen, die ihren Eigentümerkreisnicht öffnen möchten, sind beispielsweisePhantom-Aktienpläne geeignet, bei deneneine Aktie etwa in Form eines Zertifikatsabgebildet wird.

Modell für WertmanagementUnabhängig von den Eigentumsverhältnis-sen gilt: Wer in der heutigen, hochkompetiti-ven Wirtschaft zu den erfolgreichen Akteu-ren zählen will, muss die Wertschöpfungwirksam und nachhaltig managen und alleFacetten und Dimensionen der Wertgenerie-rung berücksichtigen und steuern. PwC hatein Wertmanagement-Modell entwickelt undin der Praxis erprobt, das Fragen der

Bewertung, der Strategie, des ChangeManagement und der Entlöhnung miteinan-der verknüpft (siehe Grafik Seite 31). DasModell hat den folgenden idealtypischenAblauf, ist aber zugleich so flexibel, dass esan jeder Stelle des Kreislaufs ansetzen kann– also jeweils dort, wo die Bedürfnisse desUnternehmens offenkundig sind:

1. Geschäftsanalyse: Am Anfang steht dieErmittlung des Unternehmenswertes unddes Wertes der einzelnen Geschäftsberei-che. Danach werden die Werttreiber analy-siert und anhand eines Branchen-Bench-marks eingeordnet.

2. Wertsteigerung: Ergab die Geschäftsana-lyse, dass verdeckte Quellen zur Wertgene-rierung vorliegen oder das Unternehmenseine Werttreiber weniger gut im Griff hat alsdie Wettbewerber, birgt die WertschöpfungVerbesserungspotenzial. Es hängt von derspezifischen Situation ab, ob dieses Poten-zial über eine Anpassung der Strategie,über Prozessoptimierung oder sonstigeoperative Massnahmen genutzt werdenkann. Parallel dazu können organische undakquisitorische Wachstumsmöglichkeiteneruiert, Wege zum Abbau der Kostentreiberaufgezeigt und Key Performance Indicators(KPI) definiert werden. Am Schluss dieserPhase steht ein praktikabler Umsetzungs-plan.

3. Change Management: Während dieserUmsetzungsphase geht es darum, die Wert-orientierung in der Strategie, der Strukturund der Kultur des Unternehmens zu veran-kern. Die optimierte, nachhaltige Wertgene-rierung wird zielgerichtet umgesetzt und

kommuniziert. Die zuvor festgelegten KPIund das Führungsmodell sollen die Ände-rung des Verhaltens in die gewünschteRichtung lenken. Um die Unternehmenskul-tur nachhaltig wertorientiert auszurichten,sollten alle Anspruchsgruppen in den Verän-derungsprozess eingebunden werden.

4. Managementkompensation: Ziel dieserPhase ist es, die Entlöhnung auf die wertori-entierte Strategie abzustimmen. Anreize füreine nachhaltige Wertgenerierung werdenkonzipiert. Dies gelingt kaum über kurzfristi-ge, sondern vielmehr über prospektive,langfristig orientierte Formen der Kompen-sation, welche die angestrebten Verhaltens-weisen ebenso belohnen wie die darausresultierenden finanziellen Verbesserungen.Die Transparenz der Kompensationssyste-me ist dabei eine Frage der guten CorporateGovernance.

Mit der Umsetzung eines solchen Kompen-sationssystems schliesst sich der Wertma-nagement-Kreis: Die Unternehmensführunghat ein eigenes Interesse daran, die Wert-treiber gewinnbringend zu steuern undimmer wieder neue Potenziale zur Werter-höhung aufzudecken und auszuschöpfen.Dies gilt für börsenkotierte ebenso wie fürprivate Unternehmen. Gerade nichtkotierteFirmen, die weder Sanktionen des Aktien-marktes zu erwarten haben noch intensivvon Analysten oder Ratingagenturen unterdie Lupe genommen werden, sind bei derAusschöpfung ihres wertgenerierendenPotenzials besonders gefordert. In einemUnternehmen, das alle Komponenten desWertmanagements «lebt», tritt das erfolgrei-che Management der Werte in seinerdoppelten Bedeutung zu Tage: kulturell undfinanziell.

FAZITUnternehmen sind gefordert, dieWertschöpfung erfolgreich zumanagen. Im Wertmanagementsind Geschäftsanalyse, Nutzenvon Wertsteigerungspotenzialen,Change Management und Entlöh-nung der Führungskräfte engmiteinander verknüpft.

MotivationWert-schöpfung

Franco Monti, Wirtschaftsberatung – Strategy & OperationsRemo Schmid, Human Resource Consulting

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Was hat Sie bewogen, in Ihrem Unter-nehmen ein wertorientiertes Manage-ment mit EVA-Kennzahlen einzuführen?Wir haben nach einem Modell gesucht, daseine Brücke zwischen den Zielsetzungenunserer Anteilseigner und des Manage-ments bildet und das die richtigen Anreizegibt. EVA geht über das kurzfristige Erfolgs-denken hinaus. Es verschiebt den Fokusvon der Gewinn- und Verlustrechnung hinzu einer nachhaltigen Wertschöpfung. Diesist gerade bei privaten Unternehmenausserordentlich wichtig; denn der Zielhori-zont der Anteilseigner ist nicht kurzfristig,sondern langfristig.

Welche Auswirkungen auf die Unterneh-mensstrategie haben sich durch dieEinführung der wertorientierten Unter-nehmensführung ergeben?Es ist für unsere Anteilseigner wichtig, überlängere Zeit Substanz im Unternehmen zuentwickeln. Das schlägt sich z.B. in denInvestitionen für Forschung und Entwick-lung nieder. Diese Ziele gehen manchmalzu Lasten einer kurzfristigen Profitstrategie.Unsere langfristige, auf zehn Jahre ausge-richtete Strategie übersetzen wir in einen

Praxisbeispiel Ferring.«Der Incentive-Plan hat die Zusammenarbeitgestärkt.»

Dr. Peter Wilden ist seit 2000 CFO von Ferring. 2005 führte das Unternehmenein wertorientiertes Management nach dem Konzept des Economic valueadded (EVA) ein. An die EVA-Kennzahlen ist ein langfristiger Incentive-Planfür das Management gekoppelt.

5-Jahres-Business-Plan, der periodischüberarbeitet wird. Pläne sind aber nichtdeterministisch. Wichtig ist, an den Zielenfestzuhalten; den Weg dorthin können wiranhand der EVA-Kennzahlen immer wiederneu definieren. EVA macht sowohl die Zieleals auch längerfristige Investitionsprojektetransparenter.

Ferring koppelt einen Teil der Manage-mentkompensation an die Erreichung derEVA-Zielgrössen. Hat dies eine Anglei-chung der Interessen von Managementund Eigentümern bewirkt?Unser langfristiger Incentive-Plan bietetdem Management die Möglichkeit, amnachhaltigen Geschäftserfolg zu partizipie-ren, ohne dass wir die Eigentumsstrukturantasten. Dieses Anreizsystem spiegelt dieGewichtung unserer Ziele wider. Wir habendadurch auch ein zusätzliches Argumentgefunden, um qualifizierte Führungskräfteeinzustellen und zu halten. Das Programmläuft seit gut zweieinhalb Jahren. Wir habenin dieser Zeit keinen unserer Schlüsselmitar-beiter verloren.

Welche Rolle spielt das Anreizsystem,um im Wettbewerb mit börsennotiertenUnternehmen hochqualifizierteFührungskräfte zu gewinnen?Die Tätigkeit in einem privaten Unterneh-men ist vor allem attraktiv, weil sie dieMöglichkeit bietet, das Geschäft bis zueinem gewissen Grad selbst zu entwickeln.Aber die Führungskräfte möchten auch eineangemessene Entschädigung dafür haben,dass sie ihr unternehmerisches Denken, ihrEngagement und ihre Leistung voll einbrin-gen. Hier setzt das Vergütungssystem an.Ein langfristiger Incentive-Plan, wie wir ihnhaben, kann durchaus mit den Vergütungs-paketen grosser börsennotierter Unterneh-men konkurrieren.

Wie ist der Change-Management-Prozess bei Ferring verlaufen?Die Initiative, und dies war auch entschei-dend für den Erfolg, ging von den Anteils-

eignern und dem Verwaltungsrat aus. InGesprächen zwischen dem Managementund dem Verwaltungsrat haben wir uns aufdas EVA-Konzept geeinigt. In einem zweitenSchritt hat das Kompensationskomitee desVerwaltungsrats die Interessenlagen abge-wogen und das Konzept in ein Anreizsystemübersetzt. Aufgabe des Managements wares, das Konzept und das Anreizsystem inder Organisation zu verankern. Dafür habenwir uns ein Jahr Zeit gelassen.

Ist der Prozess des Umdenkens nunabgeschlossen?Der Prozess läuft noch. Zwischen derEinführung neuer Steuerungskennzahlenund der täglichen Arbeit mit diesen Kenn-zahlen liegt ein weiter Weg. EVA ist einModell, das kommunizierbar und einfach zuverstehen ist, denn die Kennzahlen leitensich aus dem testierten Jahresabschlussab. Aber Ausbildung und Training sind erfor-derlich, damit das Konzept in allen lokalenGesellschaften verstanden wird. Dies ist unsbereits recht gut gelungen. Die Managerhaben dieses Jahr auch zum zweiten Malgesehen, wie sich der Incentive-Plan entwi-ckelt.

Was hat die stärkere Wertorientierungrückblickend bei Ferring verbessert?Die Zusammenarbeit zwischen den Abtei-lungen ist viel intensiver geworden. EVA istein übergreifendes Instrument, und dieFührungskräfte aus den verschiedenenBereichen sehen mit einem Mal, dass sie fürein gemeinsames Ziel arbeiten: die langfris-tige Wertschöpfung. Genau dieses Zielverfolgen auch unsere Anteilseigner. //

Ferring ist ein international tätiges Biopharma-unternehmen im Privatbesitz, das einen Umsatz vongut 750 Millionen EUR erwirtschaftet und weltweit3200 Mitarbeiter beschäftigt, davon 380 am Haupt-sitz in Saint-Prex VD.

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Betriebsimmobilien: Brachliegende Werte nutzen.Zahlreiche Unternehmen haben den Wert ihrer Liegenschaften entdeckt und nutzen sie für Wertsteigerungen. Ein professionelles Immobilienmanagementbietet Potenzial, den Unternehmenswert zu erhöhen.

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In den Bilanzen der Schweizer Unterneh-men repräsentieren Liegenschaften einegrosse, wenn nicht die grösste Vermögens-position. Entsprechend hoch ist der Stellen-wert, den Betriebsimmobilien einnehmen:43 Prozent der Unternehmen betrachtenihre Immobilien als wichtige oder gar uner-setzliche Ressource; für weitere 44 Prozentstellen die Betriebsliegenschaften einenotwendige Fläche im Hinblick auf denBetriebsprozess dar. Bei dieser Einschät-zung spielen weder die Unternehmensgrös-se noch die Branchenzugehörigkeit eineRolle.Dies ist eines der Ergebnisse der Umfrage«Kennen Sie den Wert Ihrer Immobilie», diePricewaterhouseCoopers unter Entschei-dungsträgern in Schweizer Unternehmendurchgeführt hat. Mit der Erhebung wolltePwC untersuchen, wie Schweizer Unterneh-men ihre betriebseigenen Immobilieneinschätzen, bewerten und steuern. Interna-tional lässt sich der Trend feststellen,Liegenschaften nicht länger allein alsKostenfaktor, sondern auch als Werttreiberzu betrachten. Vor allem immobilienlastigeUnternehmen wie Detailhandelsunterneh-men oder Hotelketten betreiben vermehrtein aktives Wertmanagement ihrer Immobi-lienbestände. Resultate dieses Ansatzessind – neben steuerlichen und bilanziellen

Vorteilen – erweiterte Refinanzierungsmög-lichkeiten sowie teilweise signifikante Unter-nehmenswertsteigerungen und gewinnbrin-gende Veräusserungen.

Kostenfaktor oder WerttreiberDieses Wertpotenzial haben noch nicht alleSchweizer Unternehmen entdeckt. 29Prozent der Befragten formulieren über-haupt keine finanziellen Ziele für die Bewirt-schaftung ihrer Liegenschaften. Unter denübrigen heben fast zwei Drittel vor allemden «Kostenfokus» des Immobilienmanage-ments hervor: Ihr primäres Ziel liegt darin,die liegenschaftsbezogenen Ausgaben zuminimieren. Eine wertorientierte Steuerungsollte sich jedoch nicht auf Kostenfaktorenbeschränken. Egal ob betriebsnotwendigoder nicht, Immobilien verursachen nichtnur Abschreibungen und andere Aufwen-dungen, sondern beinhalten auch dasPotenzial, den Unternehmenswert zu erhö-hen. Nur 11 Prozent der Umfrageteilnehmeraber streben ausdrücklich eine Wertsteige-rung ihrer Immobilien an.Ein weiteres Resultat unterstreicht, dassImmobilien als wertgenerierender Faktorvon einigen Unternehmen unterschätztwerden. Bisher führen knapp 60 Prozent der

Unternehmen regelmässig interne oderexterne Bewertungen ihrer Liegenschaftendurch. Bei der Immobilienbewertung lässtsich zudem ein bemerkenswertes Phäno-men erkennen: Die meisten Immobilienver-mögen beinhalten beträchtliche stille Reser-ven. Diese liegen oft um 50 Prozent odermehr über dem Buchwert. Ein Ansatz in derBilanz zu fortgeführten Anschaffungs-/Herstellungskosten abzüglich Instandhal-tungskosten ist Folge des Kostendenkensund korrespondiert nicht mit der internatio-nalen Tendenz zur Fair-Value-Bilanzierungund zur Darstellung der Vermögens-,Finanz- und Ertragslage gemäss demGrundsatz von «True & Fair View».Ein professionelles Immobilienmanagementsetzt zweierlei voraus. Erstens: ein Umden-ken; Immobilien sollten nicht als Kosten-block, sondern als ein Vermögenswertbetrachtet werden, der wie alle anderenVermögenspositionen bewirtschaftetwerden muss, um letztlich den Wert desUnternehmens zu erhöhen. Zweitens: DieKenntnis des Wertes der Immobilien; eineBewertung zu Marktpreisen oder zum inne-ren Wert bildet die Basis für die Wertsteue-rung.

Eigene Bewirtschaftung oder TransaktionUnternehmen, die selbst keine Ressourcenfür das Immobilienmanagement einsetzenmöchten, eröffnet sich eine andere Möglich-keit, das Wertpotenzial ihrer Liegenschaftenauszunutzen: die Trennung von Immobilien-eigentum und -betrieb. Hier bieten sich sogenannte OpCo/PropCo-Transaktionen an:Die Betriebsgesellschaft (Operating Compa-ny, OpCo) verkauft die Betriebsimmobilie aneine Objektgesellschaft (Property Company,PropCo) und mietet diese gleichzeitigwieder zurück.

Vermögens-managementWert-steigerung

Kurt Ritz, Leiter des Branchensektors Immobilien

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Noch stehen einige der befragten Unterneh-men Immobilientransaktionen eher skep-tisch gegenüber. Als grösste Hindernisseerachten sie den vermeintlich schlechtenoder nicht vorhandenen Transaktionsmarktfür ihre Betriebsliegenschaften. Zudemscheuen sie das Risiko, durch Immobilien-veräusserungen ihre operative Unabhängig-keit zu verlieren. Doch beide Hindernisselassen sich durch einen langfristig ausge-stalteten Mietvertrag überwinden. Sowohldie dauerhafte Standortsicherung als auchdie Marktgängigkeit der Immobilie kann aufdiese Weise erheblich verbessert werden.Ab einer Vertragsdauer von zehn Jahrengibt es erfahrungsgemäss für jedes Objekt,unbesehen von Lage und Zustand, einenMarkt.

Für Unternehmen, die OpCo/PropCo-Trans-aktionen durchgeführt haben oder in Erwä-gung ziehen, stehen Finanzierungsfragen imVordergrund. Über den Verkauf und dieRückmiete von Immobilien wird Liquiditätgeneriert, und zwar in der Regel zu besse-ren Konditionen, als dies bei einer Kredit-aufnahme oder Hypothekarfinanzierung derFall ist. Unternehmen, die Schulden abbau-en müssen oder wollen, bietet OpCo/Prop-Co die Möglichkeit, die nötigen Mittel ohneSelbstfinanzierung, also beispielsweise denVerkauf von Geschäftsbereichen, zubeschaffen.Über die Unternehmensfinanzierung hinauserlauben solche Transaktionen, die Vermö-genswerte effizienter zu bewirtschaften, dieKapitalkosten zu senken und die Transpa-renz der Immobilienkosten zu erhöhen. Dadie Transaktionen eine Verkürzung derBilanz bewirken, können Finanzkennzahlenetwa zur Rentabilität, zur Liquidität oder zurVerschuldung optimiert werden.

FAZITBetriebsimmobilien müssen wiealle anderen Vermögenspositionendazu beitragen, den Unterneh-menswert zu steigern. Die Kenntnis des tatsächlichen Wertesder Immobilien ist die Vorausset-zung, um deren Wertpotenzialauszuschöpfen. Dies kann dasUnternehmen über ein wertorientiertes Immobilienmana-gement selbst steuern, oder esüberträgt diese Aufgabe an Dritte, indem es Liegenschaftenverkauft und zurückmietet.

7% Erreichung von übergeordnetem Konzerngewinn

10% Marktbezogene Rentabilität und Wertsteigerung der Immobilien

14% Ausnutzung bilanzieller und steuerlicher Vorteile

40% Minimierung der liegenschaftsbezogenen Kosten

29% Für die Immobilien werden keine finanziellen Ziele formuliert

Welche finanziellen Ziele stehen bei den Betriebsliegenschaften im Vordergrund?

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MehrwertUnternehmens-kommunikation

Peter Ochsner, Mitglied der Geschäftsleitungund Leiter Wirtschaftsprüfung

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«Nach der Lektüre eines Geschäftsberichtssollte ich beurteilen können, wie dasGeschäft läuft und welche Schlüsselfakto-ren es antreiben.» Diese knappe Aussageeines amerikanischen Finanzanalystenbringt den Anspruch der Kapitalmarktteil-nehmer an die Unternehmensberichterstat-tung auf den Punkt: Das Management unddie Verwaltungsräte sind gefordert, dieUnternehmenswirklichkeit wahrheitsgetreuund angemessen abzubilden.Ein solcher Einblick in die tatsächlicheGeschäftsentwicklung ist für alleAnspruchsgruppen eines Unternehmenswichtig, ganz besonders aber für die«Investment Community». Denn dieEntscheidungen der Investoren, vor allemder institutionellen, und der Finanzanalystenbestimmen über die Bewertung des Unter-nehmens am Kapitalmarkt. Doch dieBedürfnisse gerade dieser entscheidendenStakeholder-Gruppe werden in der Unter-nehmensberichterstattung, aber auch inden Rechnungslegungsvorschriften oft nichtgenügend berücksichtigt.Seit mehr als einem Jahrzehnt befragtPricewaterhouseCoopers Finanzanalystenund institutionelle Investoren, danach,welche die für sie wichtigsten Informationen

sind, um Anlageentscheidungen zu treffen.Die Erhebungen bringen stets ein eminentesInteresse an Informationen zu Tage, die dasManagement zur Führung und zur Steue-rung des Unternehmens einsetzt. Daran hatweder die dichtere Regulierung der stan-dardsetzenden Institutionen noch dasverstärkte Bewusstsein der Unternehmenfür Transparenz etwas geändert.

Informationslücken schliessenNun liegen zwei neue empirische Studienvor, die Aufschluss über die Ansprüche derKapitalmarktteilnehmer an die Unterneh-mensberichterstattung geben. Die Untersu-chung «Corporate Perception on CapitalMarkets – Qualitative Erfolgsfaktoren derKapitalmarktkommunikation», erhoben vonder Universität St. Gallen im Auftrag desDeutschen Investor Relations Verbands(DIRK), widmet sich den Informationsbe-dürfnissen jenseits der Finanzkennzahlen.Die Studie «Corporate reporting: Is it whatinvestment professionals expect? Interna-tional survey of investors’ and analysts’views on the information that companiesprovide» von PricewaterhouseCoopers

konzentriert sich auf die Finanzberichter-stattung und zeigt, dass immer nochLücken zwischen der Bedeutung, die Kapi-talmarktteilnehmer den Schlüsselinformatio-nen beimessen, und der Berichterstattungdarüber bestehen.Um in der Lage zu sein, ein Unternehmenangemessen zu bewerten – und somit auchzu einer effizienten volkswirtschaftlichenKapitalallokation beizutragen –, brauchendie Investoren Informationen beider Katego-rien: Finanzkennzahlen und nichtfinanzielleInformationen. Angaben, die Aufschlussüber die Zukunft eines Unternehmensgeben, sind vorwiegend qualitativer Natur.Hier geht es darum, ob die Unternehmens-führung eine nachhaltige, den Marktgege-benheiten entsprechende Strategie verfolgtund diese konsequent umsetzt, ob sie dieWerttreiber ihres Geschäfts kennt und steu-ert und ob sich all dies in einem überzeu-genden Leistungsausweis niederschlägt.Dieser wiederum drückt sich in Kennzahlen,aber auch in der Reputation aus.

Strategie offenlegenDie St. Galler Studie geht von einem Modellaus, das die Wahrnehmung eines Unterneh-mens seitens der Kapitalmarktteilnehmer insieben Kategorien qualitativer Faktoreneinteilt: Unternehmenskommunikation,Qualität des Managements, Strategie,Corporate Governance, Unternehmenskul-tur, Kunden- und Industriebeziehungen undPublic Affairs. Die Umfrageergebnissezeigen, dass die mehr als 200 für die Studie

Corporate Reporting: Verbesserte Transparenzwird belohnt.Die Unternehmensberichterstattung ist transparenter geworden. Dies liegt anstrengeren Vorschriften zur Offenlegung – und am Bewusstsein der Unternehmen,dass Transparenz zu einer angemessenen Unternehmensbewertung beiträgt.

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Immobilienwert.Betriebsimmobilien stellen bei vielenUnternehmen die grösste Bilanzpositiondar. 10 Prozent streben gezielt Wertsteige-rungen bezüglich dieser Vermögenswertean. Für 40 Prozent steht die Minimierungder liegenschaftsbezogenen Kosten imVordergrund. 29 Prozent formulieren garkeine finanziellen Ziele für ihre Liegen-schaften. 41 Prozent der Schweizer Unter-nehmen kennen den aktuellen Marktwertihrer eigenen Betriebsimmobilien nicht. Beieinem Drittel der Unternehmen fanden inden letzten Jahren Immobilientransaktio-nen statt. 44 Prozent dieser Transaktionenbetrafen Übertragungen innerhalb desKonzerns, 56 Prozent wurden mit einerDrittpartei durchgeführt. 24 Prozent derSchweizer Unternehmen planen in denkommenden Jahren Immobilientransaktio-nen. Dies geht aus der Studie «Kennen Sie den Wert Ihrer Immobilien?» von PricewaterhouseCoopers hervor (sieheauch Seite 34).www.pwc.ch/medien

Klimawechsel.55 Prozent der Schweizer Energieversor-gungsunternehmen (EVU) glauben, dassweniger staatliche Auflagen Investitionenin die Energieinfrastruktur erleichtern. 92Prozent gehen beim liberalisierten Energie-markt in den nächsten vier bis fünf Jahrenvon einem Preisanstieg aus. Technologi-sche Innovationen führen gemäss 77Prozent der Schweizer EVU in den nächs-ten zehn Jahren zu Fortschritten in derEnergieeinsparung und -effizienz. Dasgrösste Potenzial sehen die SchweizerEVU im Bereich der Endnutzung durchHaushalte, Gewerbe und Industrie. AuchFusionen und Übernahmen im SchweizerEnergiemarkt werden künftig zunehmen.Zu diesen Ergebnissen kommt die «Ener-giestudie Schweiz – wie verändert sich dasKlima im Schweizer Energiemarkt?» vonPricewaterhouseCoopers.www.pwc.ch/medien

Telekommunikations-transaktionen.Die Fusions- und Übernahmeaktivitäten inder Telekommunikationsbranche haben imJahr 2007 weltweit abgenommen. Globalist das Transaktionsvolumen auf 185 Milli-arden EUR gesunken (2006: 332 MilliardenEUR). Die Akquisition der italienischenFASTWEB SpA durch die Swisscom AGzählte global zu den Top-10-Transaktionendes vergangenen Jahres. Für die Zukunftzeichnen sich zwei Trends ab: Erstensfinden in den Schwellenländern vermehrtM&A-Aktivitäten statt. Richtungweisenddafür war die Akquisition der indischenHutchison Essar durch Vodafone. Zwei-tens ist das Potenzial für Zusammen-schlüsse im Bereich mobiles Internet undInfrastruktur gross. Dies sind die Resultateund Prognosen der Studie «M&A Insights»für die Telekommunikationsbranche vonPricewaterhouseCoopers.www.pwc.ch/medien

Zukunftsmusik.Mit der fortschreitenden Globalisierungverlagert sich das Kräfteverhältnis von denetablierten OECD-Staaten hin zu denSchwellenländern. Voraussichtlich wirdChina die USA als globale Wirtschafts-macht bereits im Jahr 2025 überholen. Biszum Jahr 2050 wird die Kaufkraft pro Kopfin den Schwellenländern doppelt so grosssein wie die der etablierten Wirtschafts-staaten. Aktuell entspricht die Kaufkraftder E7-Länder (China, Indien, Brasilien,Russland, Indonesien, Mexiko, Türkei) 65Prozent der Kaufkraft der G7-Staaten(USA, Japan, Deutschland, Grossbritan-nien, Frankreich, Italien und Kanada).Gemäss der Studie «The World in 2050.Beyond the BRICs: a broader look atemerging market growth prospects» vonPricewaterhouseCoopers sollten sichInvestoren dabei nicht alleine auf dieBRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indienund China) konzentrieren. Neue aufstre-bende Schwellenländer wie z.B. Vietnam,Nigeria, die Philippinen oder Ägyptenhaben hervorragende Wachstumschan-cen.www.pwc.ch/medien

5 Minuten: Informationen aus der Wirtschaft auf den Punkt gebracht.

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befragten Finanzanalysten und institutionel-len Investoren fast alle Faktoren als über-durchschnittlich wichtig einstufen, dreiFaktoren aber für entscheidend halten: dieLangfristigkeit, die Umsetzung der strategi-schen Pläne und die umfassende Offenle-gung (siehe auch Kasten).Die langfristige Orientierung der Strategiemanifestiert sich vor allem in der Investiti-onstätigkeit sowie den Forschungs- undEntwicklungsaktivitäten, aber auch in derNachhaltigkeit, mit der die Strategie verfolgtwird. Die Umsetzung der strategischenPläne ist eng an die Qualität des Manage-ments gekoppelt. Dies bedeutet, dass dasManagement glaubwürdig sein und denErfolg seiner Strategie ausweisen könnenmuss. Die Finanzmarktteilnehmer könnendiesen Erfolg allerdings nur nachvollziehen,wenn die Ziele quantifiziert und publiziertwerden. Sie schätzen eine kontinuierlicheund konsistente Informationspolitik sowohlhinsichtlich der qualitativen Angaben alsauch in der Finanzberichterstattung.Dabei gilt es stets zu bedenken, dass derfinanzielle Erfolg – die Performance – einesUnternehmens das Resultat der strategi-schen Entscheidungen und der richtigen

Steuerung der Werttreiber ist. Die Transpa-renz über Marktposition, Strategie undWerttreiber mindert nicht die Bedeutungdetaillierter Kennzahlen für die Beurteilungund die Bewertung eines Unternehmens.Obwohl, vielleicht aber auch weil dieNormen zur Rechnungslegung in denvergangenen Jahren detaillierter undkomplexer geworden sind, vermag dieJahresrechnung häufig die Informationsbe-dürfnisse von Investoren und Anlegern nichtvoll zu befriedigen.

Finanzkennzahlen begründenDie erwähnte internationale Studie, diePricewaterhouseCoopers zum ThemaCorporate Reporting durchgeführt hat,zeigt: Den Finanzchefs eröffnen sich nochMöglichkeiten, um das Verständnis derInvestoren für die Performance des Unter-nehmens zu erhöhen und, auf längere Sicht,eine richtige Kapitalmarktbewertung zuerreichen. Dies gilt beispielsweise für dendifferenzierten Ausweis der Ursachen von Umsatz- und Gewinnentwicklung, für die Segmentberichterstattung, für dendetaillierten Ausweis der Kosten oder derNeubewertung von Vermögen und Verbind-lichkeiten. Zudem wünschen die Finanz-marktteilnehmer summarische Perfor-mance-Kennzahlen wie den EBITDA.Die Untersuchungen von Pricewaterhouse-Coopers zeigen aber auch, wie intensiv sich

viele Unternehmen in den vergangenenzehn Jahren bemüht haben, auf die Infor-mationsbedürfnisse der Investoren undAnalysten einzugehen. Die Kapitalmarktteil-nehmer sind sicher, dass dies den Unter-nehmen nützt. Ein australischer Analyst gibtsich überzeugt: «Eine verbesserte Transpa-renz wird belohnt.»

FAZITDie Finanzmarktteilnehmer stellenhohe Ansprüche an die Unterneh-mensberichterstattung. Eine langfristige Ausrichtung der Unternehmenspolitik, die Umset-zung der strategischen Pläne und die umfassende Offenlegungsind die wichtigsten Kriterien, die Finanzanalysten zur Beurtei-lung eines Unternehmens heranziehen. In der Jahresrech-nung wünschen sich die Analysten differenziertere Informationen,etwa zu den Ursachen derUmsatz- und Gewinnentwicklung.

Das Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft der Universität St. Gallen hat – unter anderem mit der Unterstützung von PricewaterhouseCoopers – eine empirische Erhebung zu den qualitativen Erfolgsfaktoren der Unternehmenskommunikation, eingeteilt in sieben Kategorien, durchgeführt. Die Befragungsergebnisse von mehr als 200 Finanzanalysten und institutionellen Investoren unterstreichen die Bedeutung nichtfinanzieller Informationen in der Unternehmensberichterstattung. Die Tabelle gibt einen Überblick über die zehn wichtigsten Faktoren. Der Beurteilung liegt eine Skala von 1 (= irrelevant) bis 5 (= sehr relevant) zugrunde.

Die zehn wichtigsten Faktoren für die Wahrnehmung von Unternehmen.

Faktor Kategorie Durchschnittswert

Langfristigkeit Strategie 4,51Umsetzung strategischer Pläne Qualität des Managements 4,49Umfassende Offenlegung Unternehmenskommunikation 4,47Geschäftsverständnis Qualität des Managements 4,40Shareholder Value Strategie 4,40Führungsfähigkeit Qualität des Managements 4,39Zugänglichkeit der Investor-Relations-Verantwortlichen Unternehmenskommunikation 4,31Einhaltung von Prognosen Qualität des Managements 4,30Kontinuität Unternehmenskommunikation 4,29Proaktive Themensetzung Unternehmenskommunikation 4,29

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Events, Publikationen und Analysen.

Chinesischer Markt

Die Experten der China Business Grouperläutern für Sie chinesische Marktentwick-lungen und welche Chancen sich daraus fürIhre Investitionen ergeben. Die Schwer-punkte der aktuellen Ausgabe sind dieReform der Unternehmensbesteuerung, dieneuen Spielregeln für Verrechnungspreise,die Chancen für ausländische Banken undVersicherungen und die Beeinflussungausländischer Investoren durch den neuenInvestitionslenkungskatalog für ausländi-sche Investoren. Die Broschüre «pwc: chinacompass» erhalten Sie [email protected]

Events

Wie schneiden Sie ab?Studie über Kontroll- und Prüfungsaktivitä-ten bei mittelgrossen Unternehmen

PricewaterhouseCoopers und das Institutfür Rechnungswesen und Controlling derUniversität Zürich stellen die Ergebnisseder Studie zusammen vor.

Zürich, 4. November 2008Genf, 11. November 2008

Für Informationen und Anmeldung:www.pwc.ch/events

Steuerforum 2008Am Steuerforum treffen sich CEO, CFO,Unternehmer und Steuerverantwortliche,um Praxiswissen auszutauschen und rele-vante Steuerfragen zu diskutieren. DasSteuerforum 2008 wirft einen Blick in dieZukunft und beschäftigt sich mit der Frage«Wohin entwickelt sich der SteuerstandortSchweiz?»

Aarau, 25. November 2008Basel, 2. Dezember 2008Bern, 12. November 2008Chur, 20. November 2008Frauenfeld, 18. November 2008Genf, 25. November 2008Lausanne, 27. November 2008Lugano, 25. November 2008Luzern, 20. November 2008Neuchâtel, 26. November 2008St. Gallen, 26. November 2008Thun, 20. November 2008Winterthur, 20. November 2008Zug, 26. November 2008Zürich, 17. November 2008

Für Informationen und Anmeldung:[email protected], Tel. 058 792 18 49.

Leserservice:Die Autorinnen und Autoren der Fachthemen stehen für ein weiterführendesGespräch gerne zur Verfügung (die E-Mail-Adresse ist jeweils angegeben). Eineumfassende Übersicht der Publikationen von PwC finden Sie unter: www.pwc.ch.Bestellungen von PwC-Publikationen und Abonnemente oder Adressänderungen:[email protected] oder Fax 058 792 20 52.

Abonnemente:ceo, das Magazin für Entscheidungsträger von PricewaterhouseCoopers erscheintdreimal jährlich (deutsch, englisch, französisch). ceo kann kostenlos abonniertwerden. Bitte die gewünschte Sprache angeben: [email protected]: PricewaterhouseCoopers, ceo Magazin, Birchstrasse 160, 8050 Zürich.

Bestes Steuerberatungsunternehmen der Schweiz 2008

Bereits zum zweiten Mal in Folge hat PricewaterhouseCoopers Schweiz dieAuszeichnung «Tax Firm of the Year» erhalten. Diese Auszeichnung für innovativeSteuerdienstleistungen erhielten insgesamt 24 europäische Steuerberatungsunter-nehmen im Rahmen einer Untersuchung der renommierten Londoner Zeitschrift«International Tax Review».

Unternehmenssteuerreform II

Am 24. Februar 2008 hat sich das Schwei-zer Stimmvolk für die Unternehmenssteuer-reform II entschieden. Wir von Pricewater-houseCoopers sind vom Modell überzeugtund haben uns von Anfang an dafür einge-setzt. Nun gilt es die Reform richtig umzu-setzen und in einem von Veränderunggeprägten steuerrechtlichen Umfeld dierichtigen und wichtigen Schritte zu unter-nehmen. Profitieren auch Sie von Anfang anvon den neuen Lösungen. In «Können Sievon der Unternehmenssteuerreform II profi-tieren?» haben wir die wichtigsten Änderun-gen für Sie zusammengestellt. Sie könnendie Broschüre in deutscher, englischer, fran-zösischer und italienischer Sprache kosten-los bestellen [email protected]

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Hier spielt die Musik.Das KKL Luzern liefert Kultur, Kulinarik und Kongresse auf Topniveau. Eine unternehmerische Herausforderung für CEO Elisabeth Dalucas.

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«Ich will mit leistungswilligen Mitarbeitern ein Team entwickeln unddamit das Unternehmen weiterbringen.» Elisabeth Dalucas

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Text: Bernhard Raos Fotos: Cédric Widmer

Ein Wandschmuck im Büro von ElisabethDalucas, Direktorin des Kultur- undKongresszentrums Luzern, ist nicht zu über-sehen: ein grosses Poster der JazzlegendeKeith Jarrett. Darauf angesprochen, gerätdie KKL-Chefin ins Schwärmen: «Währendseines Auftritts vor zwei Jahren testeteJarrett unseren Konzertsaal richtiggehendaus und fand so zu seiner Musik für unserHaus. Er war in Höchstform!»Im KKL gastiert, wer Rang und Namen inder Musikszene hat – vom italienischenStardirigenten Claudio Abbado, über denlettischen Ausnahmecellisten Mischa Mais-ky bis zu den Wiener Philharmonikern.Veranstaltungen wie das Lucerne Festivaloder das Blue Balls Festival sind Anlässemit globaler Ausstrahlung.

Akustik als TrumpfDer weisse Konzertsaal mit seinen 1840Sitzplätzen ist so etwas wie das Ass imÄrmel des KKL beim Poker um die Auftritteder internationalen Musikgrössen: «Wirbekommen die Stars, die wir wollen», freutsich Elisabeth Dalucas. «Viele Musikermöchten allein schon wegen der einzigarti-gen Akustik in Luzern auftreten und reizenihre Gagen nicht aus.» Und KKL-ArchitektJean Nouvel verneigt sich vor Luzern: EinenKonzertsaal in dieser Grösse und Ausstat-tung habe nicht einmal die Weltstadt Paris. Die herausragende Akustik wurde vomkürzlich verstorbenen amerikanischenArchitekten und Akustiker Russell Johnsongeschaffen und ist die Summe seiner jahr-zehntelangen Erfahrung. Das Saalvolumenvon 19 000 Kubikmetern gibt dem Klanggrossen Raum und erzeugt einen runden,weichen Nachhall. Dank eines Schallreflek-tors über der Bühne hören sich die Musikerohne Klangverzögerung. Rund 240 Einstel-lungen ermöglichen es, die Akustik an dasjeweilige Werk anzupassen. In diesem Umfeld sind auch die Ansprüchedes Publikums gestiegen. «Unser Saal hatdafür gesorgt, das sich das Musikempfin-den des Publikums entwickelt. Die Erwar-tungen ans Programm sind dementspre-chend hoch», sagt Dalucas. Herausragende

Kultur zu ermöglichen und dieses Niveauüber Jahre zu halten, stelle einen unterneh-merischen Balanceakt dar. Von einer weite-ren Steigerung des Angebots redet dieDirektorin nicht: «Wir wollen unsere gutePosition in Europa festigen.»

Einen Kulturtempel rentabel machenDas KKL ist ein architektonischer Wurf. Seinmarkantes Dach mit einer Untersicht fast sogross wie ein Fussballfeld ist Besuchern ausder ganzen Welt bekannt. Auch Dalucaserweist dem Prestigebau ihre Reverenz: «Esist ein Privileg, für ein solches Haus zuarbeiten.» Von der Baslerin mit Abschluss inKunstwissenschaften und einem Nachdi-plomstudium in Management wird hier aller-dings mehr verlangt als kunstsinnige Inspi-ration. Die 46-jährige Direktorin der KKLManagement AG und Geschäftsführerin derTrägerstiftung hat einen Mehrkampf zubewältigen.Als Dalucas vor fünf Jahren hier CEOwurde, befand sich das KKL in einer kriti-schen Lage. Ihre Vorgänger hatten sich dieKlinke im Jahrestakt in die Hand gedrückt,die Fluktuationsrate beim Personal lag beirekordverdächtigen 30 Prozent. Wegenhoher Bauschulden und ungedeckter Unter-haltskosten drohte 2003 sogar der Konkurs.Die Pleite blieb dem KKL erspart, weil dieLuzerner Stimmbürger 18 Millionen CHFbewilligten, um die Löcher zu stopfen.Verantwortlich für die heikle Situation warenmehrere Faktoren: Das für 194 MillionenCHF geplante Gebäude kostete schluss-endlich 226,5 Millionen CHF – 32,5 Millio-

nen mehr als geplant. Zu den Bauschuldenkamen in den ersten Betriebsjahren trotzguter Auslastung jeweils jährliche Defizitevon bis zu einer Million CHF. Vor allemwegen der Nutzungsrechte: Laut Reglementstehen der Stadt Luzern als grösster Geld-geberin 164 Nutzungsrechte zu. Damitwerden Vereine subventioniert, welche dasKKL nutzen. Für diese kostet etwa derKonzertsaal nur 2900 CHF Grundmiete stattkostendeckender 20 000 CHF. Seit 2003zahlt die Stadt dem KKL die Differenz. Das KKL ist als Private Public Partnershipkonzipiert. Dies bedeutet, dass sich dieprivate Seite auf die Bedürfnisse der öffent-lichen Hand einzustellen hat und umge-kehrt. Auf den Markt hören, die Donatoren bei derStange halten und politische Empfindlich-keiten berücksichtigen, das ist eine heikleGemengelage. Dalucas wusste, worauf siesich einliess. Bruchstellen hätten sie schonimmer interessiert, gab sie schon kurz nachihrem Einstieg in Luzern zu Protokoll. Zuvorhatte sie als Direktorin des Museums zuAllerheiligen und Kulturbeauftragte derStadt Schaffhausen den Turnaroundgeschafft. Ihr Führungsstil ist nicht dereiserne Besen, sondern die Kraft der Über-zeugung: «Ich will mit leistungswilligenMitarbeitern ein Team entwickeln und damitdas Unternehmen weiterbringen.»

Wertschöpfung in der RegionNötig war dies vor allem in der damalsangeschlagenen KKL-Gastronomie. Dalu-cas investierte 1,6 Millionen CHF underneuerte das Konzept: Statt Fremdcateringgibt es nun ein breites, kundenspezifischesAngebot aus eigener Küche – vom Gour-metrestaurant RED (14 GaultMillau-Punkte)über das World Café mit Selfservice, dieCrystal Lounge und die Seebar für Drinksund Häppchen bis zur Veranstaltungsgas-tronomie, bei der das KKL-Küchenteam seitOktober 2007 mit Spitzenkoch HeinzWitschi zusammenarbeitet. 11,2 Millionen CHF setzte das KKL im letz-ten Jahr mit seiner Gastronomie um.

Zahlen und FaktenDas KKL Luzern ist als Public Private Partnership (PPP) konzipiert. Die KKLLuzern Management AG ist die Betreiberindes Hauses; die Aktienmehrheit liegt bei der Trägerstiftung. Die Gesamteröffnungdes 226,5 Millionen CHF teuren Zentrums erfolgte im März 2000. Auf Vollpensenumgerechnet werden 223 Mitarbeitendebeschäftigt. Der Nettoerlös lag 2007 beiinsgesamt 24,4 Millionen CHF.www.kkl-luzern.ch

Das KKL ist als Private Public Partnership konzipiert. Dies bedeutet,dass sich die private Seite auf die Bedürfnisse der öffentlichen Handeinzustellen hat und umgekehrt.

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Das KKL ist ein architektonischer Wurf. Jean Nouvel hat den See ins Gebäude geholt – mit zwei Wasserkanälen, die das KKL dreiteilen: in den Konzertsaal-Trakt,den Mittelteil mit Luzerner Saal und Foyer, sowie den Kongress- und Museumsbereich. Der weisse Konzertsaal mit seinen 1840 Sitzplätzen verfügt über eine einma-lige Akustik, die Stars aus der ganzen Welt nach Luzern lockt.

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Ein Orchester will mehr.

Das Luzerner Sinfonieorchestermuss auf einer Weltbühne beste-hen. Eine spannende Ausgangsla-ge, findet sein Direktor.

«Wir sind noch nicht am Ende unseresWeges. Wir wollen und müssen in unsererLiga zu den Besten gehören», erklärt NumaBischof Ullmann. Der dynamische Direktordes Luzerner Sinfonieorchesters (LSO)bringt als passionierter Cellist mit betriebs-wirtschaftlicher Ausbildung für seinen Jobgute Voraussetzungen mit. Es geht nämlichum beides, um Kunst und Kommerz. Das LSO ist «Orchestra in Residence» imKKL und begleitet zudem als festes Orches-ter im Luzerner Theater sämtliche Musikpro-duktionen. Vor allem im KKL muss dasSinfonieorchester höchsten künstlerischenAnsprüchen genügen, will es den Saal mit1840 Plätzen füllen – ein Provinzorchester

steht auf einer Weltbühne. «Es brauchtemehr Mittel für dieses Haus», sagt BischofUllmann rückblickend. Kurz nach Amtsan-tritt in der Saison 2003/04 gelang es ihm,das Orchester um zehn Streicherstellen auf70 Musiker zu erweitern – für drei Jahreprivat finanziert und nun teilweise öffentlichsubventioniert. Dazu Bischof Ullmann: «Während Spitzen-orchester wie die Wiener Philharmonikerdarüber diskutieren, wie viele Stradivari-geigen angeschafft werden, sind wir erstmal froh, überhaupt genügend Geiger zubeschäftigen.» Ohne die nötige AnzahlMusiker liessen sich bestimmte Werke garnicht spielen. Nun könne man sich denfeinen Tönen zuwenden. Von den rund 11 Millionen CHF des LSO-Budgets stammen 60 Prozent von deröffentlichen Hand; 40 Prozent deckenEintritte, Sponsoren, Stiftungen und privateGeldgeber – das LSO hat einen höherenEigenfinanzierungsgrad als die meistenanderen Orchester hierzulande. Der LSO-Direktor tut viel dafür: Ins Fundraising undSponsoring investiere er die Hälfte seiner

Arbeitszeit. Mit den meisten Unternehmun-gen der Region, aber auch mit den Kanto-nen ist er regelmässig in Kontakt. Das LSO profitiert von 24 Nutzungsrechtenfür den Konzertsaal im KKL. Damit vergüns-tigt die Stadt Luzern die Saalmiete massiv.Gut investiertes Geld: Rund 90 Prozentbeträgt die Auslastung im Durchschnitt. DasOrchester hat sein Repertoire zur Modernehin erweitert und will mit dem Club LSOU25 die Klassik auch einem jüngeren Publi-kum schmackhaft machen. Regelmässigwerden Kompositionsaufträge vergeben.Im Sommer ist das Orchester erstmals zueiner dreiwöchigen Japantournee eingela-den. Musikkritiker sehen das LSO nationalauf der Stufe nach den beiden führendenKlangkörpern, dem Tonhalle-OrchesterZürich und dem Orchestre de la SuisseRomande. «Das ist doch eine schöneVerpflichtung und eine Herausforderung»,sagt Numa Bischof Ullmann.

www.sinfonieorchester.ch

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Dieses Standbein ist auch für die Hälfte desUmsatzes verantwortlich, die andere Hälfteteilen sich Kultur, Kongresse und Dienstleis-tungen zu etwa gleichen Teilen.Die Chefin spricht vom wichtigen Dreiklangder drei Bereiche «Culture, Convention,Cuisine». Weil mittlerweile die Instrumenteaufeinander abgestimmt seien, gehe mannun über «in eine Integrationsphase derSteuerung und Optimierung von Prozes-sen». Will heissen, die Synergien zwischenden drei Bereichen werden heute bessergenutzt. Der KKL-Nettoumsatz wuchs imletzten Jahr insgesamt von 23,6 auf 24,4Millionen CHF. Unter dem Strich wurdenoch ein Jahreserfolg von 114 000 CHFausgewiesen. Für Dalucas ein zufrieden stellendes Resul-tat: «Wir hatten Nachholbedarf bei denInvestitionen, vor allem in der Informatik.Unser Ziel ist es, den Betrieb kostende-

ckend zu führen.» Sie mag auch nichteinstimmen in den Chor jener Bedenkenträ-ger, die über zu wenig Mittel für Kulturklagen: «Es geht der Kultur in der Schweizgut», sagt sie. Die 226,5 Millionen CHF fürdas KKL seien der Beleg dafür. DasZentrum am See nimmt, gibt aber auch:Gemäss einer Studie der Universität St.Gallen fliessen jährlich 60 Millionen CHF alsWertschöpfung in die Region.

Kongressbusiness wird anspruchsvoller Architekt Jean Nouvel hat den See insGebäude geholt – mit zwei Wasserkanälen,die das KKL dreiteilen: in den Konzertsaal-Trakt, den Mittelteil mit Luzerner Saal undFoyer sowie den Kongress- und Museums-bereich. Die drei Trakte liegen unter dem2500 Tonnen schweren Dach wie Schiffe imHafen. Die multifunktionalen Räume unter-schiedlicher Grösse samt Auditorium undgeräumigen Foyers bieten, was grosseVeranstalter heute erwarten. Der BereichConvention ist für 2008 bis auf einzelne freie

Daten ausgebucht. Begehrte Termine sindoft lange im Voraus vergeben. 160Kongressveranstaltungen mit 64 494 Teil-nehmenden fanden im letzten Jahr statt.Man profitiert hier von der speziellen Ambi-ance, dem Raumangebot und von derzentralen Lage. Dalucas liess auch diesenBereich optimieren. Sie reduzierte die Einta-gesveranstaltungen und erhöhte die Teil-nehmerzahl pro Anlass innert fünf Jahrenvon 150 auf durchschnittlich 403 (2007).Dies brachte mehr Wertschöpfung. Dass derzeit reihum neue Kongresszentrenentstehen und zahlreiche Hotels ihre Infra-struktur für Kurse und Seminare erweitern,schreckt die KKL-Direktorin nicht: «Wirsetzen vor allem auf grössere Kongresseund Events.» Für kleinere Anlässe seienHotels wohl geeigneter. Ausser, wenn Geld keine Rolle spielt: Das KKL ist eine gut positionierte, grosseHightechmaschine, und die hat ihren Preis. //

Das KKL mit seinem Gastronomieangebot, multifunktionalen Räumenunterschiedlicher Grösse samt Auditorium und geräumigen Foyersbietet, was grosse Veranstalter heute erwarten.

Heute gibt es im KKL einbreites Angebot – vomGourmetrestaurant REDüber das World Café mitSelfservice, die CrystalLounge und die Seebar fürDrinks und Häppchen biszur Veranstaltungsgastro-nomie, bei der das KKL-Küchenteam mit Spitzen-koch Heinz Witschizusammenarbeitet.

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Sparsamkeit XXL.Im effizienteren Umgang mit Energie liegt für viele Unternehmen grossesPotenzial. IKEA Schweiz zum Beispiel baut nur noch nach Minergie-Standard –und spart dadurch mittelfristig Millionen an Heizkosten.

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Text: Kaspar Meuli Fotos: Nik Hunger

Von aussen gibt das Gebäude sein ökologi-sches Geheimnis nicht preis. Der blau-gelbeKubus beeindruckt vor allem durch seineDimensionen: 200 Meter lang und 100Meter breit. Nur wer ganz genau hinsieht,entdeckt auf dem Dach des neuen IKEAEinrichtungshauses in Spreitenbach diePanels einer Solaranlage. Auch im Innernmerken die Kunden nichts von der «Spar-samkeit im XXL-Format» – wie das Bundes-amt für Energie den Bau lobt. Im Technikraum im ersten Stock stehenzwei mit Holzpellets betriebene Brennöfen –die grössten ihrer Art, die bisher konstruiertwurden. Die beiden Brenner sind allerdingsnur ein Teil von vielen Elementen der ausge-klügelten Haustechnik. Diese ermöglicht es,dass der Energiebedarf des Ende 2006

bezogenen Neubaus im Vergleich zu einerherkömmlichen Bauvariante um mehr alsein Viertel tiefer liegt. Ein beachtliches Spar-potenzial also, das sich insbesondere durch effiziente Isolation der Gebäudehülleund durch Wärmerückgewinnung realisierenliess. Und ein wichtiger Schritt zur Errei-chung des Klimaziels, das sich IKEASchweiz selbst gesteckt hat: In denkommenden drei Jahren sollen der Energie-verbrauch um 25 Prozent gesenkt undausserdem die CO2-Emissionen massivreduziert werden. Bis Ende 2008 will IKEA Schweiz ihre Gebäude CO2-neutralbetreiben.

Kostenfaktor EnergieDer Umgang mit Energie im neustenSchweizer IKEA-Einrichtungshaus – esersetzt die 1973 als erste ausserhalb vonSkandinavien eröffnete Filiale in Spreiten-

bach – hat das Minergie-Label. Diese Qualitätsbescheinigung wird von einemVerein verliehen, in dem unter anderemBund, Kantone und Wirtschaftsorganisatio-nen vertreten sind. Voraussetzung für eineZertifizierung ist, dass sich der Bauherr aneine Reihe von Prinzipien hält. Die wichtigs-ten: gute Wärmedämmung und effizienteHaustechnikanlagen, und dies zu Kosten,die im Vergleich zu konventionellen Bautenhöchstens 10 Prozent höher liegen dürfen.Mit welchen Mitteln die klar definiertenAnforderungen an den Energieverbraucherreicht werden, bleibt dem einzelnenBauherrn überlassen. Nach den Minergie-Vorgaben werden heuteGebäude jeder Grösse und Komplexitäterstellt: von Schulhäusern über Verwal-tungs- und Industriegebäude bis zu Spitä-

Für Energieeffizienz sorgt eine 150 Quadratmeter grosse, ausbaubare Solaranlage auf dem Dach des Gebäudes in Spreitenbach. Das Dach wurde begrünt, um dieüberbaute Grünfläche zu kompensieren. Grüne «Inseln» dienen als Siedlungsraum für Kleinstlebewesen.

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lern, Hallenbädern und Einkaufszentren.«Mittlerweile zertifizieren wir flächenmässigpraktisch gleich viel im Verkaufs- und Büro-bereich wie bei den Wohnhäusern», sagtMinergie-Geschäftsführer Franz Beyeler.Dafür seien nicht zuletzt Unternehmen wieIKEA, Migros oder die Credit Suisse verant-wortlich, die bei ihren Bauprojekten immermehr auf Minergie setzten. Grossbauten,wie das neue Einrichtungshaus in Spreiten-bach, so Beyeler, hätten «selbstverständlichSignalwirkung».Und sie machen nicht nur ökologisch,sondern auch ökonomisch Sinn. IKEA spartmit ihrem Neubau in Spreitenbach vergli-chen mit dem bisherigen Gebäude gegen200 000 Liter Heizöl im Jahr. Die Einsparun-gen sind weit grösser als ursprünglichkalkuliert. Doch rechnen musste sich dasVorzeigeprojekt bereits bei seiner Planung,als der Ölpreis noch einiges tiefer lag. «DasVorhaben sollte auch wirtschaftlich sinnvollsein», erklärt Hans Kaufmann, Direktor derImmobilienabteilung, unter dessen Verant-

wortung bei IKEA Schweiz in den vergange-nen acht Jahren über 500 Millionen CHFverbaut wurden. «Wir haben klare Vorgabenfür eine vernünftige Payback-Zeit. DieserDruck war gut, denn wir wollten schliesslichLösungen finden, die sich auch an anderenSchweizer Standorten umsetzen oder insAusland exportieren lassen.»

Ein ökologisches Zeichen setzenOhne diesen Anspruch, so Ökonom Kauf-mann, wäre der zur Zeit seiner Eröffnunggrösste Minergie-Bau der Schweiz, denIKEA in Spreitenbach realisiert hat, «nichtsals ein Versuchsballon» geblieben. Nunallerdings baut und saniert das Einrich-tungshaus in der Schweiz konsequent nachMinergie-Standard. Und zwar mit Voll-dampf. Innerhalb von 13 Monaten wurdenfünf grosse Gebäude zertifiziert. Das wegendes Baustandards zusätzlich investierteKapital amortisiert sich je nach lokalenGegebenheiten in unterschiedlich langenFristen. So kommt zum Beispiel Grundwas-ser, das in den Filialen Pratteln und Lyssachals Wärmequelle genutzt wird, etwas teurerzu stehen als Pellets in Spreitenbach. Doch

allgemein gilt, davon ist Hans Kaufmannüberzeugt: «Wer sorgfältig plant, hat dieMehrkosten innerhalb von weniger als zehnJahren wieder eingespielt.» Unter demSlogan «IKEA goes renewable» verfolgt derKonzern seine ambitionierte Energiepolitikinzwischen weltweit. Ziel ist der vollständigeVerzicht auf fossile Brennstoffe beim Heizenund Kühlen und damit der umfassendeEinsatz von erneuerbaren Energien. Zurzeitmüssen alle 37 Ländergesellschaften einenBericht über den energetischen Ist-Zustandihrer Gebäude ausarbeiten.IKEA Schweiz verdankt ihr Interesse anMinergie nicht zuletzt dem Aargauer Baudi-rektor Peter Beyeler. Als sich bei einerEinspracheverhandlung in Spreitenbach dieFronten zwischen dem Bauherrn und denSektionen Zürich und Aargau des VCSverhärtet hatten, regte er an, IKEA solledoch beim Bauen im Energiesparstandardein ökologisches Zeichen setzen. DasEinrichtungshaus stieg auf den Vorschlagein, doch seine Kontrahenten im Streit um

Oben die Wärme- und Kälteverteilungsanlage des Gebäudes. Das helle System verteilt die Kälte, das dunkle die Wärme. Auf dem Foto ganz rechts sind die beidenmit Holzpellets betriebenen Brennöfen zu sehen – die grössten ihrer Art, die bisher konstruiert wurden.

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soziale und Umweltthemen engagiere, und81 Prozent waren der Meinung, IKEA sei einUnternehmen, dass in der Praxis zeige,dass es soziale und ökologische Verantwor-tung übernehme. Der neuste Schweizer IKEA-Bau steht inPratteln bei Basel und ist ein Bürogebäude.Es bietet 350 Mitarbeitenden helle undfreundliche Arbeitsplätze – unter anderemauch Immobilienchef Hans Kaufmann. DieMinergie-Anforderungen, sagt dieser, habedas Haus «spielend» erfüllt. Nicht zuletztweil in der Schweiz heute so viel Know-howzu umweltschonender Haustechnik vorhan-den sei, dass sich jede Art von Gebäudeweit ökologischer realisieren lasse als vomGesetz vorgeschrieben. «Natürlich gab eszuerst ein paar Probleme, als wir unsentschlossen hatten, nur noch nach Miner-gie-Standard zu bauen», sagt Kaufmann.Doch wenn man an die Technik glaube undmit den richtigen Leuten zusammenarbeite,seien alle Schwierigkeiten überwindbar.«Heute sind unsere Minergie-BautenGebäude, wie alle anderen auch.» //

die Anzahl Parkplätze bei neuen Filialenkonnte es dadurch nicht besänftigen. DieAuseinandersetzung mit dem VCS endetewie gewohnt vor Bundesgericht. «Es wareine Illusion, zu glauben, dass uns dasBauen im Minergie-Standard beim Bewilli-gungsverfahren hilft», bilanziert Hans Kauf-mann.Wie weit sich die Minergie-Strategie ganzallgemein auf die Reputation von IKEAauswirkt, lässt sich nur schwer abschätzen.Zwar setzt die Kommunikationsabteilungdie Vorreiterrolle des Unternehmens gebüh-rend in Szene und schaltete nach der Eröff-nung des Spreitenbacher Vorzeigebausunter anderem grosse Zeitungsanzeigen mitder Headline: «Wissen Sie, wo das grösste

Minergie-Haus der Schweiz steht?» Trotz-dem, so findet Immobilienchef Kaufmann,wisse die Öffentlichkeit noch viel zu wenigdarüber Bescheid, was sein Unternehmenso alles im Umweltbereich leiste.

Verantwortung übernehmenDa ist die eigene Belegschaft schon besserim Bild. Alle 2600 Mitarbeitenden erhieltenden im vergangenen Jahr erstmals gedruckterschienenen Umweltbericht von IKEASchweiz zugestellt. Das Bauen im Minergie-Standard nimmt darin eine prominente Rolleein, denn, so die Begründung, «der sparsa-me und effiziente Umgang mit Energie isteines der Hauptanliegen unserer globalenUmweltstrategie». Ein Anliegen, das offen-bar von der Basis mitgetragen wird. Beieiner kürzlich durchgeführten Befragungfanden neun von zehn Mitarbeitenden, essei wichtig, dass sich ihr Unternehmen für

Hans Kaufmann: «Wir haben klareVorgaben für eine vernünftigePayback-Zeit. Dieser Druck wargut, denn wir wollten schliesslichLösungen finden, die sich auch ananderen Schweizer Standortenumsetzen oder ins Ausland expor-tieren lassen.»

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«Ulysses»: Hilfe zur Selbsthilfe in Äthiopien

Der Äthiopienaufenthalt von Anne-SophiePreud’homme begann mit einem Missver-ständnis: Die 38-jährige Partnerin wardarauf vorbereitet, gemeinsam mit ihren«Ulysses»-Kollegen ein Konzept für dieEntwicklung lokaler Märkte zu erarbeiten.Die einheimischen Mitarbeiter ihrer Gastge-ber, der Organisation World Vision, hinge-gen erwarteten ein professionelles Marke-tingtraining. «Da haben wir in den erstenTagen vorsichtig erklären müssen, dass wirdafür nicht die richtigen Leute sind», erin-nert sich die Partnerin und Real-Estate-Spezialistin aus Luxemburg. Nach langenGesprächen mit den – zuerst enttäuschten –Äthiopiern einigte man sich darauf, dassdas vierköpfige PwC-Team sich einen Über-blick über die lokalen Märkte und die Arbeitvon World Vision verschaffen und danndabei helfen würde, einen Businessplan fürdie weitere Arbeit der Organisation zuerstellen.Schon während dieser ersten, nicht ganzeinfachen Verhandlungen habe sich heraus-gestellt, dass ihr Viererteam sehr gut funk-tionierte, erinnert sich Anne-SophiePreud’homme. «Wir waren zwei Monatepausenlos zusammen. Es war eine erstaun-

lich intensive und sehr gute Teamerfahrung.Keiner übernahm den Lead – unsere Kräftewaren ausgewogen.»Während vieler Reisen ins Landesinneremachte sich das PwC-Team ein Bild von derSituation und verschaffte sich – mit Hilfezahlloser Interviews – einen Überblick.«Wir haben sehr schnell gemerkt, dass dieMenschen in Äthiopien zwar unheimlich vielund lange miteinander reden, dass es ihnenaber dabei nicht immer gelingt, die relevan-ten Informationen auszutauschen», berich-tet Anne-Sophie Preud’homme. «Lösungen,die in einer Region gefunden und dorterfolgreich implementiert wurden, waren inanderen Regionen gänzlich unbekannt.Jeder arbeitete für sich, anstatt von denErfahrungen der anderen zu profitieren.»Im Gegenzug lernte das PwC-Team, dasses nicht genügt, Lösungen, die in der einenRegion funktionieren, auf eine andere zu

übertragen. «Ich habe in Äthiopien begrif-fen, dass man den Menschen Zeit undGelegenheit geben muss, ihre eigeneLösung zu finden. Von oben herab dozierenoder eine gute Idee aus dem Hut zaubernführt nicht zum Erfolg», sagt Anne-SophiePreud’homme. «Ich habe gelernt, dass manals guter Leader nicht sagt, was zu tun ist –sondern dass man mitten im Spiel stehenund dafür sorgen muss, dass alle in die rich-tige Richtung spielen.» Diese Erkenntnishabe sich grundlegend auf ihren Führungs-stil ausgewirkt. «Heute arbeite ich völliganders als vor meiner Äthiopienreise.»Für Anne-Sophie Preud’homme war es dererste Aufenthalt in einem afrikanischenLand. Noch heute ist sie überwältigt von derGastfreundschaft der Menschen, die nichtviel haben und dennoch selbstverständlichund grosszügig teilen. Dass man auchWissen und Erfahrungen teilen kann, istetwas, das die PwC-Leute ihren Gastgebernvermittelt haben. Eine Lektion, die sie aberauch für sich persönlich und für ihrenBerufsalltag gelernt haben: «Innerhalb jederOrganisation ist es wichtig, Erkenntnisse zuteilen. Ein guter Leader ist dabei wie einModerator, der dafür sorgt, dass alle Infor-mationen ausgetauscht werden, die zu einerLösung führen können.» //

Das «Ulysses»-Team von PwC analysierte die lokalen Märkte in Äthiopien.Anne-Sophie Preud’homme rechts neben ihrer australischen Kollegin.

«Ulysses» ist ein Leadership-Development-Programm von PricewaterhouseCoopers. Die teil-nehmenden PwC-Partnerinnen und -Partner habenPotenzial für eine Führungslaufbahn und werdenvon ihren Länderorganisationen nominiert. In multi-kulturell zusammengesetzten Teams (3 bis 4 Perso-nen) arbeiten sie zwei Monate in Staaten der DrittenWelt zusammen mit Social Entrepreneurs, NGO oderinternationalen Organisationen. Die ausgewähltenProjekte sind eine Herausforderung und bieten dieMöglichkeit, professionelle Kompetenzen in einemvöllig anderen Umfeld einzusetzen.

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PricewaterhouseCoopers AG

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8050 Zürich

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Fax +41 58 792 44 10

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PricewaterhouseCoopers heisst 15 neue Partner willkommen und gratuliert herzlich:

Warum sollte esan der Spitzeeinsam sein?*Gustav Baldinger Wirtschaftsberatung Zürich

Claude-Alain Barke Steuer- und Rechtsberatung Lausanne

Carl Bellingham Steuer- und Rechtsberatung Lausanne

Nicolas Bonvin Steuer- und Rechtsberatung Lausanne

Martin Büeler Steuer- und Rechtsberatung Zürich

Richard Burger Wirtschaftsprüfung Zürich

Beresford Caloia Wirtschaftsprüfung Genf

Martin Frey Wirtschaftsberatung Zürich

Martin Kennard Wirtschaftsprüfung Zürich

Jean-Sebastien Lassonde Wirtschaftsprüfung Lausanne

Guido Lauber Wirtschaftsberatung Zürich

André Maeder Wirtschaftsberatung Genf

Markus Nöthiger Wirtschaftsberatung Zürich

Marcus F. Veit Steuer- und Rechtsberatung Zürich

Karin Verheijen Steuer- und Rechtsberatung Basel

Die breit abgestützte Partner-Gemeinschaft von PricewaterhouseCoopers ist eine der

Grundlagen für die führende Stellung unseres Unternehmens. Mit den 15 neuen Partnern

sind nun 174 Persönlichkeiten als Mitunternehmer für den Erfolg unserer Kunden verantwortlich.

Denn auch die Beziehung zu unseren Kunden beruht von jeher auf guter Partnerschaft.

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ceo* dossier. reputation

S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein:«Alles daransetzen, umdie Krise in eine Chance umzumünzen.»

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Rolf Dörig:«Reputation ist eine Frageder Glaubwürdigkeit.»

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Martin Scholl:«Aufpassen, dass das Risikobewusstsein nicht zu einer Verweige-rungshaltung führt.»

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Dan Ostergaard:«Verantwortungs-bewusstes statt ethischriskantes Handeln belohnen.»

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*connectedthinking CO

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