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ceo* Das Magazin für Entscheidungsträger. Dez. 2007 Innovationsstandort Schweiz. Was es braucht, damit aus Ideen Werte werden. Rhätische Bahn. Wie man die Weichen für die Zukunft stellt. Rotkreuzball. Wann ein Charity Event zum gesellschaftlichen Ereignis wird.

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ceo*Das Magazin für Entscheidungsträger. Dez. 2007

Innovationsstandort Schweiz. Was es braucht, damit aus Ideen Werte werden.Rhätische Bahn. Wie man die Weichen für die Zukunft stellt.Rotkreuzball. Wann ein Charity Event zum gesellschaftlichen Ereignis wird.

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00 ceo/editorial

Herausgeber: PricewaterhouseCoopers AG ceo Magazin, Birchstrasse 160, 8050 Zürich

Chefredaktion: Alexander Fleischer, [email protected], Franziska Zydek, [email protected]

Creative Direction: Dario Benassa, [email protected]

Mitarbeiter dieser Ausgabe: Michael Craig, Ella Sarelli, Giselle Weiss

Konzept, Redaktion und Gestaltung: purpur, ag für publishing und communication, zürich, [email protected]

Bildnachweis: Titelbild: Actelion, Seite 3: Andreas Teichmann, Seite 51: Martin Ruetschi/Keystone, Seiten 52, 54-56: François Ferrand

Litho/Druck: Sticher Printing, Luzern

Copyright: ceo Magazin PricewaterhouseCoopers. Die von den Autoren geäusserten Meinungen können von jenen der Herausgeber abweichen.

Das ceo Magazin erscheint dreimal jährlich in deutscher, französischer und englischer Sprache. Auflage 30 000

Bestellungen von Gratisabonnementen und Adressänderungen: [email protected]

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ceo/editorial 03

Innovation ist die Basis für wirtschaftlichenErfolg in der Zukunft. Kein Wunder, ist es ein grosses Anliegen der CEO, den Innovati-onsprozess zu steuern. Aber ist Innovati-onsmanagement nicht ein Widerspruch insich? Entzieht sich Innovation als kreativesPhänomen rationalen Kategorien?In unserem Dossier zum Thema Innovationstellen wir eine Reihe von Unternehmen vor, die beschreiben, wie sie sich das Prädi-kat innovativ verdienen – und damit ihrenErfolg sichern.

Innovation im DienstleistungsbereichInnovationen – da denkt man an Patente,neue Produkte, neue Technologien. Innova-tion und Dienstleistung scheint ein wenigereng verwandtes Begriffspaar zu sein. Und wenn, dann werden in der öffentlichenDiskussion häufig klassische, auf deneinzelnen Menschen bezogene Dienstleis-tungen in den Vordergrund gerückt.

Unternehmensbezogene Dienste, die dengrössten Teil der Wertschöpfung im Dienst-leistungssektor ausmachen, werden hinge-gen nicht selten stiefmütterlich behandelt.Dabei finden im Dienstleistungsbereichwomöglich alltäglicher und selbstverständli-cher Innovationen statt als in der Industrie.PricewaterhouseCoopers hat in einer Studiein Deutschland jedoch ermittelt, dass 57 Prozent der Dienstleistungsunternehmenüber keine klare Innovationsstrategie verfügen, dass 80 Prozent über kein Inno-vationsmanagementsystem verfügen unddass 66 Prozent keine systematischeErfolgsmessung ihrer Innovationsaktivitätenvornehmen.

Strukturierter InnovationsprozessDie Studie war Anlass für PwC in Deutsch-land, einen strukturierten Innovationspro-zess zu entwerfen und selbst zum Einsatzzu bringen. In der Schweiz unternehmen wir ebenfallsSchritte in diese Richtung. Gleichzeitigarbeiten wir mit der ETH Zürich zusammenbei der Erforschung der Grundlagen von Innovation im Dienstleistungsbereich, denn wir sind der Überzeugung, dass dies ein wichtiger Baustein für die Wettbe-werbssicherung des WirtschaftsstandortsSchweiz ist.

Innovation ist die Basis für wirtschaftlichen Erfolg inder Zukunft. Kein Wunder, ist es ein grosses Anliegen der CEO, den Innovationsprozess zu steuern.

Dr. Markus R. Neuhaus CEO PricewaterhouseCoopers Schweiz undEurofirms Senior Partner

Schliesslich sind in der Schweiz rund zwei Drittel der jährlich neugegründetenUnternehmen im Dienstleistungssektorangesiedelt.

Zusammenspiel von Emotion und RatioDie Beispiele der Unternehmen in unseremDossier Innovation und unser eigenesBeispiel zeigen, dass versucht wird, derInnovation rational Herr zu werden. Undzugleich ist allen klar, dass das Entstehenvon Innovation auf Ideen, auf Kreativität, auf Intuition basiert – also emotionalen Kräften. Ist dies ein Widerspruch? Oderkann die Emotion durch die Ratio domesti-ziert, das heisst wirtschaftlich nutzbargemacht werden? Oder ist es gerade erstdie Emotion, die aller Rationalität einen Sinn und eine Richtung gibt? Ein spannen-des Feld, das vier Persönlichkeiten in unserem Forum beleuchten.

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Markus R. Neuhaus

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ceo3/07. inhalt

Marc Bürki, CEO Swissquote, schreibt imceo* Forum: «Unsere Kundenbeziehungensind hauptsächlich online. Trotzdem einpersönliches oder gar emotionales Verhält-nis aufzubauen, ist eine Herausforderung.»

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Martin Knoll, CEO McDonald’s Schweiz,schreibt im ceo* Forum: «Zwei Drittel des Erfolgs hängen davon ab, wie gut esgelingt, anderen Menschen Energie zu geben und ihnen Ideen zu vermitteln.»

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Professor Dr. Miriam Meckel schreibt im ceo* Forum: «Emotionen reduzierenKomplexität, ermöglichen es, im Einklangmit den eigenen Entscheidungen zu leben,und machen glücklich.»

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Samih Sawiris, Vorsitzender Orascom Hotels& Development, schreibt im ceo* Forum:«Die wichtigste Eigenschaft ist die Fähig-keit, Potenziale zu erkennen, eine Idee zuhaben und an sie zu glauben.»

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pwc spektrum

«Ulysses», ein Leadership-Development-Programm von PricewaterhouseCoopers. Unbürokratische Hilfe in Osttimor.

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04 ceo/inhalt

Verantwortungsvolle Unternehmens-führung setzt nicht nur einen hohen ethischen Anspruch an die Führungsquali-tät voraus, sondern stellt auch hohe Anforderungen an die organisatorischeVerankerung.

33Investieren in Russland ist attraktiv. Dankseiner Grösse bietet der russische Marktzahlreiche Chancen. Die Due Diligencemuss in Russland allerdings umfassenderals im Westen durchgeführt werden.

36Private-Equity-Investoren bieten nicht nur Finanzierung, sondern auch Expertise.Zum Beispiel für Unternehmer, die ihreNachfolge regeln wollen, oder für Konzer-ne, die sich auf ihre Kernkompetenzenkonzentrieren.

38Wirtschaftskriminalität ist ein Risiko. Rundvier von zehn Schweizer Unternehmengeben an, in den vergangenen zwei JahrenOpfer eines Delikts geworden zu sein.Vorbeugen lässt sich mit einer gutenUnternehmenskultur und massgeschnei-derten Kontrollen.

40Service: Publikationen und Analysen.Abonnemente und Adressen.

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Titelbild: Aspartyl Protease, Actelion

Ohne Frage keine Antwort. Ohne Antwort keine Erkenntnis.PricewaterhouseCoopers hat wirtschaftsinteressierte Menschenaufgefordert, via Internet gute Fragen zu stellen. Rund 800 Fragensind ins Netz gestellt worden – ein Seismogramm der Befindlichkeit.

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Swisscom-CEO Carsten Schloter zumThema Innovation: «Wer nicht bereit ist,Wetten einzugehen, wird nie in die Lagekommen, den Markt zu gestalten.»

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ceo/inhalt 05

Dossier Innovation

Rhätische Bahn: Was tun, wenn die Zukunft des Unternehmens in Gefahr ist?Konsequent gegensteuern!

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Trend Glücksforschung. Chefs mit unglück-lichen Mitarbeitern machen einen schlech-ten Job, sagt Professor Bruno S. Frey.

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Rotkreuzball. Wie man es schafft, aus einem Charity-Anlass ein internationalesgesellschaftliches Ereignis zu kreieren.

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Wie wichtig ist Innovationfür den wirtschaftlichenErfolg? Über den Umgangmit Ideen und die Transformation von Ideenin Wert berichten die CEO von Huber+Suhner,IBM Schweiz, Actelion,EAO und Union AG.

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06 ceo/forum

Marc Bürki ist CEO von Swissquote. DieSchweizer Onlinebank betreut rund 85 000Kunden, verwaltet an die 6 Milliarden CHFund beschäftigt über 200 Mitarbeiter.

Wir sind eine Technologiebank. Das heisst,wir stellen unseren Kunden ein Informati-onssystem zur Verfügung, doch ihre Anlage-entscheide müssen sie selbst treffen. Ineiner Technologiebank ist eine Ingenieur-ausbildung, wie ich sie mitbringe, zweifelloseine gute Grundlage. Ich habe im Studiumgelernt, wie man Probleme angeht. Als Paolo Buzzi und ich gemeinsam Swiss-quote gründeten, haben wir davon profitiert:Wir wussten damals nicht viel mehr, alsdass wir eine Bank aufbauen wollten. Dannhaben wir uns hingesetzt und das Banken-gesetz durchgearbeitet. Zum Schluss wuss-ten wir haargenau, was es in der Schweizbraucht, um ein Finanzinstitut aufzuziehen.Das Bankgeschäft ist ein sehr rationalesBusiness, das durch viele Bestimmungenreguliert wird. Andererseits führe ich einTechnologieunternehmen, in dem wir eineVielfalt von Mitarbeitern beschäftigen: vonPhysikern und Mathematikern über Inge-nieure bis hin zu Leuten mit einer klassi-schen Bankausbildung. Diese Menschenkommen aus 15 Nationen und haben kultu-rell ganz unterschiedliche Hintergründe. Damuss man mit Emotionen führen. Gerade im Umgang mit den Softwareentwicklernbraucht es viel Sensibilität. Ich erlebe meineArbeit deshalb immer als Spagat zwischenRationalität und Emotionalität.

Wir sind eine klassische Zweitbank – alleunsere Kunden haben noch eine andereBank, über die sie zum Beispiel ihre Zahlun-gen abwickeln. Diese Leute kommen mitihren Anlagen sicher aus rationalen Überle-gungen zu uns – unsere Gebühren sindtiefer als bei herkömmlichen Banken.Zusätzlich bieten wir eine ganze Palette vonInformations- und Analysetools. Was abervor allem zählt: Unsere Kunden gehören zurInternetgeneration, sie sind «self-directed»und erledigen alles selbst, was sich selbstmachen lässt – egal, ob sie ein Hotelzimmerbuchen oder online Aktien kaufen. Onlinegeht’s schneller, und man kann alles genauso haben, wie man es will. Man wird aktivTeil eines Prozesses – will dafür aber aucheinen Preisvorteil.Wir haben unser Unternehmen sehr struktu-riert aufgebaut. Zu Beginn liefen viele derHandelsaufträge telefonisch über unser Call Center. Anschliessend analysierten wirregelmässig, für welche Börsenplätze wirdie meisten Aufträge erhielten, und schalte-ten diese einen nach dem anderen auf. Mitt-lerweile kann man über Swissquote an allengrösseren Börsen der Welt online handeln.Auf unserer Systemplattform sind heute250 000 Titel verfügbar. Deshalb geht esbeim Ausbau unserer Dienstleistungeninzwischen vor allem darum, die Komplexi-tät des Investitionsuniversums für unsereKunden zu vereinfachen. So versuchen wir etwa, das Risiko, das einKunde einzugehen bereit ist, zu quantifizie-ren. Aus den individuellen Angaben berech-net unser System dazu eine Zahl, die dasRisikopotenzial wiedergibt. Diese Methodenennt sich «Value at Risk» und wird auchvon traditionellen Banken verwendet – aller-dings nur für institutionelle Anleger. Wir stel-len sie allen unseren Kunden zur Verfügung.

Sie erfahren dann zum Beispiel, dass sie miteiner Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent in den nächsten 24 Stunden nicht mehr alseine bestimmte Summe verlieren werden.Dies ist eine schwierige, aber entscheiden-de Zahl, denn jeder Kunde will gar nichtsverlieren. Aber unser System zeigt ja auchden schlechtesten Fall und liefert Informa-tionen dazu, welche Titel das Portfolio nachunten ziehen und wie man es umschichtenkönnte.Die Beziehungen zu unseren Kunden sindhauptsächlich online. Es ist deswegen eineHerausforderung, trotzdem ein persönlichesoder gar emotionales Verhältnis aufzubau-en. Wir sind keine Privatbankiers und gebenkeine Anlageempfehlungen ab, aber es gibt Kunden die trotzdem eine Art von Sparringpartner brauchen, um über ihre Anlagestrategien zu diskutieren. Wir bauendeshalb in unserem neuen Sitz an derZürcher Bahnhofstrasse eine Art BusinessLounge. Da kann man einfach vorbeikom-men und sich mit anderen Anlegern odermit einem unserer Mitarbeiter austauschen.Bereits heute kommen an unseren jetzigenSitzen in Wallisellen und in Gland täglichKunden spontan vorbei.Damit die Kunden, die es wünschen, bei derKontoeröffnung physischen Kontakt mit unshaben, bieten wir ihnen auch an, ein Swiss-quote-Konto nicht online, sondern in jedemx-beliebigen Swisscom Shop zu eröffnen.Dieses Angebot wird regelmässig benützt,rund fünf Prozent der Kontoeröffnungengehen über diesen Weg. //

Foto: Cédric Widmer

forum1. emotionalität/rationalität

Marc Bürki: Unsere Kundenbeziehungen sindhauptsächlich online. Trotzdem ein persönliches oder gar emotionales Verhältnisaufzubauen, ist eine Herausforderung.

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08 ceo/forum

Martin Knoll ist seit 2003 CEO von McDo-nald’s Schweiz. 1976 eröffnete McDonald’ssein erstes Schweizer Restaurant in Genf.Heute ist das Unternehmen mit 144 Restau-rants schweizweit lokal verankert undbeschäftigt rund 6200 Mitarbeitende.

Die Ratio kommt ohne Emotionen nicht inBewegung, denn Emotionen sind positiveund wichtige Triebfedern. Die Ratio hilftjedoch, Gefühle zu kanalisieren und wennnötig zu kontrollieren. Speziell in unseremBusiness basiert der Erfolg auf dem einzel-nen Menschen. Sobald wir mit Menschenarbeiten, sind Emotionen immer im Spiel –ob wir wollen oder nicht. Deshalb müssenwir uns ihrer immer bewusst sein.Zwei Drittel des Erfolgs hängen davon ab,wie gut es gelingt, Menschen Energie zugeben und ihnen Ideen zu vermitteln. Ich binüberzeugt, das geht nur mit Emotionen.Eine meiner wesentlichen Aufgaben bestehtdarin, meinen Mitarbeitenden, Franchise-partnern und Lieferanten zu vermitteln,wohin die Reise geht und wie wir noch mehrErfolg haben können – oder einfach wie wirdie Freude am Geschäft pflegen. Dabeiachte ich darauf, immer authentisch zu sein.Denn wer nicht authentisch ist, wird sofortdurchschaut.Gerade in der Kundenbeziehung – undinsbesondere in der Gästebeziehung beiMcDonald’s – sind Authentizität undEmotionalität zentral. Das freundliche, offe-ne Lächeln ist ein wichtiger Pfeiler unseresErfolgs. Natürlich müssen die Produktefrisch, von höchster Qualität und in der rich-

tigen Art und Weise präsentiert sein. Aberder persönliche Kontakt zwischen Mit-arbeiter und Gast ist ganz, ganz wichtig. Mirbereitet es besondere Freude, wenn ichzufriedene Gäste und lachende Kinder inunseren Restaurants sehe. Dann spüre ich,dass meine Arbeit sinnvoll ist. Das stimmtauch für viele meiner Mitstreiter. McDo-nald’s ist eine sehr emotionale Marke –genau aus diesem Grund!Emotionen spielen auch im Dialog mit derÖffentlichkeit eine zentrale Rolle. BeimThema Nahrungsmittelsicherheit – Stich-wort BSE oder Vogelgrippe – ist die Diskus-sion von Angst getrieben. Angst ist not-wendig, um übertriebenen Mut zu zügeln,meist ist sie aber ein schlechter Ratgeber.Ein anderes stark gefühlsgeladenes Themaist das zunehmende Übergewicht in derGesellschaft. Es besteht die Gefahr, dassdie Nahrungsmittelindustrie zum alleinigenSündenbock für dieses Gesellschaftspro-blem gemacht wird. Es geht aber nicht nurdarum, was die Menschen essen, sondernvielmehr auch darum, wie sie leben unddass sie sich generell zu wenig bewegen.Daher muss das Problem Übergewicht vonverschiedenen Seiten in Angriff genommenwerden. Wir versuchen in der Diskussion klarzu-machen, dass es sich um ein gesellschaftli-ches Problem handelt. Andererseits über-nehmen wir unseren Teil der Verantwortung.Unsere Initiative «it’s what i eat and what ido … i’m lovin’ it» für einen ausgewogenenLebensstil stützt sich deshalb auf dreiSäulen: vielfältiges Angebot an Qualitäts-produkten, transparente Nährwertinformati-on sowie Motivation für ein aktives Lebenund mehr körperliche Betätigung im Alltag.

Meiner Meinung nach ist es zentral, dasswir uns mit der Kraft unserer Marke dafürengagieren, dass speziell junge MenschenFreude am Sport haben und sich mehrbewegen. Engagement für die grossengesellschaftlichen Themen unserer Zeit wirdin Zukunft für Unternehmen immer mehr anBedeutung gewinnen. Und diese Themensind praktisch immer emotionsgetrieben.Persönlich bin ich ein Mensch, der nichtgerne über Gefühle spricht. Wenn ich michüber etwas ärgere, dann kann ich dies rela-tiv gut kontrollieren. Ich bin kein Cholerikerund keiner, der herumschreit. Selbst wennich mich ärgere, kann ich eine Schleifeziehen und überlegen, ob ich selbst etwasfalsch gemacht habe. In der Regel schlafeich einmal darüber; so kühlt sich einiges abund danach kann man die Dinge konstrukti-ver angehen. Aber auch negative Emotionensind ein wichtiger Auslöser, – um Dinge zuverbessern und um Probleme zu adressie-ren.Das Spannungsfeld zwischen Ratio undEmotion ist meines Erachtens bei vielenManagern künstlich kreiert. Manager lassenwomöglich zu wenig Gefühle zu. Dahintersteckt wohl die Furcht, dass Emotionen als Schwäche ausgelegt werden könnten.Dabei gelingt die Umsetzung von Ideenbesser, wenn man authentisch ist undEmotionen zum Einsatz bringt. Schliesslichist es ganz selten, dass man Dinge alleinebewegt, in der Regel braucht man anderedazu. Und das geht nur mit Emotionen. //

Foto: Helmut Wachter

forum2. emotionalität/rationalität

Martin Knoll: Zwei Drittel des Erfolgs hängendavon ab, wie gut es gelingt, anderenMenschen Energie zu geben und ihnen Ideenzu vermitteln. Dies geht nur mit Emotionen.

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Dr. Miriam Meckel ist Professorin für Corpo-rate Communication an der Universität St. Gallen und Direktorin des Instituts fürMedien- und Kommunikationsmanagement.Ihr neuestes Buch «Das Glück der Uner-reichbarkeit – Wege aus der Kommunikati-onsfalle» ist soeben erschienen.

Kommunikation ist immer hochemotional.Das zeigt sich auch in der Unternehmens-kommunikation. Nicht selten werden da sachliche und fachliche Argumente vonemotionalen Einflüssen verändert oderverdrängt. Macht zum Beispiel der VRP aneiner Medienkonferenz eine unvorhergese-hene persönliche Bemerkung, steht das amFolgetag in der Zeitung – der gute Jahres-abschluss spielt dann unter Umständen garkeine Rolle mehr. Menschliche Emotionensind unverfügbar und unsteuerbar. Dasmacht sie spannender als Zahlen undFakten. Interessant ist, dass uns die Rolle derEmotionalität inzwischen auch in der Wirt-schaft so beschäftigt. Lange Zeit hat dieWissenschaft das Bild des Homo oecono-micus gepflegt. Es propagiert einenMenschentypus, der seine Handlungenallein auf der Basis der ihm vorliegendenInformationen rational ausrichtet und seineEntscheidungen nach ökonomischen Prinzi-pen zur Maximierung seines persönlichenNutzens trifft.Der amerikanische Wirtschaftswissenschaf-ter Herbert A. Simon brachte diese Theoriemit seiner spektakulären Erforschung derEntscheidungsprozesse in Wirtschaftsorga-

nisationen ins Wanken und erhielt dafür1978 den Nobelpreis. Die Quintessenz vonSimons Erkenntnissen ist: Ein Unternehmenkann seinen Profit nicht durch optimalesEntscheiden maximieren. Und der Menschkann es auch nicht. Er denkt gern, er handlerein rational, aber das geht gar nicht. ImNormalfall «maximieren» und optimieren wir nicht, sondern wir «satisfizieren» («tosatisfice» als Neologismus aus «satisfy» und«suffice»). Ein Beispiel: Der «Maximierer» führt beiEinstellung eines neuen Kadermitglieds mit25 Leuten Gespräche. Durch diesenaufwändigen Prozess will er sichergehen,die beste Wahl zu treffen. Nach langenEvaluationen und Abwägungen stellt erdann eine Person ein. Ein «Satisfizierer» ist in der gleichen Situati-on besser dran, denn er verlässt sich eherauf sein Bauchgefühl. Aber auch der Maxi-mierer entscheidet letztendlich emotional,denn die Fülle der Informationen ist für ihnrational nicht zu bewältigen. Zum Schlusslässt er sich – unbewusst – von seinenErfahrungen, seinen persönlichen Vorliebenund Abneigungen leiten. Aber er wird imNachhinein von Zweifeln geplagt, ob nichtvielleicht ein anderer Kandidat doch bessergeeignet gewesen wäre. Meistens sind die Maximierer den Satisfizie-rern unterlegen: Sie überfordern sich,werden unzufrieden mit ihren Entscheidun-gen und erzielen schlechtere Ergebnisse.Ich bin überzeugt, dass Emotionen im Berufund im Privatleben eine wichtige Rolle spielen. Sie reduzieren Komplexität, ermög-lichen es, im Einklang mit den eigenenEntscheidungen zu leben, und machenglücklich. Ich verlasse mich sehr oft auf

mein Bauchgefühl und habe gute Erfahrun-gen damit gemacht.Der bewusste Umgang mit den eigenenGefühlen und mit den Gefühlen von anderenMenschen ist heute eine sehr gefragteEigenschaft – auch und gerade im Manage-ment. Ein Auslöser für diese Entwicklungwar das Buch «Emotionale Intelligenz» desamerikanischen Psychologen Daniel Gole-man, das 1995 – zumindest in den USA –einen Paradigmenwechsel einläutete. Inamerikanischen Wirtschaftsseminaren misstman seither «weichen» Faktoren wie Emoti-on und Motivation in der Unternehmensfüh-rung eine immer grössere Bedeutung bei –während bei uns nach wie vor im Manage-ment oft allein Wert gelegt wird auf Strate-gie und Kontrolle. Die Rationalisten in denFührungsetagen sind der Meinung, manmüsse bloss genügend Fakten zusammen-tragen, um richtig entscheiden zu können.Ich bin überzeugt, es ist nahezu umgekehrt:Wir wissen oft intuitiv innerhalb von Sekun-denbruchteilen, wie wir entscheiden wollen.Und dann erst sammeln wir die nötigenArgumente, um die Entscheidung rational zu untermauern. Das bestätigt auch die empirischeForschung. Sie zeigt, zum Beispiel durchEinführung der Spieltheorie in die Ökono-mie, dass der rein rational abwägendeMensch nicht existiert. In diesem Sinnekönnen wir uns getrost vom Homo oecono-micus verabschieden. //

Foto: Andri Pol

forum3. emotionalität/rationalität

Professor Dr. Miriam Meckel: Emotionen reduzieren Komplexität, ermöglichen es, im Einklang mit den eigenen Entscheidungen zu leben, und machen glücklich.

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Samih Sawiris ist Vorsitzender der ägypti-schen Firma Orascom Hotels & Develop-ment, die u. a. Resorts und Hotelstädte imMittleren Osten baut. Sawiris plant in Andermatt ein luxuriöses Tourismusprojektmit fünf Hotels, Villen, Wellnessanlage und einem 18-Loch-Golfplatz.

Rationalität und Emotionalität sind für michwie die beiden Seiten einer Münze: etwasunterschiedlich in der Prägung, aber letztendlich gleichwertig. Man kann eineGeschäftsidee monatelang in ihre Einzelteilezerlegen, diskutieren und analysieren, jede Menge Berechnungen und Prognosenanstellen – und am Ende doch nichtausschliessen, dass es schiefgehen könnte.Andersherum zeigen zahlreiche Beispiele,dass die verrücktesten Ideen zu Welterfol-gen führen können. Wir Menschen aus dem Mittleren Ostenarbeiten vielleicht etwas langsamer als dieMenschen in Europa. Deshalb gilt für unseine einfache Grundregel: Wenn wir nichtvor den anderen in die Gänge kommen,können wir nicht gewinnen. Das heisst: Wirmüssen etwas im Voraus sehen, was ande-re nicht oder noch nicht sehen. MeinerMeinung nach ist die wichtigste Eigenschafteines guten Geschäftsmannes die Fähig-keit, in die Zukunft zu schauen, Potenzialezu erkennen, eine Idee zu haben und an siezu glauben. Und wenn man erst einmal aneine Idee glaubt, findet sich immer ein Weg,sie zu verwirklichen.Ich komme aus einer wohlhabenden Fami-lie, aber ich habe immer Spass daran

gehabt, Geld selber zu verdienen. Meineerste Marktlücke habe ich mit 24 entdeckt:Niemand in Ägypten baute Glasfiberboote,doch die Nachfrage seitens Polizei, Armeeund Hochseefischern war gross. Also bauteich Glasfiberboote. Unsere Firma lief glän-zend, wir waren die einzigen Hersteller undimmer ausgebucht. Als Konkurrenz kam,hörte ich auf. Mir ist es da, wo alle sind, zueng, das Gerangel um die besten Plätzeliegt mir nicht.Jetzt bin ich seit 17 Jahren in der Touris-musbranche. Eine sehr emotionale Branche,denn es geht um Menschen, ihre Wünsche,ihre Hoffnungen, ihre Träume. Mein Grund-satz lautet, immer alles zu tun, um alleglücklich zu machen: diejenigen Leute, diean einem touristischen Ort zu Hause sind, wie auch die Gäste, die zu Besuchkommen. Nehmen wir unser VorzeigeprojektEl Gouna am Roten Meer. Wir hätten die Möglichkeit gehabt, ein Resort in denbekannten Ferienorten Hurghada oderSharm el-Sheikh zu erstellen. Stattdessenhaben wir eine eigene Stadt gebaut, nachunseren Vorstellungen von schöner Archi-tektur und umfassendem Komfort. Heuteleben und arbeiten Tausende von Leutendort, Touristen und Einheimische fühlen sichwohl, die Menschen kaufen Häuser undinvestieren. Nüchtern betrachtet war davorher nur ein ödes Stück Wüste. Wir habeneine Traumdestination daraus gemacht.Die Entscheidung für oder gegen eineInvestition ist bei mir «brain» oder «nobrain». Bei einer «brain»-Entscheidungwäge ich Minus- und Pluspunkte gegenei-nander ab, überlege mir, ob die Risikenwomöglich grösser sind als die Erfolgs-chancen. Bei einer «no brain»-Entscheidungstimmen für mich einfach alle Faktoren,

da muss ich gar nicht überlegen! Andermattwar eine «no brain»-Entscheidung. Ich habeden Ort gesehen und gewusst: Hier will ichein Resort bauen. Und ich bin sicher, allewerden davon profitieren!Ein grosses touristisches Projekt wie Ander-matt läuft in verschiedenen Phasen ab. Erstdie Emotionen und die Begeisterung; manträumt, wie alles sein könnte, man plant,fabuliert, fantasiert. Dann kommen dieAnhörungen mit allen Beteiligten. Behörden,Bevölkerung, Armee, Naturschutz – allegeben ihre Inputs und die Architekten arbei-ten daran, diese mit unseren Vorstellungenzu vereinbaren. Dann folgt die Phase der Ernüchterung: Was all diese Wünschekosten! Natürlich wäre es schön, dieKantonsstrasse unterirdisch zu führen unddarüber eine grosse Wiese anzusähen. Aber25 Millionen dafür ausgeben? Da muss mansich wohl oder übel der Realität beugen.Vertrauen kann man nur aufbauen, indemman mit allen Beteiligten einen permanen-ten Dialog führt. Dies hat zur Folge, dassman flexibel sein, Kompromisse machenund wenn nötig neue Wege suchen muss.Dadurch wächst ein Projekt organisch, unddas gefällt mir. Viele Investoren werden insolch komplizierten Prozessen nervös, weilsie zu schnell Profit sehen möchten. Wirkönnen es uns leisten, in Zeitspannen von10 bis 15 Jahren zu denken. Ich spieleungern auf gleichem Niveau mit anderen,denn ich bin ein schlechter Verlierer. Bei jedem Rennen brauche ich einenVorsprung, sonst laufe ich nicht mit. //

Foto: Markus Bertschi

forum4. emotionalität/rationalität

Samih Sawiris: Die wichtigste Eigenschaft istdie Fähigkeit, in die Zukunft zu schauen,Potenziale zu erkennen, eine Idee zu habenund an sie zu glauben.

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dossier

Innova

14 ceo/innovation

Über die Transformation von Ideen in Wert.

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tion

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16 ceo/innovation

Text: Bernhard RaosFotos: Roth und Schmid

Ist der Mensch der geborene Innovator?Eine Antwort auf diese Frage sucht Profes-sor Dr. Carel van Schaik, Direktor amAnthropologischen Institut der UniversitätZürich, bei unseren nächsten Verwandten,den Menschenaffen. Van Schaiks These:«Affen meiden Neuerungen, jedenfalls solange wie möglich.» Dass dies bei unsMenschen anders ist, führt er auf innovati-ves, soziales Lernen zurück. Diese kulturelleEvolution sei der Schlüssel für die Entwick-lung vom Affen zum Menschen.Eine Beobachtung auf Sumatra stützt dieseVermutung: Dort observierte der Anthropo-

loge wild lebende Orang-Utans. DiesePrimaten sind bekannt dafür, dass sie zwarin Gefangenschaft mit Werkzeugen umge-hen können, nicht aber in freier Wildbahn.Van Schaik und sein Team sahen jedoch,wie eine Gruppe Affen mit Holzstöckchendie Samen einer speziellen Frucht heraus-brachen. Diese Samen sind durch Haaregeschützt, die bei Berührung starkeSchmerzen verursachen. Bei benachbartenPopulationen von Orang-Utans blieb dieFrucht denn auch unberührt. Dafür gibt eslaut van Schaik nur eine Erklärung: Einer derAffen müsse diese Technik erfunden undweitergegeben haben – nicht genetisch,sondern durch soziales Lernen. Orang-Utans sind zwar in der Regel Einzelgänger,verbringen sie aber Zeit miteinander,können sie voneinander lernen – so bleiben

Innovationen erhalten. Übertragen auf denHomo sapiens: Wie Menschen interagieren,beeinflusst ihre Innovationskultur. Um sichweiterentwickeln zu können, braucht esdiesen Feedbackprozess. Geändert haben sich in unseren virtuellenZeiten nur die Mittel, nicht das Prinzip.Heute wird die fortschreitende Vernetzungzum Motor der Entwicklung. Ein gutesBeispiel dafür ist der sogenannte «Innova-tion-Jam» beim Dienstleistungs- und Tech-nologiekonzern IBM: Weltweit wurden viaInternet 46 000 Ideen von Mitarbeitern undKunden zusammengetragen. Zu den einzel-nen Vorschlägen entstanden rege Blogs:«Einer hatte die Idee, und andere äussernsich dazu», beschreibt Daniel Rüthemann,Country General Manager von IBM Schweiz,den Prozess (siehe auch Seite 20). In einerzweiten Phase wurden aus der Fülle dereingegangenen und kommentierten Ideendie erfolgversprechendsten Innovationenherausgefiltert, die nun zu Projektentwürfenverfeinert und in Geschäftsprozesse umge-setzt werden. «Wahre Innovation zielt aufden Nutzen, sowohl für Kunden als auch fürdie eigene Organisation», sagt Rüthemann.Ideen allein genügen nicht.

Nur Erfolg am Markt zählt«Innovation um der Innovation willen ist nur Künstlern und Akademikern erlaubt. Ineinem Unternehmen geht es darum, diestrategischen Ziele zu erreichen. Innovationist Transformation von Neuheit in Wert.»Dies sagt Michael Schrage, Innovations-experte am Massachusetts Institute ofTechnology (MIT). Im Magazin «GDI Impuls»(Herbst 2007) räumt Schrage mit einigenMythen rund ums Innovieren auf:Erstens dem Mythos der «guten Ideen»: EinUnternehmen braucht laut Schrage keineguten Ideen, um innovativ zu sein. GuteIdeen würden massiv überschätzt. Zweitensdem Mythos der «findigen Köpfe»: KeinUnternehmen müsse Spezialisten anstellen,um innovativ zu sein. Es mangle nie an Menschen mit Ideen. Innovative Leuteeinzustellen, um innovativer zu werden, seiZeit- und Geldverschwendung. Und drittens

26 Schweizer Unternehmen figurierenunter den 1000 Firmen, die weltweit ammeisten in Forschung und Entwicklunginvestieren. Eine beachtliche Zahl fürein kleines Land – und ein Zeichen fürInnovation. Innovation ist der Schlüsselfür Wachstum. Aber: Innovieren ver-langt Disziplin. Und je nach Branche ein starkes Gespür für die Trends. Letztlich aber ist die einzig richtige Definition von Innovation der Erfolg amMarkt. Innovation ist nicht, was dieInnovatoren anbieten, sondern, was die Kunden annehmen.

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dem Mythos «Kundenbefragung»: Die Idee,man müsse «den Kunden zuhören», sei eineVerschwendung von Ressourcen. Firmensollten stattdessen ihre Kunden besserbeobachten, denn häufig stimmten derenÄusserungen nicht mit dem Handeln über-ein.Letztlich ist die einzig richtige Definition vonInnovation der Erfolg am Markt. Innovation– so Schrage – sei nicht, was «die Inno-vatoren anbieten, sondern was die Kundenannehmen». Er verweist aufs BeispielHandy. Die meisten Handytelefonierer nütz-ten nicht einmal 20 Prozent der Möglich-keiten ihres Geräts. Trotzdem würden Handyhersteller als sehr innovativ gelten:«Sie bringen jedes Jahr Modelle mit nochmehr Features auf den Markt, die vonimmer weniger Kunden genutzt werden.Was wir wirklich brauchen, sind Innovatio-nen, die einen Mehrwert für den Nutzer bringen.»

In Forschung und Entwicklung investierenLaut Statistik verbucht die kleine Schweizeine beachtliche Anzahl an Patenten – einIndikator für Innovationspotenzial. Sowohlbezüglich der Anzahl Patente pro Kopf alsauch der Anzahl Patente pro Forschungs-million ist unser Land führend. 2006 melde-te die Schweiz 3400 internationale Patentean, nur 500 weniger als beispielsweise dieneue Wirtschaftsmacht China. Allerdingslegen andere Länder wie Deutschland oderFinnland stärker zu. Laut der letzten KOF-Innovationserhebung,2005 im Auftrag des Staatssekretariats fürWirtschaft SECO erstellt, ist die Innovati-onsleistung der Schweizer Wirtschaft seit1997 stabil, aber auf tieferem Niveau alsnoch zu Beginn der 90er Jahre.Immerhin figurieren 26 Schweizer Unterneh-men unter den 1000 Firmen, die weltweitam meisten in Forschung und Entwicklunginvestieren – eine beachtliche Zahl für einkleines Land wie die Schweiz. Dies schlägtsich auch in der wirtschaftlichen Erfolgsbi-lanz unseres Landes nieder: Nur 0,1 Prozentder Weltbevölkerung lebt zwischen dem

Genfer- und dem Bodensee, dennocherwirtschaften die Eidgenossen 0,8 Prozentdes weltweiten Volkseinkommens. FürJean-Paulclozel, CEO der BiopharmafirmaActelion in Allschwil BL, bietet die Schweiznach wie vor beste Voraussetzungen fürInnovation: «Wir haben in der Region Baseleinen Pharmacluster mit Grossunternehmenund anderen Biotechfirmen. Zudem sind die ETH in Zürich und Lausanne internatio-nal führend.» Das hilft bei Rekrutierungender Fachleute. Actelion beschäftigt Mitar-beitende aus 40 Nationen. Mit Tracleer hatman ein Medikament gegen Bluthochdruckin der Lungenarterie entwickelt, das bereitsheute einen Milliardenumsatz bringt (sieheauch Seite 23). Ein Viertel seiner Erträgesteckt Actelion in Forschung und Entwick-lung – selbst im internationalen Vergleich einsehr hoher Anteil.

Die richtigen Fragen stellenWelche Rolle haben Chefs im Innovations-prozess? Laut MIT-Experte Schrage geht es letztlich darum, dem Credo des Invest-mentgurus Warren Buffett nachzuleben:«Sie müssen einen Dollar für 50 Centkaufen.» Urs Kaufmann, CEO des Verbin-dungstechnik-Konzerns Huber+Suhner,rechnet anders: Wichtig sei eine Balancezwischen neuen Technologien, Produktent-wicklungen und Produktverbesserungen:«Während Letztere rasch Geld bringen, weilsie den Lebenszyklus eines Produkts ver-längern, brauchen Entwicklungen und neueTechnologien einen mittel- bis langfristigenHorizont.» Auch für Kaufmann ist der Markt die Mess-latte (siehe auch Seite 18). Seine Aufgabesei es, im Team mit internen und externenExperten die richtigen Fragen zu stellen:«Welches Kundenbedürfnis decken wir ab,wie gross ist der Markt, verfügen wir überden richtigen Vertriebskanal?» Innovierenverlange Disziplin. Und je nach Branche einstarkes Gespür für die Trends. Dirk Trappmann, Chef der Kosmetikfirma LaPrairie Group mit Sitz in Zürich, sieht fürsein Unternehmen in der stetigen Zunahmeder älteren Bevölkerungsschicht einensolchen Wachstumstreiber. Mit La Prairieverkauft er vor allem Emotionen, denn diemenschliche Haut altert: «Wir können die

Optik beeinflussen und den Alterungspro-zess um fünf bis zehn Jahre verlangsamen»,sagt er. Das deckt sich mit dem Bedürfnisder Zielgruppe. Den Teint seiner solventenKundschaft und den Zeitgeist trifft La Prairiezurzeit mit «Pure Gold Serum», einem Haut-pflegeserum mit feinsten Mikrokügelchenaus 24 Karat Gold. Eine ideale Mischungaus Mystik, Lifestyle und Hochwertigkeit –immerhin haben schon die alten Chinesenauf die Heilkraft des Goldes geschworen.«Kein anderes unserer Produkte hat sichbisher so rasch am Markt etabliert», freutsich Trappmann. 354 Millionen CHF setztedie La Prairie Group im vergangenen Jahrum.Innovation ist der Schlüssel für Wachstum.Ganz besonders für Unternehmen, derenKerngeschäft unter Druck gerät. Wie zumBeispiel bei Swisscom. Im Bereich Sprach-kommunikation erodieren die Preise, dasTelecomunternehmen hat allein im letztenJahr eine halbe Milliarde CHF Umsatzeingebüsst. «Wenn ein dominantes Produktpreisseitig derart stark einbricht, braucht eswahrscheinlich 30 bis 40 neue Produkte, umdies zu kompensieren», sagt CEO CarstenSchloter. Sein Unternehmen wird zur Inno-vation getrieben – in einem Markt, in demheute niemand sagen kann, wie die Zukunftaussehen wird (siehe auch Seite 28). Diesverlangt den Mut zum Risiko und einenkreativen Umgang mit möglichen Lösungen.Und dabei ergeben sich durchaus Parallelenzu unseren Urahnen. Als diese vor zweiMillionen Jahren wegen einer dramatischenKlimaveränderung die Regenwälder verlies-sen und in die Savannen zogen, probiertensie verschiedene Überlebensstrategien aus.Sie gebrauchten neue Werkzeuge, jagten inGruppen und verteidigten sich gemeinsamgegen Raubtiere. Sonst wären sie ausge-storben.

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Voll verbunden.Huber+Suhner mit Sitz in Pfäffikon und Herisau ist Global Playerfür elektrische und optische Verbin-dungstechnik. Der Technologiekonzernhält sein Innovationstempo hoch.

Auf den ersten Blick wirkt die riesige Halle am Dorfrand von Pfäffi-kon ZH wie ein grosser Websaal. Ausgangsmaterial ist allerdingsnicht Garn, sondern reinstes Kupfer. Die tonnenschweren Draht-rollen mit 8 Millimeter Durchmesser werden hier zu Kabeln vonunterschiedlicher Stärke gezogen, die dünnsten messen gerademal 0,12 Millimeter. Was im Kabelwerk des Verbindungstechnik-KonzernsHuber+Suhner (H+S) nach mehrstufiger Veredelung schliesslichaufgerollt zum Versand bereitliegt, sind Spezialitäten. Massenwareliefern andere. «Dünnwandige, bestens isolierte Kabel sind für unsmatchentscheidend», erklärt CEO Urs Kaufmann im Sitzungszim-mer der Firmenzentrale mit prächtigem Blick auf den Pfäffikersee.So werden beispielsweise in jedem Auto 2000 bis 3000 MeterKabel verlegt. Für H+S sind davon nur 30 Meter interessant – injenem Bereich, wo immer mehr Informationen auf engstem Raumim gleichen Kabelstrang gebündelt werden, etwa über den Reifen-druck oder die Distanz zum Auto davor. Je ausgetüftelter die Bordelektronik und je höher die Anforderung an die Vernetzung,desto besser für den Kabelprimus.

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Isoliert wird durch ein selber entwickeltes Verfahren, das soge-nannte Strahlenvernetzen. Dabei werden die Kabel mit Elektronen-strahlen beschossen und temperaturbeständig gemacht. Dasverdichtete Material schmilzt nicht mehr. Davon profitiert auch dieboomende Solarsparte von H+S, wie der zuständige Produktmana-ger Max Göldi mit viel Herzblut darlegt. Am Modell eines Solar-panels zeigt er «sein Baby» – ein Steuerungselement mit halogen-freien Kabeln, das die Sonnenenergie vom Panel weiterleitet: «Wirliefern die gesamte Anschlusstechnik.» Das Modul muss extremeTemperaturunterschiede aushalten und soll 20 bis 30 Jahre halten.

Abhängigkeit reduzierenZwei Beispiele von vielen, wie H+S seine Basistechnologien an die konkreten Kundenbedürfnisse anpasst. «Wir sind in vielenMärkten und Nischen tätig, um unsere Abhängigkeiten von denüblichen Zyklen zu reduzieren. Wir fokussieren dabei aufanspruchsvolle Anwendungen, wo wir uns differenzieren können»,erklärt der Firmenchef. Der ETH-Ingenieur mit Zusatzausbildungam IMD weiss, wovon er redet. Als er 2002 den Vorsitz derKonzernleitung übernahm, wurde von ihm der Turnaround erwartet.

H+S war durch die Krise der Telecombranche zuvor in arge Turbulenzen geraten. Kaufmann diversifizierte erfolgreich in denBereichen elektrische und optische Verbindungstechnik. Schon2003 schrieb man wieder schwarze Zahlen. Das Unternehmen mit rund 3400 Mitarbeitenden weltweit undeinem Umsatz von 655,2 Millionen CHF (2006) entwickelt, produ-ziert und verkauft Komponenten – Koaxial- und Fiberoptikkabel,Antennen, Stecker – sowie Systemlösungen. Neben den bereitserwähnten Anwendungen sind dies beispielsweise Blitzschutzkom-ponenten für Antennenanlagen und Kommunikationsnetzwerke,hochtemperaturbeständige Kabel für den Bahnverkehr oderkundenspezifische Lösungen für Prüf- und Messgeräte, Luft- undRaumfahrt sowie Medizinaltechnik. Einer der Wachstumstreiber ist – so Kaufmann – der «ungestillteHunger nach immer mehr Bandbreite im Kommunikationsmarkt».H+S hat hier gleich mehrere Eisen im Feuer und liefert Produkte fürdie Mobilnetze der zweiten bis vierten Generation. Ein Trend istFiber to the Home, wo man Lösungen für die Verkabelungen und

ZAHLEN UND FAKTEN

Die börsenkotierte Huber+Suhner-Gruppeist mit 17 Tochtergesellschaften und Vertre-tungen in über 60 Ländern präsent. Ab 2008wird der Konzern in drei Divisionen geglie-dert sein: Hochfrequenz, Niederfrequenzund Fiberoptik. Produziert wird in derSchweiz in Pfäffikon ZH und in Herisau AR,im Ausland in Polen, China, Malaysia undBrasilien. Mitte Jahr beschäftigte das Unter-nehmen 3386 Mitarbeitende, davon knappdie Hälfte in der Schweiz. 2006 lag derNettoumsatz bei 655,2 Millionen CHF, derKonzerngewinn betrug 70,4 Millionen CHF.

www.hubersuhner.com

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Urs Kaufmann

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Herr Rüthemann, gibt man auf der IBM-Homepage den Begriff Innovation ein,liefert das System 14 216 Einträge. EineInflation – helfen Sie uns bitte bei derInterpretation.Innovation bedeutet die Veränderung vonbereits Bestehendem – einem Produkt,einer Dienstleistung oder einem Geschäfts-prozess – zu mehr Relevanz und Effektivitätfür ein Unternehmen oder die Gesellschaft.Oder: wie sich eine gute Idee in ein anderesGeschäftsfeld übertragen lässt. Die Erfin-dung von etwas Neuem, das es bisher nichtgab, ist eine Invention.

Können Sie ein konkretes Beispiel fürInnovation geben?Nehmen wir «Pay as you drive». Dankmobilfunkgestützter Datenübertragung ausder Blackbox eines Fahrzeugs ist es heute möglich, die individuellen Fahrkostengenauer zu erfassen. Dies ermöglicht auch verursacher- und benutzergerechtere Versicherungsprämien. Wir übertragendamit ein System, das wir von den Wasser-oder Stromrechnungen her kennen, auf den Bereich Motorfahrzeugversicherung.

«Wir bauen täglich um.»Das Unternehmen habe deshalb erfolg-reich überlebt, weil sich IBM ständigverändere, sagt Daniel Rüthemann,Country General Manager Schweiz. Ersieht Innovation als Wachstumstreiberund Lebensversicherung.

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das Fasermanagement von der Verteilzentrale bis ins Haus liefert.Das ermöglicht Telefonieren, digitales Fernsehen und Online-Gamenüber das gleiche Netz. Im Nahbereich bis zu 800 Metern bewältigtH+S den Datenstrom bereits kabellos über einen 60-Gigaherz-Link:1500 A4-Seiten pro Sekunde können übertragen werden, also derInhalt eines dicken Buchs. Da setze man neue Standards, freut sichKaufmann: «Diese Technologie beherrscht zurzeit sonst niemand.» Solche Innovationen sind gut fürs Geschäft und fürs Image. Siestammen aus der eigenen F+E-Abteilung. Getestet wird dort zurzeitunter anderem eine Miniantenne, die in einen Chip von knappeinem Quadratzentimeter Grösse integriert ist. Dieser Winzling sollein System in der Grösse einer Computerfestplatte ersetzen.

Vorsprung haltenDie kreativen Köpfe bei H+S haben keinen Freibrief. Der Zulieferermuss seinen Technologieradar richtig einstellen, um für dieKundenbedürfnisse parat zu sein. Eine Herausforderung. Denn «dieZahl der zur Verfügung stehenden Optionen nimmt zu, während die Nutzungsdauer einer Technologie abnimmt», erklärt Kaufmann.Es gehe darum, die berühmte Nasenlänge Vorsprung zu halten. Der Innovationsprozess läuft strukturiert. So gibt es im Intraneteinen Link, wo jeder Mitarbeiter seine Ideen platzieren kann. DerUnternehmensbereich nimmt dann eine erste Beurteilung vor. Vierteljährlich trifft sich ein Gremium mit internen und externenExperten, darunter ETH-Professoren, um das ganze Entwicklungs-portfolio zu durchforsten. Dabei gehe es um eine Balance zwischen neuen Technologien,Produktentwicklungen und Produktverbesserungen, sagt Kauf-mann. Während Letztere rasch Geld bringen, weil sie den Lebens-zyklus eines Produkts verlängern, braucht es für Entwicklungeneinen mittelfristigen Horizont. Neue Technologien hingegen bedeu-ten einen Quantensprung und bedingen meist langen Atem. Dortsind sowohl Chancen als auch Risiken am grössten. Bevor innoviert wird, muss die Marktsicht abgeklärt werden.Welches Kundenbedürfnis deckt man ab, wie gross ist der Marktund verfügt man für den Marktzugang über den nötigen Vertriebs-kanal? Der CEO von H+S sieht seine «Aufgabe darin, die richtigenFragen zu stellen. Wenn ein Chef in einem Unternehmen unsererGrösse selber alle Ideen einbringt, ist die Gefahr gross, dass manan seinen Hobbys arbeitet.» Auch bei neuen Technologien ist man diszipliniert. Es wird einemögliche erste Anwendung definiert. Von dieser Vision aus schafftman dann in die Breite und sucht nach weiteren Anwendungen inanderen Geschäftsbereichen. Der Innovationsprozess endet auchmal vor dem Ziel. Für Kaufmann die schwierigste Herausforderung,wenn eine laufende Entwicklung gestoppt werden muss: «Wirsetzen uns Budgets, zeitlich und finanziell. Haben wir das Poten-zial falsch beurteilt oder entwickelt sich der Markt anders, wäreWeitermachen fatal.» Das Unternehmen ist in den letzten beiden Jahren zweistelliggewachsen. Und während etwa der Mobilfunkmarkt im erstenHalbjahr 2007 stagnierte, konnte man bei hochmargigen Industrie-anwendungen stark zulegen. Wie geht es weiter? Weil H+S börsenkotiert ist, bleibt der Firmenchef vorsichtig: «Wir sehen auch für 2008 gute Chancen auf weiteres Wachstum.»

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ZUR PERSON

Der Zürcher Daniel Rüthemann, 48, ist seit2006 Landeschef von IBM Schweiz. DerBetriebsökonom HWV und Absolvent derSwiss Banking School stieg intern dieKarriereleiter hoch: von der Verkaufsorgani-sation über das IBM-Bankenlösungsge-schäft, die Leitung des GeschäftsbereichsGlobal Service Delivery in Frankfurt bis zurLeitung des Geschäftsbereichs Banken derIBM Schweiz, wo er schliesslich für dieKundenbeziehung einer Schweizer Gross-bank weltweit verantwortlich war.

Muss Innovation immer auch einenNutzen haben?In unserem kommerziellen Umfeld ist dasso. Wenn Innovation unseren Kundenkeinen Nutzen bringt, ist sie für uns nichtrelevant.

Bevor Sie Chef bei IBM Schweiz wurden,waren Sie vor allem im Bankenumfeldtätig. Kann ein Konzern wie IBM vonBanken in Sachen Innovation noch etwaslernen?Banken haben beispielsweise sehr früh dasInternet ins Geschäftsmodell integriert und so einen 7-mal-24-Stunden-Kanal zumKunden geöffnet. Damit wird Arbeit vomBackoffice zu den Kunden verlagert, diebeispielsweise Zahlungsaufträge selbererfassen. Banken haben sich auch sehr früh

internationalisiert, globalisiert und auf dieOne-Company-Strategie gesetzt. IBM führtsein Unternehmen ja auch global und integriert. Einige wesentliche Impulse dazukamen von den Banken.

Dennoch wollen zahlreiche Kunden denpersönlichen Kontakt am Schalter…Das stimmt. Die Banken haben einenzusätzlichen Kanal geschaffen, ohne einenbestehenden zu schliessen. Noch brauchtes diesen konventionellen Kanal, weil viele Kunden keinen Computer nutzen. Aberin ein, zwei Generationen sieht das wahr-scheinlich ganz anders aus.

Ist Ihrer Meinung nach ein Unternehmenper se innovativ – oder nur der Notgehorchend?In der Informatikindustrie laufen die Zyklenbesonders schnell ab. Die Veränderungs-bereitschaft in unserem Unternehmen istsehr gross, vielleicht grösser als bei vielenFirmen anderer Branchen. Aber letztlichdefiniert die Veränderungsfähigkeit unserUnternehmen. IBM hat alle Zyklen überlebt.Jeder Schock, jede neue Technologiewurde in das Businessmodell integriert. Daswissen auch unsere Mitarbeitenden: Wirstehen für Veränderung und ziehen Leutean, die veränderungsfähig sind.

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Daniel Rüthemann

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Ist dies Wunschdenken oder Wirklich-keit?So erlebe ich es. Wer in einem klar struktu-rierten Umfeld tätig sein will, wo sichmöglichst wenig verändert, der kommt nichtzu IBM. Wir bauen unser Unternehmentäglich um. Ich glaube, es ist etwas zutiefstMenschliches, dieses Streben nach wasBesserem, nach mehr Erkenntnissen. Natür-lich muss dieser Prozess ausbalanciert sein. Wenn Sie permanent auf allen Ebenenverändern, dann erschöpfen sie die Leute.

Glauben Sie, dass innovative Geschäfts-modelle in Zukunft immer mehr zu einemstrategischen Unterscheidungsmerkmalwerden?Wir haben schon vor Jahren unsere Liefe-rantenstruktur angepasst und die Prozessefür alle 170 Ländergesellschaften standardi-siert – von der Beschaffung von Kugel-schreibern bis zu Finanzmitteln. So konntenwir Milliarden einsparen. Ein anderesBeispiel: Wie interagieren wir mit unserenKunden? Je nach Markt arbeiten wir miteigenständigen Geschäftspartnern, die mituns zusammen Marktdienstleistungenerbringen. So können wir als global tätigesUnternehmen auch lokale Kunden bedie-nen. Grossunternehmen bedienen wirdirekt.

Lassen sich alle guten Lösungen inner-halb des Unternehmens finden oder sindGeschäftspartner und Kunden ebensowichtige Innovationstreiber?Der Kunde will selten exakt unser Produktoder unsere Dienstleistung, und er willmöglichst kurzfristig einkaufen und sichnicht binden. Wie können wir da unserestandardisierten Modelle zur Masskonfek-tion beim Kunden umfunktionieren? Bei der

Suche nach Antworten entstehen tragfähigeLösungen, die für uns auch kommerziali-sierbar sind. Kunden helfen uns also, unsereAngebote marktfähig zu machen.

Dazu passt wohl auch Ihr globales,unternehmensweites Online-Brainstor-ming für Mitarbeiter und Kunden. Dersogenannte «Innovation Jam» hat bisher46 000 Ideen generiert. Wie finden Sie dadie Nadeln im Heuhaufen? Die technische Antwort ist einfach – mitHilfe von Datamining. Daraus liess sich eine Hitliste ableiten, wo viel Interaktionzwischen den Ideenlieferanten stattfand.Einer hatte die Idee, und andere äussertensich dazu. Eine Art Ideenblog.

Rechnet sich das auch kommerziell?IBM hat einen gut dotierten Innovationspreisausgesetzt für zehn Topideen, die für unserUnternehmen im weitesten Sinn einenBeitrag leisten. Es gibt beispielsweise einProjekt, um zwischen Mandarin undEnglisch zu übersetzen. Ein weiteres Projektprüft, wie wir die gleiche Computerleistungmit weniger Energie erbringen können. Ob es sich rechnet, dazu sind Aussagennoch nicht möglich.

Sind innovative Leute auch genügendkommunikativ? Innovatoren gelten oft alsEigenbrötler. Unser «Jam» hat den Charme, dass Leutemit Ideen mit andern kommunizieren. Im Dialog wurden diese Ideen im wahrstenSinn des Wortes raffiniert: Es gab Diskus-sionen darüber, wie plausibel und nutzbardie Vorschläge sind. Wir haben im Intranetauch sogenannte «Think Places» eingerich-tet, wo Mitarbeiter ständig ihre Ideen regis-trieren und kommunizieren können – einfachund schnell. Man kann aber nicht aufKnopfdruck innovativ sein. Damit steht oftdas operative Tagesgeschäft im Wettstreit.

IBM setzt auf virtuell agierende globaleProjektgruppen. Ist das effektiv? Die beste Kommunikation für die Genera-tion, der ich angehöre, ist sicher der per-sönliche Kontakt. Wir stellen aber fest, dassdie Generation der 18- bis 30-Jährigen

bereits ganz anders kommuniziert. Wenn siegamen, dann sitzen ihre Mitspieler in ande-ren Kontinenten. Sie nehmen an «virtual-parties» teil. Global virtuell zu interagierenist für sie alltäglich.

Bei IBM gilt seit 1999 die Zeitsouveränitätder Mitarbeitenden. Und das ohnePräsenzkontrolle. Wie bewährt sichdieses Modell? Es setzt voraus, dass Sie Vertrauen in IhreMitarbeiter haben. Wir machen gute Erfah-rungen. Die Mitarbeitenden können ihreLebenszeit optimieren und müssen nichtalles um ihre Präsenzzeiten beim Arbeitge-ber herum planen. Dies ist auch ein Grund,warum viele Leute gerne für IBM arbeiten.Unser Kontrollmechanismus sind die Resul-tate, und da merken wir keinen Leistungs-abfall.

Werfen wir noch einen Blick in dieZukunft. Wo steht Ihr Unternehmen infünf Jahren?Die Konzentration auf den Dienstleistungs-bereich wird sich weiter verstärken. Dabeiwerden wir vom Komponentengeschäft fürunsere Kunden immer stärker in Prozessehineinwachsen. Wir werden beispielsweisefür Kunden das Personalwesen oder auchden Einkauf führen, damit diese sich aufsKerngeschäft konzentrieren können. VieleGeschäftsprozesse lassen sich global stan-dardisieren.

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Medizinischer Bedarf alsMesslatte.Das Biopharmaunternehmen Actelion ist eine Erfolgsstory. Ehrgeizige Ziele, Teamgeist und offene Türen schaffen ein innovatives Klima.

«Als namhafte Aktionäre könnten Sie ihre millionenschweren Antei-le verkaufen und sich an den Strand legen.» Diese Bemerkung löstbei den Führungsleuten von Actelion allgemeine Heiterkeit aus.Strandleben komme in seinem persönlichen Ranking ziemlich weithinten, meint CEO Jean-Paul Clozel: «Das wäre für mich ein Verlustan Lebensqualität.» Auch seine Ehefrau Martine, Leiterin präklini-sche Pharmakologie bei Actelion, sieht im süssen Nichtstun keineAlternative: «Wir entwickeln hier Medikamente, die TausendenPatienten helfen. Es gibt nichts Erfüllenderes.» Und auch WalterFischli und Thomas Weller, die Leiter Molekularbiologie & Biochemieund Chemie, wollen «lieber die Firma weiterbringen».Den Auftritt im Team versteht CEO Clozel, kürzlich zum «Entrepre-neur of the Year» gekürt, als klare Ansage: «Ohne die hier Anwe-senden und noch ein paar Leute mehr würde es Actelion nichtgeben. Kein noch so guter Chef kann allein Medikamente entwi-ckeln.» An der Börse war Actelion Mitte November mit 6,7 Milliar-den CHF bewertet. Die Gründer und rund ein Dutzend ihrer Weg-gefährten sowie Mitarbeiter halten 11,5 Prozent am Unternehmen.

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ZAHLEN UND FAKTEN

Das biopharmazeutische Unternehmen mit Hauptsitz in Allschwil wurde vor zehnJahren gegründet, beschäftigt gut 1500Mitarbeitende und vertreibt seine Medi-kamente weltweit durch eigene Niederlas-sungen. 2006 betrug der Umsatz 1,2 Milliar-den CHF. Erfolgreichstes Medikament istTracleer, ein Mittel gegen Bluthochdruck in der Lungenarterie. Zwei weitere Medi-kamente sind bereits zugelassen und generieren Einnahmen; zehn Wirkstoffewerden zurzeit in klinischen Studienerprobt. Actelion ist seit 2000 börsenkotiert.

www.actelion.com

für das Team: «Um unsere Vision umzusetzen, mussten wir Unter-nehmer werden.» Und sichere, gut dotierte Stellen aufgeben. Stattdessen begann der Kampf ums Geld. Roche war nicht bereit,sich zu beteiligen. Gleichwohl schloss man mit den Actelion-Grün-dern einen Vertrag ab: Sie durften ihre Entdeckung mitnehmen. Mit der Verpflichtung, im Erfolgsfall an Roche Lizenzgebühren zubezahlen. Im Nachhinein ein cleverer Schachzug, der dem Pharma-riesen nun jährlich einen hohen zweistelligen Millionenbetrageinbringt.Die Start-up-Unternehmer mussten zuvor viel Überzeugungsarbeitleisten und ihre persönlichen Ersparnisse investieren. 1997 hatteman endlich die nötigen Millionen zusammen. Damals konnte dasTeam noch kein marktreifes Produkt vorweisen. Doch das Risikohat sich gelohnt: Der neuartige Wirkstoff bestand alle klinischenTests, wurde unter der Handelsbezeichnung Tracleer auf den Marktgebracht und hievte Actelion in Rekordzeit in die Gewinnzone.2007 wird das Unternehmen allein mit Tracleer über eine MilliardeCHF umsetzen – das Medikament hilft gegen Bluthochdruck imLungenkreislauf.

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Zur Selbständigkeit getriebenDiese Unternehmenskultur resultiert aus der noch jungen Firmen-geschichte von Actelion: Die meisten Gründer – ausgebildete Ärzteund Biochemiker – kannten sich aus der Herz-Kreislauf-Forschungbei der Pharmafirma Roche. Martine Clozel stiess dann 1987 aufwissenschaftliche Ergebnisse aus einem Test mit Schweinezellen,die das ganze Team elektrisierten – ein Sekret, das eine gefässver-engende Wirkung besitzt: «Ich wollte herausfinden, ob sich soKrankheiten wie Herzschwäche oder bestimmte Formen von Blut-hochdruck erklären und bekämpfen lassen.» In der Folge entwi-ckelten das Ehepaar Clozel und Fischli mit ihrem Team einen Wirk-stoff, der diese gefässverengende Substanz blockierte. Doch als es darum ging, das Medikament klinisch an Menschen zutesten, stoppte Roche 1996 das Projekt. Eine Riesenenttäuschung

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Dr. Jean-Paul Clozel

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Erträge investierenWas man mit Tracleer verdient, wird grösstenteils in den Ausbaudes Unternehmens und die Forschungspipeline investiert. ZehnProdukte stehen in der klinischen Prüfung, fünf davon bis Ende2007 in der sogenannten Phase III – also vor den letzten Patienten-tests.Optische Visitenkarte ist das neue Forschungszentrum in Allschwil– ein imposanter Bau mit einladendem, künstlerisch gestaltetemEntree, das sich über eine Glasfront nach aussen öffnet. Die Laborsund Büros auf technisch neuestem Stand sind um einen grossenInnenhof angeordnet und lichtdurchflutet. Auf jedem Stockwerkgibt es Stehpulte, Sitzecken und Kaffeeautomaten – Kontakteuntereinander sind ausdrücklich erwünscht.«Es ist ein Gebäude von Wissenschaftlern für Wissenschaftler, dasständige Interaktion und damit Innovationen fördert. Dies ist einwichtiger Teil unserer Firmenkultur», sagt Walter Fischli, dessenHandschrift der Bau vor allem trägt. Und blickt man zum Fenster

hinaus, sieht man eine Grossbaustelle: Hier entsteht das neueBusiness Center, geplant von den Basler Architekten Herzog & de Meuron. Actelion baut an seiner Zukunft. «Das wird kein Denk-mal», sagt Jean-Paul Clozel. «Aber wir wollen neue Produktelancieren. Dafür suchen wir die besten Leute, die mehr Platz undein anre-gendes Umfeld brauchen.» Nicht unbescheiden reklamierter die «Weltmeister» für seine Crew. Aktuell beschäftigt Actelionüber 1500 Mitarbeitende, meist Fachleute, aus 40 verschiedenenNationen. Bei Rekrutierungen hilft nicht nur der eigene gute Ruf,sondern der Basler Pharmacluster mit Grossfirmen und anderenBiotechunternehmen. Innovationen würden Actelion antreiben und nicht Marketing, heisst es in einer Firmenbroschüre. Der Chef präzisiert: «AmAnfang stehen immer der Patient und sein Leiden. Deshalb ent-wickeln wir Produkte. Wir können gar nichts vermarkten, wenn wirkein innovatives Produkt haben.» Selbstverständlich sei gutesMarketing dann aber ein Schlüssel zum kommerziellen Erfolg.Womit Clozel elegant den Bogen zum grössten Hoffnungsträgeraus der Actelion-Produktepipeline schlägt: «Nehmen Sie unserneuartiges Schlafmittel Almorexant. Da müssen Sie den Patientenerklären, wie Schlaf funktioniert und wie das Medikament wirkt. Wir Wissenschaftler brauchen dazu Übersetzer.»

Mit klarem Ziel forschenDas neue Schlafmittel – es reguliert den Wach-Schlaf-Rhythmus –wurde bereits erfolgreich an 147 Patienten getestet. Die Probandenkonnten rascher ein- und länger durchschlafen. Die sogenannteREM-Schlafperiode wurde ebenfalls verlängert. Diese ist wichtig fürdie Erholung. Und der Brummschädel, eine typische Nebenwirkungherkömmlicher Schlafmittel, blieb aus. In grossen klinischen Testsmit unterschiedlicher Dosierung muss das «Sandmännchen» ausden Actelion-Labors nun seine positiven Eigenschaften bestätigen.Das dauert noch drei Jahre. Wenn sich die Erwartungen erfüllen,hätte man neben Tracleer einen weiteren Blockbuster mit einemUmsatzpotenzial von über einer Milliarde. Allein in den USA leiden80 Millionen Menschen an Schlaflosigkeit. Darüber hinaus erprobt man Mittel gegen Autoimmun- und Infekti-onskrankheiten sowie Erkrankungen des zentralen Nervensystems.Actelion hält so mehrere Bälle in der Luft, um längerfristig erfolg-reich und unabhängig zu sein. Man habe kürzere Entscheidungs-wege als grosse Pharmakonzerne, heisst es. Und: Kleine, schlankeOrganisationen setzten mehr Innovationskraft frei. Ist man nicht versucht, zu rasch zu grosse Hoffnungen zu wecken?«Wir publizieren nur Daten, die sich wissenschaftlich belegenlassen,» erklärt Martine Clozel. Geforscht wird nicht ins Blauehinein. Actelion konzentriert sich auf Medikamente in Bereichen mithohem medizinischem Bedarf. «Sie müssen den Patienten nützen.»Die Latte liegt hoch: Von zehn Wirkstoffen in der Forschung schafftes einer zum Medikament und selbst nach ersten erfolgverspre-chenden Patiententests liegt die Ausfallquote noch bei 50 Prozent.Das schreckt die Börsenanalysten mehr als die Actelion-Leute.

Dr. Walter Fischli, Dr. Martine Clozel, Dr. Thomas Weller

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Weltweit erfolgreich mit demKlick.Schalter und Tastaturen funktionierenals Bindeglied vom Menschen zur Maschine. Der globale NischenplayerEAO hat seinen Innovations-prozess zur Herstellung immer clevererProdukte stark systematisiert.

Wer am Jungfraujoch oder in Shanghai die Bahntüre öffnet, denTicketknopf in der Tiefgarage drückt, den persönlichen Codeirgendwo auf der Welt am Geldautomaten eintippt oder im Autoden Sitzgurt einklinkt, betätigt – wenn der Schalter bei Berührungklickt – vielleicht ein Produkt der Firma EAO. Die Marke nimmt manallerdings nicht wahr, denn der Firmenname steht auf dem für denBenutzer nicht sichtbaren Innenteil des Schaltersystems. Kurt Loosli, CEO der Firma mit Hauptsitz in Olten, hört den Begriff«Schalter» allerdings nicht gerne. Viel lieber spricht er von Human-Machine Interfaces (HMI), sogenannten Mensch-Maschine-Produk-ten: «Unsere Lösungen liefern dem Benutzer ein taktiles Feedback.Sie erhalten damit die Meldung, dass Sie gedrückt haben.» Das gilt nicht nur für Bahn und Bustüren, sondern auch für die Bedien-einheiten an Hebebühnen, Kränen und Förderbändern. Auch dorterwartet der Bediener eine taktile und akustische Rückmeldung.Meist leuchten die Tasten dazu noch optisch auf. Das HMI-Innenleben zeigt Loosli Besuchern in seinem Büro, da ist

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ZAHLEN UND FAKTEN

Die EAO Holding AG wurde 1947 als Familienunternehmen in Olten gegründet.Der führende Hersteller für Schalter- und Tastaturlösungen (HMI) in den BereichenPersonen- und Gütertransport, Maschinen-bau, Multimedia-Terminals, professionelleAudio-Video-Anwendungen und Steue-rungsapplikationen produziert an vierStandorten in Olten, Auerbach (D), Ozoir (F)und in China . Die EAO operiert über einglobales Vertriebsnetz mit 12 Verkaufs-gesellschaften und 38 Agenturen. Die Firmabeschäftigt rund 650 Mitarbeitende und wird 2007 einen Umsatz von gut 145 Millio-nen CHF erzielen. Seit 2001 führt Kurt Loosli, Sohn des gleichnamigen Firmen-gründers, das Unternehmen in der zweitenGeneration.

www.eao.com

der Physiker mit ETH-Abschluss und MBA-Diplom ganz in seinemElement. Hinter der sichtbaren Oberfläche von Leuchttasten,Leuchtmeldern, Not-Aus-Schaltern, Tastenfeldern und Keyboardssteckt das Herz des Systems, das sicherstellt, dass die Tür imTram, die Sicherheitsgurtanzeige im Auto oder das Videomischpultim Fernsehstudio auch funktionieren.

Höchste QualitätsstandardsDie EAO liefert sowohl Komponenten als auch ganze Systeme. 95 Prozent werden exportiert. Die Liste der Referenzkunden liestsich wie ein Who’s who der grossen Marken: General Electrics,Philips, Siemens, Bombardier, Bosch, Alstom, Japan Railways,Sumitomo, Tetrapak, VW, SBB, Marconi und viele mehr. Einerdieser Kunden führt während unseres Besuchs gerade eine Quali-tätsprüfung in der Montagehalle der EAO durch. Was Loosli nicht nervös macht: «Wir kontrollieren ständig unsere Produkte und Prozesse; sie erfüllen höchste Qualitätsstandards.» Ein defektes HMI-System blockiert nicht nur den Ausstieg aus demBahnwaggon oder verhindert den Geldbezug am Automaten, es

kann auch ganze Produktionsstrassen in der Maschinenindustrielahmlegen. Die EAO haftet und garantiert für ihre Systeme.Austauschaktionen von grösseren Serien wären für die KMUverheerend. Deshalb schaut man bei EAO genau hin. In einemPrüflabor werden schadhafte Einzelteile untersucht. Unter demMikroskop zeigt sich da beispielsweise, dass eine Drahtverbindungim Anschlussbereich eines Schalters nicht sauber verlötet wurde.Das Problem ist identifiziert, und der Prozess wird nun angepasst.Bevor ein neues Produkt an Kunden ausgeliefert wird, muss esseine Robustheit und Alltagstauglichkeit beweisen. Zum Beispielder Türöffner eines Trams: Millionen von Klicks, unsanftes Betäti-gen, grosse Temperaturunterschiede, Feuchte und Nässe. Völligvandalensicher ist nichts, aber allzu empfindlich darf der Schalterauch nicht reagieren.

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Kurt Loosli

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«Innovation heisst, denMarkt aktiv gestalten.»Swisscom-CEO Carsten Schloterüber Kommunikation, Konkurrenz,Kundenverhalten und die Notwendig-keit, Wetten einzugehen.

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Die EAO funktioniert als virtuelle Fabrik. «Wir machen die Innovatio-nen und den Verkauf, alles andere ist outgesourct», erklärt Loosli.Die Einzelteile werden von Zulieferern bezogen – gespritzt,gestanzt und entsprechend bearbeitet. In Olten und an den ande-ren Produktionsstandorten in Deutschland, Frankreich und China wird montiert und die Qualität sichergestellt. So funktioniertdie EAO seit ihrer Gründung vor 60 Jahren.

Innovationen planenDer Innovationsprozess ist standardisiert. Alle Mitarbeitenden sindaufgefordert, Produkteideen und Verbesserungsvorschläge aufeinem Formular («Product Request») einzutragen. Diese Vorschlägewerden beim Meeting des Innovationsteams, das sich alle 14 Tagetrifft, eingespeist. Dort werden mögliche Innovationen vorange-trieben. Sind die definierten Voraussetzungen zu 80 Prozent erfüllt,wird aus der Idee ein Prototyp. Wenn auch dort die technischenund wirtschaftlichen Eckpunkte stimmen, kommt es zum Produkt-antrag. Zurzeit sind es 27 Konzepte, die weiterverfolgt werden. Einneues HMI-Produkt zu entwickeln, kostet die EAO durchschnittlicheine Million CHF. Eine Innovation, von der sich die EAO viel erhofft, ist zum Beispieleine neuartige Haltewunsch-Taste für Busse. Das heute verwende-te Massenprodukt wird von Billiganbietern aus Fernost vertrieben.Grösster Kostenfaktor ist dabei nicht die Taste, sondern die ganzeVerkabelung. Deshalb arbeitet die EAO an einem kabellosen Schalter, der dann auch etwas mehr kosten darf. Nun wollte aber der Bushersteller weder ein System über Bluetooth (möglicher Elektrosmog) noch mit Batterien (zu hoher Unterhaltsaufwand). Die Lösung ist ein autarkes System, das durch die Betätigung derTaste genügend Energie in einer Zelle speichert, um das Signalabzusetzen. Die EAO steht da nach eigenen Angaben knapp vordem Durchbruch.«Geld war bei Neuentwicklungen bisher nie ein Hinderungsgrund.Wir können alles aus unseren Erträgen finanzieren. Ich verantworteden strategischen Entscheid», sagt Loosli. Innovatoren zu mana-gen, sei dabei nicht immer einfach. Es gebe Mitarbeiter mit hoherFachkompetenz, die sich mit ihrer manchmal eigensinnigen Artselbst im Wege stünden. Erfolgreiche Innovationen seien hingegenTeamleistungen. Die Eigenbrötler würden immer seltener. Die EAO leistet sich an jedem ihrer vier Standorte eine eigeneForschungs- und Entwicklungsabteilung. Das hört sich ineffizientan. «Ist es nicht!», sagt Loosli. Die Standorte seien durch Akquisi-tionen und Aufbau dazugekommen. Jeder Standort wurde auf eineigenes Sortiment ausgerichtet. Zum Teil entwickelt man Produkteauch gemeinsam. Der Innovationsprozess funktioniert standort-übergreifend und bindet Mitarbeitende und Kunden mit ein. VomWerk in China aus wird der lokale Markt mit lokalen Produktenabgedeckt. Die EAO floriert. 2006 und 2007 liegt das Wachstum über 10Prozent. «Wir sind Zykliker. Geht es der Maschinenindustrie gut,haben auch wir volle Auftragsbücher», erklärt Loosli. Und er istauch für 2008 optimistisch. Dann soll die EAO erstmals 150 Millio-nen CHF umsetzen.

Innovation ist der Schlüssel für Wachstum.Und Wachstum bedeutet nicht ein Plus alsVorzeichen vor dem Umsatz. Wenn zumBeispiel der Markt, in dem man sichbewegt, um 10 Prozent wächst und daseigene Unternehmen nur um 2 Prozent,dann ist man nicht gewachsen. Wachstumheisst für mich, einen Anteil im Markt zugewinnen, und dies bei überdurchschnitt-licher Rentabilität. Das Kerngeschäft von Swisscom unterliegteiner massiven Preiserosion. 2006 haben wirzum Beispiel von 10 Milliarden CHF Umsatzrund 500 Millionen nur durch Preiserosionverloren. Dies färbt – speziell in einem Unter-nehmen mit hohen Fixkosten wie Swisscom– direkt auf das Ergebnis ab: Es fehlen 500 Millionen und damit 5 Prozent desUmsatzes. Das sind rund 25 Prozent desCashflows. Nun stellt sich die Frage, wie viel Innovationskraft es braucht, um dieseUmsatz- und Preiserosion zu kompensieren. Wenn wir die verschiedenen Produktebetrachten, die Swisscom lancieren kann,dann gibt es nicht ein einziges Neuprodukt,das jemals das Umsatzvolumen der Sprach-kommunikation einnehmen wird. Dorterodieren die Preise aber am stärksten.Wenn ein Schlüsselbereich derart starkverliert, braucht es wahrscheinlich 30 bis 40neue Produkte, um diese Entwicklung aufder Umsatzseite zu kompensieren. Und dasbedeutet dann noch nicht, dass auch dieCashflow-Seite kompensiert ist. Deshalb istInnovation essenziell für ein Unternehmenwie die Swisscom.Innovation heisst für mich zunächst einmal,dass ein Unternehmen seinen Markt aktivgestaltet. Man darf bei Neuerungen nicht alsNachahmer dastehen, sondern muss die

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ZUR PERSON

Der Deutsche Carsten Schloter studierte in Paris Betriebswirtschaft und starteteseine Karriere bei Mercedes-Benz France.Der Wechsel in die Telecomindustrie erfolgte 1993 bei der neugegründeten debi-tel France und anschliessend bei debitelDeutschland. Seit 2000 ist Carsten Schloterfür die Swisscom tätig. Dort leitete er dieMobilfunksparte, bevor er, nach dem Rücktritt von Jens Alder, die Führung desKonzerns übernahm. Swisscom verzeichnet4,9 Millionen Mobilfunkkunden und rund 5,3 Millionen Festnetzanschlüsse. Gegen20 000 Mitarbeitende erarbeiteten in den ersten neun Monaten des Jahres 2007einen Umsatz von 8,1 Milliarden CHF.

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Trends setzen. Ein wichtiger Faktor für Inno-vation sind die sich entwickelnden Kunden-bedürfnisse. Nehmen wir einen Teenager,der heute zwischen den verschiedenenKommunikationsformen – Festnetz, Mobile,E-Mail, Chat, sonstigen Community-Plattfor-men – hin und her wechselt. Verglichen mitder Zeit vor zehn Jahren, ist dies eine gravie-rende Veränderung. Daraus leitet sich nundie Frage ab, wie die Zukunft aussehen wird. Keiner kann heute sagen, wie das Kommuni-kationsverhalten in zehn Jahren sein wird.Und wenn man wartet, bis man Gewissheithat, ist man verloren. Denn dann ist einemjemand zuvorgekommen und hat gesagt:«Ich wette darauf, dass es so aussehenwird. Ich weiss es nicht sicher, aber ichwette darauf.» Und er stellt Mittel undRessourcen zur Verfügung, um Produkte fürdieses angenommene Bedürfnis zu entwi-

ckeln. Das heisst, man muss Wetten einge-hen und damit ein hohes Risiko. Auf welcheTechnologie soll man wetten, auf welcheProdukte, auf welche Dienste? Aber: Werkeine Wetten eingeht, ist nicht in der Lage,den Markt zu gestalten. Als die mobile Datenübertragungstechno-logie kam, haben wir uns gefragt: «Glaubenwir daran, dass die Bandbreite auf diesenoder auf jenen Geräten stattfindet?» Und wirsind eine Wette eingegangen, haben mitHerstellern geredet und Geräte entwickelt –und damit einen internationalen Innovations-preis gewonnen. Als wir den Liberty-Tariflancierten, war das ein schwieriger Ent-scheid. Der Kunde zahlte vorher brav proMinute. Dann kam ein Marketingtyp undsagte: «Wir verrechnen nur noch pro Anruf.Warum? Weil es für den Kunden viel trans-parenter ist, weil er, noch bevor er zum Tele-

fon greift, weiss, wie viel es ihn kosten wird.»Da haben wir gesagt: «Das machen wir.» Eswar eine Wette in vielerlei Hinsicht. Akzep-tiert der Kunde das? Erzeugt es einen Pull-effekt im Markt? Erlaubt es uns, Marktanteilezu gewinnen? Führt es zu einem anderenAnrufverhalten? Wir wussten es nicht. Nureines war klar: Es bedeutete Mindereinnah-men. Das war das einzig Sichere. Aber es hat funktioniert. 18 Monate späterhaben alle unsere Mitbewerber solche Tarifeangeboten. Was ich damit sagen möchte:Die Kommunikationsbranche verändert sichsehr schnell. Und wer nicht bereit ist, Wetteneinzugehen, wird überhaupt nie in die Lagekommen, den Markt zu gestalten. Es gibt übrigens auch Wetten, mit denen wir vollkommen danebenlagen. Aber das ist ein Preis, den wir für Innovation bezahlenmüssen.

Carsten Schloter

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Besticken und betören.Mit feinen Stickereien auf Dessous lässtsich profitabel geschäften. Das zeigt dieSt. Galler Union AG. Innovationensind für die Firma überlebenswichtig.

Ein hauchzartes Nichts, verziert mit lindgrünen Blumenmustern,lässt Christof Leemann durch seine Finger gleiten. Es ist ein Musterfür ein Büstenhalter-Körbchen aus der nächsten Winterkollektion.Der Inhaber des Stickereiunternehmens Union AG in St. Gallen istsichtlich stolz auf sein Produkt: «Dank modernster Lasertechnikkönnen wir verschiedene transparente Stoffe in klar geschnittenenBlattformen übereinanderschichten und besticken.» In dieser Branche überleben im Hochlohnland Schweiz nur dieInnovativsten. Leemann produziert in St. Gallen HunderttausendeMeter Dessousstickerei auf einer hochleistungsfähigen Lasercut-Maschine, die er schon vor zwei Jahren als Testkunde von Saurerin Betrieb nahm. Damit kann die Union AG Qualitäten in einerMenge liefern, die sonst unbezahlbar wären. Produziert wird drei-schichtig im Dauerbetrieb. So stimmt auch die Marge. Die Lasercut-Maschine wird nun weltweit verkauft, und bald sticktsie in Fernost. Das weiss auch der Union-Chef: «In der Schweizpositionieren wir uns als Boutique für Spezialitäten. Dank niedrigerKapitalkosten bleiben wir mit hochproduktiven Anlagen wettbe-

Christof Leemann

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Schweiz 40 700 Personen. Aktuell sind es noch 16 100 im Heimat-land – aber 110 000 Mitarbeitende im Ausland. Bei Union ist dasVerhältnis 80 zu 320.Innovation ist für Leemann das Blut im Kreislauf seiner Firma. Obeine Kollektion erfolgreich ist, hängt für ihn von drei Faktoren ab:dem Design, der Kolorierung und der technischen Umsetzung. DerKunde schaue heute stärker als früher auf die Farbgebung und das prächtigste Design nütze nichts, wenn es nicht sauber gesticktwerde. Um den richtigen Geist im Haus zu wecken, hat Leemannein einfaches Credo: «Sie müssen sich als Chef häufiger in derDesignabteilung als in der Buchhaltung sehen lassen.» Alle Designssind made by Union. «Wir haben deshalb gut überlebt, weil unserCluster einzigartig ist. Wir haben hier die weltbesten Maschinen-hersteller, die wichtigsten Lieferanten für transparente Stoffe,spezialisierte Färbereien, flexible Lohnsticker und die Fachhoch-schulen.» Noch halte diese Kette. Der Union-Besitzer hofft,möglichst lange. Gleichzeitig denkt er ökonomisch: Um seineFirmen in China entsteht ebenfalls ein Stickerei-Cluster. //

werbsfähig.» In drei, vier Jahren brauche es aber den nächstenSchub. Denn unterdessen kommt Qualität auch aus Fernost. Unteranderem aus zwei Union-Stickereiwerken in China, wo man schon seit 15 Jahren am Markt ist und «europäisch» operiert. Mitmodernstem Maschinenpark und hohem Qualitätsanspruch: «Wirsind Öko-Tex-zertifiziert. Stellen Sie sich vor, Blei im BH – das wäreder Supergau.» Kunden wie Marks & Spencer oder Triumph über-zeugen sich vor Ort. Das gefällt Leemann: «Solange die Ansprüchehoch sind, bleiben wir der richtige Partner. Für Billigproduktionbraucht es uns nicht.»

Der Markt bestimmt den TaktAuf dem Pult im Schauraum des Union-Gebäudes liegt ein Album.Es zeigt die ganz junge englische Königin mit Stickereien aus demHause Union. Damals blühte hier die Branche. Heute gibt es hierneben der Union nur noch einen Sticker – und die Betriebe gehenzu den Kunden. Die Union-Firmen in China sind deshalb entstan-den, weil Grosskunden ihre Produktion dorthin verlagerten. DieZahlen für die gesamte Textilbranche verdeutlichen dies: Die Textil-und Bekleidungsbereiche beschäftigten vor 15 Jahren in der

ZAHLEN UND FAKTEN

Die Union AG, 1759 als Leinwandwebereigegründet, gehört seit 1978 der GebrüderLeemann Holding. Die beiden Besitzer, dieBrüder Thomas und Christof Leemann,haben nun die Zuständigkeiten neu geord-net und die Firmenstruktur angepasst. DerStickereibereich mit Firmen in der Schweiz,Österreich, China und einem Joint Venturein der Türkei wird von Christof geführt,Thomas kümmert sich vor allem um dieImmobilien. Das Unternehmen veröffentlichtweder Umsatz- noch Gewinnzahlen. Nur so viel: Alle Investitionen erfolgen aus denErträgen. Die Union AG ist auf hochwertigeStickereien für Dessous spezialisiert undbeliefert u.a. Topmarken wie Sara Lee,Victoria’s Secret, Triumph, Felina, Chantelle,Marks & Spencer oder Marie Jo. Die Grup-pe beschäftigt rund 400 Mitarbeitende.

www.union-ag.ch

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00 ceo/pwc spektrum00 ceo/32 ceo/pwc spektrum

ceo3/07. pwc spektrum

Verantwortungsvolle Unternehmensführung: Auf die Umsetzung kommt es an. Seite 33

Investieren in Russland: Gewusst wie! Seite 36

Interview: Galina Naumenko, «Russia and CIS Desk» in Moskau. Seite 37

Private Equity: Stärkt den Standort Schweiz. Seite 38

Wirtschaftskriminalität: Kultur kommt vor Kontrolle. Seite 40

Service: Events, Publikationen und Analysen. Seite 43

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Ist verantwortungsvolle Unternehmensfüh-rung eine Zeiterscheinung, die dem Zykluseiner jeden Mode unterliegt? Sind die zahl-reichen Publikationen zu Responsible Lea-dership, unternehmerischem Nachhaltig-keitsmanagement und verwandten Themeneine jener Wellen, die regelmässig dieManagementliteratur überschwemmen?Oder ist verantwortungsvolle Unterneh-mensführung tatsächlich ein Ansatz, überden sich CEO und Verwaltungsräte Gedan-ken machen müssen?Um Antworten auf diese Fragen zu finden,sollten zunächst der Begriff «verantwor-tungsvolle Unternehmensführung» und seinenglisches Synonym «Responsible Leader-ship» abgegrenzt werden. Bekannt wurdeder Begriff, als die European Foundation ofManagement Development (EFMD) im Jahr2004 die Globally Responsible LeadershipInitiative (GRLI) ins Leben rief. Deren Ziel ist, dass die Unternehmensführer weltweitverantwortlich handeln. Unterstützt wird die Initiative vom Global Compact, jenerUN-Initiative aus dem Jahr 2000, welche die Unternehmen aufruft, sich freiwillig zurEinhaltung zehn elementarer Prinzipien in

den Bereichen Menschenrechte, Arbeit,Umwelt und Korruptionsbekämpfung zubekennen. Unternehmen, so lautet dieBotschaft, sollen «good corporate citizens»,gute Unternehmensbürger, sein.

Hohe Erwartungen an die WirtschaftDie Initiativen reflektieren die hohen Erwar-tungen der Gesellschaft an die Wirtschaft;sie tragen aber auch einer WirklichkeitRechnung, in der Unternehmen nicht alsisolierte Einheiten betrachtet werdenkönnen; das sind sie nur im rechtlichenSinne. Unternehmen prägen die Volks-wirtschaft und die Gesellschaft in allenLändern, in denen sie tätig sind. Die Verant-wortung des Unternehmens hört nicht anden Mauern von Fabriken und Verwaltungs-gebäuden auf; in einer arbeitsteiligen Wirt-schaft erstreckt sie sich z.B. auch auf dieBeschaffungskette, gleichgültig, ob diese im Heimmarkt oder in Schwellenländernbeginnt. Unternehmen nutzen Ressourcen,die ihnen die Gesellschaft und die Natur zur Verfügung stellen und mit denen esverantwortungsvoll umzugehen gilt.An dieser Stelle kommt ein weiterer Begriffins Spiel, jener der Nachhaltigkeit: Unter-nehmen sollen nachhaltig wirtschaften,zumal in einer Zeit, die einerseits von Klima-wandel und knappen natürlichen Ressour-cen, andererseits durch die vermehrteNutzung von Humanressourcen in Schwel-lenländern geprägt ist. Die vielzitierte «TripleBottom Line», auch sie basiert auf einerDefinition der UNO (Brundtland-Kommission1987), umschreibt die drei Dimensionen

der Nachhaltigkeit: die ökonomische, diesoziale und die ökologische. Nachhaltigkeit und Responsible Leadership hängen eng zusammen: Beide basieren auf demKonzept der gesellschaftlichen Verantwor-tung. Beiden liegt aber auch ein einfachesund bewährtes unternehmerisches Prinzipzugrunde, nämlich dass ein Unternehmen,um langfristig am Markt erfolgreich zu sein,sämtliche Ressourcen professionell bewirt-schaften muss – also auch nichtfinanzielleRessourcen wie etwa das Vertrauenskapital.

Grenzen der VerantwortungDie einem solch umfassenden Verantwor-tungsbegriff innewohnenden Handlungs-anweisungen aber stossen auch an dieGrenzen der betrieblichen Realität. Die ersteresultiert aus dem Grundauftrag, den jedesUnternehmen erfüllen muss: der Schaffungvon ökonomischem Wert für die Eigentümerund die Mitarbeiter – eine Verantwortung mitunmittelbarer Wirkung auf die Prosperitätder Volkswirtschaft(en). Aus diesem Blick-winkel betrachtet, gibt es für ein Unter-nehmen ja immer nur eine Bottom Line: diewirtschaftliche. Sich darauf zu beschränkenist indes zu kurz gegriffen. Vernachlässigtoder ignoriert ein Unternehmen die sozialeund die ökologische Dimension seinesHandelns, nimmt die ökonomische über

FührungVerantwortungReputation

Prof. Dr. Edgar Fluri, Präsident des Verwaltungsrates

Verantwortungsvolle Unternehmensführung:Auf die Umsetzung kommt es an.Die Verantwortung der Unternehmen und der Unternehmensführung hat in Zeitender Globalisierung und der starken wirtschaftlichen Vernetzung eine neue Dimension gewonnen. Verantwortungsvolle Unternehmensführung setzt nicht nur einen hohen ethischen Anspruch an die Führungsqualität voraus, sondern stellt auch hohe Anforderungen an die organisatorische Verankerung.

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kurz oder lang Schaden: Arbeitnehmerwerden unzufrieden, Lieferanten- undKundenbeziehungen geraten in Gefahr, dieReputation leidet. Die zweite Grenze liegt in der Schwierigkeitder Umsetzung. CEO und Verwaltungs-räte können von der Sinnhaftigkeit einerResponsible Leadership noch so überzeugtsein, doch wenn dieses Bekenntnis nicht in der Strategie, den Strukturen und Prozes-sen verankert ist, lässt sich verantwortungs-volle Unternehmensführung im betriebli-chen Alltag nicht realisieren. Die Einsicht indie Notwendigkeit verantwortungsvollenHandelns resultiert zwar letztlich aus dem,was man als «gesunden Menschenver-stand» bezeichnet. Wer unternehmerischhandelt, übernimmt im gleichen Zuge dieVerantwortung für das ihm anvertraute Kapi-tal, für die Mitarbeiter und für die Ressour-cen, die in den Produktionsprozess einflies-sen. Wie aber lässt sich sicherstellen, dassdas, was der gesunde Menschenverstandsagt, in der Praxis auch umgesetzt wird?

Reputation als WettbewerbsvorteilEine mangelhafte Umsetzung zeigt sichdann am krassesten, wenn es zum Krisen-fall kommt. Ist der Vermögensverlust, dieUmweltkatastrophe oder der Bestechungs-fall eingetreten, hat die Begrenzung desSchadens, vor allem des Imageschadens,höchste Priorität. Unternehmen, die wegen solcher Vorkommnisse ins Visier der Öffentlichkeit und der Regulatoren gelan-gen, sind nicht alle per se schlecht geführt.Meist aber sind sie durch die Art ihrerGeschäftstätigkeit und/oder ihre internatio-nale Ausrichtung sehr exponiert und damitanfällig für Unregelmässigkeiten. Leistungs-orientierte Führung beinhaltet ambitiöseZielsetzungen, und um diese zu erreichen,mag im Hinblick auf eine kurzfristig aus-gelegte Zielerreichung bisweilen die Versu-chung locken, Regeln der Compliance zu missachten. Gelingen kann dies aber nur,wenn die Corporate Governance und dieKontrollsysteme versagen. Ein Unternehmen, das sich in einer solchenSituation wiederfindet, scheut in der Regelweder Kosten noch Mühe, um Strukturenund Prozesse so zu reorganisieren, dass einWiederholungsfall ausgeschlossen ist.

Empfehlenswerter ist ein anderes Szenario:Unternehmen, die – ohne dass es zu einemVorfall gekommen wäre – überlegen, ob sie ihre Organisation langfristiger auf eineverantwortungsvolle Führung hin ausrichtensollen. In der Praxis ist es aber oft nichteinfach, den Reputationsgewinn, der sichauch in stabilen Kundenbeziehungen unddem Commitment der Mitarbeiter nieder-schlägt, den hohen Investitionen gegenüber-zustellen. Trotzdem tätigen viele Unterneh-men diese Investitionen, denn sie betrach-ten einen guten Ruf als Wettbewerbsvorteil.

Verankerung in der OrganisationDie Implementierung der Responsible Lea-dership in der gesamten Organisation stellteine Herausforderung dar, deren Komplexi-tät und Zeithorizont nicht zu unterschätzensind. Als Prämisse (und an dieser Stellenicht weiter vertieft) werden die Integritätund der ethische Anspruch der Personenauf oberster Führungsebene gesetzt. Dies

Unternehmens-werte

Code ofConduct

Richtlinien,Regelwerke

Ausbildungs-programme

Detaillierungsgrad

Geltungsbereich

Die Implementierung der verantwortungsvollen Unternehmensführung

Unternehmenswerte und Verhaltenskodex haben generelle Gültigkeit. Der Detaillierungsgrad nimmt nachdem Top-down-Prinzip zu.

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und das Bekenntnis zu einer verantwor-tungsvollen Unternehmensführung voraus-gesetzt, erstreckt sich die Umsetzung übervier Stufen:

• Am Anfang steht die Definition der Unter-nehmenswerte. Sie bestimmen die Unter-nehmenskultur und den «tone at the top».Unternehmenswerte repräsentieren dieIdentität des Unternehmens; sie spiegelndie Verhaltensweisen und das, wofür dasUnternehmen einsteht. Werte sind keineLippenbekenntnisse, sondern müssen vonder gesamten Organisation getragen undvon all ihren Mitgliedern verinnerlicht sein.

• Im zweiten Schritt werden die Unterneh-menswerte in einen Verhaltenskodex (Codeof Conduct) übersetzt. Dieser Kodex mussmit der angestrebten Kultur, aber auch mitder Strategie des Unternehmens in Einklangstehen. Nur so ist die Glaubwürdigkeit nachinnen und nach aussen gewährleistet. Fürdie Unternehmensführung heisst dies, dasssie bei allen strategischen Entscheidungenganz bewusst die Frage nach der Verant-wortung stellen muss.

• Ein Code of Conduct beinhaltet allgemei-ne Verhaltensrichtlinien, Leitlinien, die auch bedeutsam für die Bewusstseinsbil-dung sind. In Alltagssituationen aber bietet ein Verhaltenskodex nur begrenztEntscheidungshilfe. Deshalb bedarf es im dritten Schritt konkreter Richtlinien undRegelungen. Diese können den Umgang mit Geschenken ebenso betreffen wieVorschriften zum Energie- und Papierver-brauch, zur Kundenakquisition oder zumUmgang mit Lieferanten.

• Im vierten Schritt schliesslich gilt es, dasinterne Regelwerk mit Leben zu erfüllen. Die Führungsstrukturen, das Risikomanage-ment, das interne Kontroll- und Incentive-system müssen mit den angestrebten Zielenin Einklang gebracht werden. Mit spezifi-schen Ausbildungsprogrammen sollte dasUnternehmen sicherstellen, dass die Mitar-beiter den Zusammenhang zwischen ihremeigenen Verhalten und dem Interesse desUnternehmens verstehen. Zudem sollte eseine Stelle geben, die Mitarbeitern unterWahrung der Vertraulichkeit Hilfestellung inKonfliktsituationen bietet.

Die Glaubwürdigkeit der Responsible Lea-dership basiert auf der Konsistenz desVerhaltens, der Übereinstimmung zwischen

Bekenntnis und Handlung, zwischen Wahr-nehmung und Wirklichkeit. Über die institu-tionelle Verankerung hinaus bedarf verant-wortungsvolle Unternehmensführung auchder Rechenschaftsablage (accountability).Ohne Transparenz, Wahrhaftigkeit und offenen Dialog ist der Vertrauensbildung derBoden entzogen. Vertrauen aber ist dieBasis für den wirtschaftlichen Erfolg.Diese Einsicht an sich ist Grund genug, dieVerantwortung als wesentliche Führungs-komponente zu betrachten. Hinzu kommtdie regulatorische Seite: Compliance,ursprünglich als die strikte Einhaltung vonGesetzen definiert, geht heute über denrechtlichen Aspekt hinaus. Einhaltung dergesetzlichen Vorschriften soll und muss eineSelbstverständlichkeit sein; dies schliesstauch die steuerrechtliche Compliance unddas damit verbundene Tax Risk Manage-ment ein. Heute greift die Compliance, vor allem inregulierten Branchen, weiter. Als Beispiel sei das Rundschreiben der Eidgenössi-schen Bankenkommission vom 27. Septem-ber 2006 zur Überwachung und internenKontrolle erwähnt, das folgenden Passusenthält: «Compliance gilt als das Einhaltenvon gesetzlichen, regulatorischen und inter-nen Vorschriften sowie die Beachtung von marktüblichen Standards und Standes-regeln.» Compliance wird hier ausdrücklichausgeweitet auf die selbst erstellten inter-nen Regeln und die «marktüblichen Stan-dards», die ja einer laufenden Veränderungunterliegen. Entsprechend hoch sind dieAnforderungen zur Sicherstellung der sodefinierten Compliance.

Perspektiven für Innovation und BildungDer Wille, möglichen Verstössen gegen die Compliance und dem so entstehendenmateriellen und immateriellen Schadenvorzubeugen, ist ein hinreichender Grundfür die konsequente Umsetzung einerverantwortungsvollen Unternehmensfüh-rung. Darüber hinaus hilft ResponsibleLeadership, die Governance-Strukturen unddas unternehmensweite Risikomanagementzu festigen. Responsible Leadership kann,sofern sie in die Strategie integriert ist, aber auch neue Perspektiven eröffnen.

Stellt ein Unternehmen fest, dass dieGeschäftspraktiken auf einem bestimmtenMarkt nicht mit den eigenen Werten undVerhaltensregeln vereinbar sind, so kann esdiese Geschäftspraktiken ändern oder sichaus diesem Markt ohne Reputationseinbus-se zurückziehen. Umgekehrt bieten auchregulatorische Einschränkungen Chancen.Veränderte Umweltbedingungen haben imLaufe der Wirtschaftsgeschichte stets alsMotor der Innovation gewirkt, haben neueTechnologien und Produktionsmethodenhervorgebracht. Heute stellen Emissions-obergrenzen beispielsweise die Automobil-industrie vor die Notwendigkeit, neueAntriebssysteme zu entwickeln; erneuerba-re Energien sind seit geraumer Zeit einGeschäftsfeld, das bei weiter steigendenRohölpreisen sogar rentabel zu werdenverspricht. Unternehmen, welche sich früh-zeitig auf Responsible Leadership ausge-richtet haben, können sich so einen Wettbe-werbsvorteil verschaffen. Die Regulierung ist weithin gesellschaftlichakzeptiert und geht mit einem ausgeprägtenUmwelt- und Gesundheitsbewusstseineinher. Das eröffnet ganz unterschiedlichenBranchen auch neue Märkte: von der Verpa-ckungsindustrie über die Nahrungs- undTextilhersteller bis zum Einzelhandel. Auch im Ausbildungswesen hat das Themaseinen Platz gefunden: Responsible Leader-ship steht heute auf der Agenda renommier-ter Managementschulen: Ganz im Sinne dereingangs erwähnten Globally ResponsibleLeadership Initiative werden die künftigenSpitzenmanager auch theoretisch auf eineverantwortungsvolle Unternehmensführungvorbereitet. Ein Grund mehr, dass sich auch die heutigen Führungskräfte mit demThema auseinandersetzen.

FazitVerantwortungsvolle Unterneh-mensführung ist ein Thema, mitdem sich CEO und Verwaltungs-räte beschäftigen müssen. DieHerausforderung liegt weniger imBekenntnis zu den Zielen an sichals darin, Responsible Leadershipin der Strategie, den Strukturenund Prozessen der gesamtenUnternehmensorganisation zuverankern.

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Investieren in Russland: Gewusst wie!

Dank seiner Grösse bietet der russische Markt zahlreiche Chancen. Als Grundregel gilt aber: Die Due Diligence muss in Russland umfassender als im Westen durchgeführt werden.

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Die geografische und die kulturelle Nähe zu Westeuropa prädestinieren Russland geradezu als Investitionsstandort. Zudembleiben die wirtschaftlichen Prognosen viel-versprechend. In den letzten Jahren habendie ausländischen Direktinvestitionen inRussland stark zugenommen – von 2004 bis 2006 betrugen sie insgesamt 57 Milliar-den USD. Die wichtigsten Investoren sind Zypern, dieNiederlande, Luxemburg, Grossbritannien,Deutschland und die USA. Gemäss Anga-ben der Schweizerischen Nationalbankbeliefen sich die Direktinvestitionen vonSchweizer Unternehmen im Jahr 2006 auf227 Millionen CHF, nach 881 Millionen CHFim Vorjahr. Bei der Schweizer Botschaft in Moskau waren Ende Mai 2007 rund 150in Russland tätige Schweizer Unternehmengemeldet. Russische Quellen nennen an die 600 Firmen mit Schweizer Kapitalbeteili-gung. Die grössten Schweizer Investorensind Nestlé, ABB, Holcim und Kronotecsowie Firmen des Finanzdienstleistungs-sektors mit dem Schwerpunkt Vermögens-verwaltung.Russische Geschäftsleute zeigen ein star-kes Interesse an Spitzentechnik undmodernsten Technologien. Auch sie sindpreis- und qualitätsbewusst. Aufgrund der

florierenden Konjunktur und des grossenModernisierungsbedarfs sind kurze Liefer-zeiten ein weiterer wichtiger Aspekt fürGeschäftserfolg in Russland.

Widersprüchliche WahrnehmungTrotz des enormen Potenzials an Investiti-onsmöglichkeiten sind viele, vor allemmittelständische Schweizer Unternehmendem russischen Markt gegenüber immernoch skeptisch eingestellt. Die Gründedafür liegen einerseits im schwierigenUmfeld des Marktes, das durch eine nochwenig entwickelte Demokratie, eine schwer-fällige und komplexe Bürokratie undmangelnde Rechtssicherheit gekennzeich-net ist (siehe auch Seite 42). Andererseitsbeeinflusst das Image Russlands imAusland die Haltung der Schweizer Unter-nehmen. Die Westschweizer Sektion derHandelskammer Schweiz-Russland hat2005 eine Umfrage unter Führungskräftenund Meinungsbildern in Auftrag gegeben,um mehr über das Bild zu erfahren, das dieSchweizer von Russland sowie die Russenvon der Schweiz haben. Die Auswertungder «Etude Suisse – Russie: Au-delà des

apparences, les perceptions mutuelles desSuisses et des Russes» zeigt, dass sowohldie Schweizer wie auch die Russen derSchweiz ein gutes Image attestieren.Was den Ruf Russlands betrifft, gehen dieMeinungen auseinander: Die Schweizerhaben ein eher negatives Bild von Russ-land, die Russen hingegen glauben, ihrLand geniesse einen mittelmässigen Ruf.Dieser Wahrnehmungsunterschied kannden Aufbau von Beziehungen erschweren.Das negative Bild, das die Schweizer vonRussland haben, rührt wohl von den vielenstrukturellen Hindernissen her, die denMarkteintritt schwierig gestalten. DiesenVorbehalten stehen jedoch zwei positiveAspekte gegenüber: die Dynamik der russi-schen Wirtschaft sowie die kulturelle Nähe.

Das «russische Geschäftsmodell»Der russische Markt ist im Aufbau. DieDiversifizierung der Produktionsstruktur –die die Abhängigkeit vom Energie- undRohstoffsektor mindern könnte – kommtlangsam voran. Dank steigender Einkom-men wächst der Lebensstandard, was gros-ses Verbraucherpotenzial schafft. In den

Neue MärkteWachstumRisiko

Daniel Gremaud, Leiter Steuer- und Rechtsberatung Romandie

Wirtschaftsstandort Russland: Zahlen und Fakten

Die russische Wirtschaft war 2006 die elftgrösste der Welt. DasBruttoinlandprodukt (BIP) betrug 780,5 Milliarden EUR. Das Wirtschaftswachstum belief sich auf 6,7 Prozent. Das russische Finanzministerium und die Zentralbank schätzen das Wachstum für 2007 auf 7,5 Prozent. Die ausländischen Direktinvestitionenbetrugen im Jahr 2006 28,732 Milliarden USD.2004 hat Russland einen Stabilisierungsfonds aufgelegt, in den einTeil der Steuereinnahmen und der Zölle fliesst, die aus der Produk-tion und dem Export von Erdöl stammen. Indem Teile dieses Fondsstillgelegt werden, verringert der Staat die Geldmenge und hilft so,die Inflation einzudämmen. Die Inflationsrate im Jahr 2006 betrug9,5 Prozent. Die russischen Behörden sind bestrebt, die Rate bis2010 auf 4,5 bis 5 Prozent zu senken.

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Ballungszentren entsteht eine kaufkräftige,konsumfreudige Mittelschicht. Weil jedochdie Strukturen erst entstehen und nochnicht ausgereift und gefestigt sind, birgt dieSituation Risiken, die es sorgfältig gegen die Chancen abzuwägen gilt.Tatsache ist: Die politischen und bürokrati-schen Verhältnisse hinken dem wirtschaft-lichen Boom hinterher. Diese Situationschafft ein typisch «russisches Geschäfts-modell», dem ausländische InvestorenRechnung tragen müssen. Wer erfolgreichGeschäfte tätigen will, muss die russischeRealität gut kennen und sich mit der Menta-lität und der Kultur dieses Volkes vertrautmachen.

Umfassende Due DiligenceEine weitere Besonderheit liegt darin, wieRussen ihre Geschäftsbeziehungen pflegen.Sie schätzen sehr persönliche und emotio-nale Kontakte, und dies ist zentral beimAufbau und bei der Pflege von Partner-schaften oder Kundenbeziehungen. EineGeschäftstätigkeit in Russland verlangt eingrosses persönliches Engagement und eine hohe Verfügbarkeit vor Ort, was unterUmständen eine zwischenmenschlicheHerausforderung sein kann – aber auch einegrosse Bereicherung.Aufgrund der Privatisierungswelle in den90er Jahren besteht nach wie vor ein hohes Risiko, nicht sehr vertrauenswürdi-gen Geschäftsleuten zu begegnen. DieGeschäftspartner sollten daher sorgfältigausgewählt werden. Es gilt, möglichst vieleInformationen einzuholen, diese durchAnalysen zu erhärten und sie allenfalls einzweites Mal zu verifizieren. Die Due Dili-gence muss in Russland umfassender alsim Westen durchgeführt werden; sie erfor-dert mehr Zeit und grössere finanzielleMittel. Bis anhin waren viele Unternehmen auf sehrintransparente Weise strukturiert; CorporateGovernance zählte nicht gerade zu denHauptanliegen russischer Firmen. DieseStrukturen verändern sich nur langsam, dasie einen radikalen Haltungswechsel bedin-gen. Dank der multinationalen Konzerneerhöht sich aber allmählich das Bewusst-sein für eine gute Unternehmensführung.Um in diesem bewegten und komplexenUmfeld erfolgreich zu sein, sollte sich einSchweizer Investor, der mit den Gegeben-heiten nicht vertraut ist, in allen für eineGeschäftsgründung relevanten Bereichenvon Experten beraten lassen.

«Man muss die versteckten Botschaften‹übersetzen›.»Galina Naumenko, Partnerin Steuer- undRechtsberatung, arbeitet für das «Russia and CIS Desk» in Moskau. Mitdem Desk unterstützt Pricewaterhouse-Coopers russische und SchweizerUnternehmen in ihren wechselseitigenGeschäftsbeziehungen.

Welches Bild haben Ihrer Meinung nachdie Schweizer von Russland? Galina Naumenko: Russland hatte langeZeit das Image eines kommunistischenStaates, der ein schreckliches System hat.Die Russen sind heute noch Opfer diesesBildes. Die Schweizer sind jedoch eher ananderen Kulturen interessiert und wissenauch mehr darüber, als dies in anderenLändern der Fall ist. Ich denke, dass sie denRussen gegenüber grundsätzlich positivereingestellt sind als andere Nationen. Allerdings erinnere ich mich an eine Bege-benheit während meines zweijährigenAufenthalts in der Schweiz: Als ich meiner

Nachbarin – einer netten älteren Dame –sagte, ich sei Russin, sah ich den Schre-cken in ihren Augen. Sie war überhauptnicht ablehnend, sondern nur sehr scho-ckiert – als ob sie einen Dinosaurier erblickthätte.

Wie kann man die gegenseitige Wahr-nehmung verbessern, um die wirtschaft-liche Zusammenarbeit zwischen derSchweiz und Russland zu verstärken? Indem man viele Reisen unternimmt, dennunsere Haltung gegenüber anderen Kulturenändert sich, wenn wir mit eigenen Augendas sehen, was wir nur aus Büchernkennen. Ich denke, dass es Schweizer gibt,denen noch nicht bewusst ist, dass Russ-land bereits ein gutes Stück des langenWegs zu einem «zivilen» Land hinter sichhat. Es gibt viel Interessantes zu entdecken,nette Restaurants und schöne Einkaufszen-tren, die rund um die Uhr geöffnet sind.Andererseits wäre jeder Russe erstaunt zusehen, welchen Nutzen ein Land aus einemintakten und gut funktionierenden Systemzieht. Am Anfang ist es erschreckend zusehen, wie gut alles in der Schweiz funktio-niert!

Welchen Rat geben Sie als Russin denSchweizer Unternehmern, die in Russ-land eine Geschäftstätigkeit aufnehmenmöchten?Die Wirtschaftsgeschichte der beidenLänder unterscheidet sich sehr stark. In der Schweiz ist alles transparent und fair;alles basiert auf einem guten Rechts- und Steuersystem; es herrschen der gesundeMenschenverstand und der Respekt gegen-über Menschen und ihren Eigentumsrech-ten. In Russland hingegen war dies in vielenBereichen lange nicht der Fall. Daher habenrussische und Schweizer Geschäftsleuteeine andere Mentalität und eine andereSicht der Dinge. Mein Rat ist: Wer in Russ-land Geschäfte machen will, der sollte dieUnterstützung eines Beratungsunterneh-mens in Anspruch nehmen. Man brauchtrussische Berater, um eine Geschäfts-beziehung schrittweise aufzubauen, um dieHintergründe und Zusammenhänge zuverstehen, um die versteckten Botschaftenzu «übersetzen». Wenn das Vertrauen zuden russischen Geschäftspartnern aufge-baut ist und man eine gemeinsame Sprachegefunden hat, kann man ohne externeUnterstützung weiterarbeiten.

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Private Equity: Stärkt den Standort Schweiz.Private-Equity-Investoren bieten nicht nur Finanzierung, sondern auch Expertise. Zum Beispiel für Unternehmer, die ihre Nachfolge regeln wollen, oderfür Konzerne, die sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren.

[email protected]

Private Equity ist eine relativ junge Branche.Ihr Geschäftsfeld liegt darin, nichtbörsen-kotierten Unternehmen in der Gründungs-oder Wachstumsphase Eigenkapital und Know-how zur Verfügung zu stellen,Management Buyouts zu unterstützen undLeveraged Buyouts, also fremdfinanzierteÜbernahmen, abzuwickeln. Dabei beziehendie Private-Equity-Investoren das Aus-stiegsszenario (Exit) von Anfang an in ihreÜberlegungen ein. Möglicherweise liegt hierder Grund, dass Private Equity häufig einkurzfristiges Gewinnstreben unterstellt wird.

Rückgriff auf ExpertenwissenDie Wirklichkeit ist, wie meist, facettenrei-cher: Häufig kaufen Private-Equity-Investo-ren ein Unternehmen, um ihm zu einerhöheren Wertschöpfung zu verhelfen. Diemeisten Private-Equity-Firmen verfügenüber Spezialisten, die sich mit der ökonomi-schen und rechtlichen Entwicklung desjeweiligen Landes auseinandersetzen. Umprofundes Expertenwissen in das akquirier-te Unternehmen einbringen zu können,spezialisieren sich einige Private-Equity-Finanzierer auf bestimmte Branchen. Privat-investoren stellen Managementkapazität zurVerfügung und helfen Entscheidungen zutreffen, die eventuell längst überfällig sind. Gerade weil sie nicht unter dem kurzfristi-

gen Erfolgsdruck der Aktienmärkte stehenwollen, nehmen Private-Equity-Investoren,wenn sie bei kotierten Unternehmen einstei-gen, diese Gesellschaften während ihresEngagements von der Börse (Dekotierung).Ihr Exit-Szenario realisieren sie erst dann,wenn sich der gewünschte Erfolg eingestellthat, das Unternehmen reif für den Weiter-verkauf ist, was auch einen neuerlichenGang an die Börse bedeuten kann.

Strategieumsetzung unterstützenDer Verkauf an Private-Equity-Investoren ist eine durchaus valable Alternative fürUnternehmen, die eine Nachfolgeregelungsuchen; dies zeigt in der Schweiz etwa derFall Geberit (siehe Kasten) oder auch jenerder Leica Geosystems, die – wie ihr damali-ger CEO Hans Hess kürzlich gegenüber der«NZZ» betonte – von Private-Equity-Mana-gern viel effizienter und kompetenter an dieBörse geführt wurde, als es das Unterneh-men selbst vermocht hätte. Wenn Manager(oder andere Mitarbeiter) Interesse haben,sich an «ihrem» Unternehmen zu beteiligen,drängt sich das Einschalten eines Private-Equity-Investors geradezu auf. Auch wenn es darum geht, die Unterneh-mensstrategie konsequent umzusetzen,können Private-Equity-Investoren vonNutzen sein. Dabei kann es sich um Desin-vestitionen handeln, wie jüngst im spekta-kulären Beispiel des Herauslösens vonChrysler aus dem DaimlerChrysler-Konzern,oder aber um Wachstumsstrategien, für die

zusätzliche Finanzmittel und gegebenenfallsManagementkapazitäten erforderlich sind.

Neue Formen von TransaktionenSeit ihren Anfängen in den frühen 80erJahren ist die Private-Equity-Brancheerwachsen geworden. Sie hat sich alseigenständige Kraft des Finanzsektors etab-liert und ist zu einem wichtigen und ernst-zunehmenden Marktteilnehmer avanciert.Dies zeigt nicht zuletzt die Rolle der Private-Equity-Investoren bei Fusionen und Über-nahmen. Rund ein Viertel aller im erstenHalbjahr 2007 angekündigten Transaktionenwerden über Private-Equity-Häuser abge-wickelt, darunter sogenannte Mega-Dealswie die Abspaltung von Chrysler oder dieÜbernahme von Hilton. Neue Formen von Transaktionen treten auf,etwa die «Club Deals», bei denen mehrereInvestoren ihre Beteiligungen in einen Pooleinbringen, sei es, um die nötigen Mittel fürumfangreiche Transaktionen aufzubringenoder um Investitionsrestriktionen Genüge zutun. So gab es für den Verkauf der Philips-Tochter Next eXperience im vergangenenJahr ein Bieter-Konsortium aus niederländi-schen, britischen und amerikanischenPrivate-Equity-Firmen. Daneben hat sich einSekundärmarkt entwickelt, auf dem Beteili-gungen von einem Private-Equity-Investoran einen oder mehrere andere Privatin-vestoren verkauft werden. Allein im viertenQuartal 2006 waren in Europa 70 solcher«secondary buyouts» angekündigt. Auchgibt es Fälle, in denen ein Private-Equity-Investor seine Anteile an einen CorporateBuyer abtritt, wie jüngst, als die britischePrivate-Equity-Gesellschaft BC Partners dieKlinik-Gruppe Hirslanden an die südafrika-nische Medi-Clinic Group veräusserte.Ein weiteres Phänomen ist zu beobachten:Die Grossen der Branche verhelfen nicht nuranderen zum Gang an die Börse, sondernsie wagen selbst diesen Schritt: Die in NewYork ansässige Blackstone Group machte

FinanzierungNachfolge-regelungExpertise

Barbara Brauchli Rohrer, Leiterin M&A Tax Services Schweiz

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Ende Juni den Anfang; Kohlberg, Kravis,Roberts & Co. (KKR), gleichfalls in New Yorkdomiziliert, will den Börsengang spätestensim vierten Quartal abgeschlossen haben.

Chancen für KMUDie Mega-Deals liefern den Stoff für Schlag-zeilen, dies erst recht, nachdem die Finan-zierung einiger der Milliardentransaktionenim Zuge der US-Hypothekenkrise neu über-dacht werden musste. Nachdem sich dieInvestoren über Monate hinweg durch einengrossen «Risikoappetit» ausgezeichnethaben, ist der Kapitalmarkt seit August vonUnsicherheiten und einer entsprechendenRisikoscheu gekennzeichnet. Dadurch ist die Refinanzierung von Bankkrediten inHöhe von mehr als 300 Milliarden USDgefährdet, was entsprechende Neuverhand-lungen zwischen Private-Equity-Investorenund Kreditinstituten zur Folge hat. Der –vielleicht übertriebene – Boom des PrivateEquity fand somit im Sommer 2007 einEnde, das indes weniger der Branche alsder leichtfertigen Kreditvergabe einiger Banken zuzuschreiben ist. Die Zukunft der Branche sieht dennoch gutaus, denn auf dem Transaktionsmarkt istPrivate Equity mittlerweile eine etablierteFinanzierungsform. Zudem ist der Grossteilder Private-Equity-Geschäfte ganz unspek-takulär. 2006 gab es in Europa 7536 Private-Equity-Investitionen; 88,7 Prozent davonwurden in Firmen mit weniger als 500 Mit-arbeitern getätigt – meist um eine Nach-folgeregelung zu treffen. Das ist nicht zuletztfür die Schweiz interessant, wo die Nach-folge bei rund 50 000 kleinen und mittlerenUnternehmen ansteht. Nach den bisherigen Erfahrungen hat sichgezeigt, dass die Kompetenz der Private-Equity-Investoren nicht geringer ist als diedes eingesessenen Managements operati-ver Unternehmen. Restrukturierungsent-scheidungen hängen nicht davon ab, ob der Investor «private» oder «corporate» ist,sondern davon, ob vor dem Verkauf gutoder schlecht gewirtschaftet wurde oder obder Investor wertsteigernde Entscheide treffen kann, die das alte Management nichthätte treffen können.

Auch der Volkswirtschaft hat die Private-Equity-Branche nach bisherigen Erkenntnis-sen nicht geschadet, sondern eher genützt.Der Standort Schweiz wird durch PrivateEquity gestärkt; dies zeigen z.B. die FälleGeberit, Leica Geosystems oder auch Mettler Toledo. Dass Private Equity auchhierzulande salonfähig geworden ist, belegtnicht zuletzt die Tatsache, dass Pensions-kassen in Private-Equity-Firmen investierendürfen.Das Image der Heuschrecke hat mit derWirklichkeit nichts zu tun – doch es haftetfest. Dabei war die Heuschreckenmetapherim Grunde nichts anderes als ein – zugege-benermassen recht erfolgreicher – Versuchdes damaligen SPD-Chefs Müntefering, im bundesdeutschen Wahlkampf von 2005Ängste zu schüren und so Wählerstimmenzu gewinnen.

FazitPrivate Equity schliesst die Lückezwischen der Finanzierung überBankkredite einerseits und überden Kapitalmarkt andererseits.Private-Equity-Investoren helfenso in der Regel Unternehmen, zuwachsen oder zu überleben, undsichern dadurch Arbeitsplätze.

Geberit – Erfolgsgeschichte einer Private-Equity-Transaktion

Die Transaktion findet im Jahr 1997 statt, zu einer Zeit, als der Begriff «PrivateEquity» ausserhalb von Finanzkreisen kaum bekannt ist. Gegenstand der Trans-aktion ist das Schweizer Familienunternehmen Geberit, 1874 gegründet undzwischenzeitlich zum europäischen Marktführer in der Sanitärtechnik avanciert.Eigentümer des Unternehmens sind die Gebrüder Gebert; ein Nachfolger in derFamilie steht nicht zur Verfügung.In dieser Situation evaluieren die Gebrüder Gebert und das Managementteamder Geberit verschiedene Optionen, um die Eigentumsverhältnisse des Unter-nehmens für die Zukunft zu gestalten. Die Aktionäre entscheiden schliesslich,ihre Anteile an das Private-Equity-Haus Doughty Hanson zu verkaufen, dasdiese in eine neue Holding einbringt. Der Wert der Transaktion beläuft sich auf1,8 Milliarden CHF. Das Private-Equity-Haus Doughty Hanson und Mitgliederdes Spitzenmanagements stellen das Eigenkapital, die Fremdfinanzierung läuftprimär über zwei international tätige ausländische Grossbanken ab.Für die Entscheidung, das Traditionsunternehmen in die Hände eines britischenPrivate-Equity-Investors zu legen, führt das Unternehmen folgenden Grund an: Ausschlaggebend sei die Übereinstimmung in grundsätzlichen geschäfts-politischen Fragen gewesen. Dazu gehöre der Erhalt der Geberit-Gruppe als Einheit mit den bestehenden Strukturen und die Sicherung der unternehmeri-schen Freiheit. In der Schweiz hatte es bis anhin kaum Private-Equity-Transaktionen einessolchen Ausmasses gegeben. Entsprechend gross war die Skepsis in der ver-öffentlichten und der öffentlichen Meinung. Doch die Geschichte zeigt, dass diese Skepsis unbegründet war. Bereits zwei Jahre nach der Transaktion, am 22. Juni 1999, brachte Doughty Hanson Geberit an die Börse. Die erste Notie-rung betrug 372 CHF und lag damit 42 CHF über dem Platzierungspreis. Ende2006 (vor dem Aktiensplit vom April dieses Jahres) notierte die Geberit-Aktie bei 1878 CHF; die Marktkapitalisierung betrug 7,8 Milliarden CHF – mehr als dasVierfache des Transaktionspreises. Rückblickend urteilt der CFO der Geberit-Gruppe: «Der Private-Equity-Investor hat es Geberit ermöglicht, sich schrittwei-se dem Kapitalmarkt zu öffnen.»

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Wirtschaftskriminalität: Kultur kommt vorKontrolle.Rund vier von zehn Schweizer Unternehmen geben an, in den vergangenen zwei Jahren Opfer eines Wirtschaftsdelikts geworden zu sein. Die hohe Quote zeigt, wie gross das Betrugsrisiko ist. Vorbeugen lässt sich am ehesten mit einer guten Unternehmenskultur und massgeschneideten Kontrollen.

SicherheitReputationTransparenz

John Wilkinson, Leiter Forensic Services Schweiz und Eurofirms

[email protected]

Wirtschaftskriminalität ist ein verbreitetesPhänomen – auch in der Schweiz. Rund 37 Prozent der hiesigen Unternehmengeben an, in den letzten zwei Jahren Opfereines Delikts geworden zu sein. In Westeu-ropa liegt die Anzahl der Vorfälle mit 38Prozent auf gleichem Niveau, weltweit sind43 Prozent der Firmen mit Betrug, Korrupti-on, Veruntreuung oder Ähnlichem konfron-tiert. Dies ist eines der Ergebnisse des vier-ten Economic Crime Survey (im Internetverfügbar unter www.pwc.ch/crimesurvey),einer Erhebung, die Pricewaterhouse-Coopers im Zweijahresrhythmus durchführt.

Paradoxon von Betrug und KontrolleEinige Resultate fallen ins Auge: Zunächstscheint sich die Wahrnehmung von Betrugdeutlich erhöht zu haben. Die Diskrepanzzwischen dem Bewusstsein der Unter-nehmen, dass solche Vorfälle passierenkönnen, und den tatsächlichen Vorfällen istvor allem gross, wenn es um Rechnungsle-gungsbetrug, Korruption und Bestechungoder um Geldwäscherei geht (siehe Grafik).Erklären lässt sich dieses Phänomen teil-weise mit den Einflüssen, denen die Unter-nehmen ausgesetzt sind. Delikte, über diehäufig in den Medien berichtet wird oder die

in der Branche thematisiert werden, werdenstärker wahrgenommen als andere. Es istaber auch möglich, dass die Angaben zurWahrnehmung näher an der Wirklichkeitliegen als die Zahl der Vorfälle, über dieberichtet wurde. Die Bewusstseinsschär-fung hat zur Folge, dass sich immer mehrUnternehmen zum Handeln veranlasstsehen.Vor allem die Gefahr der Verletzung desgeistigen Eigentums wird oft unterschätzt.Angesichts der zahlreichen aktuellen Publi-kationen zu diesem Thema aber dürftediese Art der Wirtschaftskriminalität denCEO immer bewusster werden, zumal derpotenzielle Schaden weit grösser sein kannals bei anderen Delikten: Es geht um dasintellektuelle Kapital, um das Lebenselixiereines Unternehmens. Zum Zweiten wirft die Studie die Frage auf,warum die Anzahl der Delikte nicht nochmehr zurückgeht, obwohl so viele Unter-nehmen versuchen, wirkungsvollereKontrollen einzurichten. Die Antwort liegtzum Teil im Paradoxon von Betrug undKontrolle: Je effizienter die Kontrollen sind,

desto mehr Fälle werden aufgedeckt. Diese Erkenntnis ist auf den ersten Blickernüchternd. Allerdings dürfte die Delikt-quote in Zukunft sinken – sofern die richtigen Vorkehrungen getroffen werden.Zum Beispiel immer dann, wenn Kultur und Kontrolle zusammenwirken, um dasBetrugsrisiko zu minimieren.

Klare und konsistente RegelnDie Unternehmenskultur ist zentral für diePrävention. Klare Richtlinien, eine konsis-tente Politik und eindeutige Botschaftensind unverzichtbar, um Delikten vorzubeu-gen. Die Unternehmenswirklichkeit ist inden vergangenen Jahren immer komplexergeworden; umso wichtiger ist es, Rahmen-werke zu schaffen, an denen sich die Mitar-beiter orientieren können, Leitlinien aufzu-stellen, die nicht nur Verantwortlichkeiten,sondern auch Verhaltensregeln festlegen.Die Botschaften müssen konsistent formu-liert und umgesetzt werden, um glaubwür-dig zu sein. Und sie müssen die gesamteOrganisation durchdringen, denn Entschei-dungen – auch solche, die für die Compli-ance relevant sind – werden tagtäglich auf allen Unternehmensebenen getroffen. Es geht nicht nur um den «tone at the top»,sondern auch um die Einstellung auf dermittleren und der unteren Ebene. Klare Leitlinien sind das eine, ihre Einhal-tung das andere. Um glaubwürdig zu sein,wird eine Firma die Nichtbeachtung vonRegeln sanktionieren, – und zwar auf allen Ebenen mit dem gleichen Massstab. Es wäre fatal, verschiedene Personen

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oder Personengruppen unterschiedlich zubehandeln. Wenn etwa die Konsequenzenvon Fehlverhalten auf der Führungsebeneandere sind als im Rest des Unternehmens,werden Botschaften und Regeln der Unter-nehmensleitung konterkariert. Der Grund-satz der Konsistenz gilt auch im Umgangmit ausländischen Tochtergesellschaften:Für Geschäfte jenseits der Grenze müssendie gleichen Prinzipien gelten wie im Mutter-haus, das Netzwerk der Verhaltensregeln ist überall gleich eng geknüpft.

Wirksames KontrollsystemEine Kultur zu schaffen, die die Mitarbeiterermutigt, sich korrekt zu verhalten, die esihnen ermöglicht, sich als Teil eines Ganzenzu sehen, das sie nicht beschädigen wollen– hierin liegt die grösste Herausforderung.Kontrollen, so wichtig sie sein mögen, funk-tionieren in der Regel nur, wenn sie in einesolche Kultur eingebettet sind: Es geht nicht

nur um Überwachung oder um individuelleKontrollen, sondern um ein allumfassendesKontrollsystem, dessen Schleusen nurschwer zu öffnen sind. Es lassen sich immer Wege finden, Kontrol-len zu umgehen. Drei Faktoren müssenzusammenkommen, damit es zu einer krimi-nellen Handlung kommt: Es braucht einMotiv, eine Gelegenheit und die Möglichkeit,die Tat vor sich selbst zu rechtfertigen. Bei den beiden letzteren Punkten kann dasUnternehmen einen Hebel ansetzen: Hier beugt eine gute Unternehmenskulturdem Versuch vor. Der guten Gelegenheit für eine Tat wirken effiziente Kontrollen ent-gegen. Wenig Einfluss hingegen hateine Organisation auf das Motiv – dieses istmeist eine ganz persönliche Sache.

Enormer immaterieller SchadenDie Investitionen in Kultur und Kontrollelohnen sich; denn die Kosten, die Wirt-schaftskriminalität verursacht, sind enorm.Dabei fällt der unmittelbare finanzielle Scha-den meist gar nicht so sehr ins Gewicht. Mit durchschnittlich auf 3,2 Millionen USDweltweit und 2,3 Millionen USD in Westeu-ropa dürfte dieser für viele Unternehmenverkraftbar sein. Weit gravierender ist derindirekte Schaden. Weltweit bezeichneten53 Prozent der befragten Unternehmen diemit der Aufklärung verbundenen Manage-mentkosten als beachtlich. Neben denAufwendungen für die Untersuchung selbstschlägt vor allem die Zeit zu Buche. Hinzu kommt der immaterielle Schaden, dersich in Reputationseinbussen, sinkenderArbeitsmoral und einem Vertrauensverlust inden Geschäftsbeziehungen niederschlägt.Diese immateriellen Werte sind zwar schwer

22

422

519

821

0 5 10 15 20 25 30

27Veruntreuung vonVermögen

Rechnungslegungs-betrug

Korruption undBestechung

Geldwäscherei

% Unternehmen

Wirtschaftskriminalität: Wahrnehmung und tatsächliche Vorfälle 2007

Wahrgenommene Verbreitung

Tatsächliche Vorfälle

Bewusstseinsschärfung bei den Unternehmen: Die Wahrnehmung von Betrug ist höher, als die Zahl der tatsächlichen gemeldeten Fälle von Wirtschaftskriminalität.

915

Verletzung des geistigen Eigentums

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zu messen, doch es sind genau jene Fakto-ren, die den Zukunftswert eines Unterneh-mens ausmachen, der für die Märkte zählt. Die Aufklärung von Delikten geschieht in der Regel dank eines internen oder exter-nen Tipps. Rund die Hälfte aller kriminellenHandlungen in Unternehmen kommt durchsolches Whistle-Blowing ans Tageslicht. DaAufklärung und Prävention eng zusammen-hängen, sollten die Unternehmen motiviertsein, Whistle-Blowing- oder vergleichbareMeldesysteme zu institutionalisieren. InWesteuropa ist diese Bereitschaft weitweniger ausgeprägt als in Nordamerika:Verfügen dort 77 Prozent der befragtenUnternehmen über solche Systeme, sind esin Westeuropa nur 32 Prozent und in derSchweiz 22 Prozent. Die Einrichtung einesWhistle-Blowing-Systems oder ähnlicherMeldesysteme ist zweifellos ein heiklesUnterfangen. Es gilt, mit Informationsfilterndafür zu sorgen, dass berechtigter Verdachtund Denunziantentum auseinanderge-halten werden können. Angesichts derWirksamkeit des Whistle-Blowing aber istes lohnenswert, diese Herausforderungkonsequent und systematisch anzugehen.Das vielleicht positivste Ergebnis der Studieist die zunehmende Bereitschaft zur Trans-parenz. Dies ist auch den Regulatoren zuverdanken, die zur Offenlegung ermutigenund diese als Zeichen guter CorporateGovernance anerkennen. Unternehmen, diesich um Aufklärung und Transparenz bemü-hen, spüren die Auswirkungen direkt: Siebegrenzen den immateriellen Schaden underhalten das Vertrauen in ihre Organisationaufrecht – auch wenn sie Opfer eines Wirt-schaftsdelikts geworden sind.

FazitDas Bewusstsein für Wirtschafts-kriminalität nimmt zu, wohl auchwegen des enormen Schadens,der daraus entstehen kann. Das beste Mittel, um Deliktenvorzubeugen, ist eine Unterneh-menskultur mit eindeutigenBotschaften, klaren Leitlinien undkonsistenten Regeln. Die Aufgabeder Kultur ist es, ein Umfeld zu schaffen, das es leicht macht,diese Regeln zu akzeptieren.

Wenn Wirtschaftskriminalität schon in west-lichen Ländern an der Tagesordnung ist, wie verbreitet ist sie dann in den Schwellen-ländern, vor allem den aufstrebenden Märk-ten, die derzeit von Investoren umworbenwerden? Erstmals ging der aktuelle Econo-mic Crime Survey von PwC systematischdieser Frage nach und untersuchte die Lagein den sogenannten E7: Brasilien, China,Indien, Indonesien, Mexiko, Russland undTürkei. Die Erhebung stützt sich in diesenLändern sowohl auf die Erfahrung von PwCin der Bekämpfung von Wirtschaftskrimina-lität vor Ort als auch auf die Aussagen vonmehr als 1200 Experten, die Führungsauf-gaben in diesen Ländern wahrnehmen oderfür Investitionen in den E7 verantwortlichsind.Die Recherche brachte aufschlussreicheErkenntnisse. Für Unternehmen, die inEmerging Markets vordringen wollen, könn-ten die folgenden generellen Ergebnissehilfreich sein:

• Gerade in Zeiten eines dynamischen Wandels erhöht sich die Verwundbarkeit.Unternehmen, die – den für Expansions-phasen typischen – strukturellen Verände-rungen unterliegen, sind weit anfälliger für Wirtschaftsdelikte als solche, die ineinem stabilen Umfeld operieren.

• Konzerne, die verschiedene Rechnungs-legungsstandards anwenden, sind dem Betrug stärker ausgesetzt als jene, die einheitliche Normen anwenden (61 Prozent gegenüber 52 Prozent).

• Geschäftsbeziehungen mit den E7-Staa-ten werden häufig von traditionellen Strukturen überlagert. Zum Teil wird es als

Geschäftspraxis angesehen, Familienmit-glieder als Zulieferer einzusetzen. Gegen Usancen, die sich über Jahrhunderte eingebürgert haben, ist vor allem in jenen Ländern schwer anzukommen, die sich noch nicht lange dem freien Handel geöffnet haben.

Was die Art der Delikte anbelangt, lassensich keine wesentlichen Unterschiedezwischen den Schwellenländern und denIndustriestaaten erkennen; der Unterschiedliegt allein im Ausmass. Zum einen begüns-tigt das rechtliche, politische, soziale, wirt-schaftliche und kulturelle Umfeld kriminelleHandlungen, zum anderen sind die internenKontrollsysteme in der Regel weit wenigerwirkungsvoll. Umso erstaunlicher ist es,dass die befragten Experten zu dem Ergeb-nis kommen, dass die Zahl der Delikte –abgesehen von Korruption und Veruntreu-ung – nicht höher ist als in der globalenBetrachtung. Eine Zahl jedoch ist alarmie-rend: Der Gesamtschaden, den alle an derUmfrage beteiligten Unternehmen währendder vergangenen zwei Jahre erlitten, beliefsich auf 4,2 Milliarden USD. Mehr als 45Prozent davon – 1,9 Milliarden USD – fielen bei Unternehmen an, die in den E7 operie-ren. Korruption und Bestechung sind (nebender erst allmählich wahrgenommenenVerletzung des geistigen Eigentums) dasgrösste Risiko in den Schwellenländern: 34Prozent der Unternehmen sahen sich in denvergangenen zwei Jahren einer Situationausgesetzt, in der sie ohne Korruption eineGeschäftsgelegenheit verpasst hätten oderhaben. Mit 51 Prozent liegt die Quote inRussland am höchsten. Die Werte in Nord-amerika (6 Prozent) und Westeuropa (14 Prozent) sind deutlich niedriger. Über 80 Prozent aller Befragten haben Vorbehal-te, in Schwellenländern zu investieren, weildas Korruptionsrisiko so hoch ist.Für die Schwellenländer selbst gibt esdurchaus einen Anreiz, gegen Wirtschafts-kriminalität vorzugehen: Das Vertrauenausländischer Investoren lässt sich umsoeher gewinnen, je besser die CorporateGovernance ist und je mehr für Transparenzgesorgt wird.

Die dunkle Seite der aufstrebenden Märkte

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Events, Publikationen und Analysen.

Private Banking: Paradiesische Aussichten – Wachstum ohne Ende?

Im Private Banking herrschen trotz desharten Wettbewerbs sehr gute Zeiten. DieMarktteilnehmer erwarten positive Aussich-ten und hohes Wachstum. Dennoch mussdas Wachstum richtig gehandhabt, müssendie Organisation und die Prozesse daraufausgerichtet werden. Dies geht aus eineraktuellen Umfrage bei 265 Teilnehmern aus43 Ländern hervor. Befragt wurden nebenCEO, COO, CFO erstmals auch Kunden-berater und Human Resource Verantwort-liche.

Ansprechperson für diese Umfrage:[email protected]

Die Studie «Unprecedented opportunities,plan your approach*, Global PrivateBanking/Wealth Management Survey 2007»erhalten Sie kostenlos [email protected]

Events

Transfer Pricing MasterclassZweitägige Konferenz exklusiv für Steuer-und Finanzfachleute international tätigerUnternehmen. Die Konferenz basiert aufeiner detaillierten Fallstudie und istdadurch optimal auf die praktischenBedürfnisse von Steuer- und Finanzfach-leuten zugeschnitten. Zentrale Themen:- OECD-Transfer-Pricing-Richtlinien - Relevanz der Funktionsanalyse im

Transfer Pricing - Verrechnungspreis-Dokumentation

Datum und Ort27./28. März 2008Panorama Resort & Spa, Schönfelsstrasse, 8835 FeusisbergDie Teilnahmegebühr beträgt 1250 CHFexkl. MWST. Die Teilnehmerzahl ist limitiert.

Weitere Informationen und Anmeldung:[email protected] 058 792 43 42

EnergieforumBrennpunkte und Herausforderungen imschweizerischen Energiemarkt werdenvorgestellt. Zentrale Themen: - Das neue Stromversorgungsgesetz - Die Marktliberalisierung - Resultate der aktuellen PwC-Studie zum

Energiemarkt Schweiz

Datum und OrtZürich, Donnerstag, 6. März 2008 PricewaterhouseCoopers AGBirchstrasse 160Die Teilnahme ist kostenlos.

Weitere Informationen und Anmeldung:www.pwc.ch/events

Banking & Capital Markets

Global Private Banking/Wealth Management Survey 2007: Executive Summary

Unprecedented opportunities, plan your approach*

*connectedthinking

*connectedthinking

0607*

Jahresbericht Schweiz

Leserservice:Die Autorinnen und Autoren der Fachthemen stehen für ein weiterfüh-rendes Gespräch gerne zur Verfügung (die E-Mail-Adresse ist jeweilsangegeben). Eine umfassende Übersicht der Publikationen von PwCfinden Sie unter: www.pwc.ch. Bestellungen von PwC-Publikationenund Abonnemente oder Adressänderungen: [email protected] Fax: 058 792 20 52.

Abonnemente:ceo, das Magazin für Entscheidungsträger von PricewaterhouseCoopers erscheint dreimal jährlich (deutsch, englisch, französisch). ceo kann kostenlos abonniert werden. Bitte die gewünschte Sprache angeben: [email protected]: PricewaterhouseCoopers, ceo Magazin, Birchstrasse 160, 8050 Zürich.

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Jahresbericht PwC Schweiz

Der Jahresbericht 2006/07 von Pricewater-houseCoopers Schweiz steht im Zeichenvon «Good Questions». Indem PwC guteFragen stellt und diese auch beantwortet,wird sie den Dialog mit Kunden und Mitar-beitenden intensivieren, und sie wird denWert der Marke PricewaterhouseCoopersweiter stärken. Weshalb der Dialog imPrüfungs- und Beratungsgeschäft vonzentraler Bedeutung ist, erläutert Markus R.Neuhaus im Interview. Der CEO von PwCSchweiz und von Eurofirms betont die stra-tegische Bedeutung des globalen Client-Relationship-Programms «PwC ClientExperience». Verantwortung hat PwC nichtnur ihren Kunden und Mitarbeitendengegenüber, sondern auch für die Gesell-schaft insgesamt. VerwaltungsratspräsidentDr. Edgar Fluri beschreibt, wie PwC dasThema «Responsible Leadership» angeht.PwC hat auch im Berichtsjahr ihre führendePosition innerhalb der Branche behauptetund erfolgreich gewirtschaftet: Der Dienst-leistungsertrag (brutto) erhöhte sich um 21 Millionen auf 674 Millionen CHF.

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Von der Kunst des Weichenstellens.Was tun, wenn sich abzeichnet, dass die Zukunft des Unternehmens in Gefahrist? Konsequent gegensteuern! Die Rhätische Bahn macht es vor.

Text: Franziska Zydek Fotos: Stefan Walter

Sie ist Star unzähliger Postkarten und Fotokalender, Symbol für Schweizer Brücken- undTunnelbaukunst, Lebensnerv des Engadins und der abgelegenen Bergtäler. Die RhätischeBahn (RhB) ist ein echter Sympathieträger. Sie ist aber auch ein komplexes Wirtschaftsun-ternehmen mit verschiedenen Geschäftsfeldern, die sich gegenseitig ergänzen: Die roteMeterspurbahn ist Dienstleisterin im Reise-, Regional- und Güterverkehr, unterhält ein zumTeil 100 Jahre altes, schwer zugängliches Streckennetz mit zahllosen Tunnels und Brückenund besitzt eigene Industriewerke, die das Rollmaterial instand halten. Erwin Rutishauser, seit November 2004 CEO der RhB, präsentierte ein knappes Jahr nach seiner Amtsübernahme folgende Hochrechnung: Die Bahn würde in den kommendenJahren einen kumulierten Fehlbetrag von über 100 Millionen CHF einfahren – vorausge-setzt, man wirtschafte weiter wie bisher. Veränderte Marktbedingungen, Sparmassnahmender öffentlichen Hand und die interne Kostenentwicklung würden die Bündner Staatsbahnbis 2012 auf ein Abstellgleis führen. Es musste etwas geschehen.

Rund 150 Millionen CHF kostet der neue Bahnhof in Chur, ein Gemeinschaftsprojekt der Rhätischen Bahn, der SBB sowie der Stadt Chur, das 2008 fertiggestelltsein wird. 400 Züge verkehren hier täglich, über 15 000 Personen – Pendler, Touristen und Wochenendausflügler – nutzen die moderne Infrastruktur.

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Die vom Verwaltungsrat verabschiedetedoppelspurige Strategie, die Rutishauserund sein Team erarbeiteten, soll nachhaltigdie Weichen für eine erfolgreiche Zukunftstellen. Die beiden Hauptgeleise: Einnah-men stärken und gleichzeitig durchProzessoptimierung Kosten senken. Zwarfinanziert sich die RhB zu einem beträchtli-chen Teil über Abgeltungen von Bund undKanton, die Kosten für 30 Prozent der Infra-struktur und 60 Prozent des Verkehrs musssie jedoch selbst erwirtschaften. Eine Tatsa-che, die CEO Rutishauser nicht deutlichgenug betonen kann – es ärgert ihn, wennbehauptet wird, die Bahn fahre nur dankSteuergeldern.

Investieren und Kosten sparen«Wir versuchen, mit aller Kraft bei den Erträ-gen Gas zu geben und gleichzeitig, wo esgeht, bei den Kosten zu bremsen», sagt derCEO. Weil bei der RhB alle Geschäftsfeldereng vernetzt seien, habe jede Massnahmeunmittelbare Folgen für die anderen Berei-che. «Um zum Beispiel im Reise- undTourismusverkehr zu wachsen, verstärkenwir unser Marketing. Wir suchen in der

Schweiz und weltweit starke Partner unterden Tourismusunternehmen und sind mit unseren Bahnreiseangeboten auf den wichtigsten Messen vertreten. Um die sogewonnenen Kunden zufrieden zu stellen,brauchen wir modernes, attraktives Rollma-terial und leistungsstarke Züge. Um dieseInvestitionen zu finanzieren, müssen wiranderswo Kosten sparen. Wir müssen unse-re Prozessabläufe verbessern und sinddadurch gezwungen, Stellen abzubauen.Gleichzeitig sind wir in allen Unternehmens-bereichen auf hoch motivierte und gutausgebildete Leute angewiesen – wasbedeutet, dass wir zusätzlich in die Mitar-beiterausbildung investieren.»

Die Bahnreform 2

Die geplante Reform des Schweizer Bahnwesens sah unter ande-rem vor, die Beiträge von Bund und Kantonen an Anlagen derPrivatbahnen mittels Leistungsvereinbarungen neu zu regeln. Seitdie eidgenössischen Räte Ende 2005 die Bahnreform 2 zurückge-wiesen haben, ist mit einer neuen Lösung für die Infrastrukturfinan-zierung nicht vor 2011 zu rechnen. Für die Zwischenzeit hat dasBundesamt für Verkehr (BAV) eine Übergangslösung implementiert:Das Parlament bewilligte einen Rahmenkredit von insgesamt 800Millionen CHF, aus dem den Bahnen zinslose bedingt rückzahlbareDarlehen für Investitionen in ihre Anlagen gewährt werden. DieMittel werden zwischen 2007 und 2010 gestaffelt freigegeben. DerSchlüssel für die Verteilung der Gelder war bisher abhängig von derFinanzkraft eines Kantons, von den Bahnkilometern, der Topografieund der Anzahl Menschen pro Quadratkilometer. Aufgrund desneuen Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen, der ab2008 in Kraft tritt, ist dieser Schlüssel nur noch abhängig von derBevölkerungsdichte und der Privatbahnlänge. Für einen dünnbesiedelten Gebirgskanton wie Graubünden schätzt BAV-SprecherGregor Saladin die vom Bund übernommenen Kosten auf etwa 85 Prozent. Die Beträge werden jedes Jahr neu ausgehandelt.

Dieser Kreislauf müsse auf allen Ebenenfunktionieren, damit der Lebensnerv derBahn nicht abgeklemmt werde. «Die Kunstist es, nach innen und aussen in allenGeschäftsbereichen klare Prioritäten zusetzen und die Kosten so zu gestalten, dassdas Ergebnis unter dem Strich positiv ist.»Und dies auf lange Sicht. Als der Verwal-tungsrat und die Geschäftsleitung 2006 und2007 entschieden, neue Triebzüge im Wertvon 200 Millionen CHF zu bestellen, wardies eine mutige Investition in die Zukunft.Ziel der RhB-Offensive ist deutlichesWachstum in allen Geschäftsbereichen –sechs Prozent waren es 2006, ein Jahr nachLancierung der neuen Strategie. Ein Erfolg,der zeigt, dass man auf dem richtigen Wegist. Auch die nächsten beiden Jahre habeman im Griff, sagt Rutishauser. Für diekommenden vier Jahre sind weitere Investi-tionen in Markt, Rollmaterial und Infrastruk-tur geplant und zu finanzieren, um in dendarauf folgenden Jahren weitere Zuwachs-raten generieren zu können. Der Umstrukturierung fielen insgesamt 145Stellen quer durch alle Hierarchiestufen zumOpfer. Ein Grossteil des Stellenabbaus liess

Erwin Rutishauser, seit November 2004 CEO der RhB.

Das Ziel ist deutlichesWachstum in allenGeschäftsbereichen.Sechs Prozent waren es 2006, ein Jahr nach Lancierung derneuen Strategie.

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Die Rhätische Bahn ist ein komplexes Unter-nehmen mit verschiedenen Geschäftsfeldern, die sich gegenseitig bedingen. Oben die Industrie-werkstätten und der Güterverlad in Landquart,unten das Zusammenspiel von Alt und Neu amBahnhof Filisur.

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Topmoderne Panoramawagen ermöglichen einekomfortable Fahrt durch die einmalig schöne Bergwelt – der Unterhalt des Streckennetzes istallerdings extrem aufwändig und kostenintensiv.Unten das RhB-Areal in St. Moritz, ein Immobilien-besitz in bester Lage mit finanziellem Potenzial.

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sich durch natürliche Fluktuation undvorzeitige Pensionierungen abfedern. Fürdie 27 Mitarbeitenden, die entlassenwurden, erarbeitete die RhB-Führung mitden Gewerkschaften innerhalb wenigerWochen einen Sozialplan.

Das Angebot optimierenVon Europa bis Japan wird die BündnerBahn durch ihre beiden Paradezüge GlacierExpress und Bernina Express wahrgenom-men. Rund eine halbe Million Touristen ausaller Welt erleben jährlich die Fahrt durchdie spektakuläre Bergwelt von St. Moritz bisTirano und von Davos bis Zermatt. FürRutishauser hat die Pflege der beidenBrands Priorität: «Da optimieren wir konti-nuierlich unser Angebot.» Die 24 im vergan-genen Jahr angeschafften, topmodernenPanoramawagen, ein neues Gourmet-konzept und ein elektronisches Kundenin-formationssystem an den wichtigsten Bahn-höfen sollen die Züge für Touristengruppenaus aller Welt noch attraktiver machen. Die RhB-Verantwortlichen rechnen damit,dass sich die internationale Wahrnehmungder beiden Vorzeige-Brands Glacier- undBernina Express noch steigen wird, wenndie Kandidatur «Rhätische Bahn in derKulturlandschaft Albula/Bernina» alsUNESCO-Welterbe erfolgreich ist. EineEntscheidung wird für das kommende Jahrerwartet. Dennoch ist das Potenzial derbeiden Expresszüge schon allein aus Kapa-zitätsgründen nicht beliebig steigerbar: «Wirwerden im Reiseverkehr nicht übermässigwachsen können», stellt Rutishauser klar.«Bisher lagen unsere Prioritäten eher imSaisonbetrieb. Jetzt setzen wir neueSchwerpunkte für die Zwischensaison.»Bereits heute bescheren die beiden Zügeden Orten St. Moritz und Davos pro Jahrgut 200 000 zusätzliche Übernachtungen. Rund 14 Millionen CHF erwirtschaftet dieRhB mit den beiden beliebten Touristen-

zügen, etwa gleich viel wie mit dem lokalenPendelverkehr. Den Löwenanteil von 51Millionen erbringt der sogenannte Freizeit-verkehr – Wochenendskifahrer, Familien in den Wanderferien, Bergsteiger, Biker,Tagesausflügler etc. «Gut 80 Prozent unse-rer Erträge generieren wir auf dem Schwei-zer Markt», schätzt Rutishauser. Hier siehter echte Wachstumschancen. Den Anfangmachen verstärkte Werbemassnahmen und kombinierte Bahnangebote im Sport-,Freizeit- oder Wellnessbereich. In Zukunftwill man für den Schweizer Markt und die angrenzenden Nachbarländer attraktiveWochenend- und Kurztrip-Packages onlinebuchbar anbieten. Aber auch im Pendler-markt will die RhB dank modernen Trieb-zügen wachsen – man setzt darauf, dereinheimischen Bevölkerung eine wetterun-abhängige Alternative zum Auto zu bieten. Auch im Güterverkehr will die RhB sich klarpositionieren. Allein im vergangenen Jahrkonnten sechs Prozent mehr Waren als imVorjahr transportiert werden – der kombi-nierte Verkehr wurde um 13 Prozent gestei-gert. Das freut Rutishauser, der in dieserEntwicklung – nach einer mehrjährigenAbwärtskurve – eine Trendwende sieht. «DieZeit arbeitet für die RhB», sagt er mit Blickauf Umweltprobleme und Klimaverände-rung. Anlass zur Freude geben auch neueKunden, zum Beispiel das GrosssägewerkStallinger Swiss Timber in Domat/Ems. Umab 2008 die vereinbarte Transportmenge

von jährlich 70 000 Kubikmeter Holz bewäl-tigen zu können, entwickelte die RhB eigensein massgeschneidertes Beförderungskon-zept und investierte 6 Millionen CHF in neueGüterwagen.Erwin Rutishauser legt mit der Umstruktu-rierung der RhB ein schnelles Tempo vor.Der 58-jährige Zürcher Betriebsökonom hatErfahrung im Bahnbusiness, erst in leiten-den Funktionen bei den SBB, später alsSelbständiger im Bereich Management-support für Unternehmen des öffentlichenVerkehrs, für Kantone und Gemeinden. Vor seiner Ernennung zum CEO sass derbegeistere Bergsteiger zehn Jahre alsBundesvertreter im Verwaltungsrat der RhB– was ihn zu einem profunden Kenner desUnternehmens machte.

Neue Einnahmequellen nutzen«Es genügt nicht, in unseren Kernkompe-tenzbereichen gute Zahlen zu schreiben, wir müssen darüber hinaus zusätzliche Ein-nahmequellen generieren», betont er. EinBeispiel dafür sind die firmeneigenen Indus-triewerkstätten in Landquart, deren Aufgabebisher darin bestand, das Rollmaterial derRhB zu warten und instand zu halten. Dankdieser Spezialisierung werden vermehrtFremdaufträge akquiriert. Einen Erfolgkonnte die RhB zum Beispiel dieses Jahrverbuchen – in Landquart werden für dieFirma Stadler Rail AG die Aluminiumgerippevon 20 Reisewagen mit allen eisenbahn-technischen Einrichtungen und Systemensowie WC- und Klimaanlagen, Bestuhlung,Türen, Fenstern etc. versehen.Ein weiterer Geschäftsbereich, der bisherkaum genutzt wurde, betrifft die RhB-Immo-bilien. An den Bahnhöfen – und damit an bester Lage – besitzt das UnternehmenGebäude und Grundstücke, so auch in St. Moritz, Davos, Arosa und anderenGlamourdestinationen Graubündens. Daliegt in Form von Abstellgeleisen, Schuppenund Lagerhallen ein verblüffendes Potenzialbrach! Derzeit wird eine Strategie entwi-ckelt, die es in Zukunft ermöglicht, mit denBahnarealen den grösstmöglichen Ertrag zuerwirtschaften. Selbst Bahnwärterhäuschenbekommen im Zuge der Mittelbeschaffungeine neue Aufgabe – zum Beispiel als miet-bare Ferienwohnungen für Nostalgiefans.Sieht er heute Licht am Ende des Tunnels?«Ja, wir sind einen wesentlichen Schrittweiter, dank einer grossen Teamleistung»,sagt Rutishauser. «Auch wenn der neueSchub viel Kraft kostet: Es geht bergauf.» //

Die Rhätische Bahn

1889 gewann der Hotelier Wilem Jan Holsboer für seine Idee, eineMeterspurbahn von Landquart nach Davos zu bauen, die Unter-stützung von Banken, Politikern und Gemeinden – und ging alsGründer der RhB in die Geschichte ein. Heute verfügt das Unter-nehmen über ein Streckennetz von 384 Kilometern mit Steigungenbis zu sieben Prozent, 582 Brücken und 114 Tunnels mit einerGesamtlänge von gut 60 Kilometern. Die RhB beschäftigt heuterund 1300 Personen in 80 verschiedenen Funktionen, erwirtschaf-tete 2006 einen Ertrag von 275 Millionen CHF und schrieb nachRückstellungen – auftragsgemäss – einen moderaten Gewinn.

«Es genügt nicht, in unseren Kernkompetenz-bereichen gute Zahlen zu schreiben, wir müssendarüber hinaus zusätzli-che Einnahmequellengenerieren.»

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trend. glücksforschung.

Erfolgsfaktor Zufriedenheit.

Mehr Lohn bringt nicht automatisch mehr Leistung. Und Chefs mit unglücklichen Mitarbeitern machen einen schlechten Job, sagt der Ökonomieprofessor Bruno S. Frey.

Interview: Bernhard Raos

Professor Frey, müssen Unternehmen inerster Linie profitabel sein und Gewinneerzielen oder sollte die Wirtschaft dieMenschen möglichst glücklich machen? Die Marktwirtschaft hat den Sinn, dassAnbieter das produzieren, was nachgefragtwird. Gewinn ist nur ein Anreiz: Die Unter-nehmen, welche diejenigen Güter produzie-ren, die am stärksten nachgefragt werden,machen den höchsten Gewinn. Gewinn ansich hat keine Bedeutung – und nichts mitGlück zu tun.

Ist es Ihrer Meinung nach wichtig, dassdie Mitarbeiter eines Unternehmensglücklich sind?Nein. Glück ist etwas Kurzfristiges und eheremotional bestimmt. Die Mitarbeiter dürfenaber auch nicht unzufrieden sein. Mit frus-trierten Leuten kann man nichts erreichen.Schon ein einzelner Unzufriedener kann ineinem Unternehmen grossen Schadenanrichten.

Sind zufriedene Mitarbeiter Chefsache?Unbedingt – das ist eine ganz wichtigeAufgabe von Vorgesetzten. Was wir in derSchweiz und in ähnlich entwickelten Volks-wirtschaften brauchen, sind Mitarbeiter, diemitdenken und neue Lösungen entwickeln.Dazu müssen sie von ihren Chefs motiviertwerden. Chefs, die ständig nörgeln undalles vorgeben, machen ihre Leute unzufrie-den und treiben sie in die Kündigung.Solche Chefs dürfen auch nicht erwarten,dass Mitarbeiter in unerwarteten Situationenselber aktiv werden.

Was zeichnet zufriedene Mitarbeiter aus?Wer mit seiner Arbeit zufrieden ist, über-nimmt zusätzliche Aufgaben, die nicht inseinem Pflichtenheft stehen. ZufriedeneMitarbeiter sind innovativer, wenn sie denFreiraum dazu erhalten. Diese Selbstbe-stimmung ist wichtig – auch in Konkurrenzzu Wirtschaften wie etwa China und Indien,wo Freiräume für Mitarbeiter wenigerausgeprägt sind.

Wie sehen Sie eine Möglichkeit fürSelbstbestimmung in hierarchisch struk-turierten Unternehmen?Die Hierarchien waren früher steiler. Wirbrauchen heute auf allen Stufen noch mehrgut ausgebildete Leute, die mitdenken und initiativ werden. Dies wird noch viel zuwenig gesehen, obwohl es für unsere Unter-nehmen in Zukunft entscheidend sein wird.

In Geschäftsberichten steht in der Regelnichts von Zufriedenheit. Da regierenUmsatz, Margen und Gewinn.Nur bei der Aussendarstellung der Unter-nehmung spielt heute der Faktor Mitarbei-terzufriedenheit eine Rolle – zum Beispiel inInseraten. Wenn es ums «richtige» Geschäftgeht, werden die «weichen» Faktorenvergessen. Das ist aus ökonomischer Sichtein Fehler: Zufriedene Mitarbeiter sindproduktiver, wechseln weniger den Job undwerden weniger krank. Das schlägt sich in der Unternehmensbilanz positiv nieder.

Wie zufrieden und glücklich macht nachIhren wissenschaftlichen Untersuchun-gen ein höherer Lohn?Bei tiefen Einkommen nimmt das Glück mitsteigendem Lohn zu. Mehr Geld bedeutet indiesem Fall mehr Sicherheit, und die Grund-bedürfnisse können sorgloser abgedecktwerden. Bei höheren Löhnen wirkt eineLohnerhöhung hingegen nur kurzfristig. Derzusätzliche Glückseffekt ist schon nacheinem Jahr zu drei Viertel wieder weg. Mangewöhnt sich rasch an ein höheres Ein-kommen. Vor allem ist man enttäuscht,wenn man sich mit anderen vergleicht, die

Dr. Bruno S. Frey ist Professor für Volkswirtschafts-lehre an der Universität Zürich und Gastprofessor ander ETH Zürich. Er gehört zu den angesehenstendeutschsprachigen Ökonomen und gilt internationalals Kapazität in Sachen Glücksforschung.

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Page 51: Das Magazin für Entscheidungsträger. Dez. 2007 ... · Das Magazin für Entscheidungsträger. Dez. 2007 Innovationsstandort Schweiz. ... der Zukunft. Kein Wunder, ist es ein grosses

noch mehr bekommen. Im Gegensatz dazuschleifen sich nichtmaterielle Werte wieFreundschaften und Netzwerke viel wenigerab.

Was halten Sie von Leistungslöhnen undBoni? Ich bin für marktgerechte Löhne. Man sollteaber nicht für jede zusätzliche Leistungnoch was drauflegen. Das führt nur dazu,dass die Mitarbeitenden sich jeden Morgenüberlegen, wie sie noch mehr Geld aus derUnternehmung holen könnte. Leistungslöh-ne führen nicht zu höherer Produktivität,sondern verdrängen eher die Arbeitsfreude.Menschen wollen eine gute Leistung erbrin-gen. Diese intrinsische Motivation ist wich-tig. Doch dafür braucht es keine Boni,sondern möglichst viel Freiraum.

Sind Ihrer Erfahrung nach Manager mitIhrer Arbeit glücklich?Gerade Manager definieren sich sehr starküber ihre Arbeit. Die meistens Chefsbezeichnen sich als zufrieden. Obwohl sieim Berufsalltag viel Ärger und Widerstandauszuhalten haben. Es ist nicht angenehm,wenn man beispielsweise Mitarbeiterversetzen oder entlassen muss. Gleichzeitigbetonen Chefs auch, wie wichtig ihnen dieFamilie sei.

Sehen Sie dies als empirischen Beleg fürdie Work-Life-Balance?Ja. Dieser Ausgleich ist sehr wichtig. Bei zuviel Arbeit kommen Familie und Freizeit zu kurz. Nehmen Sie die USA, wo viele nurzwei Wochen Ferien im Jahr machen. Der amerikanische Nobelpreisträger DanielKahneman behauptet, die Amerikanerwären glücklicher, wenn sie weniger arbei-ten müssten. In der Schweiz haben wirmindestens vier Wochen Ferien – auch diemeisten Chefs nehmen Ferien. Aber: DieZeit der Manager ist eine knappe Ressour-ce. Sie müssen sich gut überlegen, wie siedamit umgehen. Es zeichnet kompetenteChefs aus, dass sie sich ihre Zeitfensterschaffen. Wer delegiert, hat mehr Zeit.

Nach Ihren Untersuchungen sind dieSchweizer besonders glücklich. Auf einerzehnteiligen Skala stufen sie sich mit 8,2im europäischen Vergleich ganz obenein. Was sind die Gründe?Wir haben grosse Vorteile: eine florierendeWirtschaft, relativ wenig Kriminalität, niedri-ge Steuern und hervorragende politischeStrukturen mit direkter Beteiligung desVolkes.

Sie werten politische Partizipation alsGlücksfaktor? Aber immer weniger Leutebeteiligen sich an Wahlen und Abstim-mungen...In den letzten Jahren ist die Beteiligungs-quote nicht weiter gesunken. Bei wichtigenAbstimmungen stimmen jeweils deutlichmehr Personen ab. Dieses Stimmverhaltenist rational und zeigt, dass unser Systemgut funktioniert.

Gibt es so etwas wie einen genetischenGlücksfaktor? Ja, das ist empirisch belegt. Eine positiveEinstellung zum Leben ist genetischbedingt. Chefs können diese Begabungfördern, indem sie Vertrauen in ihre Mitar-beiter zeigen. //

«Ich bin für marktgerechteLöhne. Man sollte abernicht für jede zusätzlicheLeistung noch was drauflegen. Das führt nurdazu, dass die Mitarbei-tenden sich jeden Morgen überlegen, wiesie noch mehr Geld ausder Unternehmung holen können. Leistungs-löhne führen nicht zuhöherer Produktivität,sondern verdrängen eherdie Arbeitsfreude.»

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Charity.Wie man einen Event kreiert.Was muss man unternehmen, damitLeute, die alles haben, grosse Summenfür einen guten Zweck spenden? Die Zielgruppe glücklich machen, sagtMary Hofstetter, Executive Director of the Swiss Red Cross Ball.

Text: Kaspar MeuliPorträt: Cédric Widmer

Ein gesellschaftliches Grossereignis kreiertseine eigenen Legenden. Zum BeispielGeschichten wie diese: Die Stimmung aufdem Rotkreuzball 2003 in der Arena in Genfwar ausgezeichnet, und die Benefizauktion– der traditionelle Höhepunkt des Abends –aufs Beste angelaufen. Das nächstes Losauf dem Programm: ein Foto von Alinghi,dem Siegerboot des America’s Cup 2003mit den Autogrammen aller Teammitgliederplus zwei signierte Alinghi-T-Shirts. Objekteohne jeden materiellen Wert. Doch schonbald wurden für die Memorabilien stolze70 000 CHF geboten. Nicht genug Geld füreine gute Sache, befand Alinghi-Besitzerund Serono-Chef Ernesto Bertarelli, standauf und rief in den Saal: «Der Meistbietendedarf einen Sonntagnachmittag lang mit miraufs Boot!» Die Gebote stiegen kräftigweiter, und als sie bei 100 000 CHF ange-langt waren, gab Bertarelli noch eins drauf:«Vor dem Segeln gibt’s bei uns zu Hause ein Mittagessen!» Zwischenruf aus demPublikum: «Und wie wär’s mit einer PartieTennis vor dem Essen?» Lachend stimmteBertarelli zu, und so wurden die Souvenirsschliesslich einer glücklichen Käuferin für150 000 CHF zugeschlagen.

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Rotkreuzball-Direktorin Mary Hofstetter mit Harry in ihrem Genfer Büro.

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Beat Wagner, Kommunikationschef desSchweizerischen Roten Kreuzes, erzähltdiese Anekdote, um zu erklären, warumseine Organisation seit 2002 mit einem Ballam Genfersee für ein jährliches Stelldicheinder Reichen und Schönen sorgt. «Wir habendiese Formel gewählt, damit wir Leuteansprechen können, die bereit sind, vielGeld aufs Mal zu spenden – dies aber ineinem bestimmten Rahmen tun möchten.Diese Zielgruppe gibt es und sie ist äusserstgrosszügig.»Zuständig für die Kreation des exklusivenRahmens für den Rotkreuzball ist MaryHofstetter, Amerikanerin, seit Jahren in Genfverankert und darüber hinaus eine Dame,die über erstklassige internationale Bezie-hungen verfügt. Sie betreibt eine Event-agentur mit Namen Blue Heron Productionsund ist vom Roten Kreuz mit der Organisa-tion des Wohltätigkeitsevents beauftragt. Um dem Mandat den nötigen Nachdruck zu verleihen, trägt sie den Titel ExecutiveDirector of the Swiss Red Cross Ball.

Eintrittskarten als Objekte der BegierdeMary Hofstetter scheint wie geschaffen fürdiese Aufgabe: herzlich, charmant und miteiner guten Dosis amerikanischer Extrover-tiertheit ausgestattet. Ihr Adressbuch ist

Gold wert, denn darin sind die wichtigstenund gewichtigsten Adressen beidseits des Atlantiks verzeichnet. Ihren Einstand ins Eventgeschäft gab sie – zusammen mit ihrem damaligen Ehemann, MichaelHofstetter, der in Genf ein Mode- undSportgeschäft besitzt – mit einer Mode-schau für die Sportmarke Bogner mit 1000Gästen. Später baute sie im Auftrag desbritischen Roten Kreuzes einen – unter-dessen berühmten – Benefizball in Londonauf, den sie seit 16 Jahren ausrichtet.Die helvetische Version des karitativenEvents gilt mittlerweile als wichtigstesgesellschaftliches Ereignis der Romandie,und der Andrang für begehrte Karten wirdJahr für Jahr grösser. Bei einem Preis von 600 CHF pro Person waren die 900Balltickets in diesem Jahr bereits Wochen im Voraus ausverkauft. Wer zu spät kam,musste auf die Warteliste.Eine erstaunliche Entwicklung für einenAnlass, der gerade erst sechs Mal stattfand.Was braucht es, um es im Charity Businessso schnell an die Spitze zu bringen undkonstant Erfolg zu haben? GeheimnisNummer eins: «Unsere anspruchsvolleKlientel will immer wieder überraschtwerden», sagt Mary Hofstetter. Für sieheisst das: Sich niemals wiederholen!

Die Balldirektorin kreiert ihre Ballnächtejedes Jahr rund um ein immer neuesThema. Den Auftakt machte 2002 «La DolceVita» mit dem italienischen RocksängerZucchero als Gaststar. Im vergangenen Jahrlief der Anlass unter dem Titel «La Nuit des Orchidées» und zelebrierte den Zauberdes Fernen Ostens, wozu unter anderemTausende von frischen Orchideen aus Thai-land eingeflogen wurden. Unter den illustrenGästen figurierte auch eine thailändischePrinzessin. Das Motto des Balls 2007 war: «Stetson,Satin & Lace». Dresscode und Western-dekor in den ehemaligen Hallen des SBB-Bahnhofs von Morges hatten weniger mitder Heimat der Gastgeberin zu tun als mitaktuellen Stil- und Modetrends. Als Charity-Ball-Organisatorin, so Mary Hofstettermüsse sie die Nase ständig im Wind haben,sozusagen im Voraus spüren, welcherModetrend in der Luft liegt. «Ich kaufe jedesFrauenmagazin, das mir in die Händekommt, und lese ‹Vogue›-Ausgaben aus der ganzen Welt. ‹Stetson, Satin & Lace›war das Ding 2007 – zwei Grammy Awardsgingen an Country-and-Western-Künstler!» Mit dem Ergebnis dieses permanenten Stilmonitorings steht und fällt der Erfolgeines Balles, denn die Direktorin weiss aus

«Charity Events sind nicht nur für die Mittelbeschaffungwichtig, sie sind auch Fixpunkte im Entertainment-Kalender.»

Prof. Dr. René Rhinow, Präsident des SRK,begrüsst am Rotkreuzball Prominenz aus Hoch-adel, Wirtschaft und Politik sowie Celebrities wie Naomi Campbell. Eine spendefreudige, aber auch anspruchsvolle Klientel, die Unterhaltung auf höchstem Niveau erwartet.

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Erfahrung, wie wichtig es ist, dem Mode-bewusstsein ihrer weiblichen Gäste zuentsprechen. «Die Frauen wollen an unse-rem Anlass etwas Topaktuelles anziehenund darin grossartig aussehen.»

Ein Netzwerk hochkarätiger SponsorenErfolgsgeheimnis Nummer zwei: Kein Detail ausser Acht lassen! Mit besondererAufmerksamkeit kümmert sich die Event-managerin zum Beispiel um das gedruckteProgramm des Red Cross Ball – ein mehr als 100-seitiges Hochglanzmagazin.Die perfekten Orchideenbilder für dieAusgabe 2006 waren ihr ein Fotoshooting in thailändischen Gewächshäusern wert.Die Ausgabe des Programmhefts 2007wiederum ziert ein Bild aus der Cowboy-serie des renommierten US-KünstlersRichard Prince, dessen Arbeiten für übereine halbe Million USD verkauft werden.Seine Galerie liess sich für den guten Zweckdazu bewegen, das Copyright umsonstabzutreten.Der Aufwand, den Mary Hofstetter bei derGestaltung des Programms treibt, hat einenguten Grund: Das Heft ist ihr wichtigstesVerkaufsargument bei der Sponsorensuche.Dabei geht es nicht nur um finanzielleUnterstützung, sondern auch um Natura-

lien. Für das leibliche Wohl der Gästekommen beim Rotkreuzball ausschliesslichSponsoren auf. Sie stiften vom Mineralwas-ser, über den Wein und das 5-Gang-Menu –für welches das Genfer Hotel Beau-Rivagemit einer ganzen Kochbrigade anrückt – bis zu Kaffee und Schokolade alles, was dieverwöhnte Gästeschar begehrt. Auch für die aufwändige Dekoration suchtund findet die Balldirektorin Gratislieferan-ten. Auf Recherche nach geeigneten Acces-soires habe sie an der Pariser Interieur-messe Maison et Objet die Stoffe desholländischen Herstellers Chivassoentdeckt, erzählt Mary Hofstetter. Mit ihreransteckenden Begeisterung habe sie demUnternehmen klargemacht, welch grossarti-ges Schaufenster ihr High-Society-Anlassam Genfersee darstelle. Und tat-sächlichtrug die Firma im vergangenen Juni mit Stoffim Wert von 65 000 EUR zum Westerndekorbei. «Wir hatten bisher noch nie eine Wohl-tätigkeitsveranstaltung unterstützt», erklärtRobert Petit, International Sales and Marke-ting Manager von Chivasso, «aber mit derArbeit des Roten Kreuzes können wir unsvoll und ganz identifizieren. Und nicht zuvergessen: Das Publikum des Ballsentspricht präzis unserer potenziellen Kund-schaft.»

Der Kontakt zum Dekorsponsor kam eherzufällig zustande. Doch gewöhnlich nutztdie Balldirektorin ihr Beziehungsnetz ganzgezielt. Bei Richard Prince, dem Cowboy-künstler, sprach Simon de Pury, der interna-tional gefragte Auktionator und Kunsthänd-ler, im Namen des Roten Kreuzes vor. DePury, ein alter Bekannter, führte auch gleichdie Benefizauktion am Westernabenddurch. Diese bringt regelmässig mehr alsdie Hälfte des Reinerlöses des Balls vondurchschnittlich rund 800 000 CHF ein.Bei den Versteigerungen – das gilt im Chari-ty Business als Branchenregel – sitzt denwohlhabenden Gästen das Geld Besonderslocker in der Tasche. Doch um ein Publi-kum, das sich alles leisten kann, zu verfüh-ren, muss schon etwas ganz besonderesunter den Hammer: «Dinge, die nicht fürGeld zu haben sind», sagt Arpad Busson,Hedgefonds-Gründer und Initiant desKinderhilfswerks Ark (Absolute Return forKids). Die Ark-Anlässe zählen zu den Benefizveranstaltungen, die weltweit ammeisten Geld einbringen. Im vergangenenMai etwa kamen im Marlborough House inLondon satte 65 Millionen CHF zusammen.An einem einzigen Abend. Höhepunkt istauch bei den Ark-Soirées jeweils dieVersteigerung, wo schon um so unbezahl-

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bare Vergnügungen geboten wurde wie einYoga-Kurs mit Sting, Tanzen mit RichardGere oder eine Partie Tennis mit Tony Blair.In dieser Promiklasse kann der SchweizerRotkreuzball zwar noch nicht mithalten, undauch bei den gesammelten Beträgen – dieGelder sind jeweils für die Opfer von ver-gessenen Katastrophen bestimmt – spielendie Genfer in einer tieferen Liga. Dennoch:Die rauschende Ballnacht bringt dem RotenKreuz unter dem Strich rund 3 Prozent desgesamten privaten Spendenaufkommensvon 25 Millionen CHF ein.

Hochengagierte VIP einbindenLohnt sich da der ganze Aufwand? Unbe-dingt, versichert Kommunikationschef Beat Wagner, denn es zähle nicht nur dasfinanzielle Ergebnis. «Wir kommen durchden Ball zu wertvollen Kontakten. Aufdieses Netzwerk können wir zurückgreifen.»Besonders die Mitglieder des Ballkomiteesseien persönlich engagiert und sehr an der Arbeit des Roten Kreuzes interessiert.«Diese Leute suchen nicht nur denGlamour!»Tatsächlich lässt sich der Kreis der freiwilli-gen Helferinnen und Helfer des ExecutiveCommittee bei seinen regelmässigen Tref-fen im Genfer Hotel Beau-Rivage von den

sich. Und zwar in der Schweiz genau wie in London. Unterdessen buchen unsereGäste aus den USA und den europäischenNachbarländern ein Jahr im Voraus.»Dafür, dass die Atmosphäre stimmt, ziehtdie Balldirektorin alle Register: Sie garantiertveritable Stars – vom Buena Vista SocialClub bis zur Violinistin Vanessa-Mae – diealle umsonst auftreten. Sie sorgt für dienötige Dosis Glamour – beim diesjährigenBall etwa schwebte als Überraschungsgastplötzlich Naomi Campbell herein. Und sieüberlässt auch bei der Sitzordnung nichtsdem Zufall. Eigenhändig telefoniert sichMary Hofstetter durch die Gästeliste, umganz diplomatisch und diskret Erkundigun-gen über gesellschaftliche Kompatibilitäteneinzuholen. So stellt sie sicher, dass amgrossen Abend Alter, Sprache und Chemiean den Tischen wirklich stimmen.Auch die Reichen und Schönen wollen ihrenSpass haben – und wenn das Ganze einemguten Zweck dient, umso besser. ErnestoBertarelli brachte es auf den Punkt: «Wirwollen einen schönen Abend erleben»,sprach er einer Reporterin des Westschwei-zer Fernsehens TSR ins Mikrophon. «Undwir wollen uns gut fühlen, bei dem, was wirmit unserem Geld tun. Damit ist allengedient.» //

Rotkreuzverantwortlichen im Detail über die Aktivitäten der Organisation informieren.Das Komiteemitglied Gräfin Celia vonBismarck etwa ist kürzlich nach Rumäniengereist, um sich vor Ort zu überzeugen, wiemit Mitteln aus der Schweiz ein Hilfsprojektfür Mütter und Kinder unterstützt wird.«Unsere Gönner wollen wissen, wofür sieihre Zeit und ihr Geld hergeben», erklärtMary Hofstetter. Das Interesse an der Arbeitdes Roten Kreuzes nehme ständig zu.Zurück an den Ball 2007. Zurück in den«Silver Spur Saloon» in Morges, wo denLadies and Gents die eigens aus Austin,Texas eingeflogene Cornell Hurd Band sorichtig einheizt. Die Stimmung ist gut, aberweshalb eigentlich will die Hautevoleegenau hier mit dabei sein? Weshalb stecktsich die versammelte Genfer Gesellschaftsamt internationalem Zuzug einen Sheriff-stern ans Revers und zieht Cowboystiefelan? Die Antwort ist Mary Hofstetters Erfolgsge-heimnis Nummer drei: Entspannte Atmo-sphäre und gute Unterhaltung! «Das Wich-tigste ist, dass sich die Leute amüsieren.Charity Events sind nicht nur für die Mittel-beschaffung wichtig, sie haben sich auch zu Fixpunkten im Entertainment-Kalenderentwickelt. Man trifft sich, man ist unter

Der Erlös desAbends wird fürHilfsprogrammedes SRK zugunstender Opfer verges-sener Katastrophenverwendet.

Kunsthändler Simon de Pury versteigert einenTennisschläger von John McEnroe. Die Auktionbringt regelmässig mehr als die Hälfte des Reinerlöses des Balls ein.

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«Ulysses»: Unbürokratische Hilfe in Osttimor.

Neun Tage nachdem Osttimor 1975 dieUnabhängigkeit von Portugal erlangt hatte,annektierte Indonesien das Land und mach-te es trotz internationaler Verurteilung zuseiner 27. Provinz. Während der 24 Jahreindonesischer Besatzung starben fast183 000 der 800 000 Einwohner – bis dasLand schliesslich im Mai 2002 endgültigunabhängig wurde. Für Iwona Smith war die Ankunft in derHauptstadt Dili im Jahr 2004 ein Schock:«Noch nie hatte ich so grosse Armut gese-hen. So viele kleine Kinder, die betteln!»,erinnert sie sich. Die Wunden des langenKrieges waren noch frisch: «Egal welchesGesprächsthema man wählte, innert kürzes-ter Frist sprachen die Menschen von ihrenErlebnissen, von den Toten in ihren Fami-lien. Nichts hatte uns auf dieses Elend unddiese Emotionen vorbereitet.»Auch die Aufgabe, die das «Ulysses»-Teamzu lösen hatte, war anders als erwartet. LautBriefing galt es, die Erfolge eines internatio-nalen Hilfsprogramms zu beurteilen, das mit3 Millionen USD den Bildungsnotstand und

die Arbeitslosigkeit in Osttimor mildern soll-te. Verantwortlich für die Implementierungdes Programms war eine Gruppe Japaner.«In ihrer Angst vor Korruption hatten dieEntwicklungshelfer eine Fülle von Regle-mentierungen und Prozessen geschaffen,um sicherzustellen, dass die Mittel auch ja in die richtigen Hände gelangen», berich-tet Iwona Smith, damals seit einem JahrPwC-Partner in Warschau. Angesichts derallgegenwärtigen Not entschied das PwC-Team – neben der Polin ein Brite und einMexikaner –, die Japaner davon zu über-zeugen, regulatorische Hürden abzubauenund die Gelder schneller zu verteilen. Eineheikle Mission, allein schon wegen der gros-sen Mentalitätsunterschiede aller Beteilig-ten. Gegen Ende seines Aufenthalts wohntedas PwC-Team der Grundsteinlegung für

eine Schule bei. «Ohne uns wäre dies mitmonatelanger Verzögerung geschehen», istSmith überzeugt. Die heute 40-jährige Steuerspezialistin hat dank ihrer «Ulysses»-Erfahrung neuesSelbstvertrauen entwickelt. «Ich wusste,dass ich im Job kompetent und tough bin»,sagt sie. «Aber dass ich sehr schnell akzep-tiert und als Vertrauensperson angesehenwerde und schwierige Situationen nicht nurmit Sachverstand, sondern auch mit Empa-thie und menschlicher Wärme lösen kann,habe ich erst in Osttimor gemerkt.» Werimmer sie für «Ulysses» vorgeschlagenhabe, müsse geahnt haben, dass dieseLeaderfähigkeiten in ihr steckten, ist IwonaSmith überzeugt. Unterdessen ist sie aufder Karriereleiter nach oben gestiegen undManaging Tax Partner für Polen. Grundle-gend geändert habe sich ihr Verständnisvom Sinn ihrer Arbeit: «Eine Lösung, dienicht nachweislich nachhaltig ist, akzeptiereich nicht», sagt sie. «Für mich bedeutetdies, bewusst Verantwortung zu überneh-men und noch besser zu verstehen, wasunsere Kunden wünschen. Und dies sowohlauf einer professionellen als auch auf einermenschlichen Ebene.» //

Das PwC-Team (in der Mitte Iwona Smith) befreite ein Hilfsprojekt in Osttimorvon bürokratischem Ballast und wohnte der Grundsteinlegung einer Schule bei.

«Ulysses» ist ein Leadership-Development-Programm von PricewaterhouseCoopers. Die teil-nehmenden PwC-Partnerinnen und -Partner habenPotenzial für eine Führungslaufbahn und werdenvon ihren Länderorganisationen nominiert. In multi-kulturell zusammengesetzten Teams (3 bis 4 Perso-nen) arbeiten sie zwei Monate in Staaten der DrittenWelt zusammen mit Social Entrepreneurs, NGO oderinternationalen Organisationen. Die ausgewähltenProjekte sind eine Herausforderung und bieten dieMöglichkeit, professionelle Kompetenzen in einemvöllig anderen Umfeld einzusetzen.

pwc global

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58 ceo/pwc

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Ohne Frage keine Antwort. Ohne Antwortkeine Erkenntnis. PricewaterhouseCoopers hat wirtschaftsinteressierte Menschen aufgefordert, via Internet gute Fragen zu den Themenbereichen Leisure & Work, Local & Globalund Money & Ethics zu stellen. Rund 400 Personen haben über 800 Fragen zudiesen Themen ins Netz gestellt. Wirtschaftspublizist René Lüchinger interpretiertdieses Seismogramm der Befindlichkeit.

Es gibt berühmte Fragen der Welt- undGeistesgeschichte. Etwa diese: «Was istAufklärung?» Gestellt anno 1783 in der«Berlinischen Monatsschrift» von einemPfarrer und erklärten Gegner der Bewegungder Aufklärer. Und es gibt Antworten,welche Zeiten überdauern. Etwa dieAntwort auf oben gestellte Frage. Siestammt aus der Feder des deutschen Philo-sophen Immanuel Kant: «Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seinerselbstverschuldeten Unmündigkeit.» OhneFrage hätte es diese Antwort nie gegeben.Es ist wohl im Sinne Kants zu folgern: Werkeine Fragen stellt, verharrt im Zustand der Unmündigkeit.«Wie viele Jahre muss ein Mensch arbei-ten», fragt ein Teilnehmer im PwC-Internet-Forum, «damit er das Leben doch nochgeniessen kann?» Erst die Arbeit, dann dasVergnügen, scheint er uns sagen zu wollenund diese innere Zerrissenheit zwischen

Druck im Job und Drang nach Freizeit istdurchaus symptomatisch für die postmate-rialistische Welt, in der wir leben. Die Angstgeht um im virtuellen Frageraum, die Work-Life-Balance könnte aus den Fugen geratenund in einen Burn-out münden. Geht es umGeld, scheint dies längst nicht mehr dieWährung für den Erfolg zu sein, vielmehrder materialisierte Beweis, dass ein Zuvielmehr als nur den Charakter verdirbt. «DieNatur», sagt einer, «kommt ohne Geld aus»,und fragt maliziös: «Und Geld auch ohneNatur?» Eine Frage, in der die Antwortimperativ mitschwingt – und diese Angstvom existenziellen Verlust ausgelöst durchgrenzenlose Gier drückt auch bei vielenanderen Fragen durch: «Ist Haben wichtigerals Sein, Geld wichtiger als Charakter?» und«Warum sind Bedürfnisse ein Wachstums-markt?». Diese Sehnsucht nach neuerBescheidenheit und Gutmenschentumbringt einer auf den Punkt: «Do you knowyour limits?» Nahtlos drängen sich weitereFragen auf, zur Globalisierung etwa: «Waskommt nach der Globalisierung?» und«Wann globalisieren wir das Universum?».Grösser, höher, schneller, das ist auch eineFrage von Ethik und Moral und auch indiesem Zusammenhang kennen die Fragen-

den kein Pardon. «Wie viele Verlierer»,wollen sie wissen, «braucht es für einenGewinner?» Oder auch: «Muss die Wirt-schaft immer wachsen?» Und schliesslich:«Warum stützen Entlassungen die Börsen-kurse?» Es ist dies keine Ansammlung von Zivilisati-onskritikern und Kulturpessimisten. Es sindSuchende. Existentielle Fragen Stellende.Post-9/11-Fragende. Für diese Communitysind die Roaring Ninties endlos weit weg.«Hast Du Dich lieb?», traut sich einer unsallen den antimaterialistischen Spiegelvorzuhalten. Fraglos sind wieder fundamen-tale Werte gefragt und grundsätzlicheFragen erlaubt. Fragen in bester Traditionder Aufklärung. Auch wenn die Antwortenkomplexer geworden sind und gerade keinPhilosoph vom Schlage eines ImmanuelKant den Pfad der Erkenntnis weisen könn-te. Aber eins ist gewiss: Am Anfang ist dieFrage. Wer sie stellt, hat den ersten Schrittzur Antwort bereits getan. //

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Lässt das Kleingedruckte noch Raum für Grosses?*Laurence Sierro, PricewaterhouseCoopers Lausanne

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ceo* forum/emotionalität/rationalität

Samih Sawiris:«Man kann eineGeschäftsidee monate-lang analysieren – und am Ende doch nichtausschliessen, dass esschiefgehen könnte.»

12Prof. Dr. Miriam Meckel:«Wir wissen oft intuitiv,wie wir entscheidenwollen. Und dann erstsammeln wir Argumente,um die Entscheidungrational zu untermauern.»

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Marc Bürki:«Unsere Mitarbeiterkommen aus 15 Nationenund haben kulturell ganzunterschiedliche Hinter-gründe. Da muss man mitEmotionen führen.»

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Martin Knoll: «Auch negative Emotionen sindein wichtiger Auslöser, um Dinge zu verbessernund um Probleme zuadressieren.»

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