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FACHINSTITUT FÜR NOTARE Informationen zu der bundesweiten Veranstaltungsreihe finden Sie unter: www.anwaltsinstitut.de Das neue Notarkostenrecht (GNotKG) von Notar a. D. Dr. Thomas Diehn, LL.M. (Harvard), Hamburg Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz überführt die geltende Kostenordnung (KostO) in ein modernes Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Die Reform bildet den Schlusspunkt einer bereits 2001 begonnenen Modernisierung des Justizkostenrechts. Notargebühren wurden zuletzt zum 1. Januar 1987 angehoben und bedurften daher insbesondere für Notarinnen und Notare in strukturschwachen Regionen dringend einer spürbaren Anpassung an die wirtschaftliche Ent- wicklung. Das Erhöhungsvolumen von 11 bis 20 Prozent fällt an diesem Maßstab gemessen moderat aus. Der Schwerpunkt der Reform liegt aber gar nicht in der Anpassung der Gebührenerhöhe: Das GNotKG strukturiert viel- mehr das Kostenrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Interesse der Transparenz und des einfachen Zugangs zum Recht grundlegend neu. Dabei werden auch wichtige rechtspolitische Weichenstellungen vorgenommen, wie bei- spielsweise die kostenrechtliche Berücksichtigung notarieller Tätigkeiten im elektronischen Rechtsverkehr hinsichtlich der Vorstrukturierung von Register- und Grundbucheintragungen (Nrn. 22114 und 22125 KV GNotKG). Unter formalen Gesichtspunkten fällt bereits auf, dass Kostentatbestände künftig in einem gesonderten Kostenverzeichnis geführt werden. Es ist abschließend und enthält auch keinen Auffangtatbestand wie § 147 Abs. 2 KostO mehr. Insbe- sondere sind sämtliche Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten, die Gebühren auslösen können, enumerativ aufgeführt (Vorbemerkung 2.2.1.1 Abs. 1 Satz 2 KV GNotKG und Nr. 22200 KV GNotKG). Als grundlegende Neuerung darf auch die Abschaffung von Aktsgebühren und die Einführung einer Verfahrensgebühr für Beurkundungen gelten. Damit verbunden ist der neue Grundsatz der einmaligen Gebührenerhebung 93 GNotKG). Die Werte mehrerer Gegenstände in einer Urkunde sind im größeren Umfang als nach der KostO zu addieren (bspw. bei der Gründung einer GmbH mit Beschluss zur Geschäftsführerbestellung). Neben der Verfahrensgebühr fallen künftig nur noch Vollzugs- und Betreuungsgebühren an, wobei Kosten für die Erstellung von XML-Strukturdaten und Treuhandauflage Dritter wiederum gesondert behandelt werden (Nrn. 22114 und 22201 KV GNotKG). In einigen Bereichen werden Rahmengebühren eingeführt, insbesondere für Beratungen, Entwurfsfertigungen und bei vorzeitiger Beendigung von Beurkundungsverfahren, wobei der Gesetzgeber klarstellt, dass die vollständige Entwurfs- erstellung zur Höchstgebühr führt (§ 92 Abs. 2 GNotKG). Strukturell neu sind auch Zeitgebühren, die künftig für Auswärts- tätigkeiten vorgesehen sind (Nr. 26002 KV GNotKG). Für den erstmals normierten öffentlich-rechtlichen Gebührenvertrag 126 GNotKG) ist ein bewusst enger Anwendungsbereich vorgesehen, um den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Gebührenerhebung (§ 125 GNotKG) nicht zu schwächen. In vielen Bereichen erfolgen Korrekturen der Gebührenberechnung gegenüber der Kostenordnung. · Teilweise werden Gebührensätze verändert (bspw. für Angebote, isolierte Auflassungen, Änderungsurkunden, Voll- machten, Zustimmungserklärungen, die Unterschriftsbeglaubigung ohne Entwurf und teilweise im Vollzugbereich). · Noch länger ist die Liste neuer Regelungen für die Geschäftswertermittlung (bspw.: voller Wert für Teilungserklärungen, Abschaffung des Verwandtenprivilegs bei wiederkehrenden Leistungen). · Mindest- und Höchstwerte wurden an vielen Stellen nachjustiert (bspw. im Gesellschaftsrecht: 30.000,– € als Regelwert, §§ 105, 107 GNotKG; Schuldenabzug nur noch bis zur Hälfte des Aktivvermögens im Erb- und Familienrecht, §§ 100, 102 GNotKG; halber Wert bei Vollmachten und Zustimmungserklärungen, § 98 GNotKG; 70,– € Höchstgebühr bei der Un- terschriftsbeglaubigung ohne Entwurf, Nr. 25100 KV GNotKG). Die aktuelle Reform der Notarkosten lässt damit kaum einen Stein des Kostenrechts auf dem anderen. Die notarielle Praxis muss sich auf die veränderten Strukturen und die zahlreichen Modifikationen im Detail schnell einstellen, wenn das Gesetz wie geplant am 1. Juli 2013 in Kraft tritt.

Das neue Notarkostenrecht (GNotKG) · PDF file(Vorbemerkung 2.2.1.1 Abs. 1 Satz 2 KV GNotKG und Nr. 22200 KV GNotKG). Als grundlegende Neuerung darf auch die

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Das neue Notarkostenrecht (GNotKG)von Notar a. D. Dr. Thomas Diehn, LL.M. (Harvard), Hamburg

Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz überführt die geltende Kostenordnung (KostO) in ein modernes Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Die Reform bildet den Schlusspunkt einer bereits 2001 begonnenen Modernisierung des Justizkostenrechts. Notargebühren wurden zuletzt zum 1. Januar 1987 angehoben und bedurften daher insbesondere für Notarinnen und Notare in strukturschwachen Regionen dringend einer spürbaren Anpassung an die wirtschaftliche Ent-wicklung. Das Erhöhungsvolumen von 11 bis 20 Prozent fällt an diesem Maßstab gemessen moderat aus.

Der Schwerpunkt der Reform liegt aber gar nicht in der Anpassung der Gebührenerhöhe: Das GNotKG strukturiert viel-mehr das Kostenrecht der freiwilligen Gerichtsbarkeit im Interesse der Transparenz und des einfachen Zugangs zum Recht grundlegend neu. Dabei werden auch wichtige rechtspolitische Weichenstellungen vorgenommen, wie bei-spielsweise die kostenrechtliche Berücksichtigung notarieller Tätigkeiten im elektronischen Rechtsverkehr hinsichtlich der Vorstrukturierung von Register- und Grundbucheintragungen (Nrn. 22114 und 22125 KV GNotKG).

Unter formalen Gesichtspunkten fällt bereits auf, dass Kostentatbestände künftig in einem gesonderten Kostenverzeichnis geführt werden. Es ist abschließend und enthält auch keinen Auffangtatbestand wie § 147 Abs. 2 KostO mehr. Insbe-sondere sind sämtliche Vollzugs- und Betreuungstätigkeiten, die Gebühren auslösen können, enumerativ aufgeführt (Vorbemerkung 2.2.1.1 Abs. 1 Satz 2 KV GNotKG und Nr. 22200 KV GNotKG). Als grundlegende Neuerung darf auch die Abschaffung von Aktsgebühren und die Einführung einer Verfahrensgebühr für Beurkundungen gelten. Damit verbunden ist der neue Grundsatz der einmaligen Gebührenerhebung (§ 93 GNotKG). Die Werte mehrerer Gegenstände in einer Urkunde sind im größeren Umfang als nach der KostO zu addieren (bspw. bei der Gründung einer GmbH mit Beschluss zur Geschäftsführerbestellung). Neben der Verfahrens gebühr fallen künftig nur noch Vollzugs- und Betreuungsgebühren an, wobei Kosten für die Erstellung von XML-Strukturdaten und Treuhandauflage Dritter wiederum gesondert behandelt werden (Nrn. 22114 und 22201 KV GNotKG).

In einigen Bereichen werden Rahmengebühren eingeführt, insbesondere für Beratungen, Entwurfsfertigungen und bei vorzeitiger Beendigung von Beurkundungsverfahren, wobei der Gesetzgeber klarstellt, dass die vollständige Entwurfs-erstellung zur Höchstgebühr führt (§ 92 Abs. 2 GNotKG). Strukturell neu sind auch Zeitgebühren, die künftig für Auswärts-tätigkeiten vorgesehen sind (Nr. 26002 KV GNotKG). Für den erstmals normierten öffentlich-rechtlichen Gebührenvertrag (§ 126 GNotKG) ist ein bewusst enger Anwendungsbereich vorgesehen, um den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Gebührenerhebung (§ 125 GNotKG) nicht zu schwächen.

In vielen Bereichen erfolgen Korrekturen der Gebührenberechnung gegenüber der Kostenordnung.

· Teilweise werden Gebührensätze verändert (bspw. für Angebote, isolierte Auflassungen, Änderungsurkunden, Voll-machten, Zustimmungserklärungen, die Unterschriftsbeglaubigung ohne Entwurf und teilweise im Vollzugbereich).

· Noch länger ist die Liste neuer Regelungen für die Geschäftswertermittlung (bspw.: voller Wert für Teilungserklärungen, Abschaffung des Verwandtenprivilegs bei wiederkehrenden Leistungen).

· Mindest- und Höchstwerte wurden an vielen Stellen nachjustiert (bspw. im Gesellschaftsrecht: 30.000,– € als Regelwert, §§ 105, 107 GNotKG; Schuldenabzug nur noch bis zur Hälfte des Aktivvermögens im Erb- und Familienrecht, §§ 100, 102 GNotKG; halber Wert bei Vollmachten und Zustimmungserklärungen, § 98 GNotKG; 70,– € Höchstgebühr bei der Un-terschriftsbeglaubigung ohne Entwurf, Nr. 25100 KV GNotKG).

Die aktuelle Reform der Notarkosten lässt damit kaum einen Stein des Kostenrechts auf dem anderen. Die notarielle Praxis muss sich auf die veränderten Strukturen und die zahlreichen Modifikationen im Detail schnell einstellen, wenn das Gesetz wie geplant am 1. Juli 2013 in Kraft tritt.