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Das Niveau B1 – die erste Stufe der selbstständigen Sprachverwendung als unerreichbares Ziel der Migrantinnen und Migranten in Deutschland Diplomarbeit Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden Fachbereich Verwaltung vorgelegt von Monika Kehr Studiengruppe 02/2005 – 02 Abteilung Wiesbaden Erstgutachter(in) Frau Dr. Christina Schlegel Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden Zweitgutachter(in) Herr Thomas Koch Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg/Integrationsbüro Abgabetermin am 13.08.2008

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Das Niveau B1 – die erste Stufe der selbstständigen Sprachverwendung als unerreichbares Ziel der Migrantinnen

und Migranten in Deutschland

Diplomarbeit

Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden

Fachbereich Verwaltung

vorgelegt von Monika Kehr Studiengruppe 02/2005 – 02 Abteilung Wiesbaden

Erstgutachter(in) Frau Dr. Christina Schlegel Verwaltungsfachhochschule in Wiesbaden Zweitgutachter(in) Herr Thomas Koch

Kreisausschuss des Landkreises Darmstadt-Dieburg/Integrationsbüro

Abgabetermin am 13.08.2008

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Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis IV

Abkürzungsverzeichnis V

Glossar VI

1 Einleitung 1

1.1 Einführung in das Thema 1

1.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit 2

2 Der Integrationskurs – Prinzip des Förderns und Forderns 3

2.1 Deutsche Integrationspolitik in Geschichte und Gegenwart 3

2.2 Struktur, Ablauf und Ziele des Integrationskurses 4

2.3 Berechtigung zur Teilnahme 7

2.4 Verpflichtung zur Teilnahme 9

2.5 Folgen, Konsequenzen und Sanktionen 10

3 Integration im Landkreis Darmstadt-Dieburg 11

3.1 Migranten im Landkreis 11

3.2 Das Integrationsbüro als Begleiter im Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens 12

3.3 Hindernisse und Probleme auf dem Weg zu gelungener Integration 14

3.4 Ergebnisse einer Befragung und Stichprobenuntersuchung bei kooperierenden Kursträgern 15

3.4.1 Auswertung der Befragung 16 3.4.2 Auswertung der Stichprobenuntersuchung 17

3.5 Resümee der Integrationsbemühungen im Landkreis Darmstadt-Dieburg 20

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III

4 Analyse des Schwierigkeitsgrades des Abschlusstests als einer der möglichen Misserfolgsursachen 20

4.1 „Zertifikat Deutsch“ als abschließende Sprachprüfung – Gestaltung und Ablauf 20

4.2 Auswertung der Ergebnisse der als Übung durchgeführten B1-Prüfung 22

4.3 Resümee der Analyse 28

5 Verbesserungsvorschläge 29

5.1 Handlungsempfehlungen aus dem Evaluationsgutachten und deren Umsetzung 29

5.2 Eigene auf den durchgeführten Analysen basierende Verbesserungsvorschläge 31

5.3 Darüber hinausgehende Verbesserungsvorschläge 32

6 Fazit 33

Literaturverzeichnis 35

Anlagen VIII

Anlage I Beispielrechnung der Trägerfinanzierung VIII

Anlage II Fragebogen – Kursträger IX

Anlage III Integrationskursteilnehmer – Erfassungsbogen XI

Anlage IV Kontinentübersicht der zur Analyse herangezogenen Kursteilnehmer XII

Anlage V Zuordnung nationaler Bildungsabschlüsse zur ISCED 97 XIII

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Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: Übersicht der häufigsten Kursabbruchsursachen..................................................19 Abbildung 2: Abhängigkeit der Prüfungsergebnisse von ausgewählten Merkmalen.................24 Abbildung 3: Ergebnisse der einzelnen Prüfungsteile "Zertifikat Deutsch"...............................25 Tabelle 1: Testergebnis und Kurseinstufung ................................................................................5 Tabelle 2: Übersicht der befragten Kursträger............................................................................16 Tabelle 3: Ergebnisse der Stichprobenuntersuchung..................................................................18 Tabelle 4: Bewertungskriterien...................................................................................................27 Tabelle 5: Bewertungsvorgaben .................................................................................................28

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Abkürzungsverzeichnis

ALG II Arbeitslosengeld II

AufenthG Aufenthaltsgesetz (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet)

AufenthV Aufenthaltsverordnung AuslRÄndG Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europä-

ischen Union

AZR Ausländerzentralregister

BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

BMI Bundesministerium des Innern

BVerwG Bundesverwaltungsgericht

BVFG Bundesvertriebenengesetz (Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge)

EU Europäische Union

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

FreizügG/EU Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit der Unionsbürger

GER Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen

GG Grundgesetz

HVwVfG Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz IntV Integrationskursverordnung (Verordnung über die Durchführung von Integrati-

onskursen für Ausländer und Spätaussiedler) ISCED International Standard Classification of Education

ÖSD Österreichisches Sprachdiplom

Pkt. Punkt(e)

SGB II Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende

SGB III Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung

SGB XII Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe

StAG Staatsangehörigkeitsgesetz

telc The European Language Certificate (Standardisiertes Europäisches Sprachzertifikat)

UE Unterrichtseinheit (= 45 Minuten)

VHS Volkshochschule

WBT Weiterbildungs-Testssysteme GmbH

ZuwG Zuwanderungsgesetz (Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung und zur Regelung des Aufenthalts und der Integration von Unionsbürgern und Ausländern)

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Glossar1

Altzuwanderer (Bestandsausländer) Menschen, die vor dem 01.01.2005 in die BRD eingewandert sind.

Aufenthaltserlaubnis Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter und zweckgebundener Aufenthaltstitel. Sie wird zum Zwecke der Ausbildung oder Erwerbstätigkeit sowie aus völkerrechtlichen humanitären, politischen oder familiären Gründen erteilt.

Ausländer Mit dem Begriff „Ausländer“ werden im Sinne des § 1 AufenthG die in Deutschland lebenden Personen bezeichnet, die keine deutsche Staatsangehörigkeit und keine Spätaussiedlerbeschei-nigung besitzen.

Aussiedler (Spätaussiedler) Deutsche Volkszugehörige aus den Nachfolgestaaten der UdSSR und den anderen früheren Ostblockstaaten, die im Wege eines speziellen Aufnahmeverfahrens ihren Aufenthalt in Deutschland begründet haben.

Flüchtlinge Personen, die sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeu-gung außerhalb des Landes befinden, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, oder die sich als Staatenlose aus der begründeten Furcht vor solchen Ereignissen außerhalb des Landes befin-den, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten.

Geduldete Personen deren Abschiebung lediglich ausgesetzt ist, weil eine Rückführung in die Herkunfts-staaten nicht möglich ist. Sie halten sich nicht rechtmäßig in Deutschland auf. Die Duldung wird grundsätzlich nur für einen kurzen Zeitraum (drei Monate) erteilt.

Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (GER) Der GER ist ein System, das (fremd-) sprachlich-kommunikative Kompetenzen beschreib- und messbar macht. So werden sprachliche Fähigkeiten transparent und vergleichbar - unabhängig vom Notensystem des einzelnen europäischen Landes. Grundlage des GER ist eine sechsstufige Skala. Jede Stufe ist mit genauen Angaben zu den jeweiligen Fertigkeiten (Lesen, Schreiben, Hören und Sprechen) verbunden. Die Skala des GER reicht von A1 (erste Sprachversuche) bis C2 (beinahe muttersprachliches Niveau).

Integration Integration ist ein langfristiger Prozess. Sein Ziel ist es, alle Menschen, die dauerhaft und rechtmäßig in Deutschland leben in die Gesellschaft einzubeziehen. Zuwanderern soll eine um-fassende und gleichberechtigte Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen ermöglicht wer-den.

1 Die Erklärungen wurden weitestgehend dem Integrations-Lexikon des BAMF (http://www.integration-in-

deutschland.de/nn_282922/SubSites/Integration/DE/04__Service/Lexikon/lexikon-node.html?__nnn=true) entnommen und von der Autorin gekürzt.

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Migrant (Person mit Migrationshintergrund) Unter dem Begriff sind:

• Ausländer mit eigener Migrationserfahrung • Deutsche mit eigener Migrationserfahrung (z. B. Spätaussiedler) • Eingebürgerte mit eigener Migrationserfahrung (z. B. zugewanderte Ausländer) • Ausländer ohne eigene Migrationserfahrung (z. B. in Deutschland geborene Ausländer) • Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung, wenn es sich um in Deutschland geborene

Ausländer handelt, die eingebürgert wurden • Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung, bei denen mindestens ein Elternteil Spät-

aussiedler, Eingebürgert oder Ausländer ist zu verstehen.

Migration Jeder längerfristige Wechsel des Lebensumfeldes einer Person, einer Gruppe oder einer Gesell-schaft im geographischen und sozialen Raum.

Migrationserstberatungsstelle

Die Migrationserstberatungsstelle berät und begleitet erwachsene Zugewanderte, vor allem diejenigen, die neu zugewandert sind. Neu zugewanderte Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahre werden dagegen durch Jugendmigrationsdienste beraten und begleitet.

Neuzuwanderer Menschen, die nach dem 31.12.2004 nach Deutschland zugewandert sind.

Niederlassungserlaubnis Ein unbefristeter Aufenthaltstitel, der zeitlich und räumlich grundsätzlich unbeschränkt ist und zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt.

Optionskommunen Kommunen (Landkreise und kreisfreie Städte), die bei der Umsetzung der Bestimmungen des Sozialgesetzbuches II auf eine rein kommunale Verantwortung setzen.

Sprachniveau B1 Kursteilnehmer, die das Sprachniveau B1 erreicht haben, können das Wichtigste verstehen, wenn einfache Sprache verwendet wird und es um vertraute Themen (Arbeit, Schule, etc.) geht. Sie können außerdem einfach und zusammenhängend über vertraute Themen sprechen, über Erfahrungen, Ereignisse, Träume und Wünsche berichten und kurze Erklärungen geben.

Zertifikat Deutsch Kursteilnehmer, die im Abschlusstest des Integrationskurses die erforderliche Punktzahl errei-chen, erhalten das Zertifikat Deutsch. Es bestätigt, dass das Ziel des Integrationskurses erreicht wurde (Sprachniveau B1). Erreichen die Kursteilnehmer die nötige Punktzahl nicht, bekommen sie eine Bescheinigung über die erreichte Punktzahl.

Zuwanderungsgesetz Das Zuwanderungsgesetz trat am 01.01.2005 in Kraft und besteht aus dem Aufenthaltsgesetz, dem Freizügigkeitsgesetz/EU sowie Änderungen in weiteren Gesetzen. Mit diesem Gesetz wird erstmals ein Rechtsrahmen vorgegeben, durch den die Zuwanderung im Ganzen gesteuert und wirksam begrenzt werden kann. Gleichzeitig werden erstmals Maßnahmen zur Integration der auf Dauer rechtmäßig in Deutschland lebenden Zuwanderer gesetzlich verankert.

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1 Einleitung

1.1 Einführung in das Thema

„In die Fremde flog der Falke Mit Sehnsucht im Herzen flog und stürzte der Falke

Und wieder schwang er sich auf Halte ihn nicht fest, fessle ihn nicht

Er ist auf der Reise, auf dem Weg in die Fremde.“2

Die Menschheitsgeschichte wurde schon seit jeher sehr stark durch Wanderbewegungen geformt. Es wird geschätzt, dass weltweit über vierzig Millionen Flüchtlinge und Menschen in flüchtlings-ähnlicher Situation leben.3 Die Bundesrepublik Deutschland gehört zu den Ländern, die beson-ders stark durch Zuwanderung geprägt sind. Über achtzehn Prozent ihrer Bevölkerung weist ei-nen Migrationshintergrund vor, rund neun Prozent von ihnen besitzt keine deutsche Staatsbürger-schaft.4 Es leben hier also über fünfzehn Millionen Menschen aus mannigfaltigen Kulturkreisen, die unter einem „Dach“ mit den Einheimischen ihre Existenz aufbauen und erhalten möchten. Begriffe wie Migration und Integration treten als gesamtgesellschaftlich bedeutsame Themen immer öfter in den Medien mit unterschiedlichen Interpretationen auf. In einer solchen multikul-turellen Gesellschaft sind gemeinsame Strukturen und Leitlinien, die das gemeinschaftliche inter-kulturelle Zusammenleben und -wirken ermöglichen und regeln, unabdingbar.

Mit dem neuen am 01.01.2005 in Kraft getretenen Zuwanderungsgesetz wurde erstmalig ein Ver-such unternommen, klare Organisationsgefüge im Hinblick auf die Integrationsförderung zu kre-ieren. Bereits 27 Monate später beschloss das Bundeskabinett erneut eine Reform des Zuwande-rungsgesetzes.5 Durch die beiden Reformwerke wurden erstmalig staatliche Integrationsangebo-te für Zugewanderte6 gesetzlich geregelt. Die Migrationsberatung sowie die Förderung des Er-werbs der deutschen Sprache mit Hilfe der angebotenen Integrationskurse wurden zu zentralen Elementen der neuen Integrationspolitik erklärt. Die Integrationskurse haben eine besonders star-ke Stellung übernommen und werden als Schlüssel zur gelungenen Integration bezeichnet. Mit dem Bestehen der Prüfung „Zertifikat Deutsch“ (B1) sollen Erfolgsaussichten im gesellschaftli-chen und beruflichen Leben der Migranten7 verbessert werden.

Schnell hat sich jedoch herausgestellt, dass die schöne politische Illusion nicht die angestrebten Wirkungen mit sich bringt. Die im Jahr 2006 durchgeführten Untersuchungen haben ergeben, dass nur etwa die Hälfte der Kursabsolventen die begehrte Stufe „der selbstständigen Sprachver-wendung“ erreichte. Diese Ergebnisse führten zu wesentlichen Reformen auf dem Gebiet „Sprachförderung“. Das hoch gesetzte Ziel – Niveau B1 – blieb jedoch weiterhin unverändert.

2 Volkslied der Tscherkessen „Scheich Schamil“, zitiert nach Kelek, S. 23. 3 Minas – Atlas über Migration, Integration und Asyl, S. 71. 4 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, S. 32. 5 Ausländerrecht, Migrations- und Flüchtlingsrecht , S. 21. 6 Ausländer, Spätaussiedler, Unionsbürger. 7 Aus Lesbarkeitsgründen wird auf die Ausschreibung der weiblichen Form verzichtet.

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1.2 Aufgabenstellung und Zielsetzung der Arbeit

Die Diplomarbeit gibt zunächst einen Überblick über die Entwicklung und die Struktur des Integ-rationskurses nach dem Zuwanderungsgesetz. Sie stellt die Problematik der hohen Durchfallquote bei der Abschlussprüfung dar, die sich nicht nur auf die Kursteilnehmenden selbst, sondern auch auf die Kursträger und alle Akteure der Integrationspolitik negativ und vor allem demotivierend auswirkt.

Es wird konkret auf die Integrationsbemühungen des Landkreises Darmstadt-Dieburg eingegan-gen. Anhand einer eigenen empirischen Untersuchung in Form einer Befragung der hier tätigen Kursträger wird verdeutlicht, wie schwierig die allseitige Bestrebung nach dem gesetzlich be-stimmten Ziel ist. Um einen Vergleich mit den deutschlandweiten Ergebnissen der Evaluation der Integrationskurse zu bieten, wird auch mit Hilfe einer Stichprobenuntersuchung bei den ange-sprochenen Sprachschulen die Durchfallquote bei der B1-Prüfung im Darmstadt-Dieburger Raum eruiert.

Anhand der in dem Evaluationsgutachten dargestellten Ergebnisse, ergänzt um Erkenntnisse aus eigener Primärerhebung, wird im weiteren Verlauf der Arbeit versucht, die Ursachen des Misser-folges herauszufinden. Schwerpunktmäßig wird hier auf den Abschlusstest Bezug genommen. Dafür werden die Ergebnisse von zwei mit unterschiedlich starken Kursgruppen als Übung durchgeführten B1-Tests ausgewertet, um Aussagen über den Schwierigkeitsgrad der Prüfungs-fragen treffen zu können, aber auch um die Aufgaben ausfindig zu machen, die den Teilnehmern die meisten Schwierigkeiten bereiten. Es wird hierbei besonders auf die Zusammenhänge der Prüfungsergebnisse mit ausgewählten Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Bildung oder Länge des Aufenthalts in Deutschland geachtet. Im Anschluss daran werden eigene Ideen und Verbesse-rungsvorschläge in Bezug auf die Integrationspolitik und besonders auf die Struktur und den Aufbau der Integrationskurse und der Abschlussprüfung vorgestellt.

Die Diplomarbeit soll besonders darüber Aufschluss geben, wie schwierig die Erfüllung der An-forderungen der Politik für die in Deutschland lebenden Migranten ist. Es sollen mögliche Ursa-chen für die „roten“ Zahlen der B1-Prüfungen aufgezeigt sowie Perspektiven zur Verbesserung der Ergebnisse entwickelt werden.

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2 Der Integrationskurs – Prinzip des Förderns und Forderns

2.1 Deutsche Integrationspolitik in Geschichte und Gegenwart

Lange Zeit weigerte sich die deutsche Regierung die Bundesrepublik als Einwanderungsland an-zusehen. Obwohl die Eingliederung der hier lebenden Migranten schon in den 60er Jahren als wichtige staatliche Aufgabe angesehen wurde, spielte sie lange Zeit nur eine sekundäre Rolle. Der Begriff der „Eingliederung“ wurde als Unterstützung des Wirkens der Zugewanderten am deutschen Arbeitsmarkt und als Bewältigung der mit der deutschen Bevölkerung entstehenden Konflikte verstanden und hatte mit der heutzutage betriebenen Integrationspolitik noch nicht vie-le Gemeinsamkeiten. Zur Förderung der Anpassung der Migranten an die einheimische Gesell-schaft gab es schon damals unterschiedliche staatlich geförderte Maßnahmen wie Deutschkurse oder qualifizierende sowie schulische Bildungsangebote. Das ab 1965 für die Koordination der Angebote zuständige Bundesarbeitsministerium stellte im Jahr 1973 fünfzehn Millionen DM für die staatlichen Programme bereit. Ziel war jedoch nur, die „vorhandenen“ Ausländer in die deut-sche Gesellschaft einzugliedern. Seit der Anordnung des Anwerbestopps im Jahr 1973 nahm Deutschland eine deutlich abweisende Haltung gegenüber Neuzuwanderern ein. Bis zu diesem Zeitpunkt fanden rund vier Millionen Ausländer in Deutschland ihre Unterkunft und wollten ihre Familienangehörigen bei sich haben. Erst in den 90er Jahren erfolgte allmählich ein Umbruch in der politischen Einstellung. Die bis dato „groß angelegte(n) Programme zur Förderung einer Rückkehr“8 der ehemaligen Gastarbeiter in ihre Heimatländer wurden in Eingliederungsmaß-nahmen wie z. B. Sprachunterricht für Spätaussiedler umgewandelt. Die Versäumnisse der man-gelhaften Integrationspolitik in der „Gastarbeiterphase“ waren jedoch zu groß, um sie innerhalb eines Jahrzehntes mit immer noch nicht ausreichenden Eingliederungsansätzen beseitigen zu kön-nen.

Mit dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 01.01.2005 wurde erstmals ein staatliches Integrationsprogramm für Neuzuwanderer vorgelegt, das nicht nur für Spätaussiedler gedacht war. Der Bund hat ausdrücklich Verantwortung für die Integrationsaufgabe übernommen, indem die Kompetenzen auf diesem Gebiet dem Bundesministerium des Innern9 sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge10 gesetzlich übertragen wurden. Auch der Aufgabenbereich und in diesem Zusammenhang auch die Bezeichnung der ehemaligen „Beauftragten der Bundesregie-rung für Ausländerfragen“ bedurften einer Reformierung. Seit dem Inkrafttreten des Zuwande-rungsgesetzes ist nun die „Beauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration“11, für alle Per-sonen mit Migrationshintergrund als hauptamtlich tätige Staatsministerin zuständig. Die Integra-tion wurde sinngemäß als eine „gesamtwirtschaftliche Aufgabe“ definiert und nahm eine hohe

8 Baringhorst u. a.: Staat und Integration: Forschungsperspektiven zur politischen Intervention in Integrationspro-

zesse von MigrantInnen. In: Politische Steuerung von Integrationsprozessen, S. 13. 9 Durch § 45 AufenthG wird das BMI berechtigt und verpflichtet ein bundesweites Integrationsprogramm unter

Beteiligung der Länder, Kommunen und weiterer Akteure der Integrationspolitik zu entwickeln. 10 § 75 AufenthG regelt die Aufgaben des Bundesamtes, zu denen u. a. die Entwicklung der Struktur und Lerninhalte

des Integrationskurses gehören. 11 Das Gesetz verwendet nur die weibliche Form, stellt aber in Abs. 1 klar, dass auch ein Mann das Amt wahrneh-

men kann.

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Stellung in der Politik ein.12 Im Vergleich zu anderen Nachbarnländern wie Frankreich oder Nie-derlande kam die deutsche „Wendung“ im Rahmen der Eingliederungspolitik relativ spät. Die Franzosen haben zwischenzeitlich das schon im Jahr 1998 eingeführte Integrationsprogramm überarbeitet. Die Niederländer planten sogar die Abschaffung des von Deutschen als Vorbild interpretierten Programms.13

Das deutsche Programm erinnert stark an das der vorgenannten Länder. Man könnte sogar sagen, dass das niederländische Integrationsmodell hier unter Anpassung auf deutsche Verhältnisse um-gesetzt wurde. Den Kernpunkt der Integrationsförderung (aber auch -forderung) bilden die ge-setzlich geregelten Integrationskurse. Das Beherrschen der deutschen Sprache wurde als Schlüs-sel zur gelungenen Integration definiert. § 43 I AufenthG „verspricht“ allen „rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebenden Ausländern, in das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaft-liche Leben in der Bundesrepublik Deutschland“ durch staatliche Förderungsmaßnahmen integ-riert zu werden.

Um die Wirkungen der staatlichen Integrationsmaßnahmen zu überprüfen, beauftragte das BMI im Januar 2006 Rambøll Management14 mit Durchführung der Evaluation der Integrationskurse. Die Ergebnisse des zwölf Monate später vorgelegten Gutachtens haben einen enormen Optimie-rungsbedarf gezeigt. Die Untersuchung ergab, dass die Maßnahmen eine Erfolgsquote von gerade mal 50 % vorweisen. So reagierte auch der Gesetzgeber auf die roten Zahlen mit einer neuen Re-form des Zuwanderungsrechts im August 2007. Das damals in Kraft getretene neue Gesetz setzte u. a. elf aufenthalts- und asylrechtliche EU-Richtlinien um und reagierte auf die im Juli 2006 ver-suchten „Kofferbombenanschläge“.15 Was die Teilnahme an Integrationskursen betrifft, bekam die Ausländerbehörde weitergehende Sanktionsmöglichkeiten erteilt, die sie seitdem auch bei nichterfolgreicher Ablegung des Abschlusstests anwenden kann.16 Zu begrüßen sind dagegen die neu geschaffenen Möglichkeiten der Teilnahme an Integrationskursen für Menschen, die zwar die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, jedoch nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfü-gen und „in besonderer Weise integrationsbedürftig sind“ (s. § 44 IV S. 2 AufenthG).

Die jetzige Gesetzeslage scheint weiterhin der unserer Nachbarn zu folgen. So wird seit August 2007 der Ehegattennachzug nur unter der Voraussetzung gestattet, dass sich die/der Einreisewil-lige schon vor der Einreise einfache Deutschkenntnisse angeeignet hat. Die Tendenz geht also Richtung einer weitgehenden Erschwerung und Begrenzung der Einwanderung und stärkeren Förderung der nachholenden Integration.

2.2 Struktur, Ablauf und Ziele des Integrationskurses

Den Inhalt und die Gestaltung des Integrationskurses regelt verbindlich § 43 III AufenthG, der in der Integrationskursverordnung (IntV) seine Konkretisierung findet. Demnach besteht der Bil-dungsgang aus einem Deutschkurs zum Erwerb ausreichender Sprachkenntnisse sowie einem

12 Storr, § 92 AufenthG Rn. 2-4. 13 Michalowski: Integrationsprogramme in Europa: Konzeption, Effektivität und wohlfahrtsstaatliches Kalkül. In:

Politische Steuerung von Integrationsprozessen, S. 67. 14 Rambøll Management ist eine international tätige Unternehmensberatung, die ihre Leistungen an private und

öffentliche Organisationen anbietet. 15 Ausländerrecht, Migrations- und Flüchtlingsrecht, S. 21 ff. 16 § 44a III des AufenthG vom 01.01.2005 sah nur Sanktionen bei Nichtbefolgung der Teilnahmepflicht vor.

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Orientierungskurs, der einer strukturierten Vermittlung des Wissens über die Rechtsordnung, Kultur und Geschichte der Bundesrepublik dient.

Der Sprachkurs umfasst einen Basis- sowie einen Aufbaukurs, die jeweils 300 Unterrichtseinhei-ten beinhalten. Die beiden Teile bestehen wiederum aus 3 Modulen mit jeweils 100 Unterrichts-einheiten. Im Angebot gibt es sowohl Vollzeit- als auch Teilzeitkurse, die von Lernwilligen bei zugelassenen Kursträgern besucht werden können. Grundsätzlich ist die Teilnahme an dem Ba-siskurs eine Voraussetzung für die Weiterbildung in dem Aufbaukurs. Ausnahmen lässt das Ge-setz jedoch zu, wenn der Teilnehmer durch den Basiskurs „nicht mehr wesentlich gefördert wer-den kann“ (s. § 1 I S. 6 IntV). Auch die Module können den individuellen Bedürfnissen der Teil-nehmenden angepasst werden. Dafür führen die Kursträger vor Beginn des Deutschkurses einen Einstufungstest mit den zukünftigen Kursbesuchern durch, den das Goethe-Institut als standardi-sierten Test entwickelt hat.17 Der Einstufungstest besteht aus zwei Teilen: einer mündlichen Be-fragung zu schulischen und beruflichen Fähigkeiten sowie einem schriftlichen Test mit 50 Auf-gaben zu Grammatik, Vokabular sowie Leseverstehen, dessen Gesamtergebnis als Grundlage für die Einstufung innerhalb des Basismoduls dient. Die Auswertung wird einheitlich durchgeführt, indem die erreichten Punkte addiert werden und einem entsprechenden Modul zugeordnet werden (s. Tabelle 1). Das Vorgehen kann leider dazu führen, dass Prüflinge, die z. B. sehr gut im Lese-verstehen sind, aber über mangelhafte Grammatikkenntnisse verfügen, hohe Punktzahlen errei-chen und dadurch automatisch in ein höheres Modul eingestuft werden. Dadurch bekommen sie das grammatikalische Basiswissen nicht vermittelt, das Voraussetzung für den Erwerb und die korrekte Anwendung von Sprache ist.

Erreichte Punktzahl Kursstufe Unterrichtseinheiten

0 - 13 Basismodul 1 0 - 100 UE

14 - 26 Basismodul 2 101 - 200 UE

27 - 40 Basismodul 3 201 - 300 UE

41 - 4918 Aufbausprachkurs 301 - 600 UE

Tabelle 1: Testergebnis und Kurseinstufung Quelle: Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs, S. 12.

Bei Kandidaten, die mehr als 40 von den möglichen 50 Punkten in dem schriftlichen Teil errei-chen, wird noch zusätzlich die Qualität der mündlichen Sprachkenntnisse zur Einstufung inner-halb des Aufbausprachkurses herangezogen.

Durch die Novellierung der IntV vom 21. November 2007 wurde der Begriff der ordnungsgemä-ßen Kursteilnahme auf die Prüfungsanwesenheit erweitert. Nun ist jeder Kursbesucher zur Teil-nahme an dem Abschlusstest verpflichtet, mit dem der Integrationskurs abgeschlossen wird (s. § 17 I IntV). Zu begrüßen ist hierbei die Berechtigung der in der Abschlussprüfung erfolglo-sen Teilnehmer zur Wiederholung des Aufbausprachkurses (300 UE), für den das Bundesamt gem. § 17 I IntV die anfallenden Kosten übernimmt. Das Angebot an Sonderintegrationskursen wurde erstens um 300 Unterrichtsstunden und zweitens um einen Förder- und Intensivkurs erwei-tert. Der Förderkurs kann Teilnehmern angeboten werden, die sichtbar einen Bedarf an sprachpä- 17 Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs, S. 9. 18 Für Personen, die mit der vollen Punktzahl bewertet wurden und sich in dem mündlichen Teil entsprechend dem

Niveau B1 „geschlagen“ haben, besteht kein Teilnahmeanspruch. Sie können jedoch weiterhin an einem Orien-tierungskurs und der B1-Prüfung teilnehmen.

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dagogischer Förderung haben. Der Intensivkurs soll der Vorschrift nach 400 UE und einem Ori-entierungskurs von 30 UE umfassen und ist für Kandidaten gedacht, die im Einstufungstest gute Deutschkenntnisse vorweisen. Die bis dato angebotenen speziellen Kurse für nicht mehr schul-pflichtige Jugendliche, die sich auf den Besuch von Hoch- oder weiterführenden Schulen vorbe-reiten möchten (Jugendintegrationskurs), für Menschen, die einen Alphabetisierungsbedarf auf-weisen sowie die Eltern- bzw. Frauenintegrationskurse werden weiterhin angeboten, nun mit ei-nem Stundenkontingent von 900 UE. Die IntV sieht somit ein maximales Stundenkontingent von 1.200 Unterrichtseinheiten vor, der für Teilnehmende eines speziellen Integrationskurses gedacht ist, die nach erfolgloser Abschlussprüfung auf Antrag das letzte Modul von 300 Unterrichtsein-heiten wiederholen können.

Die Integrationskurse werden von privaten sowie öffentlichen Trägern durchgeführt, die im Auf-trag und mit einer Zulassung des Bundesamtes handeln. Die Auswahl der Kursträger erfolgt an-hand gesetzlich festgeschriebener Kriterien wie Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit sowie An-wendung eines Verfahrens zur Sicherung der Kursqualität. Die Abwicklung der Kurse bereitet den Trägern den größten Aufwand, aber auch die Organisation der Abschlussprüfung ist mit jeder Menge administrativer Aufgaben verbunden.19 Die alte Fassung der IntV verpflichtete die Kurs-träger zur Abgabe von vielfältigen Routinemeldungen, wie z. B. vierteljährliche Mitteilungen bezüglich der Art und Anzahl der begonnenen und beendeten Kurse sowie Anzahl der Kursteil-nehmer an das Bundesamt. Mit der neuen IntV wurden sie in diesem Zusammenhang entlastet, da sie nur noch anlassbezogene Meldungen abgeben müssen und solche, die der Abrechnung dienen. Die Höchstteilnehmerzahl wurde dagegen von 25 auf 20 beschränkt, wobei weiterhin eine Mög-lichkeit von Ausnahmenzulassung durch das BAMF besteht. Die Eingrenzung der Höchstteil-nehmerzahl kann bei den Trägern zu starken finanziellen Einbußen führen. Die bisherige Finan-zierung des Kurses mit einem Stundensatz in Höhe von 2,05 � pro Teilnehmer war schon bei ma-ximal 25 Teilnehmern für rund ein Drittel der Anbieter nicht kostendeckend, obwohl sie pro Un-terrichtsstunde bis zu 51,25 � erzielen konnten. Der heutige Stundensatz von 2,35 � ergibt bei einer Kursgruppe mit zwanzig Teilnehmern nur noch 47,- � pro Unterrichtsstunde. Die Lehrkräf-te werden mit einem Brutto-Stundenhonorar von ca. 17 � entlohnt20, obwohl sie über Qualifikati-onen wie ein abgeschlossenes Studium Deutsch als Fremdsprache oder Deutsch als Zweitsprache (s. § 15 I IntV) verfügen. Da die Träger jedoch viele fixe Kosten wie die für Miete, Kommunika-tion oder Abschreibungen für die Einrichtung begleichen müssen, stellt die Entlohnung ihrer Mit-arbeiter die zentrale Stellschraube dar.21

In dem Orientierungskurs, der 45 Unterrichtseinheiten beinhaltet, sollen den Teilnehmern das Wissen über die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Bedeutung der Gleichberechti-gung und Toleranz, aber auch das Verständnis über die Religionsfreiheit oder die deutschen Staatsprinzipien vermittelt werden.22 Der Kurs wird grundsätzlich, da er in deutscher Sprache durchgeführt wird, erst nach dem Aufbausprachkurs angeboten. Als Grundlage für das standardi-sierte Testverfahren dient das im Mai 2007 herausgegebene und seit dem 01.01.2008 verbindli-che „Curriculum für einen bundesweiten Orientierungskurs“, das die Lernziele und -inhalte fest-legt. Es gliedert sich in drei Module: Politik in der Demokratie, Geschichte und Verantwortung und Mensch und Gesellschaft.

19 Erfahrungsbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag…, S. 46-47. 20 Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz , S. 135. 21 Eine Beispielberechnung der Trägerfinanzierung liegt der Arbeit als Anlage I bei. 22 Storr, § 43 AufenthG Rn. 8.

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Der Integrationskurs schließt mit einem aus zwei Teilen bestehenden Abschlusstest ab. Der erste Teil besteht aus einer schriftlichen und mündlichen Prüfung, deren erfolgreiche Ablegung den Erwerb des Zertifikats Deutsch (Niveaustufe B1) garantiert. Die Sprachtests werden europaweit nach gleichen Vorschriften direkt bei Sprachschulen durchgeführt und nach einheitlichen Bewer-tungsrichtlinien zentral von der telc GmbH23 ausgewertet. Ein durch die erfolgreich abgelegte Prüfung erworbenes Zertifikat stellt einen Nachweis der Sprachkenntnisse auf einer international geltenden Kompetenzskala dar.

Die Teilnahme an einem Integrationskurs ist grundsätzlich entgeltlich und kostet den Kursbesu-cher 1 Euro pro Unterrichtseinheit. Es besteht jedoch die Möglichkeit von Kostenbeitragsbefrei-ung, die für Arbeitslosengeld II- und Sozialhilfeempfänger gedacht ist. Sie muss schriftlich bei der Regionalstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge beantragt werden. Neu einge-führt wurde die Möglichkeit von Kostenbeitragsbefreiung für Personen, für die die Zahlungsver-pflichtung eine „unzumutbare Härte“ bedeuten würde (s. § 9 II S. 2 IntV). Das Bundesamt über-nimmt auch die Kosten für die einmalige Teilnahme an der Abschlussprüfung und bei Wiederho-lung des Aufbausprachkurses auch die der einmaligen Wiederholung des Sprachtests. Kursteil-nehmer, die ALG II beziehen und zur Teilnahme verpflichtet oder auch durch das Bundesamt vom Kostenbeitrag befreit wurden, bekommen unter der Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Teilnahme die benötigten Fahrtkosten erstattet. Teilnehmer, die von einer Ausländerbehörde zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet wurden, können einen Zuschuss zu den Fahrt-kosten erhalten (§ 4 IV IntV).

„Ziel des Integrationskurses ist die Förderung der Integration von Migrantinnen und Migranten im Sinne gesellschaftlicher Teilhabe und Chancengleichheit“.24 Er soll Menschen über die deut-schen Lebensverhältnisse so gut informieren, dass sie eigenständig alle Situationen des täglichen Lebens meistern können. Die Kursabsolventen sollen über ausreichende Deutschkenntnisse ver-fügen, die gem. § 3 II IntV mit der Niveaustufe B1 konkretisiert sind, was im Hinblick auf die begrenzte Anzahl der Unterrichtseinheiten als sehr anspruchsvoll erscheint. Es kommt hier deut-lich zur Geltung, dass die Integrationskurse nicht nur eine fördernde Funktion erfüllen, sondern auch eine Verpflichtung der Zuwanderer zu eigenständigen Integrationsanstrengungen darstellen.

2.3 Berechtigung zur Teilnahme

§ 4 IntV legt den zur Teilnahme an einem Integrationskurs berechtigten Personenkreis fest. Das Angebot richtet sich vor allem an Ausländer, die sich dauerhaft in Deutschland aufhalten und die erstmals eine Aufenthaltserlaubnis

• zu Erwerbszwecken • zum Zweck des Familiennachzugs • aus humanitären Gründen nach § 25 Abs. 1 oder 2 AufenthG • als langfristig Aufenthaltsberechtigte

oder einen Aufenthaltstitel nach § 23 II AufenthG erteilt bekommen (s. § 44 I AufenthG). Die Dauerhaftigkeit des Aufenthaltes ist zu bejahen, wenn eine Aufenthaltserlaubnis für eine Zeit-spanne von mindestens einem Jahr erteilt wird, oder wenn ein Ausländer die Aufenthaltserlaubnis seit über 18 Monaten besitzt. Bei einem vorübergehenden Aufenthalt z. B. zum Zwecke einer Ausbildung, eines Praktikums oder bei Saisonarbeitskräften sind keine Integrationsmaßnahmen

23 Ehem. WBT (Weiterbildungssysteme GmbH). 24 Rahmencurriculum für Integrationskurse, S. 3.

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vorgesehen. Die Prüfung eines Teilnahmeanspruchs obliegt der Ausländerbehörde sowie dem Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende, die dementsprechend eine zwei Jahre wirksame Teilnahmeberechtigung schriftlich ausstellen können.

Einen Teilnahmeanspruch haben ferner die Spätaussiedler sowie deren Ehegatten und Abkömm-linge, die nach dem 1. Januar 2005 in das Bundesgebiet aufgenommen wurden (s. § 4 I Nr. 2 IntV i. V. m. § 9 I S. 1 BVFG). Die Teilnahmeberechtigung wird bei der Einreise in das Bundesgebiet vom Bundesverwaltungsamt ausgehändigt.

Berechtigt sind natürlich auch Ausländer, die sich in einer Eingliederungsvereinbarung i. S. d. § 15 SGB II zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet haben oder durch den Träger der Grundsicherung zur Teilnahme aufgefordert werden (s. § 4 I Nr. 4 IntV i. V. m. § 44a I S. 1 Nr. 2 oder S. 3 AufenthG). Das gleiche gilt auch für Ausländer, die einen „besonde-ren“ Integrationsbedarf aufweisen und aus dem Grund zur Teilnahme durch die Ausländerbehör-de verpflichtet wurden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie Personensorge über ein in der Bundesrepublik lebendes minderjähriges Kind innehaben und sich auf einfache Weise in Deutsch nicht verständigen können. Hiermit wird zumindest ansatzweise einer langfristig ausge-richteten Integration der jungen Generationen Rechnung getragen.

Außerdem besteht für bestimmte Personengruppen, die keinen Anspruch auf Besuch eines Inte-grationskurses haben, die Möglichkeit zur Teilnahme durch das Bundesamt auf Antrag zugelas-sen zu werden. Im Rahmen der behördlichen Ermessensentscheidung können gem. § 44 IV AufenthG diejenigen Ausländergruppen eine Zulassung bekommen, die sich zwar dauer-haft und rechtmäßig in Deutschland aufhalten, jedoch keinen Teilnahmeanspruch haben. Das Angebot der „nachholenden Integration“ richtet sich vor allem an Altzuwanderer, EU-Bürger (s. § 11 I FreizügG/EU) oder sogar schon Eingebürgerte, wenn sie keine ausreichenden Deutsch-kenntnisse vorweisen und besonders integrationsbedürftig sind. Spätaussiedler sowie deren Ehe-gatten und Abkömmlinge, die vor dem 1. Januar 2005 nach Deutschland einreisten, können auf Antrag zur Teilnahme an einem Integrationskurs zugelassen werden, wenn sie bisher noch keinen Sprachkurs nach SGB III besucht haben. Eine Zulassungsmöglichkeit für die vorgenannten Per-sonengruppen besteht jedoch nur dann, wenn die Anzahl der vorhandenen Kursplätze, die vom BAMF unter Berücksichtigung der vorhandenen Mittel errechnet wird, mit Berechtigten und Verpflichteten nicht gedeckt ist.25

Der Integrationskurs stieß vor allem bei den in Deutschland länger lebenden Migranten auf ein großes Interesse. Im Jahr 2005 betrug der Anteil der Altzuwanderer an der Gesamtheit der Kursteilnehmer 52,8 %. Auch in den Folgejahren behielten sie den „Titel“ der stärksten Teilneh-mergruppe. Damit widerlegten sie das in Deutschland durchgesetzte Dogma bezüglich der aus-ländischen Integrationsunwilligkeit und des Rückzugs in Parallelgesellschaften. Die Kritik richtet sich in diesem Zusammenhang an das Bundesamt, das bereits im Jahr 2005 5.500 Zulassungsan-träge ablehnte. Die Gründe dafür können vom BAMF aufgrund von fehlenden statistischen Erfas-sungen nicht angegeben werden. Es wird jedoch vermutet, dass auch Geduldete die Zulassung beantragt haben, sie sind nämlich zur Teilnahme nicht berechtigt.26 Einen weiteren Grund könn-ten die beschränkten für diese Personengruppe zur Verfügung gestellten Platzkontingente dar-

25 Storr, § 44 AufenthG Rn. 8. 26 Hentges, http://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/277883.html#a5.

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stellen.27 Für die Folgejahre führte das Bundesamt keinerlei Statistiken gestellter und abgelehnter Zulassungsanträge, sodass keine Aussagen bezüglich der Situation möglich sind.28

2.4 Verpflichtung zur Teilnahme

Obwohl die Integrationskurse von Anfang an als eine fördernde Maßnahme für Zuwanderer ge-dacht waren, ist kaum zu übersehen, dass sie auch einen Zwangscharakter ausstrahlen. Schon die erste Reform des Ausländerrechts aus dem Jahr 2005 erteilte den zuständigen Ausländerbehörden die Möglichkeit einer Verpflichtung zur Teilnahme an Integrationskursen von Neuzuwanderern, die sich nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen konnten oder SGB II-Leistungen bekommen haben. Auch die in besonderer Weise Integrationsbedürftigen konnten zum Besuch eines Kurses verpflichtet werden.

Das Zuwanderungsgesetz vom August 2007 verursachte auf dem Gebiet unübersehbare Ände-rungen. Die Verpflichtung besteht weiterhin für Zugewanderte, die einen Teilnahmeanspruch gem. § 44 AufenthG haben und bei der persönlichen Vorsprache zur Verständigung auf Hilfe Dritter angewiesen sind und somit nicht zumindest einfache Deutschkenntnisse29 besitzen.

Auch nachgezogene Ehegatten der Deutschen oder der Ausländer und Besitzer eines Aufenthalts-titels nach § 23 II AufenthG (z. B. die jüdischen Zuwanderer), die zum Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen (§ 44a I S. 1 Nr. 1 AufenthG), sind zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichtet. Die Feststellung der Verpflichtung obliegt bei dieser Personengruppe der Ausländerbehörde, die sie mit einem feststellenden Verwaltungsakt anordnet.

Die Bezieher von SGB II-Leistungen (ALG II oder Sozialgeld) sind zur Teilnahme weiterhin verpflichtet, soweit sie sich dazu in einer Eingliederungsvereinbarung bereit erklärt haben oder vom zuständigen Leistungsträger dazu aufgefordert wurden (s. § 44a I S. 1 Nr. 2 AufenthG). Neu ist hier auch die Zuständigkeit des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Die dritte Gruppe der zur Teilnahme an einem Integrationskurs verpflichteten Ausländer bilden weiterhin Menschen, die einen besonderen Integrationsbedarf aufweisen und von der Ausländer-behörde zum Kursbesuch aufgefordert werden. Bei den Aufforderungen der zuständigen Behörde handelt sich um Verwaltungsakte, die die Adressaten auf die möglichen Folgen einer Pflichtver-letzung hinweisen sollen, um ihnen die Ernsthaftigkeit der Verpflichtung aufzuzeigen.30

Die zur Teilnahme Verpflichteten sind aufgefordert, sich unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Zögern) zu einem Kurs anzumelden und dafür der verpflichtenden Stelle auf Verlangen einen Nachweis vorzulegen (s. § 7 II IntV). Das Aufenthaltsgesetz sieht aber in § 44a Abs. 2 und 2a für bestimmte Ausländergruppen auch Ausnahmen von der Teilnahmeverpflichtung vor. Schon die alte Rechtslage sah eine Befreiung für Auszubildende, Teilnehmer an dem Integrationskurs vergleichbaren Bildungsangeboten und Menschen, für die ein Kursbesuch unmöglich oder unzu-mutbar wäre, vor. Bei der letzten Personengruppe sind besondere familiäre, persönliche oder be-rufliche Umstände wie z. B. geistige Behinderung, Pflege von Angehörigen etc. zu berücksichti-

27 Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz , S. 63. 28 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage…, S. 2 29 Der Begriff der „einfachen Deutschkenntnissen“ nach dem AufenthG wird mit dem Sprachniveau A2 gleichge-

setzt. 30 Storr, § 44a AufenthG Rn. 2-7.

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gen. Neu in diesem Zusammenhang ist der Abs. 2a, der eine Befreiung für Ausländer vorsieht, die eine Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Rechtstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtig-ten in einem anderen EU-Mitgliedstaat besitzen und nachweisen können, dass sie bereits in einem anderen Mitgliedstaat eine Integrationsmaßnahme durchlaufen haben.

§ 44a AufenthG stellt durch den Teilnahmezwang eine Regelung der sanktionierenden Steue-rungspolitik dar. Von den im Jahr 2007 61.113 zur Teilnahme an einem Integrationskurs ver-pflichteten Personen (davon 5.242 von Trägern der Grundsicherung für Arbeitssuchende ver-pflichtet) sind rund 85 % der Aufforderung nachgekommen und haben im selben Jahr einen Kurs begonnen.31 Daraus kann entnommen werden, dass auch die fordernde Integrationspolitik ernst genommen wird. Umso verwunderlicher sind die geläufigen Gesprächsthemen in den integrati-onspolitischen Debatten, die sich außer auf Finanzierungsverpflichtungen vor allem auf die Frage und Gestaltung der Sanktionen konzentrieren.32

2.5 Folgen, Konsequenzen und Sanktionen

Das neu geschaffene Integrationskurssystem funktioniert nach dem in Deutschland geläufigen Prinzip des „Förderns und Forderns“. Das Gesetz sieht (wie erläutert) sowohl einen Anspruch auf die staatliche Maßnahme als auch einen „Benutzungszwang“ vor und bietet Möglichkeiten der Sanktionierung im Fall der „Ungehorsamkeit“. Dies erinnert stark an die im SGB II geltenden Regelungen. Diese „Gleichstellung“ der Zuwanderer mit Langzeitarbeitslosen, für die ebenfalls der Grundsatz des „Förderns und Forderns“ gilt, wird in der Literatur stark kritisiert.33 Demnach wird in der Politik nicht auf die soziale und kulturelle Integration der Migranten Wert gelegt, sondern auf die den Arbeitsmarkt unterstützende strukturelle Organisation. Sie sollen schnellst-möglich ihr Humankapital als Arbeitnehmer einsetzen können.

Schon das ZuwG 2005 regelte, dass die zur Teilnahme Verpflichteten bei vorsätzlicher Nichtbe-folgung mit Konsequenzen rechnen müssten. Das AuslRÄndG 2007 brachte eine grundsätzliche Verschärfung der Sanktionierungsmethodik mit sich. § 44a III AufenthG schreibt ein systemati-sches Vorgehen der Ausländerbehörde im Fall einer selbstverschuldeten Verletzung der Teil-nahmepflicht oder erfolglosen Teilnahme an der Abschlussprüfung vor. Demnach soll zunächst eine schriftliche „Abmahnung“, die die Folgen der Pflichtverletzung aufzeigt, erteilt werden. So-weit dieser Hinweis keine Wirkungen zeigt, kann die Ausländerbehörde den Betroffenen zu ei-nem gebührenpflichtigen Gespräch vorladen (s. § 47 I Nr. 4 AufenthV). Eine Teilnahmepflicht-verletzung kann bei Neuzuwanderern auf die Entscheidung über die Verlängerung ihres Aufent-haltstitels einen negativen Einfluss haben. § 8 III AufenthG sieht die Möglichkeit der Ablehnung eines Antrages auf Verlängerung einer nach dem Gesetz erteilten Aufenthaltserlaubnis vor, wenn sich dabei um keine aus humanitären Gründen erteilte Aufenthaltserlaubnis handelt und der An-tragsteller keine anderweitige Integrationsmöglichkeit nachweisen kann. Solch eine im Rahmen des der Ausländerbehörde eingeräumten Ermessens getroffene Entscheidung hat gravierende Folgen. Der Ausländer hat keinen Aufenthaltstitel mehr und ist somit gem. § 50 I AufenthG zur Ausreise verpflichtet.

31 Integrationskursbilanz für das Jahr 2007, S. 2. 32 Fördern Pflicht-Integrationskurse in Westeuropa die Integration von Zuwanderern?

http://www.hwwi.org/uploads/tx_wilpubdb/KD08_Integrationskurse_01.pdf. 33 Michalowski: Integrationsprogramme in Europa: Konzeption, Effektivität und wohlfahrtsstaatliches Kalkül. In:

Politische Steuerung von Integrationsprozessen, S. 72.

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Personen, die Sozialleistungen erhalten, können mit einer Kürzung der Leistungen um 30 % für die Zeit der verschuldeten Nichtteilnahme rechnen. In Wiederholungsfällen ist auch eine allmäh-liche Leistungskürzung bis auf Null möglich. Eine unregelmäßige Teilnahme kann dazu führen, dass die Betroffenen den Kostenbeitrag für den gesamten Integrationskurs vorweg in einer Sum-me (645 �) bezahlen müssen. Auch die Mittel des Verwaltungszwangs stehen der Ausländerbe-hörde für die Durchsetzung der gesetzlichen Pflichten zur Verfügung. Die Verletzung der Teil-nahmepflicht wurde mit der Novellierung des Ausländerrechts im Jahr 2007 in den Katalog der aufenthaltsrechtlichen Ordnungswidrigkeiten aufgenommen und kann seitdem mit einem Buß-geld von maximal tausend Euro geahndet werden.

Das Gesetz sieht auch automatische Folgen des Nichtbestehens der B1-Prüfung vor. Gemäß § 9 II S. 1 Nr. 7 und 8 AufenthG sind ausreichende Deutschkenntnisse (Niveaustufe B1) und Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung (Inhalte des Orientierungskur-ses) eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Auch das StAG sieht als eine der Einbürgerungsvoraussetzungen ausreichende Deutschkenntnisse vor (s. § 10 I Nr. 6 StAG). Durch verschuldete Nichtteilnahme oder erfolglose Teilnahme verliert der Betroffene somit den Einbürgerungsanspruch, aber auch die Möglichkeit der Wartezeitverkür-zung von acht auf sieben Jahre (s. § 10 III StAG).

3 Integration im Landkreis Darmstadt-Dieburg

3.1 Migranten im Landkreis

Der Regierungsbezirk Darmstadt hat nach Stuttgart (27,7 %) mit 26,8 % den zweithöchsten Pro-zentsatz an Einwohnern mit Migrationshintergrund deutschlandweit. Die dritte Position über-nimmt in diesem Zusammenhang der Regierungsbezirk Düsseldorf mit 24,4 %, der absolut gese-hen zum Hauptwohnsitz der meisten Migranten wurde. Dort leben nämlich 1.272.000 Menschen mit Migrationshintergrund, im Regierungsbezirk Darmstadt dagegen 1.012.000.34

In dem davon umfassten Landkreis Darmstadt-Dieburg leben 30.319 ausländische Staatsangehö-rige und damit 4,16 % der hessischen Ausländer und gleichzeitig 0,45 % der in Deutschland le-benden ausländischen Bürger. Dies scheint auf den ersten Blick nicht viel zu sein. Wenn man jedoch die Ausländeranzahl mit der gesamten Einwohnerzahl des Landkreises vergleicht (289.071), dann sind ca. 10,49 % aller Kreiseinwohner ausländischer Herkunft.35 Laut Mikrozen-sus betrug der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund im engeren Sinne36 auf dem Gebiet des Kreises im Jahr 2006 durchschnittlich 18,3 % der gesamten Bevölkerung. Was die ge-schlechtsbezogene Aufteilung der Migranten anbetrifft, ist hier keine deutliche Unterrepräsentie-rung des weiblichen oder männlichen Geschlechtes anzumerken. Die altersbezogene Spezifizie-rung ergibt jedoch mit rund 70 % ein deutliches „Übergewicht“ der bis 45-Jährigen. Die meisten ausländischen Kreiseinwohner kommen aus Europa (ca. 70 %) und Asien. Länderbezogen woh-nen hier 7.344 türkische Staatsangehörige, über 3.800 Italiener, über 2.000 Polen und 1.605 Por-

34 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, S.36 ff. 35 Angaben des Statistischen Bundesamtes, Stand: 31.12.2007. 36 Der Mikrozensus unterscheidet zwischen Personen mit Migrationshintergrund im weiteren und engeren Sinne.

Den Unterschied machen dabei Menschen „mit nicht durchgehend bestimmbarem Migrationsstatus“ aus, die der Bevölkerungsgruppe ohne Migrationshintergrund zugeordnet werden.

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tugiesen. Die meisten Asiaten kommen aus Pakistan, die meisten Afrikaner aus Marokko. In den Städten Griesheim, Weiterstadt und Pfungstadt haben jeweils über 3.000 Menschen mit ausländi-schem Pass ihren Hauptwohnsitz, in Griesheim sind es sogar 3.803 Personen. Nur in zwei der 23 kreisangehörigen Städte und Gemeinden erreicht der Ausländeranteil an der Gesamteinwohner-zahl keine 5 %. Dazu gehören: Modautal (4.966 Einwohner) und die Gemeinde Otzberg mit ihren 6.419 Einwohnern.37

Die Bevölkerungsdichte des Landkreises weist keine Abweichungen von der Deutschlands auf. Der östliche Teil des Kreises ist bis auf Dieburg, Groß-Zimmern, Münster und Reinheim mit un-ter 600 Einwohnern pro km² sehr dünn besiedelt. In der Gemeinde Otzberg beträgt die Besied-lungsdichte gerade 155 Einwohner pro km². Die Arbeitslosenquote lag Ende 2005 im Kreisraum mit 9,1 % knapp unter dem westdeutschen Durchschnitt (9,4 %), die der ausländischen Einwoh-ner mit 19,7 % unter dem deutschen Durchschnitt von 25,5 %.38

3.2 Das Integrationsbüro als Begleiter im Prozess des Zusammenfügens und Zu-sammenwachsens

Im Hinblick auf seine hohe Anzahl der ausländischen Einwohner spielt die Integration im Land-kreis Darmstadt-Dieburg eine wichtige Rolle. Der besonderen Bedeutung der politischen Aufga-be ist sich der Kreis auch bewusst. Gemeinsam haben die Mitarbeiter des Integrationsbüros, der Ausländerbehörde, des Ausländerbeirats, der Abteilung für Chancengleichheit, des Jugendamtes, der Kreisagentur für Beschäftigung, der Schulabteilung, des Sozialamtes, des Seniorenbüros, der Volkshochschule und der Abteilung Wirtschaft, Standortmarketing, Bürgerservice im Auftrag des Landrats in mehreren Sitzungen Integrationsleitlinien formuliert, die im November 2007 vom Kreistag einstimmig beschlossen wurden. Sie stellen eine Selbstverpflichtung des Landkreises, sich zu Integrationspolitik zu bekennen, dar und sollen alle Verwaltungsmitarbeiter auf die inter-kulturelle Problematik sensibilisieren.

Als spezielle Anlaufstelle für Migranten und „Einheimische“ wurde am 01.01.2005 das Integrati-onsbüro eingerichtet. Zentrale Aufgaben des Büros sind Vernetzung und Ausbau spezieller Bera-tungsangebote, Öffnung der Regeldienste für Migranten durch die Entwicklung von niedrig-schwelligen Angeboten mit dem Ziel, Migranten eine gleichberechtigte Teilnahme am gesell-schaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Leben zu ermöglichen. „Dabei solle ihre eigene kulturelle Identität nicht herabgesetzt, sondern respektiert und als Bereicherung aner-kannt werden“ – heißt es in den Integrationsleitlinien des Kreises. Zur dauerhaften Voranbrin-gung des Integrationsprozesses stellt das Thema „Spracherwerb“ derzeit einen Schwerpunkt dar. Im Rahmen der Kooperation mit lokalen Kursträgern und Migrationserstberatungsstellen kann hier Unterstützung bei der Suche nach einem geeigneten Deutsch- oder Integrationskurs angebo-ten werden. Durch individuelle Beratungsgespräche erfahren die Hilfesuchenden Informationen zu Anliegen und Fragen rund um die Thematik Migration und Integration.

Das Integrationsbüro setzt auch durch eigene Projekte Impulse zur Förderung der Integration von Kreismigranten. Mit der Abteilung für Chancengleichheit entwickelte es z. B. einen Gesund-heitswegweiser "Welche Ärztin, welcher Arzt spricht meine Sprache". Er beinhaltet Adressen von Medizinern im Landkreis, die außer der deutschen weitere Sprachen beherrschen, um den

37 Die Angaben basieren auf den Auskünften aus dem AZR sowie den Angaben des Statistischen Bundesamtes,

Stand 31.12.2007. 38 Sozialstrukturatlas, S. 5-6, 56-57.

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Migranten ihre Gesundheitsversorgung durch Abbau der sprachlichen Barrieren zu erleichtern. Auch in sonstigen Lebenslagen sollen sie nicht allein gelassen werden. So wird zurzeit ein „In-terkultureller Wegweiser“ erarbeitet, der den Migranten das Zurechtkommen in deutschem (Be-hörden)System ermöglichen soll.

Die Mitarbeiter des Büros setzen sich für Chancengleichheit beim Zugang zum deutschen Bil-dungssystem und weitgehende Anerkennung der ausländischen Schulabschlüsse und beruflichen Qualifikationen ein. Zur Finanzierung der Integrationsarbeit stehen der Abteilung Eigenmittel zur Verfügung, die sie im Rahmen der Budgetierung selbstständig verwalten kann. Trotzdem muss man Prioritäten setzen und nicht selten auf manches verzichten, um andere Ideen umsetzen zu können.

Das Integrationsbüro ist die erste Anlaufstelle, für die von der Ausländerbehörde berechtigten oder verpflichteten Personen. Hier bekommen sie weitere Informationen zu den ihnen erteilten Rechten oder auferlegten Pflichten und werden auf die im Landkreis ansässigen Migrations-erstberatungstellen und Kursträger aufmerksam gemacht. Seit dem Inkrafttreten des ZuwG bis zum 31.12.2007 stellte die Ausländerbehörde 326 Teilnahmeberechtigungen aus, 218 an Frauen und 108 an Männer. Auch bei den durch die Ausländerbehörde zur Teilnahme an einem Integra-tionskurs Verpflichteten überwiegt mit knapp 70 % das weibliche Geschlecht. Dies erklärt die Ausländerbehörde mit dem zurzeit häufigen Ehegattennachzug, aber auch mit der familiären Si-tuation der v. a. muslimischen Frauen, die traditionell (nur) als Hausfrauen existieren und da-durch der Möglichkeit des Spracherwerbs entzogen werden. Dadurch dass viele von ihnen die Personensorge über ihre minderjährige Kinder ausüben, können sie von der Ausländerbehörde zur Teilnahme verpflichtet werden (s. § 44a I S. 1 Nr. 3 AufenthG).

Da der Landkreis Darmstadt-Dieburg eine Optionskommune ist, kann auch der Eigenbetrieb Kreisagentur für Beschäftigung als Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende eine Berech-tigung oder Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs erteilen. Der SGB II-Träger verzichtet jedoch weitgehend auf seine Verpflichtungskompetenzen, da die Bedürftigen die zu-meist hohen Fahrtkosten zu den Kursorten nicht begleichen können und diese hier auch nicht erstattet werden. In den meisten Fällen stellt die Kreisagentur im Namen der teilnahmewilligen Leistungsempfänger Anträge auf Zulassung zu einem Kurs an das Bundesamt, wodurch die Men-schen selbst und ungezwungen entscheiden können, ob sie einen Kurs besuchen möchten. Ihnen bietet eine bei der Kreisagentur speziell für die Eingliederungsaufgabe zuständige Mitarbeiterin ihre umfangreiche Beratung und Unterstützung in der Suche nach einem passenden Kurs an.

Die Datenübermittlung in dem Integrationskursverfahren (geregelt im § 8 IntV) ist auf Grund der datenschutzrechtlichen Vorschriften ein sehr bürokratischer und sensibler Prozess. Das Bundes-amt spielt hier zumeist die Rolle des Empfängers. Es bekommt von den Ausländerbehörden, Trä-gern der Grundsicherung für Arbeitssuchende und dem für die Spätaussiedler zuständigen Bun-desverwaltungsamt die Daten der ausgestellten Berechtigungen und Verpflichtungen übermittelt. Von den Kursträgern erfährt es die Daten der zum jeweiligen Kurs Angemeldeten sowie Beginn des Kurses. Zum Zwecke der Abrechnung bekommt das BAMF auch die von den Trägern regel-mäßig zu erstellenden Teilnehmerlisten und Ergebnisse der Abschlussprüfungen. Gemäß § 8 III S. 2 IntV steht der Ausländerbehörde die Möglichkeit zu, Daten zur Anmeldung und Teil-nahme der zur Teilnahme Verpflichteten beim Bundesamt anzufordern. Zu bedauern ist in diesem Zusammenhang, dass das Bundesamt der Forderung nicht nachkommen kann, da die elektroni-sche Datenübermittlung – wie das BAMF erklärt – aufgrund des Datenschutzes in diesem Fall nicht möglich ist. Über die zur Teilnahme Berechtigten bekommt die Ausländerbehörde nur ver-einzelt Rückmeldungen, die sie deswegen statistisch nicht erfasst. Da auch die Kursträger keiner-

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lei Daten bezüglich der ordnungsgemäßen Teilnahme der Berechtigten oder auch Verpflichteten übermitteln, muss die Ausländerbehörde zur Durchsetzung und Überprüfung der durch Verwal-tungsakte ausgestellten Verpflichtungen, die Betroffenen schriftlich zur Vorlage eines entspre-chenden Nachweises auffordern. Um die Inanspruchnahme der erteilten Berechtigungen zu ermit-teln, ist sie wiederum auf die Auskunft des Integrationsbüros angewiesen. Das Büro erfragt seine Daten selbst, entweder durch persönliche Anfragen bei den unterstützten Migranten oder auch bei den kooperierenden Kursträgern. Die zweiten können jedoch oft keine zuverlässigen Aussagen bezüglich der Kursabschlüsse der einzelnen Teilnehmer treffen, da den Kursbesuchern die Mög-lichkeit eines Wechsels zwischen den Kursträgern nach Abschluss der einzelnen Kursabschnitte zusteht (s. § 14 III IntV).

Im Fall der Nichteinhaltung der auferlegten Pflichten durch die betroffenen Migranten trifft die Ausländerbehörde die Entscheidung über das weitere Vorgehen im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens. Sie ermittelt also zunächst den Grund für die Nichtbefolgung der Teilnahmepflicht und räumt gegebenenfalls eine weitere Frist für die Anmeldung ein. Im Fall eines völligen Igno-rierens wird die Aufenthaltsgenehmigung für eine verkürzte Zeit ausgestellt, um dem Betroffenen die Bedeutung der Maßnahmen aufzuzeigen. Bei Beziehern von Sozialleistungen nimmt die Be-hörde Kontakt mit der Kreisagentur für Beschäftigung auf und schlägt eine Kürzung der entspre-chenden SGB II-Leistung vor. Zu einer völligen Versagung der Aufenthaltserlaubnisverlänge-rung kam es bisher nicht.

3.3 Hindernisse und Probleme auf dem Weg zu gelungener Integration

Es gibt in Deutschland nur vereinzelt Landkreise (knapp über 7 %), die sich mit der Integrations-aufgabe auseinandersetzen. Dazu gehören in Hessen die Landkreise: Hersfeld-Rotenburg, Mar-burg-Biedenkopf, Kreis Offenbach und Darmstadt-Dieburg, die die Integration seiner Migranten unterstützend begleiten.39 Meistens sind es kreisfreie Städte, die Migrationsberatung anbieten und sich unterstützend an der Integration ihrer zugewanderten Einwohner beteiligen. Sie haben es aufgrund ihrer Bevölkerungsdichte und des umfangreichen Angebots der dort ansässigen Sprach-schulen bei der Leistung der Eingliederungshilfe viel einfacher. Ein Landkreis muss als großflä-chige Gebietskörperschaft und Gemeindeverband auch die Bürgermeister der angehörigen Ge-meinden überzeugen, um eine effektive Integrationspolitik zu führen. Ohne ihre Unterstützung und Kooperation sind die Chancen auf eine erfolgreiche Eingliederung der Zuwanderer gering.

Eine weitere Erschwernis stellen die häufig hohen Fahrtkosten dar, die für Kursteilnehmer ent-stehen. Die Anzahl der durch das BAMF deutschlandweit abgelehnten Anträge auf Fahrtkosten-zuschuss ist leider sehr hoch. So hat das Bundesamt im Jahr 2005 über 35 % der gestellten An-träge abgelehnt, in den Jahren 2006 und 2007 waren es sogar jeweils weit über 50 %.40 Viele Teilnehmerinnen besitzen keinen Führerschein und die nicht ausreichende ÖPNV-Anbindung verhindert sie am regelmäßigen Kursbesuch.

Verbesserungswürdig ist hier auch die Situation der Mütter, die die deutsche Sprache gerne er-werben möchten. Bei der Vermittlung von Kinderbetreuungsangeboten ergeben sich vielfältige Probleme. Das Angebot deckt hier leider die Nachfrage nicht ab, sodass viele Frauen die Mög-lichkeit auf „gesellschaftliche Teilhabe und Chancengleichheit“ nicht bekommen können. Dies betrifft nicht nur die Situation von Frauen mit Kleinkindern (0-3), für die wegen der einge-

39 Deutscher Landkreistag, http://www.kreise-fuer-integration.de/fr-integrationsportal.htm. 40 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage…, S. 9.

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schränkten Anzahl der vorhandenen Krippenplätze nicht möglich ist, einen Kurs zu besuchen, sondern auch die Mütter von Kindern im Schulalter, die sich aufgrund der niedrigen Anzahl von betreuenden Grundschulen und des begrenzten Angebots der nachschulischen Betreuung an die Kursbesuchszeiten nicht halten können.

Die Umsetzung der integrationspolitischen Vorstellungen und Ideen auf dem Gebiet des Land-kreises Darmstadt-Dieburg ist somit aufgrund der Bevölkerungsstruktur und geografischen Ge-gebenheiten der Gebietskörperschaft eine sehr mühsame Aufgabe. Trotzdem sieht sich der Kreis verpflichtet seine Einwohner mit Migrationshintergrund möglichst weitgehend zu unterstützen.

3.4 Ergebnisse einer Befragung und Stichprobenuntersuchung bei kooperierenden Kursträgern

Die in der Evaluation der Integrationskurse durch Rambøll Managements erzielten Ergebnisse beweisen, dass ein Großteil der Kursteilnehmer innerhalb von 600 Stunden nicht in der Lage ist, das Sprachniveau B1 zu erreichen. Die in dem Evaluationsgutachten dargestellten Resultate dür-fen jedoch nicht ohne kritische Hinterfragung als endgültig und unwiderlegbar betrachtet werden. Grundsätzlich wird der Erfolg eines Programms an dem Grad der Zielerreichung gemessen. So gehen auch die Evaluationen vor. Da die Evaluation durch Sekundärforschung und Befragung zustande kam,41 ist auch die Qualität der Daten von der Genauigkeit ihrer „Lieferanten“ abhän-gig.42 Viele Angaben sind somit nicht nachprüfbar und werden so von dem Auftraggeber als auch vom Evaluator selbst – da eine Kontrollarbeitsgruppe bei der Evaluationsdurchführung fehlt – nicht unter die Lupe genommen. Eine volle Verlässligkeit der Ergebnisse kann bei der Durchfüh-rung eigener Untersuchung zwar auch nicht erreicht werden, es können dabei jedoch Faktoren berücksichtigt werden, die durch die vorhandenen Auswertungen außer Acht gelassen wurden.

Um die Erfolgsquote der Integrationskurse in der Darmstadt-Dieburger Region zu ermitteln, führ-te die Verfasserin eine Befragung und eine damit zusammenhängende Stichprobenuntersuchung bei den ausgesuchten, im Raum des Kreises und der Stadt Darmstadt ansässigen Kursträgern durch. Die Auswahl der befragten Institutionen erfolgte im Hinblick auf die bestehende Koopera-tion mit dem Integrationsbüro. Es wurden somit nur Träger befragt, deren Angebote nach Anga-ben der Mitarbeiter des Integrationsbüros an die im Landkreis lebenden Migranten unterbreitet werden.

Die Befragung erfolgte anhand eines dafür erstellten Fragebogens (s. Anlage II), der den Leitern der privaten und öffentlichen Kursträgern entweder persönlich vor Ort vorgetragen oder auch via E-Mail verschickt und beantwortet wurde. Bei der Stichprobenerhebung handelte sich um eine Auswertung von Prüfungsergebnissen einer beliebigen Integrationskursgruppe, die durch die be-fragten Träger selbst ausgewählt wurde und zu der sie Angaben auf einem speziell dafür vorge-fertigten Erfassungsbogen liefern konnten (s. Anlage III). Die Kursträger entschieden selbst, wel-chen abgeschlossenen Integrationskurs sie als Beispiel auswerten wollten. Dies kann also dazu geführt haben, dass gerade die Kursgruppen ausgesucht wurden, die die besten Ergebnisse erzielt hatten. Umgekehrt konnten die Träger jedoch auch Angaben zur Kursteilnehmer liefern, die sehr schlecht abgeschlossen hatten, um die eigene Haltung zu den Integrationskursen zu verdeutli-

41 Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz , S. 5 ff. 42 So z. B. die Durchfallquote wurde anhand der vorhandenen Daten des WBT in Korrelation mit BAMF-

Datenbeständen geschätzt.

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chen. Die Ergebnisse der Stichprobe sind nicht repräsentativ und dienen nur der Verdeutlichung der im Landkreis Darmstadt-Dieburg bestehenden Situation.

Die Untersuchung startete bereits im Januar 2008 und wurde im Juni des gleichen Jahres abge-schlossen. Angesprochen wurden elf Kursträger, die entweder öffentlich-rechtlich oder privat-rechtlich organisiert sind und in folgender Tabelle kurz vorgestellt werden.

Name des Kursträgers Organisationsform Sitz Kooperations- bereitschaft

Rückmeldung Erfassungsbogen

VHS Darmstadt öffentlich-rechtlich Darmstadt vorhanden nein VHS Dieburg öffentlich-rechtlich Dieburg vorhanden ja Berlitz Deutschland privat-rechtlich Darmstadt vorhanden ja Bildungszentrum des Hessischen Handelns privat-rechtlich Darmstadt vorhanden ja

Han-Languages privat-rechtlich Darmstadt nicht gegeben nein HEMA e. V. privat-rechtlich Darmstadt vorhanden ja HEMA e. V. privat-rechtlich Dieburg vorhanden ja Internationaler Bund privat-rechtlich Darmstadt vorhanden nein Lernakademie Darmstadt privat-rechtlich Darmstadt vorhanden nein Sprachinstitut 2000 privat-rechtlich Darmstadt vorhanden ja Studio Mondiale privat-rechtlich Darmstadt vorhanden nein

Tabelle 2: Übersicht der befragten Kursträger Quelle: eigene Darstellung

Wie aus der obigen Übersicht hervorgeht, war nur einer der Kursträger nicht bereit sich an der Untersuchung zu beteiligen. Zehn der angesprochenen Institutionen waren an der Umfrage inte-ressiert und zeigten Kooperationsbereitschaft, indem sie die gestellten Fragen beantwortet haben. Allerdings kam aus einigen Sprachschulen die Rückmeldung, dass der Erfassungsbogen nicht ausgefüllt werden kann, da keine statistischen Erfassungen geführt werden. Diese Aussage kann nicht nachvollzogen werden, da die Kursträger zur Übermittlung von Teilnehmerdaten an das BAMF gesetzlich verpflichtet sind (s. § 8 IntV) und dadurch bedingt die Daten auch elektronisch erfassen müssen… Andere Träger wiederum schickten ihre Bögen trotz mehrmaliger Anfrage und einer erteilten Zusage bis zur gesetzten Frist (und auch danach) nicht zurück. Es konnten somit nur sechs Erfassungsbögen ausgewertet werden.

3.4.1 Auswertung der Befragung

Fast alle der untersuchten Kursträger bieten die Integrationskurse seit dem Jahr 2005 an. Nur die „Lernakademie Darmstadt“ ist ein Neuling auf dem Gebiet, da der Kursträger erst im Jahr 2007 sein Angebot um die staatlichen Sprachfördermaßnahmen erweiterte. Seit dem die Kurse angebo-ten werden, haben weit über zweitausend Teilnehmer die Angebote der Sprachschulen in An-spruch genommen.43 Die Kurse werden zumeist als Vollzeitunterricht (4 oder 5 UE/ Werktag) angeboten, vier der Kursträger bieten auch Teilzeitkurse an, zwei haben Alphabetisierungskurse im Angebot und nur bei jeweils einem Träger besteht die Möglichkeit, an einem Frauen- oder Jugendintegrationskurs teilzunehmen. Die Mehrheit gestaltet die Kurse strikt nach den BAMF-Vorgaben oder wendet diese leicht umgewandelt an. Nur zwei der Befragten gaben an, ein eige-nes Curriculum entwickelt zu haben. Die seit Neustem auf zwanzig Personen beschränkte 43 Da sich die Befragung über einen längeren Zeitraum erstreckte, können dazu keine präzisen und zeitpunktbezoge-

nen Angaben gemacht werden.

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Höchstteilnehmerzahl wird von sechs der befragten Sprachschulen völlig ausgeschöpft. Die durchschnittliche Gruppenstärke beträgt nach Angaben der Befragten bei den „allgemeinen“ In-tegrationskursen (Vollzeit- und Teilzeitkurse) 16,7 Personen. Die im Bezug auf die Lehrkräfte vom BAMF gestellten Voraussetzungen halten manche für unpraktikabel oder sogar nicht um-setzbar. Viele suchen ihre Lehrenden in Hinblick auf ihre Berufserfahrung und davon abhängige Professionalität aus. Nur einer von den Befragten gab an, auf die interkulturellen Kompetenzen seiner Lehrkräfte einen großen Wert zu legen. Die B1-Prüfungen bieten die meisten (bis auf „Sprachinstitut 2000“) vor Ort an. Zur Teilnahme daran wurden bis zu dem Inkrafttreten der neu-nen IntV nur bei drei der Befragten alle Kursteilnehmer aufgefordert. Die Mehrheit ging dabei nach dem Prinzip der Erfolgsprognose vor, d. h. sie meldeten nur die Personen an, die gute Er-gebnisse in den Übungstests erreichten und die, von den man erwarten konnte, dass sie die Prü-fung bestehen werden. Seit Dezember 2007 gehört jedoch die Teilnahme am Abschlusstest zur ordnungsgemäßen Integrationskursteilnahme, sodass die Kursträger keine Einflussmöglichkeiten auf die Prüfungsresonanz haben. Ohne an einer Abschlussprüfung teilgenommen zu haben, hat man keinen Anspruch auf die gesetzlich vorgesehene Wiederholung des Aufbausprachkurses. Dies wird von den meisten Befragten stark kritisiert, man fühle sich bei der Durchführung der Integrationskurse kontrolliert. Manche behaupten sogar, die Politik befürchte, dass sie im Fall, in dem die Wiederholung ohne erfolglose Teilnahme an dem B1-Test möglich wäre, die Situation zur Verbesserung ihrer eigenen finanziellen Lage ausnutzen würden.

Die Sprachschulen haben die Frage nach dem Schwierigkeitsgrad des Abschlusstests insgesamt offen gelassen. Vier von ihnen halten den Test für zu schwierig, die anderen vier für angemessen und zwei halten den Schwierigkeitsgrad für relativ und einzelfallabhängig. Genauso sehen sie die Aufstockung des Stundenkontingentes auf 900 bzw. 1200 UE. Die Hälfte der Befragten meint, es sei eine gute politische Reaktion gewesen, die anderen kritisieren in diesem Zusammenhang die demotivierende Wirkung der nicht bestandenen Prüfung, die als Voraussetzung für den Wieder-holungsanspruch vorgeschrieben ist. Bisher gab es auch nur vereinzelt Teilnehmer, die nach er-folgloser B1-Prüfung ihr Interesse an der Kurswiederholung gezeigt haben.

Die angesprochenen Kursträgerleiter wurden auch nach eigenen Verbesserungsvorschlägen für das jetzige System gefragt. Drei von ihnen sprachen sich für einheitliche Aufstockung des Stun-denkontingentes aus, weitere zwei Sprachschulleiter würden eine strenge Sanktionierung des „Schwänzens“ begrüßen. Die anderen hätten gerne entweder mehr Handlungs- und Entschei-dungsraum oder sogar ein ganz neues Konzept, das den Spracherwerb mit einer Eingliederung in das Berufsleben verbinden würde. Vor allem der Bildungsstand der Kursteilnehmer müsste bes-ser berücksichtigt werden, aber auch der Abschlusstest lebensnaher gestaltet und auf die Men-schen zugeschnitten werden. Es wurde auch ein Appell an die Beratungsstellen gerichtet, sie sol-len den Migranten klar machen, welch eine „Wahnsinnschance“ sie mit den Integrationskursen bekommen haben.

3.4.2 Auswertung der Stichprobenuntersuchung

Die befragten Kursträgerleiter bekamen im Anschluss auf das Interview den vorgefertigten Erfas-sungsbogen, in dem sie die Daten der ausgesuchten Kursteilnehmergruppe eintragen konnten. Zur Gewährleistung der Anonymität der Bezugspersonen, wurde hier auf Felder für Eintragungen des Namens, des Wohnortes und anderer identifizierender Angaben bewusst verzichtet. Dies führte jedoch dazu, dass eine Unterteilung der Probanden auf Kreis- und Nichtkreisbewohner nicht möglich war. So wurden bei der Untersuchung höchstwahrscheinlich auch die Kursteilnehmer

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berücksichtigt, die nicht auf dem Gebiet des Landkreises wohnen, wie z. B. die Einwohner der Stadt Darmstadt. Es wird hier also von einer „Darmstadt-Dieburger Region“ gesprochen, die auch die Umgebung des Landkreises umfasst.

Die Befragten sollten zunächst Felder zu Merkmalen wie Geschlecht, Alter, Nationalität und Bil-dungsstand der Kursteilnehmer ausfüllen. Darüber hinaus sollten sie personenbezogen den (mög-lichen) Grund eines eventuellen vorzeitigen Kursabbruchs angeben, über die Prüfungsanmeldung der einzelnen Kursteilnehmer berichten und die Ergebnisse der abschließenden Prüfung angeben. Der Bogen erwies sich als praktikabel, um die Problematik der hohen Durchfallquote zu verdeut-lichen und Faktoren wie z. B. Kursabbrüche bei ihrer Errechnung zu berücksichtigen. Da die An-gaben zu Ergebnissen der B1-Prüfung aufgrund eines großen Arbeitsaufwands nur als positiv oder negativ erfolgen konnten, ist in diesem Zusammenhang bei der Analyse der durch die Unter-suchung gewonnenen Ergebnisse auf Bestimmung von Determinanten des Kurserfolgs verzichtet worden. Den Bestimmungsmerkmalen eines Probanden, die einen Erfolg bei der B1-Prüfung wahrscheinlich machen, wird somit bei der Analyse der Ergebnisse einer als Übung mit zwei Kursgruppen durchgeführten B1-Prüfung speziell nachgegangen.

An den analysierten Integrationskursen nahmen insgesamt 118 Migranten teil. Im Durchschnitt waren es somit 19,67 Personen pro Kursgruppe, die einen der fünf Vollzeitkurse oder den Teil-zeitkurs in Jahren 2005-2008 besuchten. Unter ihnen waren 71 weibliche und 47 männliche Teil-nehmer, die größtenteils (83 %) nicht älter als 45 Jahre waren und zumeist aus Europa und Asien stammen (s. Kontinentübersicht in der Anlage IV). Fast zwei Drittel der Probanden verfügten über keinen beruflichen Abschluss, darüber hinaus konnten keine Angaben über Bildungsstand von 16 Personen geliefert werden. Die Charakteristika der Kursteilenehmer und die Ergebnisse der Untersuchung sind in der folgenden Tabelle dargestellt worden.

Frauen in % Männer in % Anzahl 71 60,17 47 39,83 Alter 0-45 62 87,32 36 76,60 ab 46 9 12,68 11 23,40 Bildung – ISCED Levels44 1 - 3A 41 57,75 34 72,34 3B - 5A 17 23,94 10 21,28 9 13 18,31 3 6,38 Kursabbruch nein 51 71,83 30 63,83 ja 20 28,17 17 36,17 Anmeldung zu B1-Prüfung nein 36 50,70 30 63,83 ja 35 49,30 17 36,17 Prüfung bestanden nein 43 60,56 36 76,60 ja 28 39,44 10 21,28 nicht bekannt 0 0,00 1 2,13

Tabelle 3: Ergebnisse der Stichprobenuntersuchung Quelle: eigene Darstellung

44Die möglichen ISCED-Levels mit zugeordneten nationalen Bildungsabschlüssen stehen als Anlage V zur Einsicht.

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Einer der wichtigsten Befunde der Untersuchung ist die deprimierend hohe Kursabbruchsquote. Von den 118 Teilnehmern haben 37 und somit fast ein Drittel der Probanden den Kurs vorzeitig abgebrochen. Die Abbruchsgründe können der Abbildung 1 entnommen werden.

Kursabbruchsgründe

29%

19%14%

8%

8%

8%

14%

unbekannt

Krankheit

Schwangerschaft

Jobaufnahme

keine Motivation

zu hohes Tempo

sonstige

Abbildung 1: Übersicht der häufigsten Kursabbruchsursachen

Quelle: eigene Darstellung

Zu den am häufigsten angegebenen Abbruchsursachen gehörten Krankheit und Schwangerschaft. Diese Feststellung deckt sich größtenteils mit der von Rambøll, wonach die Schwangerschaft, Aufnahme einer Beschäftigung und Gesundheitsprobleme zu den hauptsächlichen Abbruchsursa-chen zählen. Allerdings ist die in der Evaluation angegebene und vom BAMF erfasste Zahl der Abbrüche von etwa 2,4 % unrealistisch und bestätigt somit die in dem Evaluationsgutachten dar-gestellte Mangelhaftigkeit des vom Bundesamt aufgebauten Controllingsystems.45

Die Berücksichtigung der Abbruchszahlen lässt die Erfolgsquote auf dem Darmstadt-Dieburger Gebiet um 30,76 % sinken. Wenn 46,91 % der Kursabsolventen46 das vorausgesetzte Niveau B1 mit dem Bestehen der Abschlussprüfung nachgewiesen haben, so beträgt die Erfolgsquote aller 118 Kursbesucher nur 32,48 %. Bei sinngemäßer Übertragung der erreichten Ergebnisse auf die in den Jahren 2005-2007 bundesweit erreichte Erfolgsquote der Kursabsolventen von 44,8 %,47 ergibt sich ein Anteil der erfolgreichen Kursteilnehmer von 31,02 %. Da jedoch keine der bisher durchgeführten und vorgelegten statistischen Auswertungen die Kursabbruchsrealität vollständig berücksichtigt hat, kann die in der Weise geschätzte Erfolgsquote wissenschaftlich nicht belegt werden. Zwar kann der „Integrationskursbilanz für das Jahr 2007“ des Bundesamtes entnommen werden, dass von 363.047 Personen, die einen Integrationskurs bis Ende 2007 begonnen haben, 71.282 und damit 19,63 % ihn „seit mehr als neun Monaten“ nicht mehr besuchten,48 dies stellt jedoch aufgrund der zeitlichen Begrenzung kein qualitatives Ergebnis im Hinblick auf die tat-sächliche Abbruchsquote dar.

Eine positive Note setzt den negativen Ergebnissen der Stichprobenuntersuchung die Erkenntnis, dass die durch die befragten Kursträger geschulten Prüfungsteilnehmer mit einer Erfolgsquote von 73,8 % um 4,1 % bessere Resultate als der deutsche Durchschnitt erreichten. 45 Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz, S. 52. 46 Personen die an dem gesamten Integrationskurs (600 UE) teilgenommen haben. 47 Integrationskursbilanz für das Jahr 2007, S. 7 ff. 48 Ebd., S. 3.

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3.5 Resümee der Integrationsbemühungen im Landkreis Darmstadt-Dieburg

Die Integrationsaufgabe kann auf dem Gebiet des Landkreises Darmstadt-Dieburg im Hinblick auf dessen mannigfaltige Bevölkerungsstruktur und -dichte nur als Querschnittsaufgabe durch alle Beteiligten gemeinsam getragen werden. Alle in dieser Region tätigen Akteure der Integrati-onsarbeit müssen sich kooperierend dafür einsetzen, da Integration verschiedene Lebensbereiche berührt. Die niedrigen Ausländerzahlen in manchen Kommunen dürfen keinen Grund zur Über-nahme einer abweisenden Stellung gegenüber der Eingliederung der ausländischen Minderheiten darstellen. Solche Einstellung begünstigt die Segregation und Konzentration der Zugewanderten in bestimmten Kommunen, was ihre Integration in die deutsche Gesellschaft wesentlich er-schwert.

Das Integrationsbüro bringt durch sein Engagement den Eingliederungsprozess der rund 53.000 auf dem Kreisgebiet lebenden Migranten, trotz geringer Anzahl der hier ansässigen Sprachschu-len, voran. Ein Großteil der Zielgruppe wird auf die Angebote der Darmstädter Kursträger auf-merksam gemacht und besucht dortige Integrationskurse. Die in Darmstadt ansässigen Träger bieten aus Wirtschaftlichkeitsgründen zumeist Vollzeitkurse an. Dies wirkt sich vor allem auf die hier lebenden ausländischen Frauen nachteilig aus. Viele von ihnen brechen den Sprachkurs vor-zeitig ab, was größtenteils auf ihre Schwangerschaft, die in ihren Kulturkreisen wie eine Krank-heit behandelt wird, zurückzuführen ist. Nach der Entbindung können sie den Bildungsgang meistens aufgrund der geringen Anzahl der Kinderbetreuungsangeboten nicht fortsetzen.

Die hohen Abbruchzahlen bleiben so auf dem Gebiet des Landkreises als auch der Bundesrepu-blik weitgehend unbemerkt. „Die Teilnehmer/innen können die Kurse auf Dauer unterbrechen, ohne das diese Unterbrechung im Datensystem (des BAMF) erfasst wird“ heißt es in dem Eva-luationsgutachten von Rambøll, das eine unrealistisch geringe Abbruchsquote verzeichnet. Der im Landkreis Darmstadt-Dieburg für die Umsetzung des Ausländerrechts zuständigen Auslän-derbehörde steht kein konkreter Ansprechpartner zu Verfügung, der sie mit nötigen Informatio-nen zur ordnungsgemäßen Teilnahme der Verpflichteten beliefern würde. So kann sie die Sankti-onierungskompetenzen nicht völlig nutzen und nimmt dadurch keinen großen Einfluss auf den Integrationsprozess im Landkreis.

4 Analyse des Schwierigkeitsgrades des Abschlusstests als einer der möglichen Misserfolgsursachen

4.1 „Zertifikat Deutsch“ als abschließende Sprachprüfung – Gestaltung und Ablauf

Um einen Integrationskurs erfolgreich abzuschließen, müssen die Teilnehmenden eine Ab-schlussprüfung, die aus zwei Teilen besteht, mit positivem Ergebnis absolvieren. Der erste Teil, der im Folgenden einer Analyse unterzogen wird, besteht aus einer schriftlichen und mündlichen Prüfung, deren erfolgreiche Ablegung den Erwerb des „Zertifikats Deutsch“ garantiert. Der zwei-te Teil dient der Überprüfung der im Orientierungskurs erworbenen Kenntnisse. Ab dem Jahr 2009 haben die Teilnehmenden die Möglichkeit ihre Sprachkenntnisse mit der neuen skalierten Sprachprüfung „Deutsch-Test für Zuwanderer“ auf den Kompetenzstufen A2 bis B1 nachzuwei-sen. Zurzeit stehen zwei Sprachtests zur Auswahl: „Zertifikat Deutsch“ (Kompetenzstufe B1) und „Start Deutsch 2“ (Kompetenzstufe A2). Da jedoch nur durch Bestehen der B1-Prüfung das Ziel

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des Kurses erreicht werden kann, bezieht sich die nachfolgende Untersuchung nur auf diese Prü-fung.

Die Sprachtests, die in Zusammenarbeit des Deutschen Instituts für Erwachsenbildung, des Goe-the-Instituts, der telc GmbH, des Instituts für Deutsche Sprache der Universität Freiburg (Schweiz) und des Österreichischen Sprachdiploms (ÖSD) in den Jahren 1995-1999 entwickelt wurden,49 werden europaweit nach gleichen Vorschriften direkt bei den Kursträgern durchgeführt und nach einheitlichen Bewertungsrichtlinien zentral von der telc ausgewertet. Die dem Zertifikat Deutsch zugrunde liegenden Lernziele basieren auf der standardmäßigen Sprachbenutzung in Deutschland, Österreich und in der Schweiz. Das Niveau B1 GER ist nach intensiven Beratungen aller maßgebenden Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Praxis als Ziel der Integrationskurse festgelegt worden.50

Die Prüfungstexte, die sich an Lernende ab 16 Jahren richten,51 werden von der telc den lizen-zierten Kursträgern zugeschickt. Bis zum Anfang des schriftlichen Teils dürfen sie nicht geöffnet werden. Die Prüfung dauert insgesamt (ohne Berücksichtigung der Pausen) 165 Minuten und bietet eine Möglichkeit insgesamt 300 Punkte zu erzielen. Als erstes wird das Leseverstehen e-xaminiert. Um sich bei dem Global-, Detail- und selektiven Verstehen sowie der Zuordnung von Sprachbausteinen zu beweisen, haben die Prüflinge 90 Minuten Zeit. Bei der korrekten Lösung 40 vorgegebener Aufgaben können sie 105 Punkte erreichen. Nach einer kurzen Pause geht es mit dem Hörverstehen weiter. Hier stehen dem Prüfling für 20 Aufgaben 30 Minuten zu Verfü-gung. In der Zeit bekommt er die Möglichkeit 75 Punkte zu erreichen. Zur Überprüfung der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit der B1-Kandidaten dient der innerhalb von 30 Minuten zu erstellende Brief, der Aussagen zu den vier vorgeschriebenen Leitpunkten beinhalten muss. Hier kommt es aber auch auf die Einleitung, die Grußformel und auf die Kenntnisse der deutschen Grammatik und Orthografie an. Damit ist auch der schriftliche Teil nach 150 Minuten beendet. Nun folgt der 15-minütige mündliche Teil, der immer von 2 Examinatoren, von denen mindes-tens einer über eine gültige von der telc GmbH erteilte Prüferlizenz verfügen muss, durchgeführt wird.52 Es handelt sich um eine Prüfung, die den Charakter einer Konversation zwischen zweien Prüflingen hat. Die Testteilnehmer bekommen vorher zwanzig Minuten Zeit, um sich anhand der Prüfungsunterlagen auf das Prüfungsgespräch vorzubereiten. Zur Auflockerung sollen sich die Prüflinge gegenseitig kennen lernen und kurz etwas über sich erzählen. Dabei müssen sie inhalt-lich auf die ihnen „vorgeschriebenen“ Themen eingehen, also z. B. nach den besuchten Schulen fragen oder über die von ihnen besuchte fremde Ländern erzählen etc. Der zweite Teil erfolgt in Form eines Gesprächs über die den Prüflingen vorgelegten Zeitschriftartikel. Sie sollen sich ge-genseitig kurz über die Inhalte ihrer Texte und Abbildungen informieren und im Anschluss daran ein Gespräch zu dieser Thematik führen. So mussten die Prüflinge bisher z. B. über das Leben in der Hauptstadt ihres Herkunftslandes miteinander kommunizieren, ohne dass sie diese jemals besichtigt hatten. In dem dritten und letzten Teil der Prüfung werden die Teilnehmer aufgefor-dert, zu zweit eine Aufgabe zu lösen. Sie sollen z. B. einen Kindergeburtstag organisieren oder auch ein gemeinsames Wochenende planen.

49 Zertifikat Deutsch: Modelltest 5, S. 2. 50 Erfahrungsbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag…, S. 16. 51 Goethe-Institut, http://www.goethe.de/lrn/prj/pba/zdt/deindex.htm. 52 Eine abweichende Reihenfolge ist zulässig. Die mündliche Prüfung kann auch an einem anderen Tag als dem des

schriftlichen Teils durchgeführt werden.

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Für das Ankreuzen der schriftlichen Aufgaben bekommen die geprüften Personen ein Extrablatt, das nach Beendigung der Prüfung an telc GmbH nach Frankfurt zur Auswertung verschickt wird. Nach der Abgabe des ausgefüllten Ankreuzbogens und Ablauf des schriftlichen Teils müssen die Prüflinge eine Wartezeit von ca. vier Wochen bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse einplanen. Der schriftliche Prüfungsteil wird bis auf den Brief von der telc nach standardisiertem Verfahren be-wertet. Die Briefkorrektur kann entweder vor Ort von lizenzierten Personen oder kostenpflichtig von telc durchgeführt werden. Der mündliche Teil wird logischerweise vor Ort durch lizenzierte Prüfer beurteilt (§ 18 telc Prüfungsordnung). Die Leistungen können nur von Lehrkräften bewer-tet werden, die die Prüflinge „in den sechs der Prüfung vorangehenden Monaten“ nicht unterrich-tet haben (§ 12 Abs. 4 telc Prüfungsordnung). Die Prüfung gilt als bestanden, wenn sowohl schriftlich als auch mündlich mindestens 60 Prozent der möglichen Punkte erreicht wurden, dies entspricht insgesamt 180 Punkten. Falls nur ein der zwei Teilen der Prüfung nicht bestanden wird, kann er „bis zum Ablauf des darauf folgenden Kalenderjahres“ wiederholt werden (§ 23 Abs. 3 telc Prüfungsordnung).

Es erscheint als möglich, dass die hohe Durchfallquote an den Abschlussprüfungen nicht nur auf die unzureichend erlangten Deutschkenntnisse der Kursteilnehmer zurückführbar ist, sondern auch auf den Aufbau und die Struktur des Abschlusstests. Zur Überprüfung dieser These werden im Folgenden die Ergebnisse zweier als Übung von Kursleitern durchgeführten Tests herangezo-gen und ausgewertet. Es wird vor allem auf die den Prüflingen am meisten Schwierigkeiten berei-tende Aufgaben geachtet um herauszufinden, aus welchem Grund sie bei deren Lösung scheitern.

4.2 Auswertung der Ergebnisse der als Übung durchgeführten B1-Prüfung

Bei den zwei zur nachfolgenden Untersuchung herangezogenen Kursgruppen handelt es sich je-weils um Teilnehmer von Teilzeitkursen, die bei der VHS Dieburg zweimal wöchentlich mit je-weils drei Unterrichtseinheiten stattgefunden haben. Der erste Integrationskurs (nachfolgend als A-Kurs benannt) wurde im Februar 2005 als Deutschkurs53 gestartet und im April 2008 mit der Prüfung „Zertifikat Deutsch“ als Integrationskurs abgeschlossen. Die Übungsprüfung wurde mit 15 Teilnehmenden54 im Februar 2008 durchgeführt. Teilgenommen haben sechs Männer und neun Frauen im Alter zwischen 24 und 40, die zum dortigen Zeitpunkt zwischen sechs Monaten und vier Jahren in Deutschland lebten. Es handelte sich somit um eine sehr junge Gruppe von Menschen, die zur Teilnahme entweder zugelassen oder als Neuzuwanderer berechtigt waren. Durch die Übungsprüfung, die auf Basis des durch telc zur Verfügung gestellten Übungssatzes Nr. 3 durchgeführt wurde, sind unter Berücksichtigung der mündlichen Prüfung zwei Teilnehmer durchgefallen. Bei einem von ihnen musste aus ungeklärten Gründen die mündliche Prüfung ab-gebrochen werden, worauf er dafür null Punkte bekam.

Kurs B war – chronologisch gesehen – der Folgekurs des Kurses A. Er fing im Oktober 2005 an und wird im November 2008 mit einer B1-Prüfung abschließen. An der Übungsprüfung nahmen vier weibliche und vier männliche Personen im Alter zwischen 30 bis 52 teil, die sich seit min-destens acht und höchstens zwanzig Jahren in der Bundesrepublik aufhalten und somit der sog. Bestandsausländergruppe angehören. Fast alle von ihnen haben freiwillig mit Zulassung des

53 Der Kurs wurde noch während des ersten Moduls in einen Integrationskurs umgewandelt. 54 Anzumerken ist, dass nicht alle Teilnehmer an der Übungsprüfung teilgenommen haben. Die Anzahl der Kursteil-

nehmer schwankte auch während der Kurslaufzeit, was jedoch für die vorliegende Untersuchung keine Rolle spielt.

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Bundesamtes an diesem Kurs teilgenommen. Nur einer von ihnen hat die Übungsprüfung bestan-den, was für die B1-Prüfung keine guten Aussichten bietet.

Die von der VHS vorgelegten Ergebnisse der Teilnehmer beider Kursgruppen wurden differen-ziert mit Berücksichtigung und ohne Berücksichtigung der mündlichen Prüfung analysiert. Es wurde zunächst untersucht, ob Merkmale wie Geschlecht, Alter, Bildung, Teilnahmegrund, sowie die Länge des Aufenthalts in der Bundesrepublik oder die Nationalität der Teilnehmer einen Ein-fluss auf die Ergebnisse der Prüfung haben. Was die geschlechtsbezogene Differenzierung an-geht, ergeben sich hier keinerlei Zusammenhänge zu den erreichten Punktezahlen. Die Frauen haben zwar schriftlich um 0,96 % besser abgeschnitten, die männlichen Prüflinge holten sie aber mündlich ein, sodass sie insgesamt um 1,64 % bessere Ergebnisse erreichten. Einen wesentlichen Einfluss auf die Resultate hatte aber das Alter der Teilnehmer. Personen, die das 46.Lebensjahr noch nicht beendet hatten, schlossen schriftlich um 13,4 % und insgesamt um 15,9 % besser ab als die älteren Prüflinge. Dies könnte eine Auswirkung der seit dem letzten Schultag vergangenen Jahre auf die menschliche Aufnahme- und Lernfähigkeit darstellen. Einen weiteren möglichen Grund für die schlechteren Ergebnisse der älteren Probanden, könnten die bei ihnen beobachtba-ren Verfestigungen der unvollständigen oder falschen Sprachformen darstellen.55 Diese entstehen bei geringem Fremdsprachgebrauch, „bei Mitteilungsdrang unter Zeitdruck“ und bei Verständi-gungsschwierigkeiten, die durch Verwendung der defekten Formen überwunden werden kön-nen.56

Als sehr gewichtiges Merkmal erwies sich auch die Bildung. Menschen, die eine Ausbildung abgeschlossen haben oder einen berufsqualifizierenden Abschluss vorweisen können (ISCED-Level ab 3B), erzielten schriftlich um 10,17 % und insgesamt um 12,32 % bessere Ergebnisse als Teilnehmer ohne beruflichen Abschluss (ISCED-Level 1-3A). Im Hinblick auf den Teilnahme-grund konnten anhand der Ergebnisse aus der schriftlichen Prüfung keine erkennbaren Abhän-gigkeiten festgestellt werden. Bei der gesamten Prüfung (schriftlich und mündlich) haben dage-gen die Verpflichteten und Berechtigten um 12,34 % besser abgeschnitten als die auf Antrag zur Teilnahme Zugelassenen. Dies kann jedoch nur im Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer erklärt werden, da die Zugelassenen zumeist länger in Deutschland lebende Ausländer sind. Die-se These bestätigt sich auch, da Migranten, die nicht länger als fünf Jahre in Deutschland leben, um 27,48 % besser abgeschlossen haben als die Angehörigen der sog. Bestandsausländergruppe. Da es sich bei den Neuzugewanderten aber zumeist um junge Menschen handelt, kann auch diese Feststellung auf das Alter zurückgeführt werden. Es kann somit schon festgehalten werden: Per-sonen, die seit mindestens sechs Jahren in der Bundesrepublik leben und älter als 45 Jahre sind, erzielen wesentlich schlechtere Ergebnisse als Angehörige jüngerer Generationen der Neuzuwan-derer. Was die Nationalität der Kursteilnehmer anbetrifft, wurden hier aufgrund der Vielfältigkeit der Herkunftsländer zwei Gruppen gebildet: Eine der Staatsangehörigen der osteuropäischen Länder und eine des arabisch-maghrebinischen Sprachraumes. Auch hier konnten wesentliche Unterschiede festgestellt werden. Schriftlich zeigten die Osteuropäer um 8,21 % und insgesamt um 21,79 % bessere Ergebnisse als die ehemaligen Einwohner des Maghrebs und des Nahen Ostens. Der Grund dafür könnten die in den Regionen unterschiedlich aufgebauten Schulsysteme sowie die größere Nähe des Deutschen zum Slawischen als zum „Orientalischen“ sein.

55 S. Güngör, S. 7. 56 Berwian, http://www.equal-sepa.de/material/Produkte/material/04-3_01_Berwian_Fossilierungen_CB.pdf.

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Abbildung 2: Abhängigkeit der Prüfungsergebnisse von ausgewählten Merkmalen Quelle: eigene Darstellung

Das Resultat der Prüfung wurde des Weiteren in Teilergebnisse zu den einzelnen Prüfungsteilen zerlegt, um so erkennen zu können, welche Teilaufgaben den Geprüften die meisten Schwierig-keiten bereiteten. Es wurden daraufhin nur die Prüfungsteile analysiert, in denen die Teilnehmer im Durchschnitt weniger als 60 % der Höchstpunktzahl erreichten und somit die erforderliche Mindestpunktanzahl nicht erzielten. Zu den kritischsten Teilen gehörten:

• das Detailverstehen, in dem die Teilnehmenden im Durchschnitt nur 48,7 % der Gesamt-punktzahl erreichten

• die zehn Zuordnungsaufgaben des Teils "Sprachbausteine" (56,52 %) sowie

• die "Kommunikative Gestaltung" des Briefs (57,65 %), in der auf die Bearbeitung der vier vorgegebenen Leitpunkte geachtet wird.

Die Schwachstellen wurden durch das Addieren der Ergebnisse des Kurses A mit denen des Kur-ses B und Dividieren der Summe durch die Gesamtteilnehmerzahl ermittelt. Es kann also vor-kommen, dass den Altzuwanderern des Kurses B die Lösung mancher Teilaufgaben leichter ge-fallen ist oder auch umgekehrt die jüngere Gruppe (Kurs A) sich bei anderen Aufgaben besser geschlagen hat. Es kommt hier jedoch nicht darauf an zu ermitteln, mit welchen Aufgaben sich die nach bestimmten Merkmalen differenzierten Gruppen schwer tun. Die durch solche Auswer-tung erlangten Ergebnisse wären gehaltlos, weil es nur einen einheitlichen Test für alle Prüflinge gibt und auch nicht verlangt werden kann, durch Einführung von unterschiedlichen Prüfungsarten die Menschen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Gruppe unterschiedlich zu behandeln. Das folgende Diagramm spiegelt zunächst wider, welche Prüfungsteile die „Achilles-fersen“ des Tests darstellen (rot schattiert).

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25

0,00

10,00

20,00

30,00

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Leseverstehen Sprachbausteine Hörverstehen Brief Mündliche Prüfung

Pro

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Abbildung 3: Ergebnisse der einzelnen Prüfungsteile "Zertifikat Deutsch"

Quelle: eigene Darstellung

Die ziemlich schlechten Ergebnisse im „Leseverstehen“ wurden im Großteil durch die fünf Mehrfachauswahlaufgaben im „Detailverstehen“ verursacht. Keiner der 21 Prüflinge hat in die-sem Teil des Tests die volle Punktzahl erreicht. Im Durchschnitt hat jeder von ihnen 2,43 der mit jeweils fünf Punkten zu bewertenden Aufgaben korrekt gelöst. Die Überprüfung des Detailver-stehens basiert auf einem längeren oder zwei kürzeren Zeitungsartikeln, zu denen der Teilnehmer nach dem Durchlesen fünf Fragen beantworten muss. Der Übungssatz 2, den der Kurs B benutzt hat, beinhaltet beispielsweise einen Artikel über deutsche Grußformeln. Es handelt sich hierbei um eine Darstellung von prozentualen Ergebnissen einer RReepprräässeennttaattiivvuummffrraaggee, die das Institut für DDeemmoosskkooppiiee Allensbach durchführte. Die Umfrage ergab, dass „die Abschiedswörter ‚Tschüss’ und ‚Tschau’ bei den Bundesbürgern ganz hoch im Kurs“ stehen. „Wer sich von einem guten Bekannten verabschiedet, sagt kaum noch ‚Auf Wiedersehen’. […] 57 Prozent rufen beim Abschied die kurzen Wörter. ‚Auf Wiedersehen’ wird nur noch von 14 Prozent benutzt […] Die Zeiten haben sich geändert. […] Heute benutzt die ältere Generation die alte Abschiedsformel wenigstens zu 30 Prozent; bei den unter 30-jährigen sind es dagegen nur noch sechs Prozent. An-ders aber bei der Verabschiedung von Fremden und flüchtigen Bekannten: Da sagen noch 57 Prozent ‚Auf Wiedersehen’, während das ‚Tschüss’ nur 31 Prozent üübbeerr ddiiee LLiippppeenn kkoommmmtt [Schattierung M. K.].“ Die erste der zwei Aufgaben zu diesem Text lautet:

„‚Auf Wiedersehen’ sagen a) hauptsächlich Leute, die sich nicht gut kennen b) heute nur noch alte Leute c) immer häufiger auch gute Freunde.“

Überlegen Sie selbst kurz, welche Antwort Sie wählen würden…57

57 Antwort „a“ ist korrekt.

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Um diese Aufgabe lösen zu können, muss sich der Prüfling zunächst mit den sscchhaattttiieerrtteenn Wörtern auseinander setzen. Begriffe wie „Demoskopie“ oder „Repräsentativumfrage“ würden mit großer Wahrscheinlichkeit auch vielen Deutschen Probleme bereiten. Wörter wie „Tschau“ gehören auch keinesfalls zu der deutschen Alltagssprache, deren Kenntnis auf der Niveaustufe B1 ver-langt wird. Es scheint somit als völlig absurd, von einem Menschen, der sich in seinem Leben in 600 Unterrichtsstunden mit der deutschen Sprache „beschäftigte“, die Kenntnis solcher Begriffe zu verlangen. Auch Italienischkenntnisse können in einer Prüfung „Zertifikat Deutsch“ nicht ver-langt werden. Falls derjenige trotzdem den Kern der Aussage verstanden hat, hat er die Qual der Wahl zwischen den drei vorgeschlagenen Lösungen. So muss der Text trotz Zeitdrucks zum zweiten Mal wortgenau gelesen und verstanden werden. Drei der geprüften Migranten wählten in diesem Zusammenhang die Antwort „c“, was möglicherweise durch das Wörtchen „kaum“ verur-sacht wurde. Drei weitere Personen kreuzten wiederum die Antwort „b“ an, was durchaus ver-tretbar ist, da auch alte Menschen die alte Abschiedsformel weiterhin benutzen. Die als richtig zu vertretende Antwort wurde nur von zwei Teilnehmenden angegeben. Weist das auf unzureichen-de Deutschkenntnisse der restlichen Prüflinge hin?

Bei den Zuordnungsaufgaben erwiesen sich die "Sprachbausteine" als ein der schwierigsten Teile der Prüfung. Von zehn möglichen Aufgaben, die der Überprüfung von lexikalischen und gram-matischen Sprachkenntnissen dienen, lösten die Teilnehmer durchschnittlich 5,65 korrekt. Hier-bei handelte sich um einen Lückentext, der u. a. mit (Hilfs)Verben im Konjunktiv wie „wäre“, „hätte“, „könnte“ oder „würden“ ausgefüllt werden musste. Der Lückentext hatte im Übungs-satz 3 (den der Kurs A verwendete) die Form eines Bewerbungsschreibens. Für Menschen, die nur ein paar Jahre die Schule im Ausland besuchten, nie einen Beruf erlernten und schon älteren Generationen angehören, ist die Lösung solch einer Aufgabe unvorstellbar. Sie sind lernunge-wohnt, kommen oft aus Ländern, die autonomes Lernen nicht unterstützen.

Die Testteilnehmer sollten im Anschluss einen persönlichen oder halbformellen Brief verfassen, bei dem sie vier in der Aufgabe genannte Leitpunkte berücksichtigen mussten. Im Übungssatz 2 sollten sie auf einen Brief ihrer Deutschlehrerin antworten und dabei ihre eigenen Berufswünsche äußern, Neuigkeiten erzählen, aber auch begründen, warum sie weiter Deutsch lernen wollen und wie sie am liebsten lernen. Nur vier der Briefverfasser sind auf alle vier Leitpunkte eingegangen und sicherten sich dadurch die volle Punktzahl. Alle vier Personen haben den stärkeren Kurs A besucht.

Die besten Ergebnisse erreichten die Untersuchten im Hörverstehen. Dies deutet darauf hin, dass sie wenige Verständigungsprobleme haben und somit ohne Hilfe Dritter die meisten Situationen des Alltags meistern können.

In der Prüfung der mündlichen Deutschkenntnisse hatten viele Teilnehmer dagegen große Schwierigkeiten. Die Verfasserin der Arbeit konnte durch Teilnahme an der fiktiven Prüfung beim Kurs B die wesentlichen Gründe dafür ausfindig machen. Die Prüflinge waren in der Prü-fung aufgefordert u. a. ein Wochenende mit Bekannten aus dem Deutschkurs zu planen, an dem sie gemeinsam die (für sie) fremde Sprache üben wollten. Ihnen wurde dafür ein Notizzettel mit vorgegebenen Planungspunkten zur Verfügung gestellt, anhand dessen sie die Organisation des Treffens vornehmen sollten. Sie sollten also den genauen Zeitpunkt des Treffens bestimmen, die Frage der Verpflegung und ihrer Finanzierung klären. Sie sollten auch bestimmen, welche Bü-cher sie zum Lernen benutzen möchten und was sie sonst noch dazu brauchen. Als letzter Plan-punkt auf dem Notizzettel stand das Anbieten von Übernachtungsmöglichkeiten. Sie sollten also absprechen: „Wo können die Bekannten schlafen?“. Keiner der Gesprächspartner hat die Frage bei der Planung berücksichtigt. Es wurde zuerst kaum verstanden, dass es sich um ein Treffen

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über das Wochenende handelt. Auch die Frage der Finanzierung der Getränke oder des Essens wurde nur trocken und ohne Begeisterung „abgehakt“. Alle diese Schwierigkeiten bei Lösung der Aufgabe entstanden nicht aufgrund der schlechten Deutschkenntnisse der Migranten. Da es sich bei allen sechs Teilnehmern der Prüfung um syrische oder türkische Staatsangehörige handelte, konnte aufgrund der erheblichen kulturellen Unterschiede keiner von ihnen begreifen, dass man mit flüchtigen Kursbekannten das ganze Wochenende (Nächte und Tage) verbringt. Es war auch für jeden unangenehm nach der Verteilung der Verpflegungskosten zu fragen, da Gastfreundlich-keit in ihrer Kultur einen sehr hohen Stellenwert besitzt. Die Frage nach Übernachtungsmöglich-keiten trauten sich die weiblichen Teilnehmenden kaum zu stellen. Die Männer bekamen schnellstmöglich auf ihre vorsichtige Nachfrage eine Absage. Manche Frauen beriefen sich dabei auf ihre Ehemänner, die das Übernachten von fremden Männern im eigenen Zuhause nicht erlau-ben. Durch dieses Schamgefühl haben die Prüflinge die zu berücksichtigenden Leitpunkte zu-meist außer Acht gelassen und scheiterten völlig an der Aufgabe.

Die Bewertung der sprachlichen Kenntnisse bereitet den Prüfenden enorme Probleme. Im ersten Teil verfügen sie über eine Notenskala zwischen 4 und 0 Punkten, im zweiten und dritten zwi-schen 8 und 0 Punkten. Die nachfolgende Tabelle gibt die Bewertungsmöglichkeiten wieder:

Teil 1: Kontaktaufnahme Kriterium: A B C D Ausdrucksfähigkeit 4 Pkt. 3 Pkt. 1 Pkt. 0 Pkt. Aufgabenbewältigung 4 Pkt. 3 Pkt. 1 Pkt. 0 Pkt. Formale Richtigkeit 4 Pkt. 3 Pkt. 1 Pkt. 0 Pkt. Aussprache/Intonation 3 Pkt. 2 Pkt. 1 Pkt. 0 Pkt. Teile 2-3: Gespräch über ein Thema und Gemeinsam eine Aufgabe lösen Kriterium: A B C D Ausdrucksfähigkeit 8 Pkt. 6 Pkt. 2 Pkt. 0 Pkt. Aufgabenbewältigung 8 Pkt. 6 Pkt. 2 Pkt. 0 Pkt. Formale Richtigkeit 8 Pkt. 6 Pkt. 2 Pkt. 0 Pkt. Aussprache/Intonation 6 Pkt. 4 Pkt. 2 Pkt. 0 Pkt.

Tabelle 4: Bewertungskriterien Quelle: Zertifikat Deutsch: Modelltest 5, S. 41.

Als Bewertungshilfe dienen die für die einzelnen Punktzahlen vorausgesetzten sprachlichen Fä-higkeiten. Ein Teilnehmer, dessen Ausdrucksfähigkeit voll angemessen ist, bekommt die volle Punktzahl. Wenn seine Ausdrucksfähigkeit im Großen und Ganzen angemessen ist, werden ihm drei Punkte vergeben. Einen Punkt bekommt er für kaum noch akzeptable und keinen für durch-gehend nicht ausreichende Formulierungen. Der folgenden Tabelle können die für die einzelnen Punktzahlen vorgeschrieben Sprachfähigkeiten entnommen werden.

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Die Ausdrucksfähigkeit/Aufgabenbewältigung ist:

A voll angemessen B im Großen und Ganzen angemessen C kaum noch akzeptabel D durchgehend nicht ausreichend

Formale Richtigkeit: Der/die Teilnehmende macht: A keine oder nur vereinzelte Fehler B Fehler, die das Verständnis nicht beeinträchtigen C Fehler, die das Verständnis erheblich beeinträchtigen D so viele Fehler, dass die Kommunikation scheitert

Abweichung von Aussprache und Intonation: A beeinträchtigen das Verständnis nicht B erschweren gelegentlich das Verständnis C erschweren das Verständnis erheblich D machen das Verständnis (nahezu) unmöglich

Tabelle 5: Bewertungsvorgaben Quelle: Zertifikat Deutsch: Modelltest 5, S. 42.

Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass die Notenskala unvollständig ist. Für die Kontaktauf-nahme kann der Korrektor bei einer voll angemessenen Ausdrucksfähigkeit oder auch Aufgaben-bewältigung die volle Punktzahl vergeben. Bei einer Ausdrucksfähigkeit, die im Großen und Ganzen angemessen ist, bekommt der Prüfling einen Punkt weniger. Da hören auch schon die guten Noten auf. Für die restlichen Teilnehmer, die keine Glanzleistung vorzeigen und sich nicht ganz angemessen ausdrücken können, stehen nur schlechte Noten zur Verfügung. Sie werden also mit Teilnehmern gleichgestellt, die kaum noch akzeptable Aussprachefähigkeiten besitzen und erhalten somit zwei Punkte weniger als Menschen, die minimal besser sind. Noch drastischer wirkt sich die „unvollständige“ Notenskala beim zweiten und dritten Teil der Prüfung aus. Da verlieren die Teilnehmer, die das Verständnis nichterheblich beeinträchtigende Fehler machen, vier Punkte gegenüber denen, deren Fehler „das Verständnis nicht beinträchtigen“. Da die meis-ten Kandidaten durchschnittliches Deutsch sprechen, ist die Punktevergabe ein sehr schwieriger Entscheidungsprozess. Beim Vergleich der Bewertungsmöglichkeiten mit der Schulnotenskala fällt auf, dass diese zusätzlich zwei Durchschnittsnoten beinhaltet (befriedigend und ausrei-chend), diese in der mündlichen B1-Prüfung eindeutig nicht gibt. Da die mündlichen Prüfungen von den Kursträgern selbst durchgeführt werden, könnte in diesem Zusammenhang behauptet werden, dass mit dieser komprimierten Bewertungsskala die Tendenz zur Mitte bei der Beurtei-lung vermieden werden sollte. Diese Lösung trägt zwar weitgehend zur Beseitigung des Beurtei-lungsfehlers bei, sie fördert dagegen jedoch eindeutig die Tendenz zur Strenge oder Milde.

4.3 Resümee der Analyse

Anhand der unter den Gliederungspunkten 4.2 durchgeführten Analyse der Ergebnisse der Kurs-gruppen A und B konnten einige signifikante Auffälligkeiten festgestellt werden. Ihre Berück-sichtigung bei der Gestaltung der Integrationskurse und der Prüfungen „Zertifikat Deutsch“ könn-te zur Verbesserung der erzielten Ergebnisse beitragen.

Es scheint einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Alter und der Aufenthaltsdauer der Probanden im Hinblick auf die erzielten Prüfungsergebnisse zu geben. Die Probanden, die älter als 45 sind, seit mindestens fünf Jahren in der Bundesrepublik leben und über keine berufliche

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Qualifikationen verfügen, erreichten um 29,18 Prozent schlechtere Resultate als Angehörige der Gegengruppe.

Die Analyse der zwei als Übung durchgeführten B1-Prüfungen bestätigte auch die anfangs aufge-stellte These. Die Gestaltung und der Aufbau der Prüfung haben einen wesentlichen Einfluss auf die durch die Teilnehmer erreichten Ergebnisse. Die Testaufgaben beinhalten eine Vielfalt von Begriffen, die nicht immer dem alltäglichen Sprachgebrauch zugeordnet werden können. Einige Fragen sind im interkulturellen Kontext missverständlich. Die Aufgabenstellungen sind auch nicht präzise genug formuliert, die Festlegung auf eine treffsichere Antwort fällt schwer, weil sprachliche Nuancierungen dabei eine entscheidende Rolle spielen. Es wird auch häufig mit Zei-tungsartikeln und Auswertungen von Umfragen gearbeitet. Solche Texte beinhalten sehr viele Prozentangaben, die das Prozentrechenverständnis als gegeben voraussetzen und die man nach einmaligem Durchlesen kaum behalten kann. Viele der Prüfungsteilnehmer klagen auch über die mit sehr kleiner Schrift in ihren Prüfungsunterlagen dargestellten Diagramme, die sie trotz Bril-lenbenutzung nicht erkennen können. Da viele der Prüflinge durch einen oft zu großen Abstand von ihrer Schulbesuchszeit nur noch über rudimentäre Grundkenntnisse verfügen und ein einge-schränktes Text- und Leseverständnis aufweisen, können sie mit einem Großteil der modernen Aufgabenstellungen, wie Lückentexte, nichts anfangen.

Durch gute Ergebnisse im Hörverstehen beweisen die Teilnehmer, die deutsche Sprache münd-lich gut erfasst zu haben. Die mündliche Prüfung macht es ihnen aufgrund ihres kulturellen Hin-tergrundes, der in der Fragestellung nicht berücksichtigt wird, sehr schwer gute Ergebnisse zu erreichen. Auch die Bewertungsskala unterstützt eindeutig schlechte Ergebnisse. Es wird nur zwischen guten und schlechten Prüflingen unterschieden, so dass die zumeist durchschnittlich Begabten wenig Chance haben, die Prüfung zu bestehen.

5 Verbesserungsvorschläge

5.1 Handlungsempfehlungen aus dem Evaluationsgutachten und deren Umsetzung

Die im Auftrag des BMI durch das Rambøll Management durchgeführte Evaluation der Integra-tionskurse brachte die mangelhaften Wirkungen der staatlichen Maßnahmen ans Tageslicht. Der Evaluationsbericht kritisiert die zum Teil marode Gestaltung der Verfahrensabläufe und weist auf Verbesserungsbedarf hin. Bemängelt wird zunächst die fehlende Erfolgskontrolle und Steu-erungsmöglichkeit der Kurse. Zur Lösung des Problems hat der Berichterstatter zum Aufbau ei-nes zielgerichteten Controllingsystems sowie Einführung einer Teilnahmeverpflichtung an der Abschlussprüfung geraten. Zur Verbesserung des Kurserfolges wurden von Rambøll an das Indi-viduum angepasste Stundenkontingente vorgeschlagen. Als weitere Möglichkeit zur Erhöhung der Qualität und Aufwertung der Ergebnisse wurde die Verstärkung des Wettbewerbs unter den Kursträgern anheim gestellt. Auch die Abwertung des Orientierungskurses wurde weitgehend kritisiert, so wie die begrenzten Möglichkeiten der Teilnahme an einem Integrationskurs für man-che Zielgruppen. Es wurde auch eine Steigerung der Nachhaltigkeit erwünscht, z. B. durch Ver-netzung der Kursangebote mit der Arbeitsmarktförderung. Um den Verwaltungsaufwand seitens der Kursträger sowie des Bundesamtes zu verringern, wurden spezielle Online-Lösungen vorge-schlagen. In Bezug auf die Finanzierung der Kurse wurde ein Gutscheinsystem angeregt, das sehr erfolgsorientiert sei und sich dadurch positiv auf die Qualität der Kurse auswirken könne.

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Die Ergebnisse der im Jahr 2006 durchgeführten Evaluation der Integrationskurse wurden bei der Erstellung des Erfahrungsberichts zur Durchführung und Finanzierung der Integrationskurse, zu der die Bundesregierung durch den Gesetzgeber im § 43 V AufenthG verpflichtet wurde, berück-sichtigt.58 Der am 01. Juli 2007 dem Bundestag vorgelegte Bericht mit seinen Optimierungsvor-schlägen aus der Evaluation stellte eine Basis für die Neufassung der Integrationsverordnung dar. Die neue reformierte IntV berücksichtigt die Empfehlung jedoch nur zum Teil.

Seit dem 05. Dezember 2007 werden alle Kursteilnehmer zur Abschlussprüfung angemeldet. Die Kontrollmöglichkeiten haben sich dagegen minimiert, da die Kursträger weitgehend von Bericht-erstattung entlastet wurden. Auf Empfehlung von Rambøll ist das „Curriculum für einen bundes-weiten Orientierungskurs“ im Jahr 2007 durch das BAMF herausgegeben worden, das Lernziele und -inhalte verbindlich regelt. Die Erhöhung der Rangstellung des Orientierungskurses erfolgte des Weiteren durch Erweiterung des Stundenkontingentes von 30 auf 45 Unterrichtseinheiten. Von den Lehrkräften, die den Staatskundekurs leiten, wird nun eine entsprechende fachliche Qualifikation und Eignung verlangt (s. § 15 IV IntV). Zu bemängeln ist dabei jedoch, dass eine schon im Dezember in der Bundesverordnung verankerte Regelung noch keine Konkretisierung gefunden hat. So ist die Frage nach den für die Orientierungskurse erforderlichen „ausreichenden fachlichen Qualifikationen und Eignung“ der Lehrenden immer noch beim Innenministerium „anhängig“.59

Im Bezug auf die finanzielle Situation der Kursträger stellte der Berichterstatter fest, dass sie auf-grund der gesetzlich festgelegten Einnahmen keinerlei Möglichkeiten haben, die pädagogisch erwünschte Kursgruppengröße von 15 Teilnehmern einzuhalten. Der empirisch errechnete Mit-telwert liegt bei 16,7 Personen pro Kurs. Es wird immer versucht, zum Anfang des Kurses die höchstmögliche Teilnehmeranzahl zu erreichen, damit die Gruppe während der gesamten Kurs-laufzeit bei eventuellen Abbrüchen stabil bleibt. Die von den Trägern praktizierte Maximierung der Teilnehmehrzahl wirkt sich negativ auf die Vielfalt und Menge der angebotenen Kurse aus. Vor allem in ländlichen Regionen müssen die Träger auf die erwünschte Anmeldezahl zum Teil mehrere Monate warten, was dementsprechend zu verspäteten Anfangszeiten und Eingrenzung des Angebots führt.60 Die neu eingeführte Höchstteilnehmerzahl von 20 Personen und Erhöhung des Stundenbeitrags auf 2,35 � verbessert die finanzielle Lage der Träger wie unter dem Gliede-rungspunkt 2.2 dargestellt nicht.

Es wurde ein Versuch vorgenommen, durch Aufstockung der Stundenkontingente bei den Son-derkursen von 600 auf 900 Unterrichtseinheiten das Angebot an die besonderen Bedürfnisse der Adressaten anzupassen. Nun umfasst z. B. der Jugendintegrationskurs ein zusätzliches gezielt auf die Aufnahme von Ausbildung, Studium und Berufstätigkeit vorbereitendes Modul. Der Nationa-le Integrationsplan der Bundesregierung schreibt den Jugendintegrationskursanbietern vor, dass sie Berufspraktika sowie Ausbildungsplätze oder weitere Qualifizierungsmaßnahmen nach Been-digung des Kurses anbieten oder auch Vermittlungsmaßnahmen in Kooperation mit Agenturen für Arbeit und den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende koordinieren sollen.61 Es werden jedoch keine Vorschläge unterbreitet, wie die Kursträger entsprechende Bildungsplätze ausfindig machen können, und auf Unterstützung der Arbeitsvermittlungsbehörden, die eigene „Kundschaft“ nur mit enormen Anstrengungen in das Arbeitsleben zurückholen können, besteht

58 Migration und Integration, S. 104. 59 Auskunft der Regionalkoordinatorin der BAMF-Außenstelle in Frankfurt a. M. 60 Erfahrungsbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag…, S. 78. 61 Der Nationale Integrationsplan, S. 40.

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auch kein Verlass. Die schlechte Organisation macht sich auch an den Teilnehmerzahlen des Sonderkurses bemerkbar. So haben sich im Jahr 2007 nur 0,9 % der gesamten Kursteilnehmer zu einem Jugendintegrationskurs angemeldet, während sich die Eltern- bzw. Frauenintegrationskur-se mit 11,4 % und Alphabetisierungskurse mit 11 % über hohe Besucherzahlen freuten.62

5.2 Eigene auf den durchgeführten Analysen basierende Verbesserungsvorschläge

Die unter dem Gliederungspunkt 4.2 durchgeführte Analyse der Prüfungsergebnisse als auch deutschlandweite Forschungsergebnisse63 beweisen, dass von den Integrationskursen größtenteils Migranten profitieren, die ein höheres Bildungsniveau vorweisen. Dabei handelt sich zumeist um Menschen, die kürzer als fünf Jahre in Deutschland leben und den jüngeren Generationen ange-hören. Über ein Drittel der Ausländer leben in Deutschland länger als 20 Jahre und fast zwei Drit-tel seit über 8 Jahren.64 Über viereinhalb Millionen und somit rund ein Drittel der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund sind älter als 45 und über fünf Millionen können keinen berufsqualifizierenden Abschluss vorweisen.65 Hier gibt es einen großen Bedarf an Förde-rung. Leider wurden sie bisher in der staatlichen Integrationsplanung unzureichend berücksich-tigt. Es gibt spezielle Angebote für die Jugend und junge Erwachsene und auch für Frauen. Ein entsprechendes Angebot für die älteren Bestandsausländer, deren Schulbesuch längere Zeit zu-rück liegt und die vornehmlich aus diesem Grund in den „Standardkursen“ trotz aller Anstren-gungen erfolglos bleiben, ist leider nicht zu finden. Innerhalb der zur Verfügung stehenden 600 Unterrichtseinheiten haben die Menschen nur geringe Möglichkeiten, sprachlich die Niveaustufe B1 zu erreichen. Es müsste ein „Sonderintegrationskurs“ für die Teilnehmergruppe organisiert werden, der an die Bedürfnisse und Lernfähigkeit der Menschen angepasst ist. Sie müssen auch besonders bei der Gestaltung des Abschlusstests berücksichtigt werden. Die sich an die Angehö-rigen der jüngeren Generationen richtenden Prüfungstexte sollten somit insoweit überarbeitet werden, dass auch ein älterer fremdsprachiger Mensch die Aufgabenstellungen verstehen kann und in der Lage ist, seine Sprachkenntnisse zu beweisen. Auch ein individuell für sie bestimmtes Zielniveau könnte zur Lösung der Problematik beitragen. Das in der Literatur als „nachholende Integrationspolitik“ genannte Handlungsfeld darf nicht im Schatten der heutzutage überwiegend geförderten „Erstintegration“ gestellt werden. „Die nachholende gegenüber der begleitenden In-tegrationspolitik auf dieser Weise hintanzustellen, war ein gesetzgeberischer Denkfehler“ kriti-siert auch Bade.66 „Sie wurde […] nur indirekt und mittelbar vorgesehen, soweit nämlich bei der ‚Erstintegration’ Mittel übrig bleiben.“67

Dass man mit einem Stundekontingent von 600 Unterrichtseinheiten in vielen Fällen das Niveau B1 kaum erreichen kann, bemerkte auch schon der Gesetzgeber, der es um weitere 300 Unter-richtseinheiten erweitert hat. Nun stehen die Kursträger vor dem Problem, den Kursteilnehmern, die nach dem Nichtbestehen der Prüfung „Zertifikat Deutsch“ den Aufbausprachkurs wiederho-len möchten, ein entsprechendes Angebot anzubieten. Die Gestaltung eines speziellen Wiederho-lungskurses, der die Wissenslücken aller Teilnehmenden berücksichtigen würde, ist nahezu un-

62 Integrationskursbilanz für das Jahr 2007, S. 7. 63 S. Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz, S. 56 ff. 64 Reißlandt: Fit für die Globalisierung? Die deutsche Migrations- und Integrationspolitik nach den rot-grünen Re-

formen. In: Zuwanderung im Zeichen der Globalisierung, S. 136. 65 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, S. 32 ff. 66 Bade: Versäumte Integrationschance und nachholende Integrationspolitik. In: APuZ 22-23/2007, S. 38 67 Ebd.

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möglich. Aus finanziellen Gründen kann das Problem mit dem Bilden von kleinen Kursgruppen auch nicht gelöst werden. Zurzeit werden die Menschen in einen bereits laufenden Kurs einge-stuft, wodurch sie keine spezielle und auf ihre Sprachprobleme angepasste Förderung erfahren. Durch eine einheitliche Erweiterung des für den Integrationskurs zur Verfügung gestellten Stun-denkontingentes um 300 Unterrichtseinheiten, könnte das Problem der negativen Auswirkungen einer nicht bestandenen Abschlussprüfung beseitig werden. Zur Finanzierung der Maßnahme könnten die für die Erstattung der 50 % der Kurskosten zur Verfügung gestellten Mittel verwen-det werden, da ein monetärer Anreiz im Hinblick auf die hohe Zahlen der von der Beitragspflicht freigestellten Personen zu keiner wesentlichen Motivationssteigerung führen kann.

Damit der Orientierungskurs mehr zur Geltung kommt, könnte auf das Pilotprojekt „Sprach- und Orientierungskurse für neu zuziehende Ausländerinnen und Ausländer“, das in Jahren 2000 bis 2004 bei der Stadt Frankfurt a. M. gelaufen ist, zurückgegriffen werden. Der von der Stadt für ihre seit maximal zwei Jahren zugewanderten ausländischen Einwohner angebotene Kurs, be-stand aus einem im Vorfeld herkunftssprachlich durchgeführten Orientierungskurs und einem sich ihm anschließenden Deutschkurs. Der kostenlose Orientierungskurs, der im Rahmen der Möglichkeiten von Leitern mit Migrationshintergrund durchgeführt wurde, diente nicht nur der Vermittlung „von Kenntnissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte Deutschlands“, sondern in der ersten Linie der Beibringung des Basiswissens für den Einstig in das Alltagsleben der Großstadt. Die in dem Kurs vermittelten Inhalte sollten nur und ausschließlich für die Teil-nehmer nützlich werden und wurden somit durch keinen Abschlusstest überprüft.68 Obwohl die Teilnahme an den Kursen freiwillig war, freute sich die Stadt über eine beträchtliche Nachfrage. Dies kann vor allem mit dem fördernden Charakter des Angebots erklärt werden, das die Migran-ten und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellte. Der in elf Hauptherkunftssprachen durchge-führte Staatskundekurs hatte die Form einer Begrüßung der neuen Einwohner, die sich dadurch ernst genommen fühlten und eine Handreichung von der Stadtverwaltung erhielten. Genau diese „Ausstrahlung“ fehlt dem bundesweiten Orientierungskurs.

5.3 Darüber hinausgehende Verbesserungsvorschläge

Mehr als ein Viertel der in Deutschland lebenden Bevölkerung zwischen null und fünfundzwan-zig Jahren hat nach Definition des Mikrozensus einen Migrationshintergrund.69 Es muss also besonders bei der Bevölkerungsgruppe angesetzt werden, die als Zukunftsgeneration auf die In-tegrationsentwicklung sehr starken Einfluss nehmen wird. Um die Entwicklung der jungen Migrantengesellschaft zu unterstützen, sollte nicht nur ein besonderer Wert auf das Erlernen der deutschen Sprache, sondern auch auf die positive Entwicklung der Muttersprache gelegt werden. Schon die EWG-Richtlinie 486/77 (EWG 1977) schrieb die Unterstützung der Kinder von Gast-arbeitern den EU-Ländern vor. Dies sollte demnach nicht nur durch das Protegieren des Erwerbs der deutschen Sprache sondern auch durch die Förderung der Muttersprache erfolgen. Die Mit-gliedsländer wurden aufgefordert, den Kindern einen kostenlosen und für diese geeigneten Ein-führungsunterricht zu erteilen, „der insbesondere eine den spezifischen Bedürfnissen dieser Kin-der angepasste Unterweisung in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des Aufnahme-staats umfasst“ (s. Art. 2). Ferner schrieb die Richtlinie den Aufnahmestaaten vor, Maßnahmen in

68 Kunz: Integrationskurs auf kommunaler und auf Bundesebene: Eine kritische Auseinandersetzung mit einem

neuen Steuerungsinstrument am Beispiel der Stadt Frankfurt am Main. In: Politische Steuerung von Integrations-prozessen, S. 175-191.

69 Bevölkerung und Erwerbstätigkeit, S. 32.

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Kooperation mit Herkunftsstaaten zu treffen, die „unter Koordinierung mit dem Regelunterricht die Unterweisung der in Artikel 1 genannten Kinder in der Muttersprache und der heimatlichen Landeskunde“ fördern (Art. 3). „Die Integration der Einwanderer darf nicht durch Ausmerzung der Unterschiede, durch die Aufgabe der Herkunftssprachen und -kulturen geschehen. Ganz im Gegenteil, was uns bereichert, ist die Einbeziehung und Vermischung dieser verschiedenen Wur-zeln in einem gemeinsamen kosmopolitischen Erbe“ – berichtet der europäische Abgeordnete Portas, um das Verständnis einer interkulturellen Integration zu verbreitern.70 Auch Allemann-Ghionda unterstreicht, wie wichtig die Förderung der eigenen Herkunftssprache ist. Bei der ge-sellschaftlichen Integration darf man darauf niemals verzichten. Die Muttersprache darf nicht als Last und Behinderung angesehen werden. Solch ein Verhalten kann nur dazu führen, dass sich Migranten gekränkt fühlen, wodurch ihre Entwicklung stark eingegrenzt wird. Die allgemein herrschende Gereiztheit der Politiker, der Lehrkräfte oder auch anderer Menschen darüber, dass Migranten „unter sich“ in ihrer Heimatsprache kommunizieren, ist also nach Aussage der Autorin unbegründet.71 Von der Entwicklung der muttersprachlichen Kompetenzen ist auch das Niveau des Fremdsprachenerwerbs stark abhängig. Es handelt sich somit um eine weitere Handlungs-möglichkeit, die zur Steigerung der Erfolgsquote der deutschen Integrationskurse beitragen könn-te.

6 Fazit

Die Integrationsaufgabe ist im Jahr 2005 zum offiziellen Bestandteil des Aufenthaltsgesetzes geworden. Es wurde damit anerkannt, dass sich die in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund nicht nur vorübergehend als Gastarbeiter hier aufhalten, sondern einen Teil der Bevölkerung darstellen, der seinen dauerhaften Hauptwohnsitz in der Bundesrepublik hat. Die gesetzlich verankerten Integrationskurse sind ein richtiger, wenn auch noch optimie-rungsbedürftiger Schritt zur Unterstützung ihrer Integration. Die Eingliederungspolitik hat mit der in Jahren 2005 bis 2007 im Durchschnitt erreichten „Erfolgsquote“ der angebotenen Sprach-fördermaßnahmen von 44,8 % die Prüfung zwar nicht bestanden, es steht jedoch auch ihr eine Verbesserungschance zu, die sie nun wahrnehmen und nutzen sollte.

Von den 174.931 Kursabsolventen haben in dieser Zeitspane bundesweit 78.294 Personen durch Bestehen der Zertifikatsprüfung das Niveau B1 erreicht.72 Als Verhältniszahl stellt das Ergebnis keinen Erfolg dar. Absolut betrachtet konnte aber einer großen Gruppe der in Deutschland leben-den Migranten beim Erwerb der ersten Stufe der selbstständigen „Deutschverwendung“ geholfen werden. Es kann trotzdem nicht verheimlicht werden, dass die Mehrheit der Kursteilnehmer in-nerhalb des gesetzlich festgelegten Stundenkontingentes von 600 Unterrichtseinheiten das Niveau B1 nicht erreichen kann. Als eine der Ursachen dafür kann u. a. die bisherige Standardisierung der angebotenen Sprachmaßnahmen genannt werden. Wie die durchgeführte Analyse der Prü-fungsergebnisse bewies, wirkt sich die Homogenität der Kursangebote zumeist auf die schon län-ger in Deutschland lebenden Migranten, die zum Zeitpunkt ihrer Zuwanderung leider nicht ent-sprechend gefördert wurden, sehr negativ aus. Die deutsche Integrationspolitik muss diese Perso-nengruppe also verstärkt mit besonders auf sie zugeschnittenen Programmen der nachholenden Integrationsförderung unterstützen. Durch Einführung der speziellen Integrationskurse mit einer 70 Bericht über die Integration von Einwanderern…, S. 8. 71 Allemann-Ghionda: Zweisprachigkeit und Bildungserfolg der Migrantenkinder vor dem Hintergrund europäischer

Mehrsprachigkeit – Thesen und Forschungsbedarf. In: Bildungserfolg, Migration und Zweisprachigkeit, S. 29. 72 Integrationskursbilanz für das Jahr 2007, S. 7 ff.

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erweiterten Stundenanzahl von 900 wurde schon ein Schritt in Richtung der notwendigen Diffe-renzierung getan. Nun muss die Idee auf weitere Migrantengruppen ausgeweitet und optimiert werden.

Die deutschen integrationsfördernden Maßnahmen sind hauptsächlich auf den Ausgleich der vor-handenen Defizite ausgerichtet. Dabei gerät es oft in die Vergessenheit, dass die fünfzehn Millio-nen hier lebenden Migranten eine Bereicherung und nicht Belastung darstellen. Der permanente Integrationsprozess, der je nach Profil schneller oder langsamer ablaufen kann, stellt ein Ergebnis des Zusammenlebens und -wirkens der Migranten von mannigfaltigsten Kulturen und der Bevöl-kerung des Einwanderungslandes dar. Gerade die daraus entstandene heterogene Kultur macht das Land interessant und geheimnisvoll. Die Integration darf somit keinesfalls mit der Assimila-tion verwechselt werden. Eine völlige Aufgabe der eigenen Kultur und Identität darf nicht zum Bestandteil einer modernen Integrationspolitik werden.

“deutsche sprache

die ich vorbehaltlos liebe die meine zweite heimat ist

die mir mehr zuversicht die mir mehr geborgenheit

die mir mehr gab als die die sie angeblich sprechen“

Yüksel Pazarkaya (1989)

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Literaturverzeichnis

Literaturwerke:

Ausländerrecht, Migrations- und Flüchtlingsrecht. Textausgabe mit Synopse und Erläuterungen zur neuen Zuwanderungsreform. Walhalla Fachredaktion. Regensburg 2008.

Bade, Klaus J.: Versäumte Integrationschance und nachholende Integrationspolitik. Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ), Nr. 22-23/2007 (29.05.2007). Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament. Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.).

Bildungserfolg, Migration und Zweisprachigkeit. Perspektiven für Forschung und Entwicklung. Allemann-Ghionda, Cristina / Pfeiffer, Saskia (Hrsg.) Berlin 2008.

Güngör, Dilek: Unter uns: Meine türkische Familie und ich. München 2006.

Kelek, Necla: Die fremde Braut: Ein Bericht aus dem Inneren des türkischen Lebens in Deutsch-land. München 2006.

Konzept für einen bundesweiten Integrationskurs. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Nürnberg 2005.

Migration und Integration: Aufenthaltsrecht, Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland. Bundesministerium des Innern. Berlin 2008.

Minas – Atlas über Migration, Integration und Asyl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Nürnberg 2007.

Politische Steuerung von Integrationsprozessen. Intentionen und Wirkungen. Baringhorst, Sigrid / Hunger, Uwe / Schönwälder, Karen (Hrsg.). Wiesbaden 2006.

Sozialstrukturatlas zur Situation der jungen Bevölkerung im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Landkreis Darmstadt-Dieburg / Der Kreisausschuss / Jugendamt (Hrsg.). Darmstadt 2007.

Storr, Christian (u. a.) (Hrsg.): Kommentar zum Zuwanderungsrecht: Aufenthaltsgesetz und Frei-zügigkeitsgesetz/EU. 2. Aufl. 2008 (zit.: Storr/Bearbeiter)

Zertifikat Deutsch: Modelltest 5. telc Language Tests. Frankfurt a. M. 2007.

Zuwanderung im Zeichen der Globalisierung. Migrations-, Integrations- und Minderheitenpolitik. Butterwegge, Christoph / Hentges, Gudrun (Hrsg.).Wiesbaden 2006.

Berichte:

Bericht über die Integration von Einwanderern durch mehrsprachige Schulen und Unterricht in mehreren Sprachen. Berichterstatter Miguel Portas. Europäisches Parlament, Ausschuss für Kultur und Bildung. Brüssel 2005. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do;jsessionid=E352351056B26A39AB74D6757FFE75E1.node2?language=DE&pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A6-2005-0243+0+DOC+PDF+V0//DE, vom 04.07.2008

Erfahrungsbericht der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag zu Durchführung und Fi-nanzierung der Integrationskurse nach § 43 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz, Berlin 2007.

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http://www.bmi.bund.de/nn_759128/Internet/Content/Common/Anla-gen/Themen/ZuwanderungIntegration/DatenundFakten/Erfahrungsbe-richt__Durchfuehrung__Finanzierung___20Integrationskurse,templateId=raw,property=publicationFi-le.pdf/Erfahrungsbericht_Durchfuehrung_Finanzierung_%20Integrationskurse.pdf, vom 10.07.2008.

Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz. Abschlussbericht und Gutach-ten über Verbesserungspotenziale bei der Umsetzung der Integrationskurse. Rambøll Ma-nagement im Auftrag des BMI. Berlin 2006. http://www.bmi.bund.de/Internet/Content/Common/Anlagen/The-men/ZuwanderungIntegration/DatenundFakten/Evaluation__Integrationskurse__de,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Evaluation_Integrationskurse_de.pdf, vom 22.07.2008.

Internetquellen:

Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Volker Beck (Köln), Monika Lazar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/9042 – v. 21.05.2008: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/092/1609222.pdf, vom 28.06.2008

Berwian, Ulla: Fossilierungen. Produktgruppe 2: Sprache – Praxishilfen. Caritaseinrichtungen in der Landesaufnahmestelle für Vertriebene und Flüchtlinge in Lebach. http://www.equal-sepa.de/material/Produkte/material/04-3_01_Berwian_Fossilierungen_CB.pdf, vom 18.07.2008.

Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Bevölkerung mit Migrationshintergrund – Ergebnisse des Mikrozensus 2006. Statistisches Bundesamt. Wiesbaden 2008. https://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/bpm.html.cms.cBroker.cls?cmspath=struktur,vollanzeige.csp&ID=1021764, vom 22.07.2008.

Deutscher Landkreistag: Integrationsprogramme der Kreise, Stand 31.01.2008. http://www.kreise-fuer-integration.de/fr-integrationsportal.htm, vom 04.07.2008.

Fördern Pflicht-Integrationskurse in Westeuropa die Integration von Zuwanderern? Joppke, Christian. Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut (Hrsg.) http://www.hwwi.org/uploads/tx_wilpubdb/KD08_Integrationskurse_01.pdf, vom 29.06.2008.

Goethe-Institut. Prüfungsbeschreibungen: Zertifikat Deutsch. http://www.goethe.de/lrn/prj/pba/zdt/deindex.htm vom 01.07.2008.

Hentges, Gudrun: „Integrationskurse“ – Integration? (2006). http://www.bdwi.de/forum/archiv/archiv/277883.html#a5, vom 26.06.2008.

Integrationskursbilanz für das Jahr 2007. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Nürnberg 2008. http://www.bamf.de/cln_092/nn_442016/SharedDocs/Anlagen/DE/Integration/Downloads/Integrationskurse/Kurstraeger/Statistiken/laender-3-integrationskursbilanz-

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2007,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/laender-3-integrationskursbilanz-2007.pdf, vom 22.07.2008.

Integrations-Lexikon. Das Integrationsportal. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. http://www.integration-in-deutschland.de/nn_282922/SubSites/Integration/DE/04__Service/Lexikon/lexikon-node.html?__nnn=true, vom 18.07.2008.

(Der) Nationale Integrationsplan: Neue Wege – Neue Chancen. Die Bundesregierung. Berlin 2007. http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2007/07/Anlage/2007-10-18-nationaler-integrationsplan,property=publicationFile.pdf, vom 04.07.2008.

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VIII

Anlagen

Anlage I Beispielrechnung der Trägerfinanzierung

Einnahmen Teilnehmer Einnahmen pro Stunde Teilnehmer 15 2,35 35,25 sonstiges IntV-Zahlungen 2,71 Gesamt-Input 37,96 Ausgaben pro Jahr pro Kurs pro Stunde Lehrkraft 17,00 Verwaltungskosten gemäß SKM- Untersuchung Rambøll Management 3,22 Kosten für Vernetzung und weiteren Overhead 2,00 Anteilige Miete warm 7.200,00 6,00 Kommunikation (Kopierer, Briefe, IT) 2.000,00 1,67 Anteilige Einrichtungsabschreibung 1.000,00 0,83 Gesamt-Output 30,72 Kostendeckung 7,24

Die dargestellte Tabelle zeigt auf, welche Einnahmen und Ausgaben ein Kursträger pro Unter-richtsstunde eines Integrationskurses hat. Die Berechnung basiert auf der in dem Evaluationsgut-achten durch Rambøll durchgeführten Kalkulation.73 Die Zahl von 15 Teilnehmern pro Stunde wurde auch hier (wie bei der Rambøll-Berechnung) aufgrund der Höchstgrenze der Garantiefi-nanzierung verwendet. Die sonstigen IntV-Zahlungen wurden dem "Abrechnungsbogen Integra-tionskurse" entnommen. Dazu zählen die Einmalzahlungen pro Einstufungstest (30,00 � pro Teil-nehmer), pro Abschlusstest B1 (78,65 � pro Teilnehmer) und die Orientierungskurspauschale (5 � pro Teilnehmer), die insgesamt eine Einnahme in Höhe von aufgerundet 2,71 � pro Unterrichts-einheit ergeben (1.704,75 � : 630 UE). Die Ausgabenseite wurde bis auf das Honorar der Lehrkräfte aus der Rambøll-Berechnung über-nommen. Die Mietkosten beziehen sich auf einen 60 m² großen Raum mit Warmmiete in Höhe von 10 � pro m². Wie sich aus der Tabelle ergibt, beträgt der Gewinn bei der Durchschnittsentlohnung der Lehr-kräfte in Höhe von 17,00 � 7,24 � pro Stunde. Bei Leistung eines Stundenhonorars von 24,24 � und mehr, arbeitet der Kursträger nicht mehr kostendeckend.

73 Evaluation der Integrationskurse nach dem Zuwanderungsgesetz, S. 124 ff.

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IX

Anlage II Fragebogen – Kursträger

1) Seit wann bieten Sie die Integrationskurse an?

2) Bieten Sie nur Vollzeitkurse oder auch Teilzeitkurse an? (Spezielle Kurse?)

3) Werden die Kurse bei Ihnen nach einem speziellen Konzept durchgeführt oder ist das Vor-gehen vorgegeben?

4) Wie hoch ist die Höchstteilnehmerzahl angesetzt?

5) Wie suchen Sie die Lehrkräfte aus?

6) Wie viele Migranten/-innen haben seit dem Sie die Integrationskurse anbieten an solchen

teilgenommen? Haben Sie dazu irgendwelche statistische Auswertungen vorgenommen (bezüglich Alter, Geschlecht, Nationalität, Abbrüche, Teilnahme an der Abschlussprüfung, Bestehen der Abschlussprüfung)?

7) Werden die, die den Kurs beendet haben, von Ihnen zum Abschlusstest angemeldet?

8) Wie gehen Sie dabei vor? Melden Sie alle an oder nur die, von denen Sie erwarten, dass sie

den Test bestehen werden?

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X

9) Wo werden die Tests geschrieben und von wem korrigiert?

10) Ist Ihrer Meinung nach der Schwierigkeitsgrad des Tests zu hoch?

11) Haben schon Teilnehmer die Möglichkeit von Ablegung der Prüfung „Start Deutsch 2“ auf

der Kompetenzstufe A2 wahrgenommen?

12) Gabt es auch schon Teilnehmer, die das Niveau B1 nicht erreicht haben und danach den Aufbausprachkurs wiederholt haben?

13) Meinen Sie, dass durch die Änderungen im Ablauf des Kurses (z.B. maximale Anzahl der

Unterrichtseinheiten bei speziellen Kursen auf 900 erhöht) die Ergebnisse verbessert wer-den können?

14) Meinen Sie, dass die neu eingeführte Möglichkeit der Rückerstattung von 50 % der angefal-

lenen Kurskosten an die Teilnehmer, die den Kurs innerhalb von 2 Jahren erfolgreich been-den, ein gut gewählter Anreiz ist?

15) Was müsste man Ihrer Meinung nach verändern, damit die Durchfallquote nicht so hoch

ausfällt?

16) Sonstiges:

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XI

Anlage III Integrationskursteilnehmer – Erfassungsbogen

Integrationskurs (B1) bei in

Laufzeit: von bis Art des Kurses:

Vollzeitkurs Teilzeitkurs anderer � welcher?

Anzahl der Teilnehmer:

Lauf.Nr.

Geschlecht (w/m)

Alter Natio-nalität

Bildung /Schul-abschluss

Abbruch des Kurses (ja/nein)

Möglicher Grund des Abbruchs*

Anmeldung zur Ab-schluss-prüfnung (Ja/nein)

Bestanden (Ja/Nein)

1

2

3

4…

* Mögliche Gründe des Kursabbruchs: (es können auch mehrere angegeben werden) A) Schwangerschaft B) Job C) keine Motivation D) zu hohes Tempo = konnte dem Unterricht nicht folgen E) Ausreise F) andere (bitte angeben welche) G) unbekannt

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XII

Anlage IV Kontinentübersicht der zur Analyse herangezogenen Kursteilnehmer

Kursteilenehmer - Kontinentübersicht

9%

45%

1%12%

33%

Afrika

Europa

Nordamerika

Mittel- und Südamerika

Asien

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XIII

Anlage V Zuordnung nationaler Bildungsabschlüsse zur ISCED 97

ISCED-Level Bildungsabschlüsse

1 Ohne allgemeinen Schulabschluss; ohne beruflichen Abschluss

2

1. Hauptschul-/Realschulabschluss/POS; ohne beruflichen Ab-schluss

2. Hauptschul-/Realschulabschluss/POS, Anlernausbildung, beruf-liches Praktikum

3. Hauptschul-/Realschulabschluss/POS; Berufsvorbereitungsjahr

4. Ohne Hauptschulabschluss; Anlernausbildung; Berufliches Prak-tikum

5. Ohne Hauptschulabschluss; Berufsvorbereitungsjahr

3 A Fachhochschulreife/Hochschulreife; ohne beruflichen Abschluss

3 B

1. Abschluss einer Lehrausbildung

2. Berufsqualifizierender Abschluss an Berufsfachschu-len/Kollegschulen, Abschluss einer einjährigen Schule des Ge-sundheitswesens

4 A

1. Fachhochschulreife/Hochschulreife und Abschluss einer Lehr-ausbildung

2. Fachhochschulreife/Hochschulreife und Berufsqualifizierender Abschluss an Berufsfachschulen/Kollegschulen, Abschluss einer einjährigen Schule des Gesundheitswesens

5 B

1. Meister-/Technikerausbildung oder gleichwertiger Fachschulab-schluss, Abschluss einer 2- oder 3jährigen Schule des Gesund-heitswesens, Abschluss einer Fachakademie oder einer Berufs-akademie, Abschluss einer Verwaltungsfachhochschule

2. Abschluss der Fachschule der ehemaligen DDR

5 A

1. Fachhochschulabschluss (auch Ingenieurabschluss, ohne Ab-schluss einer Verwaltungsfachhochschule)

2. Hochschulabschluss

6 Promotion

9 Keine Angabe

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Versicherung über die benutzten Hilfsmittel und die eigenständige Bearbeitung:

Ich erkläre, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe; die aus fremden Werken wörtlich oder sinngemäß übernommenen Gedanken sind unter Angabe der Quellen gekennzeichnet.

Ich versichere, dass ich bisher keine Prüfungsarbeit mit gleichem oder ähnlichem Thema bei einer Prüfungsbehörde oder anderen Hochschule vorgelegt habe. Fränkisch-Crumbach, den Unterschrift